Der Business Plan als Mittel zur Minderung der vorvertraglichen Informationsasymmetrie zwischen Venture-Capital-Geber und Start-up


Diplomarbeit, 2001

98 Seiten, Note: 1.7


Leseprobe


Diplomarbeit
zum Thema
Der Business Plan als Mittel zur Minderung der
vorvertraglichen Informationsasymmetrie zwischen
Venture-Capital-Geber und Start-up
Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt
Organisation und Personalwesen
Universität Passau
Innstraße 27
94032 Passau
Eingereicht am: 17. April 2001
Eingereicht von: Thomas Wiechert
6. Fachsemester

Wahrheit steht am Anfang des Vertrauens. Je echter die Wahrheit, um so kürzer der Weg
der Verständigung.
Sören Kierkegaard

i
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
...
i
Abkürzungsverzeichnis .
...
ii
Symbolverzeichnis
...
v
Abbildungsverzeichnis
...
vi
Tabellenverzeichnis
...viii
1. Einleitung
...
1
2. Informationsasymmetrie im Venture Capital Markt
...
3
2.1 Anforderungen an den Business Plan
...
9
2.2 Aufbau des Business Plans
...
14
3. Die Aufgaben des Business Plans aus Sicht der Vertragstheorie
...
23
3.1 Einsatz des Business Plans als Kommunikationsmittel
...
24
3.2 Einsatz des Business Plans zur Kapitalbeschaffung
...
27
3.3 Einsatz des Business Plans als Controllinginstrument
...
30
4. Ausblick
...
35
Anhang
...
I
Glossar
...
II
Gesetzestexte
...
XIV
Interview
...
XVI
Empirie
...
XVIII
Literaturverzeichnis
...XL
Inhaltsverzeichnis

ii
Abkürzungsverzeichnis
Abb. Abbildung
Abs. Absatz
AG Aktiengesellschaft
Apr April
BAND
Business Angel Netzwerk Deutschland
BGB Bürgerliches
Gesetzbuch
BMWi
Bundesministerium für Wirtschaft und
Technologie
BP Business
Plan
BVK Bundesverband
Deutscher
Kapitalbeteiligungsgesellschaften
bzw. beziehungsweise
c.i.c.
culpa in contrahendo
c.p. ceteris
paribus
COO
Chief Operating Officer
CVC Corporate
Venture-Capital
d.h. das
heißt
Diss. Dissertation
E-Commerce Electronic
Commerce
EK Eigenkapital
E-Mail Electronic
Mail
et al.
et alii
etc. et
cetera
F&E
Forschung und Entwicklung
f. folgende
Abkürzungsverzeichnis

iii
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Hrsg. Herausgeber
inkl. inklusive
IPO
Initial Public Offering
IT Informationstechnologie
Jg. Jahrgang
Jr. Junior
Jul Juli
LBO
Leveraged Buy Out
MBI
Management Buy In
MBO
Management Buy Out
M-Commerce Mobile
Commerce
NEMAX Neuer-Markt-Index
No. Number
Nr. Nummer
o.ä. oder
ähnliches
o.O. ohne
Ort
o.V. / O.V.
ohne Verfasser / Ohne Verfasser
OECD
Organisation for Economic Co-Operation and
Development
Okt Oktober
PC Personalcomputer
RdNr. Randnummer
S. Seite
SIM
Subscriber Identification Module
SPSS
Statistical Package for the Social Sciences
StGB Strafgesetzbuch
Tab. Tabelle
Abkürzungsverzeichnis

iv
TIME Telekommunikation,
Informationstechnologie,
Multimedia, Entertainment
u.ä. und
ähnliche
US United
States
USA
United States of America
USP
Unique Selling Proposition
VC Venture-Capital
Vgl. Vergleiche
Vol. Volume
WWW
World Wide Web
z.B. zum
Beispiel
Abkürzungsverzeichnis

v
Symbolverzeichnis
% pro
centum
& und
§ Paragraph
§§ Paragraphen
E
mS
Erwartungswert mit Screening
E
oS
Erwartungswert ohne Screening
N Anzahl
t Zeit
Symbolverzeichnis

vi
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: NEMAX-All-Share-Performance-Index
...
1
Abb. 2: Die Wertschöpfungskette von Venture-Capital-Gebern
...
3
Abb. 3: Zusammenhang von Screening und Kapitalrückfluß
...
9
Abb. 4: Aufbau eines Business Plans
...
15
Abb. 5: Zielgruppen eines Business Plans
...
25
Abb. 6: Phasen der Venture-Capital-Finanzierung
...
29
Abb. 7: Aufgabenbereich des Controlling innerhalb der Unternehmensführung
...
32
Abb. 8: Dilbert-Comic: Business Plan
...
36
Abb. 9: Positionierung im Venture-Capital-Markt
...
XXII
Abb. 10: Investmentfokus nach Branchen
...
XXIII
Abb. 11: Investitionen innerhalb der Early Stage
...
XXIV
Abb. 12: Investitionen in forschungs- und entwicklungsintensive Branchen
...
XXIV
Abb. 13: Information durch Auswahlverfahren
...
XXV
Abb. 14: Investition unter Informationsasymmetrie
...
XXV
Abb. 15: Möglichkeiten zum Abbau von Informationsasymmetrie
...
XXVII
Abb. 16: Bedeutung der Executive Summary
...
XXVI
Abb. 17: Bedeutung der Produktidee
...
XXVII
Abb. 18: Bedeutung des Unternehmerteams
...
XXVIII
Abb. 19: Bedeutung des Marketings
...
XXVIII
Abb. 20: Bedeutung des Geschäftssystems / der Organisation
...
XXIX
Abb. 21: Bedeutung des Realisierungsfahrplans
...
XXIX
Abb. 22: Bedeutung der Risiken
...
XXX
Abb. 23: Bedeutung des Finanzplans
...
XXX
Abb. 24: Bedeutung des Gesamtplans
...
XXXI
Abb. 25: Abweichung von Plan und Realität
...
XXXI
Abbildungsverzeichnis

vii
Abb. 26: Bereiche, in denen die Realität vom Plan abweicht
...
XXXII
Abb. 27: Bedeutung des Business Plans als Controllinginstrument
...
XXXIII
Abb. 28: Begründung für die Eignung des Business Plans als
Controllinginstrument
...
XXXIV
Abb. 29: Begründung für die Ablehnung des Business Plans als
Controllinginstrument
...
XXXIV
Abb. 30: Maßnahmen, um Ziele im Business Plan zu erreichen
...
XXXV
Abb. 31: Maßnahmen, wenn Ziele im Business Plan nicht erreicht wurden
...
XXXVI
Abb. 32: Einflußnahme auf die Unternehmensführung gewollt?
...
XXXVII
Abb. 33: Einflußnahme auf die Unternehmensführung möglich?
...
XXXVII
Abb. 34: Einflußnahme auf die Unternehmensführung über Aufsichtsrat / Beirat
...
XXXVIII
Abb. 35: Einflußnahme auf die Unternehmensführung über Staging
...
XXXVIII
Abb. 36: Sonstige Möglichkeiten der Einflußnahme auf die
Unternehmensführung
...
XXXIX
Abbildungsverzeichnis

viii
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Positionierung im Venture-Capital-Markt
...
XXII
Tab. 2: Investmentfokus nach Branchen
...
XXIII
Tab. 3: Investitionen innerhalb der Early Stage
...
XXIII
Tab. 4: Investitionen in forschungs- und entwicklungsintensive Branchen
...
XXIV
Tab. 5: Information durch Auswahlverfahren
...
XXIV
Tab. 6: Investition unter Informationsasymmetrie
...
XXV
Tab. 7: Möglichkeiten zum Abbau von Informationsasymmetrie
...
XXVI
Tab. 8: Bedeutung der Executive Summary
...
XXVII
Tab. 9: Bedeutung der Produktidee
...
XXVII
Tab. 10: Bedeutung des Unternehmerteams
...
XXVIII
Tab. 11: Bedeutung des Marketings
...
XXVIII
Tab. 12: Bedeutung des Geschäftssystems / der Organisation
...
XXIX
Tab. 13: Bedeutung des Realisierungsfahrplans
...
XXIX
Tab. 14: Bedeutung der Risiken
...
XXX
Tab. 15: Bedeutung des Finanzplans
...
XXX
Tab. 16: Bedeutung des Gesamtplans
...
XXXI
Tab. 17: Abweichung von Plan und Realität
...
XXXI
Tab. 18: Bereiche, in denen die Realität vom Plan abweicht
...
XXXII
Tab. 19: Bedeutung des Business Plans als Controllinginstrument
...
XXXIII
Tab. 20: Begründung für die Eignung des Business Plans als
Controllinginstrument
...
XXXIII
Tab. 21: Begründung für die Ablehnung des Business Plans als
Controllinginstrument
...
XXXIV
Tab. 22: Maßnahmen, um Ziele im Business Plan zu erreichen
...
XXXV
Tab. 23: Maßnahmen, wenn Ziele im Business Plan nicht erreicht wurden
...
XXXVI
Tab. 24: Einflußnahme auf die Unternehmensführung gewollt?
...
XXXVII
Tabellenverzeichnis

ix
Tab. 25: Einflußnahme auf die Unternehmensführung möglich?
...
XXXVII
Tab. 26: Einflußnahme auf die Unternehmensführung über Aufsichtsrat / Beirat
...
XXXVIII
Tab. 27: Einflußnahme auf die Unternehmensführung über Staging
...
XXXVIII
Tab. 28: Sonstige Möglichkeiten der Einflußnahme auf die
Unternehmensführung
...
XXXIX
Tabellenverzeichnis

1
1 Einleitung
Eine Trendwende auf dem Kapitalmarkt hat in letzter Zeit wesentlich dazu beigetragen,
daß Unternehmensgründer nur noch erschwert Zugang zur Ressource Kapital finden.
Kapital ist durchaus vorhanden, doch Kapitalgeber sind zur Zeit äußerst vorsichtig, was
Investitionen in junge Unternehmen betrifft.
1
Gründe hierfür sind einerseits das gesunkene
Vertrauen in die New Economy
2
, andererseits aber auch die mangelnde Nachhaltigkeit
vieler Geschäftsmodelle
3
. Sehr deutlich zeigt sich diese fehlende Nachhaltigkeit im
geradezu freien Fall der Technologiewerte, was Abbildung 1 am Kursverlauf des NEMAX
4
verdeutlicht.
Abb. 1: NEMAX-All-Share-Performance-Index
5
Besonders hart betroffen von dem Kurseinbruch sind New Economy-Unternehmen, deren
Geschäftsmodelle häufig auf den bestehenden Möglichkeiten (E-Commerce, M-
Commerce)
6
und der zukünftigen Entwicklung des Internets basieren.
Verstärkt wurde der allgemeine Negativtrend auch durch die Veröffentlichung des Barron's
Table of Burn Victims.
7
In diesem Schaubild wurden Unternehmen und eine prognostizierte
Zeitspanne bis zu ihrer Illiquidität (Cash-Burn-Rate)
8
aufgelistet, was zu einer regelrechten
Sterbewelle unter jungen Unternehmen geführt hat.
9
Expertenmeinung zufolge wird aufgrund der gegenwärtigen Entwicklung das gesamte
1
Vgl. Boehringer/Weber (2001), S. 28.
2
Siehe Glossar, S. VII.
3
Vgl. Müller/Preissner (2000).
4
Siehe Glossar, S. VII.
5
Eigene Bearbeitung nach Deutsche Bank 24 (2001).
6
Siehe Glossar, S. IV und S. VI f.
7
Vgl. Willoughby (2000).
8
Siehe Glossar, S. III.
9
Vgl. Webmergers.com (2001).
Einleitung
t
2000
4000
6000
8000
Punkte

2
Auswahlverfahren der Venture-Capital-Geber
10
härter werden, was schließlich auch auf die
Prüfung von Business Plans
11
zutreffen wird.
12
Dem Kapitalgeber stehen jedoch naturgemäß weniger Informationen über die potentielle
Investition zur Verfügung als den Gründern. Diese ungleiche Verteilung von Informationen
zwischen zwei Parteien wird Informationsasymmetrie genannt.
13
Dadurch läuft der
Kapitalgeber Gefahr, in eine Unternehmung zu investieren, in die er bei weitestgehend
vollständiger Information möglicherweise nicht investiert hätte.
14
Dies bedeutet letzten
Endes, daß der Prozeß der Auslese auch zu einer Anti-Selektion (,,Adverse Selection"
15
)
statt der angestrebten Selektion führen kann.
16
Zur Analyse dieser Problematik wird auf Ansätze der ökonomischen Vertragstheorie
zurückgegriffen, die Aspekte der Property Rights, der Transaktionskosten- und der Agency
Theorie ebenso berücksichtigt wie die Existenz unvollständiger Verträge
17
.
Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Untersuchung vorvertraglicher Informations-
asymmetrie, die sich zwischen Venture-Capital-Geber und Start-up
18
zeigt.
Basierend auf den angesprochenen theoretischen Grundlagen soll in der vorliegenden
Arbeit geprüft werden, ob der Business Plan zur Minderung asymmetrisch verteilter
Informationen und damit zur Vermeidung einer Fehlauswahl seitens des Investors geeignet
ist. Um ein aktuelles Bild der Problematik zu erhalten und Aussagen besser fundieren zu
können, wurde eine empirische Untersuchung durchgeführt, deren Beschreibung und
Auswertung im Anhang zu finden ist.
Im folgenden Kapitel wird zunächst bestehende asymmetrische Informationsverteilung vor
Vertragsschluß im Venture-Capital-Markt dargestellt. Weiterhin werden daraus
resultierende Anforderungen an den Business Plan sowie sein Aufbau erläutert. Im sich
anschließenden dritten Kapitel werden die Aufgaben des Business Plans unter Einbezug
der Vertragstheorie angeführt. Das letzte Kapitel enthält eine Zusammenfassung der
Ergebnisse und gibt Anregungen für eine Weiterführung herausgearbeiteter
Lösungsansätze.
10
Siehe Glossar, S. XII.
11
Siehe Glossar, S. II.
12
Vgl. Boehringer/Weber (2001), S. 28.
13
Vgl. Akerlof (1970), S. 489 f.
14
Vgl. Al-Suweilem (2001).
15
Eisenhardt (1989), S. 61.
16
Vgl. Eisenhardt (1989), S. 61.
17
Vgl. Holmstrom/Tirole (1989), S. 63-133 zur ökonomischen Vertragstheorie im allgemeinen.
18
Siehe Glossar, S. IX.
Einleitung

3
2
Informationsasymmetrie im Venture-Capital-Markt
Grundlagen
Zur Finanzierung einer Unternehmensgründung wird in Deutschland seit Mitte der 1980er
Jahre in zunehmendem Maße Venture-Capital
19
eingesetzt.
20
Dieses Kapital wird jungen
Unternehmen über sogenannte Risikokapitalgeber zur Verfügung gestellt.
In Analogie zur Wertschöpfungskette von Porter
21
kann auch die Vergabe von Venture-
Capital und die sich anschließende Betreuung des Investments
22
in verallgemeinerten
Prozessen zwischen Venture-Capital-Geber und Start-up abgebildet werden.
23
Abb. 2: Die Wertschöpfungskette von Venture-Capital-Gebern
24
Die Stufen eins (Fund Raising) bis vier (Decision Making) der Wertschöpfungskette
umfassen den Zeitraum vor Vertragsschluß zwischen Risikokapitalgeber und Start-up.
Anhand der Wertschöpfungskette lassen sich zwei vorvertragliche Phasen ableiten, in
denen einseitige asymmetrische Informationsverteilung zwischen Venture-Capital-Geber
und Start-up auftreten kann, nämlich die Phase des Dealflow und der Due Diligence. Diese
ungleiche Informationsverteilung kann Einfluß auf die Investitionsentscheidung in der
nachfolgenden Phase (Decision Making) haben.
Bezeichnet man die informierte Partei als Agent und die nicht-informierte Partei als
Principal, so kann das Start-up als Agent betrachtet werden, der über Informationen
bezüglich einer Qualitätseigenschaft (Hidden Characteristics) verfügt, die dem
19
Siehe Glossar, S. X f.
20
Vgl. Zemke (1998), S. 18.
21
Vgl. Porter (1985), S. 33-61 zu den Ansätzen der Wertkette im allgemeinen.
22
Siehe Glossar, S. VI.
23
Vgl. Zemke (1998), S. 18.
24
Eigene Bearbeitung nach Bygrave/Timmons (1992), S. 13-15; Zemke (1998), S. 19.
Siehe Glossar, S. II-XIII zur Klärung der Fachbegriffe.
Informationsasymmetrie im Venture-Capital-Markt
Fund
Raising
Dealflow
Due
Diligence
Exit
Decision
Making
Monitoring
Suche von
Investoren /
Kapitalgebern
Zugang zu
Beteiligungs-
projekten
Prüfung von
Beteiligungs-
projekten
Entscheidungs-
findung / Ver-
tragsgestaltung
Beteiligungs-
controlling /
Betreuung
Desinvestition /
Gewinnrealisierung
t

4
Risikokapitalgeber (Principal) nicht oder zumindest nicht kostenlos zugänglich sind.
25
Die
vorenthaltenen Informationen können beispielsweise die Qualität der Produktidee, die
Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells oder sogar die persönliche sowie die fachliche
Qualifikation der Gründer betreffen. Ob und in welchem Umfang ungleiche Informationen
vorliegen, wird sich jedoch erst im Laufe der Monitoring-Phase herausfinden lassen,
sobald eine intensivere Geschäftsbeziehung besteht.
Bereits bei der Akquisition potentieller Beteiligungsprojekte (Dealflow) können ungleiche
Informationen auf dem Markt der Risikokapitalnachfrager dazu führen, daß eine falsche
Vorauswahl getroffen wird. Später erschweren dann die verborgenen Informationen
(Hidden Information), über die ausschließlich der Unternehmensgründer verfügt, dem
Venture-Capital-Geber eine korrekte ökonomische Analyse der Unternehmung im Rahmen
der Due Diligence.
26
Andererseits wird jedoch ein niedriger Grad an ungleicher Informationsverteilung von
Kapitalgebern akzeptiert und sein Fehlen kann sogar zu Desinteresse an einer Investition
in die Unternehmung führen.
27
Hintergrund dieses zunächst sonderbar erscheinenden
Verhaltens ist: Von den Unternehmensgründern wird erwartet, daß sie Experten in ihrem
Geschäft sind. Ein abweichender Informationsstand ist insofern nur logisch.
Akerlof zeigte bereits 1970 anhand eines Gebrauchtwagenmarktes, wie aufgrund eines
adversen Selektionsmechanismus minderwertige Autos (,,Lemons"
28
) die höherwertigen
Autos vom Markt verdrängen.
29
Da der Käufer als schlechter informierte Partei nicht
unterscheiden kann, welche Autos von hoher und welche von niedriger Qualität sind, wird
er dies bei seinem Kaufangebot berücksichtigen und nur einen Preis für durchschnittliche
Qualität zahlen. Die Besitzer hochwertiger Wagen sind jedoch nicht bereit, ihre Autos unter
Wert zu verkaufen und nehmen diese vom Markt, woraufhin nur noch suboptimale
Vertragslösungen zustande kommen können. Dieses Marktversagen kann bis zum
vollständigen Zusammenbrechen von Märkten führen.
Auf den Venture-Capital-Markt übertragen ergibt sich für einen Venture-Capitalisten somit
die Gefahr, Unternehmen mit unterdurchschnittlichen Erfolgschancen (also die ,,Lemons")
in sein Beteiligungs-Portfolio aufzunehmen. In der Erhebung, die im Rahmen dieser Arbeit
durchgeführt wurde, gaben ein Drittel der befragten Venture-Capital-Geber an, daß sie sich
25
Vgl. Eisenhardt (1989), S. 61; Bach (1995), S. 3-7.
26
Vgl. Schweizer (1999), S. 11-33.
27
Vgl. hierzu und im folgenden Mitchell/Reid/Terry (1995), S. 192.
28
Akerlof (1970), S. 489.
29
Vgl. hierzu und im folgenden Akerlof (1970), S. 489-492.
Informationsasymmetrie im Venture-Capital-Markt

5
nicht vollständig informiert fühlten.
30
52 % dieser Gruppe gaben sogar an, daß sie unter
vollständiger Information zum Teil kein Kapital bereitgestellt hätten.
31
Da aufgrund von Informationsasymmetrien die Qualität der Gründungsunternehmen von
,,Outsidern"
32
wie Venture-Capitalisten schwer einzuschätzen ist
33
, ist eine differenzierte
Bewertung der Unternehmen oft nicht mehr möglich. Eine Abgeltung dieses größeren
Risikos findet in höheren Kapitalkosten ihre Berücksichtigung.
34
So wird die Ausfallgefahr
(Gefahr einer Negativauslese) dadurch vorweggenommen, daß die Bewertung aller
Kapitalnehmer einen entsprechenden Risikoabschlag enthält
35
, dessen Höhe gewöhnlich
zwischen 40 % und 60 % vom Marktwert liegt
36
. Hochwertige Start-ups, die sich als
unterbewertet betrachten, werden diesen Diskont nicht hinnehmen und alternative
Finanzierungsquellen nutzen.
37
Somit kommt es zu einem Verdrängungsprozeß der ,,guten"
Investments, der, wie auf Akerlofs Gebrauchtwagenmarkt, bis zum Marktversagen führen
kann.
Wird unter der Annahme von vollständiger und kostenloser Information noch eine First-
Best-Lösung im Sinne einer pareto-optimalen Kapital-Allokation erreicht
38
, so
verschlechtert sich das Ergebnis mit auftretender Informationsasymmetrie. Das Problem
der adversen Selektion beinhaltet nämlich die Gefahr opportunistischen Handelns, so daß
der Gründer als Homo Oeconomicus nach Vertragsabschluß nicht den Nutzen des
Kapitalgebers, sondern seinen eigenen maximiert.
39
Durch das suboptimale Verhalten des
Unternehmensgründers entstehen Wohlfahrtsverluste, die als zukünftige Agency Costs
verstanden werden können.
40
Jensen und Meckling definieren Agency Costs als die
Summe von Monitoring Costs (Kosten der Überwachung des Agents durch den Principal),
Bonding Costs (Selbstbindungskosten des Agents, der anzeigt, daß er den Principal nicht
schädigen möchte) und Residual Loss (Kosten, die selbst bei Minimierung von Monitoring
und Bonding Costs entstehen).
41
30
Siehe Empirie, S. XXIV f. dieser Arbeit. Im folgenden soll die Bezugnahme auf eine empirische
Untersuchung als Bezug zu der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Befragung angesehen werden,
soweit sie nicht anderweitig im Text gekennzeichnet ist.
31
Siehe Empirie, S. XXV.
32
Amit/Glosten/Muller (1990a), S. 1233.
33
Vgl. Amit/Glosten/Muller (1990b), S. 102-107.
34
Vgl. Kaufmann (1996), S. 348.
35
Vgl. Amit/Glosten/Muller (1990b), S. 107; Stiglitz/Weiss (1981), S. 408 f.
36
Vgl. Plummer, James (1987): QED Report on Venture Capital Financial Analysis, in: QED Research,
Palo Alto, zitiert nach Sahlman (1990), S. 511.
37
Vgl. Amit/Glosten/Muller (1990b), S. 107.
38
Vgl. Bach (1995), S. 4 f.; Strausz (1998), S. 5 f.
39
Vgl. Strausz (1998), S. 10-14.
40
Vgl. Norton (1996), S. 20 f.
41
Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 308 f.
Informationsasymmetrie im Venture-Capital-Markt

6
Somit führt beispielsweise die Implementierung eines Kontroll- und Informationssystems
durch den Kapitalgeber zu Monitoring Costs, während die Einführung und Anwendung
eines umfassenden Reporting-Systems durch den Gründer Bonding Costs nach sich
ziehen. Weiterhin fallen unter Adverse Selection mögliche unzureichende Fähigkeiten des
Gründers oder auch ein Gründungsprojekt von niedriger Qualität, die vor Vertragsschluß
nicht zu erkennen sind.
42
Negative Auswirkungen adverser Selektion können allgemein über Reputation und
Vermögensgegenstände als Sicherheit gemindert werden.
43
Folglich sind die nachteiligen
Effekte einer Antiselektion im betrachteten Venture-Capital-Markt sehr groß, da junge
Unternehmen (insbesondere Start-ups) oft weder über einen geeigneten Track Record
44
verfügen, noch die benötigten Sicherheiten besitzen.
Zur Lösung des beschriebenen Adverse Selection-Problems ist eine Minimierung der
auftretenden negativen Auswirkungen anzustreben. Folgende zwei Sichtweisen sind dabei
zu unterscheiden:
45
Entweder wird noch vor Vertragsschluß, also ex ante, versucht, Quantität und Qualität der
Informationen des Venture-Capitalisten zu steigern
46
oder der unfähige Agent wird ex post
durch einen qualifizierten Agent ersetzt, was beispielsweise über ein Interim Management
47
geschehen kann.
48
Eine Verbesserung der Informationsstruktur kann vor Vertragsschluß durch Signaling und
Screening erreicht werden.
49
Signaling
Beim Signaling ist die besser informierte Partei bereit, von sich aus das
Informationsmißverhältnis abzubauen, um ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen.
50
Da auch das
Aussenden dieser Signale nicht kostenlos ist, entstehen dem Initiator des Signaling-
Prozesses sogenannte Signaling Costs. Ein Signal ist nur insoweit sinnvoll, als die
Signaling Costs für die ,,Lemons" höher sind als für die Anbieter hoher Qualität.
51
Weiterhin
42
Vgl. Eisenhardt (1989), S. 61.
43
Vgl. hierzu und im folgenden Amit/Brander/Zott (1998), S. 442-444.
44
Siehe Glossar, S. X.
45
Vgl. hierzu und im folgenden Smith (1998), S. 2 f.
46
Vgl. hierzu auch Milgrom/Roberts (1992), S. 154-159.
47
Siehe Glossar, S. VI.
48
Wie in der Einleitung der Arbeit bereits beschrieben, werden Möglichkeiten zur ex post-Lösung des
Adverse Selection-Problems nicht weiter vertieft.
49
Vgl. Milgrom/Roberts (1992), S. 154-159.
50
Vgl. hierzu und im folgenden Spence (1973), S. 355-359.
51
Vgl. Milgrom/Roberts (1992), S. 154-156.
Informationsasymmetrie im Venture-Capital-Markt

7
muß sich für den Qualitätsanbieter das Aussenden des Signals lohnen.
52
Daraus folgt, daß
die Signaling Costs niedriger sein müssen als die Kosten, die durch eine Bewertung
entstehen, bei der Durchschnittsqualität unterstellt wird.
Die Rolle des Business Plans als Signaling-Instrument ist äußerst differenziert zu
betrachten. Zunächst einmal ist davon auszugehen, daß jeder Gründer sein Projekt im
niedergeschriebenen Business Plan positiv darstellen wird. Eine Unterscheidung der
Qualität ist also nicht ohne weiteres möglich und ein Angleichen des Informationsstandes
zwischen Kapitalgeber und Gründer scheint ­ allein aus dieser Perspektive betrachtet ­
eher fraglich zu sein. Zudem wird eine Glaubhaftmachung von Informationen um so
schwieriger, je innovativer das Projekt und je weniger das für eine entsprechende
Beurteilung notwendige Know-how auf Seiten des Kapitalgebers vorhanden ist.
53
Davon
sind folglich vor allem forschungs- und entwicklungsintensive Gründungsunternehmen
betroffen wie z.B. Start-ups der Biotechnologie. Aus der Erhebung läßt sich erkennen, daß
80 % der befragten Kapitalgeber in solche Branchen mit hoher F&E-Intensität investieren.
54
Je schwieriger es ist, Informationen glaubhaft zu machen, desto höher liegen
verständlicherweise die Signaling Costs. Eine Abwägung zwischen Signaling Costs und
Mißtrauenszuschlag bei fehlender Signalisierung ist also unbedingt notwendig.
Außerdem könnte die Innovation bei Offenlegung detaillierter Informationen kopiert
werden, da eine Absicherung durch Schutzrechte in einer frühen Unternehmensphase oft
zu kostspielig und zeitraubend ist, was wohl eher zu einem Zurückhalten von
Informationen führen dürfte.
55
Möglich wäre wirkungsvolles Signaling aber dann, wenn eine dritte, unabhängige Stelle
(ähnlich wie ein Wirtschaftsprüfer bei einem Jahresabschluß) für die realistische
Darstellung und formale Korrektheit des Business Plans einstehen würde.
56
Ein eindeutiges Signal ist in jedem Fall der nicht existierende Business Plan, der einem
Investor eine mangelhafte Auseinandersetzung mit der Unternehmensgründung vermittelt.
Denn erst der Business Plan zwingt Gründer, ihre Geschäftsidee detailliert zu durchdenken
und auf Realisierbarkeit zu überprüfen.
57
Weiterhin können in einigen Teilbereichen des Business Plans die Fähigkeiten der
Gründer und die Qualität des Projektes signalisiert werden, worauf in den folgenden
52
Vgl. hierzu und im folgenden Spremann (1990), S. 580.
53
Vgl. Kaufmann (1996), S. 348 f.
54
Siehe Empirie, S. XXIV.
55
Vgl. Kaufmann (1996), S. 348 f.
56
Vgl. Noel (1981), S. 22-53.
57
Vgl. Bernasconi/Galli (1999), S. 345.
Informationsasymmetrie im Venture-Capital-Markt

8
Kapiteln dieser Arbeit noch näher eingegangen wird.
Screening
Das Screening erfolgt im Gegensatz zum Signaling auf Initiative der schlechter
informierten Partei, indem sich diese die nötigen Informationen selbst beschafft.
58
Wie
Rothschild und Stiglitz anhand des Versicherungsmarktes zeigten, ist eine Möglichkeit zur
Informationsbeschaffung das Anbieten von unterschiedlich ausgestalteten Verträgen, z.B.
verschiedene Versicherungspolicen mit entsprechend abweichenden Preisen.
59
Durch die
Bereitschaft, einen bestimmten Preis zu zahlen, stuft sich der Versicherungsnehmer selbst
in eine genau festgelegte Schadensklasse ein und gibt so zum Teil sein ,,Hidden
Knowledge"
60
preis (Self-Selection). Für einen Investor beschränkt sich das Screening aber
in der Regel auf die Akquisition potentieller Beteiligungsprojekte und die sich
anschließende Bewertung selbiger. In der Erhebung wurden hierbei von den Kapitalgebern
Schwerpunkte auf eine umfangreiche Due Diligence und persönliche Gespräche gelegt.
61
In Analogie zu den Signaling Costs, die der Kapitalnehmer zu tragen hat, ist auch das
Screening mit (Informations-)Kosten verbunden, die für einen Risikokapitalgeber in ,,Such-
und Evaluationskosten der Projekt- und Bonitätsprüfung"
62
liegen.
63
Es sind also
Transaktionskosten, die dem schlechter Informierten für die Marktbenutzung entstehen.
64
Es ist naheliegend, daß die Screening Costs mit zunehmender Informationsbeschaffung
überproportional ansteigen: Zusätzliche Informationen zu beschaffen, wird um so
schwieriger, je mehr man schon recherchiert hat. Demzufolge ist ein vollständiger Abbau
der Informationsdiskrepanz aus Effizienzgründen nicht sinnvoll.
65
Eine Reduktion von
Informationsasymmetrie ist nur insoweit lohnenswert, als die Informationskosten unter der
zu erwartenden Ersparnis bei den zukünftigen Agency Costs
66
und unter möglichen Sunk
Costs
67
liegen. Sunk Costs entstehen häufig bei forschungs- und entwicklungsintensiven
Gründungsunternehmen, die bereits in einer frühen Unternehmensphase verstärkt Kapital
für transaktionsspezifische Investitionen aufwenden.
68
58
Vgl. Milgrom/Roberts (1992), S. 156-159.
59
Vgl. hierzu und im folgenden Rothschild/Stiglitz (1976), S. 632-640.
60
Hirshleifer/Riley (1992), S. 314.
61
Siehe Empirie, S. XXVI.
62
Kaufmann (1996), S. 349.
63
Vgl. Kaufmann (1996), S. 348 f.
64
Vgl. Dahlmann (1979), S. 148.
65
Vgl. Bieta/Milde (1996), S. 295 f.
66
Vgl. Norton (1996), S. 20 f.
67
Siehe Glossar, S. IX.
68
Vgl. Schühsler (2000), S. 219.
Informationsasymmetrie im Venture-Capital-Markt

9
Die Aussage des vorangehenden Absatzes läßt sich in folgender allgemeiner Formel als
Zusammenhang von Screening und Kapitalrückfluß ausdrücken:
Abb. 3: Zusammenhang von Screening und Kapitalrückfluß
69
In der Praxis der Existenzgründung sind Signaling und Screening nicht getrennt sondern
zusammen zu betrachten. Der Business Plan stellt zwar ein vom Gründer ausgehendes
Signal dar, dieses wird jedoch trotzdem vom Kapitalgeber auf seine Glaubwürdigkeit hin
überprüft werden.
70
Inwieweit die Signalwirkung des Business Plans tatsächlich zur
Minderung der Informationsasymmetrie zwischen Venture-Capital-Geber und Start-up
beitragen kann, hängt vor allem von seiner Ausgestaltung ab.
2.1
Anforderungen an den Business Plan
Aus Gründen der Zweckmäßigkeit haben sich für die Erstellung eines Business Plans
gewisse formale und inhaltliche Standards durchgesetzt, die auf Usancen, Bedürfnisse und
Erwartungen der beteiligten Wirtschaftskreise zurückzuführen sind.
71
Dabei wird oftmals
von der Qualität des Business Plans auf die Qualität der Unternehmung ­ speziell ihrer
Gründer ­ geschlossen.
72
Um die Anforderungen an den Business Plan bei asymmetrischer Informationsverteilung
besser herleiten zu können, ist es zunächst wichtig, die Betrachtungsweise von Venture-
Capital-Gebern bei einer Prüfung des Business Plans zu verstehen:
Soweit vorhanden, soll eine detaillierte Beschreibung des vergangenen
Unternehmensjahres den Standpunkt des Unternehmens zum aktuellen Zeitpunkt
darlegen.
73
Dies beinhaltet vor allem auch die funktionalen Schlüsselbereiche der
Unternehmung wie Produktion, Marketing, Finanzen und andere. Bei einer
Unternehmensgründung sind Hintergrundinformationen, die beispielsweise die Motivation
69
Eigene Abb. nach: Norton (1996), S. 20 f.
70
Die Kriterien anhand derer Venture-Capital-Geber eine Bewertung von Investments vornehmen, werden
sehr gut von MacMillan/Subba Narasimha/Zemann (1987), S. 123-137 beschrieben.
71
Vgl. Schulze (1985), S. 9.
72
Vgl. MacMillan/Siegel/Subba Narasimha (1985), S. 119.
73
Vgl. hierzu und im folgenden West (1988), S. 9-13.
Kapitalrückfluß
E
mS
-
Screening Costs
Kapitalrückfluß
E
oS
mit: Kapitalrückfluß =
Eingesetztes
Kapital
+
Veräußerungserfolg (Gewinn oder Verlust)
E
mS
= Erwartungswert mit Screening
E
oS
=
Erwartungswert
ohne
Screening
Anforderungen an den Business Plan
Ende der Leseprobe aus 98 Seiten

Details

Titel
Der Business Plan als Mittel zur Minderung der vorvertraglichen Informationsasymmetrie zwischen Venture-Capital-Geber und Start-up
Hochschule
Universität Passau
Note
1.7
Autor
Jahr
2001
Seiten
98
Katalognummer
V185630
ISBN (eBook)
9783656990840
ISBN (Buch)
9783867465274
Dateigröße
1082 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
business, plan, mittel, minderung, informationsasymmetrie, venture-capital-geber, start-up
Arbeit zitieren
Thomas Wiechert (Autor:in), 2001, Der Business Plan als Mittel zur Minderung der vorvertraglichen Informationsasymmetrie zwischen Venture-Capital-Geber und Start-up, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185630

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Der Business Plan als Mittel zur Minderung der vorvertraglichen Informationsasymmetrie zwischen Venture-Capital-Geber und Start-up



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden