Die Personal-Service-Agenturen in Deutschland - Zeitarbeit in den Niederlanden und Deutschland im Vergleich


Zwischenprüfungsarbeit, 2003

31 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt - die Hartz-Kommission

3. Definition und Funktion von Zeitarbeit[1]

4. Die positiven Effekte der Zeitarbeit

5. Die Situation auf dem Zeitarbeitsmarkt in den Niederlanden seit 1960
5.1. Umsetzung der Zeitarbeit
5.2. Die niederländischen Erfolgsbedingungen von Zeitarbeit

6. Die Situation auf dem Zeitarbeitsmarkt in der Bundesrepublik Deutschland seit 1960
6.1. Umsetzung der Zeitarbeit - Die Personal-Service-Agenturen (PSA)
6.2. Notwendige Reformen für eine erfolgreiche Umsetzung von Zeitarbeit

7. Die Niederlande: Beschäftigungspolitisches Vorbild?

8. Zusammenfassung

9. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die Erfolge der Niederlande zu Beginn der achtziger bis Ende der neunziger Jahre bezüglich Arbeitslosenquote, Inflation, Haushaltsdefizit und Wachstumsrate des BIP

Abbildung 2: Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in der BRD seit 1970 bis 1996

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Arbeitslosigkeit ist in allen europäischen Staaten das bestimmende sozialpolitische und wirtschaftliche Problem. Die Arbeitslosenquote in der Eurozone lag im Mai 2003 bei 8,8 Prozent.[2]

Im Juli 2003 lag die Arbeitslosenquote in der Bundesrepublik Deutschland bei 10,4 Prozent, das entspricht 4.352.000 registrierten Arbeitslosen bei der Bundesanstalt für Arbeit (BA).[3] Das vorrangige Ziel der deutschen Wirtschaftspolitik ist der Abbau der hohen Arbeitslosigkeit hin zur Vollbeschäftigung.

In den Niederlanden war die Arbeitslosenquote in den achtziger Jahren eine der höchsten in der Europäischen Gemeinschaft. Man sprach von der „niederländischen Krankheit“. Deutschland hatte zu dieser Zeit eine der niedrigsten Quoten. In den neunziger Jahren hat sich die Situation auf den beiden Arbeitsmärkten umgekehrt. Heute spricht man vom „holländischen Wunder“. Die niederländische Beschäftigungs-politik hat es geschafft, die Arbeitslosenquote von elf Prozent in nur fünfzehn Jahren auf 3,9 Prozent[4] zu senken.

Das achte Innovationsmodul des Hartz-Berichts, die Personal-Service-Agenturen[5], versprechen den größten Beschäftigungseffekt. Durch den Aufbau von PSA sollen 780.000 Erwerbslose über Zeitarbeit schnell und nachhaltig in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden. Leiharbeit soll als Instrument der aktiven Arbeitsmarktpolitik eingesetzt werden.

In Deutschland wird in der Öffentlichkeit über die PSA kontrovers diskutiert. Hier herrscht noch viel Skepsis bezüglich der Zeitarbeit. Der Anteil der Zeitarbeit an der Gesamtbevölkerung liegt bei 0,7 Prozent.[6] Dies entspricht eine Position im unteren Drittel von allem EU-Mitgliedstaaten. Führend sind die Niederlande mit einer Leiharbeitsquote von 4,6 Prozent.[7] Wie man an diesen Zahlen erkennen kann, genießt die Zeitarbeit in den Niederlanden einen wesentlich höheren Stellenwert. Sie ist fester Bestandteil des Arbeitsmarktes.

Es stellt sich also die Frage: Können wir, bezogen auf das Arbeitsmarktelement Leih-arbeit, von unserem Nachbarn Niederlande lernen?

Im zweiten Kapitel wird die Hartz-Kommission und deren Bericht kurz vorgestellt. Im dritten Kapitel gilt es zu klären, was Zeitarbeit ist und wie sie grundlegend funktioniert. Im vierten Kapitel werden die positiven Effekte der Zeitarbeit dargestellt. Das fünfte und sechste Kapitel sind der überwiegend deskriptive Teil. Hier wird die Situation auf dem Arbeitsmarkt in den Niederlanden beschrieben. Wie ist die Zeitarbeit umgesetzt worden? Was sind die allgemeinen Rahmenbedingungen? Welche dieser Bedingungen führten zum Erfolg? Im darauf folgenden sechsten Kapitel wird die Situation auf dem Arbeitsmarkt in der Bundesrepublik Deutschland beschrieben und gleichzeitig vergleichende Aspekte herausgearbeitet. Wie wird die Zeitarbeit durch die PSA umgesetzt? Die Reformmaßnahmen der niederländischen Arbeitsmarktpolitik im Hinblick auf die Leiharbeit werden danach analysiert, ob sie interessant und nach-ahmenswert sind. Hier werden die niederländischen Erfolgsbedingungen als Vergleichs-kriterien angewendet. Ist der Aufbau der PSA ein Schritt in die richtige Richtung oder besteht weiterer Reformbedarf? Nachdem ich einen „Blick über die Grenzen“ gewagt habe, spreche ich im letzen Kapitel die Debatte „Von den Nachbarn lernen“ an. Inwieweit sind die niederländischen Erfolgskonzepte der Leiharbeit auf die Bundes-republik Deutschland übertragbar?

Die zentrale Hypothese, die dieser Arbeit zugrunde liegt, lautet: Das niederländische Konzept der Arbeitnehmerüberlassung ist nicht eins zu eins auf die Bundesrepublik Deutschland übertragbar.

Das Erkenntnisziel konzentriert sich dabei auf folgende Leitfrage: Welche Reformen sind notwendig, um in Deutschland Zeitarbeit als aktives Arbeitsmarktinstrument zu etablieren und somit erfolgreich die hohe Arbeitslosigkeit, zusammen mit anderen Instrumenten, zu bekämpfen? Sind die Gesetze „Moderne Dienstleistungen am Arbeits-markt“, speziell der Aufbau von PSA, ein erster Schritt?

Die wissenschaftliche Methode ist der Vergleich der beiden Zeitarbeitsmärkte in Deutschland und den Niederlanden anhand ausgewählter Vergleichskriterien und mit Hilfe empirischen Datenmaterials.

Ein Wohlfahrtsstaatsvergleich ist deshalb besonders interessant, weil es „zu einem besseren Verständnis der Sozialpolitik des eigenen Landes beiträgt“ (Schmid 2002: 27). Zum anderen erweitert es die Vorstellungen darüber, „was im Hinblick auf bestimmte Fragen oder Probleme unternommen werden kann“ (Schmid 2002: 27). Indem man erfolgreiche ausländische Lösungen übernimmt, ist imitatives Lernen möglich.

2. Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt - die Hartz-Kommission

Den Anlass zur Bildung der Hartz-Kommission lieferte der Skandal um gefälschte Vermittlungszahlen beim Arbeitsamt Anfang 2002.[8] Daraufhin wurde am 22. Februar 2002 die Kommission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“[9] unter dem Vorsitz von Herrn Dr. Peter Hartz von der Bundesregierung beauftragt, Vorschläge zur Reform der Bundesanstalt für Arbeit zu erarbeiten.

Am 06. März 2002 kam die Kommission zu der ersten Sitzung zusammen und nahm ihre Arbeit auf. Die Kommission setzt sich aus Persönlichkeiten aus Unternehmen, Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften, Politik, Wissenschaft, Ländern und Kommunen zusammen.

Nach sechs Monaten, am 16. August 2002 überreichte Dr. Peter Hartz dem Bundes-kanzler Gerhard Schröder bei einer offiziellen Präsentation im Französischen Dom in Berlin das Hartz-Konzept. Es umfasst weit mehr als die Reformvorschläge zum Umbau der Bundesanstalt für Arbeit. Es unterbreitet ein ganzes Bündel zur Reform der Arbeitsmarktpolitik. Die Leitidee der neuen Arbeitsmarkpolitik lautet: „Eigen-aktivitäten auslösen - Sicherheit einlösen“ entsprechend der Formel „Fördern und Fordern“.

Das Hartz-Konzept umfasst 13 Innovationsmodule. Im Zentrum steht die eigene Inte-grationsleistung des Arbeitslosen, welche von einem Angebot an Dienstleistungen begleitet wird: von der Vermittlung von Zeitarbeit über Qualifikationsmöglichkeiten bis zu einer regulären Beschäftigung.

Nur wenige Zeit später verkündete Gerhard Schröder, mit den Vorschlägen der so genannten Hartz-Kommission, den Leitbildwechsel von der aktiven Arbeitsmarkt-politik hin zu einer aktivierenden Arbeitsmarktpolitik. Das Ziel der Hartz-Kommission: Halbierung der registrierten Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 2005 durch schnellere Arbeitsvermittlung, neue Zumutbarkeitsregeln, mehr Leiharbeit, Förderung von Selb-ständigkeit und Mini-Jobs.

3. Definition und Funktion von Zeitarbeit

Der Begriff „Zeitarbeit“ leitet sich von den internationalen Bezeichnungen wie "temporary work", "travail temporaire", "lavoro temperaneo" und "temporäre Arbeit" ab.

Gemäß dem Paragraphen 1 des deutschen Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes[10] wird Zeitarbeit als ,,gewerbemäßige Arbeitnehmerüberlassung“ bezeichnet.[11] Diese liegt dann vor, wenn ein Verleiher oder Zeitarbeitsfirma gewerbsmäßig Arbeitnehmer (Leiharbeiter) an Dritte (Entleiher) zur fremdbestimmten Arbeitsleistung überlässt. Nach Paragraph 14 des AÜG bleiben Leiharbeitnehmer auch während der Zeit ihrer Arbeitsleistung bei einem Entleiher Angehörige der Zeitarbeitsfirma.[12] Das AÜG schreibt weiterhin vor, dass die Tätigkeit bei einem Entleiher ein Jahr nicht überschreiten darf.[13] Zeitarbeit zielt auf eine begrenzte Einsatzdauer in einem Betrieb ab.

Am Prozess der Zeitarbeit sind drei Akteure beteiligt: die Zeitarbeitsfirma als Arbeits-vermittler, der Leiharbeitnehmer als Arbeitsuchender und der Entleiher, in Form eines Unternehmens, das kurzfristig Arbeitskräfte benötigt.

Im Sinne des Gesetzes ist der Arbeitgeber die Zeitarbeitsfirma. Sie zahlt das Gehalt an den Zeitarbeitnehmer ebenso wie alle Sozialleistungen an den Staat. Demzufolge ist der Zeitarbeitnehmer in der Zeitarbeitsfirma angestellt. Er wird an ein anderes Unternehmen verliehen bzw. überlassen. Dabei untersteht der Zeitarbeitnehmer den Weisungen des Entleihers. Der Zeitarbeitnehmer erhält einen schriftlichen, unbefristeten Arbeitsvertrag mit den üblichen Leistungen wie Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Unfall-versicherung, ebenso wie bezahlten Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und gesetzlichen Kündigungsschutz.

Zeitarbeit organisiert Arbeitseinsätze in den Entleihbetrieben, die aufgrund von Termin-druck, Auftragsspitzen, Krankheit, Urlaub, Schwangerschaft bzw. Mutterschutz er-forderlich werden. Ein weiterer Aspekt ist die Überbrückung von Arbeitslosigkeit der Zeitarbeitnehmer und die Integration in dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse. Die gesamtwirtschaftliche Volkswirtschaft wird leistungsfähiger, „wo Zeitarbeit Vakanzen verkürzt und Überstunden substituiert“ (IAB Kurzbericht Nr. 20/2002: 3). Durch die kurzfristige Auswahl und Entsendung von Personal entstehen Effizienzgewinne, die dem gesamten Wohlfahrtsstaat zu gute kommen.

4. Die positiven Effekte der Zeitarbeit

Eine Reihe von ökonomischer Gesichtspunkte sprechen für die Zeitarbeit. Diese werden im Folgenden dargestellt:

− Senkung von Personalkosten

Zeitarbeit trägt dazu bei, dass die Personalkosten des Entleihers gesenkt werden. Dies geschieht durch die Senkung von Lohnnebenkosten aufgrund des Wegfalls von Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung, das Entfallen von Weihnachtsgeld sowie der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall usw. Die Kosten für die Personalbeschaffung, Personaleinstellungen, Personaleinarbeitungen und Entlassungen verringern sich, da die Zeitarbeitsfirmen als Mittel der Personalrekrutierung dienen. Die Gesamtkosten sind leicht zu überschauen und zu kalkulieren.

Zeitarbeit hat im Vergleich zu anderen kurzfristigen Personalanpassungen (z.B. Überstunden) vor allem dann einen Rentabilitätsvorteil, wenn die Einsatzdauer maximal drei bis sechs Monate beträgt.[14]

Der Verleiher zahlt den Lohn an den Leiharbeitnehmer. Also werden auch diese Personalkosten gesenkt, da nur die tatsächlich erbrachte Leistung bezahlt wird.

− Steigerung der Flexibilität

Für Entleiher ist das Ausleihen von Zeitarbeitnehmern ein angenehmer Weg, in Stoßzeiten relativ schnell an zusätzliche Arbeitskräfte zu kommen, welche in schlechteren Zeiten genauso schnell wieder an die Zeitarbeitsfirma zurückgegeben werden können.

Durch die größere Flexibilität beim Personaleinsatz und auch hinsichtlich der Quali-fikation der Leiharbeitnehmer sind die Unternehmen in der Lage, flexibler auf Kunden-wünsche einzugehen. Dies betrifft sowohl zeitliche als auch inhaltliche Abwicklung von Aufträgen.

− Schaffung von Transparenz auf dem Arbeitsmarkt

Um ihre Dienstleistung verkaufen zu können, müssen Zeitarbeitsfirmen auf der Absatzseite eine systematische Marktforschung betreiben. Ihre Tätigkeit ist darauf ausgerichtet, solche Beschäftigungsbedürfnisse aufzuspüren, die mittels Dauerarbeits-verhältnissen nicht oder nur unzureichend befriedigt werden können. Daraus folgt eine große Marktnähe. Das grundlegende Interesse von Zeitarbeitsfirmen liegt darin, neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu entdecken.[15] Ihre Stärke muss es sein, in kürzester Zeit qualifiziertes Personal besorgen zu können.

− Erprobungseffekt

Die Entleiher haben durch die Zeitarbeit die Möglichkeit, ein risikoloses Probearbeits-verhältnis einzugehen. Dabei handelt es sich jedoch in der Regel um Mitnahmeeffekte, weniger um eine tatsächliche Strategie.[16]

[...]


[1] Zeitarbeit und Leiharbeit werden synonym verwendet

[2] Quelle: Eurostat

[3] laut Monatbericht Juli 2003 der BA

[4] die Arbeitslosenquote im April 2003 in den Niederlanden (Quelle: Eurostat)

[5] im folgenden PSA genannt

[6] Umfang der Leiharbeit im Jahr 1998; Quelle: OECD

[7] Umfang der Leiharbeit im Jahr 1998; Quelle: OECD

[8] Der Bundesrechnungshof beschuldigte die Arbeitsämter, Vermittlungszahlen gefälscht zu haben.

Eine Stichprobenuntersuchung des Bundesrechnungshofes ergab, dass bis zu 70 Prozent der Vermittlungen bei den Arbeitsämtern fehlerhaft gebucht seien. Dies würde bedeuten, dass statt der angeblichen 3,8 Millionen Vermittlungen im Jahr 2001 nur 1,2 Millionen Vermittlungen in den 181 deutschen Arbeitsämtern stattgefunden haben.

[9] Im Folgendem (Hartz)-Kommission genannt

[10] kurz AÜG

[11] vgl. http://www.rechtsrat.ws/gesetze/aug/01.htm#1

[12] vgl. http://www.rechtsrat.ws/gesetze/aug/09.htm#9

[13] vgl. http://www.rechtsrat.ws/gesetze/aug/01.htm#1

[14] vgl. Dragendorf, Heering, John, (1988), S. 157

[15] vgl. Dragendorf, Heering, John, (1988), S. 151-152

[16] vgl. Dragendorf, Heering, John, (1988), S. 161-162

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Die Personal-Service-Agenturen in Deutschland - Zeitarbeit in den Niederlanden und Deutschland im Vergleich
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Institut für Politikwissenschaft)
Note
2,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
31
Katalognummer
V19003
ISBN (eBook)
9783638232340
ISBN (Buch)
9783640098972
Dateigröße
1751 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Personal-Service-Agenturen, Deutschland, Zeitarbeit, Niederlanden, Deutschland, Vergleich
Arbeit zitieren
Tina Dutschmann (Autor:in), 2003, Die Personal-Service-Agenturen in Deutschland - Zeitarbeit in den Niederlanden und Deutschland im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19003

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