Motive des Alexanderzuges

Analyse der Kriegsmotive Alexanders III


Examensarbeit, 2011

105 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Motive für den Perserkrieg
2.1 Motive für den Perserkrieg unter Philipp II.
2.2 Hintergrund des Kriegsmotivs Befreiung
2.3 Friedensbündnis und Korinthischer Bund
2.4 Hintergründe des Kriegsmotivs Rache
2.4.1 Zerstörung der griechischen Heiligtümer durch Xerxes
2.4.2 Religiöse Legitimation des Rachekrieges
2.4.3 Konstruierte Identität und gemeinsame Rechts- und Moralvorstellungen
2.4.4 Mythische Dimension eines panhellenischen Feldzuges unter Alexander
2.4.5 Feindschaft zwischen Griechen und Persern

3. Kritische Betrachtung der propagierten Kriegsmotive Rache und Befreiung
3.1 Alexander und die antike Geschichtsschreibung
3.2 Erklärungsmodell des Polybios zur Analyse und Kritik der Kriegsmotive
3.2.1 Unterscheidung zwischen Anfängen, Ursachen und Vorwänden nach Polybios
3.2.2 Ergebnisse der Analyse der Kriegsursachen des Perserfeldzuges nach Polybios
3.2.3 Zur Bewertung der von Polybios ermittelten Kriegsursachen

4. Zur Bewertung der Kriegsmotive Rache und Befreiung
4.1 Motiv der Befreiung als Vorwand
4.1.1 Geringe Bereitschaft der Griechen zu einem Perserkrieg
4.1.2 Eroberungskrieg in Kleinasien
4.2 Motiv der Rache - ein Vorwand?
4.2.1 Alexanders Flucht nach vorn
4.2.2 Schock nach dem Fall Thebens
4.2.3 Alexanders Abhängigkeit von Griechenland
4.2.4 Brand von Persepolis
4.2.5 Nachfolge der Achaimeniden
4.3 Pothos als Motiv
4.3.1 Alexanders Antrieb
4.3.2 Alexanders Ehrgeiz und die damit verbundene Motivation

5. Fazit

6. Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Diese wissenschaftliche Hausarbeit untersucht die Motive1 des makedonischen Königs Alexander des Großen, die ihn mit seiner Thronbesteigung 336 v. Chr. und mit der Übernahme der korinthischen Hegemoniestellung in Hellas2 zum Zug nach Asien bewogen haben. Es ist daher unabdingbar, sich zunächst mit der Zielsetzung des Korinthischen Bundes auseinanderzusetzen, welche bereits von seinem Vater Philipp II. verkündet worden war. Denn auch wenn sich im Laufe des Perserkrieges wesentliche Unterschiede zwischen Philipps und Alexanders Plänen ergaben3, ist die Frage nach den Motiven Alexanders für den Perserzug zunächst unmittelbar mit Philipp verbunden, welcher nicht nur den Krieg im Namen aller Griechen verkündet hatte, sondern auch für die Rolle Alexanders als Hegemon und Führer der Hellenen gegen das persische Reich maßgeblich war4. Als Philipp 337/6 v. Chr. den Krieg gegen Persien erklärte, rechtfertigte er ein gemeinsames Vorgehen der Griechen mit der Rachenahme für die Zerstörung der griechischen Heiligtümer durch Xerxes und sendete ein Heer nach Kleinasien, um dort die hellenischen Städte von der persischen Herrschaft zu befreien5. Alexander konnte die bereits ausgesprochene Kriegserklärung gegen Persien weder zurücknehmen, ohne seine Position als Führer in Hellas zu gefährden, noch die Motive Philipps revidieren, ohne damit womöglich die Zielsetzung des Korinthischen Bundes als Vorwand zu entlarven6. Daher scheint ihm zu Beginn seiner Herrschaft der vom Vater geerbte7 Krieg wenig Spielraum für eigene Beweggründe gelassen zu haben. Selbst wenn diese bereits vorhanden waren, schweigen die erhaltenen Quellen darüber und vermitteln eher das Bild, Alexander habe jede Möglichkeit wahrgenommen, um den Perserzug als panhellenischen Rachekrieg zu inszenieren8. Alexanders erste persönliche Äußerung über die Motivation des Krieges, die von Philipps Zielsetzung abweicht, findet sich erst während der Verhandlungen mit Dareios und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die Position Alexanders auf einen Schlag verbesserte und nicht mehr der Ausgangsbedingung des Feldzuges entsprach. Dass Alexander beim Antritt seines Erbes die Herrschaft über Asien als erfüllbar bzw. vor den Augen der griechischen Öffentlichkeit9 als vertretbar angesehen hätte10, kann durchaus bezweifelt werden. Denn bis zu seinem ersten militärischen Erfolg in Asien schien es mehr als unwahrscheinlich, dass Alexander überhaupt einen Sieg gegen die Perser erringen könnte, geschweige denn die Ziele, die sein Vater in Korinth vorgegeben hatte, zu erfüllen vermochte11. Dass der anfangs unsichere Verlauf des Perserkrieges im „Siegeszug durch Asien“12 münden und eine neue Epoche einleiten würde, die später durch die historische Forschung als Hellenismus bezeichnet werden sollte13, war mehr ein Glücksfall14 als ein vorauszusehendes Ereignis. Dabei sollte der Zug Alexanders bis tief in das persische Reich nicht als selbstverständlich verstanden werden, hatte es doch den Hellenen bislang eher fern gelegen, sich jenseits ihrer relativ abgeschlossenen Welt zu bewegen bzw. dorthin vorzustoßen15, ganz abgesehen von den nahezu unlösbaren Schwierigkeiten, die ein Heer bei einem solchen Kriegszug zu erwarten hätte16. Alexander fasste seinen Entschluss, die Herrschaft über Asien zu erreichen, erst im Laufe seines Feldzuges und nachdem er Dareios zum ersten Mal in die Flucht geschlagen hatte17. Die neuen Beweggründe18 Alexanders, welche sich mit der Übernahme der persischen Herrschaft ergaben, schienen den zuvor erklärten Rachekrieg ins Gegenteil zu verkehren19 und erweckten den Anschein, als hätte der makedonische König sich die Sympathie der Griechen20 mit seiner ursprünglichen Motivation lediglich erschlichen. Es scheint daher „methodisch sicher richtig, daß [sic!] man Alexander nicht einfach als Erben eines bereits beschlossenen Unternehmens […] ansieht, sondern bei ihm von neuem die Frage nach den Gründen stellt.“21

Um nicht Gefahr zu laufen Ursachen, Vorwände und Anfänge des Asienzuges miteinander zu vermengen, wird bei dieser Analyse nach Beweggründen des makedonischen Königs Alexander III. gesucht, welche dem Kriegsentschluss und den militärischen Interventionen vorausgingen22. Ein spezielles Augenmerk liegt dabei darauf, die Rolle der politischen Propaganda des Königs und der antiken Geschichtsschreibung der griechisch-lateinischen Autoren der Antike zu untersuchen. Da eine kritische Analyse der Beweggründe in den erhaltenen Sekundärquellen fehlt und der Fokus dort primär auf den glücklichen Ausgang des Asienfeldzuges gelegt wird, scheint eine genauere Untersuchung der propagierten Kriegsmotive Rache und Befreiung notwendig. Unhinterfragt und unkritisch wirken diese Motive auf zahlreiche antike und moderne Historiker wie ein selbstloser panhellenischer Akt mit der Zielsetzung, die religiöse Frevelhaftigkeit der Perser zu rächen und dabei die hellenischen Einigkeit23 zu fördern. Die kritische Betrachtung der Motive Rache und Befreiung führt hingegen oft zur Annahme, es handle sich bei diesen Beweggründen um einen Vorwand, der die eigentlichen Ziele - ein Eroberungskrieg in Asien mit der Beteiligung der griechischen Bundesgenossen - verschleiern sollte24. Denn besonders beliebt war ein Krieg gegen Persien nicht25. Umso wichtiger scheint es daher für Alexander gewesen zu sein, den Feldzug im panhellenischen Licht erscheinen zu lassen26. Dies hatte bereits das Misstrauen einiger antiker Autoren geweckt und förderte die Zweifel an den verkündeten Motiven des Perserzuges27. Obwohl die Unterscheidung zwischen Kriegsursachen und propagierten Vorwänden und die Analyse der Anlässe und Anfänge eines Krieges die historische Forschung im starken Maße beschäftigen, kritisiert Seibert im Bezug auf die Motivation des Perserzuges Alexanders zurecht, dass diese Thematik hier vernachlässigt worden wäre28. Seibert schlägt zur differenzierten Untersuchung der Kriegsmotive das antike Modell der Kriegsursachen von Polybios vor, welches zusätzliche Beweggründe ins Spiel bringt, die jenseits der Motive Rache und Befreiung liegen29. Mit einer Unterscheidung zwischen Ursachen, Vorwänden und Anlässen des Perserkrieges schärft sich der Blick auf die Motive Alexanders, wobei nicht vorausgesetzt werden soll, dass Polybios mit seiner Analyse immer Recht behält, sondern hierin soll ein analytisches Werkzeug zur Untersuchung der propagierten Beweggründe gesehen werden.

Die vorliegende Arbeit widmet sich daher zunächst einer genaueren Untersuchung der Kriegsmotive Alexanders, wie sie bereits von Philipp verkündet worden waren. Dabei soll der spezifische Hintergrund beleuchtet werden, welcher den Motiven Rache und Befreiung zur ihrer Akzeptanz und Gültigkeit verholfen hat, denn für die antike Welt war es von entscheidender Bedeutung, dass ein Krieg in „gerechtfertigter Weise begonnen“30 wurde. Philipp und Alexander mussten ihr Handeln rechtfertigen, um den Ansprüchen eines panhellenischen Feldzuges gerecht zu werden. Dies konnte nur im Einklang mit etablierten Wertvorstellungen der griechischen Welt geschehen. Eine Verbindung von Religion, Recht und Herrschaft verdeutlicht dabei den Rahmen, in welchem sich die makedonischen Könige mit ihrer Kriegsbegründung bewegen konnten. Nur so konnte der Perserzug mit Unterstützung der griechischen Bundesgenossen geführt werden. Ob es sich bei den Rechtfertigungen um Vorwände handelte, die Mitglieder des Korinthischen Bundes zu einem gemeinsamen Feldzug zu bewegen, und welche anderen Absichten hinter einen panhellenischen Rache- und Befreiungskrieg gestanden haben könnten, soll im Anschluss daran erörtert werden.

2. Motive für den Perserkrieg

Die vor den Griechen in Korinth31 vertretenen Kriegsmotive für den Beginn des Perserzuges lassen sich nur verstehen, wenn man die Vorraussetzungen berücksichtigt, welche Alexander bei seiner Machtübernahme nach dem Tod von Philipp II. vorgefunden hat. Denn sein Vater Philipp von Makedonien hinterließ ihm nicht nur den makedonischen Königstitel, sondern auch die Hegemoniestellung im Korinthischen Bund und die damit verbundene Zielsetzung des Perserkrieges32.

2.1 Motive für den Perserkrieg unter Philipp II.

Der Aufstieg Makedoniens zur führenden Macht in Griechenland begann unter der Herrschaft Philipps, welcher selbst einige Jahre in Griechenland verweilte und hellenische Erziehung und Bildung genossen hatte33. Als er 359 v. Chr. seine 24 Jahre währende Königsherrschaft antrat, rechnete niemand damit, dass er unter den äußerst schlechten Ausgangsbedingungen das Werk vollbringen würde, Makedonien zur mächtigsten „Herrschaft in Europa“34 zu führen35. Denn er hat das bäuerliche Volk der Makedonen an das urbane Leben nach griechischem Vorbild gewöhnt und die Machtkämpfe innerhalb Makedoniens und nach außen siegreich beigelegt36. Der von ihm eröffnete Zugang zum Meer und die Einführung der hellenischen Kultur schufen die Basis für das neue Weltreich. Obwohl er und seine Landsleute auf Grund ihrer rückständigen Kultur und Lebensweise nie von den „Hellenen als kulturell gleichberechtigt anerkannt worden“37 waren, erschütterte er durch seine Erfolge die griechische Welt und brachte so manchen Gegner zur „Ratlosigkeit“38 und zum „Schweigen“39. Philipp erreichte dies zum einen durch seine ausgeklügelten diplomatischen Fähigkeiten - vor allem charakterisiert durch zahlreiche Bündnisse und Bestechungen40, zum anderen durch die von ihm geschaffene schlagkräftige makedonische Armee. Als vorderster Kämpfer führte er sein Heer an und verstand es dabei auch, notwendige Reformen im Heeresverband durchzusetzen. Indem er die Waffen der Phalanx verbesserte - die Speere wurden erheblich verlängert und die Schilde verkleinert - und verschiedene Fußtruppen mit der Reiterei mischte, schuf er eine nahezu unbezwingbare und routinierte Kampftruppe, welcher keine andere Bürgermiliz der Griechen gewachsen war41. Seine Neuerungen betrafen auch die Reihen der Hofaristokratie. Er gliederte erfolgreich Nicht-Makedonen in sein Umfeld ein und verband sich so mit den vormals verfeindeten aristokratischen Anführern der jeweiligen Reichsteile42. Die verbesserte Infrastruktur und das aufblühende Städtewesen steigerten zusätzlich den ökonomisches Zugewinn und das Prestige Makedoniens im gesamten griechischen Raum43. Es wäre jedoch verfehlt zu behaupten, dass sich Philipp in Griechenland weitgehend großer Beliebtheit erfreut hätte. So berichtet Plutarch, dass Demosthenes seine politische Karriere nur begann, um Griechenland gegen den makedonischen König aufzubringen und um „die Rechte der Griechen gegen Philippos“44 zu verteidigen. Denn die aufstrebende Macht Makedoniens wurde in Hellas als bedrohliche Tyrannei empfunden45. Sah man doch vor allem die Bemühungen Philipps, Athen vom restlichen Griechenland zu isolieren und seine Macht in Hellas weiter auszubauen46. Der Einmarsch der Makedonen in Mittelgriechenland und die erfolglosen Versuche ihn zu verhindern, machten die Ohmmacht der hellenischen Verbündeten gegen Philipps schlagkräftige Armee deutlich47. Da Philipp nun die Unterwerfung des restlichen Griechenlands unter seine Hegemonie forderte und Richtung Attika marschierte, war ein Krieg mit Athen und seinen Verbündeten geradezu unausweichlich48. Der Redner Demosthenes vermochte es nach Plutarch und Diodor, Theben auf die Seite Athens zu bringen und so die Streitmacht des Hellenbundes erheblich zu vergrößern49. Obwohl sich beide Parteien - der antimakedonische Hellenbund unter der Führung Athens und Thebens und die Bündnispartner Philipps - ihrer Sache sicher waren, schaffte es Philipp, die Feldschlacht in Chaironeia für sich zu entscheiden und „die Freiheit Griechenlands“50 zu beenden51. Phillip erlangte so nach der erfolgreichen Unterwerfung die Führung in ganz Hellas, jedoch vermochte er es nicht, jegliche Opposition auszuschalten, sondern er konnte diese nur unterdrücken52. Mit Bedacht auf sein weiteres Vorhaben53 eines gemeinsamen Feldzuges gegen Persien war er jedoch kühn genug, den Sieg „schlauerweise im Verborgenen“54 zu halten. Denn er sah sich gezwungen, seine ehemaligen Gegner - vor allem Athen55 -nicht zu kränken, sondern holte sie zu gemeinsamen Friedensverhandlungen an einen Tisch und vereinbarte den Allgemeinen Frieden (Koine Eirene)56. Philipp zerschlug den Hellenenbund und trieb durch die Ungleichbehandlung der beiden führenden Poleis Theben und Athen - zu Lasten Thebens - einen Keil zwischen beide Städte. Weiterhin sorgte er dafür, dass brennende Grenzfragen zu seinen Gunsten gelöst wurden und schuf durch die neue territoriale Machtverteilung ein annäherndes Gleichgewicht zwischen den übrigen hellenischen Poleis. Nachdem der Attische Seebund von Philipp aufgelöst und Teile Griechenlands besetzt worden waren oder zumindest eine makedonien- freundlich gesonnene Verwaltung erhalten hatten57, rief er die Hellenen zwecks der neuen Friedens- und Bündnisvereinbarungen nach Korinth und verkündete den neuen korinthischen Bundesgenossen den Kriegsplan gegen Persien58. Philipp erklärte 337/6 in Korinth, „daß [sic!] er den Krieg gegen die Perser im 4amen aller Griechen eröffnen und Rache für die Entweihung ihrer Heiligtümer nehmen wolle, wodurch er sich die Ergebenheit der Griechen zu versichern verstand.“59

Die erste Kriegshandlung stellte die Entsendung eines Heeres nach Asien dar mit dem Auftrag, die Griechen dort vom Joch der persischen Herrschaft zu befreien60. Somit waren die Motive des Perserzuges bekannt; diese waren nach Philipp die Rache für die Zerstörung der griechischen Heiligtümer und faktisch die Befreiung der Griechen in Kleinasien. Jedoch hatte Philipp selbst keine Möglichkeit mehr, dies in die Tat umzusetzen, denn er wurde zuvor ermordet61. Sein Sohn Alexander III. ließ keinen Zweifel daran62, dass er nicht nur die makedonische Königsherrschaft übernehmen wollte, sondern dass er auch die hegemoniale Führung im Krieg gegen Persien beanspruchte63. Philipps Krieg gegen Persien wurde von Alexander übernommen64 mit der Bestätigung seiner Stellung als Strategos Autokrator durch den Korinthischen Bund65.

2.2 Hintergrund des Kriegsmotivs Befreiung

Das Kriegsmotiv Befreiung spielte im Zusammenhang mit der Agitation griechischer Bündner seit jeher eine wichtige Rolle66. Mit dem Begriff der Freiheit war im antiken Griechenland die Autorität und Souveränität einer Stadt verbunden, die ohne den Einfluss einer fremden Macht ihre inneren und äußeren Angelegenheiten regeln konnte67. Nach der erfolgreichen Abwehr der Perser im 5. Jh. v. Chr. rechtfertigten die Athener mit der Parole Freiheit für die Griechen ihre Außenpolitik. Ebenso setzten die Spartaner und ihre Verbündeten im Peleponnesischen Krieg gegen Athen auf ihre Agenda, Freiheit für die Griechen erreichen zu wollen68. Der Kampf für die Autonomie der Griechen - speziell in Kleinasien - hatte eine lange Tradition, die nach dem Geschichtsschreiber Herodot bis in das 6. Jh. v. Chr. reicht. Folgt man seinen Aufzeichnungen, so wurde das Bestreben nach Freiheit der Griechen in Kleinasien durch die Herrschaft des Krösus ausgelöst. Denn nach Herodot waren „vor der Herrschaft dieses Krösus […] alle Hellenen frei.“69 Die „Knechtschaft“70, welche den Bewohner Kleinasiens zuerst von den Lydern auferlegt wurde, führte zum Widerstand der Ionier, jedoch ohne Erfolg71. Der persische Herrscher Kyros errichtete im Folgenden zum zweiten Male eine Hegemonie in Kleinasien und sicherte die Vorherrschaft Persiens mit einem Friedensabkommen72. Mehre Male appellierten die Ionier an die „Blutsverwandtschaft“73 aller Griechen und ersuchten um Hilfe gegen die Besatzer. Sie stellten dabei den Griechen leichte Beute und die Herrschaft über Asien in Aussicht74. Jedoch konnten sich kurze Zeit nach dem Ionischen Aufstand um das Jahr 500 v. Chr. die Perser erneut in Kleinasien durchsetzen75. Der Widerstand der Ionier verfolgte abermals das Ziel, die Freiheit und Autonomie der Griechen zurückzugewinnen, welche seit Krösus den Hellenen in Kleinasien verweigert wurde. Bei den Ioniern handelte es sich um verschiedene griechische Kolonien an der Westküste Kleinasiens, welche ihren Ursprung auf Athen zurückführten und daher Unterstützung von ihrer Metropolis gegen die Hegemonie der Perser forderten76. Im vierten Jh. v. Chr. war der Gedanke weit verbreitet, dass Athen der Ausgangspunkt für sämtliche Kolonisationsbewegungen war. Dass Athen die Mutterstadt der Ionier sei, wurde vor allem im Zusammenhang mit politischer Kriegspropaganda hervorgehoben77. So behauptet Isokrates: „Die meisten Güter aber verdankt die Menschheit unserer Polis allein.“78 Neben der politischen Verfassung, der Kultur und dem Wohlstand, welche die Athener den Kolonien in Kleinasien schenkten, hätten sie auch die Gewaltherrschaft und die Unterdrückung beseitigt und damit die Autonomiebestrebungen der Apoikien gefördert79. Diese propagandistische und idealisierende Darstellung ist zum einen eine Vermengung und Übertragung von Erfahrungen der griechischen Apoikienbewegungen des 5. Jahrhunderts und früherer Kolonisationsbewegungen und stellt weiterhin ein Paradebeispiel für die Beanspruchung der Führungsrolle durch Athen im griechischen Kernland dar80. All dies diente Isokrates, um herauszustellen, dass seine Polis Athen die kulturelle Verbundenheit gepflegt und die Griechen seit jeher gegen äußere Feinde - die Barbaren - verteidigt hat81. Ebenfalls arbeitet er den Unterschied zwischen Athen und Sparta heraus, denn nach Isokrates haben die Lakedaimonier selbst vor griechischen Poleis nicht halt gemacht, während die Athener sich um die Freiheit und Belange aller Griechenstädte gekümmert hätten82. Dies zeigt, dass das Befreiermotiv im Kontext der Außenpolitik durchaus Anwendung bei den Griechen fand und auch eine kriegerische Intervention rechtfertigte83. Beim Perserzug Philipps und Alexanders wurde dieser Beweggrund erneut aufgegriffen und führte oftmals zu der verbreiteten Ansicht, dass beide makedonischen Könige auszogen84, um die während des Korinthischen Krieges wieder an Persien gefallenen Gebiete Kleinasiens zu befreien85. Der Antalkidas- oder Königsfriede von 387/86 unterstrich nämlich:

„dass die Städte in Asien ihm [Artaxerxes II., Anm. d. Verf.] gehören und von den Inseln Klazomenai und Kypros, und dass die übrigen griechischen Städte, kleine wie große, in Unabhängigkeit gelassen werden, ausgenommen Lemnos, Imbros und Skyros; diese sollen wie in der Vergangenheit den Athenern gehören. Wer aber diese Friedensbedingungen nicht annehmen will, gegen den werde ich [Artaxerxes, Anm. d. Verf.] Krieg führen mit denen zusammen, die diesen Frieden wollen, zu Lande und zu Wasser, mit meiner Flotte und meinem Gelde.“86

2.3 Friedensbündnis und Korinthischer Bund

Um die Vorherrschaft abzusichern und seine Machtstellung in Hellas zu stabilisieren, schloss Philipp im Jahre 338/7 - wie eingangs schon erwähnt - ein „multilaterales Friedens- und Sicherheitsabkommen“87 mit der hellenischen Staatenwelt ab und gewann so auch formell die Hegemonie in Griechenland nach seinen Zielvorstellungen88. Der in Korinth entstandene Bund verpflichtete alle Mitglieder zur Wahrung des Friedens, zur gegenseitigen Hilfeleistung im Angriffsfall und zur Einhaltung des Bündnisses mit dem makedonischen König. Wer den Allgemeinen Frieden gefährdete oder gegen ihn aufrief, sollte im gemeinsamen Kampf der Mitglieder bekriegt werden. Selbst die Nachkommen Philipps waren nach dem Gründungseid des Korinthischen Bundes mit in diesen Vertrag eingeschlossen89. Philipp war zwar nicht der Erste90, der einen allgemeines Friedensabkommen mit der griechischen Welt unter der Vorraussetzung der statusrechtlichen Gleichheit und Autonomie aller Mitglieder vereinbarte, jedoch standen ihm die Mittel und die Macht zur Verfügung, diesen auch als hegemonialer Führer Griechenlands durchzusetzten. Damit erreichte er eine erzwungene Befriedung der Poliswelt unter seiner Vorherrschaft91. Philipp war mit dem Sieg über Hellas jedoch auch damit konfrontiert, den Schock, welchen er ausgelöst hatte, schnellstmöglich zu beseitigen, um erträgliche Verhältnisse in Griechenland zu schaffen. Die Machtmittel und das souveräne Durchgreifen bis zur Schlacht von Chaironeia konnten nicht auf Dauer zu einer Stabilisierung der Poleis führen, das konnte nur eine friedliche Annäherung der Städte92. So zeichnete sich die neue Rolle Philipps ab - Schirmherr und Bewahrer des Friedens in Hellas; denn nun traten neben rein machtpolitischen Erwägungen auch Ziele in den Vordergrund, die nicht allein auf den makedonischen Vorteil bedacht waren, sondern eine allgemeine hellenische Stabilität und Einheit fördern sollten93. Und was schien sich besser dafür zu eignen als ein gemeinsamer Feind, auf den die Aufmerksamkeit gelenkt werden konnte, der die Bündner zusammenschweißte und dessen Bekämpfung einen wirtschaftlichen wie territorialen Zugewinn versprach94 ? So war es nicht der Frieden, den Philipp mit den Bestimmungen der Koine Eirene95 im Auge hatte, sondern ein neuer Krieg, ein panhellenischer Krieg gegen das persische Reich96. Denn mit der Berufung auf die Garantie der Freiheit und Autonomie der Griechen waren alle Hellenen gemeint, auch diejenigen, welche in Kleinasien im Herrschaftsgebiet der Perser lebten. Somit konnte ein Krieg gegen Persien mit der Unterstützung der Bundesmitglieder eröffnet werden97. Philipp begründete den Krieg im Namen der Bundesgenossen mit der Vergeltung für die schändliche Entweihung und Zerstörung griechischer Heiligtümer98. Und bald darauf entsandte er ein Herr nach Asien „zur Befreiung der griechischen Städte“99. Nach Philipps Tod griff Alexander ebenfalls auf dieses Motiv zurück und erklärte, dass er den Feldzug gegen die Perser unternehme, um Kleinasien von der persischen Herrschaft zu lösen und ihnen ihre Autonomie wieder zu verleihen100. Die formale Bestimmung der Koine Eirene aus dem Jahre 337, die beide Könige als Führer des Korinthischen Bundes zur Verteidigung der Autonomie aller Hellenen verpflichtete, rechtfertigte damit auch den Einmarsch des Bundesheeres in Kleinasien.

„Daß [sic!] das Synedrion aber befugt war, den Persern den Krieg zu erklären, da sie den Hellenen in Kleinasien die Autonomie verweigerten, liegt in der programmatischen 4atur der Autonomieformel.“101

Somit konnte Alexander nach dem Tode seines Vaters das nachholen, was in den Augen vieler Griechen die Spartaner und Athener versäumt hatten, waren doch die Barbaren seit jeher die natürlichen Feinde der Griechen102. Somit hatten Philipp und Alexander ein Motiv, mit der Unterstützung der Bundesgenossen den Krieg gegen Persien zu beginnen.

2.4 Hintergründe des Kriegsmotivs Rache

Mit der rechtlichen Grundlage der Koine Eirene lag zunächst eine formelle Legitimationsgrundlage103 für das Eintreten der griechischen Koalition in einen Krieg vor104. Die Begründung des Feldzuges gegen Persien bezog sich hierbei auf die verhinderte Freiheit und Autonomie der Griechen in Kleinasien. Durch einen Befreiungskrieg sollten diese hergestellt werden105. Das Motiv der Befreiung verlor zwar nie an Bedeutung in Hellas106, jedoch wurde es auf Grund der Erfahrungen, welche die Griechen im 5. Jh. mit Athen und Sparta gemacht hatten, schwierig, wenn ein Hegemon, also jemand, der die Autonomie und Freiheit für die Polis einschränkte, dazu aufrief107. Dies deutet schon an, mit welchen Schwierigkeiten Philipp und später Alexander konfrontiert waren, wenn sie den Perserkrieg primär auf der Basis der Autonomie und Freiheit rechtfertigten. Daher erklärt sich auch, dass bei der Kriegserklärung gegen die Perser im Korinthischen Bund das Rachemotiv im Vordergrund stand, denn neben der formellen (Autonomie-) Begründung der Koine Eirene gab es so eine scheinbar populärere Motivation, um einen panhellenischen Feldzug nach Asien zu rechtfertigen108.

Bei dem Rachemotiv des Perserzuges handelt es sich um einen äußerst komplexen Themenbereich109. Die spezifischen Charakteristika der Rachenahme betreffen die Wert- und Normvorstellungen der Hellenen und hängen zusammen mit deren Identität, Geschichte und Religion und dem Hintergrund der Feindschaft zwischen Griechen und Persern. Dabei gilt es zu beachten, dass sich das Motiv der Rachenahme für die Untaten der Perser zu einem nicht unwesentlichen Teil über Mythen, idealisierende literarische Darstellungen und konstruierte Vergangenheitsauffassungen erklären lässt110. Wirklich voneinander zu trennen sind diese Hintergründe nur sehr schwer. Daher wird im weiteren Vorgehen zunächst das Kriegsmotiv - Rache für die Zerstörung der griechischen Heiligtümer - behandelt und darauf folgt eine Analyse der spezifischen Logiken und Legitimationsgrundlagen der Rachenahme in der antiken griechischen Welt. Nur so lässt sich der argumentative Hintergrund dieser Motivation verstehen111. Denn die „moralisch anstößige“112 Zerstörung der griechischen Heiligtümer stellte eine - wenn auch nicht eine durch die Koine Eirene rechtlich begründete, wohl aber religiös legitimierte - Motivation des panhellenischen Feldzuges dar, um die Hellenen zu einen Krieg gegen Persien zu bewegen113.

2.4.1 Zerstörung der griechischern Heiligtümer durch Xerxes

Bei einer kriegerischen Auseinandersetzung richtete sich die Feindschaft der Griechen in der Antike im Allgemeinen gegen denjenigen, welcher angefangen hatte den Frieden zu brechen114. Die Kriegsbegründung Rache war demnach gebunden an die Schuldfrage, „wer von den Gegnern mit bösen Anschlägen oder Thaten [sic!] angefangen hat.“115 Der darauf folgende Sanktionsmechanismus entsprach damit der Rechtsvorstellung, „Gleiches mit Gleichem zu vergelten“116. Dies erscheint im Kontext der antiken griechischen Normvorstellung als schuldlose Erwiderung des zuvor verübten Unrechts, also der ersten Friedensbrechung oder Gewaltausübung117. Rache als Kriegsmotiv, um die Zerstörung der griechischen Heiligtümer zu vergelten, war daher auf den ersten Blick gegenüber jeglicher Opposition und Gegenstimme erhaben118. Die Untaten, welche seitens Philipps und Alexanders den Persern vorgeworfen wurden, gingen der Kriegserklärung des Korinthischen Bundes ca. 150 Jahre voraus und spielten sich zur Zeit des Perserkrieges des 5. Jh. v. Chr. ab. Herodot, welcher über den Perserkrieg des 5 Jh. v. Chr. berichtet, sieht jedoch den Ursprung der Feindschaft zwischen Hellenen und Persern im Kampf um Troja - und damit in einer noch weiter zurückliegenden Zeit und zudem in einer mythologischen Sphäre119. Man muss bei der folgenden Schilderung der Ereignisse, die das Motiv Rache rechtfertigen sollen, beachten, dass die Darstellung auf einer einseitigen griechischen Perspektive beruht120.

Der Anfang des Perserkrieges, also die erste Kriegshandlung, fiel aus griechischer Sicht in eine Zeit, welche ca. um das Jahr 500 v. Chr. datiert werden kann, und begann mit dem Ionischen Aufstand der kleinasiatischen Städte und ihrem Kampf um Autonomie und Freiheit gegen die persische Besatzung, mit geringer Unterstützung der athenischen Mutterstadt121. Daraufhin rüstete der persische König Dareios I. zum Krieg gegen Griechenland und besiegte zunächst die abtrünnigen Städte Kleinasiens. Sein weiterer Vormarsch wurde 490 v. Chr. in Griechenland bei Marathon von den Athenern gestoppt122. Erst sein Sohn Xerxes I. wollte für diese Schmach Vergeltung üben und fiel ab dem Jahre 483 v. Chr. erneut in Hellas ein, verbrannte griechische Heiligtümer123 und gelangte sogar bis Athen124. Dieser Gottesfrevel und die Verwüstung des griechischen Gebietes durch Xerxes wurden von Philipp und Alexander als Ursachen für den Rachekrieg der Griechen unter makedonischer Führung ausgegeben125. Von den Persern wurde die Zerstörung der griechischen Heiligtümer durch Xerxes als Erwiderung auf den zuvor durch Griechen geschändeten Tempel in Sardes betrachtet126. Diese schändliche und frevelhafte Tat seitens der Perser zog nach Herodot das Eingreifen der Götter nach sich. Er berichtet daher von göttlichen Zeichen und Wundern bei den Griechen, die den Sieg gegen Xerxes erst ermöglichten127. So bekam der persische Feldzug eine Wendung, nachdem das delphische Orakel verkündet hatte, wie die Schlacht erfolgreich von den Hellenen gewonnen werden könnte. Herodot berichtet in seinem 7. Buch also von einer Einflussnahme der Götter auf den weiteren Kriegsverlauf. Die „hölzerne Mauer“128, welche nach der Weisung von Delphi das Unglück abwenden sollte, wurde nach anfänglichen Deutungsproblemen129 mit der Flotte des Themistokles gleichgesetzt, welche im Jahre 480 v. Chr. bei Salamis die persische Flotte vernichtend schlug130. In einer weiteren Landschlacht bei Plataiai wurde ein Jahr später erneut durch eine griechische Koalition unter der Führung der Spartaner und Athener das Heer des Xerxes aufgerieben und endgültig in die Flucht geschlagen131. Diese äußerst kurze Zusammenfassung der Ereignisse, die sich über mehrere Jahrzehnte erstreckten, wird sicherlich nicht deren Komplexität gerecht. Es sollte jedoch klar zum Vorschein gekommen sein, dass das Motiv des von Philipp und Alexander vor dem Korinthischen Bund erklärten Rachekrieges gegen Persien aus Ereignissen resultierte, welche gänzlich in der Vergangenheit lagen.

Wie lässt sich nun erklären, dass Philipp und Alexander ihren Feldzug nach Asien mit einer Untat begründeten, die über hundert Jahre zurücklag, und anscheinend dabei die Unterstützung der griechischen Öffentlichkeit erhielten? Während in modernen westlichen Gesellschaften Rache - sowohl rechtlich als auch kulturell - als niedriger Beweggrund132 bewertet wird, unterlagen offensichtlich die griechischen Wert- und Normvorstellungen noch dem Gedanken, dass Rache für Untaten der Vorzeit einen legitimen Kriegsgrund darstellt. Diodor weist explizit darauf hin, dass Philipp mit der Erklärung, Rache für die Untaten der Perser zu nehmen, das Wohlwollen der Griechen für einen Feldzug erhalten hatte133. Da Diodor von einer allgemeinen Anerkennung des Kriegsmotivs spricht, lag dem offensichtlich eine allgemeine Wert- und Normvorstellung in Hellas zu Grunde, die den Kriegseintritt rechtfertigte. Denn in der antiken Vorstellung war ein gemeinsames Vorgehen der Griechen und eine Bündnispolitik zwischen verschiedenen Städten nur möglich unter der Voraussetzung, dass die einzelnen Poleis

„verbunden [...] mit einer allgemein und wechselseitig anerkannten Rechtschaffenheit (Thuk., III, 10, 1)134 [...] [waren, Anm. d. Verf.] und nur wenn die Partner sonst in jeder Hinsicht ´ähnlich´ sind [...], d.h. wenn das Verhältnis der Partner untereinander durch eine von sittlichen Maßstäben und wechselseitigem Respekt geprägte Haltung beherrscht wird.“135

2.4.2 Religiöse Legitimation des Rachekriegs

Im antiken Griechenland gibt es eine Vielzahl von Beispielen, die belegen, dass Kriege einer göttlichen Zustimmung bedurften136. So berichtet beispielsweise Herodot an mehreren Stellen davon, dass die Hellenen vor einer Kriegshandlung die Meinung der Götter einholten, um in Erfahrung zu bringen, ob sie deren Beistand erhalten137. Auch Alexander brachte vor seinem Aufbruch nach Persien Zeus die dem „offiziellen Brauch“138 entsprechenden Opfer dar, um sich seiner Unterstützung zu versichern. Arrian bezeugt: „In seinen [Alexanders, Anm. d. Verf.] Bemühungen, den religiösen Geboten nachzukommen, übertraf ihn keiner.“139 Der normgebende Einfluss von Orakeln und Göttersprüchen war für nahezu alle Bereiche und Belange von großer Bedeutung. Gerade die Legitimation einer Kriegshandlung sowie den erhofften glücklichen Ausgang eines Krieges betreffend konsultierten die Griechen immer wieder die Götter140.

Im Polytheismus der griechischen Antike wird Rache durch verschiedene Götter141, im Christentum des Alten Testaments durch Gott vollzogen142. Da im antiken Griechenland zwischen göttlichem und menschlichem Gerechtigkeitsempfinden kein wesentlicher Unterschied bestand und die Herrscherelite einer Polis versuchte die Sanktionsgewalt von der göttlichen Sphäre auf die Staats- und Herrschaftsebene zu übertragen, inszenierten sich Herrscher zunehmend als Werkzeug der strafenden Götter143. Dies hatte erheblichen Einfluss auf die gesellschaftliche Akzeptanz von Kriegen, denn ein Krieg galt nur dann als gerechtfertigt, wenn er die göttliche Zustimmung erhielt. Der Beistand der Götter für ein kriegerisches Vorgehen hing davon ab, ob die Kriegsmotivation gerechtfertigt war144. So sah beispielsweise Alexander eindeutig die Götter auf seiner Seite, denn „auch die Götter kämpfen für die bessere Sache“145. Arrian bestätigt dies, indem er davon berichtet, dass die Griechen die katastrophale Niederlage Thebens gegen Alexander als göttliche Vergeltung interpretierten. Der Zorn der Götter war geweckt worden durch den Verrat Thebens an den Griechen während der Perserkriege im Jahre 480 v. Chr.146. In der Vorstellungswelt der Griechen wurde dieses Vergehen erst zur Zeit Alexanders gesühnt147. Religiöse Motive und Zeichen spielten eine entscheidende Rolle bei der Deutung der Ereignisse in Theben. Die Warnungen, welche seitens der Götter an die Thebaner übermittelt worden waren, machen deutlich, dass man den Ausgang einer Schlacht dem Willen der Götter zuschrieb148. Der Rachekrieg Alexanders erschien somit durch die Götter legitimiert. In diesem Sinne versucht auch Schachermeyr den Rachenfeldzug gegen Persien zu deuten. Die Motivation des Perserzuges ist in seinen Augen eine Vergeltung für die Zerstörung der griechischen Heiligtümer durch Xerxes. Daher bezeichnet Schachermeyr Philipp als „Anwalt göttlichen Rechts“149. Es stellt sich also heraus, dass Rache im gesellschaftlich-kulturellen, aber auch im zwischenstaatlichen Leben der antiken Griechen als rechtmäßig angesehen wurde150. Das Racheideal151 stand in einem direkten Verhältnis zum Recht und war wie „jedes Recht bei den Griechen, religiös verankert.“152 Dass die Vergeltung eines Normbruchs oft von Menschenhand vollzogen wurde, wird beispielsweise in Herodots Geschichtswerk deutlich, der davon berichtet, dass der Übermut der Perser durch das Volk der Hellenen geahndet wurde, da sie das Werkzeug der Götter waren153.

„Jetzt aber melde dem Mardonius, dass die Athener erklären, solange die Sonne den selben Weg wandelt, den sie jetzt auch wandelt, wir werden nimmermehr einen Vertrag mit dem Xerxes eingehen, sondern wir wollen ihm entgegenziehen und abwehren, vertrauend auf den Beistand der Götter und der Heroen, deren Wohnungen und Bilder jener ohne alle Scheu verbrannt hat.“154

Wenn sich also Philipp und später Alexander primär auf das Motiv der Rache bezogen, entsprach dies einem religiös legitimierten Kriegsmotiv. Mit der Zerstörung der griechischen Heiligtümer und dem Angriff auf hellenischem Boden lag eine Kriegsursache vor, die nach den Normen der Griechen göttliche Vergeltung nach sich ziehen sollte und somit einen berechtigten Kriegsgrund darstellte155. Schließlich handelte es sich bei den Heiligtümern um einen „Kristallisationspunkt griechischer Identität“156. Somit ist auch verständlich, dass sich die beiden makedonischen Könige auf dieses Ereignis beriefen, um eine polisübergreifende Einheit der Hellenen zu fördern. Denn mit der Erinnerung an eine Schmach, die in ganz Griechenland Empörung provoziert hatte, und dem Aufruf dazu, diese zu vergelten, versuchten die makedonischen Könige nicht nur die hegemonielle, sondern auch die geistige Führungsrolle in Hellas zu übernehmen157. Daher legte Alexander viel Wert darauf, sein Ansehen und seine Wirkung vor den Hellenen ideologisch zu unterstreichen und seinen Feldzug als panhellenischen Rachekrieg zu inszenieren158. Mit Kallisthenes fand er offenbar einen Berichterstatter, der ihm dabei die nötige mythische und nahezu göttliche Weihe verlieh und dessen Berichte später als Vorlage für nahezu alle Alexanderhistoriker dienten159. Alexander knüpfte während seines Asienzuges mehrmals an die Ilias und das religiöse Motiv der Rachenahme an, um seinem Eroberungskrieg eine religiöse Dimension zu verleihen und den im Korinthischen Bund versprochenen panhellenischen Anforderungen gerecht zu werden. Es kann dabei nicht beobachtet werden, dass dies „von ihm selbst oder irgend einer anderen Seite als eine Profanierung empfunden wurde.“160 Die Wirkung solcher Gesten, ob im Hinblick auf panhellenische Motive oder die geistige Konsolidierung des gesamten eroberten Weltreiches - zu dem später neben Persien auch noch Ägypten zählte - , wurde von Alexander als nötig erachtet161. Göttliche Zeichen, Mythen und Orakelsprüche waren doch seit jeher gerade die gemeinsame Schnittstelle der zerstrittenen und zersplitterten griechischen Poliswelt. Ist es doch hinreichend belegt, dass die Autonomiebestrebungen und der Freiheitswille der hellenischen Poleis Hegemoniebestrebungen von außerhalb erschwerten, gar zunichte machen konnten. Alexander kann man ohne Schwierigkeiten nachweisen, dass er diese Ideen und deren einigende Wirkung aufgegriffen hat, um die herrschenden Barrieren und Grenzen zu überwinden162. Dass er damit im kulturellen Kontext der griechischen Welt handelte und durch die zahlreichen Wunder, Zeichen und Orakelsprüche seine Herrschaft und sein Vorgehen legitimierte, war nicht neu, wurden doch schon immer in der Antike Herrschaft, Recht und Religion miteinander verknüpft163.

2.4.3 Konstruierte Identität und gemeinsame Rechts- und Moralvorstellungen

Die homogene164 Rechts- und Moralvorstellung der Griechen entstand zum einen über den Glauben an einen gemeinsamen Ursprung und die daraus resultierende Identität der Hellenen und zum anderen über die gemeinsame Religion. Mit dem Entstehen von ersten Staatsformen165 wurden Recht und Religion untrennbar an die Herrschaft gebunden, denn erst so konnten Herrscher die nötige Legitimation erhalten, um die unterschiedlichen Wert- und Verhaltensvorstellungen der Gemeinschaft miteinander zu verbinden und für einen Zusammenhalt des Gemeinwesens zu sorgen166. Schon früh entwickelten sich Vorstellungen von dem, was gut oder schlecht für das Gemeinwesen oder eine Gruppe ist, verbunden mit Eigenschaften wie Stärke und Schwäche, die sowohl die Gemeinschaft als auch den Einzelnen charakterisierten und bewerteten. Daraus erwuchsen Ansprüche an die jeweiligen Mitglieder, die es im Namen des sozialen Gefüges zu erfüllen galt, um die Ordnung im Verband zu gewährleisten und sicherzustellen167. Schon vor dem Entstehen einer Herrschaft und eines Staates168 waren Recht und Religion vorhanden - zwar nicht in Form eines Herrschaftsinstrumentes, jedoch als Elemente der Ordnung und vor allem der Sinngebung im Zusammenleben. Schon früh wird eine Annäherung vollzogen als eine Art Homogenisierung der Moralvorstellungen innerhalb der Gemeinschaft. Ebenso wie Religion und Recht Gesellschaftsprodukte169 sind, ist auch die Staatenbildung ein Konstrukt in den Köpfen der Menschen170.

[...]


1 Wenn in dieser Arbeit von Motiv oder Motiven gesprochen wird, sind damit die Beweggründe, Antriebe, Ursachen und der Leitgedanke einer Person gemeint. Ist die Rede von Motivationen, betrifft dies die Summe der Beweggründe, die die Entscheidungen und Handlungen einer Person beeinflussen. Vgl.: Duden (2005) S. 681.

2 Vgl.: Arr., Anab., I, 1, 2; siehe auch: Diod., XVII, 4, 9; siehe auch: Plut., Alex., 14, 1; siehe auch: Just., XI, 3, 2-6.

3 Vgl.: Kienast (1973) S. 8-9.

4 Der Gründungseid des Korinthischen Bundes, welcher die hegemonielle Stellung Philipps unterstrich und einen Krieg gegen Persien rechtfertigte, übertrug auch Alexander die gleichen Rechte und Pflichten. Vgl.: HGIÜ., II, 256, S. 51.

5 Vgl.: Diod., XVI, 89, 2; 91, 2.

6 Vgl.: Seibert (1998) S. 55. So betont Gehrke, dass die Befehlsmacht Philipps und Alexanders erst im Kriegsfall geltend wurde. Dies machte den Krieg gegen Persien für beide geradezu unausweichlich. Vgl.: Gehrke (2009) S. 26. Es ist in der historischen Forschung heftig umstritten, ob mit Alexander ein neuer Vertrag abgeschlossen wurde und welche Position er gegenüber den Bündnispartnern innehatte. Vgl.: Seibert (1972) S. 74-78. Dass Alexander eindeutig die Hegemoniestellung in Griechenland beanspruchte, belegt sein energisches Vorgehen gegen alle Gegner, die seine Vormachtsstellung gefährdeten. Vgl.: Plut., Alex., 11; siehe auch: Wirth (1993) S. 40.

7 Vgl.: Seibert (1998) S. 10.

8 Vgl.: Arr., Anab., I, 11, 5-8; 12, 1-2; 16, 7; III, 18, 11-12; siehe auch: Schachermeyr (1973) S. 162-165.

9 Öffentlichkeit meint hier nicht die gesamte griechische Bevölkerung. Auch wenn in den Quellen häufig von den Griechen (Vgl.: Diod., XVI, 89, 1-3) gesprochen wird, betrifft dies hauptsächlich den gebildeten und aristokratischen Teil der Hellenen.

10 Die Asienherrschaft war für Alexander auch mit der Übernahme der persischen Riten verbunden. Dies löste extreme Ablehnung seitens der griechischen Welt aus. Vgl.: Curt., VI, 6, 9; siehe auch: Arr., Anab., VII, 8.

11 Vgl.: Wirth (1993) S. 40-44.

12 Nach dem gleichnamigen Titel der Übersetzung von Arrians Anabasis durch Wilhelm Capelle. Vgl.: Capelle (1950)

13 Vgl.: Droysen (1954) S. 15.

14 So ist beispielsweise eine Invasion Griechenlands durch Memnons plötzlichen und unerwarteten Tod verhindert worden. Vgl.: Diod., XVII, 29, 4. Auch die Eroberung der persischen Kriegskasse und der Königsfamilie stellte sich als besonderer Glücksfall heraus. Vgl.: Arr., Anab., II, 11, 9-10. Dass Alexander mit den persischen Geiseln eine äußerst positive Verhandlungsbasis gewann, welche Dareios dazu veranlasste, erhebliche Zugeständnisse an Alexander in Betracht zu ziehen, darf hierbei nicht außer Acht gelassen werden. Vgl.: Arr., Anab., II, 14, 1-2.

15 Ein Eroberungskrieg jenseits des kleinasiatischen Territoriums widersprach der griechischen Auffassung. Vgl.: Arr., Anab., II, 25, 2; siehe auch: Isokr., V, 122.

16 Hierzu zählen unter anderem: die logistischen Probleme (Ausrüstung und Nahrung), die dafür notwendigen Gelder, die Erschöpfung der Soldaten, das unbekannte Terrain und die Übermacht der persischen Truppen.

Vgl.: Droysen (1954) S. 111; siehe auch: Arr., Anab., VI, 23-26.

17 Vgl.: Tarn (1968) S. 39. Die erste Äußerung Alexanders, dass er die Herrschaft über ganz Asien anstrebe, findet sich erst nach der gewonnen Schlacht von Issos. Vgl.: Arr., Anab., II, 14, 8.

18 Vgl.: Schachermeyr (1973) S. 222-299.

19 Vgl.: Curt., VI, 6, 1-8.

20 Vgl.: Polyb., III, 6, 13.

21 Seibert (1998) S. 55.

22 Vgl.: Polyb., III, 6, 7.

23 Vgl.: Droysen (1954) S. 35-37. Er vergleicht den abendländischen Kampf der Christenheit gegen die Ungläubigen mit dem Perserzug Alexanders.

24 Vgl.: Seibert (1998) S. 9-13; siehe auch: Polyb., III, 6, 12-13.

25 Vgl.: Diod., XVII, 9, 4-6; siehe auch: Schachermeyr (1973) S. 114.

26 Vgl.: Tarn (1968) S. 11.

27 Vgl.: Arr., Anab., III, 18, 12; siehe auch: Polyb., III, 6, 13.

28 Vgl.: Seibert (1998) S. 6.

29 Vgl.: Seibert (1998) S. 27-58.

30 Leist (1964) S. 438; siehe auch: HGIÜ., II, 256, S. 51-52.

31 Vgl.: Diod., XVI, 4, 9.

32 Vgl.: Engels (2006) S. 5; siehe auch: Diod., XVII, 2, 2; siehe auch: Arr., Anab., I, 1, 1-2. Bereits Philipp sprengte mit seinem erweiterten Reich und der damit verbundenen Verwaltunkstrukturen den vormals etablierten makedonischen Rahmen. Vgl.: Kienast (1973) S. 9-37.

33 Vgl.: Diod., XVI, 2, 2-4; siehe auch: Wirth (1985b) S. 153-159.

34 Diod., XVI, 1, 3

35 Vgl.: Gehrke (1976) S. 52; S. 58; siehe auch: Wirth (1985b) S. 163.

36 Vgl.: Arr., Anab., VII, 9, 2-5.

37 Bengtson (1996) S. 305.

38 Plut., Dem., 18, 1.

39 Plut., Dem., 18, 1.

40 Vgl.: Diod., XVI, 3, 3-7; 37, 3; 52, 9; 53, 2-3; 54, 3-4.

41 Vgl.: Diod., XVI, 3, 1- 3. Diodor berichtet beispielsweise, dass Phillip den heiligen Krieg ohne eine Kampfhandlung beendete (Vgl.: Diod., XVI, 59, 4), was den großen Respekt vor seiner Armee bezeugt. Polybios lobt die kriegerische Tüchtigkeit der makedonischen Krieger und sieht darin sogar die überzeugende Ursache, es mit den Persern aufnehmen zu können. Vgl.: Polyb., III., 6, 12-13.

42 Kienast (1973) S. 20-21.

43 Vgl.: Engels (2006) S. 23-25.

44 Plut., Dem., 12, 7.

45 Vgl.: Gehrke (1976) S. 46.

46 Vgl.: Gehrke (1976) S. 42-43.

47 Vgl.: Engels (2006) S. 35; siehe auch: Gehrke (1976) S. 52; siehe auch: Jehne (1994) S. 140- 141.

48 Vgl.: Diod., XVI, 84, 1-4.

49 Vgl.: Plut., Dem., 18; siehe auch: Diod., XVI, 84, 5; 85, 1.

50 Plut., Dem., 19, 1; siehe auch: Just., IX, 3, 11.

51 Vgl.: Diod., XVI, 85, 6; 86, 3-6; siehe auch: Engels (2006) S. 36.

52 Vgl.: Gehrke (1976) S. 61; siehe auch: Engels (2006) S. 36-37; siehe auch: Just., XIII, 1, 1-4.

53 Wirth erwähnt, dass Philipp möglicherweise bis zuletzt hoffte, „ohne größere militärische Strapazen […] [zu erreichen, Anm. d. Verf.], was panhellenische Ideologie an Territorium forderte“. Wirth (1985b) S. 150.

54 Just., IX, 4, 1.

55 Vgl.: Engels (2006) S. 38.

56 Vgl.: Engels (2006) S. 37; siehe auch: Gehrke (1976) S. 64. Eine reale Chance hatte der Frieden nur „durch das Verhalten des Siegers“. Gehrke (1976) S. 63; siehe auch: Diod., XVI, 87, 2-3.

57 Vgl.: Jehne (1994) S. 142-150.

58 Vgl.: Engels (2006) S. 37-39.

59 Diod., XVI, 89, 1-3.

60 Vgl.: Diod., XVI, 91, 2.

61 Vgl.: Diod., XVI, 93, 2-9.

62 Jegliche Zuwiderhandlung gegen den korinthischen Bundeseid ließ sich auf Grund der korinthischen Bestimmungen als Hochverrat ansehen. Vgl.: Wirth (1985a) S. 798; siehe auch: Jehne (1994) S. 159.

63 Vgl.: Gehrke (1976) S. 71; siehe auch: Tarn (1968) S. 11.

64 Vgl.: Arr., Anab., VII, 9, 6-7.

65 Vgl.: Engels (2006) S. 45-46; siehe auch: HGIÜ., II, 259, S. 53-54. Arrian bestätigt, dass Alexander zu Beginn seiner Herrschaft alles daran setzte, nach Asien aufzubrechen. „Ihm [war, Anm. d. Verf.] der Zug nach Asien im Augenblick wichtiger“. Arr., Anab., I, 10, 6. Alexander wahrte die rechtliche Form des Korinthischen Bundes, indem er beispielsweise ein Strafgericht über das Schicksal der Thebaner entscheiden ließ. Vgl.: Arr., Anab., I, 9, 9. Er machte jedoch auch deutlich, dass er die faktische Macht in Griechenland innehatte. Vgl.: Jehne (1994) S. 206.

66 Vgl.: Hdt., VIII, 132; siehe auch: Koehn (2007) S. 29.

67 Vgl.: Tarn (1968) S. 456.

68 Vgl.: Koehn (2007) S. 45.

69 Hdt., I, 6, 3.

70 Hdt., I, 169, 1.

71 Vgl.: Hdt., I, 6.

72 Vgl. Hdt., I, 169.

73 Hdt., V, 49, 3; 97.

74 Vgl.: Hdt., V, 49.

75 Vgl.: Hdt., VI, 32.

76 Thukydides berichtet, dass es sich bei der frühen Kolonisation nicht um eine ausschließlich von Athen ausgehende Bewegung handelte, sondern um eine allgemeine Völkerwanderung. Vgl.: Thuk., I, 2, 1. Auch Platon berichtet in seinen „Nomoi“, dass eine Kolonie selbst möglich ist, wenn die Siedler aus verschiedenen Poleis stammen. Vgl.: Plat., Nom., IV, 707e-708b.

77 Vgl.: Isokr., IV, 34-39; siehe auch: Hdt., I, 146; siehe auch: Miller (1997) S. 18-19.

78 Isokr., IV, 38.

79 Vgl.: Isokr., IV, 39-42.

80 Vgl.: Miller (1997) S. 20. So machte auch Demosthenes deutlich, dass die athenische Führungsrolle in Griechenland auf den Großtaten der Vergangenheit beruhe und „Athens ererbtes Recht“ sei.

Wendland (1987) S. 127.

81 Vgl.: Isokr., XII, 42; 46.

82 Vgl.: Isokr., XII, 45-48.

83 Bezeichnenderweise ist das Motiv Befreiung auch ein Mittel der Agitation gegen die aufkommende Tyrannei in Griechenland. Vgl.: Thuk., I, 124, 3.

84 Vgl.: Tarn (1968) S. 450. „Die Befreiung der westanatolischen Küstenstädte hatte natürlich als unmittelbares Ziel zu gelten.” Schachermeyr (1973) S. 61; siehe auch: Wirth (1985b) S. 148; siehe auch: Bengtson (1969) S. 339.

85 Vgl.: Thuk., VIII, 58. Philipp scheint im Jahre 343 v. Chr. die Herrschaft der Perser in Asien zu bestätigen. Über das Bündnis zwischen ihm und den Perserkönig Artaxerxes III. Ochos kann man nichts Genaues sagen. Vgl.: StV., II (1975) 214, S. 321-322; siehe auch: Arr. Anab., II, 14, 2.

86 Xen., Hell., V, 1, 31-32.

87 Engels (2006) S. 37.

88 Vgl.: Engels (2006) S. 37

89 Vgl.: HGIÜ., II, 256, S. 51-52; siehe auch: Jehne (1994) S. 168.

90 Vgl.: Engels (2006) S. 3; siehe auch: Kienast (1973) S. 15.

91 Vgl.: Engels (2006) S. 38; siehe auch: Wirth (1985b) S. 138.

92 Vgl.: Wirth (1985b) S. 134.

93 Vgl.: Wirth (1985b) S. 140.

94 Vgl.: Isokr., V, 120-128. „Das Ventil eines panhellenischen Unternehmens gegen einen auswärtigen Erzfeind, neue wirtschaftliche Möglichkeiten und Siedlungsgebiete waren der einzige Weg, in Griechenland schnell eine Beruhigung der so vielfältig angespannten Verhältnisse herbeizuführen.“ Wirth (1985b) S. 140.

95 Auf Deutsch: Allgemeiner Frieden.

96 Vgl.: Engels (2006) S. 39; siehe auch: Gehrke (1976) S. 65-66.

97 Vgl.: Jehne (1994) S. 166.

98 Vgl.: Diod., XVI, 89, 1-3.

99 Diod., 91, 2.

100 Vgl.: Diod., XVII, 24, 1.

101 Jehne (1994) S. 163.

102 Vgl.: Isokr., XII, 163. Es stellte für Isokrates ein Versäumnis der Athener und Spartaner dar, dass sie nach der gewonnenen Schlacht gegen Xerxes den Krieg nicht nach Asien getragen hatten, sondern Frieden mit Persien schlossen. Vgl.: Isokr., XII, 162.

103 Die Freiheitsparole wurde zwar auch in der Folgezeit - beispielsweise von Antigonos Monophathalos - zur Kriegsrechtfertigung in der Öffentlichkeit genutzt, jedoch ging es dabei eher um das Gewinnen von Bündnispartnern und Sympathien. Vgl.: Koehn (2007) S. 48-49. 104 Vgl.: Jehne (1994) S. 161-163.

105 Alexander gewährte den griechischen Städten in Kleinasien Autonomie und bemerkte, dass er „den Krieg gegen die Perser ja zur Befreiung der Griechen auf sich genommen“ habe. Diod., XVII, 24, 1.

106 Vgl.: Diod., XVII, 9, 5.

107 Vgl.: Wirth (1985b) S. 139; siehe auch: Jehne (1994) S. 202.

108 Isokrates macht deutlich, welche negative Ansicht viele Griechen im 4. Jh. v. Chr. mit der Parole Befreiung verbanden. Vgl.: Isokr., XII, 97.

109 Vgl.: Gehrke (1987) S. 122.

110 Vgl.: Bähr (2004) S. 14-27.

111 „Oder wie sollen wir es verstehen, wenn Philipp II. von Makedonien, dann sein Sohn Alexander ihren Perserkrieg vor der griechischen Öffentlichkeit, ihren keineswegs freundlich gesinnten und mit Begeisterung in den Krieg ziehenden Alliierten, als Rachefeldzug für die persische Zerstörung, insbesondere von Tempeln und Heiligtümern in den Jahren 480 und 479 hinstellen? Wenn man überhaupt, rund 150 Jahre nach dem auslösenden Frevel, auf den Gedanken kam, mit diesem zu operieren, dann muß [sic!] man doch der Rachegesinnung allerhand zugetraut haben.“ Gehrke (1987) S. 144.

112 Jehne (1994) S. 163. Die Resonanz auf die Befreiungsparole war relativ gering bei den Griechen und trat gegenüber der Rachepropaganda in den Hintergrund.

113 Vgl.: Jehne (1994) S. 163.

114 Vgl.: HGIÜ., II, 259, S. 51-52; siehe auch: Leist (1964) S. 439.

115 Leist (1964) S. 309.

116 Leist (1964) S. 309.

117 Vgl.: Leist (1964) S. 309.

118 Vgl.: Seibert (1998) S. 10. So behauptet Droysen: „4iemals ist in Hellas der Gedanke des nationalen Kampfes gegen die Persermacht vergessen worden.“ Droysen (1954) S. 36; siehe auch: Leist (1964) S. 438.

119 Vgl.: Hdt., I, 5, 1-2.

120 Vgl.: Will (2010) S. 8.

121 Vgl.: Will (2010) S. 27; siehe auch: Droysen (1954) S. 19-20; siehe auch: Hdt., V, 30.122 Vgl.: Hdt., V, 32, VI, 102-120; siehe auch: Droysen (1954) S. 21. 123 Vgl.: Hdt., V, 102, 1; VIII, 144.

124 Vgl.: Hdt., VIII, 54. „Der Barbar sei nach Attika gekommen und verheere das ganze Land mit Feuer.“

Hdt., VIII, 50, 2.

125 Vgl.: Arr., Anab., II, 14, 4-5; III, 18, 12; siehe auch: Diod., XVI, 89, 2; siehe auch: Diod., XVII, 4, 9; 72, 3; siehe auch: Curt., III, 10, 2-10; IV, 1, 11; V, 7, 4-5; siehe auch: Just., XI, 5, 5-10; siehe auch: Plut., Alex., 38, 3-6.

126 Somit hatten die Perser ebenfalls einen Grund zu Rache und Vergeltung. Herodot sieht darin jedoch einen Vorwand. Vgl.: Hdt., V, 102, 1; 105, 1; siehe auch: Leist (1964) S. 440. 127 Denn Götter helfen unmittelbar und strafen den unrechtmäßigen Angreifer. Vgl.: Leist (1964)

S. 440.

128 Hdt., VII, 141, 3; siehe auch: Rosenberger (2001) S. 83-85.

129 Das Orakel von Delphi wurde mehrmals befragt. Die erste Antwort entsetzte die Athener, da ihnen geraten wurde, die Stadt den Persern herzugeben und da sie erfuhren, dass ihre Tempel und Festungen in Flammen aufgehen würden. Vgl.: Hdt., VII, 140. Erst bei der zweiten Antwort erhielt man eine positive Weisung, welche jedoch zunächst nicht eindeutig interpretiert werden konnte. Die Frage lautete nämlich, ob es sich bei der hölzernen Mauer um die Burg, welche von Dornenbüschen umgeben war, handelte oder um die Schiffe der Athener. Nur der letzte Abschnitt des Orakelspruchs gab den Hinweis auf Salamis, wo die Feinde vernichtet wurden. Vgl.: Hdt., VII, 141, 4.

130 Vgl.: Hdt., VIII, 40-96. 131 Vgl.: Hdt., IX, 30-85.

132 Vgl.: BGHR § 211, Abs. 2.

133 Vgl.: Diod., XVI, 89, 1-3. Selbst in der Moderne ist diese Ansicht noch bei so manchem Historiker vorhanden. Vgl.: Droysen (1954) S. 35-37

134 Thuk., III, 10,1. In: Classen (2010) S. 31.135 Classen (2010) S. 31.

136 Vgl.: Rosenberger (2001) S. 179.

137 Vgl.: Hdt., I, 174; I, 66; VII, 148. Generell gilt für den Menschen in der Antike, dass es seine Pflicht war, den Umgang mit den Göttern zu pflegen. Dazu zählten Opferungen, Gebete und Weihgeschenke. Vgl.: Plat., Nom., IV, 716e.

138 Arr., Anab., I, 11, 1. Er wiederholte die Ehrerbietung sogar weitere Male, nämlich bevor er Europa verließ und nachdem er in Asien angekommen war. Vgl.: Arr., Anab., I, 11, 6-7; siehe auch: Diod., XVII, 16, 3.

139 Arr., Anab., VII, 28, 2. Plutarch erwähnt, dass Alexander sich zum Ende seines Lebens dem Aberglauben immer mehr hingab und nahezu alles in seiner Umgebung ein Wunder und ein Zeichen zu sein schien. Vgl.: Plut., Alex., 75, 1.

140 Vgl.: Rosenberger (2001) S. 78-94.

141 „Dann ist auch sie da, die Jungfrau, das Recht (Dike), Zeus´ eigene Tochter. Hehr und geachtet den Göttern, die droben den Himmel bewohnen. Tut ihr ein Mensch nun etwas zuleid und kränkt sie mit Ränken, Setzt sie sogleich bei Zeus-Vater sich hin, dem Sohne des Kronos, Und erzählt von dem Trachten der Schändlichen, dass die Gesamtheit Büße das frevele Tun ihrer Herrn, die verderblich gesonnen.“ Hes. Erg. 256-265 In: Schmitz (2008) S. 159. siehe auch: Plat., Nom., IV, 716a-716b.

142 Bezeichnend ist hierfür, dass es in der antiken griechischen Göttervorstellung Rachegötter gibt wie die Erinyen oder beispielsweise Nemesis. Vgl.: Gehrke (1987) S. 130; siehe auch: Hdt., I, 34; siehe auch: Il., I, 1-14.

Auch im Alten Testament ist Gott durch die Boshaftigkeit der Menschen dazu geneigt, sie zu betrafen und sagt: „Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vom Erdboden vertilgen, […] denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe.“ Mose, I, 6, 7.

143 Vgl.: Barta (2009) S. 12-13. Der später schrittweise vollzogene Übergang zur staatlichen Gerichtsbarkeit macht deutlich, dass dieser personengebundenen Herrschaftsausübung und ihrer Gerichtsbarkeit nicht genügend Gerechtigkeit und Objektivität zugebilligt wurde. Vgl.: Barta (2009) S. 18-19. Der frühe Staat hat seine Existenz durch Recht und Religion begründet und sich diese Normierungsformen zu eigen gemacht und zunehmend verinnerlicht. Vgl.: Barta (2009) S.

19.

144 Vgl.: Leist (1964) S. 438.

145 Curt., IV, 1, 13.

146 Vgl.: Arr., Anab., I, 9, 6-7. 147 Vgl.: Diod., XVII, 14, 2.

148 Vgl.: Diod., XVII, 10, 2-6. Es gab im Verlauf des Asienzuges weitere wundersame Zeichen, welche Alexanders Beachtung fanden und eine Deutung erfuhren. Vgl.: Arr., Anab., II, 3, 1-4; 18, 1; III, 3, 4-6.

149 Schachermeyr (1973) S. 60. Nach Schachermeyr war der Perserkrieg religiös motiviert. Die Zerstörung der griechischen Heiligtümer war für die Griechen des Mutterlandes und die Makedonen zugleich ein Grund, um den Feldzug gegen Persien im Namen der Rache zu beginnen. Vgl.: Schachermeyr (1973) S. 60.

150 Vgl.: Gehrke (1987) S. 128; S. 135; siehe auch: Isokr., XII, 91-94.

151 Rache erschien im Zusammenhang mit der Ehrverletzung als gerecht. Vgl.: Gehrke (1987) S. 129.

152 Gehrke (1987) S. 130. Rache galt als die vornehmste Pflicht unter Freunden. Vgl.: Gehrke (1987) S. 133.

153 Vgl.: Bähr (2004) S. 18. Wenn man das Geschichtswerk des Herodot liest, wird man jedoch auch feststellen, dass die Götterweisungen, welche durch Orakelsprüche übermittelt wurden, den Hellenen ebenso als hilfreiches Werkzeug dienten, um die frevelnden Perser zu strafen. Vgl.: Hdt., VII, 143-144; 189-190.

154 Hdt., VIII, 143, 2-3.

155 Vgl.: Isokr., IV, 155-156. 156 Rosenberger (2001) S. 142.

157 Vgl.: Schachermeyr (1973) S. 224. Denn der „panhellenische Krieg und [die, Anm. d. Verf.] griechische Eintracht gehörten zusammen.“ Wirth (1985b) S. 151.

158 Erster Beleg für eine panhellenische Inszenierung ist der Besuch Alexanders in Ilion. Vgl.: Arr., Anab., I, 11, 7-8; 12. Ein weiterer Akt zur Unterstreichung eines panhellenischen Koalitionskrieges war die Sendung von Weihgeschenken nach Athen. Vgl.: Arr., Anab., I, 16, 7. Den Abschluss dieser Inszenierung stellt der Brand von Persepolis dar, welcher symbolisch das Ende des Rachekriegs kennzeichnet. Vgl.: Arr., Anab., III, 18, 11-12.

159 Vgl.: Wiemer (2005) S. 29. Die gottähnliche Erhebung Alexanders durch Kallisthenes scheint jedoch auch Widerwillen ausgelöst zu haben. So berichtet Curtius von einer bezeichnenden Anekdote: „Den sollen wir also als König anerkennen, der den Philipp als Vater verschmäht hat?“ Curt., VI, 11, 23.

160 Wirth (1993) S. 72.

161 Vgl.: Wirth (1993) S. 73-74.

162 Vgl.: Rosenberger (2001) S. 117-118; siehe auch: Wirth (1993) S. 73.

163 Es lassen sich beispielsweise Rückdatierung von Orakelsprüchen für zahlreiche Städte nachweisen in einen Zeitraum hinein, in welchem es noch überhaupt keine Orakel gab. Vgl.: Rosenberger (2001) S. 11.

164 Homogenität: Gleichartigkeit, Einheitlichkeit und Geschlossenheit. Vgl.: Duden (2003) S. 565. Der Autor meint hier eine relative Geschlossenheit.

165 Hier sind zunächst vorstaatliche Dorfgemeinschaften gemeint. Erst allmählich entwickelte sich aus den sehr kleinen Gemeinschaften (Oikos) erste Polisformen. Vgl.: Barta (2008) S. 11. Um das Entstehen von Gesellschaften und Ausdifferenzieren von Positionen innerhalb der Gemeinschaft nachzuvollziehen, empfiehlt es sich, sich die materialistische Geschichtsauffassung von Marx und Engels zu vergegenwärtigen, jedoch ähneln deren Grundzüge auch Platons Konzept der Staatengründung. Vgl.: Engels/ Marx (1969) S. 20-34; siehe auch: Engels/ Marx (1975) S. 444- 455; siehe auch: Engels/ Marx (1976) S. 379-391; siehe auch: Plat., Pol., 369b-374 St..

166 Vgl.: Barta (2008) S. 18-19.

167 Vgl.: Classen (2010) S. 1.

168 Es ist nicht unproblematisch, den Staatsbegriff zu verwenden, da man natürlich Unterscheidungen zwischen antikem und modernem Staatentyp treffen muss. Jedoch verwendet Barta diesen Begriff. Vgl.: Barta (2008) S. 11. Ein Einblick in die Struktur der griechischen Polis, der Institutionen, der Rechtsordnung und der Zusammensetzung der Bevölkerung liefert beispielsweise Böckenförde. Vgl.: Böckenförde (2006) S. 14-32; siehe auch: Stahl (2005) S. 16; S. 26; S. 109. Zum Begriff der Staatsangehörigkeit heute: Vgl.: Santel (2003) S. 591-593; Zum Begriff des Staatsgebietes heute: Vgl.: Woyke (2003) S. 5 593-594. Zum Begriff der Staatsgewalt heute: Vgl.: Papcke (2003) S. 595-598.

169 Vgl.: Barta (2008) S. 14.

170 Vgl.: Puhle (1995) S. 11. Dies wird umso deutlicher, wenn man die Bildung ethnischer und politischer Gemeinschaften genauer betrachtet, denn diese bilden ihre Identität über Abgrenzung gegenüber dem, was sie als fremd empfinden. Vgl.: Münch (1993) S. 16-17. Diese territoriale und kulturelle Abgrenzung gegenüber anderen Gruppen und Völkern hat meist wenig mit der Abstammung oder Blutsverwandtschaft zu tun, sondern sie ist ein künstliches Gebilde der politischen Gemeinschaft. Vgl.: Weber (1964) S. 311-312.

Ende der Leseprobe aus 105 Seiten

Details

Titel
Motive des Alexanderzuges
Untertitel
Analyse der Kriegsmotive Alexanders III
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Alte Geschichte)
Note
2,0
Jahr
2011
Seiten
105
Katalognummer
V189095
ISBN (eBook)
9783656131304
ISBN (Buch)
9783656130840
Dateigröße
1091 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Alexander der Große, Rachefeldzug, Kriegsmotive Alexander der Große
Arbeit zitieren
Anonym, 2011, Motive des Alexanderzuges, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/189095

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