Der Weihnachtsbaum in Brauchtum und Bedeutung


Seminararbeit, 2012

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Herkunft des Weihnachtsbaumes
2.1. Christliche Herkunft
2.2. Heidnische Herkunft
2.1.1. Das Weihnachtsgrün
2.1.2. Das Weihnachtslicht
2.1.3. Weihnachtsgrün und Weihnachtslicht

3. Verbreitung- und Entstehungsgeschichte

4. Heutige Bedeutung im Festbrauch

5. Empirischer Teil: Beobachtung des familiären Ritus rund um den Weihnachtsbaum

6. Literatur- und Quellenverzeichnis

Da richtet man Tische wie Altäre her und stattet sie für jedes Kind mit allerlei Dingen aus, wie neue Kleider, Silberzeug, Puppen, Zuckerwerk und alles mögliche. Auf diese Tische stellt man Buchsbäume und befestigt an jedem Zweig ein Kerzchen. Das sieht allerliebst aus, und ich möchte es noch heutzutage gern sehen[1]

1. Einleitung

Der Weihnachtsbaum ist mit seinem Lichterglanz mittlerweile zu einem Symbol des Schenkens und des familiären Weihnachtsfestes avanciert. Dennoch ist er, was man vielleicht nicht gleich vermuten würde, ein relativ junger Brauch, der vermutlich aus dem Elsass stammt und sich von Deutschland aus über die ganze Welt verbreitet hat. Bei uns wurde erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts allgemein. Erste literarische Belege für den Weihnachtsbaum lassen sich ab dem 16. Jahrhundert finden.

Das Grün gilt jeher als Symbol des Lebens. Der Brauch, Häuser in der Winterzeit, speziell zu Jahresende, mit Grün zu beschmücken, ist uralt. Eine genaue Festlegung auf eine bestimmte Herkunft mit genau verfolgbaren Entwicklungsschritte bis hin zu der uns heute bekannten Form des Weihnachtsbaumes ist daher kaum möglich. Auf zwei Erklärungsmuster wird in dieser Arbeit im Speziellen eingegangen, ehe ein Überblick über die Verbreitung des Weihnachtsbaumes vorgenommen wird und schließlich in einem empirischen Teil persönliche Beobachtungen in Bezug auf familiäre Riten rund um den Christbaum eingebracht werden.

2. Die Herkunft des Weihnachtsbaumes

Ein Erklärungsmodell führt den Ursprung des Weihnachtsbaumes zurück in die Kirchengeschichte, in die Praxis mittelalterlicher Paradiesspiele. Dies ist eine Auffassung, der zwar einiges entgegnet werden kann, die sich jedoch beispielsweise bei Küster finden lässt und in dieser Arbeit nicht außen vor gelassen werden soll, wenn auch davon auszugehen ist, dass der Weihnachtsbaum in seinem Ursprung kein kirchlicher, sondern ein weltlicher Brauch, ein Symbol der Familienweihnacht war.

Das zweite Erklärungsmodell widmet sich daher der nicht-christlichen Herkunft des Christbaumes, das sich an dem Glauben an das Geistertreiben in der Nacht vor dem Jahreswechsel als Wurzel unseres heutigen Christbaumes orientiert.

2.1. Christlichen Herkunft

Nach Jürgen Küster ist der Brauch des Weihnachtsbaumes zurückzuführen auf die mittelalterlichen Paradies- und Weihnachtsspiele.[2] Das geistliche, in der Kirche vollzogene Paradiesspiel wurde am 24. Dezember vor dem Krippenspiel aufgeführt und behandelte den Sündenfall aus dem Buch Genesis sowie die Erlösung der Sündigen durch den Tod Christi.

Bestandteil dieser Spiele war ein immergrüner Baum, der „Paradiesbaum“, von dem in einem symbolischen Gestus der verbotene Apfel gepflückt wurde. Aus der Herkunft des Weihnachtsbaumes aus dem Paradiesbaum erklärt Küster auch die Herkunft des Christbaumschmuckes als „säkularisiertes Requisit mittelalterlicher Spielpraxis“[3], denn mit der Zeit wurde der Paradiesbaum im kirchlichen Schauspiel immer schmuckvoller verziert, hinzu kamen vergoldete oder naturbelassene Nüsse, Backwerk und Süßigkeiten. Zum Dreikönigstag, zur Ende der Weihnachtszeit, durfte der Paradiesbaum geplündert werden.[4]

2.2. Heidnische Herkunft

Eine ebenfalls stark verbreitete Erklärung für die Herkunft unseres Weihnachtsbaumes liefert Otto Lauffer, der sich explizit gegen die Theorie einer Entwicklung des Weihnachtsbaumes aus dem Paradiesbaum der christlichen Spiele ausspricht. Er beschreibt den Christbaum als ursprünglich häusliches Phänomen:

Mit kirchlicher Sitte hat der Weihnachtsbaum in all seinen früheren Entwicklungsstufen nichts zu tun. Er gehört nicht der kirchlichen, sondern der häuslichen Sitte an. Die Kirche hat ihn noch lange Zeit nach seinem nachweislichen Aufkommen ausdrücklich abgelehnt.[5]

Tatsächlich verfasste in den Jahren zwischen 1642 und 1646 der Prediger der Stadt Münster im Elsass, gerade in jenem Landschaftsgebiet, in dem der beliebte Weihnachtsbrauch seinen Anfang genommen haben soll, der Theologe Johann Conrad Dannhauer folgende Zeilen:

Unter anderen Lappalien, damit man die alte Weihnachtszeit oft mehr als mit Gottes Wort begeht, ist auch der Weihnacht- oder Tannenbaum, den man zuhause aufrichtet, denselben mit Puppen und Zucker behängt, und ihn hernach schütteln und abblümenläßt. Wo die Gewohnheit herkommen, weiß ich nicht, ist ein Kinderspiel… Viel besser wäre es, man weihte die Kinder auf den geistlichen CedernbaumJesum Christum.[6]

Die Beschreibung Dannhauers ist für Lauffer Beweis für die anfängliche Skepsis vor allem der christlich-katholischen Kirche gegenüber dem neuen Brauch, der als „Lappalie“ gedeutet wurde. „Gerade in den katholischen Landen“, schreibt Lauffer weiter, „hat man den Baum noch länger als in den protestantischen von kirchlicher Seite ausdrücklich abgelehnt.“[7] Selbst an den katholischen Fürstenhöfen wurde er, zumindest im katholischen Süddeutschland, erst im 19. Jahrhundert eingeführt und damit, wie wir noch sehen werden, mehr als zwei Jahrhunderte nachdem bereits die ersten bürgerlichen Stuben am Weihnachtstag mit den prächtigen Bäumen geschmückt wurden. All diese Umstände lassen die Herleitung vom christlichen Paradiesbaum durchaus unglaubwürdig erscheinen.

Lauffer vertritt die Auffassung, der Weihnachtsbaum habe seine Wurzeln nicht im Christlichen, sondern im Heidnischen, im „volkstümlichen Glauben der Mittwinterzeit“[8], und entstamme dort zweierlei Bräuchen, die erst im Laufe des 18. Jahrhunderts zusammengeführt wurden und ursprünglich der Geisterabwehr dienen sollten.

2.1.1. Das Weihnachtsgrün

Die zwölf Weihnachtstage, die sogenannten „Zwölften“, der Zeitraum vom Weihnachtsabend bis zum Dreikönigstag am 6.Januar, war seit „alters her“[9] mit dem Glauben verbunden, die unheimlichsten und für Mensch und Tier gleichsam bedrohlichen Geister würden in dieser Zeit ihr Unwesen treiben.

Am meisten aber fürchtet man sie da, wo es sich um den Jahresanfang handelt, denn wie man im Volke glaubt, daß ein guter Anfang auch auf einen guten Fortgang wirken werde, so besteht umgekehrt auch die Meinung, daß der Unhold mit den bösen Geistern immer vor allem darauf bedacht sei, den Anfang zu schädigen, um damit das Ganze zu verwüsten.[10]

Eine weitere Erklärung für den Glauben an das vermehrte Geistertreiben zeigt Lily Weiser-Aal auf:

Der an dieser Zeit haftende Geisterglaube ist […] bedingt durch die christliche Idee, daß die Herrschaft des Satans durch Christi Geburt gefährdet sei, und daher das ganze Heer der Teufel um diese Zeit seinen Grimm an den Menschen auszulassen versuche.[11]

Im Mittelalter gab es verschiedene Jahresanfänge. Jener in der Mittwinterzeit fiel, neben dem 1. Januar, nach dem sogenannten „Nativitätsstil“ auf den 25. Dezember. Die Vornächte zu diesen Tagen hatten eine besondere Bedeutung inne und waren die beiden meistgefürchteten Nächte in den Weihnachtstagen. Die Menschen bedienten sich in dieser Zeit verschiedener Schutzhandlungen, um sich gegen etwaigen Schadenzauber zu schützen. Hierzu zähle vor allem das Kräuter räuchern, aber auch pflanzliches Wintergrün, Büsche, Zweige und Wedeln, wie auch das (Kerzen-)Licht waren beliebte Abwehrmittel gegen die Geister der Zwölften.[12]

Das Wintergrün, wie die Tannen, Fichten, Stechpalmen, Wacholder, Buchsbaum und andere, nahmen in der Mittwinterzeit somit eine besondere Stellung ein:

Trotz Eis und Schnee überdauern sie Frost und Stürme der Winternacht. Sie besiegen den Tod, der über das Land geht. Ihre Lebenskraft bleibt auch unter feinem weißen Leichentuch ganz ungebrochen.[13]

Die Bedeutsamkeit bevorzugter Bäume variierte je nach Landschaft, so war beispielsweise die Auswahl des Tannenbaums vor anderen Nadelhölzern eine Elsässische Gewohnheit, während man sich in der Pfalz insbesondere dem Buchsbaum zuwandte. Grundsätzlich hatte jedoch jede Art von Wintergrün eine unheilabwehrende Lebenskraft inne, weshalb es sich gerade in der unheilvollen Mittwinterzeit hervorragend zur Geisterabwehr anbot.

2.1.2. Das Weihnachtslicht

Auch das Licht hatte, ähnlich wie das Wintergrün, eine schutz- und hoffnungsbringende Funktion in der düsteren Winterzeit. Im volkstümlichen Glauben besaß es die Kraft, böse Geister zu verscheuchen. Diese Meinung teilte auch die Kirche in Gedenken an das Sinnbild des Lichtes, das durch Jesus Christus in die Welt kam. Als Lauffer 1934 sein Buch über den Brauch des Weihnachtsbaumes publizierte, berichtete er, dass es noch „heute“ im Salzkammergut Gang und Gebe sei, ein Heiligabendlicht, das als solches im 16. Jahrhundert entstand, in der Weihnachtsnacht anzuzünden. In jedem Hause sei so eine geweihte Kerze gestanden und sogar das Vieh bekam sein eigenes Weihnachtslicht zum Schutze.[14]

2.1.3. Weihnachtsgrün und Weihnachtslicht

Diese zwei Bräuche zum Schutze in der kalten und finsteren Winterzeit, das Wintergrün sowie das Licht, führten nach Lauffer in ihrer Verbindung allmählich zu einem Christbaum nach heutigem Verständnis.

Wie sich nun die Verbreitung und die Entstehung unseres heutigen Christbaumes abspielte, soll im folgenden Kapitel aufgezeigt werden.

3. Verbreitungs- und Entstehungsgeschichte

Zur Mittwinterzeit hängte man sich aus dargelegten Gründen zum Schutz gegen Geister Zweige oder Zweigbüschel unter die Decke. Schließlich begann man, anstatt des Zweigwerks ganze Bäumchen in die Stuben zu hängen.[15] Im 16. Jahrhundert bürgerten sich so vom Elsass ausgehend allmählich hängende Bäume ein, die man zur Weihnachtszeit mit einer Schnur am Deckenbalken der Stube befestigte, zunächst mit der Spitze nach unten, später mit der Spitze nach oben. Diese hängenden Bäumchen wurden mit Baumschmuck versehen, der vor allem aus selbsthergestelltem Backwerk, aber auch aus Äpfeln und Nüssen bestand. Früheste Belege für Weihnachtsbäume stammen aus den Zünften. In Zunftstuben wurden Bäume aufgestellt und mit Äpfeln, Back- und Zuckerwerk behängt. Die Kinder durften diese Bäume anschließend abschütteln. Noch trug der Baum jedoch keine Kerzen. Schließlich wanderte er von den Zunftstuben aus auch in bürgerliche, vor allem bürgerlich-protestantische Stuben wohlhabender Bürger. Adelige Familien taten es ihnen schon bald gleich.

Noch im Laufe des 16. Jahrhunderts entwickelte sich der hängende Baum zu einem stehenden, was nicht bedeutet, dass sich nicht auch der hängende Baum noch lange Zeit, nämlich bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, großer Beliebtheit erfreute.[16]

[...]


[1] Lauffer, Otto, Der Weihnachtsbaum in Glauben und Brauch, Berlin/Leipzig: Walter de Gruyter& Co. 1934, S. 36

[2] Vgl. Küster, Jürgen, Wörterbuch der Feste und Bräuche im Jahreslauf. Eine Einführung in den Festkalender, Freiburg: Herder Verlag 1985, S. 190

[3] Ebenda, S. 192

[4] Vgl. Becker-Huberti, Manfred, „Weihnachten und der immergrüne Christbaum. Von den weihnachtlichen Symbolfarben“, http://www.brauchtum.de/winter/weihnachten_1.html, Zugriffsdatum: 19.12.2011

[5] Lauffer (1934), S. 10

[6] Weiser-Aal (1923), S. 54

[7] Lauffer (1934), S.11

[8] Ebenda, S. 13

[9] Ebenda, S. 15

[10] Ebenda

[11] Weiser-Aal(1923), S.41

[12] Vgl. Lauffer (1934), S. 16

[13] Lauffer (1934), S. 18

[14] Vgl. Lauffer (1934), S. 31

[15] Vgl. Lauffer (1934), S. 26

[16] Vgl. Ebenda, S. 28

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Der Weihnachtsbaum in Brauchtum und Bedeutung
Hochschule
Universität Wien  (Europäische Ethnologie)
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
15
Katalognummer
V189247
ISBN (eBook)
9783656133636
ISBN (Buch)
9783656133827
Dateigröße
480 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Weihnachtsbaum, Weihnachtsschmuck, Herkunft, Weihnachtsgrün, Festbrauch, Weihnachtslicht, Weihnachtsbrauch
Arbeit zitieren
Barbara Walter (Autor:in), 2012, Der Weihnachtsbaum in Brauchtum und Bedeutung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/189247

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