Die Infantilisierung der Verbraucher

Die Gesellschaftstheorie Benjamin Barbers


Seminararbeit, 2009

12 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Mode, Konsum und Geschlecht – Ein Überblick über das Semester

II. Barbers „Infantilisierung der Verbraucher“
1. Einleitung
2. Vom protestantischen zum infantilistischen Ethos
3. Folgen der Infantilisierung
4. Kritik am Barber‘schen Ansatz

III. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Im Kontext des Konsums und des Kaufrauschs vertritt der einflussreiche Politikwissenschaftler Benjamin Barber eine wichtige Position. Barber kritisiert das Konsumverhalten der heutigen Gesellschaft. Eine Umstrukturierung des psychologischen Haushalts ist erfolgt, denn das protestantische Ethos wurde vom infantilistischen Ethos abgelöst.[1] In dem Buch „Consumed! Wie der Markt Kinder verführt, Erwachsene infantilisiert und die Demokratie untergräbt“ kritisiert der US-amerikanische Bestsellerautor und Politikwissenschaftler das heutige Konsumverhalten weiter Bevölkerungsteile. Er schließt vom Allgemeinen auf das Besondere und untermauert seine Hypothese durch zahlreiche Fallbeispiele. Nach seiner Hypothese hat sich eine Konsumgesellschaft gebildet, die nicht mehr nach Bedarf konsumiert, sondern Güter kauft, die sie gar nicht benötigt.

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil befasst sich mit dem Konsumkapitalismus und dem daraus entstanden infantilistischen Ethos, das anhand dreier Beispiele Darstellung findet. Der zweite Teil widmet sich den Folgen der Infantilisierung. Den Schluss bildet die Kritik am Ansatz von Barber.

2. Vom protestantischen zum infantilistischen Ethos

Barbers dekadenztheoretischer Ansatz behauptet eine Umformung der Gesellschaft in den westlichen Industrienationen, mit der das einst vorherrschende protestantische Ethos vom infantilistischen Ethos abgelöst worden sei. Das protestantische Ethos zeichnete sich durch Werte wie Selbstbeherrschung, Rationalität und Ordnung aus. Nicht alles, was Lust bereitet, ist in dieser Sichtweise gut. Stattdessen sind gerade der Verzicht und die Enthaltsamkeit erstrebenswert. Arbeit stellt einen Wert an sich dar – es gilt die Maxime: „Ohne Fleiß kein Preis“. Dieses Ethos sei nun im Laufe des 20. Jahrhunderts von einem neuen abgelöst worden. Barber hält diesen Prozess für eine natürliche Konsequenz des kapitalistischen Wirtschaftssystems. Immer mehr überflüssige Güter werden produziert. Um diese absetzten zu können, werden Bedürfnisse durch Werbung und Markenprodukten erzeugt. Die Bedürfnisse sollen zum Kauf anregen und Konsumenten dazu bewegen, Dinge zu kaufen, die sie gar nicht brauchen. Der Einzelhandel will gezielt den Konsumenten dazu bewegen, Güter im Überfluss zu konsumieren. Das Marketing will mit bestimmten Maßnahmen die Kindlichkeit der Verbraucher ausnutzen, um noch mehr die Bedürfnisse der Verbraucher zu wecken.

Das Ethos versteht Barber als gelebte Moralvorstellungen. Seine Entstehung ist auf keinen Urheber zurückzuführen. Demzufolge kann keiner dafür verantwortlich gemacht werden. Nicht allein die Firmen sind die „Bösen“, die die Verbraucher in ihren Bann ziehen und zu kindlichen Konsumenten machen, ebenso tragen die Verbraucher diesen Prozess mit ihrer Nachfrage immer weiter voran. In Barbers Auffassung ist der Mensch nicht grundsätzlich gut. Der Konsument konsumiert nicht auf Grundlage moralischer, uneigennütziger Aspekte, sondern offenbart vor allem egoistische und hedonistische Motive. Er sucht sich grundsätzlich den einfachsten Weg: zieht Fastfood dem selbständigen Zubereiten von Speisen vor.

Dies nutzt die am Profit orientierte Industrie und bedient die kindlichen Bedürfnisse der Verbraucher. Sie stellt kein Korrektiv des Konsumenten dar, sondern intensiviert den Prozess, indem sie die Herstellung ihrer Produkte seinen vermeintlichen Bedürfnissen anpasst. Umso höher die Nachfrage nach infantilen Produkten, desto größer das Angebot. Umso größer das Angebot, desto mehr orientiert sich der Konsument an kindlichen Produkten. Während Erwachsene somit künstlich auf ein kindliches Niveau geführt werden, wird das Kindliche im Kind konserviert. Durch gezielte Werbung sollen Kinder zu Konsumenten werden, jedoch nicht erwachsen. Im Ergebnis treibt sich dieser Prozess, den Barber die Infantilisierung der Verbraucher nennt, selbst spiralförmig voran. Das Protestantische Ethos wird vom infantilistischen abgelöst. Ein Ende der Spirale ist nicht abzusehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1. Die Infantilisierung der Verbraucher (Eigene Darstellung)

Im 3. Kapitel geht Barber auf drei Gegensätze ein, die das infantilistische Ethos zu charakterisieren. Es handelt sich dabei um die Gegensatzpaare:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Während sich der Gegensatz von leicht vs. schwierig mit dem Aufwand zur Bewältigung einer Aufgabe befasst, widmet sich der Gegensatz von einfach vs. kompliziert der Beschaffenheit von Dingen. Der Gegensatz von schnell vs. langsam beschreibt einen weiteren grundsätzlichen Zug des infantilistischen Ethos. Die drei Gegensatzpaare werden im Folgenden näher erläutert:

Barber führt die Entstehung der Infantilisierung philosophisch auf den Utilitarismus von Jeremy Bentham und John Stuart Mill zurück. Nach diesem ergibt sich das allgemeine Glück aus der Summe des Glücks der einzelnen Menschen. Wenn jeder das tut, was er möchte, geht es nach dieser Auffassung letztlich allen besser. Die Gesellschaft hält sich unbewusst an diesen Grundsatz und versucht Dinge, die ihrer Art nach nicht leicht sein können, leicht zu machen. So kann eine Heiratserlaubnis leichter erreicht werden als ein Führerschein. Sich scheiden zu lassen ist noch leichter als zu heiraten. Fern zu sehen ist leichter als ein Buch zu lesen. Masturbieren ist leichter als eine Beziehung zu führen. Kinder ziehen das Leichte dem Schwierigen vor, weshalb Produkte entsprechend beworben werden wie zum Beispiel „easy listening“ oder „Shopping leicht gemacht“. Barbar sagt:

„Es ist mit einem Wort leichter, ein Kind zu sein als ein Erwachsener, leichter, zu spielen als zu arbeiten, leichter, jemanden zur Seite zu schieben, als Verantwortung zu übernehmen.“[2]

Darüber hinaus bestraft die Gesellschaft das Schwierige und belohnt das Leichte. Lügen, Betrügen und Täuschen dienen der Rechtfertigung des Leichten. Malen nach Zahlen oder Abnehmen ohne Bewegung erfordern keine Disziplin oder Verzicht. Beispielsweise werden Hausarbeiten im Internet heruntergeladen, um bessere Noten zu bekommen. Sportler nehmen Steroide, um mehr Leistung zu erzielen und neue Rekorde aufzustellen. Auch wenn der Betrug bemerkt wird, lügen Sportler weiter, weil lügen leichter ist als die Wahrheit zu sagen. Sie erkennen die Verwerflichkeit ihrer Handlung nicht.

[...]


[1] Barber, Benjamin: Consumed!, 2007.

[2] Barber, 2007, S. 95.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Die Infantilisierung der Verbraucher
Untertitel
Die Gesellschaftstheorie Benjamin Barbers
Hochschule
AMD Akademie Mode & Design GmbH
Veranstaltung
Modetheorie - Modemanagement
Note
2,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
12
Katalognummer
V188601
ISBN (eBook)
9783656123316
Dateigröße
715 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
infantilisierung, verbraucher, gesellschaftstheorie, benjamin, barbers
Arbeit zitieren
Kerstin Kränzer (Autor:in), 2009, Die Infantilisierung der Verbraucher, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/188601

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