Marktanalyse der Tonträgerindustrie - Motive und Auswirkungen von Musikpiraterie, Strategien der Pirateriebekämpfung


Diplomarbeit, 2003

84 Seiten, Note: 2


Leseprobe

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Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Tonträgerindustrie

3 Tonträgerpiraterie

4 Schutz des geistigen Eigentums in der Musikwirtschaft

5 Strategien und Initiativen der Musikwirtschaft gegen die Tonträgerpiraterie

6 Fazit

Literaturverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis

 

Abbildung 1:

Gesamtumsatz des Tonträgermarktes in der Bundesrepublik Deutschland

Abbildung 2:

Umsatzanteile der einzelnen Repertoiresegmente am Gesamtumsatz 2001

Abbildung 3:

Käuferreichweite und Kaufintensität

Abbildung 4:

Umsatzentwicklung der zehn wichtigsten Tonträgermärkte 1999 – 2001

Abbildung 5:

Die weltweit größten Pirateriemärkte

Abbildung 6:

Peer-to-Peer-Netzwerke

Abbildung 7:

Wert der Privatkopien und Piraterieprodukte

Abbildung 8:

Absatz und Umsatz unbespielter CD-Rs/CD-RW

Abbildung 9:

Beschäftigte in der deutschen Tonträgerbranche

Abbildung 10:

Gründe für das CD-Brennen

Abbildung 11:

Logo zur Kennzeichnung kopiergeschützter CDs

 

1 Einleitung

 

„Die Musikwirtschaft hat ein brennendes Problem.“

 

Gerd Gebhardt, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft und der deutschen Landesgruppe der IFPI e.V.

 

Im vergangenen Jahr verzeichnete die Tonträgerindustrie erneut massive Umsatzrückgänge. Zentrale Ursache für diese negative Marktentwicklung ist ein dramatischer Anstieg des CD-Brennens sowie die kostenlose Verfügbarkeit von Musik im Internet. Beide Probleme hängen eng miteinander zusammen. Der kostenlose Tausch urheberrechtlich geschützter Musikstücke über das Internet wäre nicht so gefährlich, würde sich die gestohlene Musik nicht so einfach auf CD-Rohlinge übertragen lassen.

 

Die Nutzung des Internets, komprimierte Formate für Sounddateien (z.B. MP3), die Erhöhung der Bandbreite bei der Internetverbindung sowie die starke Verbreitung von CD-Brennern stellen die Branche vor erhebliche Herausforderungen. Von den aktuellen technologischen und strukturellen Entwicklungen wird die Tonträgerindustrie besonders stark tangiert.

 

Die bisherigen Strukturen von Vertrieb, Marketing und Rechteverwertung müssen sich grundlegend ändern. Unternehmen, die sich nicht schnell genug auf die neuen Marktbedingungen einstellen, werden es schwer haben, diesen tief greifenden Strukturwandel  zu überstehen.

 

Musik ist nicht nur ein wichtiger Kulturfaktor, sondern auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Das massenhafte Kopieren von Musik stört die Funktionsfähigkeit des Marktes fundamental. Die Piraterie bedroht die Existenzgrundlage von Künstlern ebenso wie von Herstellern, Verlagen und Fachhandel.

 

Die Unternehmen sind gezwungen, ihre Angebote zu schützen und gegen Piraten vorzugehen. Zur Schaffung von geeigneten Schutz- und Gegenmaßnahmen bedarf es zusätzlicher Bemühungen innerhalb des Marketing-Mixes. Notwendig sind z.B. kommunikationspolitische Kampagnen, die den Kunden über das Problem „Piraterie“ aufklären, produktpolitische Maßnahmen, wie der Einbau von Kopierschutzmaßnahmen und vertriebspolitische Veränderungen, um sich auf die wachsende Bedeutung des Vertriebes von Musik über das Internet einzustellen.

 

Es besteht akuter Handlungsbedarf und damit die Forderung nach schnellen Lösungen, um die weitere dramatische Talfahrt der deutschen Tonträgerindustrie zu beenden.

 

1.1 Zur Themenstellung

 

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Auswirkungen der Musikpiraterie auf den Tonträgermarkt umfassend zu analysieren. Im Vordergrund stehen dabei die sich stets weiterentwickelnden Aufnahme- und Vervielfältigungstechnologien. Aus diesem Grund erfolgt eine Konzentration auf die technologischen Entwicklungen, die in den letzten Jahren maßgeblich zu einer Zuspitzung des Piraterieproblems geführt haben: der CD-Brenner und das Kompressionsverfahren MP3.

 

Das Problem der Tonträgerpiraterie soll dabei aus betriebswirtschaftlicher Sicht untersucht werden. Abschließend werden aktuelle marketingpolitische Ansätze und urheberrechtliche Schutzmaßnahmen im Umgang mit dieser Art des geistigen Diebstahls vorgeschlagen und näher beleuchtet.

 

1.2 Vorgehensweise

 

Im ersten Teil der Arbeit werden die zentralen Akteure der Musikwirtschaft charakterisiert. Im Mittelpunkt dieser Betrachtung steht der Tonträgerhandel, da er eine zentrale Stelle bei der wirtschaftlichen Verwertung des Produkts „Musik“ einnimmt. Der Einführung in die Strukturen der Musikindustrie folgend, wird der nationale und internationale Tonträgermarkt anhand ausgesuchter Statistiken und konkreter Beispiele genauer untersucht.

 

Anschließend werden im dritten Kapitel die vielfältigen Ausprägungsformen der Tonträgerpiraterie erläutert. Dabei werden sowohl die traditionellen wie auch die neuen Formen vorgestellt. Die Komplexität dieser Thematik machte es notwendig, sich auf spezielle Aspekte zu konzentrieren. Alle die in den vergangenen Jahrzehnten entstandenen Pirateriearten zu berücksichtigen, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Deshalb stehen, aufgrund der technologischen Fortschritte, die Online- und Schulhofpiraterie[1] im Vordergrund dieser Arbeit. Hierzu werden die psychoakustischen und technischen Grundlagen zur MP3-Audiokompression zusammenfassend dargestellt. Von besonderem Interesse ist die Entstehung der so genannten Internet-Tauschbörsen über Peer-to-Peer-Netzwerke. Der Tausch unautorisierter Musikstücke im Internet entwickelt sich zunehmend zum „Volkssport“. An dieser Stelle sollen Ursachen und Motive der Piraterie aufgegriffen und ermittelt werden. In diesem Zusammenhang werden abschließend die Auswirkungen der Piraterie auf die nationalen und internationalen Umsatz- und Absatzentwicklungen des Tonträgermarkts analysiert. Für diese Analyse werden aktuelle Statistiken und Auswertungen der GfK Panel Services verwendet.

 

Gegenstand des vierten Kapitels der Arbeit sind die wesentlichen Gesetzesgrundlagen der Musikschaffenden, sowie deren Rechtsansprüche bei Verstoß gegen das Gesetz. Dabei wird der Frage nachgegangen, inwieweit nationale Rechte, wie z.B. das deutsche Urheberrechtsgesetz, den Werkschaffenden angesichts der rasanten Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien in einem zunehmend einheitlich werdenden weltweiten Markt schützen können. In diesem Zusammenhang sind sowohl die Rechtsentwicklungen innerhalb Europas, als auch internationale Abkommen von Interesse.

 

Durch die Möglichkeit zur Vervielfältigung verliert das Produkt „Musik“ an Exklusivität und subjektiven Wert. Im abschließenden fünften Kapitel werden mögliche Ansätze im Umgang mit der Piraterie vorgeschlagen und diskutiert. Dabei wird zwischen vorbeugenden Maßnahmen und zwischen Strategien, die das Piraterieangebot bekämpfen, differenziert. Zusätzlich zu den in der Literatur behandelten Lösungsansätzen werden an dieser Stelle Maßnahmen, die auf den in der Arbeit gewonnen Erkenntnissen aufbauen, empfohlen.

 

Aufgrund der Brisanz dieser Thematik werden in diesem Kapitel die aktuellsten Musikzeitschriften und das Internet als Quelle verwendet. Diese Quellen enthalten Interviews sowie so genannte „Round table discussions“ mit den führenden Persönlichkeiten der Musikindustrie. Die resultierenden Chancen und Bedrohungen für die „traditionelle“ Musikwirtschaft werden abschließend gegenübergestellt und Initiativen und Strategien zur Absicherung des Internet als zukünftigen Musikmarkt beschrieben.

2 Die Tonträgerindustrie

 

In diesem Kapitel erfolgt eine genaue Charakterisierung der zentralen Akteure der Tonträgerindustrie. In diesem Zusammenhang wird zunächst auf die Bedeutung des Tonträgers für die Musikbranche eingegangen. Danach erfolgt eine Betrachtung der Strukturen und Formen des traditionellen Tonträgerhandels. Anschließend wird der nationale und internationale Tonträgermarkt anhand ausgesuchter Statistiken genauer untersucht.

 

Die Musikwirtschaft ist ein integraler Bestandteil unserer Musikkultur. Das Ziel der Wirtschaftstätigkeit hat ganz entscheidenden Einfluss auf Qualität, Reichtum, Originalität und Verbreitung unserer Musikkultur. In der Musik ist der kreative und wirtschaftliche Einsatz der Komponisten, Textdichter, ausübenden Künstler (Interpreten) und Tonträgerhersteller enthalten.

 

Auf einem Tonträger wird die persönlich erbrachte Leistung der Künstler aufgezeichnet, um die Musik in möglichst hoher Qualität aufzubewahren und wiederzugeben.

 

Das Speichermedium erzeugt die Marktfähigkeit dieser Leistung als Massenprodukt.

 

Tonträgerformen sind z.B. die Compact Disc (CD), die Langspielplatte (LP) und das Tonband (Magnettonband, Music Cassette).[2]

 

2.1 Akteure der Musikwirtschaft

 

Die Musikwirtschaft umfasst alle Wirtschaftszweige, die sich industriell der organisierten Herstellung musikbezogener Trägermedien, dem Vertrieb oder der Verwertung von Tonträgern widmen.[3] Zum Verständnis der Besonderheiten der Musikwirtschaft werden nachfolgend die wichtigsten Marktteilnehmer mit ihren Funktionen und Aufgaben erklärt. Betrachtet werden dabei sowohl Künstler, Plattenfirmen, Musikverlage, Tonträgerhersteller  sowie auch die Verwertungsgesellschaften.

 

2.1.1 Künstler

 

Die Künstler stehen am Anfang der Wertschöpfungskette der Musikindustrie. Künstler im Sinne der Musikwirtschaft sind Komponisten, Textdichter und Interpreten.

 

Die Bezeichnungen „Komponist“ und „Texter“ werden auch unter dem Begriff „Autor“ zusammengefasst. Der Autor ist der geistige Urheber, der die wirtschaftliche Verwertung durch das „Erfinden“ neuer Musik oder Texte erst möglich macht. Die Musik als ihr geistiges Eigentum wird durch das Urheberrecht geschützt.

 

Ein Musiker, der lediglich fremde Kompositionen vorträgt oder aufführt, ist der ausübende Künstler (Interpret). Auch wenn häufig Autor und Interpret in einer Person vereint sind, werden diese im Folgenden strikt getrennt betrachtet. Im Gegensatz zu den Autoren stehen den Interpreten keine direkten Urheberrechte, sondern lediglich die „verwandten Schutzrechte“ zu.[4]

 

2.1.2 Plattenfirma (Label)

 

Neue Künstler zu entdecken, unter Vertrag zu nehmen und aufzubauen sind die Kernkompetenzen einer Plattenfirma. Sie verfolgen das Ziel, Tonträger herzustellen, zu vertreiben, zu promoten und zu verkaufen.

 

Neben der Entwicklung von Marketing-Konzepten samt Promotion- und Pressematerial sowie Merchandising-Artikeln (Poster, Aufkleber und T-Shirts) ist eine Plattenfirma auch für die Produktionsabwicklungen in wirtschaftlicher (Budgets), künstlerischer (Repertoire, Produzent) und technischer (Aufnahmen, Pressung, Graphik) Hinsicht verantwortlich.[5]

 

Weltweit dominieren fünf international operierende Großkonzerne den Markt, die so genannten Majors:

 

Universal Music konnte mit einem weltweiten Marktanteil von 23,5 % seine führende Position weiter ausbauen. Im Jahr 2000 fusionierten Seagram, Vivendi und Canal+ zum weltweit zweitgrößten Medienkonzern Vivendi Universal.

 

Sony Music verbesserte ihren Marktanteil auf 14,7 % im Jahr 2001.

 

Muttergesellschaft ist Sony in Japan.

 

EMI/Virgin hatte 2001 einen Weltmarktanteil von 13 % und ist der Muttergesellschaft Thorn in Großbritannien zuzuordnen.

 

Warner-Music erreichte einen Weltmarktanteil von 11,8 %.

 

Muttergesellschaft ist Time/Warner in den USA.

 

BMG (Bertelsmann-Music-Group) mit deutscher Muttergesellschaft (Bertelsmann) fiel 2001 auf einen Weltmarktanteil von 8,2 % zurück.[6]

 

2.1.3 Tonträgerhersteller

 

Bei einem Tonträgerhersteller handelt es sich um diejenige natürliche oder juristische Person, die einen Tonträger aufgrund eines organisatorischen, technischen und wirtschaftlichen Aufwandes herstellt. Maßgeblich ist hierbei die Erstfixierung der Aufnahme, nicht die Vervielfältigung. Da Tonträger heute ohne besondere Schwierigkeiten nachgebildet und kopiert werden können, gewährt das Urheberrechtsgesetz den Herstellern von Tonträgern ein Leistungsschutzrecht. Dieser rechtliche Schutz räumt dem Hersteller das ausschließliche Recht ein, den Tonträger zu vervielfältigen und zu verbreiten.[7]

 

2.1.4 Musikverlag

 

Aufgabe eines Verlegers ist es, das geistige Eigentum, die Musik bzw. den Song, kommerziell zu verwerten. Der Verlag verwaltet und verteidigt die Urheberrechte der Autoren. Durch geeignete Kontakte, Werbung und der Zurverfügungstellung von Notenmaterial und Tonaufzeichnungen fördert der Musikverlag den Absatz des Werkes.

 

Ein deutscher Verlag meldet das Werk bei den Verwertungsgesellschaften an, um über die Tätigkeiten der vermittelnden Verwertungsgesellschaften entsprechende Einnahmen erzielen zu können.[8]

 

2.1.5 Verwertungsgesellschaften

 

Das Urheberrecht definiert und schützt die Rechte der Komponisten, Texter und ausübenden Künstler.

 

Eine Verwertungsgesellschaft ist eine Einrichtung, die Nutzungsrechte, Einwilligungsrechte oder Vergütungsansprüche, die im Urheberrechtsgesetz normiert sind, treuhänderisch für eine große Anzahl von Urhebern oder Inhabern verwandter Schutzrechte zur gemeinsamen Auswertung wahrnimmt. Die Rechte und Pflichten dieser Gesellschaften sind im Urheberrechtswahrnehmungsgesetz (UrhWG) festgelegt.[9]

 

Da die Verwertungsgesellschaften praktisch eine Monopolstellung haben, unterliegen sie der staatlichen Aufsicht durch das Deutsche Patentamt und dem Bundeskartellamt. 

 

Aus der Monopolstellung ergibt sich der doppelte Kontrahierungszwang (Wahrnehmungs- und Abschlusszwang), dem die Verwertungsgesellschaften unterliegen.

 

Der Wahrnehmungszwang verpflichtet die Verwertungsgesellschaft laut § 6 Abs. 1 UrhWG, die zu ihrem Tätigkeitsbereich gehörenden Rechte und Ansprüche auf Verlangen der Berechtigten zu angemessenen Bedingungen wahrzunehmen. In bestimmten Fällen können gewisse Ansprüche von Gesetzes wegen nur durch Verwertungsgesellschaften und nicht vom individuellen Urheber oder Berechtigten geltend gemacht werden, wie z.B. die Leermedienvergütung.[10]

 

Grundlage dieser gesetzlichen Regelung ist, dass es dem Berechtigten in den seltensten Fällen gelingen wird, aufgrund der zahlreichen und kaum nachprüfbaren Möglichkeiten der Werknutzung, eine für seine Leistung adäquate Entlohnung zu erhalten.[11]

 

Weiterhin unterliegt jede Verwertungsgesellschaft einem Abschusszwang, der sich aus dem § 11 UrhWG ergibt. Danach ist die Verwertungsgesellschaft grundsätzlich verpflichtet, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen oder Einwilligungen zu erteilen.

 

Durch den Kontrahierungszwang kann eine Verwertungsgesellschaft ihre Monopolstellung nicht ausnutzen, indem sie die Nutzung der von ihr wahrgenommenen Rechte verweigert oder dafür eine unangemessene Vergütung fordert.[12]

 

Die Verwertungsgesellschaften in Deutschland haben mit ausländischen Verwertungsgesellschaften Gegenseitigkeitsverträge abgeschlossen, wodurch eine weltweite Wahrnehmung der Rechte der Urheber und Leistungsschutzberechtigter gewährleistet ist. Umgekehrt nehmen sie auch die Rechte ausländischer Urheber in Deutschland wahr.[13]

 

Die für die Musikwirtschaft relevanten Verwertungsgesellschaften werden im folgendem kurz vorgestellt.

 

2.1.5.1 Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte

 

Die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) ist ein rechtfähiger Verein kraft staatlicher Verleihung (§ 22 BGB), der die Rechte der Urheber an den Werken der Musik wahrnimmt.

 

Werden Songs z.B. öffentlich aufgeführt oder vervielfältigt, erhalten der Komponist, Textdichter und Musikverleger Tantiemen über die Verwertungsgesellschaft. Die GEMA ist demnach ein Inkasso-Beauftragter bzw. Mittler zwischen den Urhebern und den Rechteverwertern, wie z.B. Plattenfirmen, Live-Veranstaltern und Radiosendern.[14]

 

In der Bundesrepublik ist jeder Komponist, Texter und Verleger berechtigt, seine Rechte (z.B. Vervielfältigungs-, Verbreitungs- und Aufführungsrecht) selbst wahrzunehmen. Möchte sich ein Musiker jedoch in wirtschaftlich interessantem Umfang im Musikgeschäft beteiligen, sollte er der GEMA beitreten, zumal mit der Mitgliedschaft eine weltweite Kontrolle der Nutzung der eigenen Werke verbunden ist.[15]

 

Des Weiteren kämpft die GEMA für die Weiterentwicklung und Anpassung der technischen und administratorischen, der politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für ein hohes urheberrechtliches Schutzniveau auf nationaler wie internationaler Ebene und dessen wirtschaftlicher Durchsetzung.[16]

 

2.1.5.2 Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH

 

Im Jahr 1959 gründeten die Deutsche Orchestervereinigung und der Verband der Schallplattenfirmen (Deutsche Landesgruppe der Internationalen Vereinigung der Phonographischen Industrie) die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH (GVL). Diese Verwertungsgesellschaft nimmt die Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller wahr.[17]

 

„Deutschland ist eines der wenigen Länder, deren Urheberrecht Leistungsschutzrechte anerkennt. Das bedeutet, dass jeder ausübende Künstler und Tonträgerhersteller ein Recht auf Vergütung hat, wenn seine Leistungen öffentlich verbreitet werden. Um die Beachtung dieser Rechte zu überwachen und sicherzustellen, schlossen sich Tonträgerhersteller und ausübende Künstler in der GVL zusammen.“[18]

 

2.1.5.3 Zentralstelle für privates Überspielungsrecht

 

Die Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ) wurde 1963 gemeinsam von der GVL, GEMA und VG Wort gegründet, um Einnahmen von Tonträgeraufzeichnungsgeräte und Leertonträger zu erhalten. Die ZPÜ hat die Aufgabe, die Vergütungsansprüche gegenüber den Geräteherstellern und gegenüber den Leertonträgerherstellern geltend zu machen und das Vergütungsaufkommen an ihre Gesellschafter zu verteilen.[19]

 

2.2 Der Tonträgerhandel

 

Ein Tonträger ist, wie nur wenige andere Waren des alltäglichen Gebrauches, ein Impulskaufartikel. Diese Artikel stellen an das System der Marketinglogistik die höchsten Anforderungen. Der Kaufwunsch eines Konsumenten ist meist spontan und intuitiv und verschwindet schnell wieder, findet er in einem relativ kurzen Zeitraum kein Geschäft oder hat dieses eine Aufnahme nicht vorrätig. Ihre leichte Zugänglichkeit, Sichtbarkeit und die Attraktivität der Aufmachung sind für Tonträger von entscheidender Bedeutung.[20]

 

Aufgabe des Vertriebes ist es, die Präsenz des Produktes am „Point of Sale“ landesweit sicherzustellen. Die Stärke eines Vertriebes macht die Präsenz der Tonträger im Handel aus.

 

2.2.1 Struktur und Formen des Tonträgerhandels

 

Mit Ausnahme des Versandhandels findet die Distribution von Tonträgern an den Endverbraucher über den stationären Handel statt. Den größten Umsatzanteil am Handelsmarkt haben die Großbetriebsformen, d.h. Megastores, Warenhauskonzerne und  Elektromärkte.

 

Der Umsatzanteil der einzelnen Tonträgereinkaufsstätten am Gesamtmarkt betrug 2001

 

39,4 % bei den Großbetriebsformen,

 

35,1 % bei den Filialunternehmen, Facheinzelhändlern und Verbrauchermärkten,

 

19,9 % beim Bereich Direct Mail, also bei Order über Kataloge, Club-Centern und Versandhäusern und

 

5,6 % bei sonstigen Einkaufsstätten (Kioske, Tankstellen, Foto-Geschäfte, Verkäufe bei Veranstaltungen usw).

 

Mit Ausnahme des Bereiches Direct Mail verloren alle Tonträgereinkaufsstätten 2001 an Umsatzanteilen. Verantwortlich für den Anstieg im Bereich des Direct Mail sind die Internet-Mailorder-Firmen, die dazu mit einem steigenden Anteil von 6,4 % beitragen.[21]

 

2.2.1.1 Großbetriebsformen

 

Großbetriebsformen des Einzelhandels sind Megastores, Warenhäusern und Elektromärkte. Diese Händler bzw. Handelsketten führen in ihren Läden, mit einer Verkaufsfläche von durchschnittlich 500 oder mehr Quadratmetern, ein tiefengestaffeltes Tonträger- Vollsortiment und meist noch ein zusätzliches Programm aus musikbezogenen Merchandise-Artikeln.[22]

 

Am deutschen Markt hat sich der Konzern WOM (World Of Music) mit seinen derzeit 14 Filialen in dieser Kategorie durchgesetzt, für die sich in der Branche der Begriff Megastore

 

eingebürgert hat. WOM ist eine Tochtergesellschaft der Karstadt Quelle AG, Europas größtem Warenhaus- und Versandhandelskonzern. Die Karstadt-Kette, als ein Vertreter der Warenhäuser, hat bundesweite zirka 165 eigene Tonträgerabteilungen.[23]

 

In den Elektronikmärkten, wie beispielsweise die Media-Saturn-Holding GmbH sowie die ProMarkt Handels GmbH, werden oft zwei oder drei verwandten Warengruppen miteinander kombiniert (meistens Unterhaltungselektronik, Bücher und Tonträger).[24]

 

2.2.1.2 Filialunternehmen, Facheinzelhandel, Verbrauchermarkt

 

Der Facheinzelhandel (mit oder ohne Filialisierung) bietet dem Kunden als Vollsortimenter ein umfangreiches Angebot. Das Hauptgeschäftsfeld des Facheinzelhändlers ist der Handel mit Tonträgern; Beratung und Service eingeschlossen.

 

Verbrauchermärkte sind größtenteils Teilsortimenter, d.h. Unternehmen, deren Gesamtsortiment keinen sachlichen Bezug zu Tonträgern aufweist. Sie ordern Tonträger meistens nach den aktuellen Chart- und Hitlistenplazierungen.[25]

 

Der personalintensive Facheinzelhandel hat es oft schwer, in der Preiskonkurrenz mit anderen Angebotsformen mitzuhalten. Warenhauskonzerne und Elektrofachmärkte konkurrieren als Großbetriebsformen insbesondere durch günstige Endverbraucherpreise, die aufgrund von Mischkalkulationen und meist besseren Einkaufskonditionen erzielt werden können.

 

Während ein Megastore über durchschnittlich 500 Quadratmeter verfügt, haben die Facheinzelhändler eine durchschnittliche Verkaufsfläche von nur 55 Quadratmeter. Dieser immense Flächenunterschied bedeutet, dass der Superstore eine breitere Auswahl anbieten kann und ihm darüber hinaus mehr Fläche für Werbemaßnahmen zur Verfügung steht.

 

Aus diesem Grund spezialisieren sich viele unabhängige Musikläden auf eine bestimmte Musikrichtung, um wettbewerbsfähig bleiben zu können.[26]

 

Ihre Zukunft liegt heute mehr denn je in der Kombination aus breitem Angebot und qualifizierter Beratung. Das bedeutet für den Fachhandel, dass er auf Dauer nur am Markt bestehen kann, wenn er eine überlegte Einkaufspolitik betreibt, außergewöhnliche Repertoires auf besonders ansprechende Weise anbietet und einen umfangreichen Service bereithält.

 

2.2.1.3 Versandhandel und Club

 

Sonderformen des Einzelhandels sind der Club (Kunden sind Clubmitglieder) und der Versandhandel (Verkauf über Mailorder, Internet).

 

Ein Club verkauft Produkte aus dem Medienbereich an seine Mitglieder. „Das klassische Kundensystem besteht dabei im Wesentlichen aus einer vertraglich vereinbarten zeitlichen Mitgliedschaft, in deren Mittelpunkt die Verpflichtung des Mitglieds zum Kauf eines Artikels aus dem Clubprogramm innerhalb eines bestimmten Zeitraumes steht.“

 

Der Vorteil des Clubvertriebes liegt vor allem im Direktvertriebs-Knowhow, der Kenntnisse der Kundenbedürfnisse und damit verbunden der zielgruppengerechten Ansprache und Programmauswahl, der persönlichen Ansprache und dem regelmäßigen Kundenkontakt per Katalog oder Mailings.[27]

 

Die DirectGroup Bertelsmann ist Weltmarktführer im Vertrieb von Medien über Clubs.[28]

 

Mailorder-Firmen bauen sich über Inserate in Fachpresse und Publikumszeitschriften einen Kundenstamm auf, den sie dann regelmäßig mit Katalogen und Neuheiten-Informationen versorgen. Die Firma JPC ist der größte Versandhändler für Musik, Videos und DVDs in Europa.[29]

 

Durch die multimedialen Möglichkeiten des Internets erfolgen die Einkäufe zunehmend über den Online-Versandhandel (z.B. Amazon, Phonoclub usw.), der ein neues und vor allem modernes Image erhalten hat. Laut Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft wird dieser Bereich in den kommenden Jahren wachsende Anteile verzeichnen.

 

Die großen Stärken der Mailorder- und Internet-Vertriebe liegen in der (zumindest möglichen und immer mehr anzutreffenden) Vollständigkeit des Sortiments, der zeitnahen Verfügbarkeit der Produkte und in dem Zeitersparnis beim Online-Shopping. Allerdings gehen viele Fachleute davon aus, dass die Online-Distribution den traditionellen Handel nicht verdrängen, sondern sich als ergänzender Vertriebskanal etablieren wird.[30]

 

2.2.2 Vertriebsstrukturen im Einzelhandel

 

Die Arbeit des Vertriebes hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Grundgedanke ist nicht mehr die Abwicklung von Bestellungen, sondern vielmehr die persönliche Beratung des Händlers durch den Außendienstmitarbeiter.

 

Geschäfte bis zu einer bestimmten Größenordnung werden von den Außendienstorganisationen der einzelnen Herstellerfirmen direkt betreut, während der Key Account Manager die Großkunden, wie etwa Großhändler oder Warenhausketten, berät.

 

Zu diesen so genannten Besuchskunden gehen die Fachvertreter in regelmäßigen Abständen mit ihrem Neuheitenangebot sowie mit Broschüren der Katalog-Titel. In den Beratungsgesprächen mit Inhaber oder Disponenten werden die gewünschten Titel notiert und die Bestellung über mobile Datenerfassungsgeräte sofort an die zentrale Bestellverwaltung weitergeben.

 

Kleinere Einzelhändler und Händler mit Nischen-Repertoire werden über den Telefonvertrieb betreut. Dieses Verfahren ist zeit- und kostengünstig und setzt sich zunehmend durch.[31]

 

2.3 Umsatz- und Absatzentwicklung des Tonträgermarktes

 

Im Jahr 2001 hatte der Tonträgerhandel mit sinkenden Umsätzen zu kämpfen. Die Gründe für die anhaltende Konsumflaute sind vielfältig.

 

Die Tonträgerindustrie macht hauptsächlich die illegalen Downloads aus dem Internet und die wachsenden Haushaltsausstattung mit CD-Brennern für die Umsatzrückgänge verantwortlich.[32] Aber auch ungünstige wirtschaftliche Rahmenbedingungen, wie z.B. eine generell tief greifende Verunsicherung durch die Euro-Umstellung, die schwache Konjunktur, aber auch die hohe Arbeitslosigkeit haben zu einem allgemeinen negativen Konsumklima geführt.

 

Ursachen für die sinkenden Wachstumsraten sind u.a. auch Sättigungstendenzen aufgrund der wachsenden und innovativen Freizeit- und Medienindustrien, die um die Geld- und Zeitbudgets der jugendlichen Zielgruppe konkurrieren. Gerade für die jungen Konsumenten steht heute die Musik in der Konkurrenz zum Handy, Computer, Internet, Mode,

 

Video-Spiele usw.[33]

 

2.3.1 Umsatzentwicklung

 

Die schlechte Konjunktur und ein zurückhaltendes Konsumverhalten insgesamt erschweren den Musikabsatz zusätzlich.

 

Die deutsche Tonträgerwirtschaft hat nun im vierten Jahr in Folge Umsatzverluste zu verzeichnen. Insgesamt sank der Umsatz um 10,2 % von 2,490 Milliarden Euro im Jahr 2000 auf 2,235 Milliarden Euro[34] im Jahr 2001 (siehe Abb.1).

 

Diese Angaben beziehen sich auf die Statistik des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft, der 94 % des deutschen Musikmarktes repräsentiert.

 

Abbildung 1: Gesamtumsatz des Tonträgermarktes in der Bundesrepublik Deutschland

 

 

Quelle: Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft (2002), S. 16

 

Der Umsatz auf die verschiedenen Tonträgerarten verteilt sich dabei nahezu identisch zu den Vorjahren. Mit 85 % ist die CD das beliebteste Speichermedium für Musik. Die Singles konnten mit 11 % ihren hohen Anteil halten, während der Anteil von MCs seit drei Jahren auf einem Niveau von 3 % stabil ist. Die LP, besonders beliebt im Dance-Bereich, erreichte immerhin einen Marktanteil von 1 %.

 

Die Verteilung auf die einzelnen Repertoiresegmente spiegelt die Kundenvorlieben am deutlichsten wider.

 

Mit einem Umsatzanteil von 42,7 % im Jahr 2001 wurde mit Popmusik (inkl. HipHop) der meiste Umsatz erzielt (siehe Abb.2). Für einen Zuwachs im Rocksegment von 14,6 % auf 15,6 % sorgte der Boom von New Rock und Alternative Rock. Kinderprodukte, z.B. Hörspielkassetten, konnten ihren Umsatzanteil von 4,8 % auf 6,3 % deutlich ausbauen. Leicht an Umsatzanteilen gewonnen haben im vergangenen Jahr vor allem Schlager und Volksmusik. Die Repertoiresegmente Dance und Klassik verloren indessen Marktanteile.[35]

 

Abbildung 2: Umsatzanteile der einzelnen Repertoiresegmente am Gesamtumsatz 2001

 

 

Quelle: Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft (2002), S. 21

 

Die nationalen Musik- und Jugendkulturen gewinnen zunehmend an Bedeutung, dies ist auch ein Hinweis auf die ökonomische und kreative Kraft des nationalen Marktes und dessen wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung. Lag der Chart-Anteil inländischer Produktionen bei den Singles 1991 noch bei 22 %, betrug dieser Anteil 2001 35,5 %.[36]

 

2.3.2 Tonträgerabsatz

 

Im vergangenen Jahr wurden in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt 244,1 Millionen Tonträger abgesetzt. 2000 waren es noch 266,4 Millionen. Das bedeutet eine

 

Einbuße von insgesamt 8,4 %. Der Rückgang des Absatzes fällt damit etwas geringer aus als der Umsatzverlust. Die Ursachen dafür sind eskalierende Einbußen bei einer der wichtigsten Umsatzsäulen der Musikwirtschaft, den Funk- und TV-beworbenen Compilations[37] und den aktuellen Neuerscheinungen. Der Umsatz ging in diesem Bereich um 16,8 % zurück. Statt 40,4 Millionen Einheiten im Jahr 2000 verkauften sich im Jahr 2001 nur noch 33,6 Millionen Hit-Koppelungen. Gerade sie sind ein beliebtes Repertoire beim CD-Brennen.[38]

 

Während im Jahr 2000 noch 195,1 Millionen CD-Alben verkauft wurden, waren es 2001 nur noch 173,4 Millionen. Die Single behauptete trotz eines Absatzrückganges auf      48,6 Millionen Stück ihre Funktion für aktuelle Entwicklungen. Ein attraktives Angebot von Hörspielkassetten für Kinder führte im vergangenen Jahr zu einem leichten Anstieg der verkauften Music Cassetten.[39]

 

Neben der klassischen CD, mit hoher akustischer Qualität und einfacher Bedienbarkeit, wurde das Angebot von Trägermedien im vergangenen Jahr durch neue, attraktive Formate erweitert. Die DVD-Audio ist ein eigenes Format, das seit Ende 2000 auf dem Markt ist und technisch auf der DVD aufsetzt. DVD-Audio nutzt das zur Verfügung stehende Speichervolumen für besonders hochwertige Musikaufnahmen.

 

Die Super Audio Compact Disc (SACD) ist ebenfalls eine neue Entwicklung für hochauflösende Musikaufnahmen.

 

Die DVD-Audio und SACD verbessern das Klangspektrum gegenüber der CD noch einmal deutlich. Beide Medien speichern wesentlich mehr Daten als die CD und bieten eine Erweiterung des Mehrkanalhörens. Mit rund 0,1 Millionen verkauften Exemplaren haben sie bisher einen geringen Anteil an den verkauften Musikmedien, aber die Tonträgerindustrie erwartet für dieses Segment eine starke Zunahme in den nächsten Jahren.[40]

 

2.3.3 Käuferreichweite und Kaufintensität

 

Zentrale Instrumente für die Entscheidungen über Repertoirepolitik und zukünftige Strategien der Musikwirtschaft bieten Informationen über Käuferreichweite und Kaufintensität.

 

Mit der Käuferreichweite wird ausgedrückt, wie viel Prozent der Zielgruppe tatsächlich erreicht werden. In engem Zusammenhang mit der Käuferreichweite steht die Kaufintensität, mit welcher der Umfang des Verbrauches erfasst wird.

 

Die Käuferreichweite und Konsumintensität ergeben die Gesamtnachfrage für ein Produkt in einem Gebiet und in einer Periode.

 

Die Gesamtnachfrage kann sich dabei unterschiedlich zusammensetzen. Eine hohe Käuferreichweite und niedrige Kaufintensität bieten eine gute Chancen für die Ausweitung der Nachfrage. Niedrige Käuferreichweite und hohe Kaufintensität dagegen machen das Marktvolumen von einer kleinen Konsumentengruppe abhängig.[41]

 

Die Käuferreichweite für Tonträger sank von 40,3 % im Jahr 1997 auf 35,1 % im Jahr 2002. Insgesamt verlor der Tonträgermarkt in diesem Zeitraum rund 5,5 Millionen Kunden. Hinsichtlich der Käuferreichweite und Kaufintensität wird sichtbar, dass der Anteil derer, die keine CDs kaufen, seit vier Jahren kontinuierlich steigt.

 

Im Jahr 2001 erwarben fast 53 % der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland keinen Tonträger. Damit stieg der Anteil der Nichtkäufer im Vergleich zum Vorjahr um        1,6 Prozentpunkte.[42]

 

Etwa 4,6 % der Bevölkerung sind Intensivkäufer, d.h. sie kaufen mehr als 9 Tonträger pro Jahr (siehe Abb. 3). Ihr Anteil lag im Jahr 2000 noch bei 5,4 %. Die sinkende Anzahl hat besonders große Umsatzeinbußen für die Musikwirtschaft zu Folge. Die Umsätze durch Intensivkäufer sanken von 46,1 % im Jahr 2000 auf 37,5 % im letzten Jahr.

 

Abbildung 3: Käuferreichweite und Kaufintensität 2001

 

 

Quelle: Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft (2002), S. 38

 

Die potentiell zum Kauf motivierbaren Nichtkäufer stellen ein immenses Wachstumspotential für die Branche dar. Die GfK schätzt ihre Zahl auf 5,3 Millionen. Addiert man hier noch die Gruppe der Extensivkäufer, die nur einen bis drei Tonträger im Jahr kaufen und die zu zusätzlichen Käufen animiert werden können, so ergibt sich ein Gesamt-Zuwachspotential von 10,5 Millionen Menschen, die als Neu- oder mehrkonsumierende Kunden gewonnen werden können.[43]

 

2.3.4 Internationale Umsatz- und Absatzentwicklung

 

Deutschland ist mit einem Weltmarktanteil von 6,3 % (2001) nach den USA (39,8 %), Japan (15,6 %) und Großbritannien (8,3 %) der viertgrößte Tonträgermarkt der Welt.

 

Doch ebenso wie in Deutschland stagnierte im vergangenen Jahr die weltweite Umsatzentwicklung. Die USA, sowie nahezu alle europäischen Märkte, hatten im Vergleich zum

 

Vorjahr deutliche Umsatzeinbrüche zu verzeichnen. Insgesamt betrug der Umsatzrückgang im letzten Jahr weltweit etwa 5 %.

 

Die höchsten Umsatzrückgänge wurden in Japan registriert. In diesem Land sank der Umsatz von 6,535 Milliarden US-$ (2000) auf rund 5,234 Milliarden US-$ (2001). Gestiegen sind die Umsatzzahlen lediglich in Frankreich und Spanien (siehe Abb. 4).

 

Als führendes Tonträgermedium liegt die CD im weltweiten Absatz mit ihrem Anteil von 72,7 % mit großem Abstand vorn. Der Absatz von CDs hat sich jedoch in den fünf wichtigsten Märkten (USA, Japan, Deutschland, Großbritannien und Frankreich) unterschiedlich entwickelt. Der Grund für den starken Anstieg in den USA ist die etwas später als in Europa einsetzende Kompensation der MC durch die CD.

 

Dass der Absatzrückgang in Deutschland besonders stark ausfiel, wird vor allem auf die wesentlich höhere Verbreitung von CD-Brennern und das dadurch mögliche – und auch praktizierte – digitale Kopieren von Musik zurückgeführt. In Großbritannien ist z.B. das

 

private Kopieren grundsätzlich nicht erlaubt und in Frankreich sind CD-Brenner noch wenig verbreitet.

 

Der weltweite Absatz von Musikkassetten ist dagegen deutlich höher als hierzulande. Das liegt vor allem an der starken Verbreitung von Kassettenrekordern in Nicht-Industrieländern, in denen die Verbreitung von CD-Spielern noch nicht so ausgeprägt ist.[44]

 

Abbildung 4: Umsatzentwicklung der zehn wichtigsten Tonträgermärkte

 

1999 – 2001 in US-Dollar

 

 

Quelle: Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft (2002), S. 51

 

3 Tonträgerpiraterie

 

Zentrale Ursache für die negative Marktentwicklung ist ein dramatischer Anstieg der Tonträgerpiraterie.

 

In diesem Kapitel werden die verschiedenen Arten der Tonträgerpiraterie vorgestellt. Einleitend werden die traditionellen Erscheinungsformen der Piraterie näher beleuchtet. Zu den Formen der neuen Tonträgerpiraterie gehören die Online-Piraterie und die Schulhofpiraterie. Zum besseren Verständnis dieser Problematik soll zunächst erläutert werden, was sich hinter der Abkürzung MP3 verbirgt. Anschließend wird die Bedeutung des Internets und Filesharings in Verbindung mit dem MP3-Format aufzeigt.

 

Abschließend werden die Dimensionen veranschaulicht, wie sich die Tonträgerpiraterie auf die Umsatz- und Absatzentwicklung der Tonträgerindustrie im Jahr 2001 ausgewirkt hat. Anhand ausgesuchter Statistiken werden Entwicklungen, die sich am Markt abzeichnen, aufgezeigt.

 

 Während in der Mitte der sechziger Jahre vor allem Raubdrucke von Büchern auf den Markt gelangten, verlagerte sich der Schwerpunkt der Piraterie ab 1970 auf den Tonträgerbereich. Durch die fortschreitende Qualitätsverbesserung musikalischer Aufnahme- und Wiedergabetechniken und den zahlreichen Vervielfältigungsmöglichkeiten, entwickelte sich der Tonträger immer mehr zum beliebten Objekt unerlaubter Verwertung.

 

Seit der Einführung des Magnettonbandes Ende der sechziger Jahre wurden vor allem Music Cassetten gefälscht.[45]

 

Seit der Digitalisierung der Musikproduktion und der 1983 von Philips in Kooperation mit Sony auf den Markt gebrachten Compact Disc (CD), verlagerte sich das Zentrum der Tonträgerfälschungen auf dieses Speichermedium. Die Digital-Technik ermöglicht heute eine identische Kopie ohne Qualitätsverluste.[46]

 

Unter den Oberbegriff Tonträgerpiraterie werden verschiedene Formen von Urheberrechts- und Leistungsschutzrechtsverletzungen zusammengefasst.

 

Kann bezeichnet die „...Musikpiraterie als verschiedene illegale Verhaltensweisen, zu denen das Nachpressen von Schallplatten, die Überspielung von Bändern, der Mitschnitt von musikalischen Darbietungen und Rundfunksendungen sowie die Verbreitung der auf diese Weise hergestellten Produkte gehören.“[47]

 

Im folgendem soll unter Tonträgerpiraterie der unautorisierte Mitschnitt von Klangdarbietungen oder die illegale Vervielfältigung bzw. Verbreitung von auf Tonträgern festgelegten Aufnahmen, ohne Zustimmung des Berechtigten verstanden werden.[48]

 

3.1 Arten der traditionellen Tonträgerpiraterie

 

Als traditionelle Tonträgerpiraterie wird der gewerbliche Handel mit Piraterieprodukten bezeichnet. Dabei werden die Fälschungen fast ausschließlich in Ländern mit geringem urheberrechtlichen Schutz hergestellt, wie z.B. Ostasien oder Osteuropa. Derzeit entwickelt sich China zum weltweiten Zentrum illegaler Presswerke (siehe Abb. 5).

Ende der Leseprobe aus 84 Seiten

Details

Titel
Marktanalyse der Tonträgerindustrie - Motive und Auswirkungen von Musikpiraterie, Strategien der Pirateriebekämpfung
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Note
2
Autor
Jahr
2003
Seiten
84
Katalognummer
V185848
ISBN (eBook)
9783656980476
ISBN (Buch)
9783867467308
Dateigröße
976 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
marktanalyse, tonträgerindustrie, motive, auswirkungen, musikpiraterie, strategien, pirateriebekämpfung
Arbeit zitieren
Daniela Bräunig (Autor:in), 2003, Marktanalyse der Tonträgerindustrie - Motive und Auswirkungen von Musikpiraterie, Strategien der Pirateriebekämpfung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185848

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