Einfluß der Oberflächenspannung auf das Schäumen von Getränken


Examensarbeit, 1999

142 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Technische Universität Berlin
Fachbereich 15 - Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie
"Einfluß der Oberflächenspannung auf das
Schäumen von Getränken"
Wissenschaftliche Hausarbeit
für die 1.Staatsprüfung
vorgelegt von
Sebastian Loitsch
Technisch-wissenschaftlicher Lehramtskandidat
Fachgebiet: Gärungstechnologie und Getränketechnologie
eingereicht am 9.11.1999

1
Einfluß der Oberflächenspannung auf das Schäumen von Getränken
I.
Inhaltsverzeichnis
II. Definitionen
III.
Symbole
und
Formelzeichen
I. Inhaltsverzeichnis
Seite
1.
Einleitung
und
Problemstellung
6
2. Theoretische Untersuchungen zum Schaumphänomen
7
2.1. Schäume in der Getränkeindustrie
7
2.1.1. Erwünschte Schäume in der Getränkeindustrie
7
2.1.2. Unerwünschte Schäume in der Getränkeindustrie
8
2.2. Allgemeine Erklärung des Schaumphänomens
9
2.2.1.
Entstehung
von
Schäumen
10
2.2.2.
Schaumhaltbarkeit
11
2.2.3.
Schaumstabilität 12
2.2.4.
Schaumzerfall
12
2.3. Untersuchung spezieller Schaumphänomene
14
2.3.1.
Der
Bierschaum 15
2.3.2.
Mousseux
16
2.3.3.
Gushing
17
2.3.4. Schäume in alkoholfreien Getränken
20
2.3.5.
Feste
Schäume
21
2.4. Methoden zur Messung der Schaumeigenschaften 21
2.4.1.
Ross
&
Clark-Methode 22
2.4.2.
NIBEM-Methode
23
2.4.3. Einschenkmethode nach Ullmann und Pfenninger
23
2.4.4. Neue Methode zur Messung der Schaumhaltbarkeit von
Bier
24
2.5. Methoden zur Messung der Oberflächenspannung
24

2
Seite
2.5.1. Methode des maximalen Blasendruckes
25
2.5.2.
Steighöhenmethode
26
2.5.3.
Tropfengewichtsmethode
26
2.5.4.
Abreißmethode
27
2.6.
Schaumbeeinflussende
Substanzen
28
2.6.1.
Kohlendioxid
29
2.6.2.
Schaumpositive
Inhaltsstoffe
33
2.6.3.
Schaumnegative
Inhaltsstoffe
36
2.6.4.
Schaummittel
38
2.7. Technologische Einflußfaktoren auf die verschiedenen
39
Schaumformationen
2.7.1.
Bierschaum
39
2.7.2.
Mousseux
44
2.7.3.
Gushing
45
2.7.4. Schäume in alkoholfreien Getränken
49
2.8.
Schlußfolgerungen
aus
der
Theorie
50
3. Praktische Untersuchungen zum Einfluß der Oberflächenspannung auf das
Schäumen
von
Getränken
51
3.1.
Aufgabenstellung 51
3.2.
Material
und
Methoden
52
3.2.1. Geräte und Chemikalien für die Schaummessungen
52
3.2.2. Geräte und Chemikalien für die Messung der Oberflächen-
spannung
54
3.2.3. Methode zur Durchführung der Schaummessungen
54
3.2.3.1.
Versuchseinrichtung
54
3.2.3.2.
Versuchsdurchführung
57
3.2.3.3.
Vorversuche
58
3.2.3.4.
Hauptversuche 59
3.2.4. Methode zur Durchführung der Oberflächenspannungs-
messung
63
3.2.4.1.
Versuchseinrichtung
63
3.2.4.2.
Versuchsdurchführung
64

3
Seite
3.2.4.3.
Vorversuche
65
3.2.4.4.
Hauptversuche 67
3.3.
Versuchsergebnisse
67
3.3.1. Versuchsergebnisse der Schaummessungen
67
3.3.1.1 Phänomenologische Ergebnisse
67
3.3.1.2. Meßergebnisse der einzelnen Schaummessungen 70
3.3.1.3.
Fehleranalyse
91
3.3.2. Versuchsergebnisse der Oberflächenspannungsmessung
93
3.3.2.1. Meßergebnisse der Oberflächenspannungs-
messung
93
3.3.2.2.
Fehleranalyse
96
3.4.
Diskussion
der
Versuchsergebnisse
98
4. Schlußfolgerungen
104
4.1. Verwendete Versuchsanlage und -methode zur Messung des
Schaumes
104
4.2. Verwendete Versuchsanlage und -methode zur Messung der
Oberflächenspannung
105
4.3. Ansatzpunkte für weiterführende Untersuchungen 106
4.4. Anwendungsgebiet Berufsschule
107
4.5. Umsetzung der Versuchsergebnisse in der Praxis
108
5. Zusammenfassung
110
6. Literaturverzeichnis
113
7. Anhang
116
7.1. Meßergebnisse der einzelnen Schaumversuche
(Tabellen 9 bis 76)
116
7.2. Meßergebnisse der Oberflächenspannungsmessung
(Tabellen 77 und 78)
139
7.3. Meßergebnisse der Halbwertszeit
(Tabellen 79 und 80)
140

4
II. Definitionen
Grenzfläche: Die Berührungsfläche zwischen zwei unterschiedlichen Aggregatzuständen, z.B.
zwischen einer Flüssigkeit und einem Gas, wird als Grenzfläche bezeichnet. Der
Flüssigkeitsspiegel der Versuchsflüssigkeit stellt eine Grenzfläche dar. Aber auch an allen
anderen Stellen, an denen eine Flüssigkeit mit einem Gas in Berührung kommt, wie z.B. bei
Luft-, Gas- oder Mikroblasen, entsteht eine Grenzfläche.
Meßzeit: Die Meßzeit ist die Zeit, die vom Zeitpunkt des Abschaltens der Versuchsanlage bis
zum jeweiligen Meßzeitpunkt vergeht.
Mittlere Halbwertszeit t
H
: Die mittlere Halbwertszeit bezeichnet den Durchschnittswert, der
sich aus den Meßwerten dreier Zeitmessungen bei konstanten Versuchsbedingungen ergibt.
Gemessen wird die Zeit, in der die Hälfte des entstandenen Schaumes zerfallen ist. Die
mittlere Halbwertszeit wird in Sekunden angegeben.
Mittlere Oberflächenspannung
m
: Die mittlere Oberflächenspannung ist der Mittelwert aus
drei Vergleichsmessungen der Oberflächenspannung unter gleichen Versuchsbedingungen.
Die mittlere Oberflächenspannung wird in mN/m angegeben.
Mittleres Schaumvolumen V
S
: Das mittlere Schaumvolumen ist das Volumen an Schaum,
welches mittels Versuchsanlage 1 bzw. 2 in einer festgelegten Zeit entstanden ist. Das
mittlere Schaumvolumen ist der Mittelwert aus drei Vergleichsmessungen unter gleichen
Versuchsbedingungen, es wird in ml gemessen.
Schaum: Schaum stellt eine Dispersion von kleinen, einander berührenden Blasen in einer
Flüssigkeit dar. Die einzelnen Gasblasen werden von einer doppelwandigen Schaumlamelle
umschlossen.
Schaumhaltbarkeit: Die Schaumhaltbarkeit beschreibt die Lebensdauer des Schaums.
Schaumstabilität: Die Konstanz der Schaumhaltbarkeit über mehrere Monate (in
Abhängigkeit von der Mindesthaltbarkeit) wird Schaumstabilität genannt.

5
Schaumzahl S
1
: Ist der Quotient aus dem mittleren Schaumvolumen und der Oberflächenzahl
O1.
Schaumzahl S
2
: Ist das Produkt aus der mittleren Halbwertszeit t
H
und der Wurzel des
mittleren Schaumvolumen V
S
.
Oberflächenelastizität: Die Oberflächenelastizität beschreibt die Fähigkeit einer
Schaumlamelle, der örtlichen Kraftwirkung standzuhalten.
Oberflächenspannung
: Die Oberflächenspannung ist jene Arbeit, die notwendig ist, die
Oberfläche einer Flüssigkeit um 1 m
2
zu vergrößern.
Oberflächenviskosität: Die Oberflächenviskosität beschreibt die Stärke der Kohäsion
zwischen den absorbierten Molekülen auf dem Oberflächenfilm.
Oberflächenzahl O
1
: Ist die Differenz zwischen dem gemessenen Wasserwert der
Oberflächenspannung (72 mN/m) und der mittleren Oberflächenspannung der jeweiligen
Versuchslösung.

6
III. Symbole und Formelzeichen
Tabelle 1 Darstellung der verwendeten Symbole und Formelzeichen
Formelzeichen/
Abkürzung
Bezeichnung
Einheit
c
Löslichkeit von CO
2
g/l
C
Konzentration des oberflächenaktiven Stoffes
-
d
1/2
Durchmesser des großen bzw. kleinen Meßzylinders
cm
E Oechslewert
o
Oe
h Füllhöhe
der
Versuchsflüssigkeit
cm
Oberflächenspannung
mN/m
m
mittlere Oberflächenspannung
mN/m
O
1
Oberflächenzahl
mN/m
p Partialdruck
bar
q
Konzentrationsunterschied des oberflächenaktiven Stoffes auf der
Lamelle der Gasblase
-
R Gaskonstante
J
*
kg
-1
*
K
-1
S
spezifische elektrische Leitfähigkeit
µS/cm
S
1
Schaumzahl
ml
*
m/mN
S
2
Schaumzahl
s
*
cm
3/2
T Trockensubstanzgehalt
%
mas
t
H
mittlere
Halbwertszeit
s
t
Gas1/2
Begasungszeit für großen bzw. kleinen Meßzylinder
s
T Temperatur
o
C
V
1/2
Flüssigkeitsvolumen im Meßzylinder mit großem bzw. kleinem
Durchmesser
ml
V
S
mittleres
Schaumvolumen
ml
Absorptionskoeffizient -
Dichte
kg/l
1. Einleitung und Problemstellung
In der Lebensmittel- und Getränkeindustrie spielen Schäume bei der Herstellung der
Erzeugnisse eine entscheidende Rolle. In der Getränkeindustrie sind es vor allem die
Hersteller von Bier und Schaumweinen, die ein Interesse an der Voraussage der
Eigenschaften des Schaumes haben. Seit Jahrzehnten wird versucht, die schaumpositiven
bzw. schaumnegativen Inhaltsstoffe zu analysieren und zu beeinflussen. Aber auch
technologische Faktoren sind für ein gutes Schaumverhalten eines Getränkes zu
berücksichtigen.
Bei der Herstellung von alkoholischen bzw. alkoholfreien Getränken führt eine unerwünschte
Schaumentwicklung im Herstellungsprozeß zu Umsatzverlusten. Trotz intensiver Forschung
kann die unerwünschte Schaumentwicklung oft nicht vorausgesehen (Gushing) bzw.

7
unterdrückt werden. Im alkoholfreien Getränkebereich sind die Angaben in der Literatur
diesbezüglich bis heute noch ungenügend.
Ausgehend von den Forschungsergebnissen in der Bier- und Sektherstellung zum Thema
"Schaum" soll im Rahmen dieser Arbeit eine Untersuchungsmethode vorgestellt werden, die
es erlaubt, mit einfachen Mitteln das Schaumverhalten von alkoholfreien Getränken zu
messen. Darüber hinaus wird versucht, die mittlere Oberflächenspannung als Indikator für das
Schaumverhalten von alkoholfreien Getränken einzuführen.
Es wird zu prüfen sein, ob diese Untersuchungsmethode im Rahmen des Berufsschul-
unterrichts für Mälzer, Brauer bzw. Restaurantfachfrauen- und -männer Anwendung finden
kann.
2. Theoretische Untersuchungen zum Schaumphänomen
2.1. Schäume in der Getränkeindustrie
2.1.1. Erwünschte Schäume in der Getränkeindustrie
Das Spektrum der Schäume, das im Herstellungsprozeß bzw. beim Konsumenten in
Erscheinung tritt, ist groß. Die Schaumeigenschaften sind sowohl in der Getränke- als auch in
der Lebensmittelindustrie entscheidende Kriterien für die Beurteilung des Erscheinungsbildes
des jeweiligen Erzeugnisses. Bei der Herstellung von Bieren wird besonders großer Wert auf
die Ausprägung der Schaumeigenschaften gelegt. Schaumbildung und eine gute
Schaumhaltbarkeit sind Kennzeichen eines Qualitätsbieres. Ein Bierglas (0,5 l) verfügt über
einen Kopfraum von ca. 100 ml, der für den aufsteigenden Schaum vorgesehen ist. Die
Schaumschicht auf der Oberfläche des Bieres ist jedoch nicht nur ein wichtiger Indikator für
die Güte eines Bieres, sondern auch ein ästhetisches Merkmal. Der Konsument wünscht, daß
sich die Kohlensäure im ausgeschenkten Bier möglichst langsam entbindet.
Eine langsame und gleichmäßige Entbindung des CO
2
-Gases wird auch in der
Schaumweinherstellung, insbesondere in der Champagnerbereitung, gefordert. Das richtige
Moussieren eines Schaumweines ist Voraussetzung für den hohen Genußwert des
alkoholischen Getränks. Der Begriff "Mousseux" stammt vom französischen "mousse" ab und

8
steht sowohl für "Moos" als auch für "Schaum". Das abgeleitete Eigenschaftswort
"mousseux" bedeutet "schäumend" und findet im französischen als "vin mousseux"
(schäumender Wein oder Schaumwein) Verwendung. Das "Mousseux" bezeichnet das
Erscheinungsbild der feinen Kohlensäureblasen im Sektglas.
Steifer Eischnee oder geschlagene steife Sahne sind Beispiele von festen Schäumen in der
Lebensmittelindustrie. Sie entstehen durch die Verfestigung der flüssigen Phase. Diese
Schaumart kann im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter untersucht werden und wird nur der
Vollständigkeit halber genannt.
2.1.2. Unerwünschte Schäume in der Getränkeindustrie
Die Ausprägung von unerwünschten Schäumen in Folge des Entweichens von CO
2
kann
sowohl während des Herstellungsprozesses als auch beim Öffnen der Flasche beim
Konsumenten beobachtet werden. Am häufigsten tritt die Schaumentstehung beim
Abfüllvorgang von CO
2
-haltigen alkoholischen bzw. alkoholfreien Getränken in Erscheinung.
Beim Kauf einer Abfüllanlage wird dem Käufer vom Hersteller das Abfüllen und
Verschließen einer bestimmte Flaschenanzahl pro Stunde garantiert. Der geschwindigkeits-
bestimmende Schritt der Anlage ist die Druckentlastung der Flasche nach der Abfüllung.
Durch ein unerwartetes heftiges Aufschäumen des Getränkes treten jedoch Füllverluste auf.
Für die Füllung einer 0,75 l Flasche mit einem stark zu Schäumen neigendem Getränk werden
bei einer Umlaufzeit von 13 s allein 4 s für die Entlastungsphase benötigt [1]. Eine Steigerung
der Stundenleistung an Flaschen kann im Idealfall durch die Verkürzung dieser Abfüllphase
auf 0 s erfolgen. Nur durch eine Verhinderung der Schaumentstehung kann die garantierte
Leistung der Abfüllmaschine gewährleistet werden. Je geringer die Zahl der Schaumblasen,
ist um so weniger Entlastungszeit wird benötigt. Es ist also notwendig, die Ursachen der
Entstehung der potentiellen Blasenkeime zu ergründen.
Auch während des Gärprozesses kann eine unerwünschte Schaumbildung auftreten. Wein
kann durch den Prozeß der offenen, d.h. drucklosen Gärung, hergestellt werden. Das
Kohlendioxidgas entweicht in der Phase der Gärung ungehindert aus dem System. Um
Flüssigkeitsverluste durch das Auftreten der Schaumbildung zu vermeiden, werden im
Gärgefäß ca. 3 bis 10 % des Tank- oder Faßvolumens als sog. "Steigraum" freigehalten. In

9
der Schaumweinherstellung hingegen ist dieser Steigraum nicht notwendig, da die Gärung in
einem geschlossenen Gefäß durchgeführt wird. Es entsteht kein Schaum durch entweichendes
Kohlendioxidgas in der Gärphase. Der Steigraum bei der Hauptgärung des Bieres beträgt bis
zu 25 %.
Neben Bier und Schaumweinen neigen vor allem die alkoholfreien Getränke Cola- oder
Bitterlimonaden zu erhöhter Schaumbildung. Durch diese Störung kann die jeweilige
Abfüllanlage ihre Nennleistung nicht erreichen. Es kommt zu erheblichen Getränke- bzw.
Umsatzverlusten [2].
2.2. Allgemeine Erklärung des Schaumphänomens
2.2.1. Entstehung von Schäumen
Schäume können durch chemische Reaktionen, durch das Einleiten eines Gases in eine
Flüssigkeit oder durch heftige Bewegungen an der Flüssigkeitsoberfläche erzeugt werden.
Durch ausreichend hohe Scher- oder Zugkräfte wird die kontinuierliche Phase aufgerissen
und das Gas kann eindringen. Bei alkoholischen Getränken, wie z.B. Bier und einigen
Schaumweinen, erfolgt das Einbringen des für die Schaumentstehung notwendigen Gases
durch die chemische Reaktion der Gärung. In der alkoholfreien Getränkeindustrie und bei
vielen Schaumweinen wird das CO
2
durch das Imprägnierverfahren zugeführt. Bei diesem
Verfahren wird der notwendige CO
2
-Überdruck durch den Zusatz von Kohlendioxid erreicht.
Aber auch eine hohe Oberflächenturbulenz beim Begasen oder beim Befüll- bzw.
Rührvorgang führt zu einem Einschluß von Luft in die Suspension und unter Umständen zum
Entstehen von Schaumblasen.
Schäume finden auch in der Lebensmittelherstellung Verwendung. In Abhängigkeit von der
Konsistenz der viskosen oder viskoplastischen flüssigen Phase wird das zu dispergierende
Gas durch Injektion, Einschlagen, Rühren, Kneten oder Ziehen eingebracht [3]. Die
Schaumstruktur entsteht durch die feine Verteilung eines Gases in einem Lebensmittel oder in
einem Halbfabrikat.

10
Schäume in der Getränkeindustrie bestehen in der Regel aus einer Gasphase und einer
Flüssigkeitsphase. Diese bezeichnet man als Zweiphasensysteme. Bei der Kühltrubabtrennung
in der Bierherstellung mittels Flotation enthält der Schaum noch zusätzlich eine
Feststoffkomponente. In diesem Fall handelt es sich um einen Drei-Phasen-Schaum [4].
Schaum stellt eine Dispersion von kleinen, einander berührenden Blasen in einer Flüssigkeit
dar. Ist bei homodisperser Verteilung die Volumenkonzentration des Gases kleiner als 74%,
so haben die Gasblasen ein kugelförmiges Aussehen. Dieser Kugelschaum ist jedoch sehr
instabil. Die kugelförmigen Blasen verändern ihre Form beim Zusammenstoß mit anderen
Blasen. Es entstehen Polyeder verschiedener Flächenform und Größe. Die einzelnen
Gasblasen werden von einer doppelwandigen Schaumlamelle umschlossen. Dieses Häutchen
ist ca. 4-600 nm dünn. Das Innere der Doppelwand ist mit Flüssigkeit ausgefüllt. Der
entstandene polyederförmige Schaum ist wesentlich stabiler. Damit die Blase durch den
Normaldruck nicht zusammenfällt, herrscht in der Blase gegenüber der Umgebung ein
Überdruck.
Die Teilchengröße bei feinen Schäumen liegt bei 0,1 bis 2,0 mm. Die Teilchen von groben
Schäumen können bis zu 10 mal größer sein [3]. Das Volumen des Schaumes hängt u.a. vom
Flüssigkeitsvolumen, den mechanischen Bedingungen und der Temperatur ab. Schäume sind
thermodynamisch instabil [5]. Voraussetzung für das Schaumvermögen einer Flüssigkeit ist
die Beschaffenheit des Oberflächenfilms, der die Gasblasen umgibt. Einzelne Inhaltsstoffe,
insbesondere oberflächenaktive Substanzen, haben diesbezüglich großen Einfluß auf die
Schaumeigenschaften (siehe 2.6.: Schaumbeeinflussende Substanzen).
Die oberflächenaktiven Substanzen bestehen aus hydrophilen und hydrophoben Zonen. Dabei
sind die hydrophoben Zonen für die Oberflächenaktivität der Stoffe verantwortlich. Durch die
geringe Anziehungskraft der hydrophoben Enden der Moleküle wird die
Oberflächenspannung der Flüssigkeit herabgesetzt. Es ist nun weniger Energie für die
Bildung neuer Oberflächen, d. h. für neuen Schaum, erforderlich. Für die Stabilität der Blasen
ist bei geringerer Oberflächenspannung auch nur ein verminderter Blaseninnendruck
notwendig. Eine theoretische Abschätzung des Schaumvermögens kann mittels der
Gibb`schen Gleichung (1) erfolgen [6]:

11
q = - (C/RT) * (
C)
q = Konzentrationsunterschied des oberflächenaktiven Stoffes auf der Lamelle der Gasblase
C = Konzentration des oberflächenaktiven Stoffes
T = absolute Temperatur
= Oberflächenspannung in der Lösung
R = Gaskonstante
2.2.2. Schaumhaltbarkeit
Die Schaumhaltbarkeit wird von vielen unterschiedlichen Faktoren beeinflußt. Bestimmte
Zusätze, aber auch technologische Faktoren, vermögen die Schaumhaltbarkeit erheblich zu
verlängern. Die Oberflächenelastizität ist das wichtigste Merkmal der Schaumhaltbarkeit. Die
Oberflächenelastizität beschreibt die Fähigkeit einer Schaumlamelle, der örtlichen
Kraftwirkung standzuhalten. Bei der Dehnung der Lamelle steigt die Oberflächenviskosität
durch die Verminderung der Konzentration der lokalen oberflächenaktiven Stoffe. Dieser
Konzentrationsunterschied bewirkt, daß oberflächenaktive Substanzen aus der Flüssigkeit in
den Film gelangen und ein Reißen der Filmschicht verhindern.
Die Schaumstabilität ist abhängig von der Geschwindigkeit, mit der die oberflächenaktiven
Substanzen in den Film eindringen bzw. ihn wieder verlassen. Je schneller sie in den Film
eintreten, desto besser kann Schaum entstehen. Die Lebensdauer des Schaums wird um so
länger, je langsamer die oberflächenaktiven Substanzen die Filmschicht verlassen.
Die Oberflächenviskosität ist eine andere wichtige Größe, die Einfluß auf die
Schaumhaltbarkeit besitzt. Sie beschreibt die Stärke der Kohäsion zwischen den absorbierten
Molekülen auf dem Oberflächenfilm. Hochmolekulare Substanzen erhöhen z.B. die Viskosität
der Flüssigkeit und verzögern den Rückfluß derselben aus den Blasenzwischenräumen. In
nichtstabilisierten, niederviskosen Flüssigkeiten, wie z. B. Selterswasser, nähern sich die
aufgestiegenen Gasblasen an und fließen durch zwischenpartikulare Wechselwirkungen
schnell zusammen. Ein dauerhafter Schaum kann nicht entstehen. Je größer die Viskosität ist,
desto weniger Moleküle können aus dem Oberflächenfilm ausbrechen. Es werden drei
verschiedenen Gründe für diese Erklärung angegeben [7]:

12
a) Der geringe Diffusionskoeffizient größerer Moleküle unterstützt die Bildung eines stabilen
Schaumes.
b) Die Wechselbeziehung der Moleküle untereinander.
c) Die Struktur des Films wird durch eine zweite Substanz, die in den Film eintritt und in
einer Wechselbeziehung zu den Häutchenbildnern steht, verändert. Metallionen oder
-
Säuren können mit Proteinen Verbindungen eingehen und die Struktur des Oberflächen-
films so verändern, daß die Schaumhaltbarkeit verlängert wird.
2.2.3. Schaumstabilität
Die Konstanz der Schaumhaltbarkeit über mehrere Monate (in Abhängigkeit von der
Mindesthaltbarkeit) wird Schaumstabilität genannt. Die Schaumziffern beim Bier werden
nach der NIBEM-Methode bzw. nach der Ross & Clark-Methode ermittelt (siehe 2.4.:
Methoden der Messung der Schaumeigenschaften). Bei thermisch belasteten Bieren konnte
mit zunehmender Lagerdauer eine Abnahme der Schaumziffern (nach NIBEM ) unter 200 s
festgestellt werden [8]. Lagertemperaturen von 25 bis 30
o
C hatten eine Verschlechterung der
Sigma-Werte (nach Ross & Clark) zur Folge. Bei einer Untersuchung von bis zu drei Monate
alten untergärigen Bieren konnte eine Verschlechterung der NIBEM- und Sigma-Werte in
Bezug auf frische Biere festgestellt werden [9].
Bei der Bestimmung der Schaumstabilität hat jedoch die Art des Meß- bzw.
Aufschäumverfahrens wesentlichen Einfluß auf die Meßwerte. Die mittels freien Falls
gemessenen Werte der Schaumhaltbarkeit von abgefülltem Bier nahmen während der
Lagerung, wenn überhaupt, weniger stark ab, als jene, die mittels der NIBEM- bzw. Ross &
Clark-Methode erzeugt wurden.
2.2.4. Schaumzerfall
Beim Bier wird ein rasch zusammenfallender Schaum vom Konsumenten meist mit
ungenügender Frische und dem Vorhandensein von Geschmacksfehlern verbunden. Ist der
Schaum zerfallen, können die Kohlensäureblasen ungehindert die Grenzschicht passieren, das
Bier verliert an Vollmundigkeit und an Rezenz. Der Schaum stellt ein System dar, bei dem

13
durch Energiezufuhr eine große Oberfläche in Form der Schaumblasen geschaffen wird. Das
System ist nun bestrebt, die freie Energie so gering wie möglich zu halten und die Oberfläche
wieder zu minimieren.
Für den Schaumzerfall sind zwei Effekte verantwortlich:
a) Die Flüssigkeit, die eine Blase umgibt, kann an der Grenzfläche zwischen Schaum und
Umgebung verdunsten. Je höher die Partialdruckdifferenz zwischen der Flüssigkeit und der
Umgebung ist, um so größer ist die Verdunstung. Ist der Flüssigkeitsfilm zu dünn, um die
Blase zu stabilisieren, zerplatzt diese.
b) In der geschlossenen Schaumformation besitzen die Schaumblasen gemeinsame Lamellen
mit anderen. Bei der Schaumentstehung sind die Schaumlamellen noch von erheblicher
Dicke. Durch die Schwerkraft fließt die im Schaum enthaltene Flüssigkeit aus den
Lamellen der oberen Blasenschichten nach unten ab. Diesen Vorgang bezeichnet man als
Schaumdrainage [4]. Die Schichtdicke der oberen Lamellen vermindert sich durch das
Abfließen der Flüssigkeit. Wenn eine bestimmte Lamellendicke unterschritten ist,
zerplatzen die Blasen an der Oberfläche. Bevor die Lamelle reißt, wird ihre Oberfläche
eingebuchtet. Die Oberfläche wächst durch diesen Vorgang lokal an. Enthält die
Flüssigkeit oberflächenaktive Inhaltsstoffe, verringert sich deren Konzentration an der
eingebuchteten Stelle. Die als Folge entstandene Oberflächenspannungdifferenz bewirkt
einen Flüssigkeitstransport an die oben bezeichnete Stelle. Die Lamelle wird wieder
dichter und der Schaumzerfall verzögert sich. Diesen Vorgang bezeichnet man als
Marangonieffekt [10].
Generell hat die unterschiedliche Blasengröße Einfluß auf die Zerfallsgeschwindigkeit des
Schaumes. Innerhalb zweier Blasen stellen sich, abgeleitet von den unterschiedlichen
Durchmessern, jeweils verschiedene Drücke ein. Beide Blasen können einzeln gesehen als
stabile Systeme bezeichnet werden. Berühren sich jedoch beide Blasen, entsteht durch den
unterschiedlichen Blaseninnendruck ein instabiles System. Das Gas der kleineren Blase
diffundiert durch die Kontaktfläche in die größere Blase. Die kleinere Blase verschwindet und
das Schaumvolumen wird mit der Zeit geringer. Dünnere Wände der Kontaktflächen
erleichtern die Diffusion und beschleunigen den Schaumzerfall.
Entstehen bei der Schaumbildung nur Blasen mit ähnlicher Blasengröße, kann der
Schaumzerfall verzögert werden. Der Schaumzerfall wird auch durch die Erhöhung der

14
Oberflächenviskosität bzw. durch das Auftreten kleinerer Schaumblasendurchmesser
behindert. Spezifische ungeladene Moleküle können sich an der Phasengrenze einer Blase
einlagern und die Viskosität der Flüssigkeit erhöhen.
Im industriellen Herstellungsprozeß sind Schäume häufig nicht erwünscht, da sie diesen
Prozeß oft stören und die Nennleistung der Abfüllmaschinen herabsetzen. Bei der
Verarbeitung von schäumenden Flüssigkeiten kommt es in der Industrie durch die
Schaumentstehung zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten. Daher ist man in der
Getränkeindustrie bemüht, eine Schaumbildung bei der Herstellung zu verhindern bzw. die
Zerfallsgeschwindigkeit zu erhöhen. Vor allem in der alkoholfreien Getränkeherstellung gibt
es diesbezüglich bisher nur unzureichende Forschungsergebnisse.
Eine mechanische Schaumzerstörung gelingt durch Schaumzentrifugen, Schaumzerstörer
oder Schaumabsauger. Der Schaum wird nach dem Zentrifugalprinzip zwischen stehenden
und rotierenden Streckmetalleinbauten zerrieben. Diese rotierenden Sonderkonstruktionen
trennen die relativ stabilen Schäume in ihre beiden Komponenten Flüssigkeit und Gas. Das
Ziel der Lebensmittel- und Getränkeindustrie ist es, den Behälterraum ohne störende
Schaumentstehung maximal nutzen zu können [3].
Es gibt jedoch auch Substanzen, die der Schaumhaltbarkeit entgegenwirken. Schaumverhüter
sind Substanzen, die schäumenden Flüssigkeiten zugesetzt werden, um deren Schaumbildung
zu verhindern oder zu minimieren.
2.3. Untersuchung spezieller Schaumphänomene
Im Folgenden werden Schaumphänomene aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Es läßt
sich daher nicht vermeiden, daß einzelne wissenschaftliche Grundlagen mehrfach angeführt
werden.

15
2.3.1. Der Bierschaum
Vor allem bei der Bierherstellung wird großer Wert auf die Gegebenheiten des Schaums
gelegt. Ein Glas Bier sollte eine geschlossene Schaumdecke aufweisen, die sich möglichst
lange hält. Beim Konsumenten wird mit diesen Schaumeigenschaften ein Gefühl der Frische
und der Rezenz vermittelt.
Der Bierschaum ist ein Zwei-Phasen-Schaum und in seiner Struktur sehr komplex. Er gehört
jedoch zu den Schaumformen, die bisher am ausführlichsten beschrieben worden sind. Der
Schaum beim Bier entsteht durch die entweichenden CO
2
-Blasen beim Einschenken. Aber
auch die mitgerissene Luft spielt bei der Schaumbildung eine Rolle. Die Beurteilung des
Bierschaumes erfolgt nach zwei Kriterien:
a) nach der Menge und b) nach der Haltbarkeit des Schaumes.
Die Menge des Bierschaumes hängt in erster Linie von der Menge des gelösten
Kohlendioxids ab. Aber auch die Art des Einschenkens hat Einfluß auf die Menge des
Bierschaumes.
Verantwortlich für die Haltbarkeit des Schaumes sind die Eigenschaften der
Flüssigkeitsoberfläche. Proteine, Isohumulone, höhere Alkohole und Bitterstoffe sind die
wichtigsten oberflächenaktiven Stoffe, die Einfluß auf die Ausprägung des Bierschaums und
dessen Haltbarkeit besitzen. Diese Substanzen lagern sich an der Flüssigkeitsoberfläche an
und setzen die Oberflächenspannung herab. Durch diesen Vorgang wird die Bildung weiterer
Gasblasen und neuer Grenzflächen begünstigt. Die Proteine können sich untereinander so
verknüpfen, daß an der Grenzfläche ein Film entsteht. Je stärker die Quervernetzung ist, um
so stabiler ist der Film. Durch die Bildung dieses flexiblen, kohäsiven Filmes um die
Gasblasen stabilisieren Proteine den Schaum [11]. Auch durch die Bindungskräfte zwischen
den Polypeptidketten kommt es zur Verfestigung der Schaumlamellen. Der gleiche Vorgang
kann auch durch Brückenbildungen, z.B. durch Metalle und Melanoine, zustande kommen
[12].
Die Schaumausprägung ist eng mit der Oberflächenspannung des Bieres gekoppelt. Je
niedriger die Oberflächenspannung des Bieres, bis zu einem Grenzwert, um so kleiner sind
die aufsteigenden CO
2
-Blasen. Es können sich nun mehr oberflächenaktive Substanzen beim
Aufsteigen an der spezifischen Oberfläche der Blasen ansammeln. Auch durch

16
Oxidationsvorgänge kann sich die Oberflächenspannung des Bieres verringern. Die
Dispersität dieser Stoffe wird vergröbert und die Schaumhaltbarkeit wird durch diese
Reaktion verbessert. Es können sich jedoch durch eine Koagulation auch Niederschläge
bilden, die zu einer Verschlechterung der Schaumeigenschaften führen [13].
Die Flüssigkeit in den Räumen zwischen den Gasblasen besteht hauptsächlich aus
nichtionischen, hydrophilen Stoffen, wie z.B.
- und ß-Glucane. Sind diese Substanzen
hochmolekular, erhöhen sie die Viskosität der Flüssigkeit und tragen zu einer Verbesserung
der Schaumhaltbarkeit bei. Die Haltbarkeit der Gasblasen im Schaum hängt neben der
Temperatur auch von dem Gas ab, das in der Flüssigkeit eingeschlossen ist. Die Löslichkeit
der Gase ist unterschiedlich. Das durch den Gärvorgang eingebrachte CO
2
hat in Wasser ein
sehr gutes Lösungsvermögen. Bei normalem Luftdruck und einer Temperatur von 0
o
C
beträgt die Löslichkeit von CO
2
3,42 g/l. Es besteht jedoch kein Zusammenhang zwischen
der Schaummenge und der Haltbarkeit des Bierschaums.
2.3.2. Mousseux
Auch bei Getränken, wie Sekt bzw. Champagner, können Schaumphänomene beobachtet
werden. Das Mousseux in Schaumweinen wird durch die aus der Flüssigkeit entweichenden
Kohlensäureblasen als Schaum vom menschlichen Auge wahrgenommen. Das Entweichen
der Blasen kann grobblasig oder feinblasig erfolgen. Die Mousseuxdauer kann einige Minuten
bis zu einer halben Stunde betragen. Dabei erreicht das Schaumpolster am Rand des Glases
eine Dicke von1 bis 3 mm Dicke.
Auch bei den Kriterien der amtlichen Prüfung für Qualitätsschaumweine spielen die
Eigenschaften des Mousseux eine Rolle. Mit bestandener Prüfung wird dem Schaumwein eine
bestimmte Mindestqualität attestiert. Das amtliche Prüfungsschema für Qualitätsschaumwein
(Fassung vom 22. Dezember 1981) legt fest, daß das Mousseux nicht grobperlig und nur kurz,
sondern eher feinperlig und lang anhaltend in Erscheinung treten sollte. Auch innerhalb der
Sinnesprüfung (nach dem 5-Punkte-Schema des LMBG) wird ein feinperliges Mousseux für
die gute Bewertung eines Qualitätsschaumweins vorausgesetzt [14].
Neben dem optischen Erlebnis kann man das Moussieren des Schaumweines aber auch
akustisch als Knistern wahrnehmen. Flüchtige Geruchs- und Aromastoffe aus dem

17
Schaumwein werden während des Aufsteigens der Gasblasen an die Oberfläche transportiert.
Nach dem Zerplatzen der Kohlendioxidblasen werden die flüchtigen Stoffe frei und das
jeweils charakteristische Weinaroma kann mit Hilfe des Geruchssinns viel intensiver als beim
stillen Wein wahrgenommen werden. Da das Mousseux der Schaumweine jedoch sehr
unterschiedlich ist, stellt sich die Frage nach den Ursachen dieses Phänomens, die bis heute
nur unzureichend erforscht wurden.
2.3.3. Gushing
Eine unerwünschte Gushingbildung tritt sowohl bei alkoholischen Getränken, wie
Schaumwein oder Bieren, als auch bei imprägnierten alkoholfreien Getränken, wie CO
2
-
haltigem Mineralwasser, in Erscheinung. Das Phänomen des Gushing unterscheidet sich nur
auf den ersten Blick von den oben beschriebenen Schaumphänomenen. Viele
Erklärungsversuche des Gushing können auch für Schäume in anderen Bereichen
Verwendung finden. Sowohl bei der Herstellung von Getränken als auch beim Verbraucher
selbst kann das Gushing beobachtet werden.
Beim Öffnen von Flaschen mit CO
2
-haltigen Getränken kommt es gelegentlich zu einem
plötzlichen und anhaltenden Überschäumen der Flüssigkeit. Die CO
2
-Entbindung erfolgt
gleichzeitig über den ganzen Flüssigkeitskörper. Diese heftige Reaktion bei
kohlensäurehaltigen Getränken nennt man Gushing (engl.: gushing = überschäumend). Am
bekanntesten ist diese Erscheinung bei schäumenden Weinen und bei Bier. Auch nach
sachgemäßem Öffnen des Sektes/ Champagners kann die unerwünschte Schaumfahne über
100 cm hoch aus der Flasche herausschießen. Für Erklärungsversuche dieses Phänomens ist
die Kenntnis der Gleichgewichtsverhältnisse in der geschlossenen Flasche bzw. der
Einflußmöglichkeiten notwendig:
a) Gleichgewichtszustand
Bei der alkoholischen Gärung entsteht neben dem Alkohol und den flüchtigen
Gärungsnebenprodukten auch das Kohlensäuregas. Wenn die Gärung in einem
geschlossenem Gefäß stattfindet (Flaschengärung), kann das CO
2
nicht entweichen. Der
CO
2
Druck steigt bis zum Ende der Gärung an. In der geschlossenen Flasche befindet sich
das Kohlendioxid im Gasraum und jenes in der Flasche in einem Gleichgewicht. Dieser

18
Zustand ist metastabil, d.h. nur Blasen mit einem bestimmten Radius können bei einem
bestimmten Druck und einer entsprechenden Oberflächenspannung für längere Zeit in der
Flüssigkeit existieren. Übersteigt der Blasenradius einen kritischen Wert, dann kann die
Blase durch den Innendruck wachsen und steigt auf. Ist der Radius jedoch kleiner,
überwiegt die Oberflächenspannung und die Blase kollabiert [15].
Beim Öffnen der Getränkeflasche wird der Inhalt drucklos und ein Ungleichgewicht tritt
ein. Vor allem bei Schaumweinen wird nun die Flüssigkeit mit Kohlensäure stark
übersättigt. Obwohl der Schaumwein mit CO
2
stark angereichert ist, ist das gelöste CO
2
allein nicht in der Lage, sich zu Blasen zusammenzulagern und ein Überschäumen
hervorzurufen. Die Oberflächenspannung des Weins ist gegenüber der Energie der
Kohlendioxidmoleküle erheblich größer. Die Ursachen des Gushings sind bis heute noch
nicht hinreichend erforscht. Es gibt aber bereits einige Erklärungsmodelle für das
Phänomen.
Das Vorhandensein von Desorptionskeimen (Gasentwicklungskeime) in der Flüssigkeit ist
nach verschiedenen Darstellungen Voraussetzung für eine Gushingbildung [16]. In der
Literatur werden vor allem Mikroblasen und Verunreinigungen in der Flüssigkeit als
Desorptionskeime genannt. Je mehr diese Desorptionskeime in einem Getränk vorhanden
sind, desto stärker neigt es zu einer unerwünschten Entgasung.
b) Mikroblasen
Die Gefahr der Bildung von Mikroblasen ist beim Karbonisierungsprozeß im Strahlapparat
bzw. bei allen Pump- und Mischvorgängen während des Herstellungsprozesses gegeben.
Mikroblasen sind kleine Luftblasen (oder Stickstoffblasen beim Prozeß des Vorspannens
der Flaschen in der Bierabfüllung), die als Keime für eine unerwünschte Blasenbildung
dienen können. Der Durchmesser der Mikroblasen schwankt zwischen 0,1 und 50 µm. Je
mehr solche Keime in der Flüssigkeit vorhanden sind, desto höher ist die
Gushingwahrscheinlichkeit. So unterscheidet sich ein Gushing-gefährdetes Bier von einem
normalen Bier durch die Anzahl der stabilen Blasenkeime in der Flüssigkeit. Bei einem
Bier, welches nicht zum Gushing neigt, existieren ca. 2500 Keime pro 1 ml [17].

19
Gelangt durch eine mechanische Einwirkung Luft in die Flüssigkeit, sinkt der Sauerstoff-
und der Kohlendioxidanteil in den eingewirbelten Luftblasen relativ schnell. Diese Gase
werden in der Flüssigkeit gelöst oder treten in den Gasraum des Behältnisses. Der
Stickstoffanteil verbleibt in den Blasen. Die mit Stickstoff abgesättigte Flüssigkeit ist nicht
in der Lage, die Kleinstblasen aufzunehmen, weil die Löslichkeit von N
2
sehr niedrig ist.
Die hauptsächlich aus Luftstickstoff bestehenden Blasen haben allein zu wenig Auftrieb,
um den Reibungswiderstand der Flüssigkeit zu überwinden und an die Oberfläche zu
gelangen. Sie bleiben in der Flüssigkeit in einem Schwebezustand, bis sich die
Randbedingungen ändern. Die Bedingungen, die die Mikroblasen aus ihrem Gleichgewicht
bringen können, unterscheiden sich beim offenen System gegenüber dem geschlossenen.
Ist die Flüssigkeit ausschließlich von festen Wänden umgeben, handelt es sich um ein
geschlossenes System. Nach außen kann kein Stofftransport erfolgen. Ist dagegen eine
stoffdurchlässige Phasengrenze vorhanden, liegt ein offenes System vor. Eine teilgefüllte
Flasche besitzt eine Phasengrenze, über die ein Stofftransport stattfinden kann. Trotzdem
wird die teilgefüllte Flasche eher dem geschlossenen System zugeordnet, da die durch den
Stofftransport über die Phasengrenze der Mikroblasen verursachten Konzentrations-
änderungen in der Flüssigkeit lokal begrenzt bleiben [18]. Ähnliche Randbedingungen
herrschen auch bei der Lagerung von CO
2
-haltigen Getränken in teilgefüllten,
druckgeregelten Tanks vor. Auf Grund des stabilen Gleichgewichtszustandes in
geschlossenen Systemen können Mikroblasen dort sehr lange existieren.
Die vorhandenen ca. 1 µm großen Mikroblasen dehnen sich, auf Grund des Druckabfalls
nach dem Öffnen der Flasche, aus. Die Mikroblasen sprengen die Haut. Durch die mit CO
2
stark übersättigte Flüssigkeit entsteht ein Ungleichgewichtszustand, der einen
Stofftransport initiiert. Gasmoleküle diffundieren aus dem übersättigten Getränk in die
Mikroblasen. Der Reibungswiderstand kann nun durch die größere Auftriebskraft der
Blasen überwunden werden. Die Mikroblasen steigen auf und bilden sichtbaren Schaum.
Der entstandene Schaum dehnt sich über das Fassungsvermögen der geöffneten Flasche
aus. Bei Sekt wird eine milchig-weiße Trübung sichtbar. Das Getränk schießt aus der
Flasche heraus. Mikroblasen müssen jedoch nicht unweigerlich zum Gushing führen.

20
c) Gushingfördernde Substanzen und Verbindungen
Bei Rotsekt ist das Gushing häufiger zu beobachten als bei weißem Sekt [19]. Als
Verursacher für diese Phänomen werden u. a. Feststoffpartikel, z.B. Kondensate aus
Rotweinfarbstoffen, in der Flüssigkeit, die sich an der Innenseite der Flasche festgesetzt
haben, benannt. Auch die Verunreinigungen dienen als Blasenkeime. Aus der mit
Kohlendioxid übersättigten Flüssigkeit diffundieren weitere Gasmoleküle in die kleine
Blase. Ist der Auftrieb groß genug, reißt die Blase ab und eine weitere entsteht an gleicher
Stelle. Eine Blasenkette bildet sich.
In der ungeöffneten Flasche lagern sich oberflächenaktive Stoffe, wie z.B. hochmolekulare
Eiweißabbauprodukte im Bier, an der Grenzfläche an und bilden unter Umständen eine
zusammenhängende, unlösliche Haut. Auch jede Mikroblase wird von einer Grenzfläche
umschlossen. Vermutlich sind phenolische Verbindungen, Proteine, Enzyme, Eisenionen
und Sauerstoff für diesen Vorgang mit verantwortlich. Zwischen den Mikroblasen werden
durch die grenzflächenaktiven Substanzen an der Phasengrenze elektrostatische
Abstoßungskräfte erzeugt. Diese Kräfte heben die van der Waals´sche Wechselwirkung
(Anziehungskräfte) auf. Die so verhinderten Blasenkoaleszenzen gewährleisten auch nach
längeren Ruhezeiten noch das Vorhandensein einer größeren Blasenanzahl.
Forschungen auf dem Gebiet des Gushing haben ergeben, daß Calcium in Verbindung mit
Oxalsäure ein Calciumoxalat bilden kann, welches für das Gushing beim Bier
mitverantwortlich gemacht wird. Der Calciumgehalt des Bieres wird durch die
Wasserqualität bestimmt und liegt zwischen 10 und 50 mg/l. Die Oxalsäure wird im
Wesentlichen vom Malz geliefert und ist abhängig von Sorte, Jahrgang und
Aufwuchsbedingungen. Gerstenmalze (10-20 mg/100g Trs.) besitzen niedrigere
Oxalsäureanteile als Weizenmalze (30-60 mg/100g Trs.). Calcium reagiert mit der
Oxalsäure unter Bildung eines Calciumniederschlages.
2.3.4. Schäume in alkoholfreien Getränken
Vor allem aus wirtschaftlichen Gründen ist es in der alkoholfreien Getränkeindustrie
notwendig, die Vorgänge bei der Entstehung des Schaumes zu erforschen. Einige Getränke
zeigen während des Abfüllvorgangs eine hohe Schaumneigung. Die Ursachen und

21
Einflußmöglichkeiten sind diesbezüglich noch weitgehend ungeklärt. Destilliertes Wasser ist
nicht in der Lage, Schäume zu bilden. Erst durch Zusätze (Tenside, Eiweiße) wird die
Oberflächenspannung so weit heruntergesetzt, daß ein Schaumfilm entstehen kann. Eine
Abhängigkeit des Schaumverhaltens beim Abfüllvorgang in Bezug auf die jeweilige
Oberflächenspannung der verschiedenen Limonaden konnte bisher nicht nachgewiesen
werden [20].
Es ist bekannt, daß CO
2
-haltige Getränke, wie Cola- oder Bitterlimonaden, ein großes
Schaumvermögen besitzen. Aber auch bei roten Schorlen (z.B. Apfel-Kirsch-Schorle) wird
der Abfüllvorgang durch die Schaumbildung erschwert [21]. Es ist wahrscheinlich, daß hier
der erhöhte Polyphenolgehalt als schaumverursachender bzw. schaumfördernder Faktor eine
Rolle spielt. Auch bei der Zugabe von bestimmten Zitronenessenzen kann das Phänomen
beobachtet werden, daß das Getränk mehr schäumt als bei grundstoffhaltigen Flüssigkeiten
[16]. Als Ursache werden u.a. die unpolaren Aromastoffe genannt. Die bisherigen
Forschungsergebnisse sind auf diesem Gebiet jedoch noch unzureichend. Um die Probleme
bei der Herstellung alkoholfreier Getränke lösen zu können, wird noch ein erheblicher
Forschungsaufwand zu leisten sein.
2.3.5. Feste Schäume
Zu dieser Gruppe gehören Schäume, die aus einer Gasphase und einer Feststoffphase
bestehen, wie z.B. Brot. Aber auch verschiedene Polyederschäume, wie z.B. steifer Eischnee
oder geschlagene steife Sahne, sind feste Schäume, die jedoch nur in Gegenwart von
Stabilisatoren, wie Makromoleküle oder grenzflächenaktive Stoffe mit langen
Kohlenwasserstoffketten, stabil bleiben. Feste Schäume besitzen elastische Eigenschaften.
Diese Schaumart kann hier jedoch nicht näher untersucht werden und sollte nur der
Vollständigkeit halber aufgeführt werden [3].
2.4. Methoden zur Messung der Schaumeigenschaften
In der Literatur werden eine Reihe von Untersuchungsmethoden für die Messung der
Schaumeigenschaften beschrieben. Die Haltbarkeit des Schaumes wird in der Regel nach der

22
NIBEM-Methode bzw. nach der Ross & Clark-Methode bestimmt. Die so ermittelten
Schaumzahlen sind für die Bewertung im Rahmen der DLG-Qualitätsprüfung
ausschlaggebend. Das Schaumvermögen bzw. die Schaumbeständigkeit von Bier wird im
Herstellungsbetrieb auch nach dem Einschenken in ein Glas visuell beurteilt. Die Art des
Meß- bzw. Aufschäumverfahrens hat wesentlichen Einfluß auf das Schaumbildungsvermögen
bzw. auf die Meßwerte. Die mittels NIBEM- bzw. Ross & Clark-Methode gemessenen Werte
der Schaumhaltbarkeit von abgefülltem Bier nehmen z.B. während der Lagerung stark ab.
Meßwerte, die dagegen durch den freien Fall erzeugt wurden, nahmen, wenn überhaupt, dann
weniger stark ab [9].
Neben dem Kohlendioxidgehalt des Bieres sind es vor allem die äußeren Einflußfaktoren, die
zu unterschiedlichen Stabilitätsmessungen führen. Hier sind z.B. die Biertemperatur, die
Maße des Aufschäumgefäßes und die verwendete Menge des aufgeschäumten Bieres zu
nennen. Die Ergebnisse der unterschiedlichen Methoden für die Schaummessung sind daher
kaum zu vergleichen.
2.4.1. Ross & Clark-Methode
Bei dieser Methode der Schaummessung wird CO
2
unter standardisierten Bedingungen
mittels einer Fritte in das Bier bei 20
o
C eingeleitet. Der entstandene grobblasige Schaum fällt
in der Meßapparatur nach einer monomolekularen Reaktion zusammen. Unter der Annahme,
daß die Zerfallsgeschwindigkeit des Schaumes der vorhandenen Schaummenge zu jeder Zeit
proportional ist, wird in bestimmten Zeitintervallen die zurückgebliebene Biermenge
gemessen. Das Resultat wird als Sigma-Wert bzw. Schaumzahl angegeben. Bei Bieren mit
schlechten Schaumeigenschaften können Werte unter 110 gemessen werden. Werte über 140
sind Meßergebnisse, die auf ein gutes Schaumvermögen zurückzuführen sind. Bei Bieren mit
Werten unter 100 ist die Reproduzierbarkeit der Ross & Clark-Methode jedoch schlecht [22].

23
2.4.2. NIBEM-Methode
Durch die einfache Handhabung und der besseren Reproduzierbarkeit der Meßwerte hat sich
in der Praxis die NIBEM-Methode gegenüber der Ross & Clark-Methode durchgesetzt. Bei
der Methode nach NIBEM wird bei 20
o
C ein sehr feinblasiger Schaum erzeugt. Das Bier
wird unter CO
2
-Druck nach dem Passieren einer Blende in einem Steigrohr zerschäumt.
Danach erfolgt ein linearer Schaumzerfall vom 2. bis 4. Schaumzentimeter. Mit dem NIBEM
Foam Stability Tester erfolgt die Messung der Zeit, innerhalb derer sich die Oberfläche um
10, 20 und 30 mm absenkt. Ein bewegliches Elektrodensystem registriert das Schaumniveau.
Als Ergebnis der Messung erhält man die Zerfallszeiten des Schaumes für die entsprechenden
Strecken (10, 20 und 30 mm). Werte von 250 bis 300 Sekunden entsprechen guten
Schaumzerfallszeiten für 3 mm [23].
Der Vergleich der gemessenen Werte nach der NIBEM-Methode erfolgt meist
innerbetrieblich. Überbetriebliche Vergleiche sind nur mit Einschränkungen möglich. Darüber
hinaus erlaubt die Auswertung der Meßwerte nur Aussagen über die Schaumhaltbarkeit zum
Zeitpunkt der Untersuchung. Gute Meßergebnisse nach der Ross & Clark- bzw. der NIBEM-
Methode müssen nicht auf ein gutes Schaumverhalten des Bieres im Glas hinweisen [9].
2.4.3. Einschenkmethode nach Ullmann und Pfenninger
Nach Einschätzung von Weyh und Hagen liefert die Einschenkmethode gegenüber den
anderen Meßmethoden (Ross & Clark-Methode und NIBEM-Methode) hinsichtlich der
Schaumhaltbarkeit und der Schaumstabilität realistischere Meßergebnisse. Bei der
Einschenkmethode nach Ullmann und Pfenninger wird das Bier bei 12
o
C mittels einer
motorbetriebenen Einschenkapparatur in einen genormten Glaszylinder gegossen [23]. Die
entstandenen Schaumblasen sind bei dieser Methode größer als bei der NIBEM-Methode. Für
die Beurteilung der Schaumhaltbarkeit wird die Zeit gemessen, die vergeht, bis die
Bieroberfläche zu sehen ist. Bei Bieren mit guter Schaumhaltbarkeit kann ein Ergebnis von 5
min gemessen werden. Eine Meßtemperatur von unter 12
o
C und die verwendete
standardisierte Einschenkmethode kommen den Bedingungen, unter denen der Konsument
das Bier beurteilt, am nächsten.

24
Aber auch bei dieser Meßmethode schwanken die Meßergebnisse stark. Bei einer
Untersuchung zum Einfluß der Aufbewahrungsdauer von Bier auf die Schaumstabilität
konnte gezeigt werden, daß die Streuung der Meßwerte mit zunehmender
Aufbewahrungsdauer tendenziell größer wird.
2.4.4. Neue Methode zur Messung der Schaumhaltbarkeit von Bier
Nach einer standardisierten Methode wird das Bier bei 22
o
C durch freien Fall in einem
zylindrischem Gefäß aufgeschäumt. Die Anfangshöhe des Bierschaumes wird gemessen. In
regelmäßigen Zeitintervallen wird mittels eines Leitfähigkeitsmeßgerätes die Höhenabnahme
des aufgeschäumten Bieres durch das natürliche Entweichen des Kohlendioxids aus dem
gesättigten Getränk, gemessen. Die Messung wird in der 5. Minute des Schaumzerfalls
beendet. Als Maß für die Stabilität des Bierschaumes gilt die Fläche unter dieser
Zerfallskurve. Die Stabilität des 1 mm hohen Schaumes innerhalb von 1 Minute entspricht
eine Schaumhaltbarkeitseinheit (FU). Werte über 100 FU beschreiben eine ausgezeichnete
Schaumhaltbarkeit. Eine schlechte Schaumhaltbarkeit weisen Biere von unter 50 FU auf [24].
2.5. Methoden zur Messung der Oberflächenspannung
Für die Voraussage des Schaumverhaltens einer Flüssigkeit sind, wie noch zu zeigen sein
wird, u.a. die verschiedenen chemischen Inhaltsstoffe verantwortlich. Der qualitative und
quantitative Nachweis der schaumpositiven bzw. - negativen Substanzen ist jedoch oft sehr
aufwendig. Die aus den Inhaltsstoffen resultierende Oberflächenspannung einer Flüssigkeit
läßt sich dagegen relativ leicht messen.
Die Oberflächenspannung ist jene Arbeit, die notwendig ist, die Oberfläche einer Flüssigkeit
um 1 m
2
zu vergrößern. Diese Kraft in Flüssigkeiten wirkt parallel zur Grenzfläche und hat
das Bestreben, deren Oberfläche auf ein Minimum zu reduzieren. Bidestilliertes Wasser
besitzt eine Oberflächenspannung von 72,8 mN/m. Dieser Wert dient den unterschiedlichen
Meßeinrichtungen als Richtwert.

25
Die verschiedenen Meßverfahren, mit deren Hilfe die Oberflächenspannung bestimmt werden
kann, können prinzipiell in zwei Hauptgruppen unterteilt werden [25]: Die Methode des
maximalen Blasendruckes und die Steighöhenmethode. Sie sind statische Verfahren, bei
denen Gleichgewichtsformen von Oberflächen für die Messung zugrundegelegt werden. Bei
den dynamischen Meßmethoden werden dagegen Bewegungsvorgänge an Oberflächen
beobachtet und für die Berechnung der Oberflächenspannung benutzt. Zu den dynamischen
Verfahren zählen u. a. die Tropfengewichtsmethode und die Abreißmethode.
2.5.1. Methode des maximalen Blasendruckes
Bei diesem dynamischen Verfahren wird aus einer senkrecht in einer Flüssigkeit
eingetauchten Kapillare langsam eine Luft- oder Gasblase gedrückt. Für die Überwindung der
Oberflächenspannung der Flüssigkeit ist ein entsprechender Druck notwendig. Dieser erreicht
bei einer bestimmten Form der Blase (Halbkugelform) einen Maximalwert. Danach reißt die
Blase von der Kapillare ab und steigt in der Flüssigkeit auf. Mit Hilfe des gut meßbaren
Blasendruckes kann die Oberflächenspannung bestimmt werden. Je enger die verwendete
Kapillare ist, um so genauer ist die Blasendruckmethode. Veränderungen der oben
beschriebenen Methode wurde u.a. von Umstätter
durch die Verwendung eines
Glockenmanometers vorgenommen [26].
Bisher war die Handhabung von Oberflächenspannungsmeßgeräten recht umständlich und die
benötigte Auswerteelektronik sehr umfangreich. Für die Messung von dynamischen
Oberflächenspannungen von Flüssigkeiten ist auf der Hannover Messe 1999 ein neues
Handmeßgerät vorgestellt worden, welches mit Hilfe der Blasendruckmethode die
Oberflächenspannung von Flüssigkeiten ermittelt [27]. Das Blasendrucktensiometer "Sita
online f 10" ist ein handliches und bedienerfreundliches Meßgerät. Es ist in der Lage,
Oberflächenspannungen von Flüssigkeiten bis zu 80 mN/m mit einer Genauigkeit von 0,5
mN/m zu messen

26
2.5.2. Steighöhenmethode
Das spezifische Verhalten von Flüssigkeiten beim Eintauchen von Kapillaren bietet die
Möglichkeit, die jeweilige Oberflächenspannung der entsprechenden Flüssigkeit abzuleiten.
Benetzende Flüssigkeiten bewirken in gut gereinigten Kapillaren infolge ihrer
Oberflächenspannung ein Ansteigen der Flüssigkeit. Dieser Anstieg ist durch den
hydrostatischen Druck begrenzt. Mit Hilfe der Gauß-Laplaceschen Gleichung kann bei
vollständiger Benetzung bzw. Nichtbenetzung die Oberflächenspannung berechnet werden
[25].
Bei einer Meßgenauigkeit von 3 % ist die Steighöhenmethode jedoch für präzise Messungen
untauglich. Darüber hinaus ist die notwendige Bedingung der vollständigen Benetzung bzw.
Nichtbenetzung nur selten gegeben. Flüssigkeiten mit viskosen Eigenschaften können mit der
vorgestellten Steighöhenmethode nicht gemessen werden. Problematisch ist auch die
Bestimmung der Oberflächenspannung von Flüssigkeiten mit grenzflächenaktiven
Inhaltsstoffen. Die Ursachen sind bis heute noch nicht ausreichend erklärt.
2.5.3. Tropfengewichtsmethode
Tritt ein Tropfen langsam aus einer Kapillare aus, so steht er sowohl unter dem Einfluß der
Schwerkraft als auch der entsprechenden Oberflächenspannung. Wächst der Tropfen auf eine
bestimmte Größe an, kann die Oberflächenspannung die Wirkung der Schwerkraft nicht mehr
kompensieren. Der Tropfen reißt von der Kapillare ab. Die Kraft, durch die der größtmögliche
Tropfen gehalten wird, kann gemessen werden. Die Oberflächenspannung läßt sich u.a. aus
dieser Kraft und dem Volumen einer Eichflüssigkeit mit bekannter Oberflächenspannung und
Dichte berechnen. Für die Berechnung ist die Anzahl der austretenden Tropfen der zu
untersuchenden Flüssigkeit bei gleichem Volumen ausschlaggebend. Die Messung der
Tropfenzahl erfolgt mittels eines Stalagmometers. Die Meßgenauigkeit der
Tropfengewichtsmethode liegt bei ca. 10 %. Diese Methode wurde u. a. von Dunken
präzisiert [28].

27
2.5.4. Abreißmethode
Die Abreißmethode zählt zu den dynamischen Meßmethoden. Hier wird die Oberflächen-
spannung von Flüssigkeiten mit Hilfe der Kraftmessung bestimmt. Ein weit verbreitetes
Meßgerät, welches nach dieser Methode arbeitet, ist das Tensiometer. Es gibt zwei
Möglichkeiten, die Oberflächenspannung von Flüssigkeiten mit einem Tensiometer zu
messen:
a) Ringmethode
Bei der Ringmethode dient ein horizontal aufgehängter Platinring als Meßkörper. Der Ring
besitzt sowohl einen bekannten Drahtquerschnitt als auch einen bekannten Radius. Beim
Meßvorgang wird der Ring in die Versuchsflüssigkeit eingetaucht und anschließend wieder
herausgezogen. Es wird die Kraft gemessen, bei deren Überschreiten die
Flüssigkeitslamelle zerreißt. Bei dieser Methode ist zu beachten, daß die Gestalt der
Lamelle die Zugkraft beeinflußt.
Neben der Kraft, die durch die Oberflächenspannung auf den Ring wirkt, geht in den
Meßwert zusätzlich noch das hydrostatisch wirksame Flüssigkeitsvolumen der unter dem
Ring hängenden Flüssigkeitslamelle ein. Aus diesem Grund wird der gemessene Wert mit
einem Faktor korrigiert. Die Ableseeinrichtung des Tensiometers ermöglicht die einfache
Bestimmung des korrigierten Meßwertes. Die Oberflächenspannung wird in mN/m
angegeben [20].
b) Plattenmethode
Auch diese Meßmethode wird mit dem Tensiometer durchgeführt und basiert auf einer
Kraftmessung. Als Meßkörper dient jedoch kein Ring, sondern eine Platinplatte. Die an der
Oberfläche aufgerauhte Platte ist senkrecht im Tensiometer arretiert. Die Unterkante dieser
Platte wird mit der Flüssigkeitsoberfläche der zu untersuchenden Probelösung in Kontakt
gebracht. Bei der Berührung wird die Platte ein Stück in die Flüssigkeit hineingezogen.
Die aus dieser Benetzung resultierende Kraft kann mit Hilfe des Tensiometers gemessen
werden. Zuvor muß jedoch die Platinplatte wieder auf das Niveau der Oberfläche
zurückgehoben werden. Die gemessenen Werte bedürfen keiner hydrostatischen Korrektur.

28
2.6. Schaumbeeinflussende Substanzen
Die Beurteilung eines alkoholischen Getränks wie Bier oder Champagner erfolgt vom
Konsumenten zuerst optisch. Ausgehend von diesen Informationen schließt er oft auf die
Qualität des Erzeugnisses bzw. auf die sensorischen Eigenschaften. Aus diesem Grunde
bemüht man sich in der Forschung, die Schaumgegebenheiten zu untersuchen.
Für das Schaumverhalten von Getränken sind grundsätzlich zwei Flüssigkeitseigenschaften
ausschlaggebend. Auf der einen Seite ist die Größe des Schaumbildungsvermögens einer
Flüssigkeit für die Schaumausprägung verantwortlich. Das Schaumbildungsvermögen wird
im Wesentlichen von den Inhaltsstoffen des jeweiligen Getränks bestimmt. Hier üben
schaumpositive bzw. -negative Substanzen einen unterschiedlichen Einfluß aus. Je besser die
an der Oberfläche angereicherten Stoffe in der Lage sind, elastische Häutchen zu bilden und
diese aufrecht zu erhalten, um so länger wird der Schaum seine Stabilität bewahren. Auf der
anderen Seite ist das Bindungsvermögen der Flüssigkeit für das CO
2
-Gas entscheidend für die
Schaumausprägung.
Es ist zu prüfen, ob noch eine dritte Komponente einen vorhersagbaren Einfluß auf den
Schaum von Getränken besitzt. Bisher wurde der Oberflächenspannung von Getränken mit
hoher Schaumneigung bisher zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Ein Zusammenhang
zwischen der Oberflächenspannung der untersuchten Flüssigkeit und der Schaumausprägung
konnte bisher nicht festgestellt werden. Es ist anzumerken, daß die Auswirkungen der
schaumpositiven bzw. schaumnegativen Substanzen auf den Schaum im Bereich der
Bierherstellung bisher am differenziertesten erforscht wurden. Alkoholfreie Getränke sind
diesbezüglich noch unzureichend untersucht worden. Aus diesem Grunde beziehen sich die
folgenden Aussagen mehrheitlich auf die im Bier befindlichen Inhaltsstoffe.
Ende der Leseprobe aus 142 Seiten

Details

Titel
Einfluß der Oberflächenspannung auf das Schäumen von Getränken
Hochschule
Technische Universität Berlin
Note
1.3
Autor
Jahr
1999
Seiten
142
Katalognummer
V185651
ISBN (eBook)
9783656981541
ISBN (Buch)
9783867465489
Dateigröße
1156 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einfluß, oberflächenspannung, schäumen, getränken
Arbeit zitieren
Sebastian Loitsch (Autor:in), 1999, Einfluß der Oberflächenspannung auf das Schäumen von Getränken, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185651

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Einfluß der Oberflächenspannung auf das Schäumen von Getränken



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden