Electronic Purchasing als innovative Strategie zur Reduktion der Beschaffungskosten


Diplomarbeit, 2001

83 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Diplomarbeit
II
INHALTSVERZEICHNIS
Inhaltsverzeichnis ... II
Abkürzungsverzeichnis ... III
Darstellungsverzeichnis ... IV
1 Electronic Commerce im Business-to-Business Bereich ... 1
2 Potentiale des Electronic Purchasing in der Beschaffung ... 5
2.1 Beschaffung als Erfolgsfaktor moderner Industrieunternehmen ... 5
2.2 Einfluß des Internets auf die Beschaffung ... 9
2.3 Transaktionsmechanismen des Electronic Purchasing ... 16
2.4 Erfolgsfaktoren für die Einführung des ePurchasing ... 21
3 Dynamische Ausschreibungen im Internet als Instrumente zur Reduktion der
Beschaffungskosten ... 27
3.1 Marktineffizienzen als Grund für erhöhte Materialkosten ... 27
3.2 Erfolgsfaktoren und Potentiale dynamischer Preisfindung ... 32
3.3 Anwendbarkeit umgekehrter Online-Auktionen ... 38
3.4 Integration dynamischer Ausschreibungen in den Beschaffungsprozeß ... 44
3.5 Eignung und Einsparpotentiale ausgewählter Güter ... 50
3.6 Kritik dynamischer Ausschreibungen im Internet ... 53
4 Umgekehrte Auktionen in der Anwendung ... 58
4.1 Fallstudie 1: Preisfokussierte Auktion für Diesel ... 58
4.2 Fallstudie 2: Multiparameter-Auktion für Druckgußteile ... 62
4.3 Fallstudie 3: Einsatz umgekehrter Auktionen durch die US-Navy ... 64
4.4 Fallstudie 4: Preisfokussierte Auktion aus Sicht eines Lieferanten ... 65
5 Zukünftige Entwicklung und Auswirkungen des Electronic Purchasing ... 67
Anhang ... 70
Literatur- und Quellenverzeichnis ... 76

Diplomarbeit
III
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
B2B
Business-to-Business
B2C
Business-to-Consumer
B2G
Business-to-Government
C2C
Consumer-to-Consumer
eCommerce Electronic Commerce
EDI
Electronic Data Interchange
ePurchasing Electronic Purchasing
ERP
Enterprise Resource Planning
MRO
Maintenance, Repair, Operations
PET
Polyethylen
RFQ
Request for Quote (Angebotsanfrage)
ROA
Return on Assets
TDM
Tausend Deutsche Mark
XML
eXtensible Markup Language

Diplomarbeit
IV
DARSTELLUNGSVERZEICHNIS
Tab. 1: Einsparpotentiale bei den Materialkosten verschiedener Branchen ... 11
Tab. 2: Anteile der Teilegruppen an den Material- und Prozeßkosten ... 22
Tab. 3: Aufteilung der gesamten Beschaffungskosten ... 22
Tab. 4: Standardprodukte ... 51
Tab. 5: Nicht standardisierte Teile ... 51
Tab. 6: Dienstleistungen ... 51
Tab. 7: Realisierte Einsparungen durch umgekehrte Auktionen ... 52
Tab. 8: Bietverlauf der Dieselauktion ... 60
Tab. 9: Überblick über die Multiparameter-Auktion für Druckgußteile ... 63
Abb. 1: ABC-Analyse ... 22
Abb. 2: Abhängigkeit der Material- und Prozeßkosten von der Verhandlungsintensität ... 35
Abb. 3: Verhandlungsintensität als Funktion der Prozeßkosten und der Technologie ... 36
Abb. 4: Material- und Prozeßkosten bei Nutzung dynamischer Online-
Ausschreibungen ... 37
Abb. 5: Bietverlauf der Dieselauktion ... 60

Diplomarbeit
1
1 ELECTRONIC COMMERCE IM BUSINESS-TO-BUSINESS BEREICH
E
NTWICKLUNG UND
B
EDEUTUNG DES
E
LECTRONIC
C
OMMERCE
Electronic Commerce (eCommerce) - ,,die Verzahnung unterschiedlicher Wertschöpfungs-
ketten auf der Grundlage des schnellen und plattformunabhängigen Informationsaustauschs
über Informations- und Kommunikationstechnologien"
1
- rückt seit Mitte der neunziger
Jahre zunehmend in den Mittelpunkt des Interesses vieler Unternehmen. Inzwischen geht
es längst nicht mehr darum, ,,ob sich Electronic Commerce-Anwendungen durchsetzen
werden, ... sondern lediglich [um den] Zeitpunkt und die Form der Anwendungen."
2
Nicht
jedoch dem in den Medien sehr präsenten Business-to-Consumer (B2C) Bereich, sondern
dem Business-to-Business (B2B) Segment
3
wird von Experten das größte Potential be-
scheinigt. Das Umsatzvolumen im B2B eCommerce wird auf 80 bis 90 Prozent des Ge-
samtvolumens des eCommerce geschätzt
4
- im Jahr 2000 weltweit etwa 400 Milliarden US
Dollar.
5
Ausnahmslos alle Experten erwarten ein rasantes Wachstum des B2B eCommerce
in den nächsten Jahren.
6
B2B beeinflußt primär nicht das WAS, sondern das WIE des wirtschaftlichen Handelns.
,,Although B2B e-commerce offers revolutionary improvements, the big picture remains
the same: cars will be manufactured, consultants will consult, steel will be produced, corn
will be harvested, buildings will be constructed, and goods and services will continue to
change hands. B2B e-commerce is not changing the overall picture of what business is
1
Dillmann, Ralf und Niko Sioulvegas: Was ist eigentlich eCommerce?, (http://www.webstudie.de/
e_business/e_commerce.htm), S. 1. Es existieren verschiedene Definitionen des Begriffes ,,Electronic
Commerce". So fokussierten sich Marketing-Fachleute lange auf den Absatzbereich: ,,Electronic Com-
merce bezeichnet die verschiedenen Möglichkeiten, Vorgänge im Absatzbereich mittels elektronischer
Kommunikationsmedien abzuwickeln." in: Bauer, Hans H.: Electronic Commerce: Stand, Chancen und
Probleme. Mannheim 1998, S. 10. Diese Sichtweise hat sich jedoch inzwischen überholt, übereinstim-
mend wird Marketing und Verkauf lediglich als ein Anwendungsbereich des eCommerce gesehen.
2
Hartmann, Detlef, Andreas Grieshaber, Adrian Fischer und Ralf Strehlau: Electronic Commerce in
deutschen Industrie- und Handelsunternehmen: Einsatz ­ Erfolgsfaktoren ­ Aussichten, Studie der
KPMG Unternehmensberatung GmbH, München 1997, S. 2.
3
B2C meint den Verkauf von Produkten oder Leistungen von Unternehmen an Privatpersonen, B2B
beschreibt den Handel zwischen Unternehmen. B2G (Business-to-Government) wird meist als Spezial-
form des B2B gesehen und deshalb in das B2B Volumen integriert, da öffentliche Institutionen zuneh-
mend den selben wirtschaftlichen Anforderungen genügen müssen wie private Unternehmen. Darüber
hinaus existieren heute noch weitere Anwendungen, die aber nur ein geringes Volumen ausmachen. Pro-
minentes Beispiel ist C2C (Consumer-to-Consumer) mit Auktionsveranstaltungen (z.B. www.ebay.com).
4
Siehe BERLECON RESEARCH GmbH (Hrsg.): Virtuelle Vermittler: Business-to-Business-Marktplätze
im Internet, Berlin 1999, S. 1; auch eMarketer (Hrsg.): The eStats Report: eCommerce: B2B, Part 2, New
York 1999, S. 13; sowie International Data Corporation (Hrsg.): The Global Market Forecast for Internet
Usage and Commerce: o.O. 1999, S. 1.
5
Siehe O. V.: B2B E-Commerce: $403 Billion in 2000, 26.01.2000, (http://cyberatlas.internet.com/
big_picture/demographics/article/0,1323,10091_295831,00.html), S. 1.
6
Siehe Diskussion in Kapitel 5.

Diplomarbeit
2
about ­ that is staying the same. Instead, it is changing how business is done."
7
Dabei hat
eCommerce das Potential, die bestehenden Markt- und Prozeßineffizienzen an den Schnitt-
stellen des Unternehmens zur Umwelt zu minimieren und ist somit mehr als ein Redesign
funktionaler Bereiche. Eine Reduktion der Ineffizienzen bedeutet nichts anderes, als daß
eine ganz neue Wettbewerbssituation mit neuen Machtverhältnissen und Konkurrenten
entsteht.
8
eCommerce wird damit zu einer umfassenden Strategie zur Sicherung der Wett-
bewerbsfähigkeit.
A
NWENDUNGEN DES
B2B
E
C
OMMERCE
Während sich die Mehrzahl der Unternehmen anfangs auf die Informationsbereitstellung
sowie auf Marketing- und Absatzaktivitäten im B2C Bereich konzentrierte, stehen heute
die umfangreichen Anwendungsmöglichkeiten des B2B im Mittelpunkt des Interesses.
Verbesserte Prozeßeffizienz
Die Steigerung der Prozeßeffizienz durch unternehmensübergreifende Supply Chain In-
tegration hat mittelfristig hohe Potentiale - durch inkompatible Schnittstellen verursachte
Prozeßkosten können drastisch reduziert werden. Dem stehen allerdings enorme Risiken
entgegen. Die Anpassung der Prozesse ist kosten- und zeitintensiv und bringt häufig nicht
den gewünschten Erfolg.
9
Durch eine erfolgreiche Prozeßintegration wird zudem der Aus-
tausch erfolgskritischer Informationen vereinfacht; dadurch steigt langfristig die gegensei-
tige Abhängigkeit der Unternehmen. Dies könnte die Bestrebungen nach gesteigerter
Flexibilität durch Outsourcing zunichte machen.
10
7
Ekoniak, Jon M. und Timothy M. Klein: B2K - A Holistic Approach: B2B e-Commerce To Become
Business Commerce, in: US bancorp Piper Jaffray (Hrsg.): The B2B Analyst, Volume 1, Number 30,
18.08. 2000, S. 4.
8
Vier von Porters fünf Wettbewerbskräften werden beeinflußt: Geringere Informations- und Distributions-
kosten senken die Eintrittsbarrieren, durch weitgehende Transparenz der Absatz- und Beschaffungsmärk-
te verschieben sich die Machtpositionen gegenüber Zulieferern und Abnehmern. Insbesondere verändert
sich die Wettbewerbssituation innerhalb der Branche, denn durch sinkende Transaktionskosten werden
aus regionalen oft globale Märkte. Vgl. Porter, Michael E.: Competitive Advantage: Creating and Sus-
taining Superior Performance, New York 1985, S. 4-11, insbesondere S. 6, Abb. 1-2.
9
Siehe Aust, Eberhardt, Wolfe Diener, Peter Engelhardt und Oliver Lüth: ePurchasing - Im B2B eCom-
merce ist der Kunde wieder König, Mannheim 2000, S. 9. Die Originalstudie ,,Erfahrungen mit der Ein-
führung von SAP R/3 in Schweizer Unternehmungen" von Knolmayer et al. stand leider nicht zur
Verfügung. Unter http://www.ie.iwi.unibe.ch/sap/sapstud97.html ist eine kurze Inhaltsangabe einsehbar.
10
Ausführlicher in Kligge, Carl G.: Strategische Beschaffung und Rückwärtsintegration, Frankfurt am Main
1992, S. 136-139, insbesondere S. 138.

Diplomarbeit
3
Ausweitung der Absatzmärkte
Durch die Reduktion von Transaktionskosten können die eigenen Absatzmärkte regional
ausgeweitet und die Zahl der potentiellen Abnehmer erhöht werden, um Umsatzsteigerun-
gen zu erzielen beziehungsweise Abhängigkeiten zu reduzieren. Teilweise kann eCommer-
ce sogar Märkte schaffen, dies gilt insbesondere für extrem illiquide Märkte, wie z.B. den
Märkten für Überkapazitäten, Restbestände oder gebrauchte Maschinen.
Allerdings birgt diese Reduktion der Marktineffizienzen auch Risiken. Durch die zuneh-
mende Transparenz der Absatzmärkte dürfte es vielen Unternehmen nicht gelingen, die zur
Zeit praktizierte Preisdifferenzierung aufrechtzuerhalten. In jedem Fall kommen hohe
Herausforderungen auf das Marketing auch im Investitionsgüterbereich zu, um die negati-
ven Folgen des größeren Wettbewerbs für das Unternehmen zu begrenzen.
eCommerce in der Beschaffung
Bestehende B2B Märkte sind heute aufgrund von Preisdifferenzierung, Marktintransparenz
und Preisabsprachen häufig ineffizient.
11
Während Transparenz im Absatzbereich für viele
Unternehmen eine Gefahr darstellt, bildet sie die Basis für eine Senkung der Beschaf-
fungskosten. Die Nutzung des eCommerce zur Schaffung effizienterer Beschaffungsmärk-
te kann für nachfragende Unternehmen somit zu einem wichtigen Hebel zur Steigerung des
Ergebnisses werden.
Eine aktuelle Umfrage des Magazins ,,Purchasing" hat ergeben, daß Einkäufer das Internet
als Informationsinstrument sehr zu schätzen wissen, sie jedoch einer umfangreicheren
Nutzung noch skeptisch gegenüberstehen. ,,While a strong majority of purchasing pros
says they intend to use the Internet for traditional types of buying activities ... fewer than a
third appear to be thinking about how Internet-based tools and services might replace
traditional buying activities. For example, only a quarter of buyers polled believe their
company will someday use the Internet to auction or award business to suppliers. Only
23% think that Internet-based tools can be used for negotiating contract prices or terms."
12
11
Siehe Aust, Eberhardt, Wolfe Diener, Peter Engelhardt und Oliver Lüth: ePurchasing - Im B2B eCom-
merce ist der Kunde wieder König, S. 12.
12
O. V.: Buyers are hot on Internet, wary about e-procurement, in: Purchasing Online, 15.06.2000, (http://
www.manufacturing.net/magazine/purchasing/archives/2000/pur0615.00/pur0615.00/062epnews.htm), S. 2.

Diplomarbeit
4
Z
IELSETZUNG DER
A
RBEIT
Trotz einer steigenden Nutzung des Internets für die Beschaffung werden die Möglichkei-
ten des Electronic Purchasing (ePurchasing) vielfach noch nicht erkannt oder unterschätzt.
In der vorliegenden Arbeit soll deshalb vorgestellt werden, welchen Erfolgsbeitrag
Electronic Purchasing für Unternehmen leistet und wie durch Nutzung geeigneter ePurch-
asing Werkzeuge die Beschaffungskosten reduziert werden können.
Kapitel 2 beleuchtet die Potentiale des eCommerce in der Beschaffung, indem Transakti-
onsmechanismen und Organisationsformen des ePurchasing sowie deren Einfluß auf die
traditionelle Beschaffung untersucht werden. Die Implementierung des ePurchasing stellt
dabei einen besonders wichtigen Aspekt dar.
Insbesondere umgekehrte Auktionen und Echtzeitausschreibungen besitzen hohe Potentia-
le zur Reduktion der Beschaffungskosten. Die Nutzung dieser Instrumente der dynami-
schen Preisfindung ist in der Praxis jedoch noch sehr umstritten. Auch wissenschaftliche
Arbeiten ignorieren diese Instrumente weitgehend, vorliegende Studien zum ePurchasing
betrachten fast ausschließlich die Verbesserung der Prozeßeffizienz durch Kataloglösungen
und Supply Chain Integration. Das gesamte Kapitel 3 ist deshalb dynamischen Ausschrei-
bungen gewidmet. Neben den Gründen für ihre preisreduzierende Wirkung werden Krite-
rien der Anwendbarkeit untersucht, eine sinnvolle Integration in den Beschaffungsprozeß
vorgestellt, konkrete Einsparpotentiale aufgezeigt sowie die Kritik an diesem Preisfin-
dungsinstrument diskutiert.
In Kapitel 4 wird die Durchführung verschiedener Arten dynamischer Ausschreibungen
anhand konkreter Fallstudien vorgestellt. Die Informationen dieses Kapitels stammen dabei
aus Interviews mit Managern zweier Auktionsanbieter, einem Einkäufer und einem Liefe-
ranten.
Das abschließende Kapitel 5 gibt einen kurzen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen im
ePurchasing und deren Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation der Zulieferermärkte.

Diplomarbeit
5
2 POTENTIALE DES ELECTRONIC PURCHASING IN DER
BESCHAFFUNG
2.1 Beschaffung als Erfolgsfaktor moderner Industrieunternehmen
A
UFGABE DER
B
ESCHAFFUNG
Wie Produktion, Marketing, Vertrieb, Finanzierung und Personal ist die Beschaffung eine
elementare Funktion jedes Unternehmens.
13
In seiner bekannten Wertkette charakterisiert
Porter die Beschaffung als eine Unterstützungsfunktion für alle anderen Unternehmensak-
tivitäten.
14
Als Schnittstelle zur Unternehmensumwelt kommt ihr überdies eine wichtige
Kommunikationsfunktion zu. Damit wird die Beschaffung zu einem entscheidenden Er-
folgsfaktor moderner Industrie- und Dienstleistungsunternehmen.
Die Beschaffung hat simultan mehrere Ziele zu verfolgen: es geht um die Bereitstellung
der ,,benötigten Erzeugnis- und Betriebsstoffe, Anlagen und Dienstleistungen"
15
in der
richtigen Qualität, der richtigen Quantität, zur richtigen Zeit, vom richtigen Zulieferer, mit
dem richtigen Service und zum richtigen Preis.
16
Gemäß der Anforderungen des Unter-
nehmens ist stets eine Gesamtoptimierung anzustreben, bei der die Kriterien unterschied-
lich gewichtet werden können.
Aus diesen eher abstrakten Zielen lassen sich verschiedene konkrete Aufgaben ableiten.
Auf strategischer Ebene geht es um die Suche und Entwicklung der Lieferanten, die damit
verbundene Qualitätsverbesserung der Beschaffungsteile, die Mitentwicklung der Spezifi-
kationen und eine mögliche Standardisierung der Einkaufsteile.
17
In diesen Bereichen
bestehen intensive Interdependenzen mit den Funktionen Marketing sowie Forschung und
Entwicklung, dies gilt insbesondere bei einem Vorgehen nach dem Konzept des Simulta-
13
Siehe Dobler, Donald W., David N. Burt und Lamar Lee, Jr.: Purchasing and Materials Management: text
and cases, 5
th
edition, New York 1990, S. 5.
14
Siehe Porter, Michael E.: Competitive Advantage, S. 36-41, insbesondere S. 37, Abb. 2-2 sowie S. 41.
15
Arnolds, Hans, Franz Heege und Werner Tussing: Materialwirtschaft und Einkauf, Wiesbaden 1998, S.
26. Abstand genommen wird hier von einer noch umfassenderen Beschaffungsdefinition, die auch die
Personal- und Kapitalbeschaffung als originäre Beschaffungsaktivitäten sieht. Mit Personalwirtschaft und
Finanzierung haben sich zwei eigenständige und stark spezialisierte Funktionsbereiche etabliert, damit
scheint eine Einbeziehung dieser Tätigkeiten in die klassische Beschaffung als nicht sinnvoll. Vgl. auch
Arnold, Ulli: Beschaffungsmanagement, 2. Auflage, Stuttgart 1997, S. 3-5. Eine beispielhafte Darstellung
möglicher Beschaffungsobjekte sowie die Zuordnung zum jeweiligen Bedarfsträger findet sich in Porter,
Michael E.: Competitive Advantage, S. 47, Abb. 2-4.
16
Siehe Dobler, Donald W., David N. Burt und Lamar Lee, Jr.: Purchasing and Materials Management, S.
29; vgl. auch Leenders, Michiel R. und Harold E. Fearon: Purchasing and Supply Management, 11
th
edi-
tion, Boston 1997, S. 34; vgl. auch Piontek, Jochem: Beschaffungscontrolling, München 1994, S. 37.
17
Vgl. Leenders, Michiel R. und Harold E. Fearon: Purchasing and Supply Management, S. 35-37.

Diplomarbeit
6
neous Engineering. Unter Umständen ist die frühzeitige Einbindung von Zulieferern in den
F&E Prozeß notwendig, um die Versorgung mit adäquaten Inputs sicherzustellen.
18
Zu den operativen Aufgaben gehören die Sicherstellung eines ununterbrochenen Material-
flusses zur Aufrechterhaltung der Betriebstätigkeit sowie die Minimierung der Prozeß- und
Produktkosten des Einkaufs.
19
Hier wird die enge Verknüpfung der Beschaffung mit den
Bereichen Verkauf und Produktion deutlich. ,,The sales forecast is the basis for the produc-
tion schedule, which in turn is the basis for the purchasing schedule."
20
Rechtzeitige
Kommunikation des Materialbedarfs ist absolut notwendig. Produktionsstillstand, teure
Notbestellungen oder Rückrufaktionen wegen fehlerhafter Inputs wirken sich verheerend
auf das operative Ergebnis aus. Andererseits führen hohe Lagerbestände zu hohen Kapital-
bindungskosten und erhöhtem Liquiditätsbedarf: ,,The cost of carrying inventory is high ­
usually between 25 and 35 percent of the average inventory value per year."
21
Eine separa-
te Optimierung der Kosten des Einkaufs und der Produktion kann aufgrund von Interessen-
asymmetrien beider Ressorts kein Gesamtoptimum für das Unternehmen ergeben.
E
NTWICKLUNGSTRENDS DER
B
ESCHAFFUNGSFUNKTION
Zunahme des Materialkostenblocks
Die Bedeutung der Beschaffung hat seit Anfang der 90er Jahre stark zugenommen. Kon-
junkturelle Probleme sowie die aufgrund der Globalisierung gestiegene Umweltdynamik
verlangten von vielen Unternehmen höhere Flexibilität und eine Senkung der Fixkosten.
Make-or-buy Fragen wurden neu gestellt und Aktivitäten, die keine Kernkompetenzen
darstellten, wurden ausgegliedert.
Dieses Outsourcing führte zu einer prozentualen Erhöhung des Materialkostenblocks. In
den meisten Branchen stellen die Materialkosten heute mehr als 50% des Umsatzes dar.
Insbesondere in Bereichen wie Erdöl/Erdgas/Kohle, Metallurgie und Transportmittel sind
diese Anteile noch erheblich höher.
22
Bei einer Materialintensität von 50% wird deutlich,
18
Vgl. Locker, Alwin M.: Zusammenarbeit von F&E und Beschaffung: Konzept zur Gestaltung eines
situativen und unternehmensspezifischen Kooperationsmanagements, St. Gallen 1997, S.39.
19
Vgl. Leenders, Michiel R. und Harold E. Fearon: Purchasing and Supply Management, S. 35-37.
20
Dobler, Donald W., David N. Burt und Lamar Lee, Jr.: Purchasing and Materials Management, S. 18.
21
Ebd. S. 18.
22
Vgl. Porter, Anne M.: Purchasing's Top 250 spent $1.4 trillion in 1999, in: Purchasing Online, 02.11.2000,
(http://www.manufacturing.net/magazine/purchasing/archives/2000/pur1102.00/111top.htm), S. 4-10;
vgl. auch Arnolds, Hans, Franz Heege und Werner Tussing: Materialwirtschaft und Einkauf, S. 32f; sowie
Leenders, Michiel R. und Harold E. Fearon: Purchasing and Supply Management, S. 10 Table 1-1; und
Piontek, Jochem: Beschaffungscontrolling, S. 39f.

Diplomarbeit
7
welche Hebelwirkung eine prozentual geringe Reduktion der Materialkosten auf das Be-
triebsergebnis hat. Bei einer Umsatzrentabilität von 5% würde die Senkung der Material-
kosten um 10% eine Gewinnverdoppelung zur Folge haben. Über die Verringerung des im
Materiallager gebundenen Kapitals wird der Return on Assets (ROA) mehr als verdop-
pelt.
23
Bei einer geringeren Umsatzrendite ist die Hebelwirkung sogar noch größer. So
hätte bei Daimler-Benz im Jahr 1995 eine Senkung der Materialkosten um 0,518% die
gleiche Gewinnsteigerung von 10% hervorgerufen wie eine 10%-ige Umsatzsteigerung.
24
Fokus auf Prozeßverbesserungen
Voraussetzung für geringere Materialkosten ist eine höhere Markteffizienz. ,,Die Strategie
des multiple sourcing zielt darauf ab, den Wettbewerb unter den tatsächlichen und potenti-
ell möglichen Lieferanten zu stimulieren, um deren Leistungsfähigkeit ­ insbesondere
natürlich ihre Preiswürdigkeit ­ zu steigern."
25
Viele Unternehmen zogen im Rahmen des
Outsourcing jedoch langfristig stabile Lieferbeziehungen mit wenigen Zulieferern der
Beschaffung auf Märkten vor.
Dies läßt sich einerseits über immense Marktmängel erklären. Intransparenz, Preisdiskri-
minierung sowie Preisabsprachen verhinderten einen effizienten Wettbewerb auf den
Beschaffungsmärkten.
26
Damit konnte von Seiten der nachfragenden Unternehmen nicht
mit kompetitiven Preisen gerechnet werden und just-in-time Konzepte wären wegen des
Beschaffungsrisikos nicht umzusetzen.
Langfristige Lieferantenbeziehungen boten klare Vorteile. Entwicklungspartnerschaften
konnten einen erheblichen Beitrag zur Verkürzung des time-to-market Zyklus leisten und
so entscheidende Wettbewerbsvorteile begründen. Außerdem lag ein erhebliches Potential
in der gemeinsamen Entwicklung effizienterer Produktionsverfahren und einer Verbesse-
rung unternehmensübergreifender Prozesse. Die Implementierung des elektronischen
Datenaustauschs war jedoch so teuer, daß sich diese Investition nur für große Volumina
und langfristige Beziehungen lohnte.
27
23
Siehe Leenders, Michiel R. und Harold E. Fearon: Purchasing and Supply Management, S. 16f.
24
Siehe Arnold, Ulli: Beschaffungsmanagement, S. 15f.
25
Ebd. S. 95f.
26
Eine ausführliche Diskussion der Marktmängel von B2B Märkten folgt in Abschnitt 3.1.
27
EDI (Electronic Data Interchange) wird seit über 20 Jahren eingesetzt und beschreibt den ,,elektronischen
Austausch von Daten zwischen zwei Anwendungssystemen in einer standardisierten und automatisierten
Form." in: Eyholzer, Kilian: Electronic Purchasing, Bern 1999, S. 7. Für eine ausführliche Diskussion der
Nachteile von EDI siehe ebenda S. 8.

Diplomarbeit
8
Aus diesen Gründen hat seit Anfang der neunziger Jahre das unternehmensübergreifende
Supply Chain Management
28
erheblich an Bedeutung gewonnen. Insbesondere Prozeßver-
besserungen wurden im Rahmen dieses Konzeptes verfolgt und mit unterschiedlichem
Erfolg realisiert.
29
Die Nutzung des teilweise freigesetzten Potentials war jedoch schwierig.
Zusätzliche Umsätze waren oft nicht zu generieren, da die frei gewordenen Mitarbeiter
nicht die entsprechenden Qualifikationen besaßen, und Personalabbau ist gerade in
Deutschland sehr schwierig und äußerst kostspielig. Effizienzgewinne waren deshalb
gerade in stagnierenden Branchen schwer in Kosteneinsparungen umsetzbar.
Reduktion der Materialkosten
Der bekannte Beschaffungsmanager Ignazio Lopéz hat sowohl bei VW als auch bei Opel
gezeigt, daß Einsparungen bei den Materialkosten trotz aller Marktineffizienzen möglich
sind. Ein ehemaliger Mitarbeiter von Lopéz stellt heraus, daß die Prozeßkosten der Be-
schaffung in der Regel nicht mehr als 4-6% der Gesamtkosten ausmachen, während die
Materialkosten meist über 50% der Gesamtkosten betragen.
30
Eine fünfprozentige Senkung
der Materialkosten spart also absolut den selben Betrag wie eine Halbierung der Prozeß-
kosten. Das Einsparpotential bei den direkten Kosten ist somit wesentlich höher.
Diese Reduktion der Materialkosten war jedoch meist großen Unternehmen vorbehalten.
Durch die Zentralisierung der Einkaufsaktivitäten konnten die interne Prozeßeffizienz
sowie die Marktmacht am Beschaffungsmarkt erhöht werden. Teilweise wurden sogar
Fusionen durch diese Synergieeffekte im Einkauf getrieben. Internationale Unternehmen
verwirklichten außerdem Global Sourcing, insbesondere dienstleistungsintensive Vorpro-
dukte haben aufgrund der hohen Lohnkosten in Deutschland ein erhebliches Einsparpoten-
tial. Im Jahr 1998 sahen ,,rund 80% der Unternehmen die Reduzierung von Material- und
Beschaffungskosten als Hauptargument für den internationalen Einkauf"
31
an.
28
Unter Supply Chain Management wird die ,,Planung und Steuerung der gesamten Versorgungskette der
Konsumgüterindustrie vom Lieferanten und Vorlieferanten über den Hersteller, den Handel, den Spedi-
teur und den Endverbraucher" verstanden. Eyholzer, Kilian und Daniel Hunziker: Internet-Einsatz in der
Beschaffung: Eine empirische Untersuchung in Schweizer Unternehmen, Bern 1999, S. 2f. Vgl. auch
Dobler, Donald W., David N. Burt und Lamar Lee, Jr.: Purchasing and Materials Management, S. 22-24.
29
Insbesondere in der Automobilindustrie galt EDI als vielversprechender Ansatz. Aufgrund unterschiedli-
cher Systeme und fehlender Standards gab es in der Umsetzung jedoch massive Probleme.
30
Siehe Versteeg, André: Revolution im Einkauf: höchste Qualität und bester Service zum günstigsten
Preis. Frankfurt / Main, New York 1999, S. 71. Porter bezifferte 1985 die Prozeßkosten der Beschaffung
auf 1 Prozent und die Materialkosten auf 41 Prozent der Gesamtkosten. Vgl. Porter, Michael E.: Competi-
tive Advantage, S. 67f, insbesondere Abb. 3-1.
31
Krokowski, Wilfried (Hrsg.): Globalisierung des Einkaufs: Leitfaden für den internationalen Einkäufer,
Berlin 1998, S. 9.

Diplomarbeit
9
2.2 Einfluß des Internets auf die Beschaffung
Die Abgrenzung von Einkauf (Purchasing) und Beschaffung (Procurement) ist in der Lite-
ratur nicht eindeutig
32
. Vorherrschend scheint jedoch die unter anderem von Eyholzer und
Hunziker gebrauchte Definition zu sein, die als Einkauf die ,,operativen, administrativen
und marktorientierten Tätigkeiten, d.h. die abwicklungstechnische und juristisch-
kaufmännische Erledigung des Versorgungsvorganges"
33
sehen. Zu den Einkaufsaktivitä-
ten im engeren Sinne gehören damit die Auswahl potentieller Zulieferer, die Durchführung
der Verhandlungen mit Festsetzung der Beschaffungspreise, die Bestellabwicklung sowie
die Sicherstellung der physischen Verfügbarkeit der Beschaffungsobjekte.
34
P
HASEN DES
E
INKAUFSPROZESSES
In der Informationsphase kann das Internet für die Identifikation geeigneter Zulieferer
genutzt werden. Insbesondere virtuelle Marktplätze und Lieferantendatenbanken bieten
sich für diese Recherche an. Die Nutzung dieser Services verkürzt den Zeitbedarf für
Suche und Überprüfung der Qualifikation der potentiellen Lieferanten und erlaubt so eine
Ausweitung der Lieferantenbasis auch auf eine internationale Ebene.
Die Durchführung des Verhandlungsprozesses wird durch mehrere Werkzeuge unterstützt.
Lieferanten können kostensparend per email benachrichtigt werden und sich die relevanten
Informationen zur Angebotserstellung auf der Einkaufswebsite des nachfragenden Unter-
nehmens beschaffen. Für die Preisverhandlung sind Werkzeuge wie dynamische Aus-
schreibungen oder Börsen besonders geeignet. Mit ihrer Hilfe wird im Markt eine
Dynamisierung der Preisbildung erreicht. Andere Instrumente wie schwarze Bretter schaf-
fen Märkte für gebrauchte Investitionsgüter.
Bei der Abwicklung des Einkaufs kann der Bestellvorgang zum Beispiel durch Nutzung
von Kataloglösungen vereinfacht werden. Weiterhin stehen Fulfillment-Dienstleistungen
zur Verfügung, die häufig in Kataloglösungen integriert sind.
32
Vgl. Leenders, Michiel R. und Harold E. Fearon: Purchasing and Supply Management, S. 5f.
33
Eyholzer, Kilian und Daniel Hunziker: Internet-Einsatz in der Beschaffung: Eine empirische Untersu-
chung in Schweizer Unternehmen, Bern 1999, S. 2; vgl. auch Leenders, Michiel R. und Harold E. Fearon:
Purchasing and Supply Management, S. 6.
34
Vgl. Palupski, Rainer: Management von Beschaffung, Produktion und Absatz, Wiesbaden 1998, S. 203-
209; vgl. auch Dobler, Donald W., David N. Burt und Lamar Lee, Jr.: Purchasing and Materials Ma-
nagement, S.21 Abbildung 1-5; vgl. auch Dolmetsch, Ralph: eProcurement: Sparpotential im Einkauf,
München 2000, S 30f.

Diplomarbeit
10
Und während ePurchasing diese Einkaufsaktivitäten grundlegend revolutionieren kann,
sind nahezu alle Aufgaben der Beschaffung von der Nutzung des Internets betroffen. Auf
strategischer Ebene handelt es sich zwar vielfach um nicht automatisierbare Tätigkeiten,
die Ausrichtung der strategischen Beschaffungsaktivitäten auf die Nutzung der ePurch-
asing Werkzeuge ist jedoch Voraussetzung für deren erfolgreiche Anwendung. Electronic
Purchasing wird damit Teil einer umfassenden Beschaffungsstrategie.
35
E
FFIZIENZSTEIGERUNG DURCH DAS
I
NTERNET
Ziel der Beschaffung muß es sein, unter Nutzung der neuen Technologien alle Beschaf-
fungsprozesse so zu gestalten, daß eine größtmögliche Markt- und Prozeßeffizienz erreicht
wird. Laut Niehus liegen die ,,Vorteile des E-Procurement ... in der Kostenreduktion der
Beschaffungsprozesse durch ihre effizientere Gestaltung."
36
Über diesen singulären Fokus
auf Prozeßeinsparungen hinausgehend, existieren laut Goldman Sachs auch Potentiale bei
den Materialkosten. ,,In addition to process-related savings, B2B solutions also offer po-
tential savings on the product side of procurement."
37
Prozeßkosten-Einsparungen
Durch seine hohe Informationseffizienz
38
beeinflußt das Internet alle Prozesse, die eine
Datengewinnung oder den Datenaustausch im Unternehmen oder über seine Grenzen
hinweg notwendig machen. Damit können Prozesse automatisiert und Mitarbeiter von
administrativen Tätigkeiten entlastet werden. Sie stehen so für strategische Aufgaben zur
Verfügung. Je nach Branche besteht laut Goldman Sachs ein Einsparpotential bei den
Prozeßkosten der Beschaffung von 10-25%.
39
Durch die Vernetzung unternehmensinterner
Systeme mit Zulieferern können zudem die Bestellzeiten drastisch verkürzt werden.
40
Die Integration mehrerer Unternehmen der Wertschöpfungskette wird durch neue Daten-
standards einfacher und billiger. Die eXtensible Markup Language (XML) ermöglicht den
35
Insbesondere im Rahmen der Implementierung des ePurchasing und umgekehrter Auktionen wird dies
deutlich. Siehe Kapitel 2.4 und 3.4.
36
Niehus, Rudolf: E-Procurement, Kapitel 4 in: PwC Deutsche Revision (Hrsg.): Leitfaden E-Business,
Frankfurt 1999, S. 13.
37
Goldman Sachs Investment Research (Hrsg.): B2B: 2B or not 2B, Version 1.1, New York 1999, S. 7.
38
Informationseffizienz heißt hier, daß im Internet Informationen in nahezu unbegrenztem Maße kostenfrei
zur Verfügung stehen und auch wesentlich kostengünstiger übertragen und genutzt werden können, als
dies bisher der Fall war.
39
Siehe Goldman Sachs Investment Research (Hrsg.): B2B: 2B or not 2B, S. 7.
40
Vgl. O. V.: Internet data file (Datenbasis der Aberdeen Group (Originalquelle nicht zugänglich)), in:
Purchasing Online, 22.04.1999, (http://www.manufacturing.net/magazine/purchasing/archives/1999/
pur0422.99/042isupp.htm), S. 22.

Diplomarbeit
11
Datenaustauch zwischen verschiedenen Systemen und entwickelt sich schnell zum interna-
tionalen Standard.
41
,,All life forms are carbon based. All applications will be XML ba-
sed."
42
Somit sind keine hohen Investitionen mehr für den elektronischen Datenaustausch
notwendig.
Materialkosten-Einsparungen
Goldman Sachs sieht durch B2B eCommerce
Einsparpotentiale bei den Materialkosten
von mehr als 20 Prozent.
44
Dabei sind die
Potentiale sehr stark branchen- und produkt-
abhängig (siehe Tabelle 1).
Die erzielbaren Einsparungen beruhen im
wesentlichen auf drei Faktoren. Erstens er-
möglicht das Internet die Umsetzung des
Global Sourcing, da ausländische Lieferanten
mit teilweise deutlich günstigeren Kosten-
strukturen berücksichtigt werden können.
Zweitens ist eine Nachfragebündelung über
Unternehmensgrenzen hinweg sehr kosten-
günstig umsetzbar. Dadurch wird die Macht-
position der Einkaufsseite gestärkt, und bei
den Lieferanten treten Größendegressionsef-
fekte auf. Und drittens kann durch dynamische
Preisfindung echter Wettbewerb zwischen den
Lieferanten und damit Markttransparenz erzeugt werden.
45
Insbesondere die dynamische
Preisfindung ist dafür verantwortlich, daß die durch Global Sourcing und Nachfragebünde-
lungen entstehenden Potentiale auch ausgeschöpft werden können.
46
41
Vgl. eMarketer (Hrsg.): The eCommerce: B2B Report: Executive Summary, 2000, (http://www.emar-
keter.com/ereports/ecommerce_b2b/welcome.html), S. 6.
42
Allen, Charles: Zitat in: eMarketer (Hrsg.): The eCommerce: B2B Report, S. 6.
43
Siehe Goldman Sachs Investment Research (Hrsg.): B2B: 2B or not 2B, S. 8, Tabelle 2.
44
Siehe ebd. S. 8.
45
Vgl. Morgan Stanley Dean Witter: The B2B Internet Report: Collaborative Commerce, o.O. 2000, S. 31;
vgl. auch BERLECON RESEARCH GmbH (Hrsg.): B2B-Marktplätze in Deutschland: Status quo -
Chancen - Herausforderungen, Berlin 2000, S. 23.
46
Eine detaillierte Beschreibung der Potentiale der dynamischen Preisfindung findet sich in Kapitel 3.2.
Branche
Einspar-
potential
Luft- und Raumfahrt
11%
Chemikalien
10%
Kohle
2%
Kommunikation
5-15%
Datenverarbeitung
11-20%
Elektronikkomponenten
29-39%
Lebensmittel-Einsatzstoffe
3-5%
Holz
15-25%
Transportdienstleistungen
15-20%
Gesundheitswesen
5%
Pharmazie
12-19%
Maschinenteile (Metall)
22%
Medien & Werbung
10-15%
MRO
10%
Öl & Gas
5-15%
Papier
10%
Stahl
11%
Tab. 1: Einsparpotentiale bei den Mate-
rialkosten verschiedener Branchen
43

Diplomarbeit
12
Trend zur Vermarktlichung
Das Internet neutralisiert damit weitgehend die Gründe, die Anfang der 90er Jahre zu einer
Bevorzugung langfristiger Lieferbeziehungen gegenüber Markttransaktionen führten.
Unternehmen müssen demnach konsequent ihre bisherigen Lieferbeziehungen in Frage
stellen. Der mit der make-or-buy Entscheidung begonnene Prozeß des Outsourcing muß
von einer how-to-buy Entscheidung gefolgt werden. Einzig Entwicklungspartnerschaften
sowie wenige strategische Lieferbeziehungen, die durch proprietäre Produkte Wettbe-
werbsvorteile nach sich ziehen, rechtfertigen in Zukunft langfristige Bindungen. Dies ist
jedoch in der Regel nur bei wenigen Produkten der Fall. Die Erstellung der den Wettbe-
werbsvorteil am Markt sichernden strategischen Komponenten sollte ohnehin zu den
Kernkompetenzen des Unternehmens gehören und daher eigenständig erfolgen.
Es ist deshalb zu erwarten, daß der Anteil der Markttransaktionen in der Beschaffung
durch Nutzung der Möglichkeiten des Electronic Purchasing stark zunimmt.
47
Picot spricht
in diesem Zusammenhang von einer Tendenz zur Vermarktlichung.
48
O
RGANISATIONSFORMEN DES E
P
URCHASING
Für die elektronische Beschaffung stehen grundsätzlich vier verschiedene Organisations-
formen zur Verfügung: anbieterorientierte Verkaufslösungen, nachfragerorientierte Be-
schaffungsnetze, unabhängige Marktplätze und reine Anwendungsanbieter.
49
Anbieterorientierte Verkaufslösungen
Sell-Side-Lösungen werden von einem Anbieter betrieben und beinhalten ausschließlich
sein Produktprogramm. Zielgruppe ist eine große Anzahl potentieller Abnehmer. Der
Informationsvorteil liegt klar beim Anbieter, da er alle Angebote autonom steuert. Für
Nachfrager bedeutet ,,diese Art des Einkaufs in erster Linie eine Beschleunigung und
Informationsverbesserung: Durch den direkten Zugriff auf Datenbanken des Verkäufers
kann festgestellt werden, welche Produkte vorhanden und wann sie lieferbar sind. Zusätz-
lich entfällt die zeitaufwendige Bearbeitung einer Bestellung im Unternehmen des Verkäu-
47
Natürlich bietet ePurchasing auch Prozeßeinsparpotentiale bei Netzwerken, nur ist der spezifische Vorteil
dieser Netzwerke nicht mehr vorhanden, da durch ePurchasing in der Regel eine ähnliche Prozeßeffizienz
auch bei Markttransaktionen erreicht werden kann. Der Nachteil des fehlenden Preiswettbewerbs wird
deshalb auf Dauer von nachfragenden Unternehmen nicht akzeptiert werden.
48
Vgl. Picot, Arnold, Ralf Reichwald und Rolf Wigand: Die grenzenlose Unternehmung: Information,
Organisation und Management, 3. Auflage, Wiesbaden 1998, S. 331.
49
Vgl. Eyholzer, Kilian: Electronic Purchasing, S. 9-11; vgl. auch BERLECON RESEARCH GmbH
(Hrsg.): B2B-Marktplätze in Deutschland, S.5-13.

Diplomarbeit
13
fers."
50
Fixkosten existieren für den Einkäufer meist nicht, denn die Plattform wird vom
Anbieter betrieben und gewartet.
51
Zu den größten Nachteilen zählen die fehlende Ver-
gleichbarkeit der Angebote mit denen der Konkurrenz sowie die fehlende Standardisierung
dieser Seiten. Einkäufer benötigen so für jede Anbieter-Website einen separaten Zugang
und müssen sich mit den abweichenden Funktionalitäten der Seiten vertraut machen.
Publiziert werden in der Regel fixe Listenpreise, die keine Bestpreise darstellen, um das
Gesamtpreisniveau nicht zu drücken. Den einfacheren Prozessen stehen daher unvorteil-
hafte Einkaufskonditionen entgegen. Direkte Transaktionen lohnen sich für den Einkäufer
nur bei wenigen Produktkategorien. Diese Sell-Side-Solutions werden deshalb oft von
Unternehmen implementiert, deren Produkte geringe direkte Materialkosten, dafür aber
hohe Bestellkosten verursachen. Solche Lösungen sind als Kataloge ausgestaltet, die vor
allem die Bestellabwicklung erheblich vereinfachen. Exemplarisch sind als Anbieter die
klassischen Büroartikel-Versender und Produzenten zu nennen.
Teilweise werden über anbieterorientierte Lösungen auch Gebrauchtgegenstände und
Restposten angeboten.
52
Anders als im B2C-Bereich handelt es sich jedoch meist um sehr
spezifische Güter. Diese Spezifität reduziert die Liquidität sowohl der Nachfrage- als auch
Angebotsseite derart, daß echte virtuelle Marktplätze gegenüber den Sell-Side-Lösungen
für solche Produkte aufgrund der höheren Liquidität vorzuziehen sind.
Es scheint deshalb klar, daß ,,typische Sell-Side-Lösungen ­ obwohl heute die häufigste
Form des Electronic Commerce ­ nicht die nötigen Potentiale bieten, die ein Unternehmen
sich bei der elektronischen Beschaffung wünscht. ... [Es] wird erwartet, dass reine Sell-
Side-Lösungen in Zukunft an Bedeutung verlieren werden. Grösseres Potential bieten die
Buy-Side-Lösungen und die elektronischen Marktplätze."
53
In bestimmten Fällen können Sell-Side-Solutions jedoch einen echten Mehrwert darstellen.
Dies ist dann der Fall, wenn Kostenaspekte sekundär werden, zum Beispiel bei der Be-
schaffung von Spezial- oder Ersatzteilen ohne echte Alternativen zu diesem Anbieter
sowie bei Eilbestellungen.
54
50
BERLECON RESEARCH GmbH (Hrsg.): B2B-Marktplätze in Deutschland, S. 6.
51
In seltenen Fällen erheben werden auch bei Sell-Side-Lösungen Mitgliedsbeiträge erhoben.
52
Hierbei handelt es sich z.B. um gebrauchte Maschinen, freie Kapazitäten sowie Restbestände.
53
Eyholzer, Kilian: Electronic Purchasing, S. 11.
54
Eine ausführliche Diskussion von Anbieter-Websites findet sich in: Aust, Eberhardt, Wolfe Diener, Peter
Engelhardt und Oliver Lüth: ePurchasing - Im B2B eCommerce ist der Kunde wieder König, S. 52-55.

Diplomarbeit
14
Nachfragerorientierte Lösungen
Buy-Side-Lösungen werden vom Nachfrager bzw. Nachfragerkonsortium initiiert, ihnen
stehen dabei viele Lieferanten gegenüber. Die Ausweitung des Intranets zu einem Extranet
mit Anbindung der Zulieferer hat ,,den Vorteil einer kräftigen Senkung der Kosten des
Beschaffungswesens bei einer gleichzeitigen Beschleunigung des Bestellvorgangs."
55
Darüber hinaus sinken durch die Schaffung einer Wettbewerbssituation zwischen den
Zulieferern meist auch die Produktkosten der Beschaffung, denn Bedarfe können ausge-
schrieben und an den günstigsten Anbieter vergeben werden. Weiterhin besteht die Mög-
lichkeit der Integration mehrerer Produktkataloge der Anbieter. Aus funktionaler Sicht
können sämtliche Instrumente des ePurchasing in Buy-Side-Lösungen integriert werden.
56
Die Vorteile gegenüber Sell-Side-Lösungen sind insbesondere die bessere Kontrolle für
das einkaufende Unternehmen sowie die Integration der Daten in interne Systeme. Hohe
Realisierungskosten machen solche Buy-Side-Lösungen jedoch häufig uninteressant. Das
erforderliche technische Know-how für Einrichtung und Pflege dieses Systems steht meist
nur großen Unternehmen zur Verfügung. Weiterhin sind die fixen Kosten der Nutzung sehr
hoch, so daß nur große Einkaufsvolumina diese Kosten rechtfertigen. Selbst globale Spie-
ler entwickeln solche Lösungen deshalb häufig im Rahmen von Einkaufskooperationen.
57
Unabhängige Marktplätze
58
Bei elektronischen Marktplätzen handelt es sich um unabhängige Intermediäre. Diese
versuchen, die Interessen der Anbieter und Nachfrager möglichst bedarfsgerecht zu erfül-
len, ohne dabei per se eine Marktseite zu bevorteilen. Auf diesen Marktplätzen treten viele
Nachfrager vielen Anbietern gegenüber. Generell lassen sich horizontale und vertikale
Marktplätze unterscheiden. ,,Während horizontale Marktplätze auf branchenübergreifende
Prozesse und Funktionen fokussiert sind, richten sich die vertikalen Markplätze auf die
Bedürfnisse einer bestimmten Branche aus."
59
55
BERLECON RESEARCH GmbH (Hrsg.): B2B-Marktplätze in Deutschland, S. 7.
56
Eine ausführliche Diskussion der verschiedenen Transaktionsmechanismen folgt in Kapitel 2.3.
57
Solche Einkaufskooperationen bestehen bereits in einer Vielzahl von Branchen, z.B. in der Automobilin-
dustrie, der Chemie, dem Einzelhandel, der Elektronik- und Computerindustrie sowie der Metallbranche.
Beispiele sind www.covisint.com sowie www.metalspectrum.com.
58
Eine umfassende Auflistung und Beschreibung von über 1000 Marktplätzen, davon 133 in Deutschland,
findet sich im Report ,,B2B-Marktplätze in Deutschland" von BERLECON RESEARCH.
59
BERLECON RESEARCH GmbH (Hrsg.): B2B-Marktplätze in Deutschland, S. 10. Beispiele für horizon-
tale Marktplätze sind www.mro.com, www.asiansources.com und www.mondus.de. Ein vertikaler Markt-
platz mit separaten Communities in verschiedenen Branchen ist z.B. www.verticalnet.com.
Ende der Leseprobe aus 83 Seiten

Details

Titel
Electronic Purchasing als innovative Strategie zur Reduktion der Beschaffungskosten
Hochschule
Universität Mannheim
Note
1
Autor
Jahr
2001
Seiten
83
Katalognummer
V185591
ISBN (eBook)
9783656983583
ISBN (Buch)
9783867464895
Dateigröße
1438 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
electronic, purchasing, strategie, reduktion, beschaffungskosten
Arbeit zitieren
Stefan Hannusch (Autor:in), 2001, Electronic Purchasing als innovative Strategie zur Reduktion der Beschaffungskosten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185591

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