Impression Management des Bewerbers und Interviewers bei Personalbewerbungsgesprächen


Diplomarbeit, 2003

112 Seiten, Note: 1


Leseprobe


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2 DAS IMPRESSION MANAGEMENT

In Kapitel 2 wird das Impression Management mit seinen Ansätzen und Ausführungen erläutert. Zunächst wird auf die Impression Management Theory in Kapitel 2.1. eingegangen und im Kapitel 2.2. eine detaillierte Beschreibung der unterschiedlichen Impression Management Techniken gegeben. Damit soll nicht nur eine Einsicht in das Impression Management vermittelt werden, sondern auch das Verständnis, wie wir uns in bestimmten Situationen verhalten, näher gebracht werden, da in weiterer Folge das Impression Management im Zuge des Interviews behandelt wird.

2.1. Impression Management Theory

Die Impression Management Theory ist Ausdruck eines Perspektivenwechsels oder zumindest einer Erweiterung der Perspektive in der Sozialpsychologie. Zum Impression Management wird jede Handlung gezählt, mit welcher der Eindruck oder die Attributionen von anderen Individuen beeinflusst werden soll. 5 Obwohl es offensichtlich ist, dass alle Menschen laufend versuchen, den Eindruck, den sie auf andere Menschen machen, zu beeinflussen (z.B. mit Kleidung, Kosmetik, Schmuck, etc.), wurde früher diese Dimension in der experimentellen Psychologie kaum beachtet. 6

Die Impression Management Theory musste sich im Laufe ihrer Entwicklung mehrerer langsamer, teils schmerzlicher Transformationen unterziehen, die sie von einer "extremen" 7 zu einer momentan als "mainstream" 8 angesehenen Theorie machten. 9 "Despite a steady stream during the 1960s and 1970s, impression management remained a relatively peripheral topic in social and personality psychology, leading

5 SCHLENKER, B. R. (1980) definiert Impression Management "as the deliberate attempts individuals

make to influence the images others form of them".

6 vgl. TEDESCHI, J. T. und RIESS, M. (1981)

7 laut ROSENBERG, M. J. (1965), S. 28 ff.: "Impression management effects were in the 'extreme':

they were artifacts, or instances of 'evaluation apprehension' that threatened the validity of labora-

tory experiments."

8 seit Anfang der 80-er Jahre

9 ROSENFELD, P. und GIACALONE, R. A. (1991), S. 4

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some to characterize the impression management approach as more of a guiding model than a theory of interpersonal behavior. More recently, however, impression management has attracted increased attention as a fundamental interpersonal process." 10

Im folgenden Kapitel wird auf den "Begründer" der Theorie Bezug genommen, der noch heute mit seinen Ansichten den gesamten Bereich des Impression Managements beeinflusst.

2.1.1. Die Selbstdarstellung und die Metapher des Theaters

Die Impression Management Theory geht auf die Beobachtungen Erving Goffman's (1959) zurück, der behauptet, dass Individuen in der sozialen Interaktion bei ihren Interaktionspartnern den Eindruck, den sie auf diese machen, kontrollieren, dass sie also nicht nur passiv sozialem Eindruck ausgesetzt sind, sondern den Einfluss, der auf sie ausgeübt wird, durch die Vermittlung eines bestimmten Eindrucks von sich selbst auf die anderen mitsteuern. 11

Erving Goffman (1959) 12 war einer der Ersten, der sich mit Selbstdarstellung aus-einandergesetzt hat. Der Soziologe schrieb das Buch "The presentation of self in everday life" 13 , in dem er die Metapher einer Theateraufführung benutzte, um unser Verhalten in sozialen Interaktionen mit anderen zu beschreiben. Die soziale Welt ist eine Bühne mit Publikum, Darstellern und Außenseitern, mit Zuschauerraum und Kulissen. Goffman verbindet mit dem Buch die Erkenntnis, dass unser Handeln in Gesellschaft stets in sozialen Rollen erfolgt. Es geht ihm um den Nachweis, dass die Selbstdarstellung des Einzelnen nach vorgegebenen Regeln und unter vorgegebenen Kontrollen ein notwendiges Element des menschlichen Lebens ist. Selbstdarstellung bestimmt unsere Handlungen und besteht aus dem Versuch, soziale Interaktionen zu kontrollieren. Sie hilft uns auch vorherzusehen, was wir von

10 LEARY, M. R. und KOWALSKI, R. M. (1990), S. 35

11 vgl. GOFFMAN, E. (1959)

12 vgl. GOFFMAN, E. (1959)

13 deutscher Titel: "Wir alle spielen Theater" (1996)

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anderen zu erwarten haben. Einige Formen des Selbstdarstellungsverhaltens sind bewusst kontrolliert, während andere wie Körpersprache oder Augenkontakt meistens unbewusst geschehen. Da es uns extrem wichtig ist, wie wir von anderen Menschen behandelt werden 14 , versuchen wir unser Selbstdarstellungsverhalten zu lenken, da dieses wesentlich verantwortlich dafür ist. "Wenn ein Einzelner mit anderen zusammentrifft, versuchen diese gewöhnlich, In-formationen über ihn zu erhalten oder Informationen, die sie bereits besitzen, ins Spiel zu bringen. Sie werden sich für seinen allgemeinen sozialen und wirtschaftlichen Status, sein Bild von sich selbst, seine Einstellung zu ihnen, seine Fähigkeiten, seine Glaubwürdigkeit und dergleichen interessieren. Wenn es auch so scheint, als würden einige dieser Informationen um ihrer selbst willen gesucht, so stehen doch im Allgemeinen praktische Gründe dahinter. Informationen über den Einzelnen tragen dazu bei, die Situation zu definieren, so dass die anderen im Voraus ermitteln, was er von ihnen erwarten wird und was sie von ihm erwarten können. Durch diese Informationen wissen die anderen, wie sie sich verhalten müssen, um beim Einzelnen die gewünschte Reaktion hervorzurufen." 15

Max Reinhardt (1926) hat in einem Gespräch bereits früh folgende Formulierungen über das Theater spielen gefunden: "Wir suchen im Theater, wie in jeder Kunst, zuletzt immer nur die Persönlichkeit, und je stärker und größer diese ist, umso zufriedener sind wir. Wenn der Schauspieler als Persönlichkeit in einer Rolle untergehen sollte, nicht selbst in Erscheinung treten würde, so wären unsere Erwartungen enttäuscht. Die Schauspielkunst ist eine Kunst der Enthüllung, nicht der Verwandlung! Sich mit Maske, Ton, Gang und Gebärde äußerlich verwandeln, also etwas anderes darstellen, als man wirklich ist, scheint mir da unterhalb der Schauspielkunst zu sein. Der Schauspieler macht schon eine Verwandlung durch, in ein fremdes Schicksal, aber nicht in einen anderen Menschen... Das Glück des Schauspielers ist die Ekstase dieser Verwandlung, das Glück des Zuschauers ist die Enthüllung der Persönlichkeit." 16

2.1.2. Three-component model von Leary und Kowalski

14 die Abhängigkeit von anderen, die auch "co-dependence" genannt wird

15 GOFFMAN, E. (1996), S. 5

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Leary und Kowalski (1990) versuchen mit ihrem Modell, das Verständnis, wann und warum wir Impression Management verwenden, besser zum Ausdruck zu bringen. Das Model setzt sich aus drei Prozessen zusammen: Impression Monitoring, Impression Motivation und Impression Construction.

Impression Monitoring tritt auf, wenn sich Individuen den Eindrücken, die sie auf andere machen, bewusst sind, und Impression Management als Möglichkeit ansehen um ihre Ziele zu erreichen. Wenn sie beeinflussen wollen, wie sie von anderen wahrgenommen werden, werden sie motiviert sein, Impression Management zu betreiben und somit in den Impression Motivation Prozess übergehen. Die dritte Komponente im Modell von Leary und Kowalski (1990) handelt vom Prozess des Impression Construction. Wer motiviert ist einen bestimmten Eindruck zu hinterlassen, wird dementsprechend auch sein Verhalten anpassen. Dabei entscheidet man genau welche Vorgehensweise man anstrebt. 17

2.2. Impression Management Techniken

In weiterer Folge werden nun verschiedene Techniken näher erläutert, die dazu dienen, Impression Management gezielt einzusetzen. Rosenfeld, Giacalone und Ri-ordan (1995) unterscheiden "acquisitive impression management", das darauf abzielt, positiv beurteilt zu werden, und "protective impression management", das davor schützen soll, negativ beurteilt zu werden. 18 19

16 REINHARDT, M. (1926), S. 315

17 LEARY, M. R. und KOWALSKI, R. M. (1990), zitiert nach ROSENFELD, P. et al. (1995), S. 17 ff.

18 ROSENFELD, P., GIACALONE, R. A., RIORDAN, C. A. (1995), S. 29 - in Anlehnung an ARKIN, R. M.

(1981)

19 eine ähnliche Unterscheidung treffen TEDESCHI, J. T. und MELBURG, V. (1984), S. 32: assertive

vs. defensive Selbstdarstellungsarten

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2.2.1. Acquisitive Impression Management

Arkin (1981) bezeichnet "acquisitive impression management" als "attractionseeking behavior" und damit als zielgerichtetes Verhalten: "The process of engaging in self-presentation may be viewed as a function of incentive value and subjective probability of achieving a successful presentation of self. Accordingly, an individual would be expected to present himself in one or another way to the extent that approval itself is desired and to the extent that it seems probable to the individual that his behavior would achieve that end." 20

In weiterer Folge beschreibe ich die verschiedenen Taktiken, die zum "acquisitive impression management" zählen: "Ingratiation" (einschmeicheln, sich beliebt machen), "Self-promotion" (kompetent erscheinen), "Intimidation" (einschüchtern), "Exemplification" (sich als moralisch vorbildlich darstellen), "Supplication" (hilfsbedürftig erscheinen), "Indirect Impression Management", "Acclaiming" (nach Anerkennung strebend) und "Nonverbal Impression Management". 21 INGRATIATION (einschmeicheln, sich beliebt machen)

Schlenker (1980) meint, dass von allen Impression Management Taktiken, "Ingratiation" die am besten und unmittelbarsten einsetzbare ist, die auf die organisationalen Bedingungen anwendbar ist. 22

"Ingratiation refers to a set of related acquisitive impression management tactics that have as their collective aim making the person more liked and attractive to others." 23 In diesem Zusammenhang können wir "Ingratiation" auch als "attraction management" bezeichnen. 24 Ursprünglich wurde "Ingratiation" von Jones (1964) folgendermaßen konzeptuiert: "as a class of strategic behaviors illicitly designed to influence a particular other person concerning the attractiveness of one's personal

20 ARKIN, R. M. (1981), S. 313

21 vgl. ROSENFELD, P., GIACALONE, R. A., RIORDAN, C. A. (1995), S. 30 ff. und MUMMENDEY, H. D.

(1989), S. 141 ff.

22 SCHLENKER, B. R. (1980), zitiert nach ROSENFELD, P. et al. (1995), S. 32 ff.

23 JONES, E. E. (1990), zitiert nach ROSENFELD, P. et al. (1995), S. 31

24 vgl. PANDEY, J. und SINGH, P. (1987), S. 287 ff.

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stimmte Emotionen wie z.B. Angst sind direkt mit den Gesichtsmuskeln verbunden, die den Ausdruck dieser Emotion auslösen. Viele Menschen versuchen ihre Gefühle und Stimmung zu unterdrücken oder zu überspielen. Trotzdem wird man die Emotionen an ihrem Gesichtsausdruck und an ihrer Stimme ablesen können. Nonverbales Verhalten ist dem Akteur weniger zugänglich als dem Beobachter: Seinen eigenen Gesichtsausdruck sieht man selber nie so genau wie andere, obwohl jeder Mensch im Normalfall mehr über sich selbst weiss als über andere. In sozialen Interaktionen weiss man daher nie so viel über sein nonverbales Verhalten, wie die Menschen mit denen man interagiert. So kann man über lange Jahre eigenartige nonverbale Gewohnheiten entwickeln, von denen man keine Ahnung hat und die man daher auch nicht kontrollieren kann. Nonverbales Verhalten ist nicht präzise zu beschreiben: Nonverbales Verhalten ist viel schwerer zu beschreiben oder zu wiederholen als gesprochene Worte. Daher wird man eher riskieren, etwas nonverbal auszudrücken, während man zögert, es auszusprechen. Falls es negative Konsequenzen geben sollte, kann man sein Verhalten immer noch abstreiten oder so tun wie wenn es anders gemeint war.

Nonverbales Verhalten transportiert Bedeutungen, die man mit Worten kaum ausdrücken kann:

Manchmal ist es unmöglich den Sinn mancher Worte nonverbal zu vermitteln. Genauso ist es umgekehrt auch. Es gibt Bedeutungen und Emotionen, die kaum adäquat in Worten ausgedrückt werden können. Nonverbales Verhalten vollzieht sich oft sehr schnell: Die meisten nonverbalen Verhaltensweisen sind unmittelbare Reaktionen auf bestimmte Ereignisse. Dadurch, dass diese oft sehr schnell vollzogen werden, wird ihre Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit erhöht, da keine Zeit bleibt, etwas vorzutäuschen. Nonverbales Verhalten vermittelt somit offenere Eindrücke als gesprochene Worte.

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Ende der Leseprobe aus 112 Seiten

Details

Titel
Impression Management des Bewerbers und Interviewers bei Personalbewerbungsgesprächen
Hochschule
Wirtschaftsuniversität Wien
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
112
Katalognummer
V185866
ISBN (eBook)
9783656990529
ISBN (Buch)
9783867467384
Dateigröße
1040 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
impression, management, bewerbers, interviewers, personalbewerbungsgesprächen
Arbeit zitieren
Peter Poeckh (Autor:in), 2003, Impression Management des Bewerbers und Interviewers bei Personalbewerbungsgesprächen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185866

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