Analyse eines Business-to-Business-Mailings mit Verbesserungsvorschlägen


Hausarbeit (Hauptseminar), 1999

21 Seiten, Note: Bestanden

Anonym


Leseprobe


1. Analyse der einzelnen Seiten und Bestandteile des Mailings

1.1 - Briefumschlag

Das vorliegende Mailing befand sich in einem weissen, neutralen Briefumschlag und ist an einen Business-Empfänger gerichtet. Dieser erwartet wohl einen normalen Brief und ist mehr auf die tägliche Korrespondenz als auf Werbung eingestellt. Leider wird in diesem Mailing aber die Korrespondenzvermutung nicht erfüllt - es befindet sich nur ein Werbeprospekt im Umschlag. Diese "Enttäuschung" kann schon sehr schnell zum Wegwerfen des Mailings führen. Die beste Lösung ist hier, den Briefumschlag normal zu frankieren und einen personalisierten Brief mit üblich abgedruckter Adresse und persönlicher Anrede beizufügen. Dieser Brief sollte den Empfänger auf die Veranstaltung hinweisen und sein näheres Interesse wecken. Das Prospekt würde in diesem Falle nicht mehr stören, da der Business-Kunde auch in seiner üblichen Korrespondenz Briefe mit Beilagen erhält - wenn der Brief für ihn interessant war, wird er sich das Prospekt ebenfalls ansehen. Der Brief selbst sollte der täglichen Korrespondenz möglichst ähneln und deshalb keine Zeichnungen, Bilder oder Grafiken enthalten. Ideal ist ein persönlich unterschriebener Brief. Ein grosser äußerlicher Filter im vorliegenden Mailing ist die maschinell gedruckte Adresse mit der Kundennummer, von außen her ist hier schon erkennbar, dass es sich um keinen üblichen Brief handelt. Die niedrige Frankierung weißt auf ein Massen-Mailing hin. Hiermit riskiert der Absender, dass der Umschlag schon weggeworfen wird, bevor er geöffnet wird.

1.2 - Unaufgeklapptes Prospekt

Wichtig ist nach Öffnen des Briefumschlages, dass der Empfänger beim Durchsehen seines Inhaltes die Leseschwelle überschreitet - er muss "sehen und verstehen"sein Interesse für den Inhalt muss geweckt werden, ohne dass er den Text des Mailings genauer liest. Das Erregungsniveau des Lesers muss durch Allgemeine Aktivierung1 gesteigert werden: durch spezifische Reize, die für den Empfänger interessant sind (hier z.B. Schlagwörter mit Nutzenanschein), wird er stärker in die Informationen involviert und sich ihr näher zu. Die Wirksamkeit verschiedener aktivierender Elemente ist selbstverständlich zielgruppenabhängig: in jedem Mailing müssen genau die Motive angesprochen werden, die für die jeweilige Zielgruppe interessant sind und ihr Vorteile bringen. Der erste Kurzdialog, der entscheidet, ob der Empfänger das Mailing als interessant einstuft und es wirklich liest, dauert bis zu 20 Sekunden. In dieser Zeit wird

das Mailing "kurz durchgesehen" - nur die herausstechenden Punkte (Fixationspunkte) werden vom Auge fixiert. Die daraus erhaltenen Informationen und Eindrücke prägen den Gesamteindruck. In der heutigen Zeit herrscht eine solche Informationsflut, dass es dringend notwendig ist, wichtige Informationen von unwichtigen zu trennen. Deswegen sucht das menschliche Gehirn ständig nach Vorteilen in Informationen. Es ist wichtig, das Layout so zu gestalten, dass eben diese vom Gehirn angesteuerten Fixationspunkte aus nutzenvermittelnden Headlines, Unterstreichungen und Grafiken2 gefüllt bestehen. Diese hervorgehobenen Elemente wirken als "Blickbremse" und werden kurz betrachtet. Ist schon in den ersten Sekunden ein Vorteil zu erahnen, wird üblicherweise auch weitergelesen3. Durchschnittlich sollte eine Din A4-Seite für den ersten Kurzdialog 10 Fixationen enthalten, auf keinen Fall mehr als 15. Das erste Gesetz des Direkmarketing, "Ein Vorteil für den Leser muss gezeigt/angedeutet werden", muss unbedingt beachtet werden - solche Vorteile können Begriffe wie "Zeit sparen", "höhere Erträge" und "mehr Erfolg" sein. So führt man den Leser in den zweiten Dialog - in dem er sich das Mailing genauer ansieht, die Inhalte liest und bestenfalls reagiert - also die Reaktionsschwelle überschreitet. Im ersten Kurzdialog müssen die typischen Leserfragen schon beantwortet werdenalso beispielsweise: "woher kommt der Brief?", "warum wurde der Brief an mich geschickt?", "um was geht es denn?", "welchen Vorteil habe ich denn davon?", "was muss ich tun?". Das Lesen eines Mailings ähnelt einem persönlichem Gespräch mit einem Vertreter der betreffenden Firma - der Brief muss also alle wichtigen Fragen beantworten, denn eine Antwort auf eine Frage nicht zu finden, wird als negativ empfunden. Der Absender sollte die für sein Produkt typischen Leserfragen zum Thema kennen und dafür sorgen, dass die meisten dieser Fragen schon im ersten Kurzdialog beantwortet werden. Hier muss aber auch darauf geachtet werden, dass die Fragen in der Reihenfolge beantwortet werden, in der sie vom Kunden gestellt werden würden.

Nach dem Öffnen des Briefumschlages vermittelt der erste Blick auf das vorliegende unaufgeklappte Mailing überhaupt keinen Nutzen für den Leser, hier besteht die Gefahr, dass das Mailing erst gar nicht aufgefaltet wird. Immerhin ist zu bedenken, dass dieses Prospekt von z.B. Managern gelesen werden soll, die ihre Zeit nicht für uninteressante, unübersichtliche Werbepost verschwenden wollen und können4. Sehr wichtig ist auch die Gestaltung der Adresse, man sieht in diesem Fall auf den ersten Blick, dass es sich um eine maschinenerzeugte Adresse handelt - ein Zeichen von Massenware, uninteressant für den Business-Empfänger. Ein sehr starker Filter ist auch die Adress-Kennzeichnungsnummerder Empfänger wird auf eine Zahl aus einer Datenbank reduziert. Beim ersten Kurzdialog werden vom Leser wahrscheinlich nur Worte wie "Anmeldeformular", "Vertriebsmarketing-Strategien", "So melden Sie sich an" , "EUROFORUM", Symbole und das Adressfeld vom Auge fixiert. Für den Empfänger ist noch gar nicht klar, um was es sich hier handelt, wofür er sich denn anmelden soll - einen Nutzen kann er beim ersten Überfliegen nicht erkennen. Er kann allerdings annehmen, dass dies ein Werbemailing ist: hier herrscht eine große Wegwerfgefahr.

1.3 - Erste Seite, aufgeklappt

Die erste Seite des aufgeklappten Mailings enthält für den ersten Kurzdialog viel zu viele Fixationspunkte, das Maximum von 15 Punkten wird weit überschritten, es ist auch kein intelligentes und durchdachtes System hinter den fetten Markierungen und der Platzierung der Bilder zu erkennen. Man muss bedenken, dass das Mailing nur durchschnittlich 20 Sekunden Zeit hat, bevor eswenn es keinen Nutzenanschein beim Leser erweckt - weggeworfen wird. Bei diesem sechsseitigen Werbeblatt müsste man ohnenhin noch sorgfältiger sein, weil der Blick, je mehr Seiten das Prospekt enthält, natürlich noch kürzer auf einer einzelnen Seite verbleibt. Gerade aber auf der ersten Seite sollte der Betrachter schon einen Nutzen für sich erkennen können - z.B. durch fett gedruckte erfolgversprechende Aussagen, durch klare, motivierende Überschriften, die den Inhalt des Prospekts aufzeigen oder durch Grafiken, die schon auf den ersten Blick Gewinn oder Erfolg versprechen. Grafiken und Bilder sollten schnell verständlich und auf einfache Weise Nutzen für den Betrachter vermitteln. Ob Grafiken auf den ersten Blick Erfolg oder Vorteile ausdrücken, lässt sich beispielsweise mit einem Tachistoskop messen. Bei diesem Gerät wird das zu testende Bild nur für den Bruchteil einer Sekunde eingeblendet - die Versuchspersonen können danach ihren Eindruck vom Gesehenen mitteilen. Auch lässt sich hier messen, welches Bild eher als ein anderes gesehen wird. Wenn die Bild-Ideen zum Angebot so getestet wurden, kann man das Mailing "gehirngerecht" gestalten - Vorteile und Nutzen visualisieren.

Der zentrale Überschriftenapparat sollte kompakter und stärker nutzenorientiert gestaltet sein. Überschriften gelten als bildähnliche Elemente und werden vom Leser von Natur aus gleich nach den Bildern betrachtet. Auch die Headline muss einer Antwort auf eine unausgesprochenen Frage gleichkommen.

Beispiel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei diesem Vorschlag für eine besser gestaltete Hauptüberschrift ist gleich klar: es handelt sich um eine Fachkonferenz, auf der erfolgreiche Vertriebsmarketing-Strategien diskutiert werden. Das Wort "Fachkonferenz" taucht jetzt nicht erst in der nächsten, im Prospekt insgesamt fett gedruckten Zwischenüberschrift auf.

Damit die kognitive Verarbeitung5 (Verständlichkeit) der im Prospekt vorhandenen Informationen durch den Beworbenen ohne Probleme gelingt, muss das Mailing bestmöglich gestaltet werden6 - der Inhalt darf nicht durch falsche Darstellung verschleiert werden.

Unstimmig ist im Prospekt auch, dass auf diese fette Überschrift "Diskutieren Sie auf dieser Fachkonferenz folgenden Fragen" überhaupt keine Fragen folgensie enden üblicherweise mit einem Fragezeichen. Hier könnte man folgende Formulierung verwenden:

Diskutieren Sie mit Experten folgende Themenbereiche:

Dass es sich um eine Konferenz handelt, ist aufgrund der geänderten Überschrift unmissverständlich erkennbar.

Auf dieser ersten Seite sind fernerhin, für den ersten Kurzdialog, nicht nur nutzenbezogene Worte fett markiert: insgesamt sind große Satzteile fett gedruckt, aber auch scheinbar sinnlos einzelne Wörter - wie z.B. "werden", das letzte Wort im grossen grauen Kasten. Erfolgversprechende Wörter und Satzteile, fett zu markieren, ist sinvoller - z.B. "moderne Marketingstrategien" oder "Kundengewinnung".

Im Stichpunktbereich gibt es auch einige Schwächen in der Formulierung, der Punkt

§ "welche Elemente einer Marketingstrategie durch den Vertrieb umgesetzt werden können/müssen"

5 Neumann, Peter (1998), Proseminar-Skript: "Markt- und Werbepsychologische Praxis", S. 77ff

könnte beispielsweise wie folgt formuliert werden:

§ "Erfolgreiche Umsetzung von Elementen einer Marketingstrategie durch den Vertrieb"

In Stichpunkten dürfen auf keinen Fall komplizierte Formulierungen wie "können/müssen" verwendet werden, bei denen der Leser erst nachdenken muss, um den Sinn zu verstehen. Stichpunkte sollen Klarheit bringen und sollten daher kurz und durchschaubar formuliert werden.

Die jetzt folgende Auflistung der Namen der Referenten und die dazugehörige Überschrift sind besonders auffällig - rot und fett - abgedruckt - dies ist ein Problem: Wenn die Namen für den Leser unbekannt sind, dann kann er, zumindest beim ersten Überfliegen, keinen Nutzen für sich erkennen. Es ist auch hier nicht unbedingt nötig, alle Referenten aufzuführen, da sie auf der dritten Seite ("das Expertenteam") und im Programmabschnitt nochmals genannt werden. Der gesamte Inhalt des Mailings könnte auf weniger Platz dargestellt und besser angeordnet sein. Eine Information, wie z.B. eine Namensliste, sollte nicht dreimal angeführt werden - gerade dann, wenn man, wie in einem Mailing, nur begrenzten Raum hat und diese Information in dieser Form nicht unbedingt gleich als nützlich für den Empfänger zu erkennen ist. Ein besserer Weg wäre für diese Frontseite beispielsweise folgender Satz:

[...]


1 Neumann, Peter (1998), Proseminar-Skript: "Markt- und Werbepsychologische Praxis", S. 56ff

2 Grafiken dürfen nicht in Briefen an Business-Empfänger vorkommen, sie sollten möglichst der täglichen Korrenspondenz ähneln

3 Als Vorteil empfundene Fixationspunkte gelten als "ja", Blickpunkte ohne Vorteil als Zeitverlust - "nein". Die Summe der "jas" im Mailing muss höher sein als die Summer der "neins" - dies sichert einem Mailing den Erfolg

4 Nach einer Untersuchung von Prof. Kroeber-Riel von der Universität Saarbrücken schaut der/die durchschnittliche Deutsche nur noch 1-3% der Wörter an, die er/sie eigentlich lesen will bzw. soll - das zeugt von einer immensen Informations-Überlastung

5 Neumann, Peter (1998), Proseminar-Skript: "Markt- und Werbepsychologische Praxis", S. 77ff

6 Einige Grundregeln sind beispielsweise: keine zu komplexen Sätze; Verwendung von Schlüsselreizen, die mehrere Informationen bündeln; klare, harmonische inhaltliche und äußerliche Gliederung; optimale allgemeine Aktivierung

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Analyse eines Business-to-Business-Mailings mit Verbesserungsvorschlägen
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Psychologie)
Veranstaltung
Hauptseminar Direktmarketing
Note
Bestanden
Jahr
1999
Seiten
21
Katalognummer
V186
ISBN (eBook)
9783638101387
ISBN (Buch)
9783668011403
Dateigröße
294 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Das Mailing liegt der Arbeit nicht bei!
Schlagworte
Analyse, Business-to-Business-Mailings, Verbesserungsvorschlägen, Hauptseminar, Direktmarketing
Arbeit zitieren
Anonym, 1999, Analyse eines Business-to-Business-Mailings mit Verbesserungsvorschlägen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186

Kommentare

  • Gast am 27.5.2004

    Interessant....

    ...finde ich!




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