Das Fourth Generation Evaluation Modell - Ein Vergleich mit der Methodologie der qualitativen Sozialforschung


Seminararbeit, 2003

24 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2. Qualitative Sozialforschung: Versuch einer Bestimmung
2.1. Theoretische Grundlagen
2.1.1. Symbolischer Interaktionismus
2.1.2. Ethnomethodologie
2.1.3 “Natural Sociology und „Natural History“
2.1.3 Gemeinsamkeiten und Zentrale Prinzipien

3. Das Modell der Fourth Generation Evaluation
3.1. Ausgangspunkt und Paradigma
3.2. Analyse fünf ausgewählter Prinzipien des Modells
3.2.1. Principle 1
3.2.2. Principle 2
3.2.3. Principle 4
3.2.4. Principle 5
3.2.5. Principle 9

4. Conclusio

Anhang: Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Diese Arbeit befasst sich mit dem Modell der Fourth Generation Evaluation das von den Amerikanern Lincoln und Guba entwickelt wurde und wird es unter dem Gesichtspunkt der qualitativen Sozialforschung analysieren.

Da der Begriff qualitative Sozialforschung zwar allgemein verwendet wird, darunter aber oft Unterschiedliches verstanden wird, soll er im ersten Teil dieser Arbeit unter Bezugnahme auf verschiedene Autoren näher erläutert werden. Dadurch wird zumindest versucht, eine gemeinsame Basis und einen einheitlichen Ausgangspunkt für diese Arbeit zu schaffen und damit die theoretischen Grundannahmen des qualitativen Paradigma näher zu erläutern.

Das Modell der Fourth Generation Evaluation wird anschließend in xein Paradigma bzw. in mehrere grundlegende Richtungen eingebettet um es besser verstehen zu können und um eine Grundlage für die Analyse zu schaffen.

Diese Betrachtung bezieht sich aus pragmatischen Gründen nicht auf alle elf Prinzipien sondern nur auf fünf ausgewählte. Anhand dieser soll exemplarisch gezeigt werden, in welchen Punkten Lincoln und Gubas Vorgehen kompatibel mit dem der qualitativen Sozialforschung ist und in welchen nicht. In einer kurzen Zusammenfassung am Ende der Arbeit werden die wichtigsten Ergebnisse noch einmal dargestellt.

2. Qualitative Sozialforschung – der Versuche einer Bestimmung

Vor allem die deutschsprachige qualitative Forschung umfasst viele theoretische Zugänge und Orientierungen und gestaltet sich sehr heterogen. Manchmal wird unter qualitativer Sozialforschung nur eine spezielle Form der „weichen“ Datenerhebung verstanden, die sich von der quantitativen durch einen geringeren Grad an Abstraktion vom Material abhebt. In diesen Ausführungen wird jedoch vom qualitativem Ansatz als eigenem Erkenntnisstandpunkt gesprochen, der sich nicht nur durch die verwendeten Methoden bzw. durch die nicht - verwendeten kennzeichnet sondern durch grundlegende Überlegungen und eine eigene Forschungslogik.

Auch Lamnek geht von einer internen Differenziertheit dieses Terrains aus und sagt:

dass es eine verbindliche oder auch nur einheitliche Methodologie qualitativer Sozialforschung nicht gibt, sondern das Etikett „qualitativ“ vielmehr als eine Art Sammelbegriff fungiert, dem sich oft recht unterschiedliche grundlagentheoretische Positionen und Verfahren der empirischen Forschung zuordnen lassen.[1]

Nun stellt sich die Frage, ob und welchen gemeinsamen Hintergrund es für die qualitative Sozialforschung gibt, anhand dessen auch das Evaluationsmodell kontrastiert und untersucht werden kann. Um diese Frage zu beantworten, erweist es sich als hilfreich, die theoretischen Voraussetzungen dieses Paradigmas zu betrachten.

Ohne hier näher auf die Geschichte der qualitativen Forschung näher eingehen zu wollen, sei nur kurz auf die zwei unterschiedlichen Stränge dieses Forschungszugang hingewiesen; nämlich der deutschsprachige und der amerikanische. Im deutschsprachigen Raum beginnt eine eigenständige Diskussion über qualitative Forschung vor allem in den 70 er Jahren, zwei prominente Vertreter sind u. a. Alfred Schütze (Narratives Interview) Ulrich Oevermann (Objektive Hermeneutik).

Die USA nahm lange Zeit die Vorreiterrolle in der qualitativen Forschungsdiskussion ein und beeinflusste die Entwicklung im deutschsprachigen Raum sehr. Heute zeigt sich in den USA „eine Tendenz zur weiteren bzw. erneuten Infragestellung von scheinbaren Sicherheiten[2] Dies heißt, dass im Gegensatz zum deutschsprachigen Raum weniger Wert auf die (Erhebungs)Methoden als auf die Interpretation und auf die Rolle des Forschers gelegt wird, eine Tatsache die sich, wie wir später deutlich erkennen können, auch bei Yvonna Lincoln und Egon Guba zeigt.

2.1. Theoretische Grundlagen

Obwohl sich unterschiedliche Ansätze unter dem Etikett „Qualitative Sozialforschung“ verbergen, gibt es doch gemeinsame soziologischen theoretische Grundlagen, die in diesem Kapitel in Anlehnung an Lamnek und Mayring erläutert und einer Zusammenschau unterzogen werden sollen um das Feld der qualitativen Sozialforschung zu umreißen.

2.1.1. Symbolischer Interaktionismus

Im Mittelpunkt dieser Forschungsperspektive, die vor allem von Herbert Blumer geprägt wurde und aus der philosophischen Tradition des Pragmatismus entsprang, steht der subjektive Sinn, den Individuen ihrer Umwelt beimessen und nach dem sie handeln.

Drei Begriffe sind in diesem Zusammenhang besonders wichtig: Situationsdefinition, Sozialisation und Sozialer Wandel. Demnach handeln Menschen aufgrund der Definition einer Situation und nicht aufgrund objektiver Tatsachen. Diese Bedeutungen liegen nicht in den Dingen selbst sondern entstehen in der Interaktion zwischen Menschen und sind demnach als soziale Konstrukte auch veränderbar und wandelbar.

Das Anliegen der qualitativen Sozialforschung liegt also darin, subjektive Sichtweisen und Sinnzuschreibungen durch einen Dialog zwischen zwei Subjekten, Forscher und Beforschte, die so weit als möglich auch Mitwirkende sind, zu beschreiben und nachzuvollziehen.

Daraus lassen sich spezifische Anforderungen an die Forschungsmethoden ableiten, die die Prozesshaftigkeit von sozialer Interaktion, die Situations- und Kontextgebundenheit und die Bedeutung der subjektiven Perspektive berücksichtigen müssen.[3]

2.1.2 Ethnomethodologie

Dieser Untersuchungsansatz beschäftigt sich damit, wie Menschen ihren Alltag und dadurch soziale Wirklichkeit in geordneten Interaktionen erzeugen. Kennzeichnend dabei ist dass diese Richung an den „alltäglichen Aktivitäten der Menschen in ihrer Gesellschaft“ und an ihren „routinisierten Handlngen im Alltag[4] ansetzt.

Basisannahme ist die, dass Gesellschaftsmitglieder durch Sinnstrukturen Ordnung und Orientierung ermöglichen und dadurch Methoden und Theorien generieren, um das Handeln im Alltag zu bewältigen. Die Frage nach dem „Wie“ und dem „Wozu“ stehen im Gegensatz zum symbolischen Interaktionismus im Vordergrund.

Da davon ausgegangen wird, dass Wirklichkeit konstruiert ist und man daher die Welt nicht abbilden oder erkennen kann sondern kognitiv verarbeitet, zieht Lueger daraus diese Konsequenz für die wissenschaftliche Herangehensweise: „Interpretative Feldforschung zentriert sich daher auf die wissenschaftliche Konstruktion von Wirklichkeit, die sich mit den Bedingungen und den Ordnungsformen menschlichen Zusammenlebens befaßt ( sic ).“[5]

Wissenschaft verliert also den Schein der Allwissenheit und produziert Rekonstruktionen, die keine Allgemeingültigkeit für sich behaupten können und kontextgebunden sind. Da die Konstruktion ein dynamischer und kommunikativer Prozess ist, der die Umwelt aktiv verarbeitet, muss, um diese rekonstruieren zu können, auch die Forschung sich an diese Kommunikation anpassen und die „Sprache des Feldes“ lernen. Die Rolle des Forschers und seine Gefühle, treten in der qualitativen Sozialforschung, ganz im Gegensatz zur standardisierten quantitativen Forschung, bei der der/die ForscherIn durch Emotionalität Verzerrungen erzeugt, vermehrt in den Vordergrund. Der Anspruch auf „objektive Wahrheit“ wird aufgegeben, Realität als zugängliche Forschungswelt wird demontiert. Auf diesen Umstand wird in der Diskussion des Evaluationsmodells noch näher eingegangen werden.

2.1.3. „Natural Sociology“ und „Natural History“

Dieser Ansatz steht in engem Naheverhältnis zu Ethnographie und Kulturanthropologie. Der Forschungsfokus liegt auf der Betonung der „Feldarbeit“, d.h. dass soziale Phänomene in ihrer natürlichen Umwelt untersucht und beschrieben werden sollen. Die Methoden sollen dabei an das Feld angepasst werden.

Die Natural History versucht, Naturgesetze zu entdecken und vom Konkreten zum Abstrakten zu gehen, als Basis dient aber die symbolisch – interaktionistische Sichtweise dass soziale Phänomene interaktiv – konstruierte Geschichte sind.

2.1.4 Gemeinsamkeiten und Zentrale Prinzipien

Qualitative Sozialforschung lässt sich vor allem an der Kontrastfolie des quantitativen Paradigmas begreifen denn trotz unterschiedlicher Positionen lassen sich auch Gemeinsamkeiten und damit ein Fundament für die Betrachtung der Fourth Generation Evaluation finden. Zum einen ist (Fremd)Verstehen als Erkenntnisweise, aufbauend auf der Auffassung, dass der Mensch nicht nur als Untersuchungsgegenstand der Sozialwissenschaften erscheint sondern als erkennendes Wesen, das nur über die von ihm geschaffenen Bedeutungshorizonte und Symbole verstehbar wird, wichtig.

Daraus ergibt sich die Notwendigkeit des Ansatzes, „das untersuchte Phänomen bzw. Geschehen von innen heraus zu verstehen.“[6] Diese emische Perspektive wird auch für die Analyse des Modells von Lincoln und Guba bedeutsam werden.

Eine geteilte Annahme ist auch die, dass Menschen Wirklichkeit interaktiv konstruieren und Wissenschaft keine unanfechtbar wahren Erkenntnisse produzieren kann sondern selber Konstruktionen aus einer spezifischen, von vielen Faktoren abhängigen, Perspektive erzeugt.

Qualitativ bedeutet auch immer, sich am Einzelfall und an der Einbettung des Phänomens in Kontexte und an der symbolische (n) Vorstrukturiertheit des soziologischen Gegenstandsbereichs[7] zu orientieren und nicht - standardisierte Vorgehensweisen, die dem Untersuchungsgegenstand angepass t sind, zu favorisieren. Grundlegende Prinzipien sind die der Offenheit, der Forschung als Kommunikationsprozess, der Reflexivität und der Flexibilität. Anhand dieser und der vorausgehenden soziologisch- theoretischen Methodologie der qualitativen Sozialforschung soll das Konzept von Lincoln und Guba näher betrachtet werden.

[...]


[1] Lamnek Siegfried: Qualitative Sozialforschung (Bd 1), 1989, S.30

[2] Flick Uwe: Qualitative Forschung, 1995, S.21

[3] vgl. Mayring Philipp: Qualitative Inhaltsanalyse, 1990, S.29

[4] Mayring Philipp: Qualitative Inhaltsanalyse, 1990, S. 29

[5] Lueger Manfred: Grundlagen qualitativer Feldforschung, 2000, S. 17

[6] Flick Uwe: Qualitative Forschung, 1995, S.40

[7] Lamnek Siegfried: Qualitative Sozialforschung, Bd 1, 1989, S. 21

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Das Fourth Generation Evaluation Modell - Ein Vergleich mit der Methodologie der qualitativen Sozialforschung
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Soziologie Wien)
Veranstaltung
Qualitative Sozialforschung in der Evaluation
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
24
Katalognummer
V18678
ISBN (eBook)
9783638229678
ISBN (Buch)
9783638645850
Dateigröße
526 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fourth, Generation, Evaluation, Modell, Vergleich, Methodologie, Sozialforschung, Qualitative, Sozialforschung, Evaluation
Arbeit zitieren
Mag. Nina Traxler (Autor:in), 2003, Das Fourth Generation Evaluation Modell - Ein Vergleich mit der Methodologie der qualitativen Sozialforschung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18678

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Das Fourth Generation Evaluation Modell - Ein Vergleich mit der Methodologie der qualitativen Sozialforschung



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden