IPTV und Interaktives Fernsehen - Technische Grundlagen, Der Markt, Die Zukunftsaussichten


Diplomarbeit, 2007

105 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Themenöffnung
1.1 Einleitung
1.2 Gegenstand und Ziel der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit
1.4 Methodik
1.5. Nomenklausur

2. Untersuchungsobjekt „Interaktives Fernsehen und IPTV“ - eine theoretische Bestimmung
2.1 Grundlagen und Definitionen
2.1.1 Interaktivität und interaktives Fernsehen
2.1.2 IP-TV - Definition
2.1.3 IP-TV - Abgrenzung
2.1.4 Triple Play
2.1.5 Konvergenz
2.2 Rahmenbedingungen für IPTV und das iTV
2.2.1 Veränderte medienökonomische Rahmenbedingungen
2.2.2 Veränderte technische Rahmenbedingungen
2.2.3 Veränderte medienrechtliche und medienpolitische 17 Rahmenbedingungen
2.3 Nutzer der iTV und IPTV
2.4 Technische Grundlagen
2.4.1 Derzeitige technische Situation in der Bundesrepublik
2.4.1.1 Terrestrische Technik
2.4.1.2 Das Kabelfernsehen
2.4.1.3 Fernsehen aus dem All
2.4.1.4 Fernsehen über IP-Netzwerke
2.4.2 Sendetechnik
2.4.2.1 Das Internet Protokoll
2.4.2.2 Digitalisierung von Daten
2.4.2.4 Datenreduktion und Komprimierung
2.4.3 Die Empfängertechnik
2.4.3.1 Set-Top-Boxen und Schnittstellen
2.4.3.2 Software für IPTV und iTV
2.5 Konvergenzprozesse zwischen IT-Technik und Fernsehen
2.6 Herausforderungen durch die Konvergenz

3. Der IPTV-Markt
3.1 Der deutsche Markt
3.1.1 Die Telekommunikationsunternehmen
3.1.2 Die Mobilfunkunternehmen
3.1.3 Die Sender
3.1.4 Produzenten und Dienstleiter auf dem IPTV Markt
3.1.5 Podcasts und Videoblogs
3.2 Europäische IPTV- und iTV-Märkte
3.2.1 Frankreich
3.2.2 Großbritannien
3.2.3 Schweiz
3.3 Andere Angebote
3.3.1 Joost
3.3.2 YouTube

4. Mögliche Probleme der digitalen Fernsehwelt
4.1 Zielgruppendefinition
4.1.1 Kritische Masse
4.1.2 Netzeffekte
4.2 Finanzierbarkeit, Preisbildung und Zahlungsbereitschaft
4.2.1 Finanzierbarkeit der neuen Fernsehwelt
4.2.2 Preisbildung und Zahlungsbereitschaft
4.2.2.1 Preisbildung
4.2.2.2 Zahlungsbereitschaft
4.3 Aspekte der Sicherheit
4.3.1 Der „gläserne“ Anwender
4.3.2 Sichere Bezahlsysteme

5. Die Zukunft des interaktiven Fernsehens
5.1 Anwendungsbereiche für iTV und IPTV
5.1.1 E-Learning
5.1.2 Home-Services
5.1.3 Kommunikation Services über iTV - IPTV
5.2 Geschäftsmodelle für IPTV und iTV
5.2.1 ZDF.Vision
5.2.2 RTL und MHP
5.3 Momentane Situation und die Zukunft von iTV und IPTV in Deutschland
5.3.1 Momentane Situation des IPTV und iTV
5.3.2 Blick in die Zukunft - Zukunftsprognose

6. Fazit und persönliche Schlussfolgerung

Literaturverzeichnis

Anhang

1. Themenöffnung

1.1 Einleitung

Der Wunsch vieler Medienmacher, das passive Konsummedium Fernsehen um interaktive Komponenten zu erweitern ist nicht neu und älter als das Fernsehen selbst. Schon Bertholdt Brecht träumte im Jahr 1932 in seinem Text „Der Rundfunk als Kommunikationsapparat“ davon den Rundfunk von einem reinen Distributionsmedium in einen Kommunikations- apparat zu verwandeln. Nach Brecht soll der Rezipient nicht einfach nur konsumieren, sondern analysieren und selbst als Produzent am Rundfunk teilhaben. Letztlich soll eine Interaktion, ein Austausch von Sender und Empfänger stattfinden. 1

Auch heute fasziniert die Fernsehmacher diese Utopie. Vom Sofa aus mit der Fernbedienung einfach und bequem durch die Welt der Medien surfen. Im letzten Jahrzehnt wurde aus dieser Medienutopie der 30er Jahre zunehmend Wirklichkeit - in der Form des „Interaktiven Fernsehens“. Die Digitalisierung, Datenreduktion und eine rasche und starke Erhöhung von Übertragungskapazitäten soll die Radiotheorie von Brecht unter dem Begriff IPTV endlich möglich machen.

Diese vielversprechendste Technologie im Bereich des „Interaktiven Fernsehens“ (iTV) wurde in den letzten Monaten verstärkt diskutiert. Spiegel Online sprach von „der dritten Revolution des Fernsehens“2 und das Wissenschaftsmagazin Technology Review nennt es die „Neuerfindung des Fernsehens“. 3 IPTV war auch auf der diesjährigen CEBIT in aller Munde.

Besonders die Telekommunikationsunternehmen (TK-Unternehmen) und Kabelnetzbetreiber forcieren diesen Typ des „Interaktiven Fernsehens“, angesichts der steigenden Breitbandzugänge und Konkurrenzstrukturen, zunehmend. IPTV, die Konvergenz zwischen Internet und Fernsehen, ist eines der Top-Themen in der Medienwelt. Zudem ist IPTV die erste Technologie, die dank des unmittelbaren Rückkanals echtes „Interaktives Fernsehen“ ermöglicht. Aber trotz der momentanen Euphorie und dem großen Medienecho bleiben bei diesem Thema viele Unsicherheiten. Auch in Deutschland sind IPTV-Sender vermehrt anzutreffen. Bisher werden interaktive Services aber nur von einer Minderheit wahrgenommen und genutzt. Dennoch bietet das IPTV ungeahnte Möglichkeiten - endlich ist es möglich über einen Kanal beliebig viele Programme zu senden und das Internet mit dem Fernseher zu vereinen.

Es ergibt sich folglich die Frage, wie traditionelle Fernsehinhalte unter Beachtung bestehender Mediennutzungsgewohnheiten mit interaktiven Diensten des IPTV oder des iTV unter einen Hut gebracht werden können. Wie geht es weiter mit dem digitalen interaktiven Fernsehen? Auf diese Fragen möchte die vorliegende Diplomarbeit Antworten geben.

1.2 Gegenstand, Ziel und Abgrenzung der Arbeit

Über 20 Jahre nach dem Start der ersten deutschen Privatsender steht die Fernseh- landschaft in der Bundesrepublik erneut vor tiefgreifenden Veränderungen. Das interaktive Fernsehen und das IPTV läuten das Ende des klassischen, linearen Fernsehens ein. Die Potentiale dieser neuen Technologie rufen zahlreiche Unternehmen auf den Plan und eins scheint schon heute sicher: Beim iTV kann der passive Fernsehzuschauer zum aktiven Fernsehnutzer werden.

Ziel dieser Arbeit ist die Vorstellung der neuen interaktiven Fernsehwelt des iTV und IPTV. Um dieses Ziel zu erreichen, stellt die Arbeit den Untersuchungsgegenstand „iTV und IPTV“ vor, geht auf die Rahmenbedingungen der neuen Fernsehwelt ein und erforscht den deutschen und Teile des europäischen IPTV Markt.

Die technologischen Voraussetzungen für IPTV und iTV sind in Deutschland fast flächendeckend vorhanden. Trotzdem muss der IPTV- und iTV-Markt in der Bundesrepublik noch aufholen, um im europäischen Vergleich nicht abgehängt zu werden. Im Zentrum der Arbeit stehen daher vornehmlich medienökonomische Thesen, die im Laufe der Untersuchungen näher verdeutlicht werden. Der Autor geht auch der Frage nach der Zukunft und der Akzeptanz der neuen Fernsehwelt nach. Daneben gibt diese Arbeit einen Überblick über die Anbieter und zeigt Möglichkeiten der neuen Technik auf.

Der zentrale Entwicklungspunkt des Fernsehens ist dabei die Digitalisierung, auf die in dem vorliegenden Papier ausführlich eingegangen wird. Neben den technischen Grundlagen untersucht der Autor die möglichen Probleme der neuen Fernsehwelt. Ferner zeigt die Arbeit Perspektiven, Anwendungsformen und Geschäftsmodelle des IPTV und iTV in Deutschland auf. Analog dazu will diese Arbeit eine Orientierungshilfe im neuen digitalen Fernsehmarkt sein. Hierzu grenzt der Autor die IPTV-Angebote klar von den Inhalten des Web 2.0 ab, untersucht aber auch gleichsam Berührungspunkte der Web 2.0- und der TV 2.0-Welt.

Das vorliegende Papier konzentriert sich neben dem deutschen Markt auf die Märkte Frankreich und Großbritannien und auf den IPTV- und iTV-Markt in der Schweiz.

1.3 Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel. Nach Einleitung, Zielsetzung und Methodik wird im zweiten Kapitel das Untersuchungsobjekt „Interaktives Fernsehen und IPTV“ einer theoretischen Beschreibung unterzogen. Hierbei klärt der Autor grundlegende Begriffe und Rahmenbedingungen für das Interaktive Fernsehen und IPTV. Dabei werden die technischen Grundlagen ebenso betrachtet, wie die Herausforderungen, die sich aus der Konvergenz der Medien ergeben. Die Abgrenzung von IPTV gegenüber anderen verwandten Techniken wird ebenfalls dargestellt. Daneben spielen die technischen, medien- ökonomischen, medienrechtlichen und politischen Rahmenbedingungen eine zentrale Rolle.

Im dritten Kapitel beleuchtet der Autor zunächst ausführlich den IPTV-Markt in Deutschland und wendet sich dann internationalen IPTV-Märkten zu. Neben den Anbietern in Deutschland werden auch die Marktbedingungen im europäischen Ausland untersucht.

Mögliche Probleme der digitalen Fernsehwelt bilden die Grundlage im vierten Kapitel. Hier geht die Arbeit auf das Problem der Zielgruppendefinition, aber auch auf die Kritische Masse und auf Netzeffekte untersuchend ein. Ein Hauptpunkt in diesem Kapitel stellt die Frage nach der Finanzierbarkeit neuer digitaler Fernsehangebote, wie iTV und IPTV, dar. In diesem Zusammenhang wird die Preisbildung auf dem IPTV-Markt und die Zahlungsbereitschaft für Interaktives Fernsehen untersucht. Ferner sind Aspekte der Sicherheit ein weiterer Untersuchungsgegenstand im vierten Kapitel. Hier schaut die Arbeit insbesondere auf die Gefahr des Datenmissbrauchs und auf sichere Bezahlsysteme.

Im fünften Kapitel stellt die Arbeit Geschäftsmodelle und mögliche Anwendungsbeispiele für das Interaktive Fernsehen vor. Hier geht der Autor insbesondere auf „E-Learning“ und „Home-Shopping“ ein. Das fünfte Kapitel steht unter der Überschrift „Zukunft des Fern- sehens“ und schließt mit einer Zukunftsprognose für das IPTV und iTV in Deutschland die Untersuchung ab.

Die Arbeit endet mit einem Fazit und einer persönlichen Schlussfolgerung.

1.4 Methodik

Zur Untersuchung des Gegenstands der Arbeit bedient sich der Autor unterschiedlicher wissenschaftlicher Methoden. Der Untersuchungsgegenstand „IPTV und Interaktiven Fern- sehens“ wurde dabei nach folgenden Kriterien beleuchtet: Akzeptanz und Verbreitung, tech- nische, medienpolitische und medienrechtliche Grundlagen. Ein wichtiges Kriterium war die Untersuchung und Darstellung von Konvergenzprozessen. Daraus resultierend hat der Autor durch eigene Überlegungen, wissenschaftlichen Untersuchungen und Ergebnissen von Studien und nicht zuletzt durch die ausführliche Darstellung des IPTV-Marktes die jeweiligen Potenziale und Zukunftsprognosen erarbeitet und dargelegt. Ferner wurde im Zeitraum von 17.03.2007 bis zum 28.03.2007 eine Untersuchung über den Gegenstand der Arbeit „IPTV und iTV“ durchgeführt. Hierzu wurden in Frankreich in Les2Alpes insgesamt 20 Personen aus unterschiedlichen europäischen Ländern und im Alter von 19-39 Jahren zu Ihrem Fernsehverhalten und Ihrer Akzeptanz gegenüber dem Interaktiven Fernsehen und dem IPTV befragt. Diese Umfrage hat aber nur am Rande Eingang in die Arbeit gefunden, kann aber im Anhang nachgelesen werden. Ferner hat der Autor auf einschlägige Fach- literatur, Interviews mit Mathias Birkel, dem Autor der Goldmedia Studie „IPTV2010“, zurück- gegriffen. Weiterhin fanden die Aussagen von Studien und White-Papers Eingang in die wissenschaftliche Untersuchung. Alle Informationsquellen wurden sorgfältig erfasst, ausge- wertet und die Ergebnisse dargestellt. Ein weiteres methodisches Werkzeug war die Recherche im Telekom-Intranet, sowie der persönliche Test der Angebote Joost, DVB-T, Maxdome und T-Home durch den Autor.

1.5 Nomenklausur

In dieser Arbeit ist oft von dem Zuschauer, dem Kunden, User, Anwender oder Abonnenten die Rede. Diese Begriffe sollen sowohl das weibliche als auch das männliche Geschlecht darstellen. Wenn in der vorliegenden Arbeit zwischen Männern und Frauen unterschieden wird, ist eine exakte Kennzeichnung vorhanden. Ansonsten sind die Begriffe geschlechtsneutral zu verstehen.

2. Untersuchungsobjekt „Interaktives Fernsehen und IPTV“eine theoretische Bestimmung

In diesem Kapitel beschäftigt sich der Autor mit der Definition der, für die Arbeit wichtigen Grundbegriffe. Daran anschließend werden die Rahmenbedingungen betrachtet, die für die technische, wirtschaftliche, medienrechtliche und politische Umsetzung von iTV und IPTV relevant sind. Ferner beschäftigt sich die Arbeit mit den technischen Grundlagen und dem Begriff der Konvergenz zwischen Internet und Fernsehen. Abschließend werden einigen möglichen Probleme des IPTV und iTV behandelt.

2.1 Grundlagen und Definitionen

Unter Punkt 2.1 werden nun die für die Arbeit wesentlichen Begriffe definiert. Auf eine detaillierte wissenschaftliche Auseinandersetzung soll hierbei verzichtet werden. Der Autor verweist hier stattdessen auf die entsprechende Literatur. Weitere nicht wesentliche Begriffe werden im Laufe der Arbeit in der Fußnote, sofern nötig, erklärt.

2.1.1 Interaktivität und Interaktives Fernsehen

Die wichtigste Rolle beim iTV spielt die interaktive Komponente. Die Interaktivität steht für die Dialogfähigkeit des Fernsehens. Nach Steinmetz bezeichnet das Interaktive Fernsehen einen höheren Grad an Einfluss durch den Benutzer, als es beim klassischen Fernsehen der Fall ist. Ein Zuschauer könnte im iTV das Programm, welches er sehen will, selbst „herstellen“ oder besser zusammenstellen. Der Zuschauer wird im iTV so z.B. in die Lage versetzt die unterschiedlichen Kameraperspektiven einer Sportübertragung selbst aus- zusuchen - also interaktiv zu bestimmen. Der Anwender könnte aber auch das Programm selbst gestalten - d.h. den Programmablauf durch Interaktion beeinflussen oder Zusatzinformationen zum laufenden Programm abrufen. 5 Nach Nicholas Negroponte, Grün- der des MIT Media Labs, ist das iTV ein Medium welches „wie ein Buch oder eine Zeitung einen zufälligen Zugriff erlaubt. Man kann es durchblättern und verändern und ist nicht länger von bestimmten Tagen, Zeiten oder einer festgelegten Übertragungsdauer abhängig.“6

In dieser Arbeit unterscheidet der Autor „zwischen lokaler Interaktivität, die als Bildschirmdialog im Rahmen des Funktionsumfangs von Softwareprogrammen entsteht und einer über Rückkanal erweiterten Interaktivität, über die der Zuschauer mit anderen Zu- schauern oder einem Server des Programmanbieters in Kontakt treten kann“. 7 Diese Arbeit orientiert sich hierbei stark an der Definition von Böck-Bachfischer: „Der Mediennutzer muss die Möglichkeit haben, selbst unmittelbar beziehungsweise ohne wesentlichen Zeitverzug ein Mindestmaß an Informationen an das computergestützte System oder einen Informationssender zurückzumelden, so dass er nicht mehr nur die Rolle eines passiven Informationsempfängers übernehmen, sondern selbst die ausgetauschten Informationsinhalte und den Informationszeitpunkt innerhalb bestimmter Grenzen beeinflussen kann.“8 In der Literatur wird häufig zwischen verschiedenen Leveln der Interaktivität unterschieden. Dieser Unterscheidung dient in erster Linie zur besseren Ab- grenzung der iTV-Angebote. Dabei fällt besonders die Darstellung (Abbildung 1) von Beckert in Anlehnung an Höhning, Treplin und Scharpe auf:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Interaktivitätslevel - Eigene Darstellung in Anlehnung an Beckert 9

In der ersten Abbildung wird sehr deutlich, dass zwischen den Interaktivitätsleveln drei und vier eine große Diskrepanz in der Einbindung der Zuschauer besteht. Ebene drei weist noch passive d.h. „lean backward“ (passives zurückgelehntes Konsumieren z.B. beim klassischen TV) Elemente auf. Besonders die Vorauswahl der Medieninhalte durch den Sender „verur- teilt“ den Anwender hier noch zur Passivität. Der Zuschauer wir auf diesem Level nicht selbst aktiv, sondern ruft den Content lediglich ab. Auf Level drei ist daher auch das Video auf Be- stellung bzw. Abruf (Video on Demand oder im Akronym VoD), wie es z.B. von „maxdome“ angeboten wird, daheim. VoD wird im Laufe der Arbeit noch ausführlich besprochen. Auf dem Level vier ist dagegen eine echte Interaktivität anzutreffen. Der User muss hier sein Pro- gramm aktiv auswählen und im Stil des „lean forward“ (aktives vorgelehntes Dabeisein z.B. am Computer) aktiv werden. Hier ist die Kommunikation und die Interaktion wie z.B. im World Wide Web anzutreffen. Zieht man sich Goertz heran, kann man die Interaktivitätsstufe auch nach vier Kriterien bewerten. Goertz unterscheidet hierbei nach dem Grad der Selektion, dem Grad der Modifikation, dem Grad der quantitativen Größe des Selektions- und Modifika- tionsangebots sowie dem Grand der Linearität bzw. der Nicht-Linearität. Goertz versteht hierbei unter Modifikation die Veränderung des Inhalts nach dem Nutzergeschmack, unter Selektion versteht man bei dieser Einteilung welche Auswahlmöglichkeiten der Anwender bei dem TV- bzw. Medienangebot hat. 10

Zwischen diesen nun angeführten beiden Ansätzen taucht in der wissenschaftlichen

Diskussion auf Basis von Dijk & de Vos noch die Formen der Interaktivität von Hachmeister und Zabel auf. Viel wichtiger in diesem Zusammenhang ist die Diskussion, welche Kriterien erfüllt sein müssen, um Interaktivität zu erreichen. In der Scientific community taucht der Ansatz von Ruhrmann und Nieland (Abbildung 2) hierzu oft auf:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Kriterien für Interaktivität - eigene Darstellung in Anlehnung an Ruhrmann/Nieland 11

Nach Rurhmann und Nieland können sich die Akteure bei interaktiver Kommunikation „vollständig wechselseitig wahrnehmen“ und verbal wie nonverbal miteinander reagieren, wobei allerdings der soziale Kontext das Verhalten der miteinander Kommunizierenden entscheidend beeinflusst.

Zudem setzt interaktive Kommunikation die physische Anwesenheit der miteinander kommunizierenden voraus, so dass alle „sensorischen Kanäle“ für die Kommunikation ge- nutzt werden können. Kommunikator und Rezipient haben eine „vollständige wechselseitige Kenntnis“ voneinander (was bei massenmedialen Angeboten, wie dem Fernsehen von vorn- herein ausgeschlossen ist). Weiteres Kriterium ist die „Gleichheit der Kontrolle“, wobei in der interaktiven Kommunikation die „Synchronisierung und Koordination der Beziehung“, sowie die Bewertung dieser durch den unmittelbaren Kontakt vollständig möglich ist. 12

Bereits zu Beginn des Punkt 2.1.1 wurde kurz auf die Definition des iTV oder Interaktiven Fernsehens eingegangen. Nun soll eine genaue Festlegung des Begriffs „Interaktives Fernsehens“ bzw. iTV folgen.

Die bisher getrennten und konkurrierenden Medien Internet und Fernsehen sollen durch das iTV und insbesondere durch das IPTV enger zusammenwachsen bzw. sogar verschmelzen. Durch diese Verschmelzung sollen zahlreiche neue Möglichkeiten für die Mediennutzung im Bereich Kommunikation und Unterhaltung entstehen. Einer der ersten Definitionen zum iTV lieferte im Jahre 1996 Brenner und Kolbe: „Unter interaktivem Fernsehen verstehen wir die Bereitstellung von multimedialen, interaktiven Dienstleistungen über den Fernseher als Endgerät“. 13 Aus heutiger Sicht mutet die Definition von Brenner und Kolbe als zu schwammig an. Auch scheint sie als exakte Begriffsbestimmung zu ungenau. Zu viele Variablen, wie z.B. das Wort „interaktiven Dienstleistungen“ bleiben offen.

Schwalb bietet hier eine weitaus aktuellere und präzisere Definition an:

„Interactive TV (iTV) can be viewed as the next evolution and merging of the Internet and Di- gital TV. It enhances traditional TV along two dimensions: the use of digital signals and enabling interactivity. Interactive TV is a collection of services that support subscriber- initiated choices or actions that are related to on or more video programming streams“. 14

Um aber von interaktivem Fernsehen oder iTV sprechen zu können ist ein Rückkanal unabdingbar. Ist dieser nicht vorhanden bleiben wir im klassischen analogen oder digitalem Fernsehen hängen. Echtes interaktives Fernsehen ist aber auch immer digitales Fernsehen (dTV). Digitales Fernsehen bezeichnet hierbei laut Rurhmann und Nieland eine System zur „Übertragung von Fernsehsignalen im digitalen Modus. Digitales Fernsehen bietet die Möglichkeit zur Übertragung von erheblich mehr Programmkanälen (zur Zeit ca. 500). Erste Anbieter ist die Kirch-Gruppe mit dem Sender DF1“. 15

Durch den Start von DF1 und Premiere Digital Mitte der Neunziger Jahre wurde die erste Hürde hin zum digitalen interaktiven Fernsehen genommen.

2.1.2 IP-TV - Definition

IPTV steht für Internet Protokoll Television und bezeichnet die digitale Übertragung von Fernsehprogrammen und Inhalten über ein digitales Datennetz, zum Beispiel dem Internet. IPTV nutzt hierbei die Basistechnologie des Internet, das Internet Protokoll IP. 16 Bisher konnten Medieninhalte nur aufwendig und zu hohen Kosten über Satelliten- oder Kabelverbindungen übertragen werden. Durch das IPTV wird in Zukunft die Eintrittsbarriere für Anbieter stark sinken, so dass auch kleine Spartensender mit geringen Budget die Möglichkeit bekommen, Ihre Sendungen weltweit über Telefon- oder Kabelnetze via IP zur Verfügung zu stellen. Das Zusammenwachsen von Internet und TV wird es ermöglichen, dass der Nutzer zwischen tausenden von Programmen wählen kann und so einen neuen Level der Interaktivität erreicht. Er kann durch die IPTV-Technik jederzeit sein eigenes Pro- gramm zusammen stellen oder interaktive Dienste ohne einen Bruch der Medien nutzen. Momentan benötigt IPTV im MPEG2 Format eine Bandbreite von ca. drei MBit pro Sekunde (kein HDTV 17 ), mithilfe der Datenkompression MPEG4 soll nur noch ein Bandbreite von 1,8 MBit pro Sekunde erforderlich sein. MPEG4 wird das IPTV auch über DVB-H auf mobile Endgeräte wie den PDA oder das Handy bringen. Auch HDTV Inhalte werden so über IPTV möglich. Hierzu wird aber eine Datenrate von 8 MBit/s gebaucht. 18

2.1.3 IP-TV - Abgrenzung

Um das IPTV von anderen TV-Technologien unterscheiden bzw. abgrenzen zu können, stellt der Autor zunächst die verwandten Techniken dar und geht daran anschließend auf den Begriff des IPTV näher ein.

Das klassische Fernsehen „beinhaltet die lineare, an einen vorgegebenen Zeitplan ge- koppelte Übertragung von einem Bewegtbild. Es ist (außer der Wahl der Kanäle durch Zapping) nicht interaktiv und frei selektierbar“. 19 Der Videotext soll hier nicht betrachtet werden, da er kein Bestandteil des klassischen Fernsehens ist, sondern Teil des „Enhanced TV.“20 Beim Enhanced TV ist zu beachten, dass die Interaktion nur in der Auswahl von Informationen besteht. Echte, beeinflussende Interaktion lässt das Enhanced TV vermissen. Vor der Markteinführung von IPTV stellen viele Anbieter, wie z.B. 1und1 einen VoD (Video- on-Demand) Dienst. Video on Demand ist hierbei stark mit dem PVR (Personal Video Re- corder) verwandt. Der Zuschauer bricht durch VoD die Linearität des Fernsehprogramms auf. Der Unterschied zwischen VoD und PVR besteht darin, dass PVR das normale TV Angebot während seiner Ausstrahlung z.B. auf einen Festplattenrecorder oder DVD-Recorder für den späteren Abruf aufzeichnet. Beim VoD wählt der Anwender aus einem bereits vorausge- wählten Angebot (virtuelle Videothek) aus. Die ausgewählten Inhalte können dann vom An- wender eine bestimmte Zeit genutzt werden. Meist sind die VoD-Dienste mit einem Pay-Per- View-Bezahlsystem gekoppelt. Der Zuschauer zahlt dann nur den abgerufenen Inhalt. 19

Während die oben angeführten Dienste und Techniken klar von „reinen“ IPTV abzugrenzen sind, tut man sich bei den Breitband-Internet-Angeboten etwas schwerer. Technisch und in- haltlich können diese Angebote genau die Merkmale von IPTV aufweisen. Der Unterschied zwischen beiden Diensten liegt aber im Szenario der Nutzung. Das Interface, die Schnittstelle zwischen Benutzer und Objekt, 21 und damit auch die Erfahrung der Benutzer sind weitere Punkte, die zur Abgrenzung beider Dienste herangezogen werden können. Während Breitband-Internet-Angebote, wie Youtube und Myvideo.de, am Computer im „lean- forward“ genutzt werden, möchte der IPTV Anwender laut Pixelpark doch eher im „lean-back“ bleiben und sich von den Angeboten „berieseln“ lassen. Ferner unterscheiden sich die Ein- gabemedien beider Ansätze grundlegend. Am Internet-PC sind Maus und Tastatur bestim- mend.

IPTV Nutzer kommen aber eher aus dem klassischen TV-Konsum und nutzen daher die Fernbedienung als Eingabemedium. 19 Noch deutlicher als Pixelpark grenzt das BSF IPTV von Breitband-Internet-Angeboten ab. Das BSF sieht ein starkes Unterscheidungsmerkmal darin, dass IPTV Dienste meist über private IP Netzwerke und nicht über das öffentliche Internet verbreitet werden. Ein Grund für diese Begebenheit sieht das BSF darin, dass die Anbieter, wie z.B. T-Home die Qualität der Dienstleistungen für die Kunden so konstant hoch halten möchten. Im öffentlichen Internet wäre es viel schwieriger die sog. Quality of Services gleichbleibend zu halten. Ferner sieht das BSF das größte Abgrenzungsmerkmal im angebotenen Inhalt. Die Inhalte reichen von normalen Fernsehsendungen, VoD-Diensten bis zum Angebot von Spartenkanälen. Ferner werden viele Anbieter versuchen neue Dienst- leistungen als Alleinstellungsmerkmal gegenüber der Konkurrenz zu entwickeln. 22 Das BSF identifizierte die Elemente eines IPTV-Netzwerkes, um es eindeutig von anderen Netzwerken zu trennen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 zeigt die Elemente eines IPTV-Netzwerkes nach BSF. 23

Abbildung vier zeigt klar die Dialogfähigkeit von IPTV Netzwerken. Diese Netzwerktypen nutzen einen Aufbau, der als „Switched Digital Video“ (SBV) bekannt ist und typisch für IPTVNetzwerke ist. SDV ist vereinfacht gesagt die einzige Architektur, die unbegrenzte virtuellen Übertragungskapazität bietet. Eine Interpretation bei der die SDV Technik auch wichtig ist, findet man bei Goldmedia. In der Publikation IPTV 2010 unterteilt Goldmedia das IPTV in spezielle Untergruppen und verzichtet so auf eine eindeutige Abgrenzung. Zu den Untergruppen gehört: Das Live-TV, VoD und das Internet-TV. Beim Live-TV oder Broadcast-TV kommt das aktuelle Programm über einen IP-Multicast-Stream direkt vom Anbieter mit Hilfe einer Set-Top-Box auf den TV angezeigt. Muticast heißt, dass die Übertragung der Inhalte von einem Punkt aus zu einer Gruppe verläuft. Im Gegensatz zur Übertragung Punkt zu Punkt (Unicast) hat der Multicast einen Vorteil: Der Sender ist unabhängig von der Empfängerzahl und kann so immer die selbe Bandbreite für die Übertragung der Inhalte einplanen. 24

In der vorliegenden Arbeit soll aber IPTV in der Definition von BSF verstanden und betrachtet werden. Aber auch Mischformen zwischen IPTV, Internet-Fernsehen und VoD, wie Joost und Maxdome werden in den nächsten Kaptiteln noch ausführlich behandelt.

2.1.4 Triple Play

Wenn man über IPTV spricht, darf man den Begriff „Triple Play“ nicht außer Acht lassen, da gerade die Vermarktung der meisten IPTV-Angebote über das Triple Play laufen. Unter Triple Play versteht man die Vermarktung von Telefon (meist mit einer Festnetzflaterate über Voice over IP 25a gekoppelt), Breitband-Internet über Kabel oder DSL-Leitung und IPTV oder VoD- Angebote. Der größte Anbieter in der Bundesrepublik ist die Deutsche Telekom mit T-Home. Das Besondere von Triple Play ist, dass alle Angebote aus einer Hand d.h. von einem Provider zur Verfügung gestellt werden. Triple Play ist ein relativ neuer Marketingbegriff. Erst am 17. Oktober 2006 startete z.B. das Triple Play Angebot der T-Com (Deutsche Telekom). Neben dem Triple Play liest man im Netz oft auch den Begriff „Quadruple Play“. Dieser Neo- logismus versteht sich als Erweiterung des Triple Play und beinhaltet neben den schon ge- nannten Angeboten noch den Bereich Mobilfunk. Beispielsweise vermarktet der Internet- dienstleister „1und1“ (United Internet) unter dem Namen 4DSL, neben den schon angeführ- ten Diensten: Internet, VoD, VoIP, auch eine Handyflaterate für das deutsche Festnetz.

Neben den klassischen Telekommunikationsunternehmen, wie HanseNet (Alice), Arcor und der T-Com, kommen immer mehr Kabelanbieter mit Triple-Play Angeboten auf den deut- schen Markt: in Bayern ist es z.B. „Kabel Deutschland“ und in Hessen der Kabelanbieter „ie- sy“. 25b

2.1.5 Konvergenz

Der Begriff Konvergenz ist in vielen Bereichen und Fachrichtungen anzutreffen. Zu Beginn der Begriffsdefinition soll eine allgemeine Definition aus dem Computer Fachlexikon stehen. Es ist dort zu lesen, dass Konvergenz „gegenseitige Annäherung“ meint. Konvergenzen finden, in einer sehr starken Ausprägung, im Mobilfunkbereich statt. Im Endgerät Handy ver- schmelzen inzwischen Computer (Pocket PC), GPS-Navigationsgeräte, MP3-Musik-Player und Telekommunikationsfunktionen miteinander. In der Medienwelt meint Konvergenz das sukzessive Zusammenwachsen von Unterhaltungselektronik, Informationstechnik und Tele- kommunikation. 26

Medien werden im Zuge der Konvergenz also mehr und mehr integriert. Daher spricht man häufig auch von der Medienkonvergenz. Im Bereich des iTV und IPTV verschmelzen die Medien Fernsehen und Internet. Zunächst war der Ansatz der Entwicklung, das Fernsehen mit dem Internet und das Internet mit dem Fernsehen in einem Endgerät zu vereinen. Hierzu entwickelte z.B. Schneider Computer Ende der 90er Jahre eine Set-Top-Box für den TV und ermöglichte so den Zugang zum Internet über Modem vom Fernsehen aus. Heute sind der- artige Geräte bzw. Funktionen bereits in einigen Spielkonsolen, wie der Nintendo Wii oder der XBOX 360 von Microsoft integriert. Zu beachten hierbei ist, dass durch das TV der 90er und dem Internet zwei, auch von der Technik, sehr unterschiedliche Medien verschmelzen sollten: Das analoge TV und das digitale Internet. Die aktuelle Entwicklung der Konvergenz geht weiter als noch in den 90er Jahren. Beim IPTV verschmelzen zunächst zwei digitale Medien und ferner sind die Endgeräte heute wesentlich erschwinglicher, als noch vor zehn Jahren. Aktuelle Studien, die im Laufe der Arbeit noch genauer dargestellt werden, sehen die nächsten Jahrzehnte von einer immer stärkeren Integration und Konvergenz geprägt, da die Nutzerakzeptanz für Konvergenz-Geräte immer weiter zunimmt. Primär ist Konvergenz meist etwas, dass sich auf der technischen Ebene abspielt. Gerade diese technischen Prozesse beeinflussen aber auch die Nutzerseite sehr. Fraglich bleibt, ob das aktive Medium Internet und das passive Konsummedium Fernsehen wirklich erfolgreich zu einem Mischmedium aus „lean-back“ und „lean forward“ verschmelzen können. Antwort auf diese Frage versucht der Autor im Punkt „Konvergenzprozesse“ zu geben. Abschießend sind noch die vier Ebenden der Konvergenz zu betrachten. Nach Beckert verläuft die Annäherung auf den Ebenen: Inhalte, Geräte, Netze und Dienste. Bei Inhalten meint Beckert z.B. Filme, Informationen oder Nachrichten allgemein. Die Ebene Geräte verweist auf den PC, die Set-Top-Box und das Kabel- oder DSL-Modem. Unter Dienste versteht Beckert den Rundfunk, Abrufdienste (On-Demand) und die Kommunikation. In die Ebene Netze fällt der Mobilfunk, Glasfasernetze, Kabel- und DSL-Netze. Nach Beckert verschmelzen diese Ebenen nun zu einer „technischen Konvergenz der Medienformen“. Die Ebenen wachsen so im Bereich Text/ Bild, Video und Audio zusammen. Die Schnittmenge aus diesen Bereichen bildet dann die Medienkonvergenz. 27

2.2 Rahmenbedingungen für IPTV und für das iTV

Fernsehen passiert nicht im luftleeren Raum. Egal ob in der Technik, der Wirtschaft oder Ge- sellschaft immer werden Entwicklungen von Faktoren beeinflusst, die mittel- oder unmittelbar zu deren Erfolg oder Misserfolg beitragen. Besonders in den letzten Jahren war die Medien- welt der Deregulierung (Telekommunikationsmarkt) und Globalisierung (Fernsehmarkt) ausgesetzt. Ferner entstanden. nicht nur durch das Internet, neue Produktions- und Distributionstechniken. Nicht zuletzt durch diese Entwicklungen wachen Märkte mehr und mehr zusammen. Auch ändert sich nicht zuletzt durch die neue Technik das Nutzungs- verhalten der Zuschauer und Anwender. In Folgenden sollen daher die veränderten wirtschaftlichen, ökonomischen, politischen und medienrechtlichen Rahmenbedingungen für das IPTV und das interaktive Fernsehen Eingang in die Arbeit finden.

2.2.1 Veränderte medienökonomische Rahmenbedingungen

Das deutsche Rundfunksystem nach 1945 schloss zunächst die Privatisierung und die da- durch verbundene Kommerzialisierung der Medien aus. Mit der Schaffung des dualen Systems im Jahre 1984 (das öffentlich-rechtliche - ARD, ZDF, Dritte - Fernsehen mit Bildungsauftrag und das kommerzielle marktorientierte Fernsehen) ergab sich nicht nur eine kulturelle Wende, sondern auch eine wirtschaftliche Umwälzung im TV-Bereich. 28 Durch Einführung des dualen Systems wurde der Weg frei für eine starke Kommerzialisierung und Privatisierung der deutschen Medienwelt. In den 90er Jahren wurden auch durch die Deregulierung des Kabel-TV und Telekommunikationsmarktes er- hebliche Impulse freigesetzt, die sowohl für die Konsumenten, als auch für die Netzanbieter positive Auswirkungen hatten. Zudem wurden diese Deregulierungstendenzen vor dem Hintergrund der neu auf den Markt kommenden Kabel- und Satellitentechnik vollzogen. Durch die neuen Techniken wurden Engpässe bei den Übertragungsmöglichkeiten auf- gehoben. 29 Durch die Technik des SDV werden die Übertragungsmöglichkeiten von Inhalten über IPTV in der letzten Zeit noch weiter ausgedehnt. Eine zu starke Deregulierung kann aber auch zu negative Konsequenzen führen. Eine solche Konsequenz könnte das ver- stärkte Auftreten von Pay-TV Inhalten oder Zahl-Kanälen auf dem Markt sein. In den letzten Jahren ist zu beobachten, dass das Wachstum des digitalen Fernsehens (dTV) eng mit dem Auftreten von Pay-TV-Angeboten verknüpft ist. Ein Zusammenhang zwischen dTV und Pay- TV muss aber nicht zwingend bestehen, fällt aber beim Angebot von T-Home, welches noch ausführlich besprochen wird, stark ins Auge. Den Begriff Pay-TV kann hierbei in den Entgelt- formen unterschieden werden. Diese Entgeltformen treten oftmals als Mischform auf:

- Pay per View: Hier zahlt der Zuschauer nur die Inhalte, die er auch nutzt bzw. anschaut.
- Pay per Channel: Der Zuschauer zahlt für den Empfang eines sonst verschlüsselten Programms (z.B. Premiere). 30
- Entgelte für die Speicherung von Inhalten: Kosten fallen dann ab, wenn Inhalte abgerufen werden und vom Nutzer auf sein eigenes Speichermedium abgelegt werden.
- Entgelt für Dienstleistungen und für die Übertragung (Übertragungskosten), wenn diese Dienstleistungen in Anspruch genommen werden. 30

Die momentane Situation des Bezahlfernsehens in Deutschland ist nicht rosig. Premiere hat derzeit nur rund drei Millionen Abos und nur 70.000 HD-Kunden, die das hochauflösende HD-Angebot „Premiere HD“ abonniert haben. Angesichts der 40 Millionen Fernsehhaushalte in Deutschland ist dies eine sehr geringe Zahl. Am gesamten Fernsehmarkt hält Premiere somit nur 7,5 Prozent. Die Ursachen für diesen geringen Marktanteil kann man in den hohen Kosten für das Angebot finden. 31 Allein Premiere HD schlägt mit 9,99 Euro im Monat zu Bu- che. Der Digital Receiver wird von Premiere mit nochmals 69,- Euro in Rechnung gestellt. Eine ähnliche Preisgestaltung fahren auch andere Anbieter wie Maxdome. Einzeln abonniert kostet das VoD-Basis-Angebot „Movie-Flat“ der Pro7 Gruppe rund 10 Euro pro Monat. Pre- miere versucht seit kurzer Zeit durch sein Angebot „Premiere Flex“ frischen Wind ins

Geschäft zu bringen. Ähnlich wie bei einer Handy-Prepaid-Karte kann der Premierekunde ein Wertguthaben in einer Staffelung von 25 Euro, 50 Euro oder 75 Euro erwerben und dieses dann für die Abrufe einzelner Inhalte verwenden. 32 Zu den Gebühren kommt natürlich meist die Gebühren für den Kabelanschluss und die GEZ-Gebühren im Höhe von 17,03 Euro (Radio und Fernsehen) hinzu.

2.2.2 Veränderte technische Rahmenbedingungen

In Deutschland ist die TV- und Internet-Infrastruktur jedenfalls in den Hauptstrecken (Back- bones 33 ) gut ausgebaut. Lediglich im Ostdeutschland bestehen durch die frühe Digitalisierung der Telefonnetze nach der Wende durch ISDN, Probleme beim Ausbau von DSL-Anschlüssen. Hier könnten drahtlose Breitbandlösungen, wie z.B. WiMAX oder UMTS 34 Abhilfe schaffen. Auch die Kabelanbieter bemühen sich Ihr Kabelnetz sternförmig und damit rückkanal- und so internetfähig zu machen. Allgemein gilt aber, dass die Übertragung der TV-Singale vom Provider zum Anwender über gute Hauptverbindungsnetze führt. Diese Netze sind auch problemlos aufrüstbar.

Das gleiche gilt auch für Internet-Netzwerke über Telefon bzw. Kupferleitungen. Ein Problem besteht aber in der Überwindung der sog. letzten Meile. Die letzte Meile ist die Verbindungs- strecke zwischen den Vermittlungsstationen und den einzelnen Haushalten. Hier gilt, je weiter der Hausanschluss von der Vermittlungsstelle entfernt ist, um so weniger Bandbreite kann der Provider dem Kunden anbieten. Dieses Thema ist aber nur für den Gedanken der Grundversorgung der Bevölkerung relevant, da dieses Probleme meist auf dem Land auftreten.. Die meisten Geschäftsmodelle zielen eh auf die Städte ab und in den Städten und Ballungszentren ist diese technische Seite hingegen kein Problem. Die Deutsche Telekom bietet in den meisten deutschen Städten T-DSL (Digital Subscriber Line) Verbindungen bis zu 16 Mbit/Sekunde an. In den Städten München, Nürnberg, Fürth, Leipzig, Berlin, Hamburg,

Hannover, Düsseldorf, Köln, Offenbach und Stuttgart ist sogar VDSL mit Übertragungsraten von 25 MBit/s im Downstream oder stellenweise sogar bis zu 50 MBit/s im Downstream verfügbar (Stand: Mai 2007). 35 VDSL (Video Digital Subscriber Line) ist die Vorbedingung für das Abo eines IPTV-Dienstes. Im Gegensatz zu VDSL muss bei ADSL2+ die technische Ausstattung der DSL-Netze nicht umgebaut werden. Mit ADSL2+ wird die Verfügbarkeit von IPTV-Angeboten und damit die Markdurchdringung in Deutschland weiter steigen. ADSL2+ liefert im Idealbereich bis zu 25 MBit/s im Downstream und erfordert nicht so hohe Investitionen wie VDSL, reicht aber schon für normales IPTV aus. Die Bemühungen der An- bieter richten sich also auf den Ausbau einer adäquaten Infrastruktur für private Haushalte. Gerade dafür scheint der „vierte“ TV-Übertragungsweg über IP, neben Kabel, Satellit und Ter- restrischen Empfang die wohl beste Möglichkeit zu sein, iTV zu verwirklichen. 36 Mit dem „vierten“ Übertragungsweg „wird das Potenzial an möglichen TV-Kanälen immens wachsen. Zahlen im vierstelligen Bereich sind nicht unrealistisch. Das technisch Machbare ist also kaum mehr ein Begrenzungsfaktor. Aber es müssen Inhalte geschaffen werden. Und die dürften künftig verstärkt auch von den Unternehmen kommen. Vor allem von jenen, die breite Zielgruppen unter den Endconsumern erreichen wollen. Aber auch kleinere und sehr speziel- le Zielgruppen sind über IPTV adressierbar“. 37

Abschießend kann man sagen, dass in Deutschland die Infrastruktur auf der „letzten Meile“ noch unzureichend ist, aber dass die Telekommunikationsanbieter und Kabel- netzbetreiber den Trend erkannt haben und in den nächsten Monaten schnell die nötige Infrastruktur bieten werden. Auf die technischen Grundlagen für IPTV und interaktives Fern- sehen wird der Autor im Punkt „technische Grundlagen“ noch genauer eingehen.

2.2.3 Veränderte medienrechtliche und medienpolitische Rahmenbedingungen

Die Medien beeinflussen die persönliche Entfaltung und das Hineinwachsen in Kultur und Gesellschaft. Die freien Medien sind Garant für den Bestand der Demokratie. 38 Das Medienrecht in der Bundesrepublik Deutschland hat seinen Ursprung im Artikel 5 des Grund- gesetzes. Aus diesem Artikel leiden sich die Grundrechte ab, die auch als Kommunikations- grundrechte bezeichnet werden. Der Artikel 5 ist somit der Rahmen jedes medienrechtlichen Handels. Der Staat muss mit Gesetzen das „Recht auf freie Meinungsäußerung“, welches in Art. 5 GG verankert ist gewährleisten, aber auch für Ordnung und Rechtssicherheit in der Medienwelt sorgen. 39 Ferner muss man anführen, dass im Gegensatz zur Meinungsfreiheit die Medienfreiheiten (Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit) nach dem Bundesverfassungsge- richt (BVG) nicht um ihrer selbst geschützt werden, sondern aufgrund Ihrer „dienenden“ Funktion. Durch die Medienfreiheiten soll primär sicher gestellt werden, dass die Massen- medien ihre Rolle als Medium wahrnehmen können und so zur öffentlichen Meinungs- und Willensbildung beitragen. 40 In Deutschland hat sich das sog. pyramidale Rechtssystem etabliert. Vereinfach ausgedrückt bricht Bundesrecht meist Landesrecht, wenn die Rechts- normen im Bundesrecht eindeutig bestimmt sind. Bei der Erteilung von Sendelizenzen und bei der Aufsicht über die Programme haben die Länder die Aufsicht (Kulturhoheit). Beim Auf- bau einer neuen technischen Infrastruktur (z.B. UMTS-Infrastruktur) hingegen ist die Kompetenz des Bundes relevant. Beim interaktiven Fernsehen und dem IPTV kann diese Zuständigkeitsdiskrepanz zu Problem führen. Aufgrund dieser verteilten Zuständigkeit bes- teht beim Ausbau des iTV und des IPTV ein erheblicher Abstimmungsbedarf zwischen den zuständigen Parteien. Ein weiteres Problem könnte die Gesetzgebung der EU (Europäische Union) darstellten. Durch die von der Union beabsichtigten Angleichung der Lebensverhält- nisse aller Unionsbürger betreibt die EU auch eine Angleichung der Gesetzgebung. Dies führt oft zu einer Diskrepanz zwischen EU-Recht und dem gültigen Recht der Mitglieds- staaten. Die Mitgliedsstaaten sind aber gezwungen EU-Recht in gültiges Staatsrecht umzu- setzen, was oft dazu führt, dass notwendige Gesetze oft lange brauchen, um gültiges Recht zu werden. Ein Beispiel für die Fixierung zahlreicher EU-Richtlinien ist der am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Rundfunkstaatsvertrag (RStV). Dieser Staatsvertrag wurde konsolidiert, um den neuen technischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingun- gen einen gültigen Rechtsrahmen zu bieten. 41a

Anfang dieses Jahres (2007) konkretisierte sich, als Folge der Konvergenz, eine erste recht- liche Konsequenz: Vereine, Unternehmen und Selbstständige müssen für Ihren Internet-PC oder UMTS Handy Rundfunkgebühren in Höhe von 5,52 Höhe zahlen. Die GEZ begründet dies mit dem zunehmenden Angebot von TV- und Radio-Live-Streams z.B. der Tagesschau oder des HR (Hessischer Rundfunk) über das Internet. Die ARD begründet die Maßnahme wie folgt: „Die ARD begründet den ermäßigten Beitrag (sonst sind für Fernsehen und Radio rund 17 Euro fällig) wie folgt: "Für eine Gebührenpflicht neuartiger Rundfunkempfangsgeräte sollte der Stand der technischen Entwicklung maßgebend sein: Während über das Internet derzeit bereits fast sämtliche öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Radioangebote live empfangbar sind, sieht die Situation beim so genannten Video-Streaming von Fernsehpro- grammen gänzlich anders aus. Im Internet wird die Fernsehwelt nicht annähernd so abgebildet, wie es beim Radio der Fall ist". 41b

Die in Punkt 2.1.5 beschriebene Konvergenz der Medien führt zwangsläufig auch zu einer Konvergenz des Rechts. Zunächst scheint die Konvergenz der Medien nur die technische Ebene zu beherrschen. Die Medienrechter sind sich aber einig, dass dieser deskriptive Zu- sammenhang von Medien auch normative d.h. rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen muss. Dies ist nötig, um zu gewährleisten, dass das Medienrecht und das Recht allgemein seiner Ordnungsfunktion gerecht werden kann. Das Recht muss sich so der Komplexität der Lebenssachverhalte anpassen. Momentan wird, wie schon oben kurz angedeutet, zwischen der Ebene der Tele-, Rundfunk- und Mediendienste auf der einen Seite und der Netzebene auf der anderen Seite unterschieden. Auf der Netzebene besteht die gesetzliche Regelung im Telekommunikationsgesetz. Auf der Ebene der Tele-, Rundfunk und Mediendienste ist die Gesetzgebungskompetenz schon aufgesplittet. Rundfunk- und Mediendienste sind Sache der Bundesländer, Teledienste werden dagegen vom Bund geregelt. Daraus entsteht das Problem der mangelhaften Konvergenztauglichkeit der Medienordnung. Die Konvergenz an sich ist nur ein Befund. Daraus muss aber nicht zwangsläufig etwas Rechtliches resultieren. Natürlich kann man behaupten, dass sich das Recht dem Befund anpassen müsse. Aber es dürfen aus dem Fakt der Konvergenz keine unmittelbar rechtlichen Konsequenzen gezogen werden. Hier ist die Politik gefragt dieses „Problem“ zu diskutieren und Schlüsse daraus ab- zuleiten, um eine reibungslose und freie Entwicklung der Medien zu gewährleisten.

Ansonsten würde vom Sein der Konvergenz auf ein Sollen geschlossen werden uns so das Risiko von Fehlentscheidungen vorprogrammiert werden. Die politische Diskussion dagegen ist etwas, was eine größere Übereinstimmung zwischen Rechtsordnung und Lebenswelt fin- den könnte. Die Konvergenz kann so kein Rechtsprinzip des Medienrechts werden, sondern sollte als etwas Faktisches gesehen werden, dass nicht zwangsläufig in etwas Normatives münden muss. 42

Ferner führen die neuen Techniken, wie IPTV, iTV und VoD zu einem Problem der rechtlichen Definition von Rundfunk. Ruhrmann und Nieland beziehen sich bei dieser Problematik in ihrem Buch auf Hoffmann-Riem und Vesting. Die Autoren sehen den Rund- funk im Sinne des Grundgesetzes dann, wenn Sendungen mit publizistischen Inhalten an ein Massenpublikum oder einen „individuell nicht bestimmten Personenkreis“43 über Kabel, Luft und Satellit verbreitet werden. Somit sind auch viele Inhalte des IPTV und iTV Rundfunk. 44

2.3 Nutzer des iTV und IPTV

Der deutsche iTV und IPTV Markt ist im europäischen Vergleich noch kaum entwickelt. Während in Deutschland momentan rund 35.000 Zuschauer IPTV nutzen. waren es in Frank- reich Ende 2006 bereits 1,3 Millionen Nutzer. 45 Vorreiter im Bereich iTV in Europa ist Groß- britannien. Zwei der führenden Sender BBC und SKY setzten sich mit dem Thema iTV schon sehr früh auseinander. Alleine der Sender SKY digital versorgt inzwischen mehr als sieben Millionen Haushalte mit iTV. 46 In Deutschland bestehen aufgrund der vergleichsweise geringen Zuschauerzahlen wenig Erfahrungswerte und aussagekräftige Studien im Bereich ITV und insbesondere im Feld IPTV. Eine Möglichkeit wäre alte Studien der „Arbeitsgemein- schaft Fernsehforschung auf (ADR) iTV und IPTV abzuklopfen. Zwar bietet die ADR eine Studie auf Basis der Sinus Milieus 47 an, doch sagt diese lediglich aus, dass besonders die Gruppe der „Modern Performer“48 mit einem Anteil von 40 Prozent überdurchschnittlich oft das Internet pro Woche nutzen und auch über dem Durchschnitt TV konsumiert (66 Prozent), aber daraus ableiten zu wollen, dass dieses Milieu auch vermehrt iTV oder IPTV Inhalte nutzt scheint etwas konstruiert. 49 Hier lohnt ein Blick über den Kanal nach Großbritannien. Auf der einen Seite ist iTV dort sehr gut erforscht und auf der anderen Seite ist Großbritannien der größte iTV-Markt Europas. Hachmeister und Zabel teilen die britische Bevölkerung in Anlehnung an das Forschungsinstitut Continental Research in fünf soziodemografische Einheiten ein. 50

Die erste Gruppe sind die „Front Runners“. Diese Gruppe ist meist männlich, hat eine gutes bis sehr gutes Einkommen, ist sehr an Technik interessiert, nutzt das Internet überdurch- schnittlich viel, mehr als die Hälfte dieser Gruppe nutzt ebenfalls digitales Fernsehen. Die „Front Runners“ sind eine Art „Vorkämpfer“. Sie nutzen auch verstärkt interaktive Spiele. Der Anteil der „Front Runners“ an der Gesamtbevölkerung Großbritanniens beträgt sechs Prozent. Die zweite Gruppe werden mit „Move with the Times“ umschrieben. Auch diese Gruppe ist eher männlich, höher gebildet und nutzt das Internet stark. Über die Hälfte der „Move with the Times“ nutzten digitales Fernsehen. Auch diese Gruppe nutzt interaktive Spiele stark. Diese Gruppe macht rund 30 Prozent der britischen Bevölkerung aus. Die nächste Gruppe wird als „Laggards“ bezeichnet. Der niedrige Bildungsgrad geht mit einer geringen Internetnutzung einher. Weniger als die Hälfte dieser Gruppe hat digitales Fernsehen. Die vierte Gruppe ist überwiegend weiblich, älter, verfügt über eine geringe for- male Bildung, nutzt nur ab und an das Internet und stellt knapp 22 Prozent der britischen Be- völkerung. In der Studie werden diese als „Quill Pens“ bezeichnet. In dieser Gruppe haben nur 40 Prozent digitales Fernsehen. Die letzte Gruppe taucht unter der Bezeichnung „Digital Refuseniks“ auf. In diese Gruppe fallen überwiegend ältere Singles mit einem relativ niedri- gen Einkommen, einem niedrigen Bildungsgrad. Diese Gruppe hält am alten analogen Fern- sehen fest und verneinen meist den Umstieg auf das dTV.

Das die Lebensqualität und die Lebensumstände in Großbritannien und Deutschland relativ ähnlich sind, kann man davon ausgehen, dass eine ähnliche Eingruppierung auch in Deutschland zu einem ähnlichen Ergebnis führen kann. 50

2.4 Technische Grundlagen von iTV und IPTV

In diesem Abschnitt sollen die teilweise schon angesprochenen technischen Grundlagen des iTV und IPTV geklärt werden. Da die vorliegende Arbeit keine primäre technische Ziel- setzung hat, ist dieses Kapitel zwar ausführlich, taucht aber nicht bis ins tiefste Detail der Fernseh- und Internettechnik ab, sondern erklärt kurz und übersichtlich die technischen Grundlagen, die für das Verständnis der Arbeit von Bedeutung sind.

2.4.1 Derzeitige technische Situation in der Bundesrepublik

Die technische Basis von iTV und IPTV setzen sich aus Teilen der Fernseh- und Internettechnik zusammen. Negroponte bezeichnete 1997 den Fernsehapparat als das wahrscheinlich dümmste Elektrogerät im Haushalt. Dies ist bei heutigen TV-Apparaten nicht mehr der Fall. 51 PC und Fernseher verschmelzen immer mehr.

Zwar befindet sich die Übertragungstechnik meist noch auf dem Stand der 90er Jahre, aber durch das digitale Pay-TV, der Umstellung auf DVB-T und der Einführung von IPTV werden die TV-Geräte immer „intelligenter“ - nicht zuletzt durch Set-Top-Boxen, die den Empfang der neuen Fernsehwelt erst ermöglichen. Ferner werden HDTV-Geräte, also hochauflösende Fernseher auf LCD oder Plamsa-Basis immer günstiger und so auch beliebter. Viele Sen- dungen werden daher in-zwischen in 16:9 und z.B. bei Pro7 mehr und mehr in HD-Qualität ausgestrahlt.

2.4.1.1 Terrestrische Technik

Das „elektronische Teleskop“ von Paul Nipkow gilt als Vorläufer des Fernsehens. Im Jahr 1883 demonstrierte Nipkow seine Scheibe. Diese Scheibe zerlegte einen Lichtstrahl in Licht- punkte. Durch diese Technik erstand der Eindruck von Bewegung. 1904 gelang es Arthur Korn ein Bild von München nach Nürnberg und 1910 von Berlin nach Paris zu senden. Durch Korns Entwicklung konnten erstmals Standbilder über weite Strecken übermittelt werden. Der eigentliche Durchbruch für die Fernsehtechnik war die Erfindung der Braunschen Röhre um die Jahrhundertwende. Die Braunsche Röhre erzeugte einen Kathodenstrahl. Diesse Strahlen können über magnetische Felder sehr exakt Stromschwankungen aufzeigen. Mit dieser Technik konnten Fernsehbilder durch den Einsatz von Radiowellen anstellen des Ka- bels übertragen werden. 52 Dies war die Geburtsstunde des terrestrischen Bild-Rundfunks. Spätere Entwicklungen führten zu einer raschen Verbreitung des Fernsehens besonders nach 1945. In Deutschland setzte sich 1967 die Farbfernsehnorm PAL (Phase Alternating Line) mit einer Auflösung von 720 x 576 Bildpunkten durch. In den USA setzte man auf den NTSC (National Television Systems Committee) und in Frankreich auf den SECAM (Sequen- tial Couleur avec Memoire) Standard. In den Zeiten der Digitalisierung verlieren diese Stan- dardisierungen zunehmend an Bedeutung und werden von digitalen Verfahren wie MPEG 2 oder MPEG 4 abgelöst. 53 Die terrestrische Technik ist für das iTV nicht sehr interessant, da es in seiner technischen Ausprägung keinen unmittelbaren Rückkanal für Mehrwehrtdienste bietet. Seit dem 29. Mai 2006 wurde des analoge terrestrische Fernsehen in Hessen abge- schaltet und durch den DVB-T Standard ersetzt. DVB steht für Digital Video Broadcasting Terrestrial. Bei DVB-T können statt bisher vier (ARD, ZDF, Hessischer Rundfunk, Bayrischer Rundfunk) nun mehr als zehn Programme in digitaler Qualität über Antenne und Decoder empfangen werden. Bis 2010 soll DVB-T in ganz Deutschland zur Verfügung stehen. 54

[...]


1 Vgl. Brecht (1982), S. 5f.

2 Vgl. Gründel (2006), Spiegel Online

3 Vgl. Technology Review (2006)

5 Vgl. Steinmetz (2000), S. 850f.

6 Vgl. Negroponte (1997), S. 67.

7 Vgl. Emmelius, Simon; Johns, Max (2000).

8 Vgl. Böck-Bachfischer (1996), S. 12.

9 Quelle: Beckert (2003), S. 73; Ruhrmann/Nieland (1997), S. 87f.,Eigene Darstellung.

10 Vgl. Goertz, (2004), S. 4f.

11 Quelle: Ruhrmann/Nieland (1997), S. 85. Eigene Darstellung.

12 Vgl. Ruhrmann/Nieland (1997) S. 86f.

13 Vgl. Brenner/Kolbe (1996), S. 339.

14. Vgl. Schwalb (2004), S. 1.

16 Vgl. Pixelpark (2005), S. 4.

17 „High Definition Television (HDTV, engl. für Hochauflösendes Fernsehen) ist ein Sammelbegriff, der eine Reihe von Fernsehnormen bezeichnet, die sich gegenüber dem herkömmlichen Fernsehen (standarddefinition TV oder SDTV) durch eine erhöhte vertikale, horizontale und/oder temporale Auflösung auszeichnen. Damit geht die Umstellung des Seitenverhältnisses von 4:3 auf 16:9 einher. Für Übertragungen in HDTV wird eine erhöhte Bandbreite benötigt. Mit Codecs wie MPEG-4 oder Windows Media Video 9 (WMV HD) benötigen HDTV-Daten immer noch ungefähr 8 MBit/s“. (vgl. FutureTech News, Ausgabe 03/2005, S.6) 18

18 FutureTech News (2005), S. 6 - S. 7.

19 Vgl. Pixelpark (2005), S. 4f.

20 Unter Enhanced TV versteht man zusätzliche Informationsdienste, die parallel zum TV-Angebot abgerufen werden können. Ein bereits seit über 20 Jahren existierendes Beispiel für Enhanced TV ist der klassische analoge Videotext. vgl. Pixelpark (2005), S. 4-5.

21 Vgl. Bonsiepe, (1996), S. 2-5.

22 Vgl. BSF (2006), S. 4f.

23 Quelle: BSF (2006), S. 3.

24 Vgl. Goldmedia (2006), S. 2f.

25 a VoiP ist ein Kürzel für „Voice over IP“. Diese Technologie nutzt das Internet und das Internet Protokoll, um Telefongespräche kostengünstig zu übertragen. Vgl. c´t (2006) S.178f.

25 b Zervos (2003) S. 84f.

26 Vgl. Computer Fachlexikon (1999), S. 397.

27 Beckert (2003), S. 397.

28 Glaser (2000), S. 459f.

29 vgl. Ruhrmann/Nieland (1997), S. 151.

30 vgl. Ruhrmann/Nieland (1997), S. 162.

30 vgl. Ruhrmann/Nieland (1997), S. 162.

31 vgl. digitalfernsehen.de (Abruf 11.05.2007)a.

32. vgl. premiere.de (Abruf 11.05.2007).

33 Eine Backbone ist eine Datenleitung mit einem hohen Datendurchsatz, die in der Regel Rechenzentren untereinander verbindet. Vgl. Computer Lexikon (2000), S. 33f.

34 Definition siehe Abschnitt „Technische Grundlagen“

35 vgl. t-home.de (Abruf 11.05.2007).

36 vgl. Kölner Stadtanzeiger Online (Abruf 11.05.2007.)

37 Zitat: Birkel (Abruf 10.04.2007).

38 vgl. Ruhrmann/Nieland (1997), S. 123.

39 vgl. Petersen (2003), S. 20f.

40 vgl. Branahl (2002), S. 17f.

41 a artikel5.de ( Abruf 14.04.2007). 41b golem.de (Abruf 14.04.2007).

42 vgl. Peterson (2003), S. 11 - 14.

43 Zitat nach Ruhrmann/Nieland (1997), S. 240.

44. vgl. Ruhrmann/Nieland (1997), S. 240f.

45 vgl. Computerclub2 (Abruf 14.05.2007).

46 vgl. InteractiveMedia (2004), S. 18.

47 Sinus Milieus gehen von der Lebenswelt und dem Lebensziel der Menschen aus und nicht von formalen Kriterien. Die Sinus Sociovision entwickelte diesen Ansatz Ende der 70er Jahre. Die Sinus Milieus werden heute meist zur Marktforschung angewandt und dienen der Lebensweltforschung.

Vgl. AGF Sinus Broschüre (2002), S 5f.

48 Eine Gruppe der Sinus Milieus (Sinus C12). Diese Gruppe zeigt einen ausgeprägten Leistungswillen und strebt nach persönlicher Selbstverwirklichung. Das Leben der „Modern Performer“ soll schnell, mobil, flexibel und innovativ sein. Vgl. AGF Sinus Broschüre (2002), S 13.

49 Vgl. AGF Sinus Broschüre (2002), S. 26 - 27.

50 Vgl. Hachmeister/Zabel (2003), S. 152f.

51 vgl. Negroponte (1997), S. 30.

52 Vgl. Schmitz/Helmke (2005), S. 1-2.

53 Vgl. Steinmetz (2000), S. 95-96.

54 Vgl. hr-online.de (Abruf 01.05.2007).

Ende der Leseprobe aus 105 Seiten

Details

Titel
IPTV und Interaktives Fernsehen - Technische Grundlagen, Der Markt, Die Zukunftsaussichten
Hochschule
Hochschule Darmstadt
Note
1.3
Autor
Jahr
2007
Seiten
105
Katalognummer
V186619
ISBN (eBook)
9783656996644
ISBN (Buch)
9783656996743
Dateigröße
9702 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
iptv, interaktives, fernsehen, technische, grundlagen, markt, zukunftsaussichten
Arbeit zitieren
Diplom Online-Journalist (FH) Michael Johannes Manger (Autor:in), 2007, IPTV und Interaktives Fernsehen - Technische Grundlagen, Der Markt, Die Zukunftsaussichten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186619

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