Umweltbelastungen und Umweltschutz bei Olympischen Sommerspielen - Anspruch und Wirklichkeit an den Beispielen Sydney 2000 und Athen 2004


Diplomarbeit, 2007

178 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Anhangverzeichnis

Danksagung

1. Einleitung

2. Forschungsstand

3. Aufbau und Methodik der Arbeit

4. Terminologische Abgrenzungen

5. Umweltbewusstsein, umweltgerechtes Verhalten und ökologische Kommunikation

6. Entwicklung des Umweltschutzes und dessen Problemfelder

7. Der Umweltschutz der Olympischen Bewegung
7.1. Der Umweltschutz in der Olympischen Bewegung
7.2. Die Entwicklung des Umweltschutzes in der Olympischen Bewegung
7.3. Die Umsetzung des Umweltschutzanspruches in der Olympischen Bewegung

8. Umweltproblematik und Umweltschutzmöglichkeiten Olympischer Sommerspiele
8.1. Planung und Organisation
8.2. Bauliche Maßnahmen
8.3. Transport und Verkehr
8.4. Ressourcen- und Abfallmanagement
8.5. Zusammenfassung

9. Die Olympischen Spiele in Sydney
9.1. Bewerbungs- und Vorbereitungsphase der XXVII. Olympischen Sommerspiele
9.2. Umweltschutz und Umweltbewusstsein in Australien
9.3. Das Sportstätten- und Umweltschutzkonzept in Sydney
9.3.1. Bauliche Maßnahmen und die Umsetzung der Umweltschutzmaßnahmen
9.3.2. Transport und Verkehr
9.3.3. Ressourcen- und Abfallmanagement
9.3.4. Zentrale Umweltprojekte: Homebush Bay und das Olympische Dorf
9.3.5. Umweltbildungsmaßnahmen und -effekte der Spiele in Sydney
9.4. Die Zeit nach den Spielen - Nachhaltigkeit in Sydney
9.5. Beurteilung der Olympischen Spiele in Sydney

10. Die Olympischen Spiele in Athen
10.1. Bewerbungs- und Vorbereitungsphase der XXVIII. Olympischen Sommerspiele
10.2. Umweltschutz und Umweltbewusstsein in Griechenland
10.3. Das Sportstätten- und Umweltschutzkonzept in Athen
10.3.1. Bauliche Maßnahmen und die Umsetzung der Umweltschutzmaßnahmen
10.3.2. Transport und Verkehr
10.3.3. Ressourcen- und Abfallmanagement
10.3.4. Zentrale Umweltprojekte: Schinias und Markopoulo
10.3.5. Umweltbildungsmaßnahmen der Spiele in Athen
10.4. Die Zeit nach den Spielen - Nachhaltigkeit in Athen
10.5. Beurteilung der Olympischen Spiele in Athen

11. Umweltschutz in Sydney 2000 und Athen 2004 - Parallelen und Gegensätze

12. Umweltschutz - Dritte Säule der Olympischen Bewegung?

13. Ausblick

14. Zusammenfassung

Literatur- und Quellenverzeichnis

Internetquellen- und E-Mailverzeichnis

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Bewertungskriterien der IOC Evaluation Comission und deren Gewichtung

Tab. 2: IOC Wahlverlauf für die Ausrichtung der XXVII. Olympischen Spiele

Tab. 3: Election of the Host City for the Games of the XXVIII. Olympiad

Tab. 4: Überblick über die Umweltauswirkungen und -schutzmaßnahmen der Olympischen Spiele in Sydney 2000 und Athen

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Zielsystem umweltfreundlicher Olympischer Spiele

Abb. 2: Lage der olympischen Wettkampfstätten in Sydney

Abb. 3: Die Lage der Wettkampfstätten der 28. Olympischen Spiele in Athen

Abb. 4: Im Internet für die Vermarktung beworbene olympische Wettkampfstätten Abbildungen im Anhang:

Abb. 5: Abfalltrennsystem des SOCOG

Abb. 6: Abfalltrennsystem im Zuschauerbereich

Abb. 7: Umweltbildung auf der offiziellen Homepage des SOCOG

Abb. 8: Konzept der Häuser im Olympischen Dorf

Abb. 9: Solarpaneele im Olympischen Dorf

Abb. 10: Umweltfreundliches Geschirr der Spiele in Sydney

Abb. 11: Umweltfreundliches Regal

Abb. 12: Hinweisschild zum Müllrecycling

Abb. 13: Umweltwerbekampagne der Olympischen Spiele

Abb. 14: Solartürme des Olympic Boulevard

Abb. 15: Solartürme des Olympic Boulevard

Abb. 16: Zuschauer der Kugelstoßwettbewerbe im antiken Olympia

Abb. 17: Zuschauerfläche nach Beendigung der Wettbewerbe

Abb. 18: Bepflanzung vor dem OAKA-Stadion

Abb. 19: Bodenversiegelung auf dem Geläde des Ruderzentrums in Schinias

Abb. 20: Olivenbäume in Markopoulo

Abb. 21: Solarkollektoren auf der Markopoulo-Wettkampfstätte

Abb. 22: Bebauungsplan des Olympischen Dorfes

Abb. 23: Realisierte Bebauung des Olympischen Dorfes

Abb. 24: Müllablagerungen neben der Wettkampfstätte in Schinias

Abb. 25: Überblick über das Gebiet Schinias

Abb. 26: Mülltrennsystem während den Spielen

Abb. 27: Mülltrennsystem 2 Jahre nach den Spielen

Abb. 28: Mülltrennsystem während der Spiele auf dem Hellenikon-Komplex

Abb. 29: Sammelbox der Firma Coca-Cola

Abb. 30: Beplanzung auf dem Faliron-Komplex

Abb. 31: Wasserverschwendung während den Spielen

Abb. 32: „Natürliche“ Überführung der Athener Ringautobahn

Abb. 33: Die Wettkampfstätte in Schinias

Abb. 34: Hellenikon-Komplex

Abb. 35: OAKA-Stadion

Abb. 36: Kodak Batterierecycling

Abb. 37: Keep the Venue Clean

Abb. 38: Environmetal Info Kiosk

Abb. 39: Umweltbroschüren

Abb. 40: Umweltbildung in einer Athener Metro Station

Abb. 41: Olympisches „Umweltmerchandising“

Abb. 42: Olympisches „Umweltmerchandising“

Abb. 43: Umweltlogo der Olympischen Spiele in Athen

Abb. 44: Environmental Info-Kiosk

Abb. 45: Please help save water

Abb. 46: Umwelterziehung in Athen

Abb. 47: Umwelterziehung in Athen

Abb. 48: OAKA

Abb. 49: OAKA

Abb. 50: Faliron-Komplex

Abb. 51: Faliron-Komplex

Anhangverzeichnis

Anhang 1: Die Greenpeace „Environmental Guidelines for the Summer Olympic Games“

Anhang 2: Bilder der Olympischen Spiele in Sydney

Anhang 3: Bilder der Olympischen Spiele in Athen

Anhang 4: 2005 Environmental Sustainability Index Report

Anhang 5: Nachhaltigkeitsindikatoren des OGGI-Programms

Danksagung

Ich möchte all jenen danken, die durch ihre fachliche und persönliche Unterstützung zum Ge- lingen dieser Diplomarbeit beigetragen haben: insbesondere Herrn Prof. Müller und Herrn Prof. Messing für die Betreuung meiner Diplomarbeit, für die wissenschaftlichen Ratschläge und zahlreichen Dokumente, die sie mir zur Verfügung stellten. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Craig Hassel, George Kazantzopoulus, Prof. Dr. Roy Panagiotopoulou, Julia Schmitz und Dr. Konstantin Souliotis für ihre Bereitschaft, mir ein Interview zu geben. Insbe- sondere Prof. Dr. Roy Panagiotopoulou gilt mein Dank für die Zusendung von Informations- materialien nach unserem Interview.

Die Mitglieder der Mainzer Forschungsgruppe Olympia waren mir ebenfalls behilflich, indem sie mich bei meiner Suche nach Informationen über den Umweltschutz bei den Olympischen Spielen in Athen 2004 unterstützten und mir ihre Fotos zur Durchsicht zukommen ließen. Mein Dank gilt ebenfalls der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, deren Förderungsstipendium mich finanziell bei der Erstellung dieser Arbeit unterstützte. Schließlich möchte ich mich bei Frau Eckert und Frau MacIntosh, Mitarbeiterinnen des Olympischen Museums in Lausanne bedanken, welche mir äußerst hilfsbereit Auszüge aus den Bidbooks von Sydney 2000 und Athen 2004 zukommen ließen.

1. Einleitung

Der Umweltschutz hat in den letzten Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewonnen. Dies zeigen unter anderem die aktuellen Diskussionen in Politik und Gesellschaft über die Ursa- chen des Klimawandels, die Zunahme an Medienbeiträgen über diese Thematik und neue Ordnungs- und Rechtsregelungen, welche die Umwelt schützen und bewahren sollen. Die Auswirkungen der unterschiedlichsten, teils irreversiblen Umweltschädigungen in der Ver- gangenheit führten insbesondere in den westlichen, wohlhabenden Nationen der Erde zu einer Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung für diese Problematik. Der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen für heutige und künftige Generationen nimmt dabei als langfristiges Ziel eine zentrale Stelle ein und wurde mit dem Schlagwort der Nachhaltigkeit verbalisiert.

Ökologische Probleme sind nicht durch eine einzig national ausgerichtete Umweltpolitik zu lösen, sondern erfordern internationale, politische Grundlagen. In nationalen wie auch transnationalen Gesetzen und Vereinbarungen verankerte Handlungsrichtlinien sind jedoch noch kein Garant für den Erfolg von Umweltschutzmaßnahmen. Der Erfolg angestrebter Umweltschutzmaßnahmen verlangt neben einer ökologischen Effektivität und ökonomischer Effizienz insbesondere soziale Akzeptanz. Nur durch Akzeptanz und Unterstützung, nicht nur auf lokaler, sondern auch auf globaler Ebene können effektive, nachhaltige Lösungen gefunden und durchgeführt werden. Umweltwissen und praktische, vorbildhafte Beispiele, in allen gesellschaftlichen Teilbereichen, so auch im Sport, fördern soziale Akzeptanz (KUCKARTZ 1999, 221ff.) und helfen, Umweltbewusstsein zu verbreiten.

Zentrales Thema dieser Arbeit ist es, Umweltbelastungen und Umweltschutz bei den Olympischen Sommerspielen in Sydney 2000 und Athen 2004 zu untersuchen und zu prüfen, inwieweit der ökologische Anspruch der Olympischen Bewegung mit der Wirklichkeit über- einstimmt.

Gemäß der Olympischen Charta, der Satzung der Olympischen Bewegung, gehören al- le Organisationen wie auch Personen der Olympischen Bewegung an, die nach den Regeln der Olympischen Charta unter der Leitung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) geführt werden wollen (IOC 2004a, 10). Das IOC als global agierende Non-Governmental-Organisation, und somit die Olympische Bewegung, hat 1994 den Schutz der natürlichen Umwelt zu einem ihrer Ziele erklärt. Sie versucht durch den Sport, insbesondere in Gestalt der Olympischen Spiele, weltweit ihre pädagogischen und humanitären Ziele zu realisieren. Das weltweite Interesse am Sport, die alle zwei Jahre wiederkehrende öffentliche Aufmerk- samkeit durch die Olympischen Spiele und das weltumspannende Netzwerk der Olympischen Bewegung bieten gute Voraussetzung für die Vermittlung der olympischen Werte, zu denen nun auch der Schutz und die Erhaltung der natürlichen Umwelt gehören. Seit über einem Jahrzehnt werden nachhaltige Umweltschutzmaßnahmen im Sportbereich durch das IOC gefordert und gefördert (IOC 1996, Regel 2). Die Entwicklung des IOC im Bereich des Umweltschutzes ist von großem Interesse, da dessen Bemühungen für viele Sportorganisationen und -verbände eine immense Vorbildfunktion aufweisen (DA COSTA 1997a, 52).

Daher stellt sich die grundlegende Frage, welchen Anspruch sich die Olympische Be- wegung in Belangen des Umweltschutzes selbst auferlegt hat und ob die Bewegung diesem Anspruch gerecht wird. Neben den ideologischen Grundsätzen ist die praktische Umsetzung von entscheidender Bedeutung. Dies betrifft die Informationspolitik, die Olympische Erzie- hung und vor allem die Ausrichtung Olympischer Spiele, da durch das Ereignis Olympischer Spiele die anthropogenen Umweltbelastungen kurzzeitig um ein Vielfaches verstärkt werden. Die Interaktionen der Olympischen Bewegung mit den Ausrichterstädten, bereits bei der Ver- gabe der Spiele wie auch Informations-, Kontroll- und auch Sanktionsmechanismen, sind maßgeblich für eine konsequente Umsetzung der Ansprüche an die Ausrichterstädte.

Eingriffe in Natur und Landschaft sind insbesondere bei Olympischen Winterspielen offensichtlich. Sie werden von der Öffentlichkeit und den Medien kritisch beobachtet und wurden in der Sportwissenschaft ausführlich untersucht (vgl. SCHEMEL/ ERBGUTH 2000). Die Offensichtlichkeit aufgrund der Größe der Eingriffe und der Auswirkungen auf das Land- schaftsbild durch Olympische Winterspiele, die damit einhergehende Begünstigung alpiner Naturgefahren, bspw. von Lawinen, sowie der direkte Kontakt des Sports mit der Natur för- dern eine erhöhte Aufmerksamkeit für die Belange des Umweltschutzes. Bei Olympischen Sommerspielen ist der ökologische Aspekt jedoch nicht derart offensichtlich. Die Spiele fin- den zumeist in städtischen Gebieten statt und die Wettkämpfe werden zu einem Großteil in Hallen und Stadien ausgetragen. Die Wettkampfanlagen stellen zwar ebenfalls einen großen Eingriff in Natur und Landschaft dar, verändern das Landschaftsbild allerdings nicht derart vehement wie dies bei Olympischen Winterspielen der Fall ist. Durch das städtische, oft dicht besiedelte Umfeld tritt der ökologische Aspekt eher in den Hintergrund, da Konfliktbereiche des Umweltschutzes weniger ersichtlich sind und findet folglich weniger Beachtung. Daher werden Olympische Winterspiele wie auch die Paralympischen Spiele, welche dieselben Ein- richtungen und Ressourcen nutzen wie die Olympischen Spiele, nicht eingehender behandelt. Um die Umsetzung von Umweltschutzmaßnahmen bei Olympischen Sommerspielen beurtei- len zu können, muss jedoch zuvor die Frage geklärt werden, welche wesentlichen Umwelt- einwirkungen durch Olympische Sommerspiele entstehen.

Die ersten Olympischen Sommerspiele mit besonderer Berücksichtigung der Umwelt fanden im Jahr 2000 in Sydney statt. Diese standen unter dem Motto ökologischer, „grüner“, Spiele und sind international auch als Green Games bekannt. Sie sollten eine „Vorzeigeolympiade“ im ökologischen Sinne darstellen und neue Maßstäbe im Bereich des Umweltschutzes etablieren. Ein Vergleich der Umweltschutzmaßnahmen in Sydney mit den Maßnahmen bei den nachfolgenden, der derzeit jüngsten Ausrichtung Olympischer Sommerspiele in Athen 2004 soll zeigen, ob die in Sydney erreichten Umweltstandards weitergeführt und möglicherweise sogar weiterentwickelt wurden.

Bei Umfragen der Forschungsgruppe Olympia der Universität Mainz während der Paralympischen Spiele 2004 in Athen wurden 128 Besucher des Deutschen Hauses sowie 823 griechische Schüler im Alter zwischen 13 und 17 Jahren zu ihren Einstellungen über Olym- pische und Paralympische Spiele befragt, welche auch Umweltschutzmaßnahmen betrafen. Knapp drei Viertel der Befragten des Deutschen Hauses (71,55%) sahen das ökologische Gleichgewicht nicht durch den Verbrauch der Olympischen Spiele an Boden und Energie beeinträchtigt. Die bei den Spielen praktizierte Mülltrennung, die es in Griechenland so noch nicht gibt, wurde von allen Befragten mit hoher Zustimmung bejaht. 80% der Befragten des Deutschen Hauses und 90% der griechischen Schüler stimmten der Aussage zu, dass das bei den Olympischen Spielen und Paralympics praktizierte System der Mülltrennung ein Vorbild für viele Länder ist und in Griechenland generell eingeführt werden sollte1. Die Ergebnisse der Umfragen sind zwar nicht repräsentativ, legen jedoch die Vermutung nahe, dass die Olympischen Spiele in Athen Umweltmaßnahmen kommunizierten. Die Olympischen Spiele in Athen vermittelten dem Zuschauer vor Ort den Ergebnissen der Umfrage nach ein positives ökologisches Bild. Die Besucher der Veranstaltung können jedoch einzig nach den ihnen zur Verfügung stehenden Informationen urteilen. Ob dieser Eindruck den Tatsachen entspricht, kann nur mittels einer Betrachtung der zugehörigen Infrastrukturen und Verarbeitungswege entschieden werden.

Die bei Olympischen Spielen umgesetzten Umweltschutzmaßnahmen dürfen nicht nur einem „grünen“ Image zuträglich sein, sie müssen effizient arbeiten und den Schutz und Er- halt der natürlichen Umwelt unterstützen. Für eine umfassende Bewertung der Umwelt- schutzmaßnahmen sind zudem die langfristigen Effekte von entscheidender Bedeutung, da diese auf die Entwicklung der Stadt und der Region starken Einfluss nehmen. Daher werden die Umsetzung von Umweltschutzmaßnahmen vor, während und nach den Spielen in den Forschungsstand unterschiedlichen Kategorien Bauwesen, Verkehrskonzept, Ressourcenverbrauch, der Nachhaltigkeit und Olympische „Umwelterziehung“ dieser beiden Olympischen Sommerspiele analysiert. Es soll dargelegt werden, ob der Umweltschutzanspruch der Olympischen Bewegung umgesetzt werden konnte. Die Betrachtung der Nachhaltigkeit beschränkt sich dabei hauptsächlich auf die ökologische Dimension. Die ökonomische und soziale Nachhaltigkeit können im Rahmen dieser Arbeit nur am Rande betrachtet werden.

2. Forschungsstand

Die Olympischen Spiele werden in der Öffentlichkeit selten in Zusammenhang mit dem Um- weltschutzgedanken gebracht. In populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen zu Olympi- schen Spielen werden hauptsächlich sportliche Ergebnisse und herausragende Ereignisse der jeweiligen Spiele dargestellt (vgl. CERNE 2000; GIERSBERG 2004). Berichte über Kulturver- anstaltungen oder Umwelt sind selten, wobei letztere jedoch mit der derzeitigen Aktualität der Klimaproblematik zunehmen und bspw. das Fernsehen über die Luftverschmutzung in Peking, der Ausrichterstadt der nächsten Olympischen Spiele 2008, berichtet (ARD 2007, www; CCTV 2007, www).

Auch in der sportwissenschaftlichen Literatur wurde bisher nur in geringem Umfang über den Umweltschutz in Zusammenhang mit der Olympischen Bewegung publiziert. In den durchsuchten Datenbanken ließen sich nur wenige Publikationen zu dieser Thematik finden. Hervorzuheben sind die sportbezogene Literaturdatenbank des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (vgl. BIS 2007, www), die Suchmaschine des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz, welche deutschlandweit Verbundkataloge abfragt (vgl. LBZRLP 2007, www), die umfangreiche Literatursammlung „Sport und Umwelt“ des Deutschen Olympischen Sportbundes (vgl. DOSB 2004, www) wie auch die Literaturliste „Sport und Natur“ des Kuratoriums Sport und Natur (vgl. KSN 2005, www).

Publikationen über die Sport-Umwelt Problematik sind zahlreich, beziehen sich jedoch häufig auf Sportarten, welche in der Natur ausgeübt werden (vgl. DOSB 2004, www, 26-63). Von dem kleineren Teil an Veröffentlichungen, welcher zumindest teilweise die Umweltprob- lematik sportlicher Großveranstaltungen behandelt, beziehen insbesondere HEINZEL und ZIMMERMANN (1990), SCHEMEL, und ERBGUTH (2000) sowie GÜLDENPFENNIG (2003) auch städtische Gebiete in ihre Überlegungen mit ein. Eigenständige Werke über die Olympische Bewegung, wie diese bspw. von KAULITZ (2001) sowie von ALTENBERGER, HAAG und HOLZ- WEG (2006) verfasst wurden, behandeln an sportinternen Problematiken einzig populäre, wie bspw. Doping. Abgesehen von Publikationen des IOC, wird der Umweltschutz der Olympischen Bewegung nur in wenigen Veröffentlichungen problematisiert. Von diesen sind insbesondere DA COSTA (1997), CANTELON UND LETTERS (2000) sowie DA COSTA und VEERMAN (2006) zu nennen. Diese Werke behandeln den Umweltschutz der Olympischen Bewegung im Allge- meinen und beziehen sich auch auf einzelne Olympiaden, jedoch nur am Rande auf die Olympischen Spiele in Sydney und Athen. Speziell zum Umweltschutz der Olympischen Spiele in Sydney liegen umfangreiche Werke von CASHMAN und HUGHES (1999), JEFFERSON LENSKYJ (2000; 2002) sowie CASHMAN (2006) vor. Die Autoren beschäftigen sich in ihren Werken fast ausschließlich und systematisch mit dem Umweltschutz der Olympischen Spiele 2000 und kritisieren dessen Umsetzung zum Teil heftig. Wissenschaftliche Arbeiten, die den Umweltschutz bei den Olympischen Spielen in Athen analysieren, konnten keine gefunden werden.

3. Aufbau und Methodik der Arbeit

Im ersten Teil der Arbeit wird nach einer Klärung der Grundbegriffe zunächst ein allgemeiner Überblick über den Umweltschutz gegeben. Um die Entwicklung und Handlungen der Olympischen Bewegung und der Ausrichterstädte Sydney und Athen im Bereich des Umwelt- schutzes in einem Gesamtkontext beurteilen zu können, werden der derzeitige Literaturstand, die Eigenheiten von Umweltbewusstsein, die Entwicklung eines globalen Umweltschutzes, die Umweltschutzproblematik und speziell die Sport-Umwelt Problematik hinsichtlich der Durchführung Olympischer Spiele näher betrachtet. Kenntnisse über die Sport-Umwelt- Problematik konnten beim 3. Kongress „Umwelt, Naturschutz und Sport im Dialog“ vom 20.-21.11.2006 in Köln und über Nachhaltigkeit während des 5. Sportwissenschaftlichen Olympiaseminars vom 18.-24.09.2006 in Olympia vertieft werden.

Im nachfolgenden Kapitel werden die Grundstatuten des IOC, auf denen sich der Umweltschutzgedanke der Olympischen Bewegung begründet, aufgezeigt und die institutio- nellen Gegebenheiten der Organisation in Belangen des Umweltschutzes dargestellt. Die olympischen Sportarten werden nicht einzeln auf ihre Belastungen für die Umwelt analysiert, sondern Belastungen kategorisiert wiedergegeben. Das Interesse gilt der Großveranstaltung der Olympischen Spiele und den durch sie verursachten Umweltproblemen sowie möglichen Lösungsstrategien, die Umweltschädigungen effektiv reduzieren können und nicht nur aus ökologischer Sicht vorteilhaft sind. Es wird das komplexe Wirkungsgefüge der Olympischen Spiele mit der Umwelt dargelegt, welches allerdings keinen Anspruch auf Vollständigkeit besitzt.

Im Hauptteil der Arbeit werden die Olympischen Sommerspiele in Sydney 2000 und Athen 2004 auf die herausgearbeiteten Kategorien hin analysiert und die getroffenen Umwelt- schutzmaßnahmen aufgezeigt. Erkenntnisse über Sydney konnten durch eine Auswertung der während der Spiele aufgenommenen Fotografien von Herrn Messing und Herrn Müller, Professoren der Universität Mainz und Leiter der Forschungsgruppe Olympia sowie durch ein Interview mit Herrn Hassel, dem Direktor der Kulturolympiade der Spiele in Sydney, ergänzt werden. Die Darstellung der Umweltschutzmaßnahmen bei den Olympischen Spielen in Athen stützt sich zudem auf eigene Beobachtungen und eine Auswertung aller Fotografien der Mitglieder der Forschungsgruppe Olympia, welche die Olympischen Spiele 2004 besuchten. Die gewonnenen Eindrücke wurden durch Gespräche mit Mitgliedern der Forschungsgruppe, welche als Volontäre bei den Spielen in Athen tätig waren sowie durch Interviews mit Herrn Kazantzopoulus, dem ehemaligen Direktor der Umweltabteilung des Athener Organisations- komitees ATHOC, Herrn Costas, welcher bei den Athener Spielen als Sports Result-Manager im Anuljoscha-Stadion tätig war und Frau Panagiotopoulou, Doktorin der Soziologie und Professorin an der Fakultät für Kommunikation und Medienwissenschaft der Universität Athen, konkretisiert. Feststellungen über die Nachhaltigkeit der Athener Sportstätten werden durch persönliche Untersuchungen während eines Besuches der Stadt im Jahr 2006 ergänzt.

Die für diese Arbeit durchgeführten Experteninterviews wurden problemzentriert als Befragungstechnik eingesetzt, um einige der vorhandenen Wissenslücken aus der dem Inter- view vorangegangenen Literatur- und Quellenrecherche durch das Fachwissen der Experten zu schließen. Alle Interviews wurden als halbstandardisierte Interviews in Form eines Leitfa- deninterviews geführt. Halb- beziehungsweise nicht standardisierte Befragungen erscheinen „besonders geeignet mehr oder minder komplexe Sachverhalte zu erhellen, über die bisher wenig Detailinformationen vorliegen“ (ANGER 1969, 573). In halbstandardisierten Interviews besitzt der Interviewer weitaus mehr Freiheiten als in standardisierten Befragungen und kann seinen Interviewleitfaden flexibel handhaben. Die Auswahl und Formulierung der Fragen sowie der Aufbau des Gesprächs liegen hierbei im Ermessen des Interviewers (GLÄSER/ LAUDEL 2006, 38ff.). Die Leitfragen der für diese Arbeit durchgeführten Interviews wurden für jeden Experten individuell konzipiert. Auf diese Weise wurde der thematische Rahmen des Interviews sowie spezielle für den Interviewer aufschlussreiche Themenbereiche vorge- geben, der Gesprächsverlauf war jedoch offen und konnte dem Interviewer neue Ansichten und Gesichtspunkte eröffnen.

Im Anschluss sollen beide Olympischen Sommerspiele unter besonderer Berücksichti- gung der länderspezifischen Gegebenheiten vor Ort verglichen werden. Diese, wie auch die

Maßnahmen der Olympischen Bewegung, werden daraufhin kritisch beurteilt. Schließlich wird ein Ausblick auf eine mögliche Zukunft des Umweltschutzes in der Olympischen Bewe- gung gegeben, in welchem einige Verbesserungsmöglichkeiten des derzeitigen Systems auf- gezeigt werden.

In dieser Arbeit erfolgt eine Konzentration auf den Umweltschutzgedanken und seine Umsetzung bei den genannten Olympischen Spielen. Eine ganzheitliche Betrachtung der die Umsetzung des Umweltschutzes mitbestimmenden institutionellen Rahmenbedingungen, der personellen und organisatorischen Elemente, Sachverhalte und Netzwerke ist nicht Gegens- tand der Untersuchung. Diese werden nur in direktem Bezug zu aufgezeigten Sachverhalten berücksichtigt. Die Beurteilung des Autors ist geprägt durch deutsche Umweltstandards. Ein tiefergehendes Verständnis der den Umweltschutz in Australien und Griechenland prägenden politischen Entscheidungsprozesse, -ebenen und Rahmenbedingungen sowie der Lebenswei- se, Werte und Normen dieser Gesellschaften ist nicht gegeben. Daher müssen die getätigten Aussagen in dieser Arbeit relativiert durch diese Gesichtspunkte verstanden werden.

4. Terminologische Abgrenzungen

Schwierigkeiten mit der Thematik des Umweltschutzes bereitet vor allem eine terminologische Unschärfe der Kernbegriffe insbesondere in Abkommen und Verträgen, aber auch in wissenschaftlichen Publikationen und in der alltäglichen Kommunikation. Kernbegriffe dieses Themenfeldes sind Umwelt, Natur, Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Ökologie. Die Unschärfe dieser Begriffe erweist sich als nachteilig und erschwerend.

Der Begriff „Umwelt , englisch „Environment wird in der internationalen Kommunikation synonym für „Natur“, als die natürliche Umwelt, gebraucht und besitzt eine konkret ökologische Bedeutung. Umwelt bezieht sich auf die Geo- und Biosphäre, genauer den Lebensraum des Menschen. Dies sind sowohl die Naturstoffe als auch Atmosphäre, Böden, Gewässer und Organismen (HUBER 2002, 641). Umwelt ist jedoch kein einheitlich verwendeter Begriff, der, wie auch in der Systemtheorie, mannigfaltige Umgebungen, wie bspw. die systemische, die psychologische oder die soziologische Umwelt, betreffen kann. Selbst im juristischen Bereich existiert keine eindeutige Umwelt-Definition (O.V. 2000b, 828).

Ebenso problematisch verhält es sich mit der Begrifflichkeit des „Umweltschutzes“. Während dieser im deutschen Sprachgebrauch eindeutig auf die natürliche Umwelt bezogen ist, wird das international verwandte, englische „Environmental protection“ auch für Belange der personalen Sicherheit insbesondere in Hinsicht auf terroristische Aktivitäten verwendet.

Für die genannten Begrifflichkeiten gibt es keine neueren, allgemeingültigen Definitionen, so dass diese oft formelhaft und vage gebraucht werden. Dies zeigt sich auf nationaler wie inter- nationaler Ebene und es fehlt europa- und weltweit ein eindeutiger Wortverstand (JÄGER 1994, 2). Der Begriff „Umwelt“ wird in dieser Arbeit zumeist in einem engen Sinne als eine natürliche, naturnahe Umwelt als eine belebte Welt verstanden (MCNEILL 2005, 15). Verein- zelt kann die Bedeutung des Begriffs variieren, der genaue Begriffsinhalt ergibt sich dabei stets aus dem Zusammenhang. Umwelt und diesbezüglich auch Umweltschutz werden in die- ser Arbeit im ökologischen Sinne verstanden. Die Begrifflichkeiten betreffen hauptsächlich die Natur und werden zumeist nicht im Sinne von Umgebung gebraucht. Zusammengesetzte Begriffe wie bspw. „Umweltschutz“, „umweltfreundlich“ und „umweltschädlich“ werden in direktem Bezug zum Menschen, aus seinen Tätigkeiten hervorgehend, gesehen und interpre- tiert. Übergeordnetes Ziel des Umweltschutzes ist der langfristige Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, der Schutz von Tieren, Pflanzen und Ökosystemen als natürliche Exis- tenzgrundlagen des Menschen, aber auch um der Natur selbst willen. Dies beinhaltet auch Maßnahmen zur Beseitigung bereits entstandener Schäden (KENNEDY 2005, 10).

Unter „Umweltbelastungen“ wird die negative, belastende Beeinflussung und Verän- derung der natürlichen Umwelt durch physikalische, chemische und technische Eingriffe, wie Flächenversiegelung, Schadstoffemission, Beweidung oder Tourismus verstanden (JÄGER 1994, 12).

„Ökologie“, die Lehre der Umwelt, untersucht den Stoffwechsel zwischen Populatio- nen und ihrer Umwelt (HUBER 2002, 641). Umweltprobleme stellen Störungen in diesem Verhältnis dar und bedeuten eine Gefährdung der natürlichen Umwelt und damit auch für den Menschen.

„Nachhaltigkeit“, engl.: „Sustainable Development“, bezeichnet eine zukunftsorientierte, dauerhaft tragfähige Entwicklung und beinhaltet eine Aufforderung zum Ressourcenschutz und vorausschauendem, möglichst optimalem Management der Stoffströme. „Nachhaltig“ ist eine Entwicklung, welche den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne dabei die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden. Das Nachhaltigkeitskonzept umfasst neben der Umwelt auch Ökonomie und Gesellschaft und gilt als Handlungsmaxime für die globale Lösung von Umweltproblemen (O.V. 2000a, 775). Der Begriff der Nachhaltigkeit wird in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft häufig verwendet, jedoch mit unterschiedlichen Bedeutungen. Eine oft angewandte Ausdifferenzierung des Nachhaltigkeitsbegriffs erfolgt in drei Kategorien: die ökologische, die ökonomische und die soziale Nachhaltigkeit (vgl. MATTANOVICH/ KASPAR 1998, 17).

5. Umweltbewusstsein, umweltgerechtes Verhalten und ökologische Kommunikation

Im Umweltgutachten von 1978 definiert der Sachverständigenrat für Umweltfragen des Bun- desministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sein Verständnis von Um- weltbewusstsein als „Einsicht in die Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen des Men- schen durch diesen selbst, verbunden mit der Bereitschaft zur Abhilfe“ (SRU 1978, 445). Diese Definition beinhaltet zwei Komponenten, die Einsicht in die Lebensgrundlagen und die Bereitschaft zur Abhilfe. In der Literatur wird der Begriff Umweltbewusstsein dennoch unter- schiedlich verwendet.

Um Umweltprobleme überhaupt erst als Probleme zu erkennen, muss ein Bewusstsein für diese Problematik existieren. Allgemein werden in unserer heutigen Gesellschaft unter Umweltbewusstsein die Befürchtungen, Unzufriedenheit und Betroffenheit angesichts der sichtbaren und bekannten Umweltprobleme verstanden. Umweltbewusstsein kann als Ein- stellung verstanden werden, welche durch kognitive, affektive und verhaltensbezogene Kom- ponenten geprägt ist. In den verschiedenen Wissenschaftsgebieten hat der Begriff je nach Verwendungszusammenhang unterschiedliche Bedeutungen. In einem weiten Verständnis des Umweltbewusstseins beinhaltet dieser folgende Komponenten: Umweltwissen, - erleben und -betroffenheit, umweltbezogene Wertorientierungen und umweltrelevante Verhaltensintentionen (FUHRER 1999, 220).

Umweltwissen, Umwelteinstellungen und Umweltverhalten bilden drei Dimensionen, in welche Umweltbewusstsein ausdifferenziert werden kann. Umweltwissen umfasst den Wissens- und Informationsstand einer Person über Natur und Umwelt. Die Umwelteinstellungen einer Person beinhalten neben den Einstellungen zum Umweltschutz im engeren Sinne auch die emotionale Anteilnahme an Umweltzerstörungen, welche von der Person wahrgenommen werden. Das Umweltverhalten schließlich umfasst das Verhalten einer Person in umweltrelevanten Alltagssituationen (KUCKARTZ 1999, 221).

PREISENDÖRFER (1999, 99) unterscheidet vier Umwelttypen: den „Umweltignoranten“, den „Umweltrhetoriker“, den „einstellungsungebundenen Umweltschützer“ und den „konse- quenten Umweltschützer“. Erstgenannter besitzt ein niedriges Umweltbewusstsein und nied- riges Umweltverhalten. Der „Umweltrhetoriker“ hingegen zeigt ein überdurchschnittliches Umweltbewusstsein, fällt aber auf der Verhaltensebene deutlich ab. Der Typ des „einstel- lungsungebundenen Umweltschützers“ erreicht beim Umweltbewusstsein unterdurchschnitt- liche Werte trotz überdurchschnittlichem Umweltverhalten. Letztgenannter Umwelttyp, der Umweltbewusstsein, umweltgerechtes Verhalten und ökologische Kommunikation „konsequente Umweltschützer“, ist gekennzeichnet durch ein hohes Umweltbewusstsein und ein überdurchschnittlich ausgeprägtes Umweltverhalten. Ein hohes Umweltbewusstsein kann, so PREISENDÖRFER (1999, 43), auch ohne fundiertes Wissen bestehen, „es genügt, wenn bei einer Person eine gewisse, nicht unbedingt auf detailliertem Faktenwissen beruhende Einsicht in die Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen vorhanden ist“.

Umweltverhalten wird von verschiedenen Autoren unterschiedlich definiert. FIETKAU und KESSEL unterscheiden beim Umweltverhalten individuelle Handlungen wie die Benutzung des ÖPNV und politische Aktivitäten, z.B. Bürgerbeteiligung bei städtebaulichen Planungen (FIETKAU/ KESSEL 1979, 5). KRUSE unterscheidet umweltrelevantes Verhalten auf der Ebene des Individuums, der Familie, in Organisationen und von Gesellschaften (KRUSE 2003, www). Zum umweltgerechten Verhalten zählen sowohl Abfallvermeidung und Mülltrennung, Energie- und Wassersparen, Einkaufsverhalten und Konsum, Sport- und Freizeitverhalten, Verkehr als auch gesellschaftliches Engagement für den Umweltschutz. Demnach ist Um- weltverhalten äußerst vielschichtig und heterogen und Umweltbewusstsein und Umweltverhalten müssen nicht immer konsistent sein. Werturteile, Wahrnehmungen und Verarbeitung ökologischer Phänomene geschehen immer kulturgebunden und die Wahrneh- mungs- und Handlungsmuster sind stets kulturell dominierte. Soziale Merkmale wie Geschlecht, Bildungsstand und Berufsgruppe sind keine entscheidenden Einflussfaktoren für Umweltbewusstsein, wie empirische Studien zeigen (KUCKARTZ 1999, 221).

Was in unterschiedlichen Kulturen als Umweltproblem kommuniziert wird, fällt unterschiedlich aus. Verhaltensweisen, welche in einer Kultur als Beitrag zur Zerstörung der Umwelt bewertet werden, bspw. die Brandrodungen am Amazonas, gelten in anderen Kulturen als Beitrag zur Selbsterhaltung. Es gibt, so LUHMANN (1990, 63), kein Umweltproblem, es sei denn, man kommuniziert es.

Das Wissen über Umweltprobleme und mögliche Vermeidungsweisen wird über die Umweltbildung vermittelt. Darunter wird ein Vorgang, aber auch Ergebnis eines geistigen Prozesses verstanden, in dessen Folge umweltschädliche Verhaltensweisen vermieden und umweltgerechte Verhaltensweisen gefördert werden (HAAN 1999, 224). Umweltkommunika- tion folgt den gleichen Gesetzen wie die Kommunikation zu anderen Themen. Wichtig ist es zuallererst, Interesse zu wecken, damit die Thematik in der heutigen Informationsflut über- haupt wahrgenommen wird und eine Wissensvermittlung stattfinden kann. Desweiteren muss die Kommunikation zielgruppengerecht erfolgen, damit handlungswirksame Konzepte ver- mittelt werden können und die angesprochenen Personen überhaupt erst erreicht werden (OPHOFF 2002, 17). Allgemein gehaltene, auf ein Handeln im Ganzen abzielende ÖkoProklamationen bleiben zumeist wirkungslos, da sie die Eigenheiten der gesellschaftlichen Teilbereiche übergehen und so kein Interesse wecken. Sie ignorieren die Ausdifferenzierung der modernen Gesellschaft in Subsysteme, von denen jedes seinen eigenen Kommunikations- code und seine eigene Handlungslogik besitzt und auf andere Sprachen nicht reagiert (LUHMANN 1990, 68ff.).

Damit die informatorischen Instrumente der Umweltpolitik, wie Umweltberatung und Umweltbildung erfolgreich sein können, müssen sie in ausreichendem Maße kommuniziert werden. Ohne ausreichende Kommunikation werden Umweltprobleme zum Teil gar nicht oder nur sehr spärlich von der Öffentlichkeit wahrgenommen. NERB (2000, 68ff.) belegt mit kontrollierten Experimenten, dass Medienberichte über Umweltschadensfälle bei den Rezipienten zwar Verärgerung und Boykottbereitschaft hervorrufen. Auf Grund einer Ursachenattribution auf andere, führt dies jedoch nicht unbedingt zu eigenem umweltverträglichen Handeln, sondern zu der Überzeugung: „Schuld sind die anderen“.

Damit Handlungsbereitschaft entsteht, muss es zu einem emotionalen „Begreifen“ der Umweltproblematik kommen. Einzig ein hoher Grad an Emotionalisierung führt zu einer Be- reitschaft zur Selbstbeschränkung und zur Respektierung von Nutzungsgrenzen. Zudem soll- ten praktische Handlungsalternativen aufgezeigt und auch vorgelebt werden. Maßnahmen, die keinen Komfortverlust darstellen, sondern persönliche Vorteile und Nutzen bringen, sind am erfolgversprechendsten. Emotionen, persönliche Wertvorstellungen und soziale Bindungen scheinen ein weitaus größeres Gewicht für die individuelle Beurteilung der Umweltsituation zu haben (NEUERBURG 2002, 10).

Aufgrund der zunehmenden Umweltbelastungen und der Dringlichkeit dieser Probleme ist insbesondere die Umweltbildung zu einer zentralen Aufgabe des Umweltschutzes geworden. Diese sollte in einem umfassenden, lebenslangen Prozess den Einzelnen aktiv in die Lösung spezifischer Umweltprobleme einbinden, wie dies die UNESCO bereits 1977 forderte (JÄGEMANN 2003, www, 9). Umweltbildung allein bietet jedoch keinen ausreichenden Ansatz zur Vermeidung von Umwelt-Konflikten. Dies belegt der von PREISENDÖRFER als „Umweltrhetoriker“ bezeichnete Umwelttyp, welcher trotz eines überdurchschnittlichen Umweltbewusstseins ein niedriges Umweltverhalten aufweist.

FESTINGER (1997) bietet mit seiner bereits 1957 entwickelten Theorie der kognitiven Dissonanz eine Erklärung für Differenzen zwischen dem Verhalten und den Einstellungen einer Person. Er nimmt an, dass man motiviert ist, seine Einstellung zu ändern, wenn man zuvor eine Entscheidung getroffen, eine Handlung begangen oder eine Information bekom- men hat, die mit seiner vorherigen Meinung, seinen Gedanken oder Gefühlen im Widerspruch steht. Der Mensch sei bestrebt, die Diskrepanzen zwischen dem eigenen Verhalten und den relevanten Einstellungen abzubauen und so zu einer Konsistenz der eigenen Kognitionen zu gelangen. Besteht jedoch kein Widerspruch der persönlichen Meinung und somit keine Motivation einer Verhaltensänderung kann dieser Prozess auch von außen herbeigeführt, zu- mindest begünstigt werden. Ebenso können Verhaltensweisen auch erzwungen werden, was jedoch nicht zwangsläufig zu einer Meinungsänderung bzw. Änderung der persönlichen Wertvorstellungen führt.

Eine Verhaltenssteuerung von außen muss nach Ansicht von HEINZEL und ZIMMERMANN (1990, 13ff.) durch entsprechende Instrumente „auf sanftem Wege“ erfolgen, von denen wiederum eine pädagogische Wirkung ausgeht. Dies kann durch verschiedenste Maßnahmen geschehen, wie bspw. Pfand auf Geschirr, Parkplatzgebühren, Abfallgebühren, Verteuerung von Einweggeschirr oder die Koppelung der Eintrittskarte an die Benutzung des ÖPNV. Die Formen der Steuerung des Verhalten unterteilt LUCAS (2006) in: Verbote und Gebote (Ordnungsrecht, Androhung von Sanktionen und administrative Überwachung)

Appelle zur Selbstbeschränkung (Information und Einsicht) Anreize (Veränderung von Rahmenbedingungen)

Der Sport und im Besonderen die Olympische Bewegung können einen eigenständigen und wichtigen Beitrag zur Bildung eins Umweltbewusstseins und der Realisierung des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung in vielen Nationen leisten. Gemessen an den umweltschutz- relevanten Möglichkeiten in anderen Lebensbereichen mag dieser Beitrag sekundär sein, jedoch bietet der Sport eine bereits mit Emotionen verbundene Kommunikationsplattform und erleichtert so die persönliche Emotionalisierung des Einzelnen. Insbesondere der Olympische Sport erreicht eine sehr breite Bevölkerungsschicht und dies weltweit. „Umweltbildung soll zum einen das umweltgerechte Verhalten der Sportler fördern, zum anderen durch die Ver- mittlung von Einsicht auch die Akzeptanz planerischer und ordnungsrechtlicher Maßnahmen zum Schutz der Umwelt sicherstellen“ (JÄGEMANN 2003, www, 9). Durch seinen Vorbildcha- rakter bietet er große Möglichkeiten zur Bildung von umweltfreundlichen Verhaltensweisen. Großveranstaltungen wie Olympische Spiele stellen aufgrund ihrer hohen öffentlichen Auf- merksamkeit ein ideales Medium dar, um große Bevölkerungsgruppen über ihre Umwelt zu informieren und sie für diese zu sensibilisieren (HOCHFELD/ STAHL 2002, 75). So ist auch BRAUNMÜHL (2000, 45) der Ansicht, dass umweltbezogene Maßnahmen im Sport eine breite Aufmerksamkeit genießen und zudem eine hohe Multiplikatorwirkung entfalten. „Werden sie nicht versteckt, sondern mit pädagogischer Absicht herausgestellt, entsteht so etwas wie eine Entwicklung des Umweltschutzes und dessen Problemfelder ständige Ausstellung, die Millionen beim Sporttreiben und beim Zuschauen anspricht. Dies wird auch dazu führen, das Gesehene und das Erlernte für den privaten Bereich in Erwägung zu ziehen“ (ebd.).

6. Entwicklung des Umweltschutzes und dessen Problemfelder

Die Geschichte des bewussten Umweltschutzes und seiner zielgerichteten Ausübung ist kurz. Ökologisches Gedankengut hatte vor 1970 nur eine sehr geringe Bedeutung. In der Zeit zwi- schen 1960 und 1990 fanden tief greifende Veränderungen der gesellschaftlichen Normen und Werte in Bezug zu ihrer Umwelt statt. „Umweltverschmutzung wurde nicht länger als Zei- chen industriellen Wohlstands betrachtet, sondern als Verbrechen gegen Natur und Gesell- schaft“ (MCNEILL 2005, 359). Lange Zeit gab es keinerlei koordinierte politische Strömun- gen, welche sich explizit mit der Umwelt befassten. Eine bewusste, zielgerichtete Umweltpo- litik entwickelte sich langsam in den sechziger Jahren und nahm ab 1970 stetig zu (ebd., 369). In dieser Zeit entstanden in den reichen Ländern Umweltschutzbewegungen und Non-Governmental-Organisations, wie GREENPEACE, welche 1971 (GREENPEACE 2006, www) gegründet wurde. Zudem wurden in den meisten Industrienationen staatliche Umweltschutz- behörden oder -ministerien eingerichtet und in einigen Ländern entstanden entsprechende politische Parteien. Zu Beginn der 1980er Jahre entstanden auch in den ärmeren Ländern der Welt Umweltschutzbehörden; „in vielen Fällen existierten Umweltgesetze und Umweltver- ordnungen jedoch nur auf dem Papier“ (MCNEILL, 2005, 370). Die unzureichende Ausstat- tung mit personellen, materiellen und politischen Mitteln der staatlichen Umweltschutzinstitu- tionen beschränkte sich allerdings nicht auf die ärmeren Länder, sondern war auch in vielen Industriestaaten gegeben (HAHN/ REITH 2001, 182). Die Umweltpolitik stand häufig hinter den Interessen anderer politischer Ziele zurück. Ende der 1980er Jahre erreichte der Aktions- umfang der Umweltpolitik neue Dimensionen - globale Probleme, so der Klimawandel und der Ozonabbau in der Stratosphäre wurden problematisiert und thematisiert. Der Umwelt- schutz gewann nun nicht mehr nur für die nationale, sondern auch für die internationale Poli- tik stetig an Bedeutung.

Dieser politische Wandel setzte 1987 mit der Vorlage des Brundtlandt -Reports über das Verhältnis zwischen Umwelt und wirtschaftlicher Entwicklung ein. Hauptaussage des Reports ist, dass eine „dauerhafte Entwicklung“, die den Bedürfnissen der Gegenwart nach- komme, nicht riskieren dürfe, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen könnten (WCED 1987, 46). Erstmals wurde hier ein Konzept der nachhaltigen Entwicklung vorgeschlagen und international gewürdigt. Der Brundtland -Bericht brachte die weltweiten Diskussionen und Verhandlungen über die zukünftige Entwicklung der Gesell- schaften entscheidend voran (HAHN/ REITH 2001, 7). Aufgegriffen und weiterentwickelt wur- de dieses Konzept in der „Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung“ (UNCED) 1992 in Rio de Janeiro. Auf dieser Konferenz wurde ein Aktionsplan für das 21. Jahrhundert, die „ Agenda 21 “, entworfen, der Handlungsanweisungen und Maßnahmenvor- schläge zur Umsetzung des Nachhaltigkeitsprinzips in die Praxis enthält. Die zentralen Anlie- gen der Agenda 21 betreffen die soziale und wirtschaftliche Dimension, die Erhaltung und Bewirtschaftung der Ressourcen, eine Stärkung der Rolle diesbezüglich wichtiger Gruppen und Möglichkeiten der Umsetzung (NEUERBURG 1999, 18). Spätestens seit dieser Konferenz ist das Problem der Begrenztheit der Ressourcen und der Belastbarkeit des Ökosystems der Erde weltweit in das öffentliche Bewusstsein gerückt und das Konzept der nachhaltigen Ent- wicklung als Leitbild der internationalen Umwelt- und Entwicklungspolitik in den meisten Staaten der Welt akzeptiert worden (BAUER 2005, 16f.). Weitere Konferenzen folgten, so z.B. die Umweltkonferenz von Kyoto 1997, deren „Rahmenübereinkommen der Vereinten Natio- nen über Klimaveränderungen“, in welchem Forderungen zur Reduktion von Kohlendioxid- Emissionen spezifiziert werden (vgl. BMU 1997, www). Die bisher größte Umweltkonferenz fand 2002 in Johannesburg statt und stellte, ergänzend zu den vorherigen Beschlüssen, die „nachhaltige Entwicklung“ und den vordringlichen Ausbau „sauberer Energien“ in den Vor- dergrund (BAUER 2005, 17).

Der Umweltschutz bringt aber auch vielfältige Probleme mit sich. Neben dem Wort- verstand fehlt häufig eine Sensibilisierung für die Belange des Umweltschutzes, welcher in der Vergangenheit wie auch in der Gegenwart oft hinter konventioneller Politik und anderen Zielen zurücktreten muss. Obwohl die Problematik und Dringlichkeit grenzübergreifender und globaler Umweltprobleme bekannt ist, wird oft nur den akuten und eigenen, lokalen Umweltproblemen genügend Bedeutung beigemessen, um diese ernsthaft zu problematisieren und effektiv zu lösen.

Auf internationaler Ebene stößt Umweltpolitik an ihre Grenzen, da viele Staaten darauf bedacht sind, dass ihr Lebensstil und ihre wirtschaftlichen Interessen nicht beeinträch- tigt werden. Umweltschutzmaßnahmen und -richtlinien erfordern einen erhöhten Verwal- tungsaufwand, binden Arbeit und Kapital und verursachen nicht unerhebliche Kosten (CANSIER 1996, 18f.). Mächtige Industriezweige widersetzen sich den Umweltvorschriften, indem sie langjährige Gerichtsverfahren anstreben und nehmen Einfluss auf die Politik, um die Durchsetzung entsprechender Maßnahmen zu verhindern (MCNEILL 2005, 570). Diese Problematik ergibt sich unter anderem aus dem unbeschränkten globalen Wettbewerb. Dieser unterläuft jegliche Sozial- und Umweltpolitik. Ebenso werden Umweltschutzmaßnahmen häufig von den Regierungen der Industrieländer vorgeschrieben und aufgezwungen. Ein Verständnis und Bewusstsein für die Umweltproblematik wird auf diesem Wege nicht erzielt. Zudem sind bisher erst partiell Mechanismen verfügbar, um Nationalstaaten zur Durchsetzung international vereinbarter Umweltpolitik zu veranlassen, die eine gleiche wirtschaftliche Ausgangslage begünstigen würden (MCNEILL 2005, 570).

Darüber hinaus trägt der Naturschutz heute in der ganzen Welt leider auch einiges dazu bei, die Ökologie unpopulär zu machen. Vielfach werden in Nebenbereichen des Umweltschutzes, in welchen keine größeren Zielkonflikte bestehen, strenge Richtlinien und Vorschriften auferlegt, die nicht im Verhältnis zur Belastung der Nutzer stehen. Übertrieben starke Reglementierung und Einschränkung führen jedoch eher zu einer Ablehnung umwelt- schützender Verhaltensweisen und nicht zu einem Verständnis für den Schutz der Natur (RADKAUF 2000, 337).

Umwelt steht den Menschen als öffentliches Gut zur Verfügung. Öffentliche Güter sind laut WICKE (1993, 440f.) dadurch charakterisiert, dass sie im Gegensatz zu privaten Gütern nicht verkauft oder aufgeteilt werden können und das Gut kostenlos zur Verfügung steht. Hieraus ergibt sich jedoch, dass einerseits niemand dazu bereit ist, die Kosten für ein solches Gut zu tragen, andererseits aber auch niemand von der Nutzung öffentlicher Güter ausgeschlossen werden kann (BÖHRINGER 2006, www). Die Existenz öffentlicher Güter be- günstigt daher das so genannte „Trittbrettfahrer“-Phänomen, dass jeder Nutzer nach seinem persönlichen Gewinn- und Eigennutzenstreben von dem besagten „Gut“ konsumieren kann, ohne dafür Mühen in Form von Kosten auf sich zu nehmen (HEILMANN 2006, www). Auch wenn der einzelne die Notwendigkeit des Umweltschutzes einsehen würde, wäre durch sein alleiniges umweltschützendes Verhalten bei einem solchen Kollektivgut der persönliche Nut- zen hieraus erheblich geringer als seine Kosten. Aus diesem Grund wird sich ein Individuum im Sinne seines persönlichen Kosten-Nutzen-Kalküls stets gegen umweltschützende Maß- nahmen entscheiden (CANSIER 1996, 18ff.). Hieraus wird der allen Umweltproblemen imma- nente Zielkonflikt zwischen Ökologie und ökonomischen Verhalten deutlich. Individuen müs- sen, wie bereits angemerkt wurde, auf „emotionaler“ Ebene von ökologischem Verhalten überzeugt oder ein ökonomisches Verhalten durch entsprechende Maßnahmen von über- geordneter Stelle gefördert werden.

„Umweltschutz bedeutet im wesentlichen Zukunftsvorsorge; das Dilemma dabei ist jedoch, dass die Zukunft ungewiss ist“ (RADKAUF 2000, 339). Die Konsequenzen von Ent- scheidungen und Eingriffen in die natürliche Umwelt sind oft erst nach Generationen abseh- bar. Daher treten Verhaltensweisen auf, die zwar im Moment der Handlung vorteilhaft sind, in ferner Zukunft aber schädigende bis selbstzerstörerische Auswirkungen haben können. NIKLAS LUHMANN bestätigt dies in seinem Werk „Ökologische Kommunikation“ in welchem er die Umweltproblematik unter systemtheoretischen Gesichtspunkten analysiert. Er erläutert dies am Prozess der Selbsterschaffung und -erhaltung von Systemen, der Autopoiesis. „Die primäre Zielsetzung autopoietischer Systeme ist immer die Fortsetzung der Autopoiesis ohne Rücksicht auf Umwelt, und dabei wird der nächste Schritt typisch wichtiger sein als die Rücksicht auf Zukunft, die ja gar nicht erreichbar ist, wenn die Autopoiesis nicht fortgesetzt wird“ (LUHMANN 1990, 38). Die Evolution sorge langfristig für ein ökologisches Gleichge- wicht und dass dies die Eliminierung des ökologieschädlichen Systems bedeutet, würde dabei gänzlich übersehen oder ignoriert werden. Konkrete Erfolge in naher Zukunft würden anges- trebt und „nur“ mögliche Erfolge in ferner Zukunft abgetan. Dieser immanente Zielkonflikt der gesellschaftlichen Systeme mit den Belangen des Umweltschutzes sei allgegenwärtig und ließe Umweltschutz nur in den Maßen zu, wie er im Rahmen der primären, autopoietischen Zielsetzung der Systeme möglich sei. Daher müsse immer die Möglichkeit in Betracht gezo- gen werden, dass „ein System so auf seine Umwelt einwirkt, daß [sic!] es später in dieser Umwelt nicht mehr existieren kann“ (ebd.).

Offenkundig ist, dass die gegenwärtigen Entwicklungen ökologisch auf Dauer nicht haltbar sind und sich grundlegend ändern müssen. In allen gesellschaftlichen Bereichen, so auch im Sport, ist eine nachhaltige Entwicklung erforderlich. Weiterhin muss die Umwelt als das erkannt werden, was sie in Wirklichkeit ist: nämlich ein knappes Gut. In Hinsicht auf eine effektive Mensch-Umwelt-Beziehung muss daher ein grundlegendes Verständnis geschaffen und in gesellschaftliche Werte und Normen integriert werden; die Umweltproblematik muss weltweit und umfassend kommuniziert werden. Die Einsicht, dass die Gesellschaft sich auf dem Umwege über die Natur selbst gefährdet (ebd., 18f.), dringt langsam in das Bewusstsein der Menschen vor. Dies führte auch zur Implementierung des Umweltaspektes in die Charta des IOC.

7. Der Umweltschutz der Olympischen Bewegung

Die Olympische Bewegung wurde 1894 von PIERRE DE COUBERTIN geschaffen. Sie begründet sich auf einer Ideologie und Weltanschauung, die in zahlreichen Publikationen, Briefen und Reden COUBERTINs ihren Ausdruck findet. COUBERTIN versuchte mit seiner pädagogisch orientierten Idee der Neubegründung der Olympischen Spiele den zunehmenden gesellschaft- lichen und politischen Problemen des beginnenden 20. Jahrhunderts entgegenzuwirken. Den Sport instrumentalisierte er für seine Zwecke, um mit dessen positiven Eigenschaften dem moralischen Verfall der kapitalistisch ausgerichteten Gesellschaft in Zeiten der Industrialisie- rung zu begegnen (MÜLLER 1996, 126ff). COUBERTINs „ Pédagogie Sportive “ betont die Über- tragung des Körperlichen auf die geistigen und moralischen Kräfte mit dem Ziel einer geistig- körperlich-moralischen Vervollkommnung (JOISTEN 2004, 26). Dies versuchte er durch die olympische Erziehung in einer ganzheitlichen Verbindung zu vermitteln.

Auch die natürliche Umwelt bedachte COUBERTIN in seinen Überlegungen. Diese Überlegungen basierten zwar nicht auf einem Umweltschutzverständnis heutiger Ausprägung, aber auf einem Konzept, dass auch als grundlegend für den heutigen Umweltschutzgedanken angesehen werden kann: Das Konzept der Eurythmie, der harmonischen Entwicklung des Menschen, welches das Umfeld des Menschen und somit auch die natürliche Umwelt mit einbezieht. Die Eurythmie im Sinne COUBERTINs bildet einen Gegenpol zum Exzess und be- steht im Wesentlichen aus den in eine physikalische Umwelt eingebetteten kulturellen, sozia- len, personalen und organischen Handlungssystemen (MESSING/ MÜLLER 2000, 122ff.). Unter Eurythmie versteht er eine geistige Haltung, die aus einer doppelten Verehrung, für die kör- perliche Anstrengung und für die Harmonie, hervorgebracht wird (COUBERTIN 1966 [1918], 65). Sie äußert sich letztendlich in einem subjektiv erlebten „Wohlgefühl aufgrund innerer Ausgeglichenheit und Harmonie mit der Umwelt“ (MESSING/ MÜLLER 2000, 124).

COUBERTINs Betrachtung der Umwelt erfolgte unter räumlich-ästhetischen Ge- sichtspunkten hinsichtlich einer harmonischen Gestaltung, war aber auch geprägt durch Res- pekt vor der Natur. Dies spiegelt sich in dem von ihm mitbestimmten ‚Programm des Interna- tionalen Architekturwettbewerbes Paris 1910’ für die Ausrichtung moderner Olympischer Spiele wider. Die Wettbewerbsteilnehmer sollten auch die topographischen Eigentümlichkei- ten der ausgesuchten Landschaft in ihre Ausarbeitungen integrieren und bei den Planungen der Bauformen berücksichtigen: „denn die enge Zusammenarbeit von Mensch und Natur ist eines der wesentlichen Elemente der Eurythmie in solchen Dingen“ (COUBERTIN 1966 [1910], 27). Zudem sollten die Wettkampfstätten in ihrem Umriss „möglichst mit der umliegenden Landschaft harmonisieren und seinen [ihren] Nutzen daraus ziehen“ (ebd. 28). Eine Sensibili- sierung für die natürliche Umwelt, ähnlich unserer heutigen Umweltbildung, sprach COUBERTIN 1914 in einer Rede an der Sorbonne an. Er merkte an, „(…) dass es unmöglich ist, den Menschen Appetit auf Freiluft und Bewegung zu machen, ohne diese der Natur wie- der anzunähern, von der sie die Industrialisierung entfernt hat“ (COUBERTIN 1914, 383). Die- ses Problem thematisierte COUBERTIN (1986 [1907], 333f.) in einem Artikel über die Ver- schmutzung der Natur durch den Tourismus und den Sport. Demnach dürfe sich der Olympi- sche Sport einer Erziehung zum Schutz der Natur nicht verschließen. Er hielt die Sportler da- zu an die Sportstätten sauber zu halten und kein Papier in die Natur zu werfen. Jeder Sportler solle die Natur pflegen und schützen, damit auch nachfolgende Personen sich noch an dieser erfreuen könnten. Die Sportler sollten Bewahrer der Natur werden und so Moral mit ästheti- schem Erlebnis vereinen. SCHANTZ (1996, 85) sieht diesen Text als „Vorreiter“ einer natur- verträglichen Sportausübung. Wenn auch mehr aus ästhetischen und praktischen Gesichts- punkten bewertete schon COUBERTIN Olympische Spiele „der kurzen Wege“ als vorteilhaft. „Es wäre wirklich von Nachteil, wenn sie [die Wettkampfstätten - Anm. d. Verf.] durch zu große Zwischenräume getrennt wären“ (ebd.). Und schließlich war auch die nachhaltige Nut- zung der Gebäude und Anlagen Teil der Überlegungen COUBERTINs. So merkte er an, dass es „die Stadt beträchtlicher und nicht zu vernachlässigender Mittel für ihren Haushalt berauben“ (ebd., 29) würde, die erbauten Anlagen nach den Spielen nicht zu nutzen.

Bei der Verwirklichung seiner Olympischen Vision war COUBERTIN bewusst, dass die Erfordernisse der Gegenwart zu seinen wie auch in zukünftigen Zeiten berücksichtigt werden müssen. Die Olympischen Werte sollten stets durch die Olympische Bewegung der Zeit an- gepasst werden (COUBERTIN 1966 [1918], 62). Mit der Einbringung des Umweltschutzgedan- kens in die grundlegenden Statuten der Olympischen Bewegung 1996 wurde daher im Sinne COUBERTINS gehandelt.

7.1. Der Umweltschutz in der Olympischen Bewegung

Die Olympische Bewegung soll nach Auffassung ihres Gründers, Pierre de Coubertin „[…] wie ein Strahlenkranz alle jene Prinzipien, die zur Verbesserung der Menschheit beitragen […]“ (COUBERTIN, 1966 [1917], 151) vermitteln. Die Ideale, Werte und Normen, für welche die Olympische Bewegung einsteht, bilden in ihrer Gesamtheit die Olympische Idee (LENK 2005, 10). In ihr wird der Sport mit höheren, moralischen Werten verknüpft und so von ande- ren internationalen Wettkämpfen, wie bspw. Weltmeisterschaften, abgehoben. Kodifiziert und niedergeschrieben sind die vom IOC angenommenen Grundprinzipien in der Olympischen Charta. Diese bildet die Handlungs- und Rechtsgrundlage der Olympischen Bewegung und ist somit Grundlage des gesamten olympischen Systems. Sie ist ein vielschichtiges Dokument mit vielseitigem Anspruch. Die aktuelle Fassung von 2004 umfasst fünf Kapitel auf insgesamt 109 Seiten, auf welchen 61 Regeln sowie zahlreiche Ausführungsbestimmungen festgehalten sind, die die Aufgaben des IOC und seiner Unterorganisationen sowie die Vergabe, Durch- führung und die Rahmenbedingungen der Olympischen Spiele genauestens regeln.

In den Anfängen der Olympischen Bewegung wurden deren Grundprinzipien in den Sitzungsprotokollen fixiert, jedoch nicht publiziert. Die erste Charta des Jeux Olympiques wurde 1923 in Rom veröffentlicht und enthielt neben den ersten fünf Grundsätzen der Bewe- gung und einem groben Reglement auch die Aufgaben der NOK. Seitdem ist die Olympische Charta beständig erweitert worden und vom IOC dem Zeitgeist, den Erfordernissen der Ent- wicklung der Menschheit und speziell des Sports entsprechend modifiziert und angepasst worden. Seit 1894 wurden jedoch an den Grundprinzipien der Olympischen Bewegung keine wesentlichen Veränderungen vorgenommen (MÜLLER 1981, 16). Dies änderte sich in den 90er Jahren als die Umweltverträglichkeit Olympischer Spiele zu einem grundlegenden Prin- zip der Olympischen Bewegung erhoben wurde. In der Fassung von 1996 erschien erstmals folgender Passus:

„(…) the IOC sees that the Olympic Games are held in conditions whichdemonstrate a responsible concern for environmental issues and encourages the Olympic Movement to demonstrate a responsible concern forenvironmental issues, takes measures to reflect such concern in its activities and educates all those connected with the Olympic Movement as to theimportance of sustainable development.“

Olympic Charter 1996, Rule 2§13 (IOC 1996, 11)

2001 wurde die Olympische Charta umfassend überarbeitet. Insbesondere die grundlegenden Prinzipien wurden ausdifferenziert, jedoch allgemeiner formuliert. In dieser und in der neuesten Fassung der Olympischen Charta von 2004 ist die Rolle des IOC den Umweltschutz betreffend wie folgt definiert:

“To encourage and support a responsible concern for environmental issues, to promote sustainable development in sport and to require that the Olympic Games are held accordingly;”

Olympic Charter 2004, Rule 2,§13 (IOC 2004a, 12)

Auf diesem grundlegenden Prinzip basieren alle den Umweltschutz betreffenden Handlungen und Äußerungen des IOC. Die Ausdifferenzierung der grundlegenden Prinzipien ermöglicht nach Ansicht des IOC ein einfacheres Verständnis der Grundprinzipien und einen besseren Überblick. Inhalte gingen bei dieser Umstrukturierung nicht verloren; vielmehr würden sich

Der Umweltschutz der Olympischen Bewegung die Prinzipien ergänzen. So gehört bspw. zu einer harmonischen Entwicklung des Menschen (§3) auch der Schutz der Umwelt, welcher einen Beitrag zum Aufbau einer besseren Welt (§6) leistet.

Der Umweltschutzanspruch der Olympischen Bewegung wird seit dessen Formulierung 1986 beständig weiterentwickelt und findet sich in den richtungsweisenden Dokumenten des IOC, wie auch dem Code of Ethics der Olympischen Bewegung, in welchem der Anspruch folgendermaßen zusammengefasst wird:

“The Olympic parties shall endeavour to protect the environment on theoccasion of any events they organise. In the context of the OlympicGames, they undertake to uphold generally accepted standards for environmental protection.”

Olympic Code of Ethics, Chapter E, Rule 3, (IOC 2003, www, 3)

Der verantwortungsvolle Umgang mit der natürlichen Umwelt wird spezifiziert in der Olympic Movements Agenda 21. In dieser wurden die zentralen Anliegen der UNCED Agenda 21 vollständig übernommen. Die Olympische Agenda 21 appelliert an alle Mitglieder der Olympischen Bewegung eine aktive Rolle im Prozess der nachhaltigen Entwicklung einzunehmen und dies auch zu vermitteln:

“All members of the Olympic movement should be urged to integrate sustainable development into their policies and activities, based on aboveAgenda 21; they should also encourage all individuals that are linked tothem to behave in such a way as to ensure that their sporting activities andtheir lifestyles play a part in sustainable development.”

Olympic Movements Agenda 21, Declaration 3 (IOCSEC 1999, 48)

Neben generellen ökologischen Prinzipien wird in der Olympic Movements Agenda 21 ein ‚Handlungsprogramm der Olympischen Bewegung für eine nachhaltige Entwicklung’ und dessen Anforderungen dargelegt. Das Programm orientiert sich an drei wesentlichen Ansprü- chen: an erster Stelle sind sozio-ökonomische Bedingungen zu verbessern, um somit den Umweltschutz zu stärken. Ohne die Grundbedürfnisse einer Bevölkerung zu decken, kann kein nachhaltiger Umweltschutz erfolgen. Daher wird die Erhaltung und der nachhaltige Um- gang mit begrenzten Ressourcen als besonders wichtig erachtet und insbesondere dieser An- spruch hervorgehoben. Und schließlich ist die Olympische Bewegung auch daran interessiert, im Umweltschutz engagierte Gruppen zu unterstützen und zu fördern, insbesondere Frauen und junge Menschen (IOCSEC 1999, 23).

Neben grundsätzlichen Handlungsrichtlinien ist der Umweltschutz somit auch Teil des sozialen wie auch erzieherischen Anspruchs des Olympischen Sports, verkörpert durch die Olympischen Werte. Eine Sensibilisierung für Umweltprobleme und Stärkung des Umweltbewusstseins muss demnach innerhalb der Bewegung erfolgen und mittels der Olympischen Erziehung auch nach außen vermittelt werden.

Zusammengefasst besteht die selbstauferlegte Verpflichtung des IOC gegenüber der Umwelt in einem verantwortungsvollen Umgang mit der Natur, der Umsetzung entsprechender Maßnahmen bei allen von ihr organisierten Veranstal- tungen sowie in einer angemessenen Aufklärungsarbeit inner- und außerhalb der Olympischen Bewegung.

7.2. Die Entwicklung des Umweltschutzes in der Olympischen Bewegung

Die Olympische Bewegung versucht, die von COUBERTIN eingebrachten Werte und Normen im und durch den Sport sowie die kultur- und sinnstiftende Rolle des Sports zu bewahren, dem Zeitgeist anzupassen und zu vermitteln. Sport und Umwelt schienen lange Zeit in Ein- klang miteinander zu stehen. Erst mit der Wandlung des allgemeinen Umweltbewusstseins wurden auch hier massive Probleme deutlich und in den frühen 70er Jahren begann man, die durch den Sport verursachten Umweltschäden wahrzunehmen (DA COSTA 1997b, 59). Im Verlauf dieser Entwicklung erkannte auch die Olympische Bewegung die Wichtigkeit des Umweltschutzes, ein Bereich, in dem auch Olympische Spiele vorbildhaft für den Sport sein müssen und hat den Schutz und Erhalt der natürlichen Umwelt ihren Werten hinzugefügt. 1986 verkündete der damalige IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch:

“The International Olympic Committee is resolved to ensure that the environment becomes the third dimension of Olympism, the first and second being sport and culture.”

(SAMARANCHzit. in SCHMITT1998, 112)

Realisiert wurde die Idee umweltfreundlicher Olympischer Wettkämpfe erstmals 1992 bei den 16. Olympischen Winterspielen in Albertville, bei denen das Organisationskomitee einen sen- siblen Umgang mit Naturräumen, dem Schutz dieser bei Planung und Durchführung der Spiele und verschiedene umweltfreundliche Technologien in das Sportstättenkonzept inte- grierte. Das Konzept wurde jedoch nicht konsequent umgesetzt und es kam zu immensen Umweltzerstörungen beim Bau der Bobbahn und der alpinen Strecken sowie zu Fehlplanun- gen, insbesondere die Nachnutzung der Anlagen betreffend (LAUTERWASSER 1997, 7; DA COSTA/ VEERMAN 2006, 81). Im selben Jahr begann das IOC den formulierten Anspruch zu festigen. SAMARANCH unterzeichnete stellvertretend für die gesamte Olympische Bewegung während der 25. Olympischen Spiele in Barcelona den „ Earth Pledge “, welcher zu einem umweltschützenden und den Prinzipien der Nachhaltigkeit entsprechenden Verhalten ver- pflichtete (TARRADELLAS 2003, www, 6). Dem Umweltschutzgedanken folgend, fiel 1993 die Wahl für die Austragung der Olympischen Spiele 2000 auf Sydney, deren Bewerbung ein umfassendes Umweltschutzkonzept beinhaltete. Die 17. Olympischen Winterspiele, im fol- genden Jahr in Lillehammer, wurden aufgrund einer besonderen Beachtung des ökologischen Aspektes und umfangreicher Umweltschutzmaßnahmen zu „Grünen Spielen“ erklärt. Initiiert wurden die Umweltschutzbemühungen jedoch nicht vom Organisationskomitee der Spiele oder vom IOC, sondern von norwegischen Bürgerinitiativen (BRAUN 2000a, 196). Schließlich beschloss das IOC 1994 auf der Sitzung zu ihrem hundertjährigen Bestehen, den Umwelt- schutz zu einem fundamentalen Prinzip der Olympischen Bewegung zu erheben (IOCSEC 1999, 7). In der 1996 publizierten Olympischen Charta war erstmals eine Regel zum Umwelt- schutz enthalten, in welcher ein verantwortungsvoller Umgang mit der Natur und die Beach- tung der Prinzipien der Nachhaltigkeit bei der Ausrichtung Olympischer Spiele vorgeschrie- ben werden. 1995, ein Jahr zuvor, etablierte das IOC eine Sport and Environment Commission in ihrer Organisation. Die Aufgaben der Kommission bestehen in der Formulierung und Aktualisierung des Umweltschutzanspruches des IOC, der gezielten Aufklärungsarbeit der Olympischen Familie sowie aller Sportausübenden über die Bedeutung des Umweltschutzes und einer nachhaltigen Entwicklung. Ebenfalls erklärtes Ziel der Kommission ist die Förde- rung umweltgerechter Olympischer Spiele unter nachhaltigen Gesichtspunkten (IOCSEC 2003a, www). Die Umweltkommission des IOC richtete bereits in ihrem Gründungsjahr die

1. Weltkonferenz Sport und Umwelt des IOC in Lausanne aus (JÄGEMANN, 1997a, 3). Seither haben bereits sechs Konferenzen zur Thematik des Umweltschutzes stattgefunden und die 7. Weltkonferenz Sport und Umwelt des IOC wird Ende des Jahres 2007 in Peking tagen (BOCOG 2006, www). Wie bei den vorhergehenden Umweltkongressen werden die Ziele der Olympische Bewegung bezüglich des Umweltschutzes und ihre diesbezüglichen Aktivitäten neu diskutiert und den aktuellen Erfordernissen angepasst (IOC 2005a, www).

Nach der Festlegung des Umweltschutzanspruchs der Olympischen Bewegung als fundamentales Prinzip in der Olympischen Charta von 1996 wurde dieser in verschiedenen Maßnahmen bei den Olympischen Winterspielen 1998 in Nagano ersichtlich. So wurde beispielsweise für das Olympische Feuer ein Propangas gewählt, das geringere Emissionswerte aufwies, die Uniformen des Olympischen Personals waren aus komplett recycelbaren Materialien gefertigt und die Eiskanäle wurden mit einem umweltfreundlicheren PassivKühlsystem betrieben (IOC 2004b, 49).

1999, während der 109. Session in Seoul, wurden schließlich Umweltschutz- und Handlungsrichtlinien für eine ökologische und nachhaltige Entwicklung der Olympischen Bewegung in einer eigenen Agenda 21 festgelegt. Diese stellt eine Orientierung in theoretischen und praktischen Belangen des Umweltschutzes dar und ist an alle Mitglieder der Olympischen Bewegung gerichtet.

Die Olympischen Sommerspiele im folgenden Jahr in Sydney waren vollständig auf ei- ne umweltfreundliche Ausrichtung ausgelegt. Erstmalig wurde in den Planungskonzepten auch die Zeit nach den Spielen bedacht, was bei vorhergehenden Olympischen Spielen nicht der Fall gewesen war (CASHMAN 1999, 187). Bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City, Athen und Turin waren Umweltschutzmaßnahmen ebenfalls in größerer oder geringerer Aus- prägung ersichtlich. Ob das OCOG der Olympischen Spielen in Peking 2008 den Umwelt- schutz weiter ausbaut oder andere Schwerpunkte gesetzt werden, bleibt abzuwarten.

7.3. Die Umsetzung des Umweltschutzanspruches in der Olympischen Bewegung

Im Verlauf der Implementierung des Umweltschutzes als Dritte Säule in die Olympische Bewegung wurde 1995 die Sport and Environment Commission gegründet, die den ökologischen Bereich nach außen propagiert. Sie setzt sich zusammen aus Mitgliedern des IOC, der Internationalen Sportföderationen, der NOK, OCOG, der Paralympischen Bewegung sowie Athleten und Umweltexperten. Die derzeit aktuelle Mitgliederliste umfasst 16 Kommissionsangehörige mit Erfahrungen im Bereich des Umweltschutzes. Mindestens einmal im Jahr trifft sich die Kommission zur Abstimmung ihres Vorgehens (IOC 2004a, www).

Die Fachkommission Sport und Umwelt berät das IOC Executive Board in Fragen des Umweltschutzes und der diesbezüglichen Entwicklung der Olympischen Bewegung. Die Kommission erarbeitet insbesondere auf der von ihr alle zwei Jahre veranstalteten IOC World Conference on Sport and Environment Handlungsempfehlungen für den „Olympischen Um- weltschutz“, bei denen sie von verschiedenen Feststellungen ausgeht. So erkennt die Kom- mission an, dass zwischen Sport und Umwelt eine natürliche Partnerschaft besteht. Die Gesundheit und Sicherheit von Athletinnen und Athleten und der Sportgemeinschaft im Ge- samten stehen in direktem Bezug zu einer intakten Umwelt. Die Durchführung von Sportakti- vitäten und -veranstaltungen soll daher nicht nur auf eine minimale Schädigung der Umwelt ausgelegt sein, sondern auf eine umweltverträgliche Weise und gemäß den Prinzipien der Nachhaltigkeit organisiert werden, so dass Umwelt und Gesellschaft davon profitieren und das Umwelterbe erhalten bleibt (IOC 2004a, www).

Sport, Gesellschaft und Industrie tragen für ihr diesbezügliches Verhalten die Verant- wortung. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse wurden zahlreiche Empfehlungen abgeleitet.

So sollen Sportverbände zur Ausrichtung von Sportgroßveranstaltungen mit allen betroffenen privaten und öffentlichen Bereichen und Gruppierungen zusammenarbeiten, um von deren Fachkenntnissen zu profitieren. Die Sportinfrastruktur soll nach umweltfreundlichen Aspek- ten, insbesondere hinsichtlich der Energieeffizienz und der Nachnutzung, erstellt werden und auch temporäre Infrastrukturen und Anlagen sollen in Betracht gezogen werden. Das Um- weltbewusstsein der Athleten soll gefördert und dafür genutzt werden, das öffentliche Be- wusstsein und somit das Umweltverhalten vieler Menschen zu verbessern (ebd.).

Die bisher letzte IOC-Weltkonferenz mit dem Beititel "Sport, Peace and Environment" fand am 15. November 2005 in Nairobi statt. In der Abschlusserklärung wurden die Prinzipien der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes der Olympischen Bewegung sowie deren Stellung als Dritte Säule der Olympischen Bewegung erneut bestätigt. Anerkennung wurde für das FIFA- Umweltkonzept „ Green Goal “ der Weltmeisterschaft 2006, die Anstrengungen aller anderen Weltsportverbände, das Umweltschutzkonzept bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin und auch den Anstrengungen der eigenen Organisation in Belangen des Umweltschut- zes erteilt. Ein wesentlicher Tagungspunkt der Konferenz in Nairobi war die Veröffentlichung des IOC Guide to Sport, Environment and Sustainable Development. In diesem werden me- thodische und praktische Hilfen für den Umweltschutz im Bereich des Sports, basierend auf den Prinzipien der ökologischen Nachhaltigkeit, gegeben. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den olympischen Sportarten. Der Guide zeigt zudem verschiedene Formen der Zusammenar- beit mit den am Sport beteiligten Gruppen auf, wie bspw. Athleten und Trainern, aber auch Zuschauern, Sportartikelherstellern, Managern und den Medien (IOC 2006a, www).

Eine praktische Umsetzung des vom IOC verfassten ökologischen Verhaltenscodexes erfolgte 1999 mit der Implementierung des Umweltschutzes als ein wichtiges Kriterium in das Aus- wahlverfahren für Olympische Bewerberstädte und ist somit Grundvoraussetzung einer erfolgreichen Bewerbung (FITSCHEN 2006, 37). In diesem Jahr wurde das Bewerbungsver- fahren für die Ausrichtung Olympischer Spiele abgeändert. Seitdem erfolgt die Bewerbung in zwei im Folgenden näher beschriebenen Phasen und die Bewertung der Bewerberstädte durch die zu diesem Zweck gegründete Evaluation Commission (SCHOLLMEIER 2001, 47).

In der ersten Phase des Bewerbungsverfahrens werden die Anforderungen des IOC den Bewerberstädten in den Bewerbungsunterlagen mitgeteilt. Das Dokument Candidature Procedure and Questionnaire wird für die jeweiligen Olympischen Spiele neu erstellt und beinhaltet alle Ansprüche des IOC an die Ausrichterstadt, so auch die Umweltschutzan- Der Umweltschutz der Olympischen Bewegung sprüche innerhalb des Themas Environmental protection and meteorology (vgl. IOC 2004c, Theme 4).

Alle potentiellen Bewerberstädte für Olympische Spiele müssen bereits in der ersten Phase ein detailliertes Umweltkonzept zusammen mit einer Environmental Impact Study ein- reichen. Diese umfasst Studien über die verschiedenen Wechselwirkungen und Gefährdungen der Umwelt durch die Ausrichtung Olympischer Spiele, das geplante Ressourcen- und Um- weltmanagementsystem sowie Lösungskonzepte, wie den verschiedenen Naturgefährdungen begegnet werden soll. In der Bewerbung sind detaillierte Umweltschutzinformationen jeder einzelnen Wettkampfstätte gefordert. Besonderen Wert legt das IOC auf Ausführungen über die Verwendung möglichst umweltfreundlicher Technologien, insbesondere den Einsatz rege- nerativer Energiequellen, das Abfall- und Abwassermanagement, Luftverschmutzung, Bio- topschutz, Biodiversität, Maßnahmen zur Förderung des Umweltbewusstseins sowie geplanter Umweltschutzprojekte. Desweiteren soll die geplante Zusammenarbeit mit staatlichen Um- weltinstitutionen sowie NGO und allgemein die Bemühungen um den Umweltschutz vor, während und nach den Spielen dargelegt werden (IOC 2004c, 85ff.). Schließlich wird eine Garantieerklärung gefordert, dass alle in Zusammenhang mit den Olympischen Spielen voll- zogenen Handlungen und erbauten Stätten mit den lokalen, regionalen und nationalen wie auch internationalen Umweltbestimmungen und sämtlichen geltenden Gesetzgebungen in Einklang stehen (ebd.).

Bei der Auswahl der möglichen Ausrichterstädte ist der Umweltschutz eines von der- zeit 19 Kriterien (ebd., 4f.), welche bei Übergang in Phase 2 des Auswahlverfahrens, der Zu- lassung von 5 Ausrichterstädten durch das IOC zur eigentlichen Bewerbung um die Spiele, in einer individuellen Bewerbung noch weiter ausgeführt werden müssen. Die IOC Evaluation Commission informiert sich daraufhin auch vor Ort über die Gegebenheiten und geplanten Maßnahmen um schließlich ihre Bewertung der Bewerberstädte den IOC Mitgliedern vorzu- legen, die über die Vergabe der Spiele in einer Session entscheiden. Seit 2002 ist auch ein Experte allein für Umweltfragen Mitglied der 13 köpfigen Bewertungskommission, welcher speziell die Umweltsituation und die geplanten Maßnahmen vor Ort untersucht und beurteilt (IOC 2004a, www). In dem Abschlussbericht der Kommission werden die verschiedenen Kriterien beurteilt und auf diese Weise die Kandidatenstädte bewertet. Die verschiedenen Kriterien weisen dabei eine unterschiedliche Gewichtung auf, wie Tab. 1, der Kriterienkatalog für die Beurteilung der Kandidatenstädte der Olympischen Spiele 2012, zeigt. Die Gewich- tung der Kriterien erfolgt auf einer Skala von eins bis fünf, wobei fünf die höchste Ge- wichtung anzeigt und somit das jeweilige Kriterium die höchste Bedeutung aufweist. Die Umweltgegebenheiten und der Umweltschutz sind mit einer Gewichtung von zwei von nicht allzu großer Bedeutung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Bewerberstädte für die Olympischen Spiele 2012 wurden nach diesen 11 Kriterien beurteilt. Quelle: IOC 2004c, 8

Die Rechte und Pflichten der in einer Session des IOC schließlich gewählten Ausrichterstadt werden im Host City Contract festgehalten, der gegenüber dem IOC rechtlich bindend ist. Von besonderer Bedeutung für den Umweltschutz ist § 18 ‚ Environmental Protection’. In diesem verpflichten sich die Ausrichterstadt und das NOK dem IOC gegenüber, alle Aufgaben in einer Weise durchzuführen, „which embraces the concept of sustainable development that comply with applicable environmental legislation and, whenever and wherever it’s possible,serve to promote the protection of the environment”.

(Chapter II,§18 Host City Contract 2004 zit. in: WWF Greece 2004, 13)

Das jeweilige NOK des Gastgeberlandes hat einen reibungslosen Informationsfluss zu garan- tieren und die Umsetzung der geplanten Maßnahmen zu überwachen (IOC 2004b, 48). Nach der Unterzeichnung des Host City Contracts besitzt das IOC einzig noch eine Sanktionsmacht gegenüber dem Organisationskomitee und der Ausrichterstadt, um sicherzustellen, dass alle Maßnahmen, so auch die des Umweltschutzes, wie in der Bewerbung beschrieben, durchge- führt werden.

Eine direkte Sanktionierung besteht nach Regel 33 der Olympischen Charta (IOC 2004a, 69), die besagt, dass das IOC das Recht hat, die Olympischen Spiele ohne Konsequenzen der Ausrichterstadt zu entziehen. Dieser schwerwiegende Schritt würde allerdings nicht nur der Ausrichterstadt, sondern auch dem Image des IOC schaden und ist bisher noch nie vorge- kommen. Aufgrund der Größe der Veranstaltung und der nötigen Vorbereitungszeit wäre die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalles der Spiele hoch und würde zudem einen Kontrollverlust seitens des IOC dokumentieren. In indirekter Weise kann das IOC schließlich durch Lob oder Kritik Einfluss auf das Image der Stadt in der Weltöffentlichkeit nehmen und somit indirekt das Verhalten des Ausrichters beeinflussen.

8. Umweltproblematik und Umweltschutzmöglichkeiten Olympischer Sommerspiele

Die Olympischen Spiele sind die weltweit größte Veranstaltung des Sports. Neben organisato- rischen, strukturellen und wirtschaftlichen Problemen sehen sich die Veranstalter zudem mit dem immer bedeutenderen Problem einer mit dem Ausmaß der Spiele anwachsenden Be- lastung der natürlichen Umwelt konfrontiert. Olympische Spiele stellen für die Umwelt ein kurzzeitiges Belastungsmaximum dar. Die auftretenden Belastungen der Umwelt entstehen direkt durch die Ausübung der Sportarten und das öffentliche Interesse an ihnen sowie indi- rekt durch die Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur. Konflikte mit der Umwelt entste- hen bei allen Wettkämpfen, egal ob in Wettkampfhallen und Stadien, in temporären Anlagen oder unter freiem Himmel (SCHEMEL/ ERBGUTH 2000, 204). Es müssen große Sportkomplexe erbaut und der Transport, die Versorgung wie auch die Kommunikation von mehreren hun- derttausend Personen ermöglicht werden. Die Belastungen der Umwelt sind weitaus größer als im alltäglichen Leben (OTTESEN 1996, 285).

Bereits die Tatsache, dass die Olympischen Spiele alle vier Jahre an einem anderen Ort veranstaltet werden, bedeutet einen hohen Ressourcenverbrauch für die neu zu bauenden Wettkampfstätte. Dies betrifft nicht nur die Wettkampfanlagen, sondern auch die Außenanla- gen zwischen den Veranstaltungsorten, die für kurze Zeit eine enorme Zahl an Besuchern aufnehmen müssen, für die Nachnutzung aber meist überdimensioniert sind (MUHAR 1998, 14). Die Betrachtung der durch Olympische Spiele auftretenden ökologischen Probleme darf zudem nicht einzig auf den Zeitpunkt der Wettkämpfe beschränkt sein, sie muss auch die Vorbereitungsphase und die Zeit nach den Olympischen Spielen berücksichtigen. Ebenso wie in der Phase der Wettkämpfe finden in den beiden anderen Phasen erhebliche Eingriffe in und Auswirkungen auf die Natur statt. In der Vorbereitungsphase auf die Olympischen Spiele sind dies vor allem Flächenverbrauch, Bodenversiegelung und der durch den Bau olympischer Anlagen verursachte Ressourcenverbrauch sowie Schadstoffbelastungen. In der Durch- führungsphase wirkt sich vor allem die Anzahl der an Olympischen Spielen Beteiligten auf die Umwelt aus und schließlich sind Belastungen in und durch die Nachnutzung zu bedenken.

Bereits SCHEMEL und ERBGUTH (2000, 206) machen darauf aufmerksam, dass die wichtigsten umweltrelevanten Konfliktbereiche, die Autoren nennen diesbezüglich Verkehrs- und Abfallproblematik sowie die Standortfrage, gleichzeitig perfekte Ansatzpunkte zur Vermeidung von Umweltbelastungen durch Sportgroßveranstaltungen darstellen.

8.1. Planung und Organisation

Olympische Spiele in ihren heutigen Dimensionen sind mit großen städtebaulichen Projekten verbunden. Viel wird sich von der Ausrichtung Olympischer Spiele versprochen, wie bspw. wirtschaftliche Prosperität, ein glänzendes Image, eine Verbesserung des Stadtbildes und der Bauten. Die Anforderungen an finanzielle, personelle sowie planerische Leistungen und die zu erbringenden Investitionen, selbst schon der Anwärterstädte in der ersten Bewerbungs- phase, sind enorm (MEYER-KÜNZEL 2003, 113). Für ein relativ kurzzeitiges Ereignis von we- nigen Wochen werden Jahre der Planung und Bauzeit benötigt. Zwischen 15 (Winterspiele) und 40 (Sommerspiele) Bauten werden durchschnittlich für Olympische Spiele errichtet (HEGGER 2006) sowie zahlreiche bauliche Veränderungen an der Versorgungs- und Verkehrs- struktur der Ausrichterstadt vorgenommen. Rund 1 000 Hektar Fläche werden für den Olym- pischen Sport benötigt (ebd.), welche in städtischen Gebieten wie auch in der Natur nicht problemlos zur Verfügung stehen. Bei diesen umfassenden Eingriffen konkurrieren viele Interessen miteinander und stehen nicht selten in einem Zielkonflikt.

Die Olympischen Projekte genießen politische Priorität in der Stadt, der Region und der Nation, Planungs- und Entscheidungsprozesse werden verkürzt und ein umfassender Stadtumbau vollzogen. Die städtische Entwicklung wird beschleunigt, aber auch für die näch- sten Jahre festgelegt und beeinflusst so die Lebensbedingungen zukünftiger Generationen (MEYER-KÜNZEL 2003, 114). Nach dem Leitbild der Nachhaltigkeit sollen keine dauerhaften Strukturen geschaffen werden, die nach den Spielen nicht sinnvoll weiter genutzt werden. Werden die Planungen eng mit dem bestehenden Stadtentwicklungskonzept verknüpft, kön- nen durch die Ausrichtung Olympischer Spiele Defizite der Stadt gezielt behoben werden. HEGGER (2006) bestätigt die Wichtigkeit dieses Aspektes, da Stadien in der Unterhaltung sehr kostenintensiv sind und insbesondere in Großstadien keine beständige Auslastung möglich ist. Teilweise haben Austragungsorte von der Durchführung der Spiele mit Stadien für Spitzen und Breitensport sowie Großveranstaltungen wie Konzerten profitiert, andere wiederum leiden noch heute an den negativen Folgen ihres Geltungsbedürfnisses, indem sie nicht ausgelastete Anlagen unterhalten, umbauen oder entfernen müssen (MEYER-KÜNZEL 2003, 122). Ein positives Beispiel bietet der Olympiapark in München, durch den ein wichtiger Grünzug im Nordwesten der Stadt geschaffen wurde. Zudem erfolgte an dieser Stelle eine Vernetzung zwischen Erholung, Breiten- und Spitzensport sowie Kultur (ebd.).

Die stadtplanerischen Möglichkeiten sind vielfältig, es müssen jedoch Langzeiteffekte beachtet werden. Speziell in ökologischer Hinsicht bieten sie die Möglichkeit, einen höheren Umweltstandard zu erreichen und diesen auch zu halten. Zukunftsgefährdende Tendenzen einer Kurzfrist-Orientierung des alltäglichen, ökonomischen und politischen Handelns müssen vermieden werden. Dies setzt allerdings einen respektvollen Umgang und Kompromissbereitschaft aller Beteiligten voraus, ohne die Belange in Bereichen wie der Ökologie für unwichtig zu erachten (GÜLDENPFENNIG 2003, 104).

Sportliche Großveranstaltungen umweltfreundlich zu gestalten, ist problematisch und erfordert ein hohes Maß an Planung und umweltrelevantem Wissen. Es müssen Kurz- und Langzeiteffekte, die Komplexität des Ökosystems, regionale Besonderheiten, direkte und in- direkte Auswirkungen der Veranstaltung auf die Umwelt, als auch nationale und internatio- nale Bestimmungen und Gesetzgebungen bedacht werden. Umweltaspekte dürfen nicht nur punktuell Berücksichtigung finden. Sie müssen konsequent und planmäßig angewandt wer- den. Dies kann nur erreicht werden durch ein Umweltkonzept mit systematischem Umwelt- management, welches fester Bestandteil des Masterplans der Gesamtveranstaltung ist. Ein wesentliches Element eines effizienten Umweltkonzepts ist der Einbezug von Umweltexper- ten oder Umweltorganisationen in die Gesamtorganisation. Somit ist gewährleistet, dass alle Maßnahmen möglichst objektiv auf ihre Umweltverträglichkeit geprüft und im Sinne des Umweltschutzes abgeändert werden können (JÄGEMANN 2003, www, 6). Die Einrichtung einer Umweltabteilung als Vermittler zwischen den Interessen der einzelnen Gruppen und den beteiligten Unternehmen ist zudem notwendig.

Um eine nachhaltige Nutzung zu gewährleisten, sind konkrete Zielvorstellungen über die Art und den Zeitraum der späteren Verwendung bereits in der Planungsphase notwendig. Dies erspart Zeit und Kosten, da Maßnahmen und Investitionen bereits im Sinne der Folge- nutzung durchgeführt werden können und die Anlagen so später mit minimalem Aufwand der Nachnutzung zuzuführen sind. Nutzungsverknüpfungen erleichtern eine wirtschaftliche Trag- fähigkeit und können die Kernnutzung in sinnvoller Weise ergänzen (ROTH 2003, 24f.).

Die Standortwahl ist zudem in vielfacher Hinsicht von entscheidender Bedeutung. Sie hat Auswirkungen auf die Ökologie und Biodiversität des Standorts und des angrenzenden Raumes, das Landschaftsbild, die Verkehrswege und die nachhaltige Nutzung der Anlage. Die Sportstätten und Unterkünfte benötigen häufig weiträumige geeignete Flächen und Nebenflächen. Gerade in verdichteten urbanen Gebieten stehen diese nicht unbegrenzt zur Verfügung und die vorhandenen konkurrieren nicht selten mit ökologisch bedeutsamen Flä- chen. Die Wahl des Standorts hat entscheidenden Einfluss darauf, ob die negativen Auswir- kungen der Anlage intensiviert oder minimiert werden (TARRADELLAS 2003, www, 10). Die Einrichtungen können zentral in der Innenstadt, in städtischen Randgebieten oder außerhalb des Siedlungsraumes angelegt werden.

Bei Veranstaltungen im Freien sind zusätzliche Aspekte zu beachten. Bestehende Ökosysteme dürfen nur soviel wie unbedingt nötig und so wenig wie möglich beeinträchtigt werden. Die Errichtung von Sportanlagen in der freien Natur kann wertvolle Biotope und Habitate bedrohter Tierarten zerstören. Ökologisch sensible Räume sollten daher gemieden und Wechselwirkungen der Tier- und Pflanzenwelt mit den verschiedenen Auswirkungen der Veranstaltung bedacht werden. So sollten auch die Zuschauer auf dem Veranstaltungsgelände durch Anweisungen, Regeln und infrastrukturelle Maßnahmen wie Zäune oder Grünanlagen wie auch bei An- und Abreise derart gelenkt werden, dass diese keine zusätzlichen Be- lastungen verursachen (TRÖGER 2003, 8). Ein wirklicher Ausgleich vor Ort ist oft nicht mög- lich, wohingegen ein großzügiger Ausgleich an anderer Stelle Natur auch stärken kann.

Ein enormes Wirkungsgeflecht muss bedacht und nicht nur den Bedürfnissen der Olympischen Spiele, sondern auch denen der Stadt angepasst werden. Bereits in der Vorberei- tungsphase können Probleme, gleich welcher Art, vermieden werden, indem sie schon in der Planung bedacht werden und so erst gar nicht entstehen können. Auch aus ökonomischen Gründen sind präventive Maßnahmen korrektiven vorzuziehen. “Eine weit verbreitete An- nahme unter Managern ist, dass Umweltinitiativen zwar sehr ehrenwert, jedoch teuer und zeitaufwändig sind“ (ebd., 3). Dies liegt meist darin begründet, dass Folgekosten durch um- weltschädliche Produktion nicht bedacht werden und vorrangig die Aufmerksamkeit nur auf den Investitionskosten liegt. Zahlreiche Beispiele zeigen jedoch, dass ein gutes Umweltmana- gement Zeit- und Kostenersparnis bringen kann. Aufgrund der hohen Einspareffekte durch den Einsatz ressourcenschonender Technik amortisieren sich die Investitionen häufig bereits innerhalb kurzer Zeit (JÄGEMANN 2003, www, 6). Der Nutzen liegt zudem in verstärkter öffentlicher, nationaler wie auch internationaler Unterstützung, einer frühzeitigen Planungssi- cherheit, einem positiveren Erscheinungsbild, insbesondere in Hinblick auf Sponsoren und Partner, einer frühzeitigen Erkennung von Risiken, z.B. hinsichtlich Hochwasser oder Altlas- ten und damit verbundene Kostenersparnis für Versicherungen und Krisenmanagement sowie besseren Bedingungen für Sportler und Besucher und einem positiven Image (ebd.). Diese Vorteile können gesichert werden, indem in der eigenen Institution wie auch bei Part- nern eine entsprechende Aufklärungsarbeit erfolgt und entsprechende Anweisungen gegeben werden. Insbesondere in der Vorbereitungsphase ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten zur Schonung von Ressourcen und der Vermeidung umweltbelastender Baustoffe. Alle Aus- schreibungen, Planungs- und Architekturwettbewerbe müssen daher schon im Ausschrei- bungstext Umweltkriterien enthalten. Die Wahl der Baufirmen, Zulieferer und allgemein aller benötigten Dienstleister sollte ebenfalls unter Umweltgesichtspunkten erfolgen (ÖKO- INSTITUT 2004, 10).

Die Organisation einer Großveranstaltung ist mit hohem bürokratischem Aufwand ver- bunden, der ebenfalls hohe Anforderungen an die Infrastruktur stellt. Zu einer umweltfreund- lichen Ausrichtung von Sportgroßveranstaltungen gehört auch eine umweltfreundliche Orga- nisation. Nicht nur die Wettkampfstätten, auch die Verwaltungsgebäude müssen umwelt- schonend mit der entsprechenden Gebäudetechnik ausgestattet sein und nach der Veranstal- tung einer dauerhaften Nutzung zugeführt werden. Die Verwaltungsarbeiten können ebenso in vielfältiger Weise umweltfreundlich und ressourcenschonend ausgelegt werden. Möglichkei- ten hierfür sind bspw. energiesparende Maßnahmen bei Beleuchtung und technischen Gerä- ten, wassersparende Installationen im Sanitärbereich, Mülltrennung und ein sinnvolles Ab- fallmanagement, wie auch der Einsatz wiederverwend- und nachfüllbarer Büromaterialien. Ebenso sollte die Nutzung von Umweltpapier, recycelt oder chlorfrei, das doppelseitige Be- schriften von Dokumenten und grundsätzlich sparsamer Verbrauch und Einsatz von Materia- lien alltäglich sein (TARRADELLAS 2003, www, 14).

8.2. Bauliche Maßnahmen

Für die Ausrichtung Olympischer Spiele sind umfassende bauliche Maßnahmen nötig, da zu- meist keine für die Anforderungen von Olympischen Spielen ausgelegten Anlagen bestehen. Wettkampfstätten müssen neu errichtet oder saniert werden, Trainingsanlagen erstellt, ein Olympisches Dorf erbaut und eine den Anforderungen der Athleten, Zuschauer, der Organisa- tion und der Medienvertreter genügende Infrastruktur bereitgestellt werden (vgl. MCLATCHEY 2003, 51ff.). Da Olympische Bauten auch als „Prestigeobjekte“ erbaut werden und zumeist alle vorhergegangenen Olympischen Spiele überboten werden sollen, geschieht deren Errich- tung meist unter weitaus größerer Aufwendung von Ressourcen als notwendig wären. Es be- steht die Gefahr, dass sie zu aufwendig gestaltet werden, die Gefahr des „Übertreibens“, wel- che durch kurzfristig zur Verfügung stehende Olympiamittel möglich wird (TRÖGER 2003, 7). Auch wenn seit einigen Jahren vorrangiges Ziel der Planungen „eine zukunftsfähige Nachnut- zung ist, steht jedoch meist der Konkurrenzgedanke im Vordergrund“ (HEGGER 2006).

Ein wichtiges Kriterium für eine nachhaltig erfolgreiche Durchführung ist eine rentab- le langfristige Nutzung der Sportstätten. Die Bauten sind so zu dimensionieren, dass Wartung und Pflege nicht zur Belastung für die Stadt werden und die Nachnutzung noch lohnend und vertretbar ist. Größe, Ausstattung und Lage der Sportstätten müssen bedacht und die Anlagen so konstruiert werden, dass sie sowohl die Olympischen Bedürfnisse befriedigen als auch vom Sport nach den Spielen genutzt werden können. Die Möglichkeiten durch temporäre Bauten wie auch temporärer Zuschauerplätze und des Rückbaus erstellter Anlagen sollten genau abgewogen und dort angewandt werden, wo keine Nachnutzungsbedarf besteht. Es ist unabdingbar, das Sportstättenkonzept dem Entwicklungskonzept der Ausrichterstadt anzupas- sen. Dies minimiert die Folgekosten, aber auch die Umweltbelastungen durch den Betrieb der Sportanlagen (TRÖGER 2003, 8).

Diese Prinzipien sind auch auf die gesamte olympische Infrastruktur anzuwenden. Die Errichtung von Verkehrsinfrastrukturen, wie z.B. Parkplätzen, die nach den Spielen nicht adäquat genutzt werden können, ist zu vermeiden. Das Olympische Dorf kann bspw. als eine Satellitenstadt konzipiert sein und so eine Nutzung als Wohnraum nach den Spielen sichergestellt werden. Zudem schafft diese Maßnahme Arbeitsplätze durch die Ansiedlung von Dienstleistungsbetrieben (ebd., 10).

Neubauten bedeuten Bodenversiegelung, Bodenverdichtung sowie Flächenverbrauch. Wertvolle Boden- und Grünflächen, die insbesondere im urbanen Raum herausragende Funk- tionen für die Erholung, das Klima und den Schutz der Tier- und Pflanzenwelt einnehmen, werden versiegelt und somit verbraucht. Dies betrifft jetzige wie auch zukünftige Generatio- nen, die nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit auch bedacht werden müssen, da auch Frei- flächen eine natürliche und endliche Ressource darstellen. Die sparsame und durchdachte Flächennutzung muss daher in der Olympiaplanung höchste Priorität haben (SCHMIED 2006). Um zusätzliche Bodenversiegelungen zu vermeiden, bietet sich vor allem die Revitalisierung brachliegender Flächen an. Insbesondere Industriebrachen sind so einer sinnvollen Nutzung zuzuführen. Werden diese ggf. von Altlasten befreit, kann ein wertvoller Beitrag zum Um- weltschutz geleistet werden, welcher zudem eine umweltfreundliche Positionierung des Aus- richters bestätigt.

Neben Standort, Ausmaß und lokalen Auswirkungen der Anlagen müssen zudem Kon- struktion, die verwandten Materialien und der Verbrauch an Ressourcen während des Betriebs der Bauten bedacht werden. Gebäudekonzept und Bauphysik sollten aufgrund ökologischer und ökonomischer Vorteile den neuesten Energie- und Ökologiestandards entsprechen, so auch eine verbesserte Wärmedämmung bei Gebäudehüllen aufweisen und ressourcensparend erbaut und betrieben werden. Hier bieten sich viele Möglichkeiten an wie der Einsatz regene- rativer, schadstoffarmer Energiequellen und Regenwasserzisternen für die Brauchwassernut- zung, Emissionsminimierung an Wärme und Schadstoffen bis hin zu einer umweltfreundli- chen Reinigung. Ebenso ist die Nutzung wieder aufbereiteter und auch einheimischer Mate- rialien vorzuziehen, um so Transportwege zu minimieren und auf den Gebrauch schadstoff- haltiger Bauelemente zu verzichten (ÖKO-INSTITUT 2004, 12). Bereits bestehende Gebäude und Anlagen sind unter denselben Gesichtspunkten zu modernisieren. Temporäre Anlagen sollten überall dort angewandt werden, wo eine Nachnutzung nicht stattfinden kann. Dies sollte jedoch im Vorfeld genau geprüft werden, da auch temporäre Anlagen endliche Ressour- cen verbrauchen, durch sie eine Menge Abfall anfällt, Bau und Entsorgung erhebliche Kosten verursachen und kein nachhaltiger Nutzen durch sie gewonnen werden kann. Auch bei diesen Anlagen ist die Standortproblematik zu beachten.

8.3. Transport und Verkehr

Der Individualverkehr stellt eines der größten Probleme bei Großveranstaltungen dar. Der benzinbetriebene Boden- und Luftverkehr hat durch seinen Schadstoffausstoß einen wesentli- chen Anteil an der globalen Erwärmung und trägt weiter zur Verknappung nicht erneuerbarer Ressourcen bei (JÄGEMANN 2003, www, 7). Nach BARTH (2004, www, 20) werden 80% der während einer Großveranstaltung entstehenden CO2-Emissionen durch den Verkehr verur- sacht. Luftverschmutzung, bis hin zu verkehrsbedingtem Smog, und Lärm stellen enorme Belastungen für Mensch und Tierwelt dar. Zur Bewältigung des hohen Verkehrsaufkommens werden häufig Straßen und Parkplätze aus- oder neugebaut. Diese Einschnitte in die natür- liche Landschaft schaden der Umwelt nicht nur direkt durch die mit ihrer Erstellung verbun- dene Flächenversiegelung, sondern stellen für viele Arten, insbesondere in der Tierwelt, ein unüberwindbares Hindernis dar. Der negative Einfluss auf die Biodiversität kann durch kost- spielige bauliche Maßnahmen, wie bspw. Wildbrücken, verringert, jedoch nicht vermieden werden. Hauptsächlich werden die Verkehrswege durch die Lage der Wettkampfstätten be- stimmt. Eine entsprechende Standortwahl kann Wegstrecken reduzieren und unnötigen Ver- kehr verhindern. Die Bezeichnung ‚ Olympische Spiele der kurzen Wege ’ ist in den letzten

Jahren dafür aufgekommen und wird als Leitziel befürwortet (SCHMIED 2006). Die Standortwahl darf sich im Idealfall nicht nur an den Besucherströmen der Olympischen Spiele orientieren, sondern muss bereits die postolympische Nutzung und die mit ihr verbundenen Verkehrswege berücksichtigen.

Die nachhaltige Entwicklung des Sports erfordert neben der Vermeidung unnötigen Verkehrs auch das Angebot und die Nutzung möglichst umweltfreundlicher Verkehrsmittel. Die An- und Abreise der Aktiven und Zuschauer kann kaum beeinflusst werden, jedoch der Verkehr am Austragungsort und zwischen den Wettkampfstätten. Dieser sollte mittels ökolo- gisch verträglicher Verkehrsmittel erfolgen. Eine Förderung öffentlicher Verkehrsmittel, wie Bus und Bahn, kann den Privatverkehr und somit die Umweltbelastungen durch verkehrs- bedingte Emissionen erheblich reduzieren. Zudem stellt er eine effektivere Möglichkeit des Personentransports dar. Die Verknüpfung der Eintrittskarte mit der Möglichkeit, durch diese den ÖPNV verbilligt oder kostenlos nutzen zu können und die Sperrung verschiedener Berei- che für den Privatverkehr sind wirksame Maßnahmen der Begünstigung dieses umweltfreund- licheren Verkehrsmittels. Der ÖPNV kann noch umweltfreundlicher gestaltet werden durch den Einsatz verbrauchsarmer wie auch umweltfreundlicher Fahrzeuge, bspw. solar-, elektrisch oder gasbetriebener, wie auch einer ökologischen Routenorientierung und einem Fahrertrai- ning hinsichtlich verbrauchsarmer Fahrweisen (ebd.).

Das Angebot und die Nutzung möglichst umweltverträglicher Verkehrsmittel und vor allem die Vermeidung unnötigen Verkehrs sind für eine nachhaltige Entwicklung des Sports zwingend erforderlich. Zudem können der Ausbau und die Umgestaltung des Verkehrskonzepts die Umwelt- und Lebensbedingungen der Ausrichterstadt erheblich und nachhaltig verbessern. Dies kann einzig durch eine vorausschauende, intelligente und bedarfsgerechte Verkehrsplanung erreicht werden (JÄGEMANN 2003, www, 7).

8.4. Ressourcen- und Abfallmanagement

Die Ausrichtung Olympischer Spiele ist mit enormen Waren-, Energie- und Personenströmen verbunden. Es werden erhebliche Mengen verschiedener Energieträger in Strom und Wärme umgewandelt. Insbesondere bei Großveranstaltungen liegt der Energieverbrauch um ein Viel- faches über dem durchschnittlichen alltäglichen Verbrauch (GROTZ 2005, 15). Beleuchtung, Beschallung, Kühlung, Warmwasser und das Pumpen von Wasser für Schwimmbecken und die Kanu-Slalomstrecke sind nur einige Beispiele für energieverbrauchende Leistungen. Durch die Reduzierung des Energieverbrauchs wird auch der Ausstoß an CO2 und anderen klimaschädlichen Gasen verringert. Ebenso sollte auf nächtliche Veranstaltungen verzichtet werden, da diese einen zusätzlichen Energieverbrauch, insbesondere durch die Beleuchtung, bedingen. Die Nutzung regenerativer Energiequellen reduziert zudem den Verbrauch wert- voller fossiler, nicht regenerativer Energieträger. Die Minimierung der Inanspruchnahme nicht nachwachsender Rohstoffe umfasst den weiten Bereich der mineralischen Rohstoffe, welche für die bauliche Infrastruktur benötigt werden, der fossilen und nuklearen Energieträ- ger sowie der wertvollen Trinkwasserressourcen. Weiterhin sollte der Einsatz umweltbelas- tender Stoffe und Materialien (z.B. PVC oder teilhalogenierte organische Substanzen für Kli- matisierungen) soweit wie möglich vermieden werden. Zahlreiche bereits erprobte Lösungen können helfen, den Verbrauch zu reduzieren und Verschmutzungen zu vermeiden. Einige Beispiele hierfür sind Solardächer, Wärmerückgewinnungspumpen für Dächer und Wände sowie Zisternen zur Brauchwassergewinnung wie diese bei der Fußball-WM 2006 in vielen Stadien installiert wurden (HOCHFELD 2006).

In einer weiten Sichtweise der Problematik betrifft dies auch den Bereich der Sport- artikel. Viele Sportartikel, insbesondere im Hochleistungssport, enthalten giftige Chemikalien und sind schwierig zu recyceln oder nach Gebrauch einer weiteren Nutzung zuzuführen. Be- reits bei ihrer Herstellung wird die Umwelt gefährdet und geschädigt (JÄGEMANN 2003, www, 8). Sie weisen größtenteils eine negative Öko- bzw. Umweltbilanz (engl.: Life Cycle Assess-ment) auf. Diese ermittelt sich durch die systematische Analyse der Umweltwirkungen von Produkten während des gesamten Lebensweges und gewichtet sämtliche Umweltwirkungen während der Produktion, der Nutzungsphase und der Entsorgung des Produktes sowie die damit verbundenen vor- und nachgeschalteten Prozesse, wie z.B. den Verbrauch der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (TARRADELLAS 2003, www, 12). Konsequent umgesetzt, müssten umweltfreundliche Olympische Spiele den Gebrauch von umweltschädigenden Sportmateria- lien untersagen und nur Materialien und Sportartikel von Firmen zulassen, welche bspw. die ISO-Standards 9000 und 14000 vorweisen können. Diese werden nur bei einer nachgewie- senen positiven Ökobilanz vergeben (ebd.).

Alle Beteiligten benötigen Ressourcen wie Wasser, Strom und Heizenergie sowie Nahrungsmittel, deren Bereitstellung und Nutzung Emissionen und Abfälle produziert. Der entstehende Abfall und dessen Entsorgung stellt ein Hauptproblem bei Großveranstaltungen dar. Die Art des Abfalls reicht von Umverpackungen des Verpflegungsbereichs bis hin zu Sondermüll. Möglichkeiten, Abfälle zu reduzieren, sollten angewandt werden und jeglicher Abfall am besten schon vor Ort gesammelt, sortiert und dem entsprechenden Recycling zuge- führt werden. Materialien und Produkte mit schwer abbaubaren Substanzen sind zu vermei- den. Zudem sollten die Besucher der Veranstaltung vor Ort auf ein entsprechendes Verhalten hingewiesen und Aufklärungsarbeit geleistet werden. Konsequent durchgeführt, setzt dies auch eine entsprechende Aufklärungsarbeit bei den Mitarbeitern des Veranstalters voraus. Insbesondere die Organisation der Veranstaltung sollte vorbildhaft auf eine umweltschonende Weise ausgelegt sein. Dies betrifft sowohl die für die Organisation benötigten Gebäude und Anlagen als auch Verwaltungsverfahren und das Verhalten der Mitarbeiter. Zudem sollten die beteiligten Unternehmen zu entsprechenden Verhaltensweisen angehalten oder, falls nötig, durch entsprechende Auflagen dazu bewegt werden.

Umweltfreundlicher, als die Abfälle zu recyceln, ist es, diese erst gar nicht entstehen zu lassen oder zumindest die Abfallproduktion zu minimieren. Auch ökonomisch sind derar- tige Maßnahmen von Vorteil, da die Entsorgung oder das Recycling von Abfällen mit hohem technischem und organisatorischem Aufwand verbunden ist und so in diesem Bereich eine Kostenreduktion erfolgen kann. Es existieren bewährte Konzepte, die angewandt werden soll- ten. Beispiele hierfür sind Pfandsysteme, der Einsatz von Mehrweggeschirr im Versorgungs- sektor oder auch Aktionen, wie die in deutschen Stadien angewandte Aktion „Pack´s ins Brot“, bei welcher Speisen ohne Umverpackung den Veranstaltungsbesuchern angeboten werden (GRUBER 2006). Die Vermeidung und weitgehende Kreislaufführung von Abfällen bezieht sich einerseits auf Abfälle, die während der Großveranstaltung selbst anfallen und im Falle von Olympischen Spielen auch auf den Bereich des Bauschutts, der Baustellenabfälle und des Bodenaushubs, der bei der Errichtung der Infrastruktur anfällt. Auch temporäre In- stallationen, z.B. Einrichtungen für Medien, Verkabelungen, Schläuche, und temporäre Sport- anlagen verursachen nach Beendigung der Nutzung erhebliche Abfallmengen, die nicht immer unproblematisch zu entsorgen sind, wie bspw. Hallenböden und Kunstrasen. Die schadlose Behandlung bzw. Beseitigung von belasteten Böden und anderer gefährlicher Alt- stoffe ist ein wesentliches Gebot.

Ebenso wie Abfälle sollten die globale Erwärmung vorantreibende Schadstoffemissio- nen vermieden werden. Maßnahmen zur Reduktion von CO2-Emmissionen sind daher bei umweltfreundlichen Sportgroßveranstaltungen zwingend erforderlich. Saubere Luft schützt nicht nur die Gesundheit der Athleten, sondern aller Menschen. Durch bauliche und tech- nische Maßnahmen zur Energieeinsparung wie auch Schadstofffilter, ökologisches Bauen und Streckenwahl können die Belastungen minimiert werden. Die Energiegewinnung aus fossilen Energieträgern hat zahlreiche, schädliche Auswirken auf die Umwelt, u.a. Luftver- schmutzungen, die damit verbundene Klimaerwärmung und den unwiederbringlichen Ressourcenverbrauch (vgl. BAILLIE 2003). Der Einsatz emissionsarmer, insbesondere regene- rativer Energieträger, wie Biomasse, Windenergie oder Photovoltaik belasten die Umwelt nur

[...]


1 Eine statistische Auswertung der Fragebögen und Analyse der Antworten ist zu finden in der Examensarbeit von ACKERMANN, B.: Eine vergleichende Analyse von Zuschauermeinungen der Paralympics in Sydney 2000 und Athen 2004 im Hinblick auf altersspezifische Unterschiede. Mainz 2006.

Ende der Leseprobe aus 178 Seiten

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Titel
Umweltbelastungen und Umweltschutz bei Olympischen Sommerspielen - Anspruch und Wirklichkeit an den Beispielen Sydney 2000 und Athen 2004
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
1.3
Autor
Jahr
2007
Seiten
178
Katalognummer
V186491
ISBN (eBook)
9783869436685
ISBN (Buch)
9783869432366
Dateigröße
7008 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
umweltbelastungen, umweltschutz, olympischen, sommerspielen, anspruch, wirklichkeit, beispielen, sydney, athen
Arbeit zitieren
Michael Westerberg (Autor:in), 2007, Umweltbelastungen und Umweltschutz bei Olympischen Sommerspielen - Anspruch und Wirklichkeit an den Beispielen Sydney 2000 und Athen 2004 , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186491

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Titel: Umweltbelastungen und Umweltschutz bei Olympischen Sommerspielen - Anspruch und Wirklichkeit an den Beispielen Sydney 2000 und Athen 2004



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