Leid durch Lachen. Die Figur der Cunnewâre im "Parzival" Wolframs von Eschenbach


Hausarbeit (Hauptseminar), 2010

26 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Die Figur der Cunnewâre
1. Leidkonstruktion und Informationsvergabe
2. Einbettung in den inter- und intratextuellen Zusammenhang

III. Schluss

IV. Literaturverzeichnis
1. Primärliteratur
2. Sekundärliteratur
3. Internetquellen

I. Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Figur der Cunnewâre in Wolframs von Eschenbach „Parzival“ und ihrer Leiderfahrung. Dabei wird zunächst untersucht, wie die Figur und ihr Schicksal im Textverlauf entworfen und ausgeschmückt werden. Was erfahren wir über Cunnewâre? Wer liefert die Informationen und mit welchen Folgen? Im zweiten Teil der Arbeit wird analysiert, welche Bezüge es zwischen der Leiderfahrung und dem übrigen Textgeschehen gibt. Dabei stehen die Auswirkungen der Verhältnisse am Artushof sowie die Interferenzen zwischen der Cunnewâre-Handlung und Parzivals narrativer Entwicklung im Mittelpunkt. Außerdem werden verschiedene intertextuelle Deutungsmöglichkeiten daraufhin untersucht, inwiefern sie das Verständnis von Cunnewâres Schicksal und der Umstände, unter denen es entstanden ist, erleichtern können.

Bisher hat die Forschung Cunnewâres Leid nur unzulänglich thematisiert. Einig ist man sich darüber, dass die Gewalt, die Cunnewâre erfährt, übertrieben stark ist, auf einem Missverständnis beruht und dass der Text Gewalt gegenüber Frauen dabei nicht infrage stellt. So argumentieren z. B. Waltraud Fritsch-Rößler, Robert Scheuble und Elisabeth Lienert[1]. Dass ihr Leid jedoch nicht nur auf physischer, sondern auch psychischer und sogar narrativer Ebene angesiedelt ist, wurde bisher nicht klar genug herausgestellt. Diese Arbeit hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, die Komplexität von Cunnewâres Leid aufzuzeigen.

II. Die Figur der Cunnewâre

1. Leidkonstruktion und Informationsvergabe

Im „Parzival“[2] ist Cunnewâre eine der weiblichen Nebenfiguren, die für den Titelhelden Parzival eine prägnante Rolle spielen. Sie wird uns von dem Ritter Orilus vorgestellt, der seiner Frau Jeschute von seinen Heldentaten und seiner Beziehung zum Artushof erzählt:

daz sâhet ir unt Artûs,

der mîne swester hât ze hûs,

die süezen Cunnewâren.

ir munt kan niht gebâren

mit lachen, ê si den gesiht

dem man des hôhsten prîses giht. (135,13-18)[3]

In wenigen Sätzen formuliert er wichtige Anhaltspunkte: Er ist der Bruder Cunnewâres, deren Mund erst wieder lachen[4] wird, wenn sie den herrlichsten Ritter aller Zeiten erblickt hat. Diesen möchte Orilus in einen ähnlichen Zweikampf verwickeln, wie den, den er am selben Tag schon gewonnen hat (vgl. 135,19-24). Dass die Erwähnung von Cunnewâre Orilus dazu dient, dem Ritter, der sie zum lachen bringen wird, eine Tjost anzudrohen, um die eigene ritterliche Kraft also ein weiteres Mal anzupreisen, ist eine Möglichkeit. Vielmehr jedoch scheint es, als habe Orilus hier die Funktion eines Erzählers: Cunnewâre wird in die Erzählwelt eingeführt und das kommende Geschehen vorbereitet. Dabei werden die Informationen über Cunnewâre exponiert dargestellt, man könnte sie gar eine „gewaltfreie Zone“ nennen, da Orilus’ Diskurs sowohl vorher als auch nachher durch die Formulierung von Gewalthandlungen geprägt ist: einmal gegenüber den besiegten Rittern, einmal gegenüber seiner Frau. Noch bevor Cunnewâre selbst auftritt, wird ihr eine prophetische, seherische Fähigkeit zugesprochen. Dies steigert die Erwartungen des Rezipienten auf ihr Kennenlernen und baut Spannung auf. Diese wird, kurz bevor Cunnewâre selbst das erste Mal auftritt, noch verstärkt, indem der Erzähler auf die kommenden traurigen Ereignisse anspielt (vgl. 151,4-6). In diese Atmosphäre aus Neugier und angstvoller Erwartung führt der Erzähler nun Cunnewâre ein und verbindet sie somit direkt mit dem angekündigten trûren (151,6):

dâ saz vrou Cunnewâre

diu fiere und diu clâre.

diu enlachte deheinen wîs,

sine saehe in der den hôhsten prîs

hete oder sollte erwerben:

si wolte ê sus ersterben. (151,11-16)[5]

Cunnewâre wird in der obigen Darstellung in den Mittelpunkt der Menschen gerückt, die sich in der loube (151,4) befinden. Der Beginn mit dâ saz indiziert, dass unter all den Leuten gerade sie es ist, auf die die Blicke fallen – und das, obwohl auch die Königin Ginover dort ist (vgl. 151,7f.). In diesem Moment reitet Parzival in Torenkleidern an Cunnewâre vorbei und sie beginnt daraufhin zu lachen (vgl. 151,17-19). Das lenkt die Aufmerksamkeit noch mehr auf sie und die folgenden Ereignisse. Es stellt sich die Frage nach der Bedeutung des mhd. lachen[6] – es kann sowohl mit ‘lachen’ als auch mit ‘lächeln’ übersetzt werden.[7] Betrachtet man die gesamte Szene, erscheint eine Übersetzung mit ‘lachen’ plausibler. Dafür spricht, dass sie erlachte (vgl. 151,19). Das Präfix er- „läßt ahnungsweise die Vorstellung eines eruptiven Lachens entstehen.“[8] Diese Bedeutung spricht der Handlung außerdem eine gewisse Ambivalenz zu: Bedenkt man, dass Parzival in Torenkleidern an Cunnewâre vorbeireitet, könnte man ihr Lachen als Verlachen[9] deuten – auch wenn sie es nach eigener Aussage nicht intendiert hat[10]. Somit verweist ihr Lachen einerseits auf Parzivals tumbes Verhalten und Auftreten am Artushof und kündigt sich schon in Iwanets Lachen an (vgl. 147,22-24). Andererseits reiht es sich in eine Gruppe von Ereignissen ein, die schon vorher auf Parzivals Besonderheit verwiesen haben. In und um Nantes wird seine Schönheit mehrmals angepriesen: von Ither (vgl. 146,5-12), vom Volk am Artushof (vgl. 148,19-25) und von Artus (vgl. 149,19-21). Dieser ambivalente Charakter beeinflusst auch die Interpretation des Lachens, die sich der Truchsess Keie zurechtlegt. Er züchtigt Cunnewâre auf brutale Art und Weise[11], indem er ihre langen Zöpfe um seine Hand wickelt, sie so festhält und mit einem Stab auf ihren Rücken einschlägt (vgl. 151,21-30). Er begründet seine Tat folgendermaßen:

›es ist dem künege Artûs

ûf sînen hof unt in sîn hûs

sô manec werder man geriten,

durch den ir lachen hât vermiten,

und lachet nu durch einen man

der niht mit ritters vuore kan.‹ (152,7-12)[12]

Keie betont, Parzival habe ihr Lachen nicht verdient. Er erkennt somit grundsätzlich den prophetischen Charakter des Lachens an, akzeptiert jedoch „dessen Wahrheitsgehalt“[13] nicht. Er verdeutlicht außerdem seinen Zorn darüber, dass Cunnewâre den ganzen Ritterstand verspottet, indem sie jemanden als Ritter anerkennt, dem die entsprechende vuore vollkommen fehlt.[14] Cunnewâre verliere in seinen Augen ihren werde[n] prîs[] (152,2)[15], sodass sie in einem Kontrast zu Parzival steht, dem sie den hôhsten prîs zugesprochen hat.[16] Keies Verhalten wird vom Erzähler im Folgenden verurteilt: Er habe nicht das Recht gehabt, sie zu schlagen, da sie eine Fürstin sei (vgl. 152,14-19).[17] Ihre Brüder Orilus und Lähelin können ihr Leid auch nicht verringern, da sie nicht da sind, um ihr zu helfen (vgl. 152,20-22).[18]

Cunnewâres Gelübde ist gekoppelt an das des verswigen Antanor (152,23), der erst wieder reden will, wenn Cunnewâre gelacht hat. Die ersten Worte, die er nun spricht, warnen Keie, dass eben der Jüngling, dem Cunnewâres Lachen gegolten hat, ihn für die Züchtigung bestrafen wird (vgl. 153,1-6). Mit diesem Satz stachelt er Keies Zorn weiter an, sodass Antanor auch geschlagen wird (vgl. 153,10-13). Cunnewâres Lachen löst nicht nur ihr eigenes Leid aus, sondern auch das Antanors.

Parzival, der die Bedeutung des Lachens nicht realisiert[19] und nur an Rache denkt (vgl. 153,15-20), beginnt mit der Wiedergutmachung der Schmach, welche er und Cunnewâre erfahren mussten, nach der Tötung Ithers, indem er Iwanet mit einer Nachricht an den Artushof schickt. Im weiteren Verlauf entsendet er auch die besiegten Ritter Kingrun, Clamide und Orilus dorthin.[20] Die einzelnen Kampfszenen werden auf sprachlicher Ebene durch eine ähnliche Wortwahl miteinander verbunden. Zu Iwanet sagt Parzival bei seinem Abschied:

du solt mîn dienst in die stat

dem künege Artûse sagen

und ouch mîn hôhez laster clagen.

bringe im wider sîn goltvaz.

ein ritter sich an mir vergaz,

daz er die juncvrouwen sluoc

durch daz si lachens mîn gewuoc. (158,20-26)[21]

Die Grundideen sind schon in dieser ersten Botschaft enthalten: Parzival bietet Artus seine Dienste an, beklagt das laster, das ihm widerfahren ist und schickt die jeweilige Person zu einer juncvrouwe bzw. magt[22], die geschlagen wurde, weil sie ihm ihr Lachen geschenkt hat. Somit verdeutlicht Parzival, dass er sich der Tatsache bewusst ist, Cunnewâres Leid verursacht zu haben und es wieder gut machen möchte. Vor allem Kingrun gegenüber betont er, wie stark er sich selbst betroffen fühlt:

und sage ir [Cunnewâre, Anm. d. Verf.] , swaz halt mir geschehe,

daz si mich nimmer vrô gesehe,

ê daz ich si gereche

aldâ ich schilt durchsteche. […]

und daz ich nimmer kume dar,

ê daz ich lasters mich entsage,

daz ich geselleclîchen trage

mit ir diu mir lachen bôt. (198,29-199,2 und 199,6-9)[23]

Durch die emotionale Bindung an das Geschehen wird deutlich, dass nicht nur Cunnewâres und Parzivals Ehre, sondern auch seine Lebensfreude vom Gelingen der Rachehandlung abhängt. Auch seine Rückkehr an den Artushof soll sich so lange hinauszögern, bis er das Leid wieder gut gemacht hat. Schon hier wird das Resultat der Cunnewâre-Handlung angedeutet, indem Parzival einen in der Zukunft liegenden Moment beschreibt, an dem die Schmach und somit auch sein Dienstverhältnis zu Cunnewâre beendet sein werden.

Orilus gegenüber ist Parzival weniger ausführlich: Er erwähnt nicht, dass die Frau, der der Besiegte sich unterwerfen soll, aufgrund ihres Lachens geschlagen wurde (vgl. 267,12-17). Es ist auffällig, dass Parzival dies gerade demjenigen gegenüber verschweigt, der selbst das erste Mal von Cunnewâres Gelübde erzählt hat. Hier handelt es sich um die Wolframsche Art der Informationsvergabe: Parzivals unvollständige Aussage soll Missverständnisse hervorrufen.[24] Noch dazu spielt der Erzähler mit dem Kenntnisstand der Figuren: Der Rezipient weiß, dass Orilus und Cunnewâre Geschwister sind, Parzival und Orilus wissen jedoch nicht, wen sie jeweils vor sich haben.[25] Die Diskrepanz zwischen dem Kenntnisstand des Rezipienten und dem der Figuren erzeugt Spannung und rückt das kommende Zusammentreffen des Geschwisterpaares in ein ambivalentes Licht: Einerseits beweist Parzivals Sieg über den erfahrenen und gefährlichen Ritter Orilus, dass ihm der hôhste prîs zusteht, andererseits besteht die Gefahr, dass Cunnewâre der Kampf zwischen ihrem dienstman (199,11) und ihrem Bruder traurig machen wird und neues Leid auslöst.[26]

Cunnewâres Reaktion auf Iwanets Botschaft ist im Text nicht dokumentiert. Erst ihr Verhalten bei Kingruns Ankunft am Artushof wird ausführlicher beschrieben: diu juncvrouwe was gemeit,/ daz mit triuwen clagte ir nôt/ den man dâ hiez den ritter rôt. (206,14-16)[27] Cunnewâre spricht Parzival triuwe zu, die er durch seine Handlungsweise bewiesen hat und die eine der wichtigsten ritterlichen Eigenschaften ist, beweist sie doch, dass er seine „sittliche[n] Verpflichtungen“[28] hilfsbedürftigen Menschen gegenüber einhält. Auf seinen ritterlichen Erfolg weist auch sein neuer Name – der Rote Ritter – hin, der am Artushof kursiert. Ither war es, der den hoehsten prîs solde tragen (160,7) – laut Cunnewâres Prophezeiung wird es aber Parzival sein, dem dieser zugesprochen wird. Nachdem sich Parzival Ithers rote Rüstung angeeignet hat, übernimmt er nun auch seine Heldenattribute und sorgt dafür, dass Cunnewâres Prophezeiung einen höheren Wahrheitsgehalt erhält. Darauf reagiert nun auch Keie: Er erschrickt, läuft rot an (vgl. 206,22) und versucht, Cunnewâre mit krapfen (207,2) zu besänftigen, was jedoch vom Erzähler als nicht ausreichend dargestellt wird (vgl. 207,3).

[...]


[1] Vgl. Fritsch-Rößler, Lachen und Schlagen, S. 84; Lienert, Diskursivität, S. 230; Scheuble, mannes manheit, S. 321.

[2] Zitiert wird nach folgender Ausgabe: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Mittelhochdeutsch/ Neuhochdeutsch. Mittelhochdeutscher Text nach der Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung und Nachwort von Wolfgang Spiewok. Band 1-2. Stuttgart 1981. (= RUB Nr. 3681-3681). Die folgenden Übersetzungen sind eigene Anfertigungen.

[3] „Das sahet ihr und Artus, bei dem meine Schwester lebt, die liebliche Cunnewâre. Ihr Mund kann kein Lachen zum Ausdruck bringen, solange sie nicht denjenigen gesehen hat, dem man die größte Herrlichkeit zuspricht.“ ‚Herrlichkeit’ verweist in diesem Sinne sowohl auf äußerliche als auch charakterliche Merkmale: Der herrlichste Ritter ist außerordentlich schön, ruhmreich, d. h. ritterlich erfolgreich, und barmherzig gegenüber seinen Gegnern.

[4] Zu der Frage, ob es sich bei dem mhd. Verb lachen um das nhd. ‘lachen’ oder ‘lächeln’ handelt, s. S.5.

[5] „Da saß die schöne und edle Frau Cunnewâre. Sie lachte auf keinste Weise, solange sie nicht denjenigen gesehen hatte, der die größte Herrlichkeit innehatte oder erlangen sollte. Eher wollte sie sterben.“ Wie schon in Orilus’ Rede wird Cunnewâre hier zunächst namentlich genannt und mit positiv konnotierten Adjektiven charakterisiert. Dann bezieht sich der Erzähler – wie auch Orilus zuvor – auf das Lachen der Frau, das nur der Ritter mit dem hôhsten prîs auslösen kann. Die Parallelität der Formulierungen weist darauf hin, dass Orilus und der Erzähler tatsächlich ähnliche Funktionen ausüben.

[6] Vgl. Fritsch-Rößler, Lachen und Schlagen, S. 75f.

[7] Geht es darum, zu zeigen, dass Cunnewâre ihr Gelübde gebrochen, da sie den herrlichsten Ritter gesehen hat, ist es unwichtig, ob sie geschworen hat, nicht zu lachen oder nicht zu lächeln. Beide Male hätte sie ihn identifiziert und gekennzeichnet.

[8] Fritsch-Rößler, Lachen und Schlagen, S. 79.

[9] Die Möglichkeit des Verlachens wirft schon der Erzähler durch seine Bitte an Hartmann von Aue auf, Parzival am Artushof vor Spott zu beschützen (vgl. 143,21-25). Dass sein Anliegen erhört wird, macht er jedoch im Folgenden selber unwahrscheinlich, indem er noch einmal Parzivals unpassendes Benehmen und Aussehen in Bezug auf den Artushof betont (vgl. 144,20-145,2). Die ambivalente Deutungsmöglichkeit von Cunnewâres Lachen ist schon hier angelegt.

[10] Vgl. 305,30f.: Cunnewâre behauptet, ihr Herz habe Parzival erkannt.

[11] Laut Fritsch-Rößler (vgl. Lachen und Schlagen, S. 88) vollzieht sich hiermit eine Umkehrung von Herzeloyde Plan, Parzival dem Spott und der Schläge der Leute auszusetzen (vgl. 126,25-29). Es ist jedoch so, dass nicht Parzival geschlagen wird, sondern Cunnewâre. Keie züchtigt sie auch nicht, um zu spotten, sondern um sich gegen vermeintlichen Spott zu wehren. Dies unterstreicht Cunnewâres Pech: Das für Parzival „erhoffte“ Leid trifft sie.

[12] „Es ist auf König Artus’ Hof und in seine Burg so manch edler Mann geritten, bei dem Ihr es unterlassen habt zu lachen. Und nun lacht Ihr wegen eines Mannes, der kein ritterliches Benehmen zeigt.“

[13] Fritsch-Rößler, Lachen und Schlagen, S.85.

[14] Vgl. ebd., S. 87.

[15] Da sich prîs hier auf eine Frau bezieht, handelt es sich nicht um ritterliche Herrlichkeit, sondern um edles, auf den Verhaltenscodex adliger Frauen fußendes Ansehen. Daher wird werde[r] prîs[] mit „ehrenvollem Ansehen“ übersetzt.

[16] Vgl. Fritsch-Rößler, Lachen und Schlagen, S. 84.

[17] Vgl. Lienert, Diskursivität, S. 230 und Scheuble, mannes manheit, S. 100 und 315: Es fällt auf, dass die generelle Gewaltanwendung gegenüber Frauen nicht verurteilt wird. Die Kritik bezieht sich lediglich auf die Umstände, unter denen es geschehen ist.

[18] Auch diese Information dient vorrangig dem Rezipienten dazu, neue Informationen über bereits bekannte Figuren zu erhalten: Lähelin, das verrät Herzeloyde, hat Parzival zwei Länder geklaut und einen seiner Fürsten dabei getötet (vgl. 128,3-8). Orilus, dem Rezipienten bekannt durch die Züchtigung seiner Frau Jeschute, hat unter anderem Parzivals Vetter Schionatulander (vgl. 141,8f.) umgebracht. Somit stehen die beiden Brüder im starken Gegensatz zu ihrer Schwester Cunnewâre, die Gewalt erleiden muss anstatt welche auszuteilen. Die Differenz verstärkt sich noch durch Parzivals Mitleid mit Cunnewâre (vgl. 153,14-17), wohingegen er den Brüdern feindlich gesinnt ist.

[19] Vgl. Fritsch-Rößler, Lachen und Schlagen, S. 84f. Woher sollte Parzival auch ahnen, dass es sich um mehr als ein Begrüßungslachen gehalten hat (vgl. 158,26, 199,9 und 215,6)? Von dem prophetischen Charakter des Lachens wissen nur Orilus, Jeschute und der Rezipient.

[20] Vgl. Schu, Abenteuer, S. 228f. Mit der Anzahl der an den Hof geschickten Boten steigt auch ihre Bedeutsamkeit für Cunnewâre: Handelt es sich bei Kingrun um einen Seneschall, ist Clamide König und späterer Ehemann. Mit Orilus wird sogar ihr eigener Bruder zu ihr geschickt.

[21] „Du sollst dem König Artus in der Stadt meinen Dienst erbringen und auch meine große Schmach beklagen. Bringe ihm seinen goldenen Trinkbecher wieder. Ein Ritter hat mir gegenüber die Beherrschung verloren, indem er die Jungfrau schlug, weil sie mich mit ihrem Lachen bedachte.“

[22] juncvrouwe: 158,25 (Iwanet), 215,6 (Clamide) und magt: 198,26 (Kingrun), 267,15 (Orilus). Die Umschreibungen deuten an, dass Parzival Cunnewâres Namen gar nicht kennt. Vgl. dazu Green, Recognition, S. 67 und S. 131, Fußnote 127.

[23] „Und sage ihr, was auch immer mir geschehe, dass sie mich nie mehr froh sehen wird, bis ich sie gerächt habe, indem ich ein Schild durchsteche. […] Und dass ich nie mehr wiederkommen werde, bis ich mich von der Schande befreit habe, die ich gemeinsam mit ihr trage, die mir ihr Lachen geschenkt hat.“

[24] Anders argumentiert Green (vgl. ebd., S. 125f.): Er macht die Umschreibung Cunnewâres als magt dafür verantwortlich, dass Orilus nicht früher bemerkt, dass er zu seiner Schwester geschickt wird. Es hätte wahrscheinlich jedoch gereicht, das Lachen als Spezifikum der Frau zu nennen, um Orilus darauf aufmerksam zu machen.

[25] Das führt dazu, dass Orilus auch nicht erfährt, dass er so eben dem Ritter unterlegen ist, dem er zu Beginn des Romans noch eine Tjost angedroht hat (vgl. Wolfram, Stellenkommentar Parzival, S. 599 und Green, Recognition, S. 123f.).

[26] Auch hier spielt die Informationsvergabe eine wichtige Rolle: Orilus bietet Parzival Ländereien seines Bruders an (vgl. 266,21-26), ohne diesen jedoch bei seinem Namen – Lähelin – zu nennen. Wüsste Parzival, dass er den Bruder seines Erbfeinds vor sich hat, hätte er ihn nicht am Leben lassen können (vgl. Mohr, Epische Hintergründe, S. 147f.). So entgeht er dank seines Unwissens einer Tat, die Cunnewâre neues Leid zugefügt hätte.

[27] „Die Jungfrau freute sich darüber, dass derjenige, den man den Roten Ritter nannte, so zuverlässig ihr Leid beklagte.“

[28] Bumke, Höfische Kultur, S. 418.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Leid durch Lachen. Die Figur der Cunnewâre im "Parzival" Wolframs von Eschenbach
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Institut für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft)
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
26
Katalognummer
V187886
ISBN (eBook)
9783656113614
Dateigröße
586 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Parzival;, Frauen;, Figur;, Cunnewâre;, Wolfram;, Mediävistik;
Arbeit zitieren
Jana Aßmann (Autor:in), 2010, Leid durch Lachen. Die Figur der Cunnewâre im "Parzival" Wolframs von Eschenbach, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/187886

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