Investitionsbewertung und Bestimmung des optimalen Investitionszeitpunktes mit dem Realoptionsansatz


Diplomarbeit, 2000

71 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Investitionsbewertung und Bestimmung des

optimalen Investitionszeitpunktes mit dem

Realoptionsansatz

Freie wissenschaftliche Arbeit für die Diplomprüfung für Volkswirte mit internationalem Schwerpunkt an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität T ü b i n g e n

Eingereicht von Stefan Waskow

Abgabedatum 22.12.2000

1 Einführung

Die bisher vorherrschenden Verfahren zur Bewertung von Investitionsprojekten sind die statische Kapitalwertmethode und deren Weiterentwicklungen. 1 Ursprünglich wurde die statische Kapitalwertmethode zur Evaluierung von Investitionen in Wertpapiere entwickelt, 2 d.h. für Geldanlagen, deren Rendite i.d.R. nicht durch aktives Handeln des Investors beeinflußt werden kann. Sie geht von einem bestimmten statischen „Erwartungswertszenario“ 3 aus und unterstellt implizit ein passives Management, dessen Handlungsmöglichkeiten sich darauf beschränken, eine gegebene Investitionsmöglichkeit zu realisieren oder abzulehnen. Die Möglichkeit der Unternehmensführung, auf eine Änderung der Rahmenbedingungen mit einer Anpassung der Handlungsstrategie zu reagieren, wird von der statischen Kapitalwertmethode nicht berücksichtigt. Entsprechend kann sie den Wert der Handlungsflexibilität der Entscheidungsträger nicht fassen und führt bei der Evaluierung von irreversiblen Investitionen unter Unsicherheit zu falschen Ergebnissen. Mit der Entscheidungsbaumanalyse als dynamische Erweiterung der statischen Kapitalwertmethode können Handlungsflexibilitäten zwar abgebildet werden, sie hat jedoch Probleme bei der korrekten Bewertung dieser Flexibilität, unter anderem aufgrund von Schwierigkeiten bei der Ermittlung des richtigen Diskontsatzes. 4

In den Problemen der Kapitalwertmethode bei der korrekten Bewertung von Investi- mit Handlungsspielraum bei unsicheren Erwartungen liegen die Wurzeln des Realoptionsansatzes, der seit Anfang der 80er Jahre an Bedeutung gewinnt. 5 Er betrachtet Investitionsmöglichkeiten als Optionen auf den Erwerb physisch vorhandener realer Projekte, sprich als reale Optionen und Unternehmen als Bündel verschiedener Optionen und bewertet sie analog zu Finanzoptionen. Zum einen erübrigt sich damit die Ermittlung eines angemessenen Diskontsatzes, zum anderen führt diese Sichtweise dazu, daß explizit der Wert der Flexibilität bei Unsicherheit berücksichtigt wird, Wachstumspotentiale auszuschöpfen, sofern sie sich

ergeben oder die Tätigkeit des Unternehmens im umgekehrten Fall einzuschränken, zu verändern oder das Unternehmen ganz aufzugeben.

Im Rahmen dieser Arbeit wird zunächst die Motivation, die hinter dem Realoptions- steht, hervorgehoben. Dazu werden im nächsten Kapitel die Defizite der Kapitalwertmethode an einem einfachen Beispiel demonstriert. Anschließend wird der Realoptionsansatz erklärt, indem zuerst die allgemeine Methodik zur Ermittlung des Wertes von Finanzoptionen geschildert und dann auf die Analogie von Finanz- zu realen Optionen eingegangen wird.

In den beiden darauffolgenden Kapiteln werden dann ein zeitdiskretes und ein zeit- Modell zur Bewertung von realen Optionen, sprich von Investitionsmöglichkeiten und zur Bestimmung des optimalen Investitionszeitpunktes wiedergegeben. Auf die Anwendbarkeit des Realoptionsansatzes wird in Kapitel 6 ausführlicher eingegangen.

In Kapitel 7 der Arbeit wird dann mit der Bewertung eines fiktiven Internet- beispielhaft die Anwendung des Realoptionsansatzes demonstriert.

2 Warum der Realoptionsansatz

Mit der Kapitalwertmethode werden Entscheidungen über die Durchführung einer Investition anhand der Barwertregel getroffen: Der Gegenwartswert aller erwarteten Ein- und Auszahlungen, die mit einem Investitionsprojekt in Verbindung stehen, wird durch Abdiskontieren mit einem risikoangepaßten Abzinsungsfaktor ermittelt. Die Differenz von erwarteten Ein- und Auszahlungen ergibt den Barwert.

Wenn das Risiko der zu bewertenden Investition dem durchschnittlichen Risiko der sonstigen Projekte des Unternehmens entspricht, kann der unternehmensinterne Durchschnittskapitalkostensatz als Diskontfaktor herangezogen werden. Für den Fall, daß das Risiko der Investition vom durchschnittlichen Projektrisiko abweicht, wird auf den Diskontsatz eines „Twin Security“ zurückgegriffen. 6 Ein Twin Security kann ein anderes Projekt oder ein Portfolio sein, das möglichst die gleichen Risikoeigenschaften besitzt, wie die zu bewertende Investition 7 und im Idealfall eine identische Auszahlungsstruktur aufweist. Entscheidend ist, daß dieses Twin Security am Markt gehandelt wird, weil dann dessen aktueller Wert - und damit indirekt auch der Wert des perfekt korrelierten Investitionsprojektes - über dessen Marktpreis bekannt ist. Der Diskontfaktor wird dann ermittelt, indem der Erwartungswert der Auszahlungen des Twin Security auf dessen Marktpreis bezogen wird.

Ist der Barwert der Investition positiv, lautet die Handlungsempfehlung der stati- Kapitalwertmethode, die Investition sofort durchzuführen. Ist er negativ, wird von ihrer Durchführung abgesehen.

Die statische Kapitalwertmethode geht dabei von der Annahme aus, daß Investitions- entweder revidierbar sind oder aber den Charakter von „Jetzt-odernie-Entscheidungen“ haben. D.h., der Investor kann sein Geld wieder aus dem Investitionsprojekt zurückgewinnen, falls es sich schlechter entwickelt als zuvor angenommen, oder er muß, wenn diese Reversibilität nicht gegeben ist, die Entscheidung treffen, entweder heute in ein gegebenes Projekt zu investieren oder überhaupt nicht. 8

Tatsächlich treffen diese Annahmen aber für die meisten Investitionsprojekte nicht zu. In der Regel sind die Gelder, die in einem Projekt angelegt werden, ganz oder zumindest zu einem erheblichen Teil sunk costs, die auf direktem Wege nicht zurückgeholt werden können. Dies trifft insbesondere auf firmenspezifische Investitionen zu. Hierunter fallen z.B. Spezialmaschinen, die genau auf die Produktionsanlagen einer bestimmten Firma zugeschnitten sind und von einem anderen Unternehmen nicht genutzt werden können. Branchen- oder industriespezifische Anlagen - z.B. eine Tuchfabrik - können zwar prinzipiell an andere Unternehmen verkauft werden, wenn sie sich als unrentabel erweisen, bei funktionierendem Wettbewerb wird die entsprechende Investition aber für die Konkurrenten ähnlich ungünstig sein. Damit ist die Wahrscheinlichkeit, den Großteil der eingesetzten Gelder durch den Verkauf des Projekts wiederzubekommen gering, weil sich ein Käufer nur zu einem entsprechend niedrigen Preis finden wird. Zudem kann der Wiederverkaufswert gebrauchter Güter wegen Akerlof’s „Lemon-Problem“ weit unter ihrem eigentlichen Wert liegen. D.h., selbst Investitionen, die weder firmen- noch industriespezifisch sind, können im allgemeinen nicht rückgängig gemacht werden, sind also zum Großteil irreversibel. 9

Trotz ihrer Irreversibilität haben Investitionen aber in den meisten Fällen keinen „Jetzt-oder-nie-Charakter“. Abgesehen von Situationen, in denen Investitionen nicht aufgeschoben werden können, weil dies den Verlust der Investitionsmöglichkeit zur Folge hätte, muß ein Unternehmen ein ins Auge gefaßtes Projekt nicht zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt durchführen. Vielmehr besteht normalerweise die Möglichkeit, die Implementierung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Dieses Abwarten ist zwar unter Umständen mit gewissen Kosten verbunden - beispielsweise dem Verlust von Marktanteilen an andere Unternehmen oder in Form von entgangenen Cash Flows, die ihm bei sofortiger Durchführung des Projekts zugeflossen wä- ren. Dafür gewinnt das Unternehmen aber möglicherweise Informationen, die die Unsicherheit bezüglich der Vorteilhaftigkeit des Projektes verringern und somit einen Wert haben, der deutlich größer sein kann, als die Kosten des Wartens.

Aufgrund dieses Sachverhaltes können Entscheidungen, die auf der Basis der stati- Barwertregel getroffen werden, bei Existenz von Unsicherheit, Irreversibilität

und Flexibilität durchaus falsch sein. Es ist z.B. nicht immer optimal, Investitionen mit positivem Barwert sofort durchzuführen. Ebensowenig müssen Investitionen, für die sich bei der Bewertung mit der statischen Kapitalwertmethode ein negativer Kapitalwert ergibt, in jedem Fall verworfen werden. Ihre Durchführung kann unter Umständen auch vorteilhaft sein. Die folgenden Beispiele sollen dies verdeutlichen.

Gegeben sei ein Projekt, das im Folgejahr mit jeweils 50%-iger Wahrscheinlichkeit Auszahlungen von entweder 100 Millionen Euro oder 30 Millionen Euro generiert, je nachdem, ob sich der Markt günstig oder ungünstig entwickelt. Der aktuelle Marktpreis eines gehandelten Twin Security, das bei gleicher Risikostruktur doppelt so hohe erwartete Auszahlungen wie das Investitionsprojekt hat, also entweder 200 oder 60 Millionen Euro, sei 104 Millionen Euro. Die erwartete Rendite des Twin Security, die gleichermaßen als Diskontsatz für das Investitionsprojekt anzusetzen ist, liegt     damit bei   25 , 0 1 104 / 60 5 , 0 200 5 , 0 oder 25%. Für Investitionskosten von 50 Millionen Euro ergibt sich bei einem Diskontfaktor von 1,25 ein „statischer“ Barwert von

          NPV stat Euro. Millionen 2 € 52 € 50 25 , 1 / € 30 5 , 0 € 100 5 , 0 € 50  

50

Gemäß der statischen Barwertregel sollte das Projekt also sofort durchgeführt wer- Bei etwas höheren Investitionskosten von 55 Millionen Euro ergäbe sich bereits ein negativer Barwert von

           NPV stat Euro. Millionen 3 € 52 € 55 25 , 1 / €) 30 5 , 0 € 100 5 , 0 ( € 55

50

In diesem Fall sollte das Projekt also nicht realisiert werden.

Nun sei angenommen, daß es möglich ist, die Durchführung der Investition um ein Jahr zu verschieben und daß dem Unternehmen innerhalb dieses Jahres Informationen zukommen, die die Unsicherheit bezüglich der Auszahlungen aus dem Projekt auflösen. Wendet man unter diesen Annahmen die Entscheidungsbaumanalyse (EBA) an, stellt sich bereits ein anderes Ergebnis ein, als für die statische Kapitalwertmethode, weil dieser Ansatz bei der Wertermittlung einer Investitionsmöglichkeit die Präsenz von Handlungsalternativen berücksichtigt. Im konkreten Fall wird

das Unternehmen bei Investitionskosten in Höhe von 50 Millionen Euro die Mög- den Investitionszeitpunkt zu verschieben, in Anspruch nehmen, und nur dann investieren, wenn die Marktsituation die hohe Auszahlung von 100 Millionen Euro garantiert. Denn damit ergibt sich mit

       NPV EBA Euro Millionen 20 25 , 1 / € 0 5 , 0 € 100 € 50 5 , 0    

50

ein Barwert, der deutlich über den zwei Millionen liegt, die bei sofortiger Investition erwartet werden. Die Empfehlung lautet jetzt also die Investition nicht sofort durchzuführen, sondern abzuwarten, bis sich die Unsicherheit aufgelöst hat und nur für den Fall der hohen Auszahlung zu investieren. Mit dieser Strategie ergibt sich selbst für Investitionskosten in Höhe von 55 Millionen Euro noch ein positiver Barwert von        NPV EBA Euro, Millionen 18 25 , 1 / € 0 5 , 0 € 100 € 55 5 , 0 der bei Nicht-    

55

durchführung des Projektes verloren ginge.

Die um einen Entscheidungsbaum erweiterte Kapitalwertmethode führt also zu ande- Ergebnissen als die statische Kapitalwertmethode. Der Grund dafür ist folgender: Die Fähigkeit des Managements, auf zukünftige Entwicklungen zu reagieren, führt zu einer asymmetrischen Auszahlungsstruktur, weil das Unternehmen von günstigen Marktentwicklungen profitieren kann, zugleich aber gegen ungünstige Entwicklungen abgesichert ist, da keine Pflicht zur Durchführung der Investition besteht. Der Wert dieser Handlungsflexibilität kann von der Entscheidungsbaumanalyse berücksichtigt werden, von der statischen Kapitalwertmethode hingegen nicht. Die einzige Handlungsflexibilität, die von ihr berücksichtigt wird, ist die Möglichkeit der „Jetzt-oder-nie-Entscheidung“ über die Durchführung der Investition und zwar zu einem Zeitpunkt, an dem die zukünftigen Entwicklungen noch ungewiß sind.

Mit den Beispielen wurde gezeigt, daß die Entscheidungsbaumanalyse bei der Evalu- von Investitionsprojekten den Wert von Flexibilität grundsätzlich erfassen kann. Bei ihrer Anwendung ergeben sich jedoch Probleme bei der Bestimmung des richtigen Diskontfaktors, was zur Folge hat, daß nicht der korrekte Wert der Flexibilität ermittelt wird. 10 Für den Fall der hohen Investitionskosten von 55 Millionen

Euro ergab sich z.B. ein Barwert von 18 Millionen Euro, indem die erwartete Aus- der Investition mit dem Faktor 1,25 abdiskontiert wurde.

Dieser Faktor ist aber nur für Projekte angemessen, deren Wert mit jeweils 50%-iger      Wahrscheinlichkeit entweder um   steigt oder um % 3 , 92 100 1 52 / 100 sinkt. 11         % 3 , 42 100 1 52 / 30

  Eine geänderte Auszahlungsstruktur von oder 0€ hat andere Risi- € 45 € 55 € 100 koeigenschaften und dementsprechend muß für diesen Fall ein anderer Diskontsatz angewandt werden. 12 Insbesondere bei mehrstufigen Entscheidungsproblemen ist die Ermittlung der jeweils angemessenen Diskontsätze ein langwieriger Prozeß.

Mit der Anwendung von Optionsbewertungsverfahren wird dieses Problem umgan- indem auf das Prinzip der risikoneutralen Bewertung zurückgegriffen wird. 13

Im nächsten Kapitel wird der „korrekte“ Wert der Investitionsmöglichkeit bei Inves- von 55 Millionen Euro mit Optionsbewertungsmethoden ermittelt. Fischer/Hahnenstein/Heitzer (1999) zeigen zwar für ein zeitdiskretes Beispiel, daß die „DCF-Methode 14 unter Verwendung der flexiblen Planung bzw. eines Roll-Back-Verfahrens auch bei Vorliegen von Handlungsspielräumen zum gleichen Unternehmenswert führen kann wie die Optionspreistheorie“, wenn „zeit- und zustandsspezifische Diskontierungsfaktoren in einen Entscheidungsbaum (integriert werden)“. 15 Sie kommen jedoch zu dem Schluß, daß sich „aus anwendungsorientierter Sicht...ein Einsatz der Optionspreistheorie dann als vorteilhaft (erweist), wenn ein beobachtbarer Marktpreis für das Underlying der Realoption(en) existiert oder dieser mit Hilfe eines...(Replikationsportfolios) identifiziert werden kann“, weil sich dadurch die „schwierige Ermittlung von risikoadjustierten Diskontierungsfaktoren...und die

Schätzung von subjektiven Eintrittswahrscheinlichkeiten für die Bewertung der Handlungsspielräume vermeiden (läßt)“. 16

Der Unterschied zwischen Kapitalwertmethode und Realoptionsansatz beschränkt sich aber nicht allein auf unterschiedliche Diskontsätze oder andere „technische“ Verschiedenheiten. Er liegt vor allem auch in der unterschiedlichen Sichtweise, mit der Investitionen und deren Werttreiber betrachtet werden. Während sich höhere Unsicherheit bezüglich zukünftiger Entwicklungen bei den Kapitalwertverfahren z.B. in Form von höheren Diskontsätzen niederschlägt und dadurch zu einem geringeren Projektwert führt, erhöht sich der Wert einer Investitionsmöglichkeit aus realoptionstheoretischer Sicht mit einem Anstieg der Unsicherheit. Dies hängt damit zusammen, daß im Falle von Investitionsmöglichkeiten mit Optionscharakter bei einer positiven zukünftigen Entwicklung das sich ergebende Gewinnpotential voll ausgeschöpft werden kann, während im Falle einer ungünstigen Entwicklung nicht investiert bzw. nicht weiterinvestiert wird. Verloren geht dem Unternehmen bei einer negativen Entwicklung dann lediglich der Betrag, der für die Schaffung der Investitionsmöglichkeit ausgegeben wurde.

Mit der um den Entscheidungsbaum erweiterten Kapitalwertmethode läßt sich, wie zuvor gezeigt, eine solche asymmetrische Auszahlungsstruktur zwar auch abbilden, neben dem erwähnten Wertminderungseffekt aufgrund des höheren Diskontfaktors bei größerer Unsicherheit stellt sich bei dieser dynamischen Variante der Kapitalwertmethode aber das Problem, daß sie den Wert einer Investition oder eines Unternehmens aus dessen direkt generierten Cash Flows ableitet. Wie soll so aber eine Investition angemessen bewertet werden, deren Wert sich nicht aus direkt erzeugten Cash Flows ergibt, sondern in der Schaffung von Wachstumschancen und eventuellen strategischen Vorteilen besteht?

Die Anwendung einer Bewertungsmethode, die zu sehr „Cash Flow-basiert“ ist, birgt die Gefahr, daß der Wert der Schaffung zukünftiger Entwicklungsmöglichkeiten unterschätzt und folglich zu wenig in zukünftiges Wachstum, z.B. F&E-Projekte, inves-

tiert wird, 17 was mittel- bis langfristig negative Auswirkungen auf das Ergebnis und die Wettbewerbsposition des Unternehmens nach sich ziehen kann.

Besser erfaßt werden kann der Wert solcher Wachstumschancen mit Op- Sie sind eher in der Lage, Phänomene wie den hohen Wert von Internet-Unternehmen oder die Zahlung der enorm hohen Summen für die Universal Mobile Telecommunications System (UMTS)-Lizenzen im Mobilfunkbereich zu erklären. Im nächsten Kapitel werden die Grundlagen der Optionsbewertung anhand von Finanzoptionen vermittelt und die Übertragbarkeit auf reale Optionen erläutert.

3.1 Definition

Eine Kauf(Verkaufs-)option ist definiert als das Recht, ohne symmetrische Verpflichtung, ein bestimmtes Aktivum - das Underlying (z.B. eine Aktie) -zu einem vorab festgelegten Preis, dem Ausübungspreis, an oder bis zu einem bestimmten Datum zu (ver-) kaufen. Wenn die Option vor ihrer Fälligkeit ausgeübt werden kann, spricht man von einer amerikanischen Option, wenn sie nur am Fälligkeitstag selbst ausgeübt werden kann, handelt es sich um eine europäische Option. 18 Kaufoptionen werden auch als Call Optionen, Verkaufsoptionen als Put Optionen bezeichnet.

3.2 Grundlagen der Optionspreistheorie

In diesem Abschnitt werden die zwei Standardmethoden für die Optionsbewertung, die Optionsbewertung mittels Replikationsportfolio und die risikoneutrale Bewertung, erläutert.

3.2.1 Optionsbewertung mittels Replikationsportfolio

Bei der Bewertung von Optionen wird davon ausgegangen, daß keine Arbitragemöglichkeiten existieren. 19 Geldanlagen, die zu identischen Auszahlungen führen, müssen dieser zentralen Annahme zufolge den selben Preis haben. 20

Der nächste Gedanke ist, daß ein Replikationsportfolio aus n Anteilen des zugrunde- Basisaktivums - dem Underlying - und einer Kreditaufnahme konstruiert werden kann, das für jeden möglichen zukünftigen Umweltzustand die selben Auszahlungen hat, wie eine Kaufoption auf das Basisaktivum. Alternativ kann das Portfolio aus n Anteilen des zugrundeliegenden Basisaktivums und dem Leerverkauf einer Kaufoption auf das Basisaktivum bestehen. Die möglichen Auszahlungen einer Verkaufsoption können durch den Leerverkauf von n Anteilen des Basisaktivums und einer Kreditvergabe bzw. Geldanlage zum risikolosen Zinssatz repliziert werden.

In jedem Fall muß der Marktpreis der Option dann gleich dem Preis dieses Replika- sein. 21

Zur Veranschaulichung folgt ein numerisches Beispiel zur Bewertung einer Kaufop- auf eine Aktie. Die verwendeten Zahlen entsprechen jeweils dem einmillionsten Teil der Zahlen des Investitionsbewertungsbeispiels aus Kapitel 2, um einen Vergleich mit dem Ergebnis, das mit der um einen Entscheidungsbaum erweiterten Kapitalwertmethode erzielt wurde, zu ermöglichen.

Gegeben sei eine Aktie mit einem aktuellen Marktpreis von S = 52€, deren Wert in     € 100 S oder € 30 S beträgt. Ermittelt werden soll der Wert T = 1 Jahr entweder

einer Kaufoption auf diese Aktie mit einem Ausübungspreis von X = 55€. Die Option ist europäischen Typs und kann nur zu ihrer Fälligkeit in genau einem Jahr ausgeübt werden. In der Zeit bis zum Fälligkeitstag fallen keine Dividendenauszahlungen an. Der risikolose Zinssatz für ein Jahr beträgt i = 5%.

Falls die Aktie im Kurs steigt, wird durch Ausüben der Kaufoption C in einem Jahr   eine Auszahlung von erzielt. Fällt ihr Preis auf 30€, wird die Kauf- € 45 € 55 € 100

option nicht ausgeübt, die Auszahlung beträgt dann 0€. Abbildung 3.1 gibt den Sachverhalt in Form eines Entscheidungsbaums wieder.

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Abbildung 3.1: Wertabhängigkeit der Kaufoption von der

Wertentwicklung des Underlying

Die selben Auszahlungen können durch ein Portfolio repliziert werden, das aus n Aktienanteilen und einer Kreditaufnahme in Höhe von K besteht, also im Grunde nichts anderes ist als ein teilweise fremdfinanzierter Aktienkauf (vgl. Abbildung 3.2).

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Abbildung 3.2: Wertänderung des Replikationsportfolios

Durch Auflösen der Portfoliogleichung (1) aus Abbildung 3.2 nach K, einsetzen von K in die Portfoliogleichung (2) und anschließender Auflösung nach n ergeben sich

. 22 Der aktuelle Preis      n Werte von und 64 , 0 14 9 70 45 n € 37 , 18 05 , 1 30 K dieses Portfolios beträgt

     K € 06 , 15 € 37 , 18 € 52 14 9 nS

Weil Portfolio und Kaufoption in jedem eintretenden Fall die gleichen Auszahlungen generieren, müssen beide wegen der annahmegemäßen Abwesenheit von Arbitragemöglichkeiten den selben Preis haben. D.h., mit dem Portfoliopreis von 15,06€ ist zugleich auch der aktuelle Wert der Kaufoption gegeben. Das gleiche Ergebnis stellt sich für ein Portfolio ein, das aus Aktienanteilen und dem Leerverkauf einer 14 9 n Kaufoption auf die Aktie besteht. Es generiert eine sichere Auszahlung von       und hat heute einen Wert von € 29 , 19 € 45 € 100 14 9 € 0 € 30 14 9 . Damit ergibt sich für die Kaufoption C wegen € 37 , 18 05 , 1 € 29 , 19      heute ein Wert von 15,06€. € 37 , 18 € 52 14 9 C C nS

Analog wie unter den gegebenen Annahmen eine Kaufoption bewertet wurde, kann der Wert einer Verkaufsoption mit einem Ausübungspreis von 55€ ermittelt werden. Für den Fall, daß die Aktie fällt, hat die Put Option in einem Jahr einen Wert von   . Steigt die Aktie, wird die Option nicht ausgeübt, ihr Wert ist dann € 25 € 30 € 55 gleich Null. Diese Auszahlungen können repliziert werden, indem Aktien- 14 5 n anteile leerverkauft und 34,01€ zu 5% angelegt werden. Der Wert der Verkaufsopti-     on ist dann . € 44 , 15 € 01 , 34 € 52 ) 14 5 (

   

Eine weitere Möglichkeit, den Wert einer Option zu ermitteln, ist die risikoneutrale Bewertung.

3.2.2 Risikoneutrale Bewertung

Wie im vorigen Abschnitt gezeigt wurde, kann durch den Kauf von Antei- 14 9 n len der zugrungeliegenden Aktie und dem Leerverkauf einer Call Option C auf die selbe Aktie ein risikoloses Portfolio konstruiert werden, das im nächsten Jahr eine sichere Auszahlung von

       C € 29 , 19 € 0 € 30 14 9 € 45 € 100 14 9 nS

generiert, unabhängig davon, ob der Aktienkurs steigt oder fällt. Mittels hedging kann so das bestehende Risiko diversifiziert und eine „risikoneutrale Welt“ unterstellt werden, in der die Risikopräferenzen von Investoren irrelevant sind. 23 Angesichts dieser Risikoirrelevanz muß die erwartete Rendite der Aktie bei Arbitragefreiheit der Rendite für risikolose Anlagen entsprechen, die annahmegemäß bei 5% liegt. Die Aktie muß also im Durchschnitt einen erwarteten Kurszuwachs oder Drift   1 923 , 1 52 100 von 5% haben. Der Aktienkurs kann entweder um den Faktor u   bzw. % 31 , 92 steigen oder um den Faktor bzw. % 31 , 42 fallen. 5769 , 0 52 30 d Gewichtet mit der risikoneutralen Wahrscheinlichkeit p für einen Kursanstieg bzw. (1-p) für einen Kursverfall muß sich eine Rentabilität von 5% ergeben. Konkret resultiert durch Auflösung der Gleichung

      i d p u p 1 ) 1 (

für p ein Wert von

   5769 , 0 05 , 1 ) 1 ( d i

. 24     3514 , 0 350 123 p

  5769 , 0 9231 , 1 d u

Die Gewichtung der erwarteten Auszahlungen der Kaufoption mit der risikoneutralen Wahrscheinlichkeit und Abdiskontieren mit dem Zinssatz für risikolose Anlagen ergibt einen Gegenwartswert von

                  € 06 , 15 05 , 1 / € 0 350 123 1 € 45 350 123 05 , 1 / € 0 1 € 45 p p

Die risikoneutrale Bewertung führt also zum gleichen Ergebnis, wie der Weg über das Replikationsportfolio. Das läßt sich auch für die Verkaufsoption aus Abschnitt 3.2.1 zeigen. Wenn die Auszahlung von 25€, die bei Sinken des Aktienkurses und Ausübung des Puts erzielt wird, mit der risikoneutralen Wahrscheinlichkeit für    p einen Aktienkursverfall von gewichtet und mit dem Zins- 6486 , 0 ) 350 227 ( ) 1 ( satz für risikolose Anlagen von 5% abdiskontiert wird, ergibt sich wieder ein Optionswert von  

  . € 44 , 15 05 , 1 / € 25 350 227

3.2.3 Eigenschaften von Optionen 25

Der Wert einer Kaufoption C steigt mit dem Wert der zugrundeliegenden Aktie S und ist um so höher, je niedriger ihr Basispreis X ist, da die Auszahlung einer Kauf-   option bei Ausübung beträgt. X S C

Eine Verkaufsoption P steigt im Wert, wenn der Kurs der Aktie, auf die sie gezeich- ist, fällt. Sie ist im Gegensatz zur Kaufoption um so wertvoller, je höher ihr Ba-   sispreis X ist, da ihre Auszahlung bei Ausübung beträgt. S X P

Eine höhere Volatilität der Aktie, üblicherweise mit σ bezeichnet, wirkt sich wert- sowohl bei einer Kaufs- als auch bei einer Verkaufsoption aus. In beiden Fällen steigt die Chance auf eine höhere Auszahlung, da der Aktienkurs stärkeren Schwankungen unterliegt. Dieser Chance auf einen höheren Gewinn steht aber kein symmetrischer Anstieg der möglichen Verlusthöhe gegenüber, da sich der maximale Verlust auf den Kaufpreis der Option beschränkt, weil keine Verpflichtung zur Ausübung der Option besteht. Das „Upside-Potential” kann voll ausgenutzt werden, während die Verlustseite begrenzt ist. Im obigen Optionsbewertungsbeispiel entspricht eine höhere Volatilität einer größeren Differenz zwischen den möglichen Ak-

25 Vgl. Hull (2000);S. 168f.

S und tienkursen am Ende des Betrachtungszeitraumes, beispielsweise 120       10 S anstatt 100 S und 30 S .

Dividendenauszahlungen reduzieren den Wert einer Aktie. Sie senken damit den Wert von Kaufoptionen und steigern den von Verkaufsoptionen.

Mit steigendem Periodenzinssatz i steigt der Wert einer Kaufoption. Eine mögliche Erklärung ist, daß eine Kaufoption als zeitlich verzögerter Aktienkauf gesehen werden kann, wobei der Optionshalter den Ausübungspreis erst zur Fälligkeit der Option zahlen muß, und bis dahin praktisch einen Kredit erhält, der um so wertvoller ist, je höher der Zinssatz pro Periode und je größer die Periodenanzahl ist (man kann sich vorstellen, daß das Geld bis zur Fälligkeit zum risikolosen Zinssatz i angelegt werden kann. Je höher i, desto höher der Zinsertrag bzw. desto geringer der Betrag, der angelegt werden muß, damit zur Fälligkeit der Ausübungspreis mit diesem Betrag gezahlt werden kann). 26 Für eine Verkaufsoption gilt das Gegenteil. Man kann sich den Effekt einer Änderung des Zinssatzes auf den Optionswert auch deutlich machen, wenn man i variiert und beobachtet, wie sich der Barwert des Replikationsportfolios, der ja zugleich den Optionswert wiedergibt, verändert.

Eine längere Laufzeit steigert den Wert von Kaufoptionen amerikanischen Typs und von europäischen Kaufoptionen auf Underlyings ohne Dividendenauszahlung, da zum einen die Unsicherheit in Form der kumulativen Volatilität im Zeitablauf zunimmt und sich außerdem der oben beschriebene Zinseffekt positiv auswirkt. Bei amerikanischen Put Optionen ist eine längere Laufzeit ebenfalls wertsteigernd, da Optionen mit späterer Fälligkeit in puncto der Ausübungsmöglichkeiten jene mit kürzerer Laufzeit dominieren. Für europäische Put Optionen und europäische Kaufoptionen auf dividendenauszahlende Underlyings gilt diese Dominanz nicht, da sie jeweils nur an ihrem Fälligkeitsdatum ausgeübt werden können, eine vorzeitige Ausübung aber unter Umständen vorteilhaft sein kann. Entsprechend kann der Effekt einer längeren Laufzeit auf den Wert dieser Optionen nicht per se bestimmt werden.

3.3 Die Analogie von Finanz- und Realoptionen

In Kapitel 2 wurde anhand eines Beispiels gezeigt, daß unternehmerische Flexibilität bei Investitionsentscheidungen unter Unsicherheit zu einer asymmetrischen Auszahlungsstruktur führt. Günstige Marktentwicklungen können ausgenutzt werden, während für den Fall einer ungünstigen Entwicklung nicht investiert wird. Der maximal mögliche Schaden besteht also im Verlust der Investitionsmöglichkeit. Die selbe Eigenschaft wurde in Abschnitt 3.2.1 für eine Kaufoption auf eine Aktie nachgewiesen. Steigt der Aktienkurs bis zur Fälligkeit der Kaufoption über den Basispreis, wird die Option ausgeübt, sinkt der Kurs unter den Basispreis, verfällt die Option unausgeübt.

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Quelle: Trigeorgis (1996), S. 125, Hommel/Pritsch (1999b), S. 124.

Abbildung 3.3: Vergleich der Parameterbezeichnung von Finanz- Realoptionen

Auf dieser Ähnlichkeit in der Auszahlungsstruktur basiert die Idee, Investitions- als Kaufoption auf den Projektwert gegen Zahlung der Investitionskosten zu betrachten und analog zu Finanzoptionen zu bewerten. Die notwendige

Uminterpretation der relevanten Größen ist in Abbildung 3.3 dargestellt. Nimmt man diese Uminterpretation für das Zahlenbeispiel zur Bewertung einer Kaufoption aus Abschnitt 3.2.1 vor und multipliziert Aktienwert, Basispreis und mögliche zukünftige Aktienkurse mit einer Million, so entspricht dies der Bewertung der Investitionsmöglichkeit aus Kapitel 2 mit Investitionskosten in Höhe von 55 Millionen Euro. Die Bewertung mit dem Optionspreisverfahren ergibt mit 15,06 Millionen Euro einen Wert für die Investitionsmöglichkeit, der deutlich über dem Betrag von minus drei

Millionen Euro liegt, der mit der statischen Kapitalwertmethode ermittelt wurde. Der Betrag von 15,06 Millionen Euro ist der Wert der Investitionsmöglichkeit inklusive des Wertes der Flexibilität, den Investitionszeitpunkt zu verschieben und wird auch als „erweiterter“ oder „strategischer Kapitalwert“ bezeichnet. Der Wert der Hand-

lungsflexibilität ergibt sich aus der Differenz von erweitertem und statischem Kapi-Millionen Euro. 28    06 , 18 ) 3 ( 06 , 15 talwert und beläuft sich in diesem Beispiel auf

Bisher wurde nur eine Art von Realoption, die Verzögerungsoption, behandelt. Im nächsten Abschnitt wird ein Überblick über die verschiedenen Typen von Realoptionen gegeben.

3.4 Arten von Realoptionen

Im wesentlichen kann zwischen folgenden Typen von Realoptionen unterschieden werden: 29

Die Option, den Investitionszeitpunkt zu verschieben (option to wait), auch „Op- der Investition“ oder „Verzögerungsoption“ genannt. 30 Ein einfaches Beispiel für diesen Optionstyp wurde in Kapitel 2 gegeben. Bei dieser Art der Option kann ein Unternehmen die Durchführung einer Investition solange verschieben, bis neue, projektrelevante Informationen eintreffen, die die Unsicherheit bezüglich der Vorteilhaftigkeit der Investition verringern, bzw. von einer Durchführung absehen, wenn sich keine günstige Marktentwicklung vor dem Verfall der Investiti-

onsmöglichkeit abzeichnet. Diese Realoption entspricht vom Typus her einer eu- oder amerikanischen Kaufoption mit einem Ausübungspreis in Höhe der Investitionskosten.

Die Option der Erweiterung (option to expand). Wenn sich die Rahmenbedingun- günstiger entwickeln, als zuvor angenommen, z.B. in Form größerer Nachfrage nach einem neu eingeführten Produkt, kann die Produktion ausgedehnt werden. Wie zuvor die Option auf eine Investition entspricht auch dieser Typ einer europä- ischen oder amerikanischen Kaufoption.

Die Option des Abbruchs (option to abandon) gibt dem Unternehmen die Mög- bei einer auf Dauer ungünstigen Entwicklung das Investitionsprojekt frühzeitig abzubrechen. Diese Option entspricht einer amerikanischen Verkaufsoption. Der Ausübungspreis kann dabei positiv sein, wenn die eingesetzte Aktiva noch einen Restwert hat, zu dem sie abgesetzt werden kann. Er kann aber auch negativ sein, wenn z.B. wegen der vorzeitigen Beendigung des Projektes Konventionalstrafen an andere beteiligte Unternehmen oder Abschlagszahlungen an speziell für das Projekt eingestellte Arbeiter gezahlt werden müssen. Die Abbruchsoption kann auch für den Fall eines negativen Ausübungspreises einen positiven Wert haben, wenn die Höhe der Auszahlungen bei Weiterführung des Projektes den Ausübungspreis übersteigt.

Die Option der Kontraktion (option to contract) ist eine abgeschwächte Form der Option des Abbruchs und bietet die Möglichkeit einer Kapazitätsverringerung für den Fall einer negativen Entwicklung.

Bei der Option auf vorübergehende Schließung und spätere Wiedereröffnung (op- tion shut down and restart) wird das Investitionsprojekt nicht endgültig aufgegeben, sondern nur für die Dauer einer „Flaute“ ausgesetzt. Die Möglichkeit zur späteren Reaktivierung entspricht einer Kaufoption auf den Zahlungsstrom, der aus der Fortführung des Projektbetriebes resultiert, gegen Zahlung der bis dahin zur Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft anfallenden Kosten. 31

Eine Tauschoption (switching option) kann sich auf Flexibilität bezüglich der Produktionstechnologie und der eingesetzten Inputfaktoren beziehen (Prozeßflexibilität) oder auf die Möglichkeit, den Output zu variieren (Produktflexibilität). 32 Durch ihre Ausübung kann z.B. auf Veränderungen bei den Preisen der Inputfaktoren reagiert und das Inputverhältnis entsprechend angepaßt bzw. Inputfaktoren komplett ausgetauscht werden. Oder es besteht die Möglichkeit, bei einer Änderung des Nachfrageverhaltens die angebotene Produktpalette zu variieren. In beiden Fällen kann die Tauschoption jeweils als Kombination von Verkaufs- und Kaufoption gesehen werden: Das aktuelle Verfahren bzw. die aktuelle Produktion wird abgebrochen und gleichzeitig durch eine neue ersetzt. 33

Eine Option auf eine Option (verbundene Option, compound option) liegt vor, wenn die Investitionsmöglichkeit, auf die eine Option besteht, selbst Optionscharakter hat. 34 Gintschel (1999, S. 75) faßt unter diesem Oberbegriff “Optionen der Bauzeit“ 35 (time-to-build option) und „Wachstumsoptionen“ (growth options) zusammen. Optionen der Bauzeit ergeben sich, wenn die Durchführung einer Investition in mehreren Abschnitten erfolgt. Mit der Fertigstellung eines Bauabschnitts wird die Option auf die Durchführung und damit den Wert der nächsten Bauabschnitte erworben, wobei die vollständige Implementierung des Projektes je nach Marktentwicklung beschleunigt, verlangsamt oder ganz verworfen werden kann. 36 Der Begriff Wachstumsoption wird im Zusammenhang mit Projekten verwendet, deren Durchführung die Option auf die Realisierung von Folgeprojekten schafft. Typische Beispiele, die in der Literatur angeführt werden, sind F&E Projekte oder Internet-Unternehmen. 37 Der Wert solcher Wachstumsoptionen resultiert weniger aus direkt erzeugten Zahlungsströmen, sondern aus „der Erzeugung weiterer, lohnender Investitionsmöglichkeiten“. 38

Ende der Leseprobe aus 71 Seiten

Details

Titel
Investitionsbewertung und Bestimmung des optimalen Investitionszeitpunktes mit dem Realoptionsansatz
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Note
1.3
Autor
Jahr
2000
Seiten
71
Katalognummer
V185595
ISBN (eBook)
9783656980773
ISBN (Buch)
9783867464932
Dateigröße
1002 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
investitionsbewertung, bestimmung, investitionszeitpunktes, realoptionsansatz
Arbeit zitieren
Stefan Waskow (Autor:in), 2000, Investitionsbewertung und Bestimmung des optimalen Investitionszeitpunktes mit dem Realoptionsansatz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185595

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