"Was hält Sie in Ihrem Beruf?"

Faktoren, Ressourcen und Rahmenbedingungen für eine möglichst hohe Arbeitszufriedenheit ambulant Pflegender“ – eine empirische Studie


Forschungsarbeit, 2011

190 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einführung
1.1 Anlass der Untersuchung
1.2 Wissenschaftliche Fragestellung

2. Forschungsdesign und Forschungsablauf
2.1 Darstellung der gewählten Forschungsmethode
2.2 Auswahl der Studienteilnehmer
2.3 Dokumentation des Forschungsverlaufs

3. Forschungsergebnisse
3.1 Auswertung des Testfragebogens
3.2 Auswertung der Befragungssituation
3.3 Auswertung der Satzergänzungsfragen
3.4 Auswertung der Interviews
3.4.1 Ergebnisse des Kodierens
3.4.2 Generierung theoretischer Aussagen
3.4.3 Auswertung der Frage 7
3.5 Zusammenfassung der Ergebnisse

4. Schlussfolgerungen und Ausblick

5. Literaturnachweis

6. Forschungsbericht

1. Einführung

Der vorliegende Aufsatz basiert auf einer vom Februar bis Juli 2011 von mir durchgeführten qualitativen Studie über Motivation und Arbeitssituation von Hamburger Pflegekräften. Befragt wurden 12 Pflegende unterschiedlicher Qualifikation, die in ambulanten Pflegediensten gemeinnütziger und privater Trägerschaft tätig sind. Der Titel der Studie lautet: „Was hält Sie in Ihrem Beruf? – Faktoren, Ressourcen und Rahmenbedingungen für eine möglichst hohe Arbeitszufriedenheit ambulant Pflegender“.

1.1 Anlass der Untersuchung

Die Relevanz der ausgewählten Thematik ergibt sich zunächst aus der Praxis. So hat sich die Personalsituation in der Pflege innerhalb der letzten Jahre weiter zugespitzt. Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund der demographischen Entwicklung und der Veränderung der Morbiditätsstruktur zukünftig immer mehr multimorbide, demente und hochaltrige Menschen zu pflegen sein werden, und dass deren Pflege bedingt durch den allgemeinen Kostendruck im Gesundheitssektor und dem gesetzlich verankerten Grundsatz: ambulant vor stationär, in zunehmendem Umfang ambulant erfolgen wird. Infolgedessen ist es insbesondere im ambulanten Bereich wichtiger denn je, einen qualitativ und quantitativ angemessenen Personalbestand zu rekrutieren bzw. dauerhaft im Unternehmen zu halten. Eingedenk der angespannten Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich kein leichtes Unterfangen.

In der Öffentlichkeit wird gerade die Altenpflege meist als unterbezahlte Schwerstarbeit angesehen, die wenig Qualifikation erfordert und keinerlei Karrierechancen bietet. Dementsprechend unattraktiv ist der Beruf des „Urinkellners“ in den Augen vieler junger Menschen, was die Rekrutierung von motiviertem sowie menschlich und fachlich geeignetem Nachwuchs nicht gerade einfach macht. Von daher ist es auch im Sinne einer „Imagepflege“ geboten, gerade danach zu forschen, was (Alten-)Pflegekräfte an der ambulanten Pflege schätzen bzw. welche positiven Aspekte oder Bedingungen sie „im Job“ halten. Dennoch ist die aktuelle Forschungslage hinsichtlich Arbeitszufriedenheit und Motivation ambulant Pflegender recht übersichtlich. Es sei an dieser Stelle vor allem auf die Studie von Prof. Dr. H. Buxel: „Jobwahlverhalten, Motivation und Arbeitsplatzzufriedenheit von Pflegepersonal und Auszubildenden in Pflegeberufen. Ergebnisse dreier empirischer Untersuchungen und Implikationen für das Pflegemanagement und –marketing von Krankenhäusern und Altenpflegeeinrichtungen“, aus dem Jahr 2011 verwiesen (www.fh-muenster.de/fb8/downloads/buxel/2011_Studie_Zufriedenheit_Pflegepersonal.pdf), die sich jedoch nicht speziell mit der Situation in der ambulanten Pflege beschäftigt.

Nicht zuletzt entspricht die Untersuchung auch in meinem persönlichen Erkenntnisinteresse, da ich selbst auf eine siebenjährige Tätigkeit in der ambulanten Pflege zurück blicke. Die hauptsächliche Motivation zur Aufnahme meines Pflegemanagementstudiums bestand darin, durch den Fokus auf die Schwerpunkte Qualitäts- und Personalmanagement eventuell auch eine, wenn auch noch so bescheidene, Anregung zur Umgestaltung bestehender Arbeitsbedingungen ambulant Pflegender leisten zu können. Die von den KollegInnen als positiv empfundenen Elemente könnten dabei gleichsam als Fundament für einen möglichen Umbaubeginn dienen.

1.2 Wissenschaftliche Fragestellung

Im Verlauf dieser Studie wird zum einen nach bestehenden Ressourcen und Bedingungen geforscht, die Pflegekräfte zu dem Verbleib in der ambulanten Pflege bewegen. Gemäß dem Titel der Studie. „Was hält Sie in Ihrem Beruf?“ werden Pflegekräfte, die in der ambulanten Alten- und Krankenpflege tätig sind, mittels qualitativer Interviews befragt, um heraus zu finden, was Sie an ihrer Tätigkeit als positiv empfinden. Zum anderen sollen mögliche Verbesserungs- bzw. Veränderungspotenziale, die zu einer positiven Bewertung der ambulanten Pflege aus Sicht der Beschäftigten beitragen könnten, eruiert werden. Angestrebt wird „die Entwicklung von Theorie auf der Grundlage von Daten – was wir Grounded Theory nennen (…)“ (Glaser/Strauss, 2010: 19). Mithin wenigstens Praxis relevante theoretische Aussagen darüber, was ambulant Pflegende an ihrer Tätigkeit schätzen bzw. welche Bedingungen beibehalten, intensiviert, ausgebaut oder verändert werden müssen, um Pflegekräfte in der ambulanten Versorgung zu halten oder dafür zu gewinnen.

2. Forschungsdesign

Im folgenden Kapitel wird zunächst die für diese empirische Studie gewählte Methode vorgestellt, Art und Weise der Durchführung der Studie und die Auswahl der Studienteilnehmer beschrieben. Im Anschluss daran erfolgt eine Darstellung des zeitlichen Ablaufs der Untersuchung. Schließlich wird im dritten Teil dieses Abschnitts der Untersuchungsablauf dokumentiert.

2.1 Darstellung der gewählten Methode

Die vorliegende empirische Studie wird nach den Grundsätzen der qualitativen Sozialforschung durchgeführt, deren Forschungsverständnis auf „inhaltlich-theoretischer Ebene wohl am besten der soziologischen Theorie des symbolischen Interaktionismus“ entspricht (Lamnek, 1988: 45). Dieser wiederum sieht das Zusammenleben der Menschen als einen interaktiven und interpretativen Prozess an, dessen empirische Erfassung nicht gelingen kann, wenn sie methodologisch diesen Prozess in eine bestimmte vorgegebene Form zwängt (vgl.: ders., 1988: 90). Woraus sich unter anderem eine gewisse methodische Vorliebe für verschiedene Verfahren der Beobachtung wie auch die Tatsache ergibt, dass im Rahmen eines qualitativen Interviews nicht geschlossene, sondern offene Fragen Verwendung finden, bei deren Beantwortung die befragte Person frei formulieren kann und nicht, wie etwa bei quantitativen standardisierten Interviews, an vorgegebene Antwortmöglichkeiten gebunden ist.

Hier wird in erster Linie die Befragung als Forschungsmethode verwendet, wobei zu Beginn, gleichsam zum „Aufwärmen“ und zur Eingewöhnung in die für viele doch ungewohnte Situation des Interviewt-Werdens, statische Angaben abgefragt werden und im Anschluss daran zur Einstimmung auf die Thematik Satzergänzungsfragen von den Befragten vervollständigt werden. Bei der anschließenden Befragung handelt es sich um ein halbstrukturiertes Interview, welches mit Hilfe eines Interviewleitfadens durchgeführt wird. Diese Auswahl begründet sich insbesondere daraus, man so „alle benötigten Informationen erhält (ohne eine Fragestellung zu übersehen), während (man) gleichzeitig den Teilnehmern die Freiheit lässt, die Antworten nach ihrem Geschmack zu formulieren und die Beschreibungen zu wählen, die ihre Gedanken am besten wiedergeben“ (Morse / Field: 1998: 90).

Im Vorfeld der Befragung wird ein Testinterview durchgeführt, um so die Brauchbarkeit des Fragebogens in der Praxis zu erproben. Im Anschluss daran werden gegebenenfalls entsprechende Änderungen/Modifikationen vorgenommen. Während der Interviews werden kurze Feldnotizen gemacht, die sich auf formale Kriterien, wie etwa Räumlichkeiten und Dauer, und auf inhaltliche Aspekte, beispielweise Auftreten oder Merkmale der befragten Person und ihre Wirkung auf die Interviewerin, sowie gegebenenfalls auf Besonderheiten der jeweiligen Situation beziehen. Ergänzt werden diese Aufzeichnungen durch die erhobenen statistischen Angaben zur Person, die somit in dieser Form Eingang in die Dokumentation des Forschungsprozesses finden.

Die Auswertung der Interviews lässt sich unter Bezug auf die Grounded Theory nicht als linearen Prozess begreifen, sondern die gewonnen Daten und ihre Analyse werden permanent miteinander abgeglichen: „Dies bedeutet, daß die Daten in Hinblick auf alle Aspekte der Phänomene sorgfältig untersucht werden müssen, um herauszufinden, welche ähnlich sind und ob sie zu den sich herausbildenden Kategorien passen. (…) Man sagt, daß eine Kategorie dann saturiert ist, wenn keine neue Information mehr zu den Merkmalen einer Kategorie auftauchen.“ (dies., 1998: 152/153). Das Datenmaterial wird in einem zunächst dem Prozess des „offenen Kodierens“ unterzogen, wobei eine Kodiereinheit festlegt, „welches der kleinste Materialbestandteil ist, der ausgewertet werden darf, (…), der unter eine Kategorie fallen kann“ (Mayring, 2010: 59). Um das notwendige Abstraktionsniveau zu erreichen, werden die “axiale“ und die „selektive Kodierung“ bzw. die Bildung von Kategorien vollzogen. Im Verlauf der Kategorienbildung werden die Grundlagen der Kodierungen einer ständigen Überprüfung unterworfen, um so Validität und Reliabilität sicher stellen zu können (vgl. Morse/Field, 1998: 154).

Zusammenfassend kommen also bei der qualitativen Datenanalyse die folgenden Verfahren zur Anwendung:

- Kodieren durch Zuordnung von Texteinheiten zu Stichworten
- Kodes zusammenfassen zu übergeordneten Kodes bzw. Kategorien
- Kodes in Beziehung zueinander setzen
- Kategorien und Beziehungen erstellen und auswerten

Wobei erneut zu betonen ist, dass es keine streng lineare Abfolge der einzelnen Schritte gibt, sondern dass diese in Wechselbeziehungen zueinander stehen. Nach Abschluss der Kategorienbildung werden theoretische Aussagen generiert, welche darlegen, was ambulant Pflegende n ihrem Beruf schätzen. Die Auswertung der Frage 7 erfolgt gesondert, da die Befragten hier gebeten werden, eine Geschichte zu erzählen, was eine nicht unerhebliche Textfülle nach sich zieht. Um diese zu bewältigen, wird auf die Technik der zusammenfassenden Inhaltanalyse zurück gegriffen (Mayring, 2010: 67).

2.2 Auswahl der Studienteilnehmer

Hier ist zunächst die theoretische Entscheidung zu treffen, welcher Personengruppe die Befragten angehören sollen, und danach ist zu entscheiden, welche Personen konkret interviewt werden (vgl. Flick, 2010: 154ff). Eine solche theoretische Auswahl setzt voraus, dass bereits im Vorfeld der Untersuchung Klarheit darüber besteht, welche Teilnehmer(gruppen) für eine möglichst effiziente und effektive Befragung am besten geeignet sind. Weiterhin von Bedeutung ist natürlich das eher pragmatische Kriterium der Zugangsmöglichkeiten, d. h. inwieweit besteht eine realistische Möglichkeit, die infrage kommende Person bzw. Personengruppe überhaupt erreichen und befragen zu können. Es kommen somit vor allem die Prinzipien der eben beschriebenen Nützlichkeit sowie der Angemessenheit zum Tragen (vgl. Morse/Field: 1998: 77/78). Letzteres bezieht sich darauf, dass solche Personen auszuwählen sind, deren Befragung hinsichtlich der wissenschaftlichen Fragestellung einen möglichst hohen Informationsgehalt erwarten lässt. Dabei ist es allerdings wichtig zu beachten, dass es nicht um die Repräsentativität der Stichprobe geht, sondern darum, „Personen, Gruppen etc. nach ihrem (zu erwartenden) Gehalt an Neuem für die zu entwickelnde Theorie“ auszuwählen (Flick, 2010: 159).

Vor diesem Hintergrund werden Pflegekräfte, die in der ambulanten Altenpflege tätig sind ausgewählt, da sie, gleichsam in der Rolle der Experten, den höchsten Informationsgehalt bezüglich der Fragestellung „Was hält Sie in Ihrem Beruf?“ erwarten lassen. Zudem handelt es sich in dem Falle um direkte Einsichten in ihren Arbeitsalltag bzw. zu ihrer Arbeitseinstellung und Zufriedenheit. Auf eine Befragung von Patienten/Klienten sowie Pflegedienst- oder Einsatzleitungen wird in diesem Kontext bewusst verzichtet. Die Auswahl der Interviewpartner richtet sich überdies nicht nach der jeweiligen Qualifikation, d.h. es werden sowohl dreijährig examinierte Alten- und Krankenpflegekräfte wie auch einjährig Examinierte und Hilfskräfte befragt. Ausschlaggebend sind neben der beruflichen Erfahrung vor allem auch Bereitschaft und Fähigkeit, sich auf eine solche Befragung einzulassen und sich mit dem eigenen Handeln und den eigenen Einstellungen ernsthaft und reflektiert auseinander zu setzten.

2.3 Dokumentation des Forschungsablaufs

Es wird zunächst ein Testfragebogen nebst Interviewleitfaden entwickelt. Dieser wird an einer Person getestet, die Befragung protokolliert, ausgewertet und Fragebogen/Interviewleitfaden entsprechend modifiziert. Vor Beginn einer jeden Befragung erfolgt vorab die schriftliche Information der potenziellen Teilnehmer durch ein Informationsblatt, in dem Art, Umfang, Ziele und Vorgehensweise der Studie erläutert und auf die Freiwilligkeit der Teilnahme sowie die Notwendigkeit des Einverständnis des Befragten verwiesen wird, um so dem ethischen Forschungsgrundsatz der Einhaltung der Prinzipien des informierten Einverständnisses und der Freiwilligkeit zu entsprechen (vgl.: Flick, 2010: 58-66). Alle Interviews werden grundsätzlich unter vier Augen, d. h. nicht im Beisein Dritter, geführt, damit eine mögliche Ablenkung oder Beeinflussung der befragten Person vermieden wird.

Wenngleich der Schwerpunkt der Studie auf der Durchführung qualitativer Interview liegt, sind Dokumentation und Auswertung der Interviewsituation für die Interpretation bzw. Bewertung der Befragungsergebnisse durchaus hilfreich. Insgesamt lässt sich festhalten, dass alle Interviews ohne nennenswerte Störungen durchgeführt werden konnten, sodass sich diesbezüglich keine Einschränkungen, was die Verwertbarkeit des Datenmaterials angeht, ergeben. Auch standen die Befragten der Untersuchung keineswegs ablehnend gegenüber; im Gegenteil, es bestand ein durchgehend reges Interesse an den anstehenden Studienergebnissen. Die Tatsache, dass die Interviewerin selbst lange Jahre in der ambulanten Pflege tätig gewesen ist, hat sich als durchaus vorteilhaft erwiesen, vor allem da so recht schnell eine vertrauensvolle Gesprächsführung hergestellt werden konnte. Im Anschluss an die Befragungen werden die Audio-Aufzeichnungen der Interviews schriftlich festgehalten und archiviert. Dann schließlich folgt die Auswertung der Interviews mittels offener, axialer und selektiver Kodierung und die Kategorienbildung, auf der dann letztlich die Ableitung theoretischer Aussagen basiert. Die Darstellung und Analyse aller Ergebnisse erfolgt in Kapitel 3 der Arbeit.

3. Forschungsergebnisse

Nachfolgend werden die einzelnen Bestandteile der Studie ausgewertet: beginnend mit einer Auswertung des Testfragebogens, werden danach die im Rahmen der Interviews ausgezeichneten Notizen sowie die Satzergänzungsfragen kurz analysiert. Schließlich wird eine qualitative Analyse der Interviews vorgenommen. Zum Abschluss dieses Kapitel erfolgt eine Bewertung der Untersuchungsergebnisse.

3.1 Auswertung des Testfragebogens

In Ermanglung eines Aufzeichnungsgeräts wurde die Befragung handschriftlich protokolliert. Das Interview dauerte 45 Minuten und fand in recht entspannter Atmosphäre in meinem Wohnzimmer ohne Beisein weiterer Personen und ohne sonstigen Störungen/Unterbrechungen etwa durch Telefon/Handy etc. statt. Der Sinn des Testinterviews lag in der Erprobung des Fragebogens, etwa hinsichtlich Klarheit und Verständlichkeit der gestellten Fragen sowie in der Auslotung der für die Befragung benötigten Zeit. Zwar erforderte die handschriftliche Aufzeichnung mehr Zeit als eine Aufnahme, dennoch erscheint ein Zeitraum von 45 Minuten realistisch. Es zeigt sich, dass eine Frage zum Zwecke der besseren Verständlichkeit umformuliert werden muss; im Übrigen hat sich der Fragebogen als brauchbar erwiesen. Insbesondere die intendierte Heranführung an das Thema durch den dreigeteilten Aufbau hat sich als recht hilfreich heraus gestellt. Nach entsprechender Modifikation für die Durchführung der Studie genutzt, zumal sich auch schon nach kurzer inhaltlicher Begutachtung der Antworten Erkenntnisse und Rückschlüsse bezüglich der Fragestellung erkennen lassen. Die handschriftliche Aufzeichnung hat sich als wenig praktikabel erweisen, sodass bei den folgenden Interviews ausschließlich ein Diktiergerät zur Aufzeichnung verwendet wird.

3.2 Auswertung der Befragungssituationen

Die Interviews konnten weitgehend ungestört geführt werden. Einige Befragte wirkten eher erschöpft oder gar ein wenig resigniert, während andere einen sehr motivierten und engagierten Eindruck machten. Es gab allerdings auch Interviewpartner, die sich trotz Müdigkeit, etwa nach einem anstrengenden Frühdienst, sehr interessiert und motiviert gezeigt haben. Auffallend war das Bemühen, nichts falsch zu machen bzw. nichts Falsches zu sagen, sowie nach Möglichkeit einen hilfreichen und sinnvollen Beitrag zu der Studie leisten zu wollen. Dennoch wurden einige Fragen nur recht kurz beantwortet und es ließ sich auch durch Nachfragen seitens der Interviewerin mitunter kaum mehr Information gewinnen. In einigen Ausnahmefällen wurde sogar von den Befragten nonverbal signalisiert, zum Beispiel per Handzeichen, dass man die Beantwortung der Fragen auf das vermeintlich Nötigste beschränken möchte und so Nachfragen bereits im Vorfeld abgeblockt wurden.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Befragten in der Regel sehr offen und aufgeschlossen reagiert und sich redliche Mühe gegeben haben, Fragebogen (statistische Angaben und Satzergänzungsfragen) und Befragung nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten. Sie zeigten sich dabei überwiegend sehr interessiert und reflektiert, woraus sich schließen lässt, dass es ihnen durchaus nicht fremd ist, ihr eigenes Handeln und ihre Denkweisen kritisch zu hinterfragen. Insgesamt muss jedoch gesagt werden, dass sich unter Berücksichtigung des betriebenen Aufwands (Akquise, Anfahrtswege etc.) nur recht wenige Pflegekräfte zu einer Studienteilnahme haben durchringen können. Dies ist wohl zum einen damit zu begründen, dass es für die Studienteilnahme keine direkten oder indirekten finanziellen Anreize gegeben hat, d. h. es gab weder Bezahlung bzw. Aufwandsentschädigung noch konnte die Zeit als Arbeits- oder Organisationszeit gut geschrieben werden. Zum anderen ist gerade im Bereich der ambulanten Pflege eine sehr hohe Arbeitsbelastung der Mitarbeiter zu verzeichnen, was sich negativ auf deren Bereitschaft zu (weiterem) unentgeltlichem beruflichem Engagement auswirkt. Überdies hatte ich den Eindruck, dass auch seitens der PDL und / oder Einsatzleitungen oftmals einen nicht unerhebliche Überlastung vorlag, sodass man sich nicht auch noch mit zusätzlichen Themen, etwa für die nächste Dienstbesprechung, beschäftigen wollte oder konnte.

3.3 Auswertung der Satzergänzungsfragen

Den Befragten werden fünf Satzergänzungsfragen zur eigenständigen und schriftlichen Beantwortung vorgelegt. Die ausgefüllten Fragebogen werden kopiert und danach alle Antworten ausgeschnitten und nach den einzelnen Fragen geordnet auf Papierbögen aufgeklebt. Somit ergibt sich für jede Satzergänzungsfrage ein Gesamtüberblick über alle von den Befragten gemachten Angaben. Dementsprechend erfolgt die Auswertung zunächst bezogen auf die einzelnen Satzergänzungsfragen. Für die gegebenen Antworten werden im Rahmen einer kurzen komparativen Analyse (vgl. Glaser/Strauss, 2010: 114 ff.) Oberbegriffe oder Kategorien gebildet, die im Folgenden zur Kennzeichnung kursiv gedruckt und unterstrichen sind. Es sei jedoch an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass dies im Falle der Satzergänzungsfragen nicht ausführlich bzw. vollständig erfolgt, da die hier gewonnenen Erkenntnisse ebenso wie bei den Beobachtungen der Interviewsituation lediglich von ergänzender Natur sind.

3.3.1 Meine Arbeitskollegen sind für mich…

Die Bedeutung der Arbeitskollegen wird als sehr wichtig angesehen, wobei hier zwischen arbeitsorganisationsbezogener und psychosozialer Relevanz unterschieden werden kann. Hinsichtlich der Arbeitsorganisation wird die Wichtigkeit von Team- und Zusammenarbeit bzw. dem Arbeiten Hand in Hand betont sowie die Notwendigkeit der Rückmeldung durch die Kollegen bezüglich eigener Fehler oder Schwächen hervorgehoben. Es lässt sich jedoch auch eine eher abgegrenzte bzw. neutrale Haltung, bei der lediglich die Rolle der Arbeitskollegen als Bestandteil des Teams angegeben wird, finden. In psychosozialer Hinsicht wird neben persönlicher Sympathie oder gar Freundschaft vor allem die unterstützende Rolle der Arbeitskollegen als Ansprechpartner, seelische Stütze und Rückhalt genannt. Während die Kollegen zum Teil als gute Freunde oder sogar überlebenswichtig angesehen werden, gibt es auch eine Unterteilung in gute und schlechte Kollegen.

3.3.2 Die Arbeit mit pflegebedürftigen Menschen gibt mir…

Nahezu alle Befragten bewerten diesen Aspekt sehr positiv; lediglich der Umstand, zu wenig Zeit zu haben, wird als negativ empfunden. Neben dem Gelderwerb werden vor allem die Freude am Beruf und das Gefühl, gebraucht zu werden, einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen und einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten, hervorgehoben. Die Arbeit wird als Herausforderung angesehen, die Zufriedenheit und Spaß, Selbstwertgefühl und Bestätigung, „viel Inhalt“ und ein „gutes Gefühl“ vermittelt. Dies nicht zuletzt dadurch, dass den pflegebedürftigen Menschen so die Möglichkeit gegeben wird, weiterhin in ihrem vertrauten Umfeld zu bleiben. insichtlich der

3.3.3 Ich trage Verantwortung für…

Hier wird von den Befragten zum einen auf die Verantwortung für die eigene Person und für das eigene bzw. persönliche Handeln abgestellt. Letzteres bezieht sich insbesondere auf die korrekte und fachgerechte Durchführung der Pflege zum Wohle der zu Pflegenden, wie etwa Medikamentengabe und pflegerische bzw. zum Teil auch hauswirtschaftliche Versorgung. Zum anderen wird die Verantwortung für die Klienten genannt, die von deren Wohlergehen bis zu deren gesamten Lebensumständen oder gar deren Leben selbst reicht. Als weitere Komponente wird die Verantwortung den Kollegen gegenüber wie auch für den Zusammenhalt des Teams angeführt. Ein als Praxisanleiter tätiger Befragter gibt zudem an, Verantwortung für die Auszubildenden und deren Arbeit zu tragen.

3.3.4 Ich treffe Entscheidungen über…

Die Angaben reichen in diesem Bereich von man treffe eigentlich gar keine Entscheidungen bis zu man treffe Entscheidungen über Leben und Tod, etwa in Notsituationen. Die Befragten geben an, Entscheidungen sowohl über sich selbst und die im Rahmen ihrer Tätigkeit notwendigen Handlungen als auch über Gesundheit und – vor allem bei dementen Klienten – über das gesamte Leben des zu pflegenden Menschen treffen zu müssen. Es wird weiterhin berichtet, dass solche Entscheidungen auch in Abstimmung mit den behandelnden Ärzten und nach Rücksprache mit der Einsatzleitung getroffen werden. Außerdem erfolgen Entscheidungen über Patienten zu deren Wohl und in deren Sinne; sofern möglich, wird eine gemeinsame Entscheidungsfindung von Pflegekräften und Klienten angestrebt.

3.3.5 Wertschätzung meiner Arbeit bedeutet für mich…

Die Wertschätzung ihrer Arbeit wird von den Befragten als sehr wichtig angesehen. Sie lässt sich unterteilen in individuelle Wertschätzung der eigenen Arbeit durch die Patienten, die sich in Freude und Dankbarkeit äußert, sowie durch die Kollegen, etwa durch positive Rückmeldung im Team, und durch die Vorgesetzten. Hier wird mehr Feedback, persönliche Anerkennung und Lob gewünscht. Andererseits wird die kollektive Wertschätzung durch die Gesellschaft genannt. Dies bezieht sich auf den sozialen Status des Pflegeberufs und auf die Entlohnung, wobei beides als deutlich verbesserungswürdig angesehen wird. Die Befragten schöpfen aus der Wertschätzung ihrer Leistung vor allem Selbstbestätigung.

3.3.6 Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Auswertung der Antworten ergibt folgendes Bild: Die befragten Pflegekräfte gehen trotz aller berufsbedingten Belastungen mit Freude und Engagement ihrer Arbeit nach, die sie nicht nur als Mittel zum Broterwerb sehen, sondern in der sie auch ein hohes Maß an Bestätigung und Sinngebung finden. Die Pflegenden tragen eine hohe Verantwortung für sich und andere und müssen mitunter schwerwiegende Entscheidungen oftmals (zunächst) alleine treffen. Wichtig sind ihnen Teamgeist und Rückhalt durch Kollegen sowie ein gutes Betriebsklima, das auch Rückmeldung, Wertschätzung und Anerkennung persönlicher Leistung durch Vorgesetzte beinhaltet. Ebenfalls von Bedeutung ist die als zu gering empfundene gesellschaftliche Anerkennung der Arbeit in der ambulanten Pflege; zumal sich die ambulante Pflegenden durchaus bewusst sind, dass sie einen wichtigen Beitrag für die Funktionsfähigkeit unserer Gesellschaft leisten.

3. 4 Auswertung der Interviews

Die schriftlichen Aufzeichnungen der Interviews werden zunächst mit einer zusätzlichen Spalte versehen, in der in einem ersten Schritt die textrelevanten Segmente aufgezeichnet werden. Danach erfolgt unter Bezugnahme auf die jeweils gestellt Frage Erstellung der verschiedenen Kodes; diese werden gekennzeichnet durch unterschiedliche Schreibweisen ebenfalls in dieser Spalte festgehalten. Sind alle Interviews entsprechend aufbereitet, werden alle Ergebnisse des offenen Kodierens der Fragen 1 bis 6 zusammenstellt und im Anschluss daran durch axiales und selektives Kodieren weiter differenziert und auf ein höheres abstraktes Niveau gehoben (vgl.: Flick, 2010: 392-397), wobei letztlich eine deutliche Relevanz für die jeweilige Frage zu erzielen ist. Die Entwicklung der Kategorien stützt sich ausschließlich auf das im Rahmen der Untersuchung gewonnene Datenmaterial. Es handelt sich somit um eine induktive Kategorienentwicklung, diese „leitet die Kategorien direkt aus dem Material in einem Verallgemeinerungsprozess ab, ohne sich auf vorab formulierte Theoriekonzepte zu beziehen“ (Mayring, 2010: 83).

Der letzten Frage, bei der die Interviewpartner gebeten werden, eine Geschichte oder eine Anekdote aus ihrem Berufsleben zu erzählen, wird erst einmal gesondert ausgewertet, da hier gleichsam auf indirektem Wege ermittelt werden soll, welches Bild bzw. welche Vorstellungen die Pflegenden von den Patienten, von sich selbst und von ihrer Tätigkeit haben. Aus dem gesamten gewonnenen Material werden schließlich, unter bedarfsweiser Einbeziehung der Ergebnisse der Satzergänzungsfragen und der Interviewsituation, theoretische Aussagen zu den einzelnen Fragestellungen wie auch darüber generiert, was ambulant Pflegende dazu veranlasst, an ihre Tätigkeit bindet. Wenngleich sich die qualitative Datenauswertung nicht als linearer Forschungsprozess auffassen lässt, ist jedoch zwischen den einzelnen Schritten des Kodierens ein jeweils höheres Abstraktionsniveau zu verzeichnen.

3.4.1 Ergebnisse Kodierens:

Ergebnisse des offenen Kodierens:

Frage 1 - Bitte beschreiben Sie einen konkreten Pflegeeinsatz, der Ihnen besonders gefällt:

Komplettpflege, hilflose Patientin, demente Patientin, Hauptverantwortung, umfangreiche Pflege, freundliche Patientin, Herausforderung (meistern), depressive Patientin, Sympathie / Zuneigung, lange Bekanntschaft, gute Arbeitsbedingungen vor Ort (behindertengerechte Wohnung, Lifter), hilfsbereiter und motivierter Patient, anspruchsvolle Pflege (Wundversorgung), zunächst Skepsis gegenüber junger Pflegerin, fachliche Kompetenz bewiesen, gutes persönliches Verhältnis, kooperative Patientin, angenehme Person, zufriedene und lebensfrohe Patientin, selbstbestimmtes Arbeiten, hilfsbedürftiger Patient, dankbarer Patient

Frage 2 - Woran könnte dies liegen?

Erfolgserlebnis, Person der Patientin, Sympathie / Zuneigung, Empathie, eigenverantwortliches Arbeiten, gute Kommunikation, klare Arbeitsabläufe, lebensfrohe Person der Patientin, Herausforderung, Wissen anwenden, positives Feedback von Patientin, unkomplizierte Patientin, kooperative Patientin, Wesen des Patienten (freundlich, humorvoll, hilfsbereit), Arbeit macht Spaß, Herausforderung gemeistert, sich bei Patientin beweisen, Ziel erreichen, wenig Zeitdruck, Vertrauensperson für Pflegerin

Frage 3 - Welche Möglichkeiten sehen Sie, um Zeitmanagement und Arbeitsorganisation in der ambulanten Pflege zu verbessern?

Zeitmangel beheben, Zeitdruck nimmt zu, politische Veränderungen notwendig, Arbeitsorganisation verbessern, Einsätze besser planen, Beziehungskontinuität erforderlich, Vertrauensperson für Patienten, mehr bezahlte Zeit, gute Einsatzplanung, gute Selbstorganisation, effektives Arbeiten, Informationsfluss verbessern, alleine keine Chance, gemeinsame Arbeitsorganisation von Leitung und Pflege, mehr Geld in Pflege investieren, Pflege / Kosten neue konzipieren, wichtig für gesamte Gesellschaft, überwiegend ausreichend Zeit, lange Wege zwischen Patienten, Einbeziehung von Kunden und Pflegekräften in Planung verbessern, Kommunikation verbessern, Ablauforganisation verbessern, mehr Austausch unter Kollegen, Mitspracherecht bei Einsatzzeiten, mehr Zeit (LKs Kassen), Pflegehilfsmittel für Bedürftige bereitstellen, kollegiale Zusammenarbeit verbessern, Effektivität erhöhen, individuelle Pflegezeiten einführen, Zeitüberschreitung schriftlich begründen kostet wiederum Zeit, hoher Krankenstand, organisatorische Probleme bei (kurzfristiger) Krankmeldung

Frage 4 - Welchen besonderen Belastungen sind ambulant Pflegende ausgesetzt?

Zeitmangel, Zeitdruck, Gewissenskonflikt (Patientenwünsche – unbezahlte Mehrarbeit), alleine vor Ort, wenig Austausch mit Kollegen, Witterungsverhältnisse, Angehörige, körperliche Belastung (Heben, Tragen), psychische Anstrengung (Einsätze durchstehen), Zeitknappheit, psychische Belastung (Notfälle, Tod), Stress (Fehlerquote), Sterbende, schwierige Patienten, unbezahlte Mehrarbeit, hohe Verantwortung, schnelle Entscheidungen, Straßenverkehr, Arbeitsbedingungen vor Ort, schlechte Hygiene vor Ort, Rufbereitschaft am WE, Entscheidungen für Patienten treffen, Hilfsmittel vor Ort unzureichend, improvisieren müssen, Wegezeiten, Fahrzeiten / Strecken, sexuelle Belästigung durch Patienten, Einsatzorte (Viertel, Wohnung), Einsatzzeiten (frühmorgens, spätabends), kaum Ablehnungsmöglichkeiten bei problematischen Einsätzen

Frage 5 - Wie können Sie diese Belastungen ausgleichen?

Sport, Bewegung, Ablenkung, Privatleben, Supervision wünschenswert, Abgrenzung, Abschalten in der Freizeit, Grenzen ziehen, Distanzierung, Zeit nehmen, Zeitüberschreitung begründen – Bezahlung, Austausch mit Kollegen, Freizeit (Ruhe, Erholung, Hobbies), Familienleben, Ansporn durch positive Einsätze, Mitarbeiterbesprechung, Entlastung im Privatleben, Vorteile vergegenwärtigen (früher Feierabend, Kollegen), verlässliches Frei (geringer Krankenstand), stationäre Pflege nebenbei, Gespräche mit Vorgesetzten, Austausch mit Freunden (auch Pfleger), Abschalten problematisch bei sexueller Belästigung, Pilates, Seelsorge sollte bereit gestellt werden, Schulungsangebote wahrnehmen („Rücken-Fit“), Selbstfürsorge, Reiki

Frage 6 - Woraus schöpfen Sie bei Ihrer Arbeit Kraft und Zuversicht?

Gutes Gefühl, sinnvolle Tätigkeit, wichtig für Patienten, positives Feedback von Patienten, Interesse an Patienten, Zuneigung zu Patienten, gutes Team, gute Einsatzleitung, gute Zusammenarbeit, Unterstützung von Kollegen, Unterstützung von Einsatzleitung, gute Ausbildung, Abgrenzung, gute Balance Nähe / Distanz, (Selbst)Reflektion, persönliche Berufung, Einfühlungsvermögen, Fortbildungen, Teamarbeit, Austausch mit Kollegen, hohe gesellschaftliche Bedeutung der Pflege, Danksagung an die Alten, Gutes für Patienten tun, vertraute Beziehung zu Patienten, Erfolge bei Wundbehandlung, Vermeidung von Heimeinweisung, Zufriedenheit mit eigener Arbeit, Wichtigkeit der eigenen Person, Bestätigung, Lob von Leitung (selten), persönliche Wertschätzung durch Patienten, Privatleben, finanzielle Entlohnung

Ergebnisse des axialen Kodierens:

Im Folgenden werden nun die durch den vorherigen Prozess des offenen Kodierens entstandenen Kategorien weiter ausdifferenziert und abstrahiert.

Kategorien zu Frage 1:

Kategorien zu Frage 2:

Kategorien zu Frage 3:

2.
Arbeitsorganisation: Arbeitsorganisation verbessern, Einsätze besser planen, gute Einsatzplanung, gute Selbstorganisation, effektives Arbeiten, gemeinsame Arbeitsorganisation von Leitung und Pflege, lange Wege zwischen Patienten, Ablauforganisation verbessern, Effektivität erhöhen, hoher Krankenstand, organisatorische Probleme bei (kurzfristiger) Krankmeldung

Kategorien zu Frage 4:

Kategorien zu Frage 5:

Kategorien für Frage 6:

Ergebnisse des selektiven Kodierens:

Hier werden nun aus den vorherigen, im Rahmen der offenen und der axialen Kodierung entwickelten, Kategorien die Kernkategorien erarbeitet, und zwar zunächst auf die einzelnen Fragen bezogen, und zu für die Fragestellung der Untersuchung relevanten Aussagen zusammen gefasst (vgl. Flick, 2010: 397)

Kernkategorien zu Frage 1:

Arbeitsablauf und Arbeitsorganisation: Den befragten Pflegekräften gefallen vor allem umfangreiche, pflegerisch anspruchsvolle und abwechslungsreiche Einsätze mit einer ihnen entsprechenden Arbeitsorganisation. „(…)diese alte Frau, sag ich mal, so‘n bisschen pflegerisch weiter zu bringen, dass ich sie mobilisieren kann und waschen kann, das ist ne große Herausforderung (…)“ (Interview 5).

Beziehungsebene: Den befragten Pflegekräften gefallen vor allem Einsätze bei Patienten, die bestimmte als positiv empfundene Eigenschaften aufweisen und / oder zu denen sie eine besonders positive emotionale Beziehung haben: „ (…)sie war ein sehr fröhliches, freundliches Wesen, erzählte gerne, hatte auch Parkinson, (…) hatte aber nie den Lebensmut verloren.“ (Interview 4). „(…) ist ein unheimlich motivierter Mann, der jederzeit hilfsbereit uns Pflegekräften gegenüber ist(…)“ (Interview 8).

Kernkategorien zu Frage 2:

Beziehungsebene: Die befragten Pflegekräfte nennen als Gründe für diese Vorliebe das Wesen bzw. die Person der Patientin / des Patienten sowie die (wechselseitige) positive emotionale Beziehung: „ (…)jemand, der ruhig ist und angenehm in der Person.“ (Interview 10). „(…)weil wir uns so lange kennen, weil wir uns mögen, (…) es ist einfach von der menschlichen Seite her ne wunderbare Zusammenarbeit.“ (Interview 7).

Arbeitszufriedenheit und Arbeitsorganisation: Die befragten Pflegekräfte nennen als Gründe für diese Vorliebe eine hohe Arbeitszufriedenheit und eine ihnen entsprechende Arbeitsorganisation: „(…) für den Einsatz hab ich halt die Hauptverantwortung und dann muss ich halt … ja, ich muss halt für das gesamte Leben dieser Frau sorgen, weil sie halt dement ist und überhaupt nichts mehr kann.“ (Interview 3). „(…) weil ich auch so arbeiten kann, wie ich es möchte und nicht wie sie es möchte und sie ist immer zufrieden.“ (Interview 11)

Kernkategorien zu Frage 3:

Organisatorische Ebene: Die befragten Pflegekräfte geben Verbesserungsmöglichkeiten auf der organisatorischen Ebene an, die sowohl die Zeitvorgaben: „Das einzige, was uns wirklich fehlt, ist die Zeit. Es geht eigentlich nur besser, wenn man mehr Zeit bekommt.“ (Interview 1), wie auch die Arbeitsabläufe betreffen: „(…) fähige Einsatzleitung, die vernünftig plant und (…), dass man selber in der Lage ist, seine Zeit vernünftig zu nutzen und effektiv zu arbeiten.“ (Interview 3).

Kommunikative Ebene: Die befragten Pflegekräfte geben Verbesserungsmöglichkeiten auf der kommunikativen Ebene an, die sowohl die Kommunikation unter Kollegen und mit Vorgesetzten wie auch mit Pflegekunden betreffen: „ (…) Infofluss verbessern (…) Informationsweitergabe und Umsetzung dieser Information ….“ (Interview 4).

Sozial- und gesundheitspolitische Ebene: Die befragten Pflegekräfte geben Verbesserungsmöglichkeiten auf der sozial- und gesundheitspolitischen Ebene an, wobei die Pflege allgemein betreffende wie auch auf individuelle Pflegekunden bezogene Vorschläge unterbreitet werden: „Da müsste sich etwas in der Politik ändern, das wird sich aber nicht ändern, das glaube ich nicht….“ (Interview 2). „(…)der Staat muss nicht irgendwelche Gebäude – wie in Hamburg die Elbphilharmonie – mit Milliarden unterstützen, soll er die Pflege unterstützen, da haben wir alle mehr von und es betrifft alle Menschen!“ (Interview 7).

Kernkategorien zu Frage 4:

Direkte individuelle Belastungen: Die befragten Pflegekräfte nennen hier psychische und physische Belastungen, denen sie durch ihre Tätigkeit direkt ausgesetzt sind: „(…) oder auch wenn mal Notfälle sind, nicht, das ist schon sehr belastend, und natürlich auch die Sterbebegleitung, das belastet immer wieder von vorne, da kann man oder da kann ich keine Routine finden.“ (Interview 5). „Die körperliche Belastung ist extremst, weil man eigentlich alles allein macht, teilweise wirklich die schwersten Patienten, die immobilsten Patienten immer irgendwo hebt, manche Leute auch trägt (…)“ (Interview 12).

Indirekte äußere Belastungen: Die befragten Pflegekräfte nennen hier die allgegenwärtige Zeitnot sowie erschwerende Bedingungen vor Ort, die sie zusätzlich zu den eigentlichen Belastungen der Pflegetätigkeit negativ beeinträchtigen: „Hauptsächlich der Zeitdruck (…) oft nicht die gebrauchten Hilfsmittel vor Ort hat und viel improvisieren muss und das, was noch schwierig ist, ist wenn die Angehörigen nicht mit uns kooperieren und nur gegen uns sind.“ (Interview 11). „Wind und Wetter, morgens bei minus fünf Grad aufm Fahrrad… und es schneit und es ist Glatteis (…)“ (Interview 3). „(…)manche männliche Kunden (…) du siehst diese Blicke und … oder teilweise auch Berührungen, die versucht werden, oder irgendwelche anzüglichen Sprüche, und du weißt genau: Du musst wieder hin! Das ist ganz, ganz schlimm (…)“ (Interview 12).

Kernkategorien zu Frage 5:

Private Ausgleichsmöglichkeiten: Die befragten Pflegekräfte geben körperliche und psychische Ausgleichmöglichkeiten an, mit denen sie die beruflichen Belastungen in ihrer Freizeit kompensieren können: „Mit Sport, regelmäßigem Sport, (…) und äh, ja n gutes Privatleben.“ (Interview 6).

Berufliche Ausgleichsmöglichkeiten: Die befragten Pflegekräfte nennen hier Kompensationsstrategien wie professionelle Distanz, Kommunikation mit Kollegen und Vorgesetzten sowie Abwägen der Vor- und Nachteile ihrer Tätigkeit, mit denen sie im beruflichen Alltag die Belastungen ausgleichen können: „Durch Gespräche mit äh Kollegen und 14-tägig findet bei uns eine Mitarbeiterbesprechung statt, wo wir uns auch sehr gut austauschen können (…)“ (Interview 8). „Durch meine gute Ausbildung beim „Rauhen Haus“ (…)durch gute Abgrenzbarkeit, gute Distanz – gute Nähe im Gleichgewicht (…)“ (Interview 4)

Kernkategorien zu Frage 6:

Individuelle Ebene: Die befragten Pflegekräfte geben an Kraft aus persönlichen Eigenschaften und Ressourcen und aus der Zufriedenheit mit der eignen Arbeit zu schöpfen: „(…) durch die Erfolge, weil wir viel mit Wunden ähm arbeiten, einfach durch die Erfolge, die wir bei den Wunden haben, wie schnell die heilen, und daraus schöpft man eigentlich seine Kraft ... soweit … ja.“ (Interview 9). „(…) und was mir die Kraft gibt, ist eigentlich das Gefühl, ich tu was Sinnvolles, ich tu den Patienten was Gutes (…)“ (Interview 1).

Beziehungsebene: Die befragten Pflegekräfte nennen hier als „Kraftquelle“ die Beziehungen zu den Pflegekunden sowie die Beziehungen innerhalb des Teams und zu den Vorgesetzten: „Erstens durch die Zufriedenheit der Patienten, da hab ich n gutes Feedback, meistens, (…) dann wichtig ist auch für mich Fortbildung, damit ich meine Arbeit auch optimal machen kann. (…) wichtig ist mir immer die Teamarbeit, guten Austausch mit den Kollegen, das wir immer die Arbeit dann gut zusammen gestalten können, das ist mir ganz wichtig“. (Interview 6).

Gesellschaftliche Ebene: Die befragten Pflegekräfte schöpfen daraus Kraft, dass sie einer gesellschaftlich wichtigen Tätigkeit nachgehen und dass sie sich die soziale Bedeutung der Pflege bewusst machen: „für mich ist dieser Beruf ähm oder diese Arbeit eins der wichtigsten überhaupt, weil es betrifft uns alle irgendwann, über kurz oder lang betrifft es jeden.“ (Interview 7).

3.4.2 Generierung theoretischer Aussagen

Aus den erarbeiteten Kernkategorien werden nun theoretische Aussagen abgeleitet und mit der Fragestellung der Studie in Beziehung gesetzt. Die Nachvollziehbarkeit der generierten Aussagen und deren Glaubwürdigkeit wird durch den vorangegangenen „Gebrauch eines kodifizierten Verfahrens der Datenanalyse (….), das es den Lesern erlaubt zu verstehen, wie der Forscher seine Theorie aus den Daten gewonnen hat“ gewährleistet (Glaser / Strauss, 2010: 241). Folgende theoretische Aussagen lassen sich somit ableiten:

1. Ambulant tätige Pflegekräfte bewerten solche Einsätze positiv, bei denen klar strukturierte Arbeitsabläufe gegeben sind, die Arbeitsorganisation aus ihrer Sicht günstig gestaltet ist und ihnen die Möglichkeit zu eigenverantwortlichem, abwechslungsreichem und fachlich anspruchsvollem Arbeiten gewährt wird. Von gravierender Bedeutung ist zudem die Person des zu Pflegenden und die emotionale Beziehungsgestaltung zwischen Pflegekraft und Pflegekunde.
2. Die Pflegekräfte leiten diese positive Bewertung daraus ab, dass die positiv gestaltete Beziehungsebene ebenso wie eine möglichst optimale Arbeitsorganisation in hohem Maße zu einer individuellen Arbeitszufriedenheit beitragen.
3. Pflegekräfte in der ambulanten Pflege sehen Verbesserungspotenziale hinsichtlich Zeitmanagement und Arbeitsorganisation in der ambulanten Pflege auf der organisatorischen und der kommunikativen Ebene ihres jeweiligen Pflegedienstes sowie auf der sozial- und gesundheitspolitische Ebene.
4. Ambulant Pflegende sehen sich durch ihre berufliche Tätigkeit zum einen direkten individuellen Belastungen psychischer und physischer Natur und zum anderen indirekten äußeren Belastungen durch Zeitnot und belastende (Rahmen) Bedingungen vor Ort ausgesetzt.
5. Sie können diese Belastungen ausgleichen im privaten Bereich durch psychische und körperliche Ausgleichmöglichkeiten, sowie im beruflichen Alltag durch bestimmte professionelle Kompensationsstrategien.
6. Im ambulanten Bereich tätige Pflegekräfte schöpfen Kraft und Zuversicht auf individuelle Ebene, etwa durch bestimmte persönliche Ressourcen, auf der Beziehungsebene zu Kunden und Kolleginnen und Kollegen auf gesellschaftliche Ebene durch die hohe soziale Bedeutung ihrer Tätigkeit.

3.4.3 Auswertung der Frage 7 - Bitte erzählen Sie eine Geschichte oder ein Anekdote aus Ihrem beruflichen Alltag:

Es wird zunächst eine Kodierung der Antworten bzw. der Erzählungen vorgenommen, auf die Paraphrasierung der ermittelten Kodes und daran anschließend die Generalisierung der Paraphrasen folgen (vgl. Mayring, 2010: 68/69). Danach wird das Material soweit reduziert, dass ein bestimmter grundsätzlicher Ablauf zu erkennen ist, wobei nicht in jeder Geschichte immer alle Elemente zu finden sind. Aufgrund der Fülle der Textmenge wird auf eine eingehendere Ausführung hierzu an dieser Stelle verzichtet und lediglich aufgezeigt, nach welchem Muster sich dieser generelle Ablauf nachvollziehen lässt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten(Quelle: eigene Darstellung)

Es lässt sich also feststellen, dass die erzählten Geschichten stets von einem den Pflegekräften bereits vertrauten Einsatz handeln. Hierbei handelt es sich um Patientinnen oder Patienten, zu denen sie eine gute und mitunter langjährige Beziehung haben. Im Rahmen jener Einsätze kommt es dann zu unerwarteten Situationen, zu Problemen oder gar Notfällen, welche in unterschiedlichem Maße zu Turbulenzen und Missverständnissen entweder zwischen Pflegekraft und Patient/in oder Dritten gegenüber führen. Mitunter werden durch die unerwarteten Ereignisse keinerlei Probleme o. ä ausgelöst, sondern nur Überraschung und lange Zeit nicht da gewesene Verhaltensweisen, wie etwa im Falle der sehr verwirrten, dementen alten Dame, die bei einem Spaziergang am Hamburger Eilbekkanal auf eine Schildkröte trifft: „(…) da war dann unter ner Weide, ne Wurzel kam da raus und da sonnte sich, es war schön warm, da sonnte sich ne Schildkröte, die muss wohl irgendwo ausgebüxt gewesen sein, und die hab ich ihr dann gezeigt und erst hat sie sie gar nicht gesehen und dann in ner ganz tiefen Stimme: Aha, was macht die denn hier? Und da war sie auch ganz verständig und hat sich gewundert, was denn da ne Schildkröte macht.“ (Interview 3). Im weiteren Verlauf der Geschichten gibt es bei aufgetretenen Problemen, Missverständnisse etc. stets eine rettende Idee seitens der Pflegekraft oder – wie zum Beispiel bei der Geschichte mit dem ausbleibenden Wasser – seitens des Patienten: „(…) ich hab n Brunnen und da können wir mal Wasser rausholen (…) Und dann hat er mir den Weg zum Brunnen gewiesen und ich zuppelte da einen 10 Litereimer Wasser raus, machte ihm Wasser heiß und habe ihn so versorgt.“ (Interview 8). Somit kommt es, wenngleich teilweise auch auf Umwegen, zu einer allseits zufriedenstellenden Lösung; mit Ausnahme der Geschichte von der einsam sterbenden Frau, wo die Pflegekraft schließlich die moralischen Konsequenzen zieht und kündigt: „Sie ist ganz allein gestorben und ihr Sohn kam und für den hatte ich auch keine Zeit mehr, ja und es war einfach ganz fürchterlich (…) das ist für mich das allerletzte und da bin ich dann auch gegangen!“ (Interview 9).

Nun besteht bei dieser Frage die Intention, das jeweilige Bild bzw. die jeweilige Vorstellungen der Pflegenden von den Klienten, von sich selbst und von ihrer Tätigkeit in Erfahrung zu bringen. Auffallend bei allen Geschichten ist die durchgehend wohlwollende Grundhaltung, die die Pflegekräfte den zu Pflegenden gegenüber an den Tag legen. Selbst im Falle der fälschlicherweise tot geglaubten alten Dame ist keinerlei Groll, Ärger oder Entrüstung zu bemerken, im Gegenteil, die betroffene Pflegerin ist einfach nur unglaublich froh darüber, dass die alte Dame am Leben ist: „Ich bin ganz langsam zum Bett gegangen, hab sie leicht mit der Hand berührt und in dem Moment guckt sie mich an und sagt: „Ich bin tot.“ (lacht) Mir ist das Herz fast stehen geblieben! Nachfrage: Und was war mit der Frau? Antwort: Nichts (lacht).“ (Interview 1). Es lässt sich insgesamt sagen, dass die Pflegekräfte ein sehr positives Bild von ihren Patientinnen und Patienten haben und ihnen gegenüber ein hohes Maß an Empathie und oft sogar Zuneigung hegen.

Hinsichtlich des Selbstbilds der Pflegenden bleibt festzuhalten, dass dies ebenfalls deutlich positive Tendenzen aufweist. Selbst (vermeintliche) Notfälle werden nicht als bedrohliche Katastrophen wahrgenommen, sondern man weiß sich zu helfen, und findet, gemeinsam mit dem Kunden oder allein, eine adäquate Lösung. Ambulant Pflegende erleben sich selbst als pragmatische „Improvisationskünstler“, die sich auf unvorhersehbare Situationen und Verhaltensweisen sehr schnell und flexibel einstellen können. Man geht sozusagen gestärkt aus den unerwarteten Geschehnissen hervor. Die Pflegenden zeichnen sich aus durch das Vertrauen in die eigenen menschlichen und fachlichen Kompetenzen und in die eigene Fähigkeit, schnell die richtige Entscheidung zu treffen. Zudem lässt sich auch eine gehörige Portion Humor, zum Beispiel bei der Geschichte von dem gestürzten „Geburtstagskind“: „(Ich) gehe zu ihr hin, erste Frage, wenn jemand gestürzt ist: Haben Sie Schmerzen? Die Frau strahlt mich an übers ganze Gesicht und sagt: „Ich habe heute Geburtstag.“ (Interview 4); und, wie etwa bei der Geschichte mit den erhöhten Leberwerten, in der die Pflegerin die Frage des Arztes: „Trinkt sie?“ bejaht, da sie nur an die Flüssigkeitszufuhr denkt: „Frau H., ich hab sie gerade zur Alkoholikerin gemacht“ (lacht). Und da haben wir beide ganz tüchtig gelacht und wir lachen immer noch drüber, ist schon n paar Jahre her, aber ab und zu.“ (Interview 2); und der Geschichte mit dem vertauschten Pullover: „und hab dann später gemerkt, dass meine Schülerin meinen Pullover dem Patienten angezogen hatte (lacht).“ (Interview 5), auch die Fähigkeit über sich selbst zu lachen, ausmachen.

Die Erzählungen der befragten Pflegekräfte zeigen, dass sie ihrer Tätigkeit in der ambulanten Pflege trotz zum Teil erheblicher Belastungen überwiegend mit Freude nachgehen. Schwierige Situationen lassen sich durch beherztes Nachfassen abstellen oder durch Einfallsreichtum meistern, wie beispielsweise in der Geschichte von der anfänglich sehr aggressiven ehemals alkoholkranken Patientin: „(…) Habe die Ärztin noch mal darum gebeten, ob sie vielleicht medikamentös was ändern könnte (…) das hat ganz gut geklappt. Jetzt ist sie immer ganz fröhlich (…) ist erleichternd in der Pflege auf jeden Fall und auch für die Dame selbst dann“. (Interview 10) oder in der Geschichte von der „singenden Grundpflege“, in der die Pflegerin ihre demente und abgewehrte Patientin durch das Singen von Volksliedern zur Grundpflege überreden kann: „Frau G. hat tatsächlich mitgesungen, alle Strophen, ich hab dann angefangen sie dabei auszuziehen usw., und sie hat dann zwar hin und wieder noch ein bisschen „gebockt“, sag ich mal so, aber mit dem Singen hab ich sie immer wieder gekriegt.“ (Interview 6), und vermeintlich beängstigende Einsätze erweisen sich schon nach kurzer Zeit als vertraut und angenehm: „ (…) wo es mir zum Anfang sehr gegraut hat, weil er sehr zurückhaltend ist, sehr viel ablehnt (…), aber auch aggressiv manchmal sein kann. (…) aber im Endeffekt war‘s hinterher der ganze Gegenteil; er war lustig zu mir, er war offen zu mir, er ist gesprächig zu mir gewesen.“ (Interview 11). Man wächst gewissermaßen mit der Aufgabe.

Außerdem haben die Pflegekräfte oftmals das Gefühl, von den Pflegekunden viel zurück zu bekommen, wie etwa in der Geschichte mit den Schneeglöckchen; „ (…) da hat die 93-jährige Dame, mit Stock ist sie in ihren Garten und hat mir die Schneeglöckchen ausgebuddelt, in ein Papier mit Wasser gelegt, Plastiktüte und ich brauchte sie nur noch in meinen Korb stellen und hab jetzt wunderbare Schneeglöckchen im Garten.“ (Interview 7) oder in der Geschichte von der Hans Albers Verehrerin in dem blauen Frotteemantel: „Die war so verrückt, aber herrlich! Da hatte sie immer so’ n kleinen Buckel, ging ganz gebeugt, n Gehstock und über ihre ganzen Klamotten trug sie dann – egal, was sie unternommen hat – einen blauen, ausgefranzten Frotteemantel, so’ n Bademantel. (…) und lief Steindamm rauf, Steindamm runter mit ihrem blauen Frotteemantel. Herrlich, diese Frau, also die war toll, die war ganz, ganz toll und Hans Albers natürlich, den sie immer heiraten wollte … ja.“ (Interview 12).

3.5 Zusammenfassung der Ergebnisse

Die bisher gewonnenen Ergebnisse werden nun zusammengefasst und mit der Fragestellung der Studie: „Was hält Sie in Ihrem Beruf?“ in Beziehung gesetzt. Die befragten Pflegekräfte zeigen sich sehr interessiert und aufgeschlossen der Materie gegenüber. Sie erleben ihre Tätigkeit keinesfalls als notwendiges Übel, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Vielmehr finden sie in ihrer Arbeit Bestätigung und Sinngebung; zudem sind sie sich der hohen gesellschaftlichen Bedeutung der Pflege bewusst, auch wenn sich diese nicht in der finanziellen Vergütung niederschlägt. Es ist also zunächst die oftmals menschlich und fachlich fordernde und abwechslungsreiche Tätigkeit als solche, die sie im Beruf hält, wobei dies verstärkt wird durch kollegialen Teamgeist und eine möglichst optimale Arbeitsorganisation sowie ein angenehmes Betriebsklima, das auch Rückmeldung und – ganz wichtig - Wertschätzung und Anerkennung persönlicher Leistung durch Vorgesetzte wie auch regelmäßige und praxisbezogene Fortbildungsangebote auf jeweils angemessenem fachlichen Niveau beinhaltet. Eine positive emotionale Beziehung zu den Klienten ist ein weiterer wichtiger Faktor, der ambulant Pflegende an ihre Tätigkeit bindet. Um eine positive Einstellung zu der eigenen Arbeit beibehalten zu können, ist es von großer Bedeutung, dass die Pflegkräfte über Kompensationsstrategien zum Ausgleich der nicht unerheblichen beruflichen Belastungen verfügen. Diese Strategien lassen sich u.a. durch gezielte Fortbildungsangebote vermitteln bzw. vertiefen; wobei von den Pflegenden vor allem Rückenschulen („Rücken-Fit“) und Entspannungsübungen (Pilates) geschätzt werden.

Folgende Faktoren halten somit ambulant Pflegende in ihrem Beruf:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: eigene Darstellung)

4. Schlussfolgerung und Ausblick

Obgleich in der ambulanten Pflege schon erste personalpolitische Bemühungen in Richtung „mehr Mitarbeiterorientierung“ erkennbar sind, qualifiziertes Personal wir mittlerweile immerhin nicht mehr nur als Kostenfaktor gesehen, liegt hier noch Vieles im Argen. Oftmals hat es den Anschein, als würde im Sinne einer falsch verstanden Kundenorientierung die Mitarbeiterorientierung vernachlässigt, obwohl selbst im operativen Pflegemanagement inzwischen hinlänglich bekannt sein müsste, dass das eine ohne das andere nicht nachhaltig zu verwirklichen ist. Die Kollegen und Kolleginnen vor Ort werden zu wenig begleitet, bei (z. t. extremer) psychischer Belastung kaum professionell betreut und vor Übergriffen bzw. unzumutbaren Rahmen- oder Arbeitsbedingungen nicht angemessen geschützt. Des Weiteren lässt die Wertschätzung ihrer Arbeit durch die (unmittelbaren) Vorgesetzten vielfach zu wünschen übrig. Die Einführung von turnusmäßigen Vorgesetztenbeurteilungen durch die betreffenden Mitarbeiter könnte hier ebenso hilfreich sein wie der Aufbau einer professionellen Personalentwicklung und eines betrieblichen Gesundheitsmanagements.

Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass ambulant Pflegende ein positives Selbstbild aufweisen, sich der hohen gesellschaftlichen Bedeutung ihrer Tätigkeit durchaus bewusst sind und in nicht unerheblichem Maße durch die Pflegetätigkeit als solche wie durch eine positive emotionale Beziehung zu den Klienten zum Verbleib in ihrem Beruf motiviert werden. Doch Pflegeeinrichtungen, die sich auf dem sozialen Engagement und den individuellen Ressourcen ihrer Beschäftigten gewissermaßen „ausruhen“, werden mit hohen Krankenständen und Fluktuationsraten zu kämpfen haben. Zudem führt ständige körperliche und seelische Überlastung nicht selten zum endgültigen Ausscheiden aus dem Pflegeberuf. Derart „hausgemachte“ Verluste an Fachkräften können wir uns schon jetzt kaum noch leisten, vor dem Hintergrund zukünftiger demografischer und sozialer Entwicklungstendenzen sind sie vollkommen fatal. Ein kompetentes und mitarbeiterorientiertes Personalmanagement wird somit schon in naher Zukunft entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg oder gar das wirtschaftliche Überleben von Pflegeeinrichtungen sein. Die Entwicklung personalpolitischer Strategien zur Mitarbeitergewinnung und Mitarbeiterbindung sind daher mehr denn je geboten.

Literaturnachweis

Flick, Uwe: Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung, Reinbek bei Hamburg, 2010

Glaser, Barney / Strauss, Anselm L.: Grounded Theory. Strategien qualitative Forschung, Bern, 2010

Lamnek, Siegfried: Qualitative Sozialforschung. Band 1: Methodologie, München und Weinheim, 1988

Lamnek, Siegfried: Qualitative Sozialforschung. Band 2: Methoden und Techniken, München und Weinheim, 1989

Mayring, Philipp: Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken, Weinheim und Basel, 2010

Morse, Janice M. / Field, Peggy Anne: Qualitative Pflegeforschung. Anwendung qualitativer Ansätze in der Pflege, Wiesbaden, 1998

Forschungsbericht

Inhaltsverzeichnis:

1. Ablauf und Zeitplan
2. Testfragebogen
3. Testinterview
4. Auswertung des Testinterviews
5. Informationsblatt
6. Kurzexposé
7. Fragebogen und Interviewleitfaden
8. Beobachtungsnotizen
9. Dokumentation der Interviewsituation
10. Transkription der Interviews 1 – 12
11. Auswertungsbögen der Interviews
12. Antworten zu den Satzergänzungsfragen

2. Ablauf und Zeitplan:

Januar 2011: Erarbeitung eines ersten Grobkonzepts der Studie

13. 01. 2011: Übernahme der Betreuung durch Dr. Hallensleben

14. 01. 2011: Erste Anfrage bei der ASB-Geschäftsstelle, Weiterleitung an die Sozialstationen (SSTen)

15. 01. 2011: Entwicklung eines Testfragebogens

20. 01. 2011: Durchführung einer Testbefragung

21. 01. 2011 Auswertung der Testbefragung und Umsetzung der Ergebnisse

22. 02. 2011: Erste Rückmeldung einer ASB-Sozialstation (SST)

01. 03. 2011: Vorstellung in der STT, Terminvereinbarung

02. 03. 2011: Interview 1 und Interview 2

03. 03. 2011: Interview 3 und Interview 4

04. 03. 2011: Interview 5

14. 03. 2011: Akquise per E-Mail und Telefon an DRK-SSTen und Pflegedienste

16. 03. 2011: Anruf einer interessierten Pflegekraft eines Pflegedienstes (Seevetal)

23. 03. 2011: Rückmeldung einer DRK-SST

24. 03. 2011: Vorstellung in einem Café nahe der SST, Terminvereinbarung

28. 03. 2011: Interview 6

01. 04. 2011: Interview 7

02. 04. 2011: Vorstellung in einem Café in Harburg, Terminvereinbarung

06. 04. 2011: Interview 8

30. 03. 2011: Akquise per E-Mail an alle ASB-SSTen in Hamburg

07. 04. 2011: Rückmeldung einer weiteren ASB-SST

18. 04. 2011: Vorstellung in der SST, Terminvereinbarung

19. 04. 2011: Interview 9, 10, 11 und 12

3. Testfragebogen

Titel der Studie: Faktoren, Ressourcen und Rahmenbedingungen für eine möglichst hohe Arbeitszufriedenheit ambulant Pflegender

Teil 1: statistische Angaben (Zutreffendes bitte einkreisen)

1. Alter: 20-30 Jahre / 30-40 Jahre / 40-50 Jahre / 50-60 Jahre / über 60 Jahre
2. Geschlecht: weiblich / männlich
3. Beschäftigungsverhältnis: Vollzeit / Teilzeit / geringfügig beschäftigt
4. Qualifikation: 3-jährig examiniert (KS, KP, AP)

1-jährig examiniert (APH, GPA)

Pflegehilfe (300 h)

Hilfskraft ohne Ausbildung

5. Betriebszugehörigkeit: bis 5 Jahre / 5-10 Jahre / 15-20 Jahre / über 20 Jahre

Teil 2: Satzergänzungsfragen

1. In Würde altern bedeutet für mich…
2. Unter aktivierender Pflege verstehe ich…
3. Die Arbeit mit pflegebedürftigen Menschen gibt mir…
4. Ich trage Verantwortung für…
5. Ich treffe Entscheidungen über…

Teil 3: qualitatives Experteninterview (teilstrukturiert)

1. Bitte beschreiben Sie einen konkreten Pflegeeinsatz, der Ihnen besonders gefällt.
2. Woran könnte dies liegen?
3. Welche Möglichkeiten sehen Sie, um Zeitmanagement und Arbeitsorganisation in der ambulanten Pflege zu verbessern?
4. Welchen besonderen Belastungen sind ambulant Pflegende ausgesetzt?
5. Wie könnte man diese ausgleichen?
6. Welche Strategien zur Kompensation von Belastungen haben sich bei Ihnen bewährt?
7. Bitte erzählen Sie eine Geschichte oder eine Anekdote aus Ihrem beruflichen Alltag

4. Testinterview vom 20. 01. 2011 14.30 – 15.15 Uhr

Teil 1:

50 – 60 Jahre / weiblich / geringfügig beschäftigt / APH / 10 – 15 Jahre Betriebszugehörigkeit

Teil 2:

1 … mit Respekt behandelt zu werden.
2 … so viel wie nötig und so wenig wie möglich; dass, was der Patient selber noch kann, nicht abnehmen, sonst verliert er Ressourcen
3 … viel! Ein besonderes gutes Gefühl des Gebrauchtwerdens. Es ist für mich eine der sinnvollsten Arbeiten, wie mit Kindern oder Tieren, also mit Geschöpfen, die sich selber nicht mehr helfen können, anderer Menschen brauchen
4 … dafür, dass es dem Menschen an nichts fehlt. Ich sehe mich als den verlängerten Arm des alten Menschen. Was er nicht mehr kann, erledige ich für ihn. Und natürlich immer Humor und Respekt einbringen, das ist wichtig.
5 … das Wohlergehen des Menschen. Ich entscheide über die existenziellen Dinge des Lebens des alten Menschen, denn ich bin alleine in der Wohnung und entscheide, wann der Arzt oder das Krankenhaus ansteht und welche pflegerischen Maßnahmen im Notfall zu ergreifen sind und was zu tun ist, wenn der Patient nicht essen oder nicht ins Bett gehen will. Ich treffe Entscheidungen, die der alte Mensch nicht mehr selber treffen kann, für ihn und in seinem Sinne. Ich kann nicht gegen seinen Willen entscheiden, es sei denn, er ist dement. Ich habe Einfühlungsvermögen, man muss wissen: was man selber nicht will, soll man auch anderen nicht antun.

Teil 3:

Frage 1: Frau X., 70 Jahre alt, von Kind an etwas zurück geblieben, hatte Kinderlähmung und eine leichten Schlaganfall, die linke Hand ist versteift, sie kann alles nur mit einer Hand machen. Von der Mutter, mit der sie ihr Leben lang zusammen gelebt hat, wurde sie immer klein gehalten. Vor 10 Jahren ist die Mutter gestorben. Nachfrage: Wie sieht denn der Einsatz nun konkret aus? Der Einsatz umfasst die ganze Palette, die Patientin ist sehr sturzgefährdet, rennt voller Freude an die Tür, wenn jemand kommt, und vergisst dann ihren Gehwagen. Die Patientin ist vertrauensvoll und liebenswert, aber Grundpflege, Frühstück, Zahnpflege, anziehen, Bett machen, Medikamente stellen und abwaschen – alles in 37 Minuten, das ist schwierig, weil Frau X. sich zwischendurch immer wieder hinsetzt und dann immer neu motiviert werden muss. Sie kann ihre eigene Gefährdung nicht selber einschätzen, hat auch unter anderem Epilepsie und muss immer ihre Medikamente nehmen.

Frage 2: Trotz knapper Zeit. Man muss die Patientin einfach gern haben, weil sie so liebenswert ist, wie ein Kind, das werden Mutterinstinkte wach! Es ist schon ein anstrengender Einsatz, man muss ihr viele Entscheidungen abnehmen, da sie sich zwischen verschiedenen Möglichkeiten nicht entscheiden kann. Nachfrage: Es liegt also vor allem in der Person der Patientin begründet? Die Patientin ist bei allen Pflegekräften sehr beliebt, obwohl dort viel zu tun ist und die Wohnung ist sehr verwinkelt und alles in der Wohnung ist total veraltet.

Frage 3: Keine! – Pause – Also eigentlich schon, aber wer soll das bezahlen? Seit der zeitlichen Begrenzung durch die Pflegeversicherung ist es für die Patienten und speziell für die Mitarbeiter bergab gegangen. Es kann nicht sein, dass es so viele kurze Einsätze hintereinander gibt – fünf Minuten, sieben Minuten – und die Wegezeit im Ermessen des Pflegedienstes liegt. Die Planung der Einsätze muss stimmen, das ist das A und O! Und es muss angemessene Wegezeiten geben. Das ganz Zentrale ist eine gute Planung, wichtig ist: kennt die Einsatzleitung die Arbeit. Unsere Einsatzleitung war Intensivschwester, die hat gar keine Ahnung, wie das ist in der ambulanten Pflege, wenn man von einem zum anderen rennt! Außerdem muss sie im Notfall selber „an die Front“ können, wenn alle krank sind. Und ganz wichtig ist die Wertschätzung der Mitarbeiter.

Frage 4: Witterung und Wetterverhältnisse, Jahreszeiten, immer treppauf – treppab, immer mit dem Rad unterwegs sein, bei jedem Wetter, und zur Not zu Fuß, das geht an die Grenzen, vor allem bei Eis und Schnee ist das ne echte Zumutung! Dann die Rechtfertigung bei den Patienten, wenn man zu spät kommt: „jetzt kommen Sie erst!“ und man ist viele Stunden quasi ehrenamtlich unterwegs und ich bin 100% davon überzeugt, dass bei der Pflegeversicherung das Helfer-Syndrom der Pflegekräfte mit einkalkuliert wird. Ohne unentgeltliches Engagement der Pflegenden würde das System überhaupt nicht funktionieren! Außerdem ist man immer auf sich allein gestellt, z- B. im Abenddienst und am Wochenende kann man nicht auf der Station anrufen und die Kollegen sind ja alle selber im Dienst und haben wenig Zeit. Und dann natürlich die allgemeine Belastung durch Patienten, die sterben oder schwer leiden.

Frage 5: Man kann nur für sich selber sorgen, Pausen machen, etwas trinken und durchatmen. Wichtig sind auch Kollegen, die eine verstehen, wo man nach Feierabend mal Dampf ablassen kann. Wenn ich P., H. und M. nicht hätte, weiß ich gar nicht, ob ich heute noch dabei wäre.

Frage 6: Meine Strategie ist Singen, unterwegs auf dem Rad, und die Vögel anschauen. Also richtig ablenken bis man zum nächsten Patienten kommt. Wenn ich in der Wohnung bin, lasse ich mich komplett auf den Menschen ein und stell mich hinten an. Ich betrete die Wohnung und tauche dort ein, und wenn ich die Wohnung verlasse tauche ich wieder auf. D.h. ich lasse alles bei den Patienten und nehme es nicht mit zum nächsten oder mit nach Hause. Pause - Jungen Leuten kann man diesen Beruf eigentlich gar nicht empfehlen, zumindest nicht Vollzeit!

Frage 7: Da fallen mir besonders all die Geschichten mit den Demenzkranken ein. Zum Beispiel eine fast 100-jährige Patientin, die gut 20 Jahre in der Pflege war, und die bei jedem Einsatz wissen wollte, ob man Kaffee und Brot hatte, also ob es den Pflegekräften auch gut geht. Und wenn man rausging, kam immer der Satz: „Und nicht zu spät ins Bett gehen! Sie war immer um uns besorgt. Man musste dort die Lebensmittel einschließen, da sie sonst durchgehend gegessen hätte. Tja, „mach dir n Brot“ so saß sie immer klein und dick auf der Couch.

5. Auswertung Testfragebogen

1. Interviewsituation

In Ermanglung eines Aufzeichnungsgeräts wurde die Befragung handschriftlich protokolliert. Das Interview dauerte 45 Minuten und fand in recht entspannter Atmosphäre statt, da es sich bei der Interviewten um eine gute Bekannte handelte. Die Befragung wurde in meinem Wohnzimmer ohne Beisein weiterer Personen und ohne sonstigen Störungen/Unterbrechungen etwa durch Telefon/Handy o. ä. durchgeführt.

2. Erprobung des Fragebogens

Der Sinn des Testinterviews lag in der Erprobung des Fragebogens, etwa hinsichtlich Klarheit und Verständlichkeit der gestellten Fragen sowie in der Auslotung der für die Befragung benötigten Zeit. Zwar erforderte die handschriftliche Aufzeichnung mehr Zeit als eine Aufnahme, doch durch die Vertrautheit wurde dieser Nachteil ausgeglichen, sodass ein Zeitraum von 45 Minuten realistisch sein dürfte.

Klarheit und Verständlichkeit ließen im dritten Teil bei den Fragen 5 und 6 zu wünschen übrig. Moniert wurde die Formulierung „Strategien zur Kompensation von Belastungen“ in Frage 6 als zu unverständlich. Außerdem wurde beanstandet, dass sich beide Fragen inhaltlich überschneiden würden und zu ungenau formuliert seien. Eine einzige, präzise Frage zu dem Thema wäre besser. Ansonsten wurde der Fragebogen jedoch für gut befunden.

3. Auswertung

Hier soll keine umfassende inhaltliche Auswertung des Interviews erfolgen, sondern vor allem die Brauchbarkeit des Fragebogens bewertet werden. Dieser hat sich abgesehen von o. g. Schwachstellen als praktikabel erwiesen. Insbesondere die intendierte Heranführung an das Thema durch den dreigeteilten Aufbau hat sich als recht hilfreich heraus gestellt. Im Rahmen einer Semesterarbeit würde ich diese einfache Testung als ausreichend ansehen und keine weiteren Testinterviews vornehmen. Somit würde ich den Fragebogen nach entsprechender Modifikation durchaus für die Durchführung der Studie nutzen wollen, zumal sich auch schon nach kurzer inhaltlicher Begutachtung der Antworten Erkenntnisse und Rückschlüsse bezüglich der Fragestellung erkennen lassen.

6. Informationsblatt zur Studie: „Was hält Sie in Ihrem Beruf?“

Ich bin examinierte Altenpflegerin mit mehrjähriger Erfahrung in der ambulanten Pflege. Seit Januar 2008 studiere ich berufsbegleitend Pflegemanagement an der Hamburger Fern-Hochschule. In diesem Semester erstelle ich eine empirische Studie im Studienschwerpunkt „Ambulante Dienste“ und möchte Sie hiermit um Ihre Mithilfe bitten.

Die Personalsituation in der Pflege hat sich in den letzten Jahren zunehmend verschlechtert. Insbesondere im ambulanten Bereich wird es immer schwieriger, geeignetes Personal zu rekrutieren bzw. das vorhandene Personal dauerhaft im Betrieb zu halten. In der Öffentlichkeit wird gerade die Altenpflege meist als „Knochenarbeit zum Hungerlohn“ angesehen; dementsprechend unattraktiv ist der Beruf der Altenpflegerin / des Altenpflegers für junge Menschen. Umso wichtiger scheint es, gerade danach zu forschen, was (Alten-)Pflegekräfte an der ambulanten Pflege schätzen bzw. was sie „im Job hält“. Im Rahmen dieser Studie wird nun danach gefragt, was Menschen an der ambulanten Pflege gefällt, was sie belastet, was ihrer Ansicht nach verändert werden soll und kann.

Es handelt sich um eine persönliche Befragung, wobei durch die Verwendung offener Fragen die konkreten Erfahrungen und Vorstellungen der „Mitarbeiter vor Ort“ eruiert werden. Dazu habe ich einen Fragebogen (eine DINA 4 Seite) entwickelt und möchte ca. 15 MitarbeiterInnen aus der Pflege bitten, an der Befragung teilzunehmen. Diese wird per Diktiergerät aufgezeichnet und später niedergeschrieben, wobei alle erhobenen Daten vertraulich behandelt und die Ergebnisse anonymisiert werden. Die Befragung wird ca. 30 - 45 Minuten dauern; die Durchführung wird sich zeitlich und räumlich weitgehend nach Ihren Vorstellungen richten. Die Teilnahme ist selbstverständlich freiwillig.

Die Ergebnisse dieser Studie werden der Hochschule in Form einer Hausarbeit vorgelegt und können bei Interesse nach der Bewertung eingesehen werden.

Die Befragung wird von mir durchgeführt.

Der verantwortliche Dozent ist Herr Dr. Jörg Hallensleben

Vielen Dank im Voraus!

Heike Ulatowski

7. Kurzexposé zur empirischen Studie: „Was hält Sie in Ihrem Beruf?“ Faktoren, Ressourcen und Rahmenbedingungen für ein positives Erleben ambulanter Pflegetätigkeit

Fragestellung: Wie kann ambulante Pflege gestaltet werden, um den Pflegenden ein möglichst positives Erleben ihrer Tätigkeit zu ermöglichen?

Im Rahmen dieser Studie sollen zu dieser Fragestellung Erkenntnisse durch die Befragung in der ambulanten Pflege tätiger Pflegekräfte von ASB-Sozialstationen (SST) und ambulanten Pflegediensten gewonnen werden.

Ausgangslage: Die Personalsituation in der Pflege hat sich in den letzten Jahren dramatisch verschlechter. Insbesondere im ambulanten Bereich wird es immer schwieriger, geeignetes Personal zu rekrutieren bzw. das vorhandene Personal dauerhaft im Betrieb zu halten. Weiterhin beklagenswert sind z.T. hohe Krankenstände, die wiederum auch auf eine sehr hohe Belastung und/oder eine hohes Maß an Unzufriedenheit mit der Arbeit schließen lassen. Um dem entgegen zu wirken, erscheint es sinnvoll, ressourcenorientiert danach zu forschen, was Menschen an dieser Tätigkeit gefällt, was sie belastet, was ihrer Ansicht nach verändert werden soll und kann.

Zielvorstellung: Durch die Verwendung offener Fragen und qualitativer Methoden sollen die konkreten Vorstellungen der „Mitarbeiter vor Ort“ eruiert werden. Die so erzielten Ergebnisse können in zukünftige Konzepte der Arbeitsplatzgestaltung einfließen. Außerdem sind positive Aspekte aufzuzeigen und zu verstärken sowie bereits vorhandene und genutzte Ressourcen der Mitarbeiter, etwa hinsichtlich des Ausgleichs von Belastungen, transparent zu machen und ggf. in Weiter- und Fortbildungsangebote zu integrieren.

Beteiligte: Es werden Pflegekräfte unterschiedlicher Qualifikation und mit unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen befragt, da zwar alle von den Gegebenheiten in der ambulanten Pflege betroffen sind, aber nicht unbedingt im gleichen Maße. So macht es möglicherweise einen Unterschied, ob man Voll- oder Teilzeit arbeitet und welche (qualifikationsabhängigen) Tätigkeiten man ausführt. Eine zu einseitige Fokussierung auf eine bestimmte Gruppe von Pflegekräften soll so vermieden werden, ohne jedoch einen Anspruch auf Repräsentativität zu erheben.

Vorgehen: Es werden 12 Interviews geführt. Diejenigen Mitarbeiter, die mit einer Befragung einverstanden sind, werden einzeln befragt, wobei der Fragebogen chronologisch abgearbeitet wird, allerdings auch Nach- oder Zwischenfragen, entsprechende Dokumentation vorausgesetzt, möglich sind. Der Fragebogen ist in drei Teile unterteilt und so aufgebaut, dass zunächst „unverfängliche“ und einfach zu beantwortende statistische Angaben abgefragt werden; danach werden im zweiten Teil Satzergänzungsfragen gestellt, die bereits mehr freie Beantwortung erfordern. Der dritte Abschnitt besteht aus offenen Fragen, die dem Befragten zunehmend freiere Beantwortungsmöglichkeiten geben, am Ende soll eine Geschichte erzählt werden. So sollen eine „Aufwärmphase“, eine möglichst rasche Gewöhnung an die Interviewsituation und ein schrittweiser Einstieg in die Thematik ermöglicht werden. Die Interviews sind in für die Interviewten angenehmer und störungsfreier Umgebung durchzuführen. Ein Abbruch des Interviews ist für die Befragten jederzeit möglich. Die erhobenen Daten werden anonym und vertraulich behandelt. Das Interview wird mitgeschnitten und anschließend in den PC eingegeben. Der so gewonnene Text wird schließlich durch qualitative Analysen ausgewertet.

Zeitplan:

Februar / März: Information der ASB-Geschäftsstelle, Akquise bei ambulanten Pflegediensten, Auswahl geeigneter SST und Pflegedienste, Vorstellung der Studie vor Ort

[...]

Ende der Leseprobe aus 190 Seiten

Details

Titel
"Was hält Sie in Ihrem Beruf?"
Untertitel
Faktoren, Ressourcen und Rahmenbedingungen für eine möglichst hohe Arbeitszufriedenheit ambulant Pflegender“ – eine empirische Studie
Hochschule
Hamburger Fern-Hochschule  (Pflegemanagement)
Note
1,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
190
Katalognummer
V188901
ISBN (eBook)
9783656129363
ISBN (Buch)
9783656130369
Dateigröße
1284 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ambulante Pflege, Mitarbeiterzufriedenheit demografiefestes Personalmanagement, Fachkräftemangel
Arbeit zitieren
Heike Ulatowski (Autor:in), 2011, "Was hält Sie in Ihrem Beruf?" , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/188901

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