Möglichkeiten zur Gestaltung verbindlicher Telekooperation


Diplomarbeit, 2001

91 Seiten, Note: 1.1


Leseprobe


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Vorwort 3

A Vorwort

Das Thema der Diplomarbeit entstand aus der Idee des Tele-Zeugen der Projekt- InMuse 1 , in der ich als wissenschaftlicher Hilfsassistent tätig bin. Die Idee des Tele-Zeugen wurde unter anderem von Alf Zugenmaier auf der IN2000 in Kapstadt Südafrika vorgestellt [KabKecKre+00].

Ich bedanke mich für die Überlassung des Themas bei Herrn Prof. Dr. Müller, wie für die Betreuung durch Herrn Kreutzer und Herrn Zugenmaier. Weiter gilt ein besondere Dank für die freundliche Unterstützung bei der Erstellung des Prototypen an Herrn Müller, Geschäftsführer der BSC-Computer GmbH, wie auch bei der Firma Tobit AG. Zuletzt möchte ich mich bei Herrn Cowley (Bereichsleiter Service) und Herrn Oos (Leiter IT-Prozessmanagement) der Commerz Service Gesellschaft (CSG) GmbH bedanken, die mir einen ausführlichen Einblick in die Abläufe des Telefonbanking der Commerzbank AG ermöglichten.

Freiburg, den 29.05.2001 Moritz Strasser

I Einleitung 7

I Einleitung

Das Problem der Flüchtigkeit in der Telefonie - Inhalte werden wiedergegeben, können aber nicht archiviert werden - hat schon Thomas Alva Edison kurz nach der Erfindung des Telefons durch Graham Bell gesehen. Edison konstruierte ein Gerät, mit dessen Hilfe man Gespräche mitschneiden und zur Dokumentation

beliebig oft abspielen konnte, den Phonographen. 2

mit einem mobilen persönlichen Sicherheitsmanager, dass viele Teilnehmer die Möglichkeit begrüßten, Belege für erfolgreiche und erfolglose Verbindungsversuche zu erhalten. Bei den Nachgesprächen zu der Studie ergab sich außerdem, dass zusätzlich zu den Verbindungsbestätigungen eine Bestätigung der telefonischen Absprachen gewünscht wurde. 5

Die Problematik der Flüchtigkeit in der Telefonie lässt sich an folgendem Szenario aus dem Bereich des Telefonbanking verdeutlichen:

Ein Kunde besitzt 1000 Aktien von einer Firma, der Kurs dieser Aktien befindet sich zwischen 60,- und 55,- €. Der Kunde gibt telefonisch eine Verkaufsorder seines kompletten Aktienpakets zu einem Stop Loss von 50,- € an seine Bank. Der

I Einleitung 8

Kurs der Aktie stürzt danach auf 18,- € ab, aber die Aktien liegen noch immer in dem Depot des Kunden. Nach einem Anruf bei der Bank erfährt der Kunde, dass die Bank aus unerfindlichen Gründen keine Order erhalten hat. Der Kunde besitzt aber keinen Beleg, mit dem er gegenüber der Bank beweisen könnte, dass er erstens die Order abgegeben hat und zweitens die Bank die Order auch angenommen hat.

In Telefonnetzen ist die Erstellung von Beweisen schwierig, da es sich bei einem Telefongespräch um einen Datenstrom handelt, der direkt ausgegeben und nicht zwischengespeichert wird - ein flüchtiges Medium. Benötigt man aber genau die Information aus dem Datenstrom für einen Beweis, sind Verfahren zur Aufzeichnung der Datenströme notwendig. Die Aufzeichnung von Telefongesprächen ist mit besonderer Aufmerksamkeit zu verwirklichen, damit die Beweisbarkeit nicht zu einer Überwachung wird, welche die Vertraulichkeit der Kommunikation und die kommunikative Selbstbestimmung verletzt. Es sind vorlaufende Aushandlungen mit den Beteiligten und ein Zugriffsschutz für die Beweise notwendig, welche die Privatsphäre der Teilnehmer berücksichtigen.

Die Arbeit soll zeigen, wie über das Telefon Vereinbarungen getroffen und mit Hilfe von Zusatzdiensten Beweise darüber erstellt werden können. Die Beweise werden im Sinne der mehrseitigen Sicherheit und unter Berücksichtigung der kommunikativen Selbstbestimmung erstellt und für alle Betroffenen verfügbar gemacht. Mit Hilfe der Beweise kann dann eine Durchsetzung der Vereinbarungen für alle Beteiligten erreicht werden. So können z.B. Aktienorders über das Telefon übermittelt werden und eventuelle Fehler bei der Ausführung der Order anhand der Beweise aufklärt werden.

Die Kapitel der Arbeit sind wie folgt gegliedert:

Zu Anfang wird anhand einer Definition der Verbindlichkeit gezeigt, wie ein Kommunikationssystem diese generell unterstützen kann. Eine Aufteilung der Verbindlichkeit in Phasen verdeutlicht die auftretenden Schutzbedürfnisse und Anforderungen an eine Unterstützung der Verbindlichkeit [II-1]. Mit der Vertragstheorie wird gezeigt, was für die Einbindung eines Kontrollsystems benötigt wird und wie dies rational zu begründen ist [II-2]. Das Kapitel endet mit einer Zusammenfassung der Kriterien, die für die Durchsetzbarkeit von Vereinba- rung benötigt werden [II-3]. Im dritten Kapitel werden die Schutzziele [III-1] und

I Einleitung 9

die Sicherheitsmechanismen [III-2] vorgestellt, die für die Unterstützung der Ver- berücksichtigt und benötigt werden. Das vierte Kapitel stellt die Mehrwertdienste vor, mit deren Hilfe eine Unterstützung der Verbindlichkeit im Telefonnetz erreicht werden soll [IV-1]. Danach wird gezeigt, wie ein Mehrwertdienst eine Sprachaufzeichnung erstellen kann, die als Beweis für ein Telefongespräch Verwendung findet [IV-2]. Der Abschluss des vierten Kapitels dient der Vorstellung einer konkreten Verwendung der Sprachaufzeichnung im Telefonbanking sowie der Begutachtung nach den Kriterien der Durchsetzbarkeit aus dem ersten Kapitel [IV-3]. Das fünfte Kapitel führt dann den Tele-Zeuge als Verbindlichkeitsdienst ein. Es werden die Benutzerschnittstellen, [V-1] die Anforderungen [V-2] und die Bausteine [V-3] des Tele-Zeugen erläutert. Das sechste Kapitel beschreibt den Ablauf des Tele-Zeugen. Es wird gezeigt, wie der Tele-Zeuge während der Anbahnung [VI-1], der Verhandlung und Vereinbarung [VI-2] und zuletzt bei der Erfüllung [VI-3] der Vereinbarung die Beteiligten in der Verbindlichkeit unterstützt. Zusätzlich wird darauf eingegangen, welche Situationen bei einem vorzeitigen Kommunikationsabbruch eintreten können und wie diese zu behandeln sind [VI-4]. Die Arbeit wird mit einer Bewertung des Tele-Zeuge anhand der Kriterien der Durchsetzbarkeit und mehrseitigen Sicherheit abgeschlossen [VII-1]. Ergänzend wird noch ein Ausblick auf die Verwendungsmöglichkeiten gegeben und die Grenzen in der Verwendung des Telezeugen aufgezeigt [VII-2].

Im Anhang befindet sich der Quellcode des Demonstrators, mit dem der Tele- auf dem 5. Berliner Kolloquium 6 der Gottlieb Daimler- und Karl Benz- in Berlin vorgeführt wurde.

II Verbindlichkeit

II Verbindlichkeit

Verbindlichkeit beschreibt im allgemeinen eine durch Kontrolle gesicherte zu- Erfüllung einer Aussage, die gewöhnlich in Form eines Versprechens

oder einer Weisung abgegeben wird. 7 Sie verbindet das Versprechen (Weisung) mit der realen Erfüllung. Die Verbindung wird meist durch eine gesellschaftliche Kontrolle, wie z.B. ein Rechtssystem, verwirklicht.

„Verbindlichkeit ist die Eigenschaft eines Sprechaktes, daß die wirkliche Erfüllung seines propositionalen Inhalts unter gesellschaftlicher Kontrolle steht. Die Nicht-Erfüllung hat gesellschaftliche Konsequenzen.

Zu den gesellschaftlichen Konsequenzen können die gewaltsame Durchsetzung, die Bestrafung des Verantwortlichen, der Verlust seines Ansehens oder der Verlust des Vertrauens in den Verantwortlichen, Sanktionen durch die betroffene Gruppe usw. gehören. Verbindlichkeit wird einem Sprechakt per Vereinbarung oder per

Konvention oder aufgrund bestehender Autorität zugeordnet.“ 8

Verbindlichkeit kann zwar durch kein elektronisches System garantiert, aber durchaus unterstützt werden. Eine Unterstützung kann dadurch erfolgen, dass Elemente bereitgestellt werden, die eine Kontrolle durch die Gesellschaft ermöglichen. Solche Elemente sind: 10 definierte Formen, welche die Verbindlichkeit der Inhalte gegenüber allen Beteiligten deutlich machen; die Integrität, die eine unbemerkte Veränderung der Inhalte verhindert und den Empfänger und Sender gesichert dokumentieren; und zuletzt der nachweisbare Zugang der authentischen Nachrichten.

II Verbindlichkeit

1. Verbindlichkeit in der Kommunikation

In einer verbindlichen Kommunikation werden nicht nur Inhalte zwischen den Parteien ausgetauscht, sondern jeder Teilnehmer der Kommunikation muss darauf vertrauen können, dass der jeweils andere dieselben Inhalte nicht nur erhalten, vielmehr auch davon Kenntnis genommen hat und sie somit in seine Handlungen mit einbeziehen kann. Bei traditionellen Briefen kann die Garantie der Kenntnisnahme z.B. durch ein Einschreiben erreicht werden. Dabei wird von dem Postboten die persönliche Aushändigung und der daraus zu schließende Kenntnisnahme sichergestellt.

Das Vertrauen auf die Kenntnisnahme basiert auf nicht abstreitbaren Beweisen 11 , die jede Partei im Falle eines Zweifels hervorbringen kann und die von einem Kontrollsystem anerkannt werden. Die Beweise müssen drei Aktionen dokumentieren: erstens das Versenden der Nachricht, zweitens den Empfang der Nachricht und drittens die Kenntnisnahme der Nachricht durch den Empfänger. Erst die Kenntnis (des Inhalts) einer Nachricht ermöglicht dem Empfänger eine Reaktion. Im juristischen Sinne wird die Möglichkeit, Kenntnis von einer Nachricht zu erhalten, auch als Zugang 12 einer Nachricht (Willenserklärung) verstanden, so dass folglich jede Nachricht, die einer Person zugegangen ist, auch als wahrgenommen gilt.

Sollen verbindliche Aussagen über ein Kommunikationssystem übermittelt wer- muss das Kommunikationssystem neben der Integrität der Inhalte sowohl die Zurechenbarkeit der Nachricht als auch die Kenntnisnahme der Empfänger garantieren können. Das Kommunikationssystem muss Kenntnisnahme und die Zurechenbarkeit gegenüber den Beteiligten durch das Erstellen und Verteilen von Beweisen dokumentieren. Wenn die Beteiligten mit Hilfe der Beweise Aktionen der anderen nachweisen können, stehen sie in einer besonderen Beziehung zueinander. Innerhalb dieser Beziehung entstehen unterschiedliche Schutzbedürfnisse, die sich im Verlauf einer Kooperation ändern.

II Verbindlichkeit 12

1.1. Rollenverteilung der Verbindlichkeit

Die besondere Beziehung, in die sich die Parteien durch die unterstützte Verbind- begeben, entsteht durch die nicht abstreitbaren Aktionen. Jede Partei kann das Versenden und Empfangen der integren Nachrichten gegenüber Dritten dokumentieren. Die Beziehung hat ein gemeinsames Ziel, das unter bestimmten

Voraussetzungen 13 erreicht werden soll. Die Beziehung beschreibt die Verbin- des Versprechens mit der geplanten realen Erfüllung, die als Spannungszustand bis zur realen Erfüllung über die Kommunikation hinausgeht. 14 Der Span- kann durch eine Rolleneinteilung beschrieben werden, jeder Kommunikationspartner hat eine bestimmte (nachweisbare) Rolle gegenüber dem anderen. Zum einen gibt es die Rolle, in deren Ausführung ein Versprechen oder eine Zusage abgegeben werden, die später erfüllt werden sollen. Zum anderen gibt es die Rolle desjenigen, der auf die Erfüllung der Zusage vertraut. Es ist möglich, dass eine Partei zugleich sowohl eine „versprechende“ als auch eine „vertrauende“ Rolle inne hat. Notwendig ist lediglich, dass zu jeder Partei mit „versprechender“ und „erfüllender“ Rolle eine zugeordnete „vertrauende“ Partei existiert.

Im weiteren beschränkt sich die Arbeit auf eine einseitige Beziehung, in der nur eine Partei die Rolle des „Versprechenden“ inne hat. Gegenseitige Beziehungen können hierauf zurückgeführt werden.

1.2. Schutzbedürfnis der Rollen

Die Verbindlichkeit gestattet es, eine Partei dafür verantwortlich zu machen, wenn

sie ihr Versprechen nicht innerhalb einer angemessenen Zeit erfüllt. 15 Demzufolge erhält die vertrauende Partei Möglichkeiten, ihr Anrecht auf eine Erfüllung durchzusetzen. Die Grundlage des Erzwingens entsteht demgemäss, dass die versprechende Partei ihr Versprechen nicht leugnen kann. Durch diese Konstellation, die ein Leugnen eines gegebenen Versprechens unmöglich macht, ist es in einer Kooperation erforderlich, die Parteien voreinander zu schützen, um einen ungerechtfertigten Vorteil einer Partei auszuschließen. Einerseits könnte eine Partei durch Maskieren ihrer Identität oder durch Vortäuschen und Verfälschen der Inhalte

II Verbindlichkeit 13

verbindliche Zusagen erhalten, welche die andere Partei sonst nicht abgegeben

hätte. 16 Beispielsweise stellt das Unterschieben von Verträgen ein besonderes Problem dar. 17 Andererseits muss der „Vertrauende“ nach der Abgabe des Versprechens vor Nichterfüllung des Versprechens des „Versprechenden“ geschützt werden. Durch diese zeitlich unterschiedlich auftretenden Schutzbedürfnisse besteht ein wechselseitiges Schutzinteresse zwischen den beiden Parteien. Es ist darauf zu achten, dass eine gleichgewichtige Beziehung zwischen den seiten entsteht, „nach der jede Veränderung eines Verpflichtungszustandes durch

einen Beweis für den begünstigten Partner kompensiert werden muss“. 18

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3. 2.

Abbildung 1 : Warentransaktion

II Verbindlichkeit 14

Während der Kooperation werden neben der Ware und dem Geld Beweise ausge- durch die eine gleichgewichtige Beziehung zwischen Kunde und Händler entsteht. Es lässt sich zu jedem Zeitpunkt feststellen, wer gegenüber wem verpflichtet ist. Jeder neu erstellte Beweis verändert die Funktion des vorangegangenen Beweises. Der Lieferschein z.B. dient als Beweis dafür, dass der Kunde die Ware erhalten und nun zu bezahlen hat, und bestätigt damit auch die Erfüllung der Lieferverpflichtung, die durch die Auftragsbestätigung eingegangen wurde. Die Auftragsbestätigung ändert ihre Beweisfunktion, nachdem die Verpflichtung, die sie belegen kann, erfüllt worden ist. Die Auftragsbestätigung kann nicht mehr dafür verwendet werden, den Händler zur Lieferung der Ware zu zwingen, da der Anspruch der Lieferung schon abgegolten worden ist.

Der Schutz der beiden Parteien besteht folglich darin, dass es ermöglicht wird, jede entstandene Verpflichtung durch einen Beweis zu kompensieren. Um festzulegen, zu welchem Zeitpunkt Beweise benötigt werden und wer Zugriff auf sie haben soll, ist es hilfreich, den Zeitraum zwischen Versprechen und Erfüllung in Phasen einzuteilen.

1.3. Phasen der Verbindlichkeit

Kooperationen beschreiben ein geregeltes Zusammenwirken zum Erreichen eines

gemeinsamen Zieles. 19 Die Kommunikation ist ein Teil der Kooperation, die Kooperation beinhaltet zusätzlich die Handlungen vor und nach der Kommunikation. 20 Eine Kooperation besteht aus fünf Phasen, der Anbahnung, der Verhandlung, der Abwicklung, der Kontrolle und der Durchsetzung. 21 Während der Anbahnung finden sich die Kooperationspartner, in der Verhandlung legen die Beteiligten die Rahmenbedingungen und ihre Interessen fest und treffen eine Vereinbarung über bestimmte Verpflichtungen, die in der Abwicklung erfüllt werden. Die Kontrolle überwacht die Abwicklung und führt im Konfliktfall die zwangsweise Durchsetzung herbei. Die Anbahnung spielt in der Verbindlichkeit ein untergeordnete Rolle, weswegen sie nicht weiter betrachtet wird. Innerhalb der Verhandlung wird die verbindliche Vereinbarung getroffen, wodurch der Spannungszustand beginnt. Es bietet sich daher an, eine veränderte Einteilung der Phasen zu verwenden (vgl. Abb. 2).

II Verbindlichkeit 15

Der verbindliche Anteil einer Kooperation reicht von der Verhandlung bis zur Abwicklung oder im Konfliktfall bis zur Durchsetzung. Die Kommunikation besteht während der Verhandlung und der Vereinbarung. Der Spannungszustand beschreibt die Zeit zwischen der Vereinbarung und der Abwicklung (im Konfliktfall der Durchsetzung). Verbindlichkeit in der Kooperation kann somit als eine zeitlich andauernde Beziehung gesehen werden.

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Abbildung 2 : Phasen der Kooperation

Das Kommunikationssystem, das eine verbindliche Kooperation unterstützen soll, muss folgende Mechanismen bereitstellen können:

1. Mechanismen zur Verhandlung und zur Übermittlung der Vereinbarungen.

2. Mechanismen zur Erstellung und Bereitstellung der nötigen Beweise.

Sowohl die Abwicklung der Vereinbarung als auch die eventuell erzwungene

Durchsetzung erfolgt in der Regel außerhalb des Kommunikationssystems. 22

II Verbindlichkeit 16

verpflichtet ist. Nach der Vereinbarung schützt das Kommunikationssystem den „Vertrauenden“ vor einer Nichterfüllung und den „Versprechenden“ vor einer

ungerechtfertigten Durchsetzung 23 der Vereinbarung. Wird die Vereinbarung erfüllt, müssen die Beweise ungültig werden, damit der „Erfüllende“ vor einer dann unzulässigen doppelt erzwungenen Durchsetzung der Vereinbarung geschützt ist.

Es wurde nun erläutert, wie ein Kommunikationssystem die Verbindlichkeit unterstützt, indem es die Empfänger und Sender, den Nachweis des Zuganges und die Vereinbarungen gesichert dokumentiert. Im nächsten Kapitel wird gezeigt, wie ein Kontrollsystem (Rechtssystem) in die Kooperation eingebunden werden kann und wie definierte Formen eine weitere Unterstützung der Verbindlichkeit erreichen.

2. Vertragstheorie

Bei der Zusammenarbeit im Wirtschaftsleben zwischen rechtlich und wirtschaft- selbständigen Unternehmen, auch Kooperation genannt, werden unter anderem Verträge abgeschlossen. Verträge sind „freiwillig“ getroffene Übereinkünfte von mindestens zwei Parteien, in denen sie sich gegenseitig oder einseitig verpflichten, etwas zu tun oder zu unterlassen. 24 Ein Vertrag ist per se als rechtsver- anzusehen, das Vertrauen in die tatsächliche Einhaltung des Vertrages aber ist von besonderer Bedeutung und kann entweder durch einen Rechtszwang

oder durch einen Wirtschaftszwang 25 erreicht werden. In welcher Form Rechts- Wirtschaftszwänge die Durchsetzbarkeit eines Vertrags erreichen, ist Gegenstand der Vertragstheorie. Sie wurde lange als eine rein juristische Angelegenheit gesehen, erst später haben sich auch die Wirtschaftswissenschaftler dem

Thema zugewandt. 26 Zu den Überlegungen der Juristen, unter welchen Umstän- ein Vertrag als bindend und durchsetzbar anzusehen ist, kamen Überlegungen der Ökonomen dazu, welche Anreize eine Erfüllung im Rechtssinne verbessern

II Verbindlichkeit 17

oder eine Erfüllung von nicht rechtsverbindlichen Vereinbarungen trotzdem errei- können.

2.1. Eigenschaften eines Vertrages

Ein Rechtszwang liegt vor, wenn ein Vertrag den juristischen Tatbestand eines

Vertragsschlusses 27 erfüllt. Der Tatbestand eines Vertragsschlusses besteht aus der Abgabe mindestens zweier Willenserklärungen - Antrag und Annahme. Diese Willenserklärungen müssen inhaltlich übereinstimmen und unter den Vertragspartnern ausgetauscht werden. 28 Die Willenserklärungen beinhalten die Inhalte der Ansprüche und Verpflichtungen der einzelnen Parteien und können grundsätzlich

in beliebiger Art und Weise abgegeben werden. 29 Erfüllt ein Vertrag den Tatbe- eines Vertragsschlusses, ist er rechtsverbindlich. Rechtsverbindlichkeit bedeutet, dass eine unmittelbare Rechtsfolge entsteht, die durch einen Rechtszwang überwacht wird. 30

Warnfunktion und schützt die Parteien vor übereilten Handlungen. Neben der Funktion der erleichterten Beweisführung und der oben genannten Warnfunktion gibt es noch weitere Funktionen, die anhand eines handschriftlich unterzeichneten

Vertrages dargestellt werden können: 32

II Verbindlichkeit 18

abgegebenen Erklärungen dokumentiert werden kann. Die Identitätsfunktion identifiziert zum einen den Aussteller und zum anderen den Erklärenden. Durch die Unverwechselbarkeit der eigenhändigen Unterschrift kann eine unzweideutige Verbindung zur Person des Unterzeichners hergestellt werden. Eine Echtheitsfunktion wird durch die räumliche Verbindung der Unterschrift und des Vertragstextes erreicht. Durch diesen Zusammenhang soll garantiert werden, dass die Erklärung inhaltlich vom Unterzeichner herrührt. Die Verifikationsfunktion befähigt den Empfänger die Echtheit des Vertrages und die Identität des Unterzeichners zu überprüfen. Die Beweisfunktion dient einerseits der Offenlegung 33 des Geschäftsinhaltes und andererseits der Möglichkeit einer Beweisführung

durch einen Beweispflichtigen 34 . Als Warnung fungiert der bewusste Akt des Unterzeichnens der Erklärenden, wodurch sie vor übereilten Rechtsgeschäften

geschützt werden sollen. Eine Überwachung soll in bestimmten Fällen 35 eine Kontrolle ermöglichen.

Neben dem schriftlichen Vertrag gibt es noch andere Formen, die eine gerichtli- Durchsetzung weiter erleichtern oder die oben aufgeführten Eigenschaften verstärken, wie die notarielle Beurkundung oder die öffentliche Beglaubigung.

Bei der notariellen Beurkundung 36 nimmt der Notar über die Abgabe der Willenserklärung ein Protokoll auf und überzeugt sich von der Geschäftsfähigkeit der Erklärenden. Im Gegensatz dazu beschränkt sich bei der öffentlichen Beglaubigung 37 der Notar oder eine andere zuständige Urkundsperson darauf, die Echt- der Unterschrift schriftlich zu dokumentieren. Diese besonderen Formen des Vertragsschlusses werden entweder durch Formerfordernisse erzwungen oder freiwillig verabredet. Wenn die Parteien die Beurkundung eines abzuschließenden Vertrages vereinbaren, wird damit nicht nur ein vor Gericht anerkanntes Beweismittel geschaffen, vielmehr gilt dann auch, dass der Vertrag erst mit dem Vollzug

der Unterschriften und der Beurkundung abgeschlossen ist. 38 So kann durch die Verabredung gesonderter Vertragsformen nicht nur der Beweis und damit die Durchsetzung erleichtert werden, sondern auch die Trennung von Vorverhandlungen und Vertragsabschluss verdeutlicht werden, um auf diese Weise eine beson-

II Verbindlichkeit 19

dere Abschluss- und Warnfunktion zu erzielen. Dabei wird die Gültigkeit des

Rechtsgeschäfts von der Einhaltung der vereinbarten Form abhängig gemacht, 39 der Mangel der gewillkürten Form führt zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes. 40

Sollen Verträge über Telekommunikationssysteme geschlossen werden, so müs- diese Systeme ebenfalls die Beweisbarkeit unterstützen und einen Schutz der

Vertragspartner gewährleisten können. 41 Die digitale Signatur z.B. ermöglicht, die eigenhändige Unterschrift adäquat in elektronischer Form abzubilden, 42 wobei die Eigenschaften der handschriftlichen Unterschrift mit übernommen werden. Durch das Signaturgesetz (SigG) sind die juristischen Rahmenbedingungen geschaffen worden, welche die gerichtliche Anerkennung sicherstellen. Mit der digitalen Signatur können über das Internet Verträge abgeschlossen werden, die eine vergleichbare Beweisbarkeit vor Gericht ermöglichen, ähnlich handschriftlich unterzeichneter Verträge. Einen Einsatz der digitalen Signatur in Telefonnetzen wirft dagegen einige Probleme auf: Es fehlt das Dokument, das unterschrieben werden kann. Inhalte, die über das Telefon übermittelt werden, sind flüchtig und können nicht archiviert werden. Auch wenn grundsätzlich über das Telefon rechtsverbindliche mündliche Verträge geschlossen werden können, ist ihre Beweisbarkeit im Streitfall fast unmöglich.

Juristisch gesehen ist ein Vertrag durch die Abgabe zweier übereinstimmender Willenserklärungen rechtsverbindlich - im praktischen Leben ist jedoch die Durchsetzbarkeit entscheidend. Besonders gute Chancen auf Durchsetzung haben Verträge, die vor Gericht in der Beweiswürdigung gut belegbar sind. Deshalb soll in dieser Arbeit gezeigt werden, welche Eigenschaften notwendig oder dienlich sind, um die Durchsetzbarkeit zu erhöhen. Es ist die Frage, welche

II Verbindlichkeit 20

funktionierenden und mehrseitig sicheren Methoden es gibt, die eine verbindliche Telekooperation unterstützen. Damit wird es notwendig, im ersten Schritt eine Erhöhung der Sicherheit elektronisch gestützter Kooperation zu garantieren. Kommt ihnen dann faktisch Sicherheit zu, so können sie auch nach momentaner Gesetzeslage im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung nach § 286

Zivilprozessordnung (ZPO) berücksichtigt werden. 43

2.2. Ökonomische Sichtweise

Es wurde erläutert, welche Eigenschaften Verträge benötigen, damit sie rechtsver- sind und vor Gericht bewiesen werden können. Aus der ökonomischen Sichtweise ist es auch rational begründbar, warum es sinnvoll ist, dass Verträge vor Gericht bewiesen werden können.

Eine Hypothese der Vertragstheorie besagt, dass rationale Parteien nur Verträge

abschließen und auch einhalten, die umfassend und verifizierbar sind. 44 Umfas- ist ein Vertrag dann, wenn er alle Eventualitäten in eindeutiger Weise berücksichtigt und festlegt. Dabei lässt der umfassende Vertrag im Streitfall für das Gericht keinen Ermessensspielraum mehr, so dass die Ergebnisse zwischen „freiwilliger“ und „erzwungener“ Erfüllung sich nur durch die Gerichtskosten unterscheiden und ein Gang vor Gericht sich für beide Parteien nicht lohnt. Als verifizierbar gilt ein Vertrag, wenn er gegenüber einem Gericht beweisbar ist und zwangsweise durchgesetzt werden kann. Ein nicht-verifizierbarer Vertrag wird in der Vertragstheorie als entbehrlich angesehen, da durch die mangelnde Beweisbarkeit das Gericht nicht mehr als Informationsbeschaffer gesehen werden kann. Das Gericht verfügt über keine Informationen, die nicht auch den Parteien zugänglich sind. Die gerichtliche Entscheidungskompetenz basiert dann auf einer Zufallsgröße, da die wahren Sachverhalte vom Gericht nicht festgestellt werden können. Das Gericht fällt die Entscheidung nach Abwägung der Wahrscheinlichkeit der Sachverhalte. Die Parteien können die Entscheidung nicht vorhersagen, da sie nicht wissen, welche Sachverhalte das Gericht für wahrscheinlich erachtet. Für die Parteien ist es dadurch nicht unbedingt vorteilhafter, den Vertrag von Anfang an einzuhalten, da eine gerichtliche Durchsetzung sich im Ergebnis von der „freiwilligen“ Einhaltung des Vertrages unterscheiden kann. Die Zufallsgröße der Entscheidung wird aber von den Parteien in ihrem Verhalten nicht berücksichtigt,

II Verbindlichkeit 21

da sie als vertraglich wertlos angesehen werden kann. 45 Der Abschluss von verifi- Verträgen stellt damit keine der Parteien schlechter, bestenfalls durch die Abwendung der Gerichtskosten eher besser, gegenüber dem Abschluss von nicht-verifizierbaren Verträgen, die dadurch entbehrlich werden.

Wenn es rational begründbar ist, dass Verträge umfassend und verifizierbar sein sollten, sollten auch Verträge über elektronische Medien geschlossen werden die umfassend und verifizierbar sind.

Umfassende Verträge haben Modellcharakter und können innerhalb einer Koope- nur angestrebt werden. Die Anforderung eines umfassenden Vertrages bezieht sich auf den Vertragsinhalt und ist unabhängig von dem benutzten Medium, in welchem der Vertrag abgeschlossen wird.

Verifizierbare Verträge hingegen sind in der handschriftlichen Kooperation ohne weiteres zu realisieren, in einer Telekooperation jedoch noch schwer abzubilden, da die Verifizierbarkeit von dem verwendeten Medium abhängt. Bei einer asynchronen Kommunikation, 46 z.B. Email, kann die Kommunikation direkt archi- wie auch mit einer digitalen Signatur unterschrieben werden, wodurch die Beweise auch gerichtlich anerkannt werden. Es ist somit durch die zusätzliche Verwendung der digitalen Signatur möglich, Beweise der Kommunikation zu

erstellen und auszutauschen. In einer synchronen Kommunikation, 47 z.B. Telefon, fehlt die Möglichkeit, die Kommunikation zu archivieren und damit beweisbar zu machen. Eine Beweissicherung, wie sie für verifizierbare Verträge notwendig ist, benötigt ein Verfahren, dass auf das benutzte Medium (z.B. Telefon) abgestimmte ist.

3. Kriterien der Durchsetzbarkeit

Die gesicherte reale Erfüllung ist auch dann das Ziel einer verbindlichen Verein- wenn die Erfüllung nicht von selbst erfolgt. Die Durchsetzung der Erfüllung wird bedeutsam, wenn es sich um eine zwangsweise Durchsetzung z.B. im Konfliktfall handelt. Die Kriterien der Durchsetzbarkeit beschreiben, wie realis-

II Verbindlichkeit 22

tisch das Erzwingen der Vereinbarung ist. So ist man diesbezüglich geneigt zu sagen, ein schriftlicher Vertrag sei „verbindlicher“ als ein mündlicher Vertrag, obwohl eigentlich gemeint ist: Ein schriftlicher Vertrag ist einfacher durchsetzbar, da er gegenüber einem Gericht besser als ein mündlicher Vertrag bewiesen werden kann. Die Anforderungen an ein Kommunikationssystem, das die Verbindlichkeit unterstützt, indem es eine Durchsetzung ermöglicht, lassen sich in fünf aufeinander aufbauende Kriterien ableiten:

1. Zurechenbar: Personenbezug von Aktionen und Aussagen.

2. Rechtsverbindlich: Kontrollsystem wird mit einbezogen, Tatbestand des Vertragsschlusses: Antrag und Annahme.

3. Verifizierbar: Sachverhalte können mit Beweisen gegenüber dem Kontrollsystem dokumentiert werden.

4. Durchsetzbar: Beweise werden von dem Kontrollsystem anerkannt.

5. Mehrseitig Jede Partei kann aus eigenen Mitteln einen durchsetzbar : Beweis antreten.

Die Kriterien bauen logisch aufeinander auf. Es sind keine direkte technischen Implikationen gegeben. So ist Verifizierbarkeit von nicht rechtsverbindlichen Vereinbarungen nutzlos, andererseits beinhaltet Rechtsverbindlichkeit die Zurechnung der Willenserklärungen. Weiter können Beweise auch nur dann anerkannt und hervorgebracht werden, wenn sie existieren.

Jedes der genannten Kriterien ermöglicht eine zunehmend konfliktfreiere Durch- einer Vereinbarung. Die erste Stufe der Kriterien stellt sicher, wer für eine

Aktion verantwortlich gemacht werden soll. 48 Zurechenbarkeit wird unterstützt, wenn aus dem Kommunikationsmedium hervorgeht, zwischen wem die Nachrichten ausgetauscht werden. Beispielsweise definiert in broadcast Medien nicht das Kommunikationssystem den Empfänger der Nachricht. Das zweite Kriterium definiert das Kontrollsystem, welches die Durchsetzung garantieren soll, indem

seine Anforderungen erfüllt werden können - Tatbestand des Vertragsschlusses. 49 Die dritte Stufe ermöglicht, dass das Kontrollsystem die Verbindlichkeit der

II Verbindlichkeit 23

Kommunikation erkennt und die Nachrichten und Aktionen anhand von Beweisen nachvollziehen kann. Dies ist notwendig, damit es eine den richtigen

Sachverhalten entsprechende Durchsetzung gestalten kann. 50 Die vierte Stufe garantiert die Anerkennung der Beweise durch das Kontrollsystem. 51 Die Echtheit der Beweise muss für das Kontrollsystem ersichtlich sein. Das fünfte und letzte Kriterium ermöglicht, dass alle Beteiligten eine ihren Interessen entsprechende

Durchsetzung erreichen können. 52 Die Beteiligten sollen in der Lage sein, unabhängig voneinander einen Beweis aus eigenen Mitteln anzutreten.

In der Telefonie kann z.B. mit einer Voice Mail 53 ohne weiteres eine verbindliche Aussage getroffen werden, z.B. ein Kunde erteilt seiner Bank eine Order. Die Aussage kann dem Sender und dem Empfänger zugerechnet werden, eine Durchsetzung lässt sich aber nur schwerlich erzwingen: Eine Rechtsverbindlichkeit ist, solange die Bank die Order nicht angenommen hat, durch die mangelnde Annahme nicht gegeben. Die Aussage kann gegenüber einem Dritten nicht bewiesen werden, da die Voice Mail nach dem Abhören nicht mehr verfügbar ist. Da keine Beweise zur Verfügung stehen, können sie weder von Dritten anerkannt, noch von allen Beteiligten hervorgebracht werden. Führt der Kunde ein Telefongespräch mit seiner Bank, wobei der Sachbearbeiter antwortet, dass er die Order annimmt, ist die Kommunikation entsprechend dem zweiten Kriterium rechtsverbindlich, da die Annahme des Antrages erfolgt ist. Dieser mündliche Vertrag ist aber mit Hilfe des Kommunikationssystems immer noch nicht beweisbar. Übermittelt der Kunde seine Aktienorder per Fax und die Bank bestätigt ihm die Annahme der Order ebenfalls per Fax, so haben beide Beteiligten einen Beweis der Order. Dass ein Fax als Beweis vor Gericht anerkannt wird, ist aber nicht

zwangsläufig der Fall. 54 Werden die Beweise vor Gericht nicht anerkannt, können auch nicht alle Beteiligten aus eigenen Mitteln einen Beweis antreten.

Ein Kommunikationssystem kann danach bewertet werden, welche der oben ge- Kriterien der Durchsetzbarkeit unterstützt werden. Je mehr Unterstützungen durch das System gegeben sind, desto geeigneter ist es für eine Kooperation. Fehlen einige Unterstützungen, können diese durch Zusatzdienste

II Verbindlichkeit 24

eventuell ergänzt werden. So wird Emails, denen im Rechtssinne vergleichbar mit einem Telefax kein Beweiswert zugerechnet wird, durch die Verwendung der digitalen Signatur (nach SigG) ein Beweiswert - vergleichbar mit einem handschriftlich unterzeichneten Dokument - zugerechnet.

Bewertet man das Telefon mit Blick auf die Unterstützung der Verbindlichkeit, stellt man fest, dass es sich nicht um ein geeignetes Kommunikationsmedium für eine verbindliche Kooperation handelt, da die Durchsetzbarkeit nicht garantiert werden kann. Die Wahl für ein Medium wird aber nicht allein aufgrund der geforderten Aufgaben und ihrer Eignung getroffen, wie das der aufgabenorientierte

Ansatz 55 der Media-Choice Forschung erklärt, sondern auch auf Grund anderer Einflüsse bestimmt. 56 Das Telefon bietet z.B. aus Sicht anderer Media-Theorien 57 durchaus Vorzüge, so dass trotz mangelnder Beweiseignung das Medium Telefon für Kooperationen gewählt wird. So wird nach der Media-Richness-Theorie das Telefon als ein sehr „reiches“ Medium angesehen, welches sich gut für komplexe

Kommunikationsaufgaben eignet. 58 Die Theorie der subjektiven Medienakzep- 59 und des Social-Influence-Ansatz 60 liefern Erklärungen, die aufgrund der Verbreitung und Akzeptanz das Telefon als ein geeignetes Medium erscheinen lassen.

Die Wahl des Kommunikationssystems wird daher meist unter anderen Gesichts- z.B Akzeptanz oder Praktikabilität 61 , und nicht unter Sicherheitsaspekten getroffen, 62 da die Sicherheit nicht das verfolgte Primärziel ist. 63 Sicherheit kann

II Verbindlichkeit 25

hierbei also eher in der Rolle eines Technikfolgers angesehen werden, weswegen

Sicherheitslücken meist erst beim Einsatz der Technik erkannt werden. 64

III Sicherheitsmechanismen 26

III Sicherheitsmechanismen

Sicherheitsmechanismen sind die technischen Werkzeuge, mit denen Sicherheits- realisiert werden. Ein Verbindlichkeitsdienst ist ein Sicherheitsdienst, der die Verbindlichkeit unterstützt. Sicherheitsmechanismen für die Verbindlichkeit können Quittungen, Log-Dateien oder digitale Signaturen sein. Quittungen und Log-Dateien stellen Beweise dar, die Sachverhalte dokumentieren. Wegen möglicher Manipulationen ist eine Beweiskraft elektronischer Beweise gering, so dass sie keine Rechtssicherheit bieten können. Die Rechtssicherheit wird erst durch digitale Signaturen erreicht, welche die Echtheit garantieren und dadurch eine Akzeptanz der Beweise ermöglichen. In Telefonnetzen liegt der Schwerpunkt eines Verbindlichkeitsdienstes in der Erstellung von Beweisen, welche die flüchtige Kommunikation dokumentierbar machen, erst dann können digitale Signaturen für eine Akzeptanz der Beweise sorgen.

Eine Realisierung eines Verbindlichkeitsdienstes hängt nicht nur vom jeweiligen Kommunikationssystem (Medium) ab, sondern auch von anderen Sicherheitsanforderungen. Weiterhin sind für die Realisierung von Sicherheitsdiensten vertrauensbildende Infrastrukturen notwendig, die sich aus allen Einrichtungen zusammensetzen, die für die Übermittlung von Informationen verwendet werden. 65 Für eine mehrseitige Sicherheit wird diese Infrastruktur zusätzlich zu den Einrichtungen noch um alle beteiligten Personen erweitert. 66 Die Schutzbedürfnisse aller Beteiligten werden mit Hilfe von Schutzzielen definiert, die im nächsten Abschnitt erläutert werden.

1. Schutzziele

Im Ganzen lassen sich die Schutzziele in drei Gruppen 67 mit mehreren Untergruppen zusammenfassen: die Vertraulichkeit (confidentiality), die den Schutz der Privatsphäre garantiert; die Gebrauchsfähigkeit (fitness for use), welche die Kommunikationssysteme und Kommunikationsinhalte vor Fremdeinwirkungen und Störungen schützt; und die Zurechenbarkeit (accountability), welche die Verantwortlichkeit für Handlungen den Verursachern zurechnet. In der

Literatur finden sich auch andere Aufteilungen, wie eine Vierteilung 68 in

III Sicherheitsmechanismen 27

Vertraulichkeit, Integrität, Zurechenbarkeit und Verfügbarkeit. Zumeist werden dieselben Schutzziele genannt, je nach Einteilung unterscheiden sie sich nur in ihrer Granularität und ihrer Betrachtungsweise. Die weitere Betrachtung beschränkt sich auf die Dreiteilung, da hier das Schutzziel der Zurechenbarkeit ausreichend detailliert beschrieben ist, um eine spätere Formulierung der Verbindlichkeit als Schutzziel zu treffen. Die folgenden Beschreibungen sind im wesentlichen aus [Ran98] entnommen.

1.1. Vertraulichkeit

Die Vertraulichkeit 69 soll entweder durch Datenvermeidung oder Datenfluss- erzielt werden.

Ende der Leseprobe aus 91 Seiten

Details

Titel
Möglichkeiten zur Gestaltung verbindlicher Telekooperation
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Note
1.1
Autor
Jahr
2001
Seiten
91
Katalognummer
V185640
ISBN (eBook)
9783656982708
ISBN (Buch)
9783867465373
Dateigröße
5826 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
möglichkeiten, gestaltung, telekooperation
Arbeit zitieren
Moritz Strasser (Autor:in), 2001, Möglichkeiten zur Gestaltung verbindlicher Telekooperation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185640

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