Mikropolitische Instrumente zur Durchsetzung des betrieblichen Umweltschutzes


Diplomarbeit, 2006

86 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung und Überblick

2. Ausgangslage
2.1 Befunde zum betrieblichen Umweltschutz
2.2 Unternehmensinterne Strategien zur Verbesserung des betrieblichen Umwelt schutzes
2.2.1 Top-down-Strategie
2.2.2 Bottom-up-Strategie
2.2.3 Der Umweltmanager als Intrapreneur

3 Mikropolitik als Möglichkeit zur Durchsetzung des betrieblichen Umweltschutzes
3.1 Die mikropolitische Steuerungsperspektive
3.2 Allgemeine Grundlagen der Mikropolitik
3.2.1 Definition
3.2.2 Das Spielkonzept
3.2.3 Bedingungen und Ursachen
3.2.4 Funktionen
3.2.5 Dysfunktionen
3.3 Die Bedeutung der Mikropolitik für die Bottom-up-Strategie
3.4 Der Umweltmanager als Mikropolitiker

4 Barrieren für die Bottom-up-Strategie / Ansatzpunkte für die Mikropolitik
4.1 Unternehmensinterne Relevanz des Umweltschutzes
4.1.1 Relevanz des Umweltschutzes bei Führungskräften
4.1.2 Relevanz des Umweltschutzes bei Beschäftigten
4.1.3 Relevanz des Umweltschutzes im Betriebsrat
4.1.4 Exkurs: Demographische Unterschiede
4.2 Organisatorische Eingliederung des Umweltmanagements
4.2.1 Funktional-additive Organisationslösungen
4.2.2 Integrative Organisationslösungen
4.3 Widersprüchliche Anforderungen an den Umweltmanager
4.4 Fazit

5 Mikropolitische Instrumente
5.1 Rationale Argumentation
5.2 Einschaltung höherer Autoritäten
5.3 Koalitionsbildung
5.4 Druck und Zwang
5.5 Belohnung und Verschaffung von Vorteilen
5.6 Persönliche Anziehungskraft
5.7 Idealisierung und Ideologisierung
5.8 Das Meta-Instrument der Vortäuschung

6 Schlussbetrachtungen
6.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
6.2 Ausblick

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der sekundär zitierten Quellen

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Einschaltung höherer Autoritäten

Abbildung 2: Projektion und Identifikation in der Führer-Geführten-Beziehung

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Theoretische Steuerungsperspektiven des Verhaltens in Organisationen und ihre Entsprechungen im komplexen theoretischen Modell umweltgerechten Verhaltens

Tabelle 2: Offener und verdeckter Gebrauch mikropolitischer Instrumente

Tabelle 3: Bei Reorganisationen eingesetzte Beeinflussungstaktiken

Tabelle 4: Zusammenstellung von Einflusstaktiken, die in sieben empirischen Studien vorgegeben beziehungsweise gefunden wurden

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zusammenfassung

Nur etwa jedes sechste deutsche Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe orientiert sich am Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung. Es liegt an der staatlichen Umweltpolitik und der Privatwirtschaft selbst, daran etwas zu ändern. Die vorliegende Arbeit setzt dabei speziell auf die Umweltmanager der Unternehmen. Sie sollen versu- chen, den betrieblichen Umweltschutz als tragende Säule der unternehmens- bezogenen Nachhaltigkeit besser durchzusetzen. Dazu besitzt der Umweltmanager auf informatorischer, systembezogener, personaler, normativer und mikropolitischer Ebene die Möglichkeit, das umweltrelevante Verhalten anderer Unternehmensmitglieder zu beeinflussen. Der mikropolitischen Steuerungsperspektive, der Bemühung, organisati- onsimmanente materielle und menschliche Ressourcen zum Aufbau eigener Macht und zur Erreichung persönlicher Ziele zu nutzen, wurde aber bisher vergleichsweise wenig Beachtung geschenkt.

Deshalb wird in dieser Arbeit zunächst gezeigt, welch bedeutende Funktion der Mikro- politik zur Unterstützung der anderen Steuerungsmöglichkeiten zukommen kann und weshalb der Umweltmanager gute Voraussetzungen für einen erfolgreichen Mikropoli- tiker mitbringt. Die anschließende Identifikation der unternehmensinternen Barrieren, die der Umweltmanager bei der Durchsetzung des betrieblichen Umweltschutzes zu überwinden hat, zeigt, wo die informatorischen, systembezogenen, personalen und normativen Steuerungsmöglichkeiten an ihre Grenzen stoßen. Genau dort liegen aber die Ansatzpunkte für die mikropolitischen Instrumente „Rationale Argumentation“, „Ein- schaltung höherer Autoritäten“, „Koalitionsbildung“, „Druck und Zwang“, „Belohnung und Verschaffung von Vorteilen“, „persönliche Anziehungskraft“, „Idealisierung und Ideologisierung“ und das „Meta-Instrument der Vortäuschung“. Deren Funktionsweisen, Machtgrundlagen, Vor- und Nachteile, Anwendungsbreiten und Kombinationsmöglich- keiten mit Bezug auf den betrieblichen Umweltschutz werden im zentralen Teil dieser Arbeit vorgestellt. So wird den Umweltmanagern ein Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten mikropolitischer Einflussnahme gegeben, der es ihnen erleichtert, die für ihre spezifische Situation geeignetsten Instrumente auszuwählen.

Abstract

Only approximately every sixth German company in the producing sector is geared toward sustainable development. The national ecological policy and the private industry need to be the initiators of effecting change in this regard. This paper places responsi- bility for the task especially on the environmental managers of the enterprises. These should attempt to succeed better at operational environmental protection as a weight- bearing column of the enterprise-related environmental sustainability goals. To achieve these goals, the environmental manager can influence the relevant behaviour of com- pany staff at an informational, systemic, personal, normative and micro political level. However comparatively little attention has been given to these questions of micro po- litical control and to the effort of bringing material and human resources of the organi- sation to bear on effective solutions and the attainment of personal aims.

This paper first addresses how important a function micro politics can have to achieve goals of sustainable development and why the environmental manager brings good prerequisites for a successful micro politician. Then follows an identification of the in- house barriers, which the environmental manager has to overcome when putting through the operational environmental protection, which shows where the informa- tional, systemic, personal and normative control options reach their limits. However, right there lie the starting-points for the micro political instruments "rational argumenta- tion", "bringing in higher authorities", "coalition formation", "pressure and compulsion", "reward and granting of advantages", "personal appeal", "idealisation and ideologiza- tion", and the "meta-instrument of pretence". The focus of this thesis lies in the intro- duction and analysis of these instruments with regard to their manner of operation, power base, advantages and disadvantages, application breadths and combinatory possibilities with view to operational environmental protection. Thus an overview of the different possibilities of micro political influence is given to environmental managers, aiding them in the selection of the most suitable instruments for their specific situation.

1 Einleitung und Überblick

Seit einigen Jahren steht im deutschsprachigen Raum der Begriff der „Nachhaltigen Entwicklung“, international der Begriff des „Sustainable Development“, für das Ziel, die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen langfristig zu erhalten. Insbesondere in der Wirtschaft soll ökologischen und sozialen Aspekten die gleiche Bedeutung zugemessen werden wie ökonomischen.1

Im Jahre 2002 gab das „oekoradar“-Verbundprojekt2 beim ifo-Institut für Wirtschafts- forschung eine Studie in Auftrag, die ermitteln sollte, ob in deutschen Unternehmen des produzierenden Gewerbes das Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung bereits ver- ankert ist und inwiefern es in operatives Handeln umgesetzt wird.3 Eines der zentralen Ergebnisse im Berichtskreis der daraufhin durchgeführten Befragung war, dass sich 28,6 Prozent der Unternehmen nachhaltigkeitsorientiert, das bedeutet im Unternehmen wird auf eindeutige ökologische und soziale Belange Rücksicht genommen, 24 Prozent zumindest umweltmanagement- oder umweltorientiert und 47,3 Prozent beinahe völlig passiv verhalten.4

Berücksichtigt man verschiedene Verzerrungseffekte, zum Beispiel, dass nachhaltig engagierte Unternehmen wahrscheinlich eher bereit waren, den vorgelegten Fragebogen des ifo-Instituts zu beantworten, muss sogar davon ausgegangen werden, dass sich ungefähr nur jedes sechste deutsche Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe am Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung orientiert.5

Zwar lässt sich die Tendenz erkennen, dass die Nachhaltige Entwicklung in Zukunft von wachsender Bedeutung sein wird, denn 58,3 Prozent der befragten Unternehmen rechnen mit zunehmender Verantwortung im sozialen und ökologischen Bereich.6 Dennoch stellt sich die Frage, warum sich der Nachhaltigkeitsgedanke bei knapp der Hälfte der Befragten noch gar nicht durchsetzen konnte, wobei das Hauptaugenmerk dieser Arbeit im Fachgebiet Umweltmanagement naheliegend auf die ökologische Komponente der unternehmensbezogenen Nachhaltigkeit, den betrieblichen Umwelt- schutz, gerichtet ist.

Eine verbesserte Durchsetzung und Wirkung des betrieblichen Umweltschutzes könnte von staatlicher Seite mit den Mitteln der Umweltpolitik angestrebt werden: Ordnungsrechtliche Instrumente, beispielsweise Emissionsauflagen, ökonomische Instrumente, zum Beispiel Umweltabgaben, und informatorische Instrumente, wie etwa die Aus- und Weiterbildung im Umweltschutz. Leider erweisen sich diese umweltpolitischen Maßnahmen häufig als schwerfällig, ungenau oder überwachungsintensiv.7 Hinzu kommt, dass im Zuge der Befragung durch das ifo-Institut eine ganze Reihe von Unternehmen, 25 davon sogar in einem handschriftlichen Zusatz zu den vorgegebenen Antwortkategorien, staatliche Bürokratie und überzogene Regulierungen als hemmende Faktoren für die Nachhaltige Entwicklung betrachten.8

Deshalb wendet sich die vorliegende Arbeit der Möglichkeit und Hoffnung zu, dass Nachhaltige Entwicklung im Allgemeinen und betriebliches Umweltmanagement9 im Besonderen von den Unternehmen aus eigenem Antrieb intensiviert wird.

So werden im ersten Abschnitt des folgenden zweiten Kapitels noch einmal verschie- dene Befunde zur mangelnden Durchsetzung des betrieblichen Umweltmanagements zusammengetragen, um dann in Abschnitt 2.2 die beiden grundsätzlichen Wege vor- zustellen, auf denen unternehmensintern an dieses Problem herangegangen werden kann: Entweder erkennt die Unternehmensführung die Vorteile eines verbesserten be- trieblichen Umweltschutzes10 und setzt ihn von der obersten Unternehmensebene aus mit einer sogenannten Top-down-Strategie durch. Oder die Initiative geht von den Be- schäftigten der unteren beziehungsweise mittleren Hierarchieebenen des Unterneh- mens aus, die versuchen mit einer Bottom-up-Strategie Vorgesetzte und Kollegen von der Notwendigkeit der Nachhaltigen Entwicklung zu überzeugen.

In Abschnitt 2.3 wird dann gezeigt, weshalb sich gerade die Person des in der Regel auf mittlerer Unternehmensebene angesiedelten Umweltmanagers besonders gut für diese Aufgabe eignet.

Zu Beginn des dritten Kapitels wird anhand eines Modells von Franke-Diel ein kurzer Überblick über die Perspektiven gewährt, die dem Umweltmanagement zur Steuerung des umweltrelevanten Verhaltens der Unternehmensangehörigen und somit zur Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes prinzipiell zur Verfügung stehen. Auf die strukturellen, personalen, informatorischen, normativen, systembezogenen und selbstorganisatorischen Möglichkeiten soll dabei im weiteren Verlauf nicht näher eingegangen werden. Auffällig jedoch ist, dass der mikropolitischen Steuerungsperspektive eine eher unbedeutende Rolle zugewiesen wird.

Die vorliegende Arbeit will genau hier ansetzen und zeigen, dass die mikropolitische Steuerungsperspektive nicht vernachlässigt werden darf und sie zumindest eine unter- stützende Rolle bei der verbesserten Durchsetzung des betrieblichen Umweltschutzes und somit auch des Leitbildes der Nachhaltigen Entwicklung spielen kann. Unter Mik- ropolitik sind dabei jene Einflusstechniken zu verstehen, mit deren Hilfe von einem Or- ganisationsmitglied „Macht aufgebaut und eingesetzt wird, um den eigenen Hand- lungsspielraum zu erweitern und sich fremder Kontrolle zu entziehen“11.

Um eine Basis für die weitere Diskussion zu schaffen, werden im zweiten Abschnitt des dritten Kapitels kurz die allgemeinen Grundlagen der Mikropolitik erläutert. Einer erweiterten Definition schließt sich deshalb eine komprimierte Vorstellung des sogenannten Spielkonzepts, der allgemeinen Ursachen und Bedingungen sowie der Funktionen und Dysfunktionen von Mikropolitik an.

Im dritten Abschnitt wird dann unter Berufung auf verschiedene Autoren und die Ergebnisse einer Studie gezeigt, welchen Stellenwert die Mikropolitik tatsächlich für das betriebliche Umweltmanagement hat.

Im letzten Abschnitt des dritten Kapitels wird sich herausstellen, dass der Umweltma- nager nicht nur geeigneter Initiator einer Bottom-up-Strategie sein kann, sondern auch die nötigen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Mikropolitiker mitbringt. Das ein- zige was insbesondere den naturwissenschaftlich-technisch ausgebildeten Umweltma- nagern fehlt, ist die Kenntnis organisationspsychologischer beziehungsweise mikropoli- tischer Zusammenhänge und der richtigen mikropolitischen Vorgehensweise.

Im vierten Kapitel sollen deshalb die unternehmensinternen Hindernisse analysiert werden, die das Umweltmanagement mit den etablierten strukturellen, personalen, normativen, informatorischen, systemischen und selbstorganisatorischen Mitteln häufig nicht überwinden kann. So haben viele Umweltmanager zum Beispiel mit einer gerin- gen Relevanz des Umweltschutzes im Kalkül von Führungskräften, Beschäftigten und Betriebsräten, mit widersprüchlichen Anforderungen oder, aufgrund ihrer organisatori- schen Eingliederung, mit mangelnden Weisungsbefugnissen und Kompetenzgerangel zu kämpfen. Solch eine mikropolitische Analyse fokussiert also „auf die Handlungsstra- tegien der betrieblichen Akteure, auf die Differenz von formellem und informellem Or- ganigramm, auf die Konstellationen und die strategischen Spiele der Akteure, aus de- nen sich systematische Barrieren und Blockaden für Implementations- und Verbesse- rungsprojekte ergeben, deren Analyse aber zugleich alternative Handlungsmöglichkei- ten und Freiräume erst auszuloten gestattet“12 und die möglichen Ansatzpunkte für mikropolitische Aktivitäten liefert.

Im zentralen fünften Kapitel wird ein Überblick über die verschiedenen Arten mikropolitischer Instrumente13, ihrer Funktionsweisen, Machtgrundlagen, Vor- und Nachteile, Anwendungsbreiten und Kombinationsmöglichkeiten mit Bezug auf den betrieblichen Umweltschutz gegeben. So soll es dem Umweltmanager erleichtert werden, diejenigen Instrumente herauszugreifen und in modifizierter Form bei Vorgesetzten und Kollegen anwenden zu können, die ihm für seine spezifische Unternehmenssituation am geeignetsten erscheinen. Gleichzeitig wird auf diese Weise noch einmal die Bedeutung der Mikropolitik für das Umweltmanagement unterstrichen.

Im Einzelnen wird im Abschnitt 5.1 zunächst die Überzeugung der anderen Unterneh- mensmitglieder mittels der „Rationalen Argumentation“ behandelt. Im Anschluss wer- den das Instrument „Einschaltung höherer Autoritäten“ und die Formen der Koalitions- bildung mit den verschiedenen Akteuren des Unternehmens erläutert. Im Abschnitt 5.4 wird analysiert, inwieweit der Umweltmanager die Interessen des be- trieblichen Umweltschutzes mit Druck und Zwang durchsetzen kann. Im Gegensatz dazu wird anschließend der Nutzen von Belohnung und der Verschaffung von Vorteilen diskutiert.

Im sechsten und siebten Abschnitt soll etwas Abstand von der Mikropolitik als reiner Machtausübung genommen und die beiden Instrumente „Persönliche Anziehungskraft“ sowie „Idealisierung und Ideologisierung“ betrachtet werden.

Schließlich beschäftigen wir uns noch mit der „Vortäuschung“, die als Meta-Instrument für alle anderen vorgestellten mikropolitischen Vorgehensweisen fungieren kann.

Im sechsten und letzten Kapitel werden die einzelnen Ergebnisse zusammengefasst und kritisch beleuchtet.

Abschließend soll ein kurzer Ausblick gewährt werden. So ist die praktische Anwen- dung der vorgestellten mikropolitischen Instrumente und die empirische Überprüfung ihrer Wirksamkeit eine wissenschaftliche Notwendigkeit. Aufgrund der bei einer drei- monatigen Diplomarbeit begrenzten Ressourcen kann dies zwar nicht geleistet werden, stellt aber sicherlich ein interessantes Thema für eine weiterführende Arbeit dar.

2 Ausgangslage

2.1 Befunde zum betrieblichen Umweltschutz

Ergänzend zu den schon in der Einleitung vorgestellten Ergebnissen stellte das ifo- Institut fest, dass es in erster Linie die kleinen und mittleren Unternehmen sind, die der Nachhaltigen Entwicklung noch wenig Bedeutung zumessen.14 So finden sich in der Kategorie „passiv“ von den kleinsten Unternehmen viermal so viele wie in der Katego- rie „nachhaltigkeitsorientiert“, während sich dieses Verhältnis bei den großen Unter- nehmen umkehrt.15

Als Grund, warum sie bisher das Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung nur wenig oder überhaupt nicht berücksichtigt haben, geben die meisten der befragten Unternehmen die derzeitige Finanz- und Wettbewerbssituation und den Mangel an Kostenvorteilen an.16

Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen werden häufig nur die Umweltprobleme gelöst, bei denen aus haftungs- und ordnungsrechtlichen Gründen akuter Handlungs- bedarf besteht und eine schnelle Amortisation oder die Erschließung neuer Marktseg- mente zu erwarten ist. Betrieblicher Umweltschutz wird deshalb nur so weit umgesetzt, wie dadurch keine größeren technischen oder organisatorischen Umstellungen erfor- derlich sind. Das erklärt auch das deutliche Übergewicht von Produkt- zu Prozessinno- vationen.17

Die Zahl der Unternehmen mit einem zertifizierten Umweltmanagementsystem ist nach wie vor gering. In den meisten Fällen bleiben EMAS und DIN EN ISO 1400118 rand- ständige Expertensysteme, die nur selten in der Unternehmensstrategie berücksichtigt werden. So setzen nur neun Prozent der vom ifo-Institut befragten Unternehmen das Managementsystem DIN EN ISO 14001 ein, wobei immerhin 19,8 Prozent angaben, seine Einführung zu planen. Noch wesentlich schlechtere Aussichten gelten für das EMAS-Managementsystem, das nur von 4,2 Prozent der befragten Unternehmen ein- gesetzt wird und dessen Implementierung nur bei 2,7 Prozent in Planung ist. Insbe- sondere die kleineren Unternehmen greifen, wenn überhaupt, auf eigene Managementkonzepte zurück.19

Selbst wenn ein Umweltmanagementsystem erfolgreich implementiert wurde, sind die sogenannten „low-hanging-fruits“, die leicht erreichbaren Vorteile des betrieblichen Umweltschutzes, bereits gepflückt. Viele nachsorgende Maßnahmen waren schon ge- setzlich vorgeschrieben, und Ressourceneinsparungen wurden bei normalen Prozess- verbesserungen auch von umweltdesinteressierten Unternehmen erreicht. Für eine Folgezertifizierung oder Validierung sind jedoch weitere Aufwendungen notwendig. Auf diese konsequente Fortsetzung wird aber oft verzichtet, insbesondere dort, wo sich betrieblicher Umweltschutz über kurzfristige Kosteneinsparungen ökonomisch legiti- mieren muss.20

Die Lage der einzelnen Umweltmanager scheint nicht viel besser zu sein: Sie besitzen gegenüber der Unternehmensleitung oft nur Beratungs- aber keine Entscheidungs- kompetenz. Von ihren gesetzlich festgelegten Grundfunktionen Kontrolle, Information, Repräsentation und Initiative21 üben die Umweltmanager häufig nur die ersten drei aus.22

Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen finden sie sich, als einzige für den betrieblichen Umweltschutz hauptberuflich Tätige, oft in der Rolle des Einzelkämpfers, Katalysators und reinen Fachpromotors.

Neben operativen Überwachungstätigkeiten, Öffentlichkeitsarbeit oder Verhandlungen mit Behörden bleiben kaum Zeit und Handlungsmöglichkeiten für einen permanent innovativen und präventiven Umweltschutz.23

2.2 Unternehmensinterne Strategien zur Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes

Ähnlich wie bei der Implementierung eines ökologischen Unternehmenskonzeptes24 kann eine Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes auf zwei Arten vollzogen werden: Entweder strebt die Unternehmensführung mit einer sogenannten Top-down- Strategie die Durchsetzung eines wirkungsvolleren betrieblichen Umweltschutzes von oben nach unten an. Oder die Initiative geht in Form einer Bottom-up-Strategie von Mitarbeitern darunter liegender Hierarchieebenen, beziehungsweise vom Umweltma- nager aus. Diese beiden Herangehensweisen werden dadurch gestützt, dass die vom ifo-Institut befragten Unternehmen die Eigeninitiative der Geschäftsführung und insbe- sondere der Mitarbeiter als einen der Hauptfaktoren zur Förderung einer Nachhaltigen Entwicklung ansehen.25

Im Idealfall lässt sich langfristig ein sogenanntes Gegenstromverfahren aufbauen.26 Dieses Verfahren kombiniert den Top-down-Ansatz mit dem Bottom-up-Ansatz, um die jeweiligen Stärken zu nutzen und Schwächen auszugleichen. Zuerst legt dabei das Top-Management vorläufige strategische Umweltziele und sich daraus ergebende Vor- gaben fest, die zwar einerseits anspruchsvoll, andererseits aber auch realistisch kalku- liert sein müssen. Die nächste hierarchische Ebene ergänzt diese Vorgaben durch Al- ternativpläne und operative oder taktische Maßnahmenpläne. Dieser Vorgang setzt sich bis zur untersten Unternehmensebene fort. Von dort aus wird dann in einem Rückkoppelungsprozess der jeweils nächsthöheren Ebene die tatsächliche Realisier- barkeit der vorgegebenen Einzelziele gemeldet und eventuell eine Korrektur vorge- nommen. Der große Vorteil dieses Verfahrens liegt in der zu erwartenden hohen Ak- zeptanz und Motivation bei den an der Planung beteiligten Mitarbeitern.27

Da sich ein solches Gegenstromverfahren allerdings nicht von selbst aufbaut, muss auf kurz- bis mittelfristige Sicht die Unternehmensführung allein top-down oder die Ange- hörigen unterer oder mittlerer Hierarchieebenen nur bottom-up eine verbesserte Durchsetzung des betrieblichen Umweltschutzes anstreben. Nachfolgend werden bei- de Vorgehensweisen kurz erläutert und gezeigt, warum sich der Umweltmanager be- sonders gut als Impulsgeber eignet und in dieser Arbeit im Mittelpunkt stehen soll.

2.2.1 Top-down-Strategie

Für eine strategische Umorientierung, wie die stärkere Berücksichtigung des Nachhaltigkeitsgedankens, ist zumindest langfristig die Einsicht und ökologische Sensibilisierung der verantwortlichen Führungskräfte, die im strategischen Kerngeschäft die Weichen stellen, nötig.28

Erkennt die Unternehmensführung die Notwendigkeit und insbesondere die ökonomischen Vorteile einer Orientierung am Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung und eines verbesserten betrieblichen Umweltschutzes bereits „von selbst“, kann sie versuchen, diese strategische Neuausrichtung zunächst mit einer Top-down-Strategie auf allen Unternehmensebenen durchzusetzen.

Als Machtpromotor ist es für die Unternehmensführung prinzipiell leichter eine ganz- heitliche Problembehandlung und hohe Zielkonformität zu erreichen. Wird die Verbes- serung des Umweltschutzes zur Chefsache erklärt, übernimmt das Top-Management eine Vorbildfunktion, aufgrund derer die Mitarbeiter eher bereit sind, umweltbewusstes Verhalten zu zeigen.29 Gerade bei integrierten Umweltschutzinnovationen ist eine stra- tegisch orientierte Führung und bereichsübergreifende Koordination durch die Ge- schäftsleitung wichtig.30

In der Praxis wird jedoch oft eine sogenannte „Bombenwurfstrategie“ praktiziert, die zumindest langfristig nicht sinnvoll erscheint, da das Management die Mitarbeiter unte- rer Hierarchieebenen nicht in seine Planungen einbezieht31, obwohl die meisten Um- weltbelastungen gerade von deren verrichtungsorientierten Tätigkeiten ausgehen.32 So werden die Verbesserungsmaßnahmen häufig nicht in konkrete Verfahrens- und Verhaltensanweisungen umgesetzt, und wenn doch, mangelt es an Realisierbarkeit und Akzeptanz bei den Mitarbeitern. Der Umweltschutz bleibt dann reine Chefsache, was in vielen Fällen eine Überlastung der Unternehmensführung bedeutet und dadurch für die Umsetzung geplanter Umweltinnovationen letztendlich wieder die Kapazitäten fehlen.33

2.2.2 Bottom-up-Strategie

Wahrscheinlicher als das umweltschutzbezogene Engagement der Unternehmensfüh- rung ist die Motivation und Eigeninitiative der Angehörigen mittlerer und unterer Hierar- chieebenen, eigene Ideen zur Förderung der Ökologieorientierung zu entwickeln.34 Bei der Bottom-up-Strategie35 wird deshalb auf einen oder mehrere sogenannte „Intrapreneure“36 gesetzt, die ihre Motivation aus der Überzeugung ziehen, ihre Idee habe für das Unternehmen einen Nutzen. Intrapreneure müssen strategisch denken können und wissen, wie ihnen zur Verfügung stehende Machtmittel richtig eingesetzt werden, um Ideen von den niedrigeren Unternehmensebenen aus zu verbreiten.37

Diese Vorgehensweise scheint insofern sinnvoll, als, wie eben dargestellt, unterneh- mensinterne Veränderungen zumindest langfristig nur mittels einer Mobilisierung der betroffenen Mitarbeiter vorangetrieben werden können. Die Wirkung des Umweltma- nagements lässt sich nicht allein durch den Einsatz der hierarchischen Macht der Un- ternehmensführung verbessern. Wie im Laufe dieser Arbeit noch gezeigt werden soll, besitzen aber auch diejenigen Unternehmensmitglieder, die nicht der Führungsetage angehören, bestimmte Machtmittel, die es ihnen erlauben eine Bottom-up-Strategie erfolgreich umzusetzen.

2.2.3 Der Umweltmanager als Intrapreneur

Empirischen Erhebungen zur Folge besitzen bis zu 95 Prozent der deutschen Unter- nehmen einen auf Gesetzesgrundlage oder freiwilliger Basis bestellten Umweltschutz- beauftragten.38 Es gibt also in beinahe jedem Unternehmen jemanden, der sich mit dem Thema „Betrieblicher Umweltschutz“ befasst. Wie in der Einleitung bereits erläu- tert, wollen wir alle diese Personen der Einfachheit halber unter dem Begriff „Umwelt- manager“ zusammenfassen.

Empirische Untersuchungen von Freimann zum Umweltbewusstsein von Managern und Beschäftigten haben ergeben, dass weder die durchschnittliche Führungskraft noch der durchschnittliche Beschäftigte als Promotor einer offensiven betrieblichen Umweltpolitik geeignet scheint. Die Manager verharmlosen die Umweltproblematik, der Führungskräftenachwuchs unterschätzt oftmals die eigenen umweltpolitischen Handlungsmöglichkeiten und die Beschäftigten legen mehr Wert auf Arbeitsplatzsicherheit als auf betrieblichen Umweltschutz.39

Vor diesem Hintergrund bleibt oft nur der Umweltmanager für die Rolle des Intrapre- neurs und Umweltpromotors übrig. In vielen Unternehmen ist er der Einzige, der sich haupt- oder wenigstens nebenberuflich und langfristig mit dem betrieblichen Umwelt- schutz auseinandersetzt40 und deshalb auch über das nötige Fachwissen verfügt. Zumindest die auf Gesetzesgrundlage bestellten Umweltschutzbeauftragten sind zu- sätzlich mit verschiedenen gesetzlich verankerten Sonderrechten ausgestattet, welche die zur Umsetzung einer Bottom-up-Strategie nötigen Handlungsspielräume schaffen:41 Der Anspruch auf unternehmensinterne Unterstützung, das Vortragsrecht bei der Ge- schäftsleitung und nicht zuletzt das Benachteiligungsverbot und der besondere Kündi- gungsschutz.

Auch verschiedene andere Autoren sehen den Umweltmanager als jemanden, der durchaus unternehmensintern etwas bewegen könnte.

So stellt Röhr zum Ende seiner Arbeit über die Voraussetzungen, Chancen und Anknüpfungspunkte für eine ökologische Betriebspolitik unter anderem die These auf, dass dem Umweltschutzbeauftragten eine besondere Bedeutung bei der Umsetzung einer integrierten ökologischen Betriebspolitik zukomme.42

Und Franke-Diel sieht in ihrer Arbeit über umweltgerechtes Verhalten in Organisatio- nen den Umweltmanager als „engagierten Schlüsselagenten“, der eine große Rolle bei der Integration von Umweltaspekten im Unternehmen spielen könnte. Ein Hindernis bestehe allerdings im mangelnden Einfluss der Umweltmanager, die zur besseren Durchsetzung des betrieblichen Umweltschutzes Informations-, Kommunikations- und insbesondere Entscheidungsstrukturen verändern oder sogar ganz in Frage stellen müssten.43

3 Mikropolitik als Möglichkeit zur Durchsetzung des betrieblichen Umweltschutzes

3.1 Die mikropolitische Steuerungsperspektive

Um die Ergebnisse des zweiten Kapitels noch einmal zusammenzufassen: Diese Arbeit stellt auf die Frage „Wie könnte das Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung beziehungsweise der betriebliche Umweltschutz besser durchgesetzt werden?“ den Umweltmanager als Intrapreneur einer Bottom-up-Strategie in den Mittelpunkt. Aber welche konkreten Möglichkeiten besitzt der Umweltmanager, um dem Nachhaltigkeitsgedanken und dem Umweltschutz in seinem Unternehmen zu mehr Bedeutung und Berücksichtigung zu verhelfen?

Einen guten Überblick zu den verschiedenen Steuerungsperspektiven umweltgerech- ten Verhaltens bietet Franke-Diels komplexes theoretisches Modell (siehe Tabelle 1). Klar ersichtlich ist jedoch, dass die meisten Steuerungsmöglichkeiten für den Umwelt- manager nur in Zusammenarbeit mit der Unternehmensführung realisierbar sind. Zu Beginn der Umsetzung einer Bottom-up-Strategie ist aber mit der Unterstützung durch die Unternehmensführung eben noch nicht zu rechnen. So kommen für den zunächst auf sich allein gestellten Umweltmanager insbesondere die informatorische, die sys- tembezogene, die mikropolitische, die personale und die normative Steuerungsper- spektive in Betracht, um die Unternehmensführung, den Betriebsrat und die Beschäf- tigten von der Wichtig- und Richtigkeit betrieblicher Umweltschutzmaßnahmen zu ü- berzeugen.

Die beiden Erstgenannten jedoch gehören bei vielen Umweltmanagern ohnehin zu ihren gesetzlich festgelegten Aufgaben, und die Befunde zum betrieblichen Umweltschutz haben gezeigt, wie wenig mit diesen Steuerungsmöglichkeiten bisher erreicht werden konnte. Die beiden Letztgenannten bieten dem Umweltmanager nur in Form von vorbildlichem Verhalten als Vorgesetzter und symbolischer Führung der ihm unterstellten Mitarbeiter konkrete Möglichkeiten zur Einflussnahme auf das umweltgerechte Verhalten anderer Unternehmensmitglieder.

Bleibt also noch die Steuerung durch Macht und mikropolitische Prozesse.

Franke-Diel weist den mikropolitischen Strategien grundsätzlich eine stabilisierende Funktion zur Gewährleistung des umweltgerechten Verhaltens in Organisationen zu. Sie schlägt insbesondere eine mikropolitische Verankerung von Schlüsselagenten vor,

Tabelle 1: Theoretische Steuerungsperspektiven des Verhaltens in Organisatio- nen und ihre Entsprechungen im komplexen theoretischen Modell umweltgerechten Verhaltens

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Nach Franke-Diel (2001), S. 130.

die mit Machtbasen ausgestattet werden sollen.44 Ihrem komplexen theoretischen Mo- dell stellt Franke-Diel dann ein komplexes empirisches Modell gegenüber und kommt dabei unter anderem zu dem Ergebnis, dass die mikropolitische Verankerung des Umweltmanagers und seine Funktion als „Schlüsselagent“ in der betrieblichen Praxis noch nicht genügend ausgeschöpft wurde.45

Genau hier will diese Arbeit ansetzen: Zunächst soll der Frage nachgegangen werden, welche Bedeutung der mikropolitischen Steuerungsmöglichkeit in der Bottom-up- Strategie im Vergleich zu den informativen, systembezogenen, personalen und norma- tiven Steuerungsmöglichkeiten zukommt. Denn sind es nicht häufig mikropolitische Gegebenheiten, die den Umweltmanager daran hindern seine Bottom-up-Strategie mit diesen „herkömmlichen“ Steuerungsmöglichkeiten umsetzen zu können? Bieten viel- leicht gerade diese Gegebenheiten Ansatzpunkte für mikropolitisches Handeln seitens des Umweltmanagers? Und welche mikropolitischen Vorgehensweisen eignen sich dann am besten zur Durchsetzung des betrieblichen Umweltschutzes und könnten schließlich als Faktoren der mikropolitischen Steuerungsperspektive in Franke-Diels Modell berücksichtigt werden?

Um diese Fragen in den folgenden Kapiteln beantworten zu können, muss zunächst der Begriff der Mikropolitik, sowie ihre Bedingungen und Ursachen, ihre Funktionen und Dysfunktionen erläutert werden.

3.2 Grundlagen der Mikropolitik

3.2.1 Definition

Zunächst wollen wir die in der Einleitung bereits verwendete Definition von Neuberger noch einmal aufgreifen: Mikropolitik meint „das Arsenal jener alltäglichen `kleinen´ (Mikro-)Techniken, mit denen Macht aufgebaut und eingesetzt wird, um den eigenen Handlungsspielraum zu erweitern und sich fremder Kontrolle zu entziehen.“46 Blockaden errichten, auf Züge aufspringen, Weichen stellen, sich abseilen, den Schwarzen Peter weiterreichen, Rückendeckung suchen, all das sind bildlich ausge- drückte Formen mikropolitischen Handelns,47 die von Organisationsangehörigen aller Hierarchieebenen ausgeübt werden können.

Die Vorstellung von einer monokratischen Führung in Organisationen, bei der Machtausübung ein rein hierarchischer Top-down-Prozess ist, wird somit von einer polyzentrischen Führungsauffassung abgelöst. Jedes Organisationsmitglied kann andere beeinflussen oder umgekehrt von diesen beeinflusst werden.48

Dabei deklarieren die Akteure Mikropolitik selten offen als solche, sondern versuchen den Anschein der Legitimität ihrer Handlungen zu wahren. Die mikropolitische Einflussnahme verspricht den größten Erfolg, wenn sie so unauffällig wie möglich hinter den Kulissen der Organisation geschieht.49

3.2.2 Das Spielkonzept

Gerne wird in der Literatur zur Erklärung mikropolitischer Prozesse das Spielkonzept herangezogen. Denn Spiele weisen viele Parallelen zu den realen Vorgängen in Organisationen auf: In jeder Organisation existieren formelle und informelle Spielregeln, die das Handeln der Akteure leiten. Diese Regeln sind nicht unumstößlich, sie können umgangen, geändert oder ersetzt werden.50 Außer den Regeln ist jedes Spiel durch die jeweilige Situation, das zur Verfügung stehende Spielmaterial, die Spielzeit, die Zulassungsbedingungen sowie die Rollen und Ziele der einzelnen Teilnehmer und deren gewählter Spieltaktiken gekennzeichnet.51

Ein zentraler Baustein des Spielkonzepts sind die Machtpotentiale, die sich für einen Spieler aus der Kontrolle sogenannter Ungewissheitszonen erschließen. Nach Crozier und Friedberg stellt Ungewissheit die wichtigste Ressource einer jeden Verhandlungsbeziehung dar.52 Im Unternehmen bestehende Probleme und Konflikte werden von den davon betroffenen Akteuren zwar so gut wie möglich formuliert und strukturiert, in Bezug auf konkrete Lösungen, Entscheidungswege und Ergebnisse verbleiben die Akteure allerdings ungewiss. Diese Ungewissheiten können von einigen zu ihrer Kontrolle fähigen Akteuren genutzt werden, um eigene Interessen gezielt durchzusetzen.53

[...]


1 Vgl. BMU / UBA (2001), S. 121ff.

2 „oekoradar“ ist ein Verbundprojekt des Deutschen Kompetenzzentrums für Nachhaltiges Wirtschaften an der privaten Universität Witten/Herdecke und des Lehrstuhls für Umweltmanagement der Universität Ho- henheim.

3 Vgl. ifo-Institut für Wirtschaftsforschung (2002).

4 Vgl. ifo-Institut für Wirtschaftsforschung (2002), S. 18.

5 Vgl. ifo-Institut für Wirtschaftsforschung (2002), S. 23.

6 Vgl. ifo-Institut für Wirtschaftsforschung (2002), S. 25f.

7 Vgl. Michaelis (1999), S. 19ff.

8 Vgl. ifo-Institut für Wirtschaftsforschung (2002), S. 39.

9 Für die Anstrengungen von Unternehmen im Bereich des betrieblichen Umweltschutzes hat sich der Begriff des betrieblichen Umweltmanagements durchgesetzt. Bezogen auf das Ziel der verbesserten un- ternehmensinternen Durchsetzung können die Begriffe „betrieblicher Umweltschutz“ und „betriebliches Umweltmanagement“ in dieser Arbeit synonym verwendet werden. Beide signalisieren, dass sich Unternehmen, im Rahmen von gesetzlichen Vorschriften oder freiwillig, darum bemühen, die von ihren Produktionsprozessen, Produkten und Leistungen ausgehenden Umweltbelastungen zu erfassen und soweit wie möglich zu reduzieren. Vgl. Freimann / Walther (2003), S. 68. In diesem Sinne soll im weiteren Verlauf dieser Arbeit auch der Begriff „Umweltmanager“ stellvertretend für all diejenigen stehen, die im Unternehmen mit Umweltschutzaufgaben betraut sind, ganz gleich ob sie nun die Bezeichnung Umweltschutzbeauftragter, Umweltbeauftragter, Umweltmanager oder ähnliches tragen. Die hier und im weiteren Verlauf der Arbeit der Einfachheit wegen verwendete grammatikalisch maskuline Form ist als geschlechterübergreifend zu lesen.

10 Vgl. zum Beispiel Schulz (1995), S. 5ff. oder Müller / Kupp / Bültmann (2003), S. 44ff.

11 Neuberger (1995a), S. 261.

12 Brentel (2003), S. 44.

13 Instrumente sollen hier als Werkzeuge verstanden werden, die der Ausführung eines Plans mit einem bestimmten Ziel dienen, im vorliegenden Fall die Bottom-up-Strategie zur verbesserten Durchsetzung des betrieblichen Umweltschutzes. Vgl. Franke-Diel (2001), S. 328.

14 Vgl. ifo-Institut für Wirtschaftsforschung (2002), S. 16.

15 Vgl. ifo-Institut für Wirtschaftsforschung (2002), S. 20.

16 Vgl. ifo-Institut für Wirtschaftsforschung (2002), S. 39 und S. 41.

17 Vgl. Birke / Schwarz (1997), S. 202f.

18 EMAS steht für das „Eco-Management and Audit Scheme“, ein europäisches Gemeinschaftssystem von Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung an dem sich Unternehmen freiwillig beteiligen können, um ihren betrieblichen Umweltschutz eigenverantwortlich und kontinuierlich zu verbessern. Die DIN EN ISO 14001 ist eine Umweltmanagementnorm der International Organization for Standardi- zation (ISO), die vom Deutschen Institut für Normung (DIN) als deutsche und vom Europäischen Komi- tee für Normung als europäische Norm (EN) übernommen wurde. Sie soll es Organisationen ermögli- chen, ein wirkungsvolles Umweltmanagement aufzubauen und ökologische und ökonomische Ziele gleichzeitig zu verwirklichen. Vgl. Müller / Kupp / Bültmann (2003), S. 46ff.

19 Vgl. ifo-Institut für Wirtschaftsforschung (2002), S. 26ff.

20 Vgl. Freimann / Walther (2003), S. 71ff.

21 Vgl. Müller-Christ (2001), S. 139.

22 Vgl. Müller-Christ (2001), S. 142ff.

23 Vgl. Föste (1997), S. 413f.

24 Vgl. Meffert / Kirchgeorg (1998), S. 396f.

25 Vgl. ifo-Institut für Wirtschaftsforschung (2002), S. 39ff.

26 Vgl. Steger (1988), S. 237.

27 Vgl. Töpfer (1976), S. 114.

28 Vgl. Freimann / Walther (2003), S. 71ff.

29 Vgl. Rathje (2003), S. 58.

30 Vgl. Antes (1996), S. 237ff.

31 Vgl. Meffert / Kirchgeorg (1998), S. 396f.

32 Vgl. Rathje (2003), S. 59.

33 Vgl. Müller-Christ (2001), S. 134f.

34 Vgl. Rathje (2003), S. 58f.

35 Streng genommen dürfte bei Angehörigen mittlerer Hierarchieebenen, zu denen wir auch den Umwelt- manager zählen können, nicht von einer Bottom-up-Strategie gesprochen werden, da Beeinflussungs- versuche nicht nur bottom-up gegenüber der Unternehmensführung, sondern auch top-down gegenüber Angehörigen niedrigerer Hierarchieebenen und lateral auf der mittleren Hierarchieebene unternommen werden sollen. Trotzdem soll der Begriff Bottom-up-Strategie im weiteren Verlauf dieser Arbeit beibehal- ten werden, um eben deutlich zu machen, dass die Initiative zur besseren Durchsetzung des betriebli- chen Umweltschutzes nicht von der Unternehmensführung ausgeht.

36 „Intrapreneur“ ist eine aus „intra“ (innerhalb) und „Entrepreneur“ (Unternehmer) zusammengesetzte Wortschöpfung. Vgl. Neuberger (1995), S. 114f und Pinchot (1985).

37 Vgl. Pinchot (1985).

38 Vgl. Müller-Christ (2001), S. 142 auf Dyckhoff / Jacobs (1994), S. 727 verweisend.

39 Auf die Relevanz des Umweltschutzes bei Führungskräften, Beschäftigten und Betriebsräten wird in den Abschnitten 4.1.1, 4.1.2 und 4.1.3 noch näher eingegangen.

40 Vgl. Föste (1994), S. 28.

41 Vgl. Michaelis (1999), S. 81f.

42 Vgl. Röhr (2001), S. 50f.

43 Vgl. Franke-Diel (2001), S. 138f.

44 Vgl. Franke-Diel (2001), S. 170f.

45 Vgl. Franke-Diel (2001), S. 371.

46 Neuberger (1995a), S. 261.

47 Vgl. Küpper / Ortmann (1988), S. 7.

48 Vgl. Neuberger (1995a), S. 261.

49 Vgl. Neuberger (1995a), S. 264.

50 Vgl. Ortmann (1988), S. 20ff.

51 Vgl. Neuberger (1995b), S. 192ff.

52 Vgl. Crozier / Friedberg (1979), S. 13.

53 Vgl. Liebert (2002), S. 44ff.

Ende der Leseprobe aus 86 Seiten

Details

Titel
Mikropolitische Instrumente zur Durchsetzung des betrieblichen Umweltschutzes
Hochschule
Universität Hohenheim
Note
1.3
Autor
Jahr
2006
Seiten
86
Katalognummer
V186487
ISBN (eBook)
9783869436708
ISBN (Buch)
9783869432328
Dateigröße
873 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mikropolitische, instrumente, durchsetzung, umweltschutzes
Arbeit zitieren
Dipl. oec. Benjamin Horst (Autor:in), 2006, Mikropolitische Instrumente zur Durchsetzung des betrieblichen Umweltschutzes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186487

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Mikropolitische Instrumente zur Durchsetzung des betrieblichen Umweltschutzes



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden