Die Darstellung des Koreakrieges anhand ausgewählter Artikel aus den Jahren 1950 bis 1953 im Nachrichtenmagazin TIME


Diplomarbeit, 2011

82 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Historischer Hintergrund
2.1 Kairoer Erklärung und US-Soviet Joint Commission
2.2 Die Entwicklung auf der koreanischen Halbinsel
2.2.1 Die Entwicklung im nördlichen Teil Koreas
2.2.2 Die Entwicklung im südlichen Teil des Landes
2.3 Politik der Eindämmung, Truman-Doktrin und NSC-
2.3.1 Red Scare

3 Chronologischer Überblick Korea-Krieg

4 Das Nachrichtenmagazin TIME

5 Die Darstellung des Kommunismus in TIME
5.1 Die Darstellung des Kommunismus als Staats- und Gesellschaftsordnung
5.2 Die Darstellung Joseph Stalins, Mao Zedongs und Kim Il-sungs
5.3 Die Darstellung kommunistischer Soldaten

6 Die Darstellung der USA und ihrer Verbündeten in TIME
6.1 Die Darstellung der USA
6.2 Die Darstellung MacArthurs
6.3 Die Darstellung US-amerikanischer und verbündeter Soldaten

7 Die Darstellung des Kriegsverlaufes

8 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Communism is the most monstrous cancer which ever attacked humanity, and we shall do our best, however feeble, to combat it at all times and all places.“

(Henry R. Luce zit. nach Brinkley 410)

Der Mann, der die vorstehenden Worte äußerte, war einer der beiden Gründer des Nachrichtenmagazins TIME. Das ab 1923 wöchentlich erscheinende Nachrichtenmagazin, dessen Auflage rasch wuchs, etablierte auf dem US-amerikanischen Markt der Printmedien einen neuen journalistischen Ansatz. Obwohl die unkonventionelle Schreibweise der Autoren auch Spott provozierte, bildete sich eine treue Leserschaft.

Im Juni 1950 brach auf der koreanischen Halbinsel ein bewaffneter Konflikt aus, nachdem nordkoreanische Truppen den 38. Breitengrad überschritten hatten. Dieser war im August 1945 als Grenze zwischen der sowjetischen und der US-amerikanischen Besatzungszone festgelegt worden. Bis 1948 hatten sich in beiden Besatzungszonen zwei eigenständige Staaten gebildet; im Norden die Demokratische Volksrepublik Korea unter dem kommunistisch geprägten Machthaber Kim Il-sung[1] und im Süden die Republik Korea unter dem kapitalistisch orientierten Staatschef Rhee Syng-man. Diese Teilung sollte eine Spaltung der koreanischen Halbinsel zementieren, die bis zum heutigen Tage besteht.

Ab etwa 1947 konnte in den USA eine stark zunehmende Angst vor einer kommunistischen Unterwanderung und einer weltweiten Ausbreitung des Kommunismus beobachtet werden. Diese Angst beeinflusste sowohl die Darstellung kommunistischer Länder in den Erzeugnissen der Presse als auch die Wahrnehmung der Leser[2] in starkem Maße. In den Artikeln des Nachrichtenmagazins TIME aus den Jahren 1950 bis 1953 tritt dies deutlich zu Tage.

Anhand dieser Artikel soll untersucht werden, wie die Darstellung des Koreakrieges in TIME aufgebaut war. Die Analyse soll sich dabei auf die Kriegsjahre 1950 bis 1953 beschränken. Da über die Auswirkungen der Berichterstattung in dieser Zeit nur Vermutungen angestellt werden können, bezieht sich die Analyse auf die sprachlichen Mittel, Argumentationsstränge und von TIME dargebotenen Erklärungen zu bestimmten politischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen.

Den ersten Teil dieser Arbeit bildet ein Überblick über den historischen Hintergrund jener Jahre und einer Übersicht über die Entwicklung im Norden und Süden der koreanischen Halbinsel bis zur Gründung der beiden selbstständigen Staaten. Ein Exkurs soll einen Einblick in die Kommunistenfurcht in den USA geben. Die Erwähnung dieser Furcht ist unabdingbar, bildet sie doch einen Teil des gesellschaftlichen Hintergrundes, vor dem die Berichterstattung jener Zeit stattfand. Schließlich folgt ein chronologischer Überblick über die Ereignisse während des Krieges.

Im zweiten Teil der Arbeit soll das Nachrichtenmagazin TIME vorgestellt werden. Das Augenmerk soll dabei auf den Besonderheiten des journalistischen Stils von TIME liegen. Es folgt eine Analyse der Darstellung der Staats- und Gesellschaftsordnung des Kommunismus sowie eine Analyse der Darstellung kommunistischer, US-amerikanischer und verbündeter Staatsoberhäupter und Soldaten in ausgewählten Artikeln aus den Jahren 1950 bis 1953.

Die anschließende Darstellung des Kriegsverlaufes folgt dem chronologischen Prinzip. Hierbei soll besonders auf wichtige Wendepunkte des Krieges, wie das Eingreifen der Chinesen oder das Überschreiten des 38. Breitengrades der UN-Truppen, eingegangen werden.

Aufgrund der Analyse soll schließlich die Frage beantwortet werden, welches Bild des Krieges und der gegnerischen Kriegsparteien in TIME gezeichnet wurde und welche Überzeugungen dieser Darstellung zugrunde lagen.

2 Historischer Hintergrund

2.1 Kairoer Erklärung und US-Soviet Joint Commission

In der Kairoer Erklärung war bereits am 27. November 1943 über die Zukunft Koreas entschieden worden. „The aforesaid three great powers, mindful of the enslavement of the people of Korea, are determined that in due course Korea shall become free and independent“ (Cairo Communiqué). Die vage Formulierung „in due course“ war von verschiedenen Seiten sehr unterschiedlich interpretiert worden. Viele Koreaner sahen in der Kairoer Erklärung den Willen der Alliierten formuliert, unmittelbar nach dem Ende der japanischen Kolonialherrschaft einen freien und unabhängigen koreanischen Staat errichten zu wollen (Kim Chun-gil 143). Es gab jedoch auch Stimmen, die einer unmittelbar folgenden Staatsgründung kritisch gegenüberstanden: „Those leaders who participated in the Cairo, Tehran, Yalta, and Potsdam Conferences . . . felt that Korea would not yet be ready for self-rule“ (Eberstadt und Ellings 53). Mit der Kapitulation des japanischen Kaiserreiches am 15. August 1945 endete dessen 35-jährige Kolonialherrschaft über die koreanische Halbinsel. Bereits wenige Tage später begannen sowjetische Truppen mit der Besetzung des nördlichen Teiles Koreas. Die Grenzziehung zwischen den beiden Besatzungszonen war am 14. August 1945 durch zwei US-amerikanische Militärberater erfolgt, die die Demarkationslinie entlang des 38. Breitengrades festgelegt hatten (Lee 2006 40). Vom 16. Dezember bis zum 26. Dezember 1945 fand in Moskau ein Treffen der Außenminister der USA, der Sowjetunion und Großbritanniens statt. James Francis Byrnes, Wjatscheslaw M. Molotow und Ernest Bevin erörterten dort, neben weiteren Themen, die Zukunft Koreas. Am 27. Dezember 1945 gaben sie im Sowjet-Anglo-American-Communique bekannt, Korea unter eine Viermächteverwaltung stellen zu wollen (Hosch 23). Zu diesem Zweck wurde eine US-Soviet Joint Commission geschaffen, die im Januar 1946 in Seoul zu Beratungen zusammenkam (Margulies und Peterson 185). Zu einer Einigung kam es dabei nicht. Lee schließt daraus wie folgt: „That this conference and the subsequent U.S.-USSR Joint Commission sessions of 1946 produced no substantial agreement and ended in failure bespeaks the fact that the Cold War was already brewing in Korea by early 1946“ (Lee 2006 86). Bis zum 6. Mai 1946 fanden 23 weitere Sitzungen der US-Soviet Joint Commission statt. Nachdem eine weitere Sitzung am 27. Mai 1947 ebenfalls ohne Ergebnis geblieben war, wurden die Beratungen auf unbestimmte Zeit vertagt (Edwards „Almanac“ 24). Sowohl die sowjetische als auch die US-amerikanische Seite ging daraufhin dazu über, die von ihnen besetzte Zone nach eigenen Vorstellungen zu formen.

2.2 Die Entwicklung auf der koreanischen Halbinsel

2.2.1 Die Entwicklung im nördlichen Teil Koreas

Bereits am 14. Oktober 1945 wurde in Pjöngjang das North Korean Bureau of the Korean Communist Party geschaffen (Edwards „Almanac“ 21). Im Dezember desselben Jahres wählte das North Korean Bureau of the Korean Communist Party Kim Il-sung, der zu den Gründungsmitgliedern zählte, zum Vorstand. Kim hatte zuvor, zwischen 1932 und 1940, in der Mandschurei gegen die japanischen Besatzer gekämpft. Unter Kim Il-sung, der bereits bei seiner Ankunft in Korea am 19. September 1945 als Held ehrenhaft empfangen worden war, wurde das North Korean Bureau of the Korean Communist Party zur Communist Party of Korea. Am 16. Februar 1946 wurde in China von Exil-Koreanern die New People's Party gegründet. Ihr Vorsitzender war Kim Tu-bong. Am 22. Juli 1946 entstand aus dem Zusammenschluss der New People's Party, der Communist Party of North Korea, der Democratic Party und der Party of Young Friends of the Celestial Way[3] die United Democratic National Front. Aus dieser formierte sich am 28. August 1946 die North Korean Worker's Party. Rund ein Jahr später, am 4. September 1947, lehnte die sowjetische Führung den US-amerikanischen Vorschlag einer Viermächtekonferenz ab, auf der die Wiedervereinigung Koreas diskutiert werden sollte. Nachdem der Minister George C. Marshall am 17. September 1947 die Koreafrage vor die Vereinten Nationen gebracht hatte, beschloss deren Generalversammlung am 14. November 1947 die Schaffung der United Nations Temporary Commission on Korea (UNTCOK). Diese sollte für die allgemeiner Wahlen auf der gesamten Halbinsel durchführen. Dieser Plan wurde gegen die Einwände der Sowjetunion beschlossen (Edwards „Almanac“ 26). Am 24. Januar 1948 wurde den Mitgliedern der UNTCOK der Zutritt in den nördlichen Teil Koreas verwehrt, so dass allgemeine Wahlen nur im südlichen Teil stattfinden konnten. Nachdem im Norden des Landes am 25. August 1948 die Wahl der Abgeordneten des Supreme People's Congress stattgefunden hatten und am 3. September die Verfassung der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVRK) verabschiedet worden war, erfolgte am 9. September 1948 schließlich die Proklamation der DVRK.

2.2.2 Die Entwicklung im südlichen Teil des Landes

Rhee Syng-man, der bereits 1911 aus Korea hatte fliehen müssen und daraufhin über 30 Jahre im Exil verbracht hatte, kehrte am 16. Oktober nach Seoul zurück. Er war bereits am 10. April 1919 zum Vorsitzenden des Korean Provisional Government gewählt worden, musste diesen Posten allerdings 1942 an Kim Gu abgeben (Edwards „Almanac“ 13). Ab dem 10. Mai 1948 ließ die UNTCOK im südlichen Teil des Landes allgemeine Wahlen durchführen. Gegen diese Maßnahme waren bereits am 3. April 1948 auf der Insel Jeju Aufstände ausgebrochen, gegen die das südkoreanische Militär und die Polizei „mit Unterstützung der amerikanischen Truppen mit Gewalt . . .“ (Kleßmann und Stöver 165) vorgegangen war. „In diesem Zusammenhang wurden 30.000 der 150.000 Einwohner der Insel der Kollaboration mit den Rebellen beschuldigt und getötet“ (165). Am 17. Juli 1948 trat schließlich die erste Verfassung der Republik Korea in Kraft. Rhee Syng-man wurde am selben Tag zum ersten Präsidenten dieser Republik gewählt. In seiner Ansprache zur Amtseinführung am 24. Juli desselben Jahres gab er als Ziel die Vereinigung von Nord- und Südkorea an und rief die nordkoreanische Führung auf, sich Südkorea anzuschließen (29). Am 14. August wurde die Souveränität von der US-amerikanischen Militärregierung auf die neu gegründete Republik Korea übertragen. Auch nach der Staatsgründung musste sich die Regierung in Seoul mit Aufständen auseinandersetzen; am 19. Oktober 1948 rebellierte ein Regiment der südkoreanischen Armee, dem ursprünglich die Aufgabe, kommunistische Rebellen auf der Insel Jeju ausfindig zu machen, zugeteilt worden war, in der südkoreanischen Stadt Yosu. Diese Aufstände riefen große Verunsicherung unter den südkoreanischen Bürgern hervor (Edwards „Almanac“ 30-1).

2.3 Politik der Eindämmung, Truman-Doktrin und NSC-68

Der Vorschlag einer Politik der Eindämmung (engl.: policy of containment) wurde erstmals von George F. Kennan, einem Diplomaten der USA, formuliert. Kennan hatte in einem Telegramm auf die Frage des Finanzministeriums der Vereinigten Staaten nach der wirtschaftlichen Lage der Sowjetunion geantwortet. Seine 8.000 Wörter umfassende Antwort ging weit über das Thema hinaus. Sie stellte die „Urfassung“ (Marquart-Bigmann 243) eines Artikels dar, den Kennan 1947 in der Februarausgabe des Magazines Foreign Affairs unter dem Pseudonym „X“ veröffentlichte. In diesem Artikel, der den Titel „The Sources of Soviet Conduct“ trug, analysierte Kennan den politischen Kurs der Sowjetunion und äußerte seine Einschätzung zur zukünftigen weltpolitischen Lage im Zeichen der Spannungen zwischen den USA und der Sowjetunion. Kennan strich die Unvereinbarkeit der Weltanschauungen beider Länder heraus: „The first of these concepts is that of the innate antagonism between capitalism and Socialism. . . . It must inevitably be assumed in Moscow that the aims of the capitalist world are antagonistic to the Soviet regime, and therefore to the interests of the peoples it controls“ (Kennan). Aufgrund der gegenläufigen Interessen der beiden Länder sah er große Spannungen voraus:

It must continue to expect that Soviet policies will reflect no abstract love of peace and stability, no real faith in the possibility of a permanent happy coexistence of the Socialist and the capitalist worlds, but rather a cautious, persistent pressure toward the disruption and weakening of all rival influence and rival power. (Kennan)

Für Kennan ergab sich aus dieser Schwierigkeit nur eine Lösung: „In these circumstances it is clear that the main element of any United States policy toward the Soviet Union must be that of long-term, patient but firm and vigilant containment of Russian expansive tendencies“ (Kennan). Der Einfluss dieses Vorschlages war enorm und die US-amerikanische Außenpolitik der darauffolgenden Jahrzehnte sollte durch ihn entscheidend geprägt werden.

Am 12. März 1947 hatte der US-amerikanische Präsident Harry S. Truman vor dem US-Kongress eine Rede zur Lage in Griechenland und der Türkei gehalten. Die grundlegenden Aussagen dieser Rede gingen als Truman-Doktrin in die Geschichte ein (Hanes und Hanes 23). In seiner Rede unterschied Truman deutlich zwischen zwei sich diametral entgegenstehenden Gesellschaftsformen:

At the present in world history nearly every nation must choose between alternative ways of life. The choice is too often not a free one. One way of life is based upon the will of the majority, and is distinguished by free institutions, representative government, free elections, guarantees of individual liberty, freedom of speech and religion, and freedom from political oppression. The second way of life is based upon the will of a minority forcibly imposed upon the majority. It relies upon terror and oppression, a controlled press and radio; fixed elections, and the suppression of personal freedoms. („Truman Doctrine“)

Die Truman-Doktrin stand am Beginn der US-amerikanischen Politik der Eindämmung kommunistischer Bestrebungen, das sowjetische Herrschaftsgebiet auszudehnen. Am 14. April 1950 wurde Präsident Truman vom Nationalen Sicherheitsrat ein Memorandum vorgelegt, dessen Inhalt die ideologische „Erweiterung der Truman-Doktrin“ (Ehlert und Rogg 61) bildete. In diesem Memorandum, das den Titel A Report to the National Security Council by the Executive Secretary on United States Objectives and Programs for National Security trug, war eine Einschätzung der sowjetischen Ziele erfolgt.

Das Ziel der sowjetischen Politik, so hieß es darin, sei die vollständige Subversion oder die gewaltsame Zerstörung der Regierungs- und Gesellschaftsstruktur in den Ländern der nichtsowjetischen Welt und deren Ersetzung durch ein System, das dem Kreml unterworfen sei und von ihm kontrolliert werde. (61)

In dem Memorandum, das auch als NSC-68 bekannt wurde, forderten die Autoren, auch angesichts der ersten erfolgreichen Zündung einer sowjetischen Atombombe im August 1949, eine massive US-amerikanische Aufrüstung (61). Das Memorandum NSC-68 gilt als eines der „Schlüsseldokumente des Kalten Krieges“ (Bierling 110) und wird von Hastedt als „strategic blueprint for containing Soviet expansion“ (Hastedt 102) bezeichnet. Die Angst, dass die Sowjetunion versuchen könnte, in weiteren Ländern kommunistische Gesellschaftsformen zu etablieren, um diese so kontrollieren zu können, prägte die Zeit des Kalten Krieges[4] bis in die 1990er Jahre. Bedingt war diese Angst sowohl durch politische Umstände, weitreichende Verschiebungen im Mächteverhältnis der Staaten der Welt, die Einteilung fast aller dieser Staaten[5] in einen der beiden Blöcke als auch durch gezielte Einflussnahme der Medien während dieser Zeit.

2.3.1 Red Scare

Nach dem zweiten Weltkrieg verbreitete sich zum zweiten Mal[6] in der Geschichte der USA eine antikommunistische Stimmung, die von einer vagen Furcht vor einer kommunistischen Infiltration des Landes begleitet wurde. Ihren Höhepunkt fand diese Entwicklung in den Anhörungen vor dem House Un-American Activities Committee (HUAC), denen sich US-Amerikaner stellen mussten, die kommunistischer Umtriebe bezichtigt worden waren. Die Furcht vor „kommunistischer Infiltration, kommunistischer Indoktrination, kommunistischer Subversion und der internationalen kommunistischen Konspiration“[7] (Kagan 120) wurde von der Aussage des Senators Joseph McCarthy noch verstärkt, der im Februar 1950 behauptete, 200 Kommunisten hätten das US-amerikanische Außenministerium infiltriert und arbeiteten dort mit der Duldung des Außenminister Dean Acheson. Diese Aussage provozierte einen Sturm der Entrüstung in der US-amerikanischen Öffentlichkeit (Toropov 127), aufgrund dessen sich der US-Kongress veranlasst sah, im September 1950 den vom republikanischen Senator Patrick Anthony McCarran initiierten Internal Security Act (auch McCarran Act) zu verabschieden (Raymond 289). Dieser sah die Registrierung aller sich in den USA befindlichen Kommunisten sowie deren Entfernung aus dem Umfeld des Militärs vor (Johnson 37). Bekannte Persönlichkeiten wie beispielsweise die Schauspieler Humphrey Bogart, Elia Kazan und James Cagney oder der Schriftsteller Arthur Miller gerieten so in die Schusslinie derer, die verbissen gegen eine kommunistische Unterwanderung kämpften (Bloom 128; Golway 5). Die Furcht vor dem Kommunismus durchdrang viele Bereiche des Lebens der US-Bürger und nahm mitunter bizarre Züge an. Es entstanden cineastische Machwerke teils zweifelhafter Qualität, die mit klingenden Titeln wie The Red Menace (1949), The Red Danube (1949), I Was a Communist for the FBI (1951) oder The Day the World Ended (1955) versehen wurden (Hayward 432). 1947 erschien in dem Magazin Look ein Artikel, der den US-Bürgern eine Anleitung bot, wie man Kommunisten erkennen könne. Der Titel dieses Artikels lautete „How to Spot a Communist“ (Engelhardt 116). 1954 benannte sich die Baseballmannschaft Cincinnati Reds um, da man Assoziationen mit dem Kommunismus vermeiden wollte (Batesel 188). In einer Zeit, die von einer derartigen Paranoia geprägt war, erschien der Ausbruch des Koreakrieges vielen Menschen als zusätzliche Bestätigung ihrer Ängste vor einer Ausbreitung des Kommunismus auf der Welt.

3 Chronologischer Überblick Korea-Krieg

Der Korea-Krieg nahm seinen Anfang im Morgengrauen des 25. Juni 1950, als nordkoreanische Truppen den 38. Breitengrad überschritten. Dieser war bereits 1945 als Grenze zwischen der US-amerikanischen und der sowjetischen Besatzungszone festgelegt worden. Bereits drei Tage nach dem Überschreiten der Grenze gelang es nordkoreanischen Truppen, die südkoreanische Hauptstadt Seoul einzunehmen. Am 8. Juli 1950 wurde General Douglas MacArthur vom amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman zum Oberbefehlshaber der UN-Streitkräfte in Korea ernannt. Unter dem Kommando MacArthurs landete am 15. September 1950 eine 70.000 Mann starke Truppe der UN-Streitkräfte an den Stränden Incheons und der etwa einen Kilometer entfernten Insel Wolmi-Do. Neben den US-amerikanischen und den südkoreanischen Truppen nahmen an dieser Landung auch Einheiten aus Australien, Kanada, Neuseeland, Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien teil. Die Operation Chromite, so der Codename dieser Landung, stellte die erste bedeutende Wende im Korea-Krieg dar. In den darauffolgenden Tagen gelang es den UN-Streitkräften den nordkoreanischen Gegner so weit zurückzudrängen, dass General MacArthur am 26. September 1950 Seoul für befreit erklären konnte. Am 1. Oktober 1950 überschritten die ersten südkoreanischen Soldaten den 38. Breitengrad. Die Eroberung Nordkoreas durch die UN-Streitkräfte erfolgte vom 7. Oktober[8] bis zum 28. November 1950. So konnte am 19. Oktober 1950 die Eroberung der Hauptstadt Nordkoreas, Pjöngjang, durch die UN-Streitkräfte vermeldet werden. Der 26. Oktober 1950 markiert einen weiteren Wendepunkt des Koreakrieges. An diesem Tag überschritten UN-Truppen den chinesischen Grenzfluss Yalu im äußersten Norden der Halbinsel (Edwards „Almanac“ 39-123). Daraufhin entsandte das Staatsoberhaupt der Volksrepublik China, Mao Zedong, Truppen, deren Stärke Schätzungen zufolge zwischen 300.000 und 1 Million Mann betrug (Pearlman 125). Vom 26. November bis zum 13. Dezember 1950 kämpften die UN-Streitkräfte am nordkoreanischen Changjin-Stausee gegen zahlenmäßig weit überlegene chinesische Truppen. Diese Kämpfe wurden später bekannt als Schlacht um das Chosin-Reservoir[9]. Sowohl die UN-Streitkräfte als auch die chinesische und nordkoreanische Armee hatten nach dieser Schlacht enorme Verluste zu beklagen. Ab dem 1. Januar 1951 starteten die chinesischen und nordkoreanischen Truppen eine Gegenoffensive, die es ihnen ermöglichte, am 4. Januar 1951 Seoul zurückzuerobern. Am 14. März jedoch konnte die Hauptstadt erneut von den UN-Streitkräften besetzt werden. Ab diesem Zeitpunkt erstarrte der Konflikt auf der koreanischen Halbinsel und wurde zu einem Stellungskrieg, der entlang des 38. Breitengrades ausgetragen wurde und bis zum Waffenstillstandsabkommen im Juli 1953 andauerte. Am 11. April 1951 wurde General Douglas MacArthur wegen Insubordination seines Postens enthoben (Hastedt 74). Zu seinem Nachfolger ernannte Präsident Truman Matthew Ridgway, der bis zu diesem Zeitpunkt das Kommando über die 8. US-Armee in Korea gehabt hatte. Am 10. Juli 1951 fanden im nordkoreanischen Kaesong die ersten Waffenstillstandsverhandlungen des Koreakrieges statt. Die gegnerischen Seiten kamen zu diesem Zeitpunkt allerdings zu keinem Ergebnis. Vom 13. September bis zum 15. Oktober 1951 fand schließlich die letzte große Schlacht des Krieges in einer Bergkette einige Kilometer nördlich des 38. Breitengrades statt. Diese Kämpfe, die später als Schlacht von Heartbreak Ridge bekannt wurden, forderten auf der Seite der UN-Streitkräfte etwa 3.700 und auf der gegnerischen Seite etwa 25.000 Tote und Verwundete. Vom 11. Juli bis zum 27. August 1952 erfolgten massive Luftangriffe der United States Air Force auf nordkoreanische Stellungen (Edwards 2010: 13). Das Ergebnis dieser Angriffe beschreibt Cumings wie folgt: „By 1952, just about everything in northern and central Korea was completely leveled“ (Selden, So 75). Zwei Jahre und siebzehn Tage nach den ersten Waffenstillstandsverhandlungen wurde schließlich am 27. Juli 1953 in der militärischen Siedlung Panmunjeom ein Waffenstillstandsabkommen zwischen der UNO und der Demokratischen Volksrepublik Korea geschlossen. Man einigte sich auf die Einrichtung einer vier Kilometer breiten entmilitarisierten Zone (demilitarized zone; DMZ), in deren Mitte die Grenze zwischen den beiden Staaten verlaufen sollte (Edwards „Almanac“ 123-424). Die DMZ existiert bis heute und zählt zu den am strengsten bewachten und undurchlässigsten Grenzregionen der Welt (Bernabeo 885). Trotz des unterzeichneten Waffenstillstandsabkommens wurde zwischen Nord- und Südkorea nie ein Friedensvertrag geschlossen. So befinden sich die beiden Staaten bis heute formell immer noch im Kriegszustand. Über die Anzahl der Opfer, die der Koreakrieg forderte, herrscht Uneinigkeit. In unterschiedlichen Publikationen sind Werte zwischen etwa 2 Millionen und 4,5 Millionen zu finden[10]. Einige Autoren geben für die Opfer unter der Zivilbevölkerung den Wert von 2 Millionen in Nord- und Südkorea an[11]. Auch die infrastrukturellen Schäden in den beiden Koreas waren enorm. Yi schreibt hierzu: „The Korean War almost completely wiped out Korea’s production facilities and infant infrastructure“ (Yi 17).

4 Das Nachrichtenmagazin TIME

Das Nachrichtenmagazin TIME wurde am 3. März 1923 von Briton Hadden und Henry Robinson Luce gegründet. Hadden und Luce hatten sich bereits 1915 auf der renommierten Hotchkiss School in Lakeville, Connecticut kennengelernt, wo sie als Herausgeber zweier konkurrierender Schulzeitschriften in scharfem, aber freundschaftlichem Wettbewerb standen. 1917 wurden die beiden Herausgeber an der Yale University in New Haven, Connecticut, zu engen Freunden. Nachdem sie einige Jahre lang Erfahrungen bei verschiedenen Zeitungen gesammelt hatten, gelang es ihnen, sich etwa 86.000 US-Dollar zu leihen. Ein großer Teil des Geldes stammte von ehemaligen Kommilitonen der Yale University (Magnus 14). „Nach vielen Mühen und der Überwindung großer Schwierigkeiten erschien schließlich am 2. März 1923, 16 Uhr, die erste Ausgabe von ‘TIME. The weekly newsmagazine’ mit einer Auflage von 12.000 Exemplaren, von denen 9.000 im Abonnement verkauft wurden. Als Erscheinungstag aber gilt der 3. März 1923“ (14). Bereits vom ersten Erscheinungstag an war der besondere Schreibstil aufgefallen, der von Briton Hadden geprägt wurde. In den USA wurde der Stil als Timestyle oder Timese bekannt. „Entscheidende Merkmale des Timestyle waren Anhäufungen deskriptiver Adjektive und umgekehrte Sätze. Auch wurden Wörter zusammengesetzt, wobei Teile der ursprünglichen zwei Wörter wegfielen“ (19). Im Literary Companion Dictionary kann man zur Beschreibung dieses Stils die folgende Eintragung finden:

The characteristically heady and melodramatically compressed prose style of Time magazine, with particular reference to its zesty verbs, marshaled characterizing adjectives and hyphenated compound words, clever coinage and puns and above all (formerly) the frequent use of verbs at the beginnings of sentences and hence inverted syntax[12] (Grambs 369).

Der Timestyle ist „heute [aber] nur noch in stark abgeschwächter Form in TIME zu finden“ (Magnus 19). Laut Magnus wiesen „die volkstümliche Sprache und die ausführlichen Erklärungen zu jeder Nachricht . . . deutlich darauf hin . . .“, dass sich das Magazin „an eine breite, unbegrenzte Öffentlichkeit, d.h., an alle sozialen und bildungsmäßigen Schichten . . .“ richtete (121). Mit Verweis auf Martin wird jedoch behauptet, dass „Wissen und Bildung der TIME-Leser über dem Durchschnitt“ lägen. „Laut der Markt-Studie Mendelsohn Affluent Survey für das Jahr 2002 weist TIME unter den US-amerikanischen Nachrichtenmagazinen . . . die bestverdienende Leserschaft auf. . . . Ein großer Prozentsatz ist sehr gut ausgebildet. . . . 17,1% der TIME -Leser können laut dieser Untersuchung dem Top-Management zugerechnet werden“ (Wolf 251). Verschiedentlich wird in Publikationen die Überzeugung geäußert, Luce und Hadden hätten mit TIME das Konzept des Nachrichtenmagazins erfunden[13]. In der Encyclopedia of Journalism wird diese Einschätzung allerdings relativiert: „But depending how one defines the genre, TIME was not the first such weekly – that honor would seem to go to Britain’s Economist, which dates to the 1840s“ (Sterling 1006).

Luce und Hadden waren davon überzeugt, dass die US-amerikanischen Leser trotz eines breiten Spektrums an Publikationen unzureichend informiert waren (Magnus 12). Diesem Notstand wollten die Herausgeber mit einem besonderen Konzept entgegenwirken. Dieses Konzept sah die wöchentliche Zusammenfassung wichtiger Nachrichten sowie deren „Erklärung“ vor (Vaughn 529). Das Problem mangelnder Neutralität wurde laut Magnus in einem von Luce und Hadden verfassten „Prospectus“ erläutert (Magnus 12): „The editors recognize that complete neutrality on public questions and important news is probably as undesirable as it is impossible, and are therefore ready to acknowledge certain prejudices which may in varying measure predetermine their opinions on the news“ (13). Noch deutlicher wird der Standpunkt des Nachrichtenmagazins in einem Nachruf auf Luce in der Zeitung The New York Times. Diese zitierte Luce mit den Worten: „We tell the truth as we see it . . . Show me a man who claims he is objective . . . and I'll show you a man with illusions.“ (Whitman). Die Herausgeber verfolgten das Konzept des „group journalism“, das ihnen eine gewisse Kontrolle sicherte (Lentz 9). Dieses Konzept wurde 1968 von einem bei Luce angestellten Journalisten wie folgt beschrieben: „The correspondent reports it, the researcher checks it, the writer writes it, the senior editor checks it, and the top editor disposes of it both ideologically and mechanically“ (9). Der „group journalism“[14] ist der Grund für die bis in die 1980er Jahre fehlende Verfasserzeile in TIME (Shin und Ahrens). In den 1920er und 1930er Jahren bezog das Nachrichtenmagazin noch selten politische Positionen. Dies änderte sich allerdings in den darauffolgenden Jahren und die persönlichen Ansichten des Herausgebers Luce sollten immer mehr in die Berichterstattung in TIME einfließen, ein Merkmal, das charakterisierend für das Nachrichtenmagazin werden sollte (Brinkley 155). Zur politischen Einstellung Luces schreibt Siracusa: „Henry R. Luce, an internationalist Republican and firm anticommunist“ (Siracusa 283). 1948 sagte der Chefredakteur Whittaker Chambers, der seit 1939 für TIME gearbeitet hatte, vor dem HUAC aus. Er beschuldigte den ehemaligen Angestellten im US-amerikanischen Außenministerium Alger Hiss, 1930 Mitglied in einem kommunistischen Spionagering gewesen zu sein (Toropov 30). Als bekannt wurde, dass Chambers, der seine antikommunistischen Ansichten häufig mit besonderer Schärfe formuliert hatte (Brinkley 336), früher selbst Mitglied der kommunistischen Partei gewesen war, brachte dies einige Unannehmlichkeiten für das Nachrichtenmagazin mit sich (410). Luce hatte schon 1946 damit begonnen, Mitarbeiter, die mit dem Kommunismus sympathisierten, aus seiner Redaktion zu entfernen (411).

Obwohl die 1950er Jahre in den USA durch die Einführung eines neuen Mediums gekennzeichnet sind, blieben die Printmedien vorerst als Primärquelle der Informationsbeschaffung bestehen („Tightening Newspaper Market“); 1950 fand sich in weniger als 10% der US-amerikanischen Haushalte ein Fernsehgerät[15] (Ott 7). Im Oktober 1950 gab TIME eine Auflagenhöhe von 1.600.000 an („A Letter From The Publisher, Oct. 23, 1950“).

5 Die Darstellung des Kommunismus in TIME

5.1 Die Darstellung des Kommunismus als Staats- und Gesellschaftsordnung

Bei der Untersuchung der Darstellung des Kommunismus als Staats- und Gesellschaftsordnung ist in den Artikeln in TIME aus den Jahren 1950 bis 1953 eine starke und beständige antikommunistische Haltung erkennbar. Dabei dürfen die Berichterstattung jener Zeit zweifelsohne prägende Ereignisse in ihren Auswirkungen sowohl auf die mediale Berichterstattung wie auch auf die öffentliche Meinung nicht unterschätzt werden. Nennenswert sind in diesem Zusammenhang beispielsweise die Proklamation der Volksrepublik China unter Mao Zedong am 1. Oktober 1949, die Blockade West-Berlins durch die Sowjetunion vom Juni 1948 bis zum Mai 1949, die Zementierung der Teilung Deutschlands, die in den USA um sich greifende Furcht vor einer kommunistischen Unterwanderung des Landes sowie die Herausbildung einer bipolaren Weltordnung. Allen untersuchten Artikeln aus den Jahren 1950 bis 1953 ist ein besorgter Unterton, die Ausbreitung des Kommunismus betreffend, eigen. Deutlich bringt TIME die Furcht vor unzureichenden Mitteln der Verteidigung gegen den „kommunistischen Aggressor“ zum Ausdruck. Die Bedrohung durch den Kommunismus scheint in TIME weltumfassend und permanent vorhanden: „The Communist intention to destroy what order existed in the rest of the world had been plainly published and implacably pursued“ („In the Cause of Peace“). Die Intention der Kommunisten wird hier auf die Zerstörung einer vorhandenen, aus Sicht des Nachrichtenmagazins einwandfrei funktionierenden Staats- und Gesellschaftsordnung, die in diesem Fall die kapitalistische der USA meint, reduziert. Die Stoßrichtung der angeblichen kommunistischen Zerstörungswut verdeutlicht Brinkley: „Soviet Russia was, Time noted, the self-proclaimed ‘graveyard of capitalism’“ (Brinkley 159). Dabei wurde den Kommunisten häufig auch eine gewisse Undurchsichtigkeit bescheinigt.So schrieb TIME am 9. April 1951 in dem Artikel „War: INSIDE RED CHINA“: „Like Communists everywhere, Red China’s rulers try to shield themselves from the view of the non-Communist world“ („War: Inside Red China“). An anderer Stelle wurde das Ziel der Kommunisten mit dem Ausdruck „world domination“ benannt („POLICIES & PRINCIPALS: Show of Purpose“). Die kommunistisch regierten Länder werden den Lesern als undurchschaubar und folglich unberechenbar präsentiert, ein Umstand, der die Angst der Leser vor dem Unbekannten noch verstärkt haben dürfte.

Am 10. Juli 1950 schrieb TIME: „In Korea – as in China, Indo-China, Malaya, and Burma – native Communists, shouting slogans of freedom and independence, were forging for their people heavier chains of slavery than even Asia had known“ („Over the Mountains: Mountains“). Der Vergleich des Kommunismus mit der Sklaverei erscheint aus heutiger Sicht erstaunlich, waren in den USA selbst doch längst nicht alle Folgen dieser Institution beseitigt und die Rassentrennung nach dem Grundsatz „seperate but equal“ zumindest in den Südstaaten der USA immer noch präsent. Fousek schreibt hierzu: „To most African Americans in the late 1940s, the division between free and unfree, globally as well as domestically, still fell along the color line more than the Iron Curtain“ (Fousek 132). Nichtsdestotrotz dient dieser Vergleich der Charakterisierung eines Systems, in dem starke Abhängigkeitsverhältnisse herrschen. Hier stellt TIME die „Parolen rufenden Kommunisten“ als Lügner dar, die entgegen ihren wahren Absichten Freiheit und Unabhängigkeit propagieren („Over the Mountains: Mountains“). Diese Darstellung wiederum suggeriert dem Leser, dass eine Verbindung zwischen den Begriffen „Kommunismus“ und „Unfreiheit“ besteht, während das US-amerikanische System in der Schlussfolgerung an den Begriff „frei“ gebunden wird.

5.2 Die Darstellung Joseph Stalins, Mao Zedongs und Kim Il-sungs

Bei der Berichtserstattung über die kommunistischen Führer Joseph Stalin, Mao Zedong und Kim Il-sung flossen in die Kritik von TIME regelmäßig abwertende und beleidigende Anmerkungen mit ein. Brinkley schreibt dazu: „Stalin was of great interest to Time, as all great and powerful men were. But in most cases the magazine had great difficulty concealing its contempt“ (Brinkley 159).

Am 17. Juli 1950 erschien in TIME ein Artikel mit dem Titel „War: The Cat in the Kremlin“, der sich der Person Joseph Stalin widmete. Nachdem in diesem Artikel eingangs Fragen nach der Entwicklung des Krieges in Korea gestellt wurden – nicht ohne auch die Möglichkeit eines atomaren Krieges zu erwähnen – wurde für die Beantwortung derselben auf den Kreml verwiesen: „The answer was buried in the mind of a grey, catlike old man behind the walls of the Kremlin“ („War: The Cat in the Kremlin“). Die Entscheidung über den Ausgang des Konfliktes liegt laut TIME folglich ganz in Stalins Händen. Weiterhin fragt TIME: „Would the cat in the Kremlin jump again? If he did, where and how would he strike? Or could he again be made to purr benignly in the role that had persuaded a lot of Americans (who would now like to bite their tongues off) to call him, fondly, Uncle Joe?“[16] („Cat“). Im letzten Satz des Zitates prangert TIME die Gutgläubigkeit vieler US-Amerikaner an, die der Rolle Stalins als „nettem Onkel“ vertraut und seine Person so unterschätzt hätten. Beim Betrachten des Artikels ist der mehrfache Gebrauch katzenartiger Eigenschaften bei der Beschreibung Stalins auffällig. Katzen werden gemeinhin als unter anderem berechnend, hinterhältig, einzelgängerisch und geschickt bezeichnet (Singer 441). Durch den Vergleich Stalins mit einer Katze überträgt der Leser die oben genannten Eigenschaften auf die Persönlichkeit Stalins. TIME kann auch passende „Spielzeuge“ für die „Katze“ ausmachen: „The West’s experts on the Communist mind try to imagine themselves in the Kremlin and look around the world from there, trying to see the world through Stalin’s cat’s eyes. The main mice in sight: Indo-China, Iran, Turkey, Yugoslavia, Germany“ („War: The Cat in the Kremlin“)[17]. Einige Abschnitte später geht TIME auf die Rolle Stalins unter den Kommunisten der Welt ein, bei denen eine bestimmte Hierarchie zu bestehen scheint. Es folgt die Begründung für Stalins Stellung an der Spitze dieser Hierarchie: „Stalin is the No. 1 Communist not merely because he has the top job but because he himself is in a notably advanced stage of Communism; in the language of the syphiologist, he might be called a tertiary Communist“ („Cat“). In besonderem Maße abwertend ist hierbei die Anspielung auf die Geschlechtskrankheit Syphilis, die zudem im genannten tertiären Stadium das zentrale Nervensystem des Erkrankten zerstören kann. Der Ideologie des Kommunismus als Staats- und Gesellschaftstheorie werden so Eigenschaften einer übertragbaren Krankheit zugeschrieben. Des Weiteren finden Stalins Kindheit, die durch seinen alkoholabhängigen Vater geprägt worden sei, sowie Stalins Rolle als Polizeispitzel Erwähnung. TIME nimmt dabei Bezug auf Quellen, deren Identität verborgen bleibt. Den Lesern von TIME wird so eine Verbindung der Person Joseph Stalins mit Krankheit und ferner dem Tod suggeriert. Auch die mehreren Millionen Opfer, die die Zwangskollektivierung ab 1928 und der „Große Terror“ zwischen 1936 und 1938 forderten, werden angesprochen. Der Tod von Stalins zweiter Ehefrau Nadescha Allilujewa wird, wiederum unter Verweis auf nicht näher genannte Quellen, Stalin zur Last gelegt. Dies unterstreicht, neben der Erwähnung Millionen Toter, Stalins Grausamkeit. TIME fügte hinzu: „The story is not told to hang another murder on Stalin; one more would hardly affect the balance. The point is that Stalin’s country is the kind of place where a lot of people can believe that the ruler killed his own wife, yet nobody can do anything about it“ („Cat“). Stalins Skrupellosigkeit und Mordlust wird eine Masse sowjetischer Bürger gegenübergestellt, die den grausamen Auswüchsen eines unterdrückerischen Systems ohnmächtig ausgeliefert ist. Schließlich wird im Artikel die Rolle der Finnen hervorgehoben, die sich nicht von Stalin hätten täuschen lassen: „Finland knows Stalin too well to be deceived by the twinkling Uncle Joe act“ („Cat“). TIME zeichnet hier das Bild eines janusköpfigen Politikers, dessen Zwiespältigkeit die Täuschung der Weltöffentlichkeit zum Ziel hatte. Für TIME steht fest, dass nur eine der Persönlichkeiten Stalins dem wahren Wesen des Oberbefehlshabers der Roten Armee entsprechen kann, nämlich die des Machtpolitikers mit Kalkül. Diese Einschätzung wird auch im folgenden Zitat explizit deutlich gemacht: „Stalin & Co.‘s evil and their power were of the mind, not of the emotions. Their calculations were as cold as the Volga in February, as dry as a page of Marx“ („Cat“). Die mit absoluter Gefühlskälte einhergehende Zielstrebigkeit, die durch eine derartige Darstellung suggeriert wird, verstärkt sich bei der weiteren Lektüre des Artikels noch:

They belonged to a new profession, the careerists of absolute power. They had the pursuit of power worked out like a textbook on surgery, and they followed it with a surgeon’s icy concentration. This did not mean that they were infallible; they often blundered. But they never panicked, they never acted on impulse, and they never relented. („Cat“)

Auch Winston Churchills Bezeichnung der „Männer im Kreml“ wird von TIME aufgenommen: „The keenest political observer alive in the 20th century, in a typical Curchillian phrase, once privately called the men in the Kremlin ‘those ruthless and bloody-minded professors’“ („Cat“). Der zwiespältigen Faszination, die eine derart eiskalt berechnende Persönlichkeit ausstrahlt, kann sich nicht einmal TIME ganz entziehen. So wird angemerkt: „Stalin & Co. might, in a sense, be mad; but they played excellent chess“ („Cat“). Die Einschätzung Stalins als hinterlistig und berechnend wird im letzten Satz des Artikels noch einmal verstärkt. indem die Bemerkung eines französischen Beobachters von TIME „sehr frei“ mit „When the cat purrs, it’s about to pounce“ („Cat“) übersetzt wird. Am 16. März 1953, elf Tage nach Stalins Tod, erschien in TIME ein Artikel mit dem bezeichnenden Titel „Death In The Kremlin: Killer of the Masses“, der einen Rückblick auf Stalins Werdegang bot. TIME schrieb:

Joseph Stalin never gave up killing people. It was always necessary in the kind of regime he ran. He killed until he died. He killed methodically, almost as if to say: nothing personal, merely inevitable. … In the outer world, in those days, many intellectuals excused Stalin's methodical slaughter as a necessary first step toward a Communist paradise on earth. („Death In The Kremlin: Killer of the Masses“)

Der dreimalige Gebrauch des Verbes „to kill“ wird in diesem Abschnitt des Artikels mit den Adjektiven „inevitable“ und „necessary“ versehen. Dadurch wird dem Leser eine Gesetzmäßigkeit suggeriert, die die Person Stalins und daraus abgeleitet auch die Ideologie des Kommunismus mit dem Akt des Tötens von Menschen verbindet. Des Weiteren wird „methodisches Abschlachten“ von Menschen mit der Erlangung eines „kommunistischen Paradieses“ verknüpft. Die enorme moralische Gegensätzlichkeit, die in der Verwendung der Wörter „slaughter“ und „paradise“ zum Ausdruck kommt, scheint nur der anti-kommunistischen, westlichen Welt zugänglich zu sein, während eine derartige Vorgehensweise durch die Wortwahl in TIME in der kommunistischen Welt als notwendiges und gleichzeitig nebensächliches Übel dargestellt wird. Die zur Ausübung derart grauenvoller Taten notwendige Gefühlskälte ist laut TIME bei Stalin durchaus gegeben: „But, listening to Lenin's cold, hard logic, Stalin became a devoted disciple. A cold and careful mind responded to a cold and brilliant mind“ („Killer“).

Stalins äußeres Erscheinungsbild wird von TIME wie folgt beschrieben:

Stalin was a small, unhandsome man. Visitors were always surprised he was so short, guessed his height at 5 ft. 4 in., his weight from 150 Ibs. to 190 Ibs. His complexion was swarthy, sometimes yellowish, and his face was lightly pitted from a childhood smallpox. His hair was grey and stiff as a badger's, his mustache white. His expression was usually sardonic, his rare smile saturnine. When he laughed loudly he exposed a mouth full of teeth – jagged, yellow teeth – and the sound of his laughter was a controlled, relaxed, hissing chuckle. („Killer“)

Hier erfolgt die Beschreibung der Person mittels negativ besetzter Adjektive, die einzig der Herabwürdigung der Person Stalins dienen und im Leser die Ablehnung derselben hervorrufen sollen. Dies ist auch im folgenden Satz der Fall: „In the ruthless quarrel over the succession, Stalin showed his cold genius as a political boss: patience to wait, sureness in striking“ („Killer“). Hier wird dem Bild Stalins als „Genie“ erneut der Begriff der „Kälte“ zugeordnet. TIME schließt den Artikel mit den Worten „Stalin’s empire . . . was the largest empire ever put together by any one man, and at his death it was still intact – except that it no longer had Stalin, a man of ceaseless evil and immense success“ („Killer“).

Die Autoren verwiesen in TIME auch oft auf eine unter Kommunisten verbreitete Faszination für westliche, meist US-amerikanische, Waren und Lebensweisen. Dies ist beispielsweise der Fall im Artikel „War: Substantial Citizens“, in dem das sowjetische Kommissariat in Pjöngjang beschrieben wird:

On the city’s main thoroughfare the Russians maintained their own commissary, a steel-shuttered building crammed with excellent wines, vodkas, caviar and cosmetics. In their embassy itself we found expensive radios and photographic equipment, heavy silver ashtrays and a completely cooked meal which the Russians never got to eat. („War: Substantial Citizens“)

Das Bild, das TIME hier im Leser hervorruft, ist das einer egoistischen, raffgierigen Elite, die sich in ihren Privatgemächern der Völlerei hingibt, während die Untertanen in armseligen Behausungen darum kämpfen müssen, sich ausreichend ernähren zu können. Bei der Darstellung von Stalin dürfte sich wohl auch der Personenkult, der sich um den „Stählernen“ entwickelt hatte, für das Nachrichtenmagazin vorteilhaft gewesen sein. So schreibt Brinkley: „Stalin himself was a reflection of the darkness and mystery that characterized his nation: a man shrouded

by a ‘taciturnity without beginning, without end’“ (Brinkley 159).

[...]


[1] In der vorliegenden Arbeit erscheinen unterschiedliche Schreibweisen koreanischer und chinesischer Namen von Personen und Orten (etwa Mao Tse-tung und Mao Zedong). Der Grund dafür ist eine Umstellung des chinesischen Systems in den 1960er Jahren und des koreanischen Systems im Jahr 2000.

[2] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Arbeit auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten gleichermaßen für beide Geschlechter.

[3] Die Party of Young Friends of the Celestial Way vereinigte die Mitglieder einer religiösen Sekte, die zu dieser Zeit in Korea einen gewissen Einfluss hatte (Lankov 22).

[4] Der Begriff Kalter Krieg bezeichnet „the open yet restricted rivalry that developed after World War II between the United States and the Soviet Union and their respective allies“ („Cold War“) und wurde von dem Finanzier Bernard Baruch geprägt, der ihn in einer Ansprache 1947 verwendete (Kleßmann und Stöver 29).

[5] Zu den neutralen Staaten zählten beispielsweise Schweden, Finnland, Österreich, die Schweiz und Irland (Vanden Berghe 157).

[6] Bereits 1917 war es in den USA zu einer Red Scare gekommen.

[7] Stanley Kubrick ließ in in seinem 1964 erschienenen Film „Dr Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb“ die Figur des verrückt gewordenen Generals Jack Ripper die folgenden Worte äußern: „I can no longer allow Communist infiltration, Communist indoctrination, Communist subversion, and the international Communist Conspiracy … to sap and impurify all of our precious bodily fluids“ (Kagan 120). Dieser Satz verdeutlicht auf satirisch zugespitzte Weise die in der Zeit der Red Scare um sich greifenden Ängste vor einer kommunistischen Unterwanderung der US-amerikanischen Bevölkerung.

[8] Die zeitliche Verschiebung des Überschreitens der Grenzlinie seitens der UN-Truppen ergab sich aus der Tatsache, dass dies durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen erst am 7. Oktober autorisiert wurde (Edwards „Almanac“ 112).

[9] Die unterschiedliche Bezeichnung des Stausees ist der Tatsache geschuldet, dass der japanische Name „Chosin“, der alten japanischen Militärkarten entnommen worden war, von den US-Amerikanern zur Bezeichnung der Schlacht übernommen wurde (Hosch 34). Es existieren Quellen, in denen die Behauptung aufgestellt wird, dass der japanische Name „Chosin“ dem koreanischen Namen „Changjin“ vorgezogen wurde, weil sich der Name „Chosin“ auf das englische Wort „frozen“ reime. Die Kämpfe fanden bei eisigen Temperaturen statt (Rice 100-2).

[10] So etwa bei Issermann 120, Ross 270, Kaufman 15

[11] So etwa bei Issermann 120, Kleßmann und Stöver 161

[12] Der Gebrauch der invertierten Satzstellung veranlasste den US-amerikanischen Humoristen und Autor Wolcott Gibbs, der für das Magazin The New Yorker schrieb, den Stil des Nachrichtenmagazins TIME folgendermaßen darzustellen: „Backward ran sentences until reeled the mind.“ Der Artikel schloss mit den Worten „Where it all will end, knows God“ (Fryxell 237) .

[13] etwa bei Magnus 10, Hiebert und Gibbons 62

[14] Die fehlenden Verfasserzeilen und das Konzept des „group journalism“ sind der Grund für eine, die Autorenschaft betreffend, personifizierte Schreibweise in der vorliegenden Arbeit. Um eine bessere Lesbarkeit zu gewährleisten, soll auf Formulierungen wie „Die Autoren des Artikels schrieben…“ verzichtet werden. Stattdessen soll zu Formulierungen wie „ TIME schrieb…“ gegriffen werden.

[15] „That number had risen to nearly 90 percent by the end of the decade“ (Ott 7).

[16] 1943 veränderte sich angesichts der militärischen Lage das Bild Stalins als rücksichtslosem Diktator in der US-amerikanischen Gesellschaft und wurde durch das Bild des wohlwollenden „Uncle Joe“ ersetzt. Präsident Roosevelt benutzte den Ausdruck „Uncle Joe“, die Presse griff diesen Ausdruck auf und er verbreitete sich im US-amerikanischen Volk (Kaplan 5).

[17] Die Darstellung Stalins als Katze war über die Grenzen der TIME -Redaktion hinaus verbreitet. So finden sich beispielsweise Karikaturen, die Stalin als Katze darstellen (Szewczuk; Marcus). Stalins Nachfolger, Nikita Sergejewitsch Chruschtschow, sagte angesichts dessen Ablebens angeblich: „Tonight, the mice have buried the cat“ (Rapoport 211) und Mao beschwerte sich über die Beziehung zur Sowjetunion: „He complained that the Sino-Soviet relationship was like that ‘between father and son or between cat and mouse’“ (Martel 370).

Ende der Leseprobe aus 82 Seiten

Details

Titel
Die Darstellung des Koreakrieges anhand ausgewählter Artikel aus den Jahren 1950 bis 1953 im Nachrichtenmagazin TIME
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Fachbereich Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft)
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
82
Katalognummer
V187373
ISBN (eBook)
9783656109501
ISBN (Buch)
9783656109761
Dateigröße
762 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Koreakrieg, Korea-Krieg, 1950, 1953, Time, news magazine, Nachrichtenmagazin, Henry Luce, Kommunismus, Red Scare, Kim Il-sung, Mao, Stalin, Timestyle, Kreml, Napalm, Truman, Churchill, Rhee Syng-man, Truman-Doktrin, Kairoer Erklärung, George Kennan, Eindämmung, Joseph McCarthy, Douglas MacArthur, Yalu, China, Matthew Ridgway, DMZ, Briton Hadden, bipolare Weltordnung, Atombombe, Atomkrieg, Seoul, Pjöngjang, USA, Südkorea, Nordkorea
Arbeit zitieren
Florian Turna (Autor:in), 2011, Die Darstellung des Koreakrieges anhand ausgewählter Artikel aus den Jahren 1950 bis 1953 im Nachrichtenmagazin TIME, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/187373

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