Religiöse, theosophische und gnostische Elemente im Film "Die Truman Show"


Hausarbeit, 2002

26 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1. Kurzcharakteristik des Films
2.1.1. Gestaltung des Films
2.1.2. Darstellung der verschiedenen Ebenen in dem Film
2.2. Biblische Elemente in der „Truman Show“
2.2.1. Die Erschaffung der Welt/Genesis und die Schaffung der Schow
2.2.2. Das Paradies und Seahaven
2.2.3. Der Fall des Menschen und Trumans Erkenntnis
2.2.4. Der Gang Jesu auf dem Wasser und Truman
2.3. Bezug des Höhlengleichnisses von Platon auf „Die Truman Show“
2.3.1. Die Schatten an der Wand der Höhle und Truman
2.3.2. Die Entfesselung und Truman.12 ?
2.3.3. Der Aufstieg zum Licht und Truman
2.4. Gnostizismus und „Die Truman Show“
2.4.1. Das gnostische Weltbild
2.4.2. Die gnostischen Evangelien
2.4.2.1. Die Suche nach dem rechten Weg
2.4.2.2. Nichtwissen als Ursprung des Leidens
2.4.2.3. Erkenntnis und Befreiung
2.4.2.4. die Lehrer-Funktion

3. Schluß

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Im Vordergrund von Peter Weirs Film „Die Truman Show“ steht die Beschäftigung mit der Welt der Medien und vor allem mit der Rolle des Fernsehens, das trotz der neueren Entwicklungen weiterhin als das Leitmedium in modernen Informationsgesellschaften zu betrachten ist. Das Genre, das die „Truman Show“ als besonders charakteristisch in den Mittelpunkt stellt, ist die „Soap Opera“, also die Verdoppelung des Alltags in Form der Fernsehserie. Nach Knut Hickethier sind die offenen Formen des Fernsehens die der täglich präsentierten soap operas und shows. Sie bauen eine zeitlich unabgeschlossene, aber dennoch überschaubare Parallelwelt auf. Mit der Zunahme offener Formen werden laut Hickethier Sinnstiftung, Orientierung und Integrationsformen gegeben, aber auch ständig umgebaut.[1] Peter Weir spitzt das Paradigma „Soap Opera“ zu, indem er sie um die Dimension des „Reality TV“ erweitert: Truman ist „echt“, er spielt sich nicht selbst, sondern er ist er selbst, und in ihm können die Fernsehzuschauer gewissermaßen sich selbst beobachten, wie sie wirklich sind. Sie werden zu Voyeuren ihrer eigenen Existenz, ohne für dieses so beobachtete Leben Verantwortung übernehmen zu müssen.

Seit Anfang der achtziger Jahre wurde immer häufiger die Frage aufgeworfen, ob nicht gerade Fernsehen religiöse Funktionen übernommen habe und welche Wirkungen die „TV-Religion“ ausübe.[2] In der heutigen, stark medial beeinflußten Lebenswelt wird auch die religiöse Dimension zunehmend in Kino, Fernsehen und Cyberwelt verlangt.[3] Günther Thomas lenkt die Aufmerksamkeit auf die liturgische Ordnung und Kosmologie des Fernseh-Programms. Im Kontext der Rezeptionsforschung wird erkannt, daß wiederkehrende Programmangebote in die Alltagsroutine der Zuschauer so eingebunden werden, daß sie Bestandteil von Ritualen im Alltag werden.[4] Die medienwissenschaftliche Erforschung läßt eine übergreifende Nähe zu mythischer Narration und nach Analogien zu religiöser Sinngebung und Vergewisserung erkennen. Peter Weirs „Die Truman Show“ ist ein schönes Beispiel dafür, daß das Kino einer der Orte ist, an dem die Gegenwart Fragen reflektiert, die in vergangenen Zeiten vor allem im religiösen Raum angesiedelt waren.

In der „Truman Show“ finden sich sowohl vielfälige und zahlreiche religiöse Symbole, Motive und Bilder, als auch theosophische und gnostischeVorstellungen, Themen und Anspielungen. Im Rahmen dieser Arbeit werden – infolge einer verallgemeinerten Einführung in und hinter die Kulissen der „Truman Show“ - die Bezüge und Analogien der „Truman Show“ zum religiösen, philosophischen und gnostischen Weltbild untersucht. Die „Truman Show“ widerspiegelt das Paradies- und Himmelsmotiv, die Konfrontation zwischen gut und böse, das Symbol der Liebe und das zentrale Thema der Erlösung.

2. Hauptteil

2.1. Kurzcharakteristik des Films

Peter Weirs Film „Die Truman Show“ besteht aus der Zurschaustellung eines Lebens, das rund um die Uhr heimlich überwacht wird, in Form eines mitreißenden Schauspiels.

Der Vorspann des Films stellt Christof, den Schöpfer der „Truman Show“, und einige der Mitwirkenden dar, die über Schein und Sein der Fernsehserie reflektieren und behaupten, in ihr sei alles echt und alles wahr, allerdings gebe es ein wenig Kontrolle. Und dann betritt die Hauptperson die Szene, Truman Burbank, am 10909 Tag der Show, dreißig Jahre alt, ahnungslos, was den künstlichen Charakter seiner Welt betrifft, und sagt, was er jeden Morgen zu sagen pflegt: „Guten Morgen. Ach, und falls wir uns nicht mehr sehen sollten: Guten Tag, guten Abend und gute Nacht.“ (0:02:00-0:02:05)

Truman Burbank ist der bekannteste Mensch auf dieser Welt. Von Geburt an durch den selbsterklärten Mediengott Christof in den Mittelpunkt der ultimativen Fernsehshow gesetzt., vollzieht sich sein bürgerliches Leben in der idyllischen Kleinstadt Seahaven, einer gigantischen künstlichen Welt, die von einer großen Kuppel überspannt wird. Millionen von Fernsehzuschauern wissen alles über ihn und beobachten ihn in allen Lebenslagen, doch Truman ist der Einzige, der nichts von der Fiktion seiner kleinen Welt weiß. Er ist der unfreiwillige Hauptdarsteller in Christofs gigantischer „Reality Soap Opera“.

Erst die sich häufenden Unstimmigkeiten in seinem Leben, erinnern Truman an Sylvia und an das, was sie Jahre zuvor zu ihm gesagt hatte, bevor die Regie der Show Sylvia mit Gewalt vom Set geschafft hatte. Sie wollte Truman aufklären und ihm die Wahrheit über seine Situation zu sagen, aber er konnte zu diesem Zeitpunkt nicht verstehen, was sie damit meinte, daß alles gefälscht und alles Kulisse sei (0:25:00-0:26:00). Folglich schöpft er den Verdacht, daß es hinter dem, was ihm als wirklich erscheinen mußte, eine andere Wirklichkeit gibt. Seine Versuche, diesen Verdacht gegenüber seiner Frau Meryl und seinem besten Freund Marlon zu artikulieren, führen ihn zu der Erkenntnis, daß auch sie Teil des großen Täuschungszusammenhangs sind. Listig entzieht er sich eines Nachts der immerwährenden Beobachtung durch die Kameras und verschwindet spurlos. Trumans Fernweh hat ein Ziel und dieses Ziel will er erreichen, und wenn seine Welt dabei einstürzt.

Als er durch den Schöpfer der Truman Show, Christof, endlich wieder ausfindig gemacht werden kann, befindet er sich mit einem Segelboot, die „ Santa Maria“, auf dem Weg aus seiner abgeschlossenen Kunstwelt in das „wahre“ Leben. An der Grenze seiner Welt angekommen -sein Boot bleibt im künstlichen Horizont stecken - erfährt Truman die Wahrheit über sein Leben (1:25:30-1:28:27). Christofs Behauptung, die Welt draußen und die Welt der Show seien identisch, aber in der Show sei er in Sicherheit, schenkt er keinen Glauben.(1:28:34-1:29:00) Truman wählt die Freiheit und verläßt durch eine Tür im künstlichen Horizont seine Show, auf der Suche nach sich selbst und der Wirklichkeit.

2.1.1. Gestaltung des Films

Peter Weir ist dafür bekannt, daß er die Bilder sprechen lassen kann und ihrer Aussagekraft vertraut. Sie sind in ihrem Realismus oft durchsichtig auf symbolische Bedeutungen. Die Beispiele dafür reichen in der „Truman Show“ von atemberaubenden Panoramen - Seaheaven aus der Luft, Sonnenaufgang, Abendstimmungen -, über verblüffende Bildideen - der Mond als Regieraum von Christof und zugleich ein Riesenscheinwerfer -, und anspielungsreiche Arrangements - Treppe am „Ende“ der Welt, Tür im künstlichen Horizont -, bis zu durchkomponierten Sequenzen - Trumans Reaktion auf den Zusammenstoß seines Segelbootes mit dem Horizont, der seine Welt begrenzt. Der Einsatz der Musik ist von ganz besonderer Bedeutung, denn sie verdichtet und überhöht die Bilder und erzeugt einen Augenblick ungewöhnlicher Wahrnehmungs-Intensität.

„Die Truman Show“ ist ein sehr kunstvoll gestalteter Film, der seine dichte Wirkung durch die Vielzahl seiner Aussageebenen und die komplexe Art ihrer Verknüpfung erzielt. Es dauert eine ganze Weile bis der Film die Perspektive der Serie, mit ihrem unwissenden Hauptdarsteller, Truman Burbank, zum ersten Mal aufgibt und die Irritation des Betrachters sich löst. Die merkwürdige Kameraeinstellnug und Schlüsselloch-Optik enthüllt, daß der totale Lausch- und Blickangriff rund um die Uhr auf Truman herrscht. Hinter Spiegeln, aus Schubladen, durch Schmuck und durch das Armaturenbrett von seinem Wagen wird er beobachtet. Die Nähe von Produkten und Warennamen wird durch das „product placement“ hervorgerufen, dem Verkaufs- und Werbecharakter der Show.

Zunächst also ist der Kinozuschauer scheinbar mit einem beliebigen Fernsehzuschauer der Truman-Show identisch, bis man allmählich andere Perspektiven und Ebenen kennenlernt und Hintergrundinformationen erhält: Die Sicht der Fernsehzuschauer im Film, die man als Filmzuschauer nun seinerseits beobachten kann, die Probleme der Filmschauspieler, die Dimensionen der Vermarktung eines Medienproduktes, den technischen Hintergrund des Riesen-Studios und nicht zuletzt die konzeptionelle Seite der Show; ihre Geschichte, ihre Inszenierungen, ihren Macher und Regisseur Christof. Sobald sich einem der Blick auf diese Weise weitet, ist man Truman voraus. Man kann sich mit ihm identifizieren, aber man beobachtet ihn auch von außen: Er ist der Mittelpunkt eines Experiments, dessen Ausgang man mit Spannung erwartet.

„Die Truman Show“ ist Fernsehen im Film und dementsprechend sind in ihr für das Fernsehen und für das Kino typische Gestaltungsmittel gleichzeitig vorhanden und verbunden.

2.1.2. Darstellung der verschiedenen Ebenen in der „Truman Show“

Peter Weirs Film „Die Truman Show“ konfrontiert sein Publikum mit multiplen Realitäten. Diese Handlungs- und Bedeutungsebenen sind im Film „Die Truman Show“ sehr offensichtlich angelegt: im Abspann werden die Darsteller nach Welten eingeteilt aufgeführt.

(1) Zunächst wird Trumans Welt, mit Truman und allen Schauspielern, die an seinem konstruierten Leben mitwirken, vorgestellt. Sein Name kann symbolisch betrachtet werden: Truman als true man, als wahrer, als normaler, als der Mensch an sich. In dieser Ebene spielt er seit seiner Geburt die Hauptrolle. Eine zweite Hauptrolle spielt gewissermaßen Sylvia, denn sie ist der ursprüngliche Handlungsantrieb, der Truman zur Erkenntnis seines verfälschten Lebens führt.
(2) Trumans Welt wird vom künstlichen Mond aus, dem Imperium des Produzenten Christof, überwacht. Der „Schöpfer“ Christoph residiert in seiner Schaltzentrale hoch über den Studiobauten. Im Himmel von Seahaven macht er, mit Hilfe seines Teams, das Wetter, bestimmt Lebensläufe und manipuliert Gefühle. Diese Realität mit Christof, der die „Truman Show“ erschaffen hat und diese leitet, bildet die Rahmenhandlung. Ein fester Stab an Christofs Mitarbeitern kontrolliert und steuert Trumans Leben rund um die Uhr. In dieser Ebene spielt der „Schöpfer“ dieser künstlichen Welt die Hauptrolle. Eine zweite Hauptrolle könnte Sylvia als Antagonistin von Christoph und als Gegnerin der Show einnehmen.
(3) Die dritte Ebene bezieht sich auf das Publikum, das Trumans Leben vor den Bildschirmen mitverfolgt. Diese Zuschauer, die uns als normale Menschen unserer Zeit präsentiert werden, haben offenkundig das Gefühl für Realität verloren. Sie verfolgen gebannt Trumans Leben und fühlen sich ihm nah. Gleichzeitig haben sie aber vergessen, daß Truman das Objekt schamloser Ausnutzung ist. Sie akzeptieren Trumans Existenz ebenso, wie sie ihre eigene als gegeben hinnehmen. „We accept the reality with which we are presented,“(1:03:00-1:03:04) sagt Produzent Christof. Diese Akzeptanz ist sowohl bei den Fernsehzuschauern, als auch bei Truman selbst zu finden. Während das Fersehpublikum sich freiwillig und wissentlich in die Gegebenheiten seines Lebens fügt, hat Truman kaum eine Wahl. Er ist wahrlich der Gefangene seines eigenen Lebens. Er ist der Gefangene der Realität, die Christof für ihn geschaffen hat.

Dieses Spiel der Ebenen erinnert an den italienischen Autor und Dramaturgen Luigi Pirandello, dessen Protagonisten Gefangene der Realitäten sind, mit denen die Gesellschaft sie konfrontiert. Diese Realität ist eine Illusion. Christofs Bestreben ist es, das pure, unverfälschte Leben einzufangen. Er will echte Gefühle, echte Menschen und Orte, die - mit entsprechender Musik hintermalt - realistischer wirken als das wahre Leben. Und doch kann die Abbildung der Wirklichkeit niemals an die Realität heranreichen. Das Leben ist ein kontinuierliches Fließen, das weder durch Sprache, noch durch Bilder vollständig eingefangen werden kann. Jede Nachbildung kann nur eine Reproduktion, eine weitere Repräsentation der Wirklichkeit sein.

Peter Weirs „Die Truman Show“ bietet dem Betrachter auf drei (o.g.) Ebenen Möglichkeiten zur Identifikation und/oder Selbstreflexion. Die Kameraführung hat dabei eine entscheidende Funktion, denn der Kinozuschauer identifiziert sich mit dem Kamerablick und entwickelt nach dem Filmtheoretiker Christian Metz die Position eines „all-wahrnehmenden Ichs“[5]. Auf dieser Identifikationsebene tritt der Betrachter in die Triade ein, die in den drei unterschiedlichen Perspektiven des Films „Truman Show“ vorgestellt und transparent wird. Kameraposition, Einstellung, Schnittechniken, Musik, Sound- und Lichteffekte sind nur einige der „manipulativen“ dramaturgischen Mittel, die dem Regisseur zu Verfügung stehen, um die Wahrnehmung und das Empfinden des Betrachters zu lenken.

[...]


[1] Günther Thomas und Michael Welker: Einleitung. Religiöse Funktionen des Fernsehens? Hrsg. Günther Thomas - Westdeutscher Verlag Wiesbaden, 2000, S. 14.

[2] Ebd., S. 9.

[3] Online-Zeitschrift für ReligionspädagogInnen, http://www.theophil-online.de (2002-02-21).

[4] Günther Thomas und Michael Welker: Einleitung. Religiöse Funktionen des Fernsehens? Hrsg. Günther Thomas - Westdeutscher Verlag Wiesbaden, 2000, S. 10.

[5] Metz, Christian: Psychoanalysis and Cinema. The Imaginary Signifier. London, 1982., S. 23.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Religiöse, theosophische und gnostische Elemente im Film "Die Truman Show"
Hochschule
Universität Mannheim  (Philologie)
Veranstaltung
Die neue (?) Religion der Medien
Note
1,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
26
Katalognummer
V18989
ISBN (eBook)
9783638232234
ISBN (Buch)
9783638771597
Dateigröße
558 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Reality-TV, Filmebenen, Schöpfer, Paradies, Höhlengleichnis, Entfesselung, Gnosis, erkentnis, Befreiung
Arbeit zitieren
Emese Farkas (Autor:in), 2002, Religiöse, theosophische und gnostische Elemente im Film "Die Truman Show", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18989

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