Coaching als Methode der Personalentwicklung

Eine empirische Untersuchung zur Verbreitung unterschiedlicher Methoden der Personalentwicklung in mittelständischen Unternehmen


Diplomarbeit, 2000

128 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Ansatz, Ziel und Aufbau der Arbeit

2 Personalentwicklung
2.1 Begriffliche Eingrenzung der Personalentwicklung
2.1.1 Personalentwicklung im engeren, weiteren und weitesten Sinne
2.1.2 Definition von Personalentwicklung
2.2 Komponenten der Personalentwicklung
2.2.1 Funktionen
2.2.2 Adressaten
2.2.3 Träger
2.2.4 Bedarfsermittlung
2.2.5 Ermittlung des Entwicklungsspotentials und der Entwicklungsbedürfnisse
2.2.6 Erfolgskontrolle
2.3 Ziele der Personalentwicklung
2.3.1 Ziele aus Unternehmenssicht
2.3.2 Ziele aus Mitarbeitersicht
2.4 Methoden der Personalentwicklung
2.4.1 Individuenbezogene Methoden
2.4.2 Gruppenbezogene Methoden
2.4.3 Methodenüberblick
2.5 Trends in der Personalentwicklung

3 Coaching als Methode der Personalentwicklung
3.1 Entwicklung von Coaching
3.1.1 Ursprung und Ausbreitung von Coaching
3.1.2 Anlässe und Gründe für Coaching in der Personalentwicklung heute
3.2 Begriffliche Eingrenzung
3.2.1 Coachingvarianten
3.2.2 Abgrenzung und Einsatzgrenzen der Methode Coaching gegenüber anderen Interventionen
3.2.3 Definition von Coaching
3.3 Ziele und Nutzen von Coaching
3.3.1 Ziele
3.3.2 Nutzen
3.4 Ablauf von Coaching
3.4.1 Die Wahl des Coach
3.4.2 Der Coachingprozeß
3.5 Fazit

4 Befragung von mittelständischen Unternehmen zu Personalentwicklungsmethoden
4.1 Konzeption der Befragung
4.1.1 Zielsetzung
4.1.2 Aufbau des Fragebogens
4.1.3 Begründung der Auswahl mittelständischer Unternehmen als Zielgruppe dieser Erhebung
4.1.4 Auswahl der Unternehmen und Durchführung der Befragung
4.2 Auswertung des Fragebogens
4.2.1 Hinweise zur Auswertung
4.2.2 Ergebnisse der Befragung

5 Diskussion
5.1 Diskussion des allgemeinen Ergebnisteils
5.2 Diskussion der Ergebnisse zur Methode Coaching
6 Resümee

7 Tabellenverzeichnis

8 Abbildungsverzeichnis

9 Literaturverzeichnis

Anhang

Anhang A : Anschreiben der Unternehmen

Anhang B: Fragebogen

Anhang C: Tabellen mit differenzierten Umfrageergebnissen

1 Ansatz, Ziel und Aufbau der Arbeit

„Schlüsselfaktor Personal“

...lautet die Überschrift eines Artikels in einer Managerzeitschrift (management & seminar, 1999, S.28).

Die Mitarbeiter stellen für die Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsfaktor dar. Durch Globalisierungs- und Internationalisierungstendenzen sind die Unternehmen einem ständigen Struktur- und Umfeldwandel ausgesetzt. Um auf diese Veränderungen reagieren zu können, ist die Entwicklung des Personals von entscheidender Wichtigkeit. Besonders Manager und Führungskräfte sind von diesen Veränderungen betroffen und wünschen sich zunehmend eine individuelle Unterstützung. Deshalb gewinnen individuenzentrierte an Bedeutung.

Die mittelständischen Unternehmen stellen die am meisten verbreitete Unternehmensform in Deutschland dar. Die Betrachtung der Personalentwicklungssituation in mittelständischen Unternehmen ist deshalb besonders interessant.

Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick über die Anwendungssituation von Personalentwicklungsmethoden in mittelständischen Unternehmen zu geben.

Coaching steht in dem Ruf persönliche Unterstützung in einem besonderen Maß leisten zu können. Aufgrund des zunehmenden Bedarfs nach individuenbezogenen Maßnahmen wird die populäre Methode Coaching und deren Verwendung genauer betrachtet.

Dazu werden in einer empirischen Erhebung beispielhaft 42 mittelständische Unternehmen einer Region befragt.

Im theoretischen Teil dieser Arbeit wird in Kapitel 2 zunächst geklärt, was Personalentwicklung ist und welche Komponenten für eine systematische Personalentwicklung wichtig sind. Danach wird auf die Ziele und Methoden der Personalentwicklung eingegangen. Darüber hinaus werden Trends in der Personalentwicklung und die Situation von mittelständischen Unternehmen erläutert.

Anschließend wird in Kapitel 3 die Methode Coaching definiert und eine begriffliche Eingrenzung vorgenommen. Außerdem wird auf die Entwicklung und Einsatzgründe eingegangen sowie die Ziele, der Nutzen und der Ablauf der Methode beschrieben.

Im praktischen Teil der Arbeit (Kapitel4) werden die Ergebnisse der Erhebung ausgewertet und dargestellt.

In Kapitel 5 folgt die Diskussion der wesentlichen Befragungsergebnisse und ein Vergleich mit den Resultaten anderer Erhebungen.

Abschließend werden in Kapitel 6 die wesentlichen Gesichtspunkte der Arbeit resümiert.

2 Personalentwicklung

Personalentwicklung gewinnt in vielen Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Der Personalentwicklung wird als Wettbewerbsfaktor eine maßgebliche Rolle für den Unternehmenserfolg zugeschrieben (vgl. Staudt, 1999, S.28). Im Jahr 1998 wurden allein für die betriebliche Weiterbildung 34,3 Mrd. DM ausgegeben (vgl. Weiß, 1999, S.1).

In diesem Kapitel wird erläutert, was Personalentwicklung ist bzw. meint und welche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Personalentwicklung notwendig sind.

Zunächst wird Personalentwicklung in ihrer Begrifflichkeit umrissen und definiert.

Auf dieser Grundlage werden dann verschiedene Komponenten (vgl. Kap. 2.2) beleuchtet, die als Voraussetzungen für eine systematische und effektive, langfristig angelegte Personalentwicklung unabdingbar sind.

Von großer Bedeutung ist natürlich auch die Frage, was mit Personalentwicklung überhaupt erreicht werden soll, weshalb in Kapitel 2.3 die Ziele der Personalentwicklung gesondert behandelt werden.

Nachdem Antworten auf diese grundsätzlichen Fragen gegeben worden sind, beschäftigt sich diese Arbeit mit der Frage nach dem „Wie“, dem Weg. Dieser zentrale Aspekt der Arbeit, nämlich die Methoden der Personalentwicklung, wird in Kapitel 2.4 behandelt.

Abschließend geht es darum, aktuelle Trends in der Personalentwicklung, speziell unter Berücksichtigung der Zielgruppe mittelständischer Unternehmen, aufzuzeigen.

2.1 Begriffliche Eingrenzung der Personalentwicklung

2.1.1 Personalentwicklung im engeren, weiteren und weitesten Sinne

Die Personalentwicklung ist betriebswirtschaftlich betrachtet als Bestandteil der Personalwirtschaft einzuordnen.

Olfert differenziert die Personalentwicklung nach Personalentwicklung im engeren, im weiteren und im weitesten Sinne (vgl. Olfert, 1998, S.420ff.).

Personalbildung

Im engeren Sinne umfaßt die Personalentwicklung die berufliche Bildung der Mitarbeiter. Die berufliche Bildung gliedert sich in die Arten Ausbildung, Fortbildung und Umschulung, die zusammengenommen auch als Berufsbildung oder Personalbildung bezeichnet werden (vgl. ebd., 1998, S.421). Im folgenden werden die Besonderheiten der Arten Ausbildung und Umschulung nicht näher betrachtet. Der Begriff Fortbildung wird in der Literatur häufig mit dem Begriff betriebliche Weiterbildung gleichgesetzt (vgl. Liebel, 1994, S.299). Im folgenden werden beide Termini synonym verwendet. Personalbildung hat die Aufgabe, die Qualifikationen und die Kompetenzen der Mitarbeiter zu verbessern.

Die Personalbildung hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen.

Der schnelle technologische und wirtschaftliche Wandel und die Internationalisierung der Märkte stellen immer neue Anforderungen an Unternehmen und Mitarbeiter (vgl. Hofmann 2000, S.50). Immer mehr Entscheidungen müssen in immer kürzerer Zeit getroffen werden. Dies erfordert von jedem Mitarbeiter Flexibilität und Innovationsbereitschaft, um sich den ständig verändernden Anforderungen anpassen zu können. Es wird immer wichtiger, Kompetenzen zu vermitteln, die es jedem Einzelnen ermöglichen, mit diesen veränderten Bedingungen zurechtzukommen.

Ziel der Personalbildung ist es vor allem, Handlungskompetenz zu vermitteln (vgl. Olfert, 1998, S.422). Unter Handlungskompetenz verstehen Erpenbeck u. Heyse (1996, S.27) „die Fähigkeit aufgabengemäß, zielgerichtet, situationsbedingt, verantwortungsbewußt und reflektiert - entweder alleine oder in Kooperation mit anderen - betriebliche Aufgaben erfolgreich zu erfüllen und Probleme zu lösen, wobei die eigentlichen Handlungsmöglichkeiten weiterentwickelt werden“. Die Handlungskompetenz beinhaltet die Sozialkompetenz, die Fachkompetenz und die Methodenkompetenz.

Neben den Handlungskompetenzen haben die sogenannten Schlüsselqualifikationen an Bedeutung gewonnen. Durch die o.g. Entwicklungen verlieren erworbene fachliche und funktionale Qualifikationen schnell an Gültigkeit (vgl. Küng, 1999, S.73). Aufgrund dieser Gegebenheiten wird der gern benutzte Ausdruck vom „lebenslangen Lernen“ immer wichtiger. Deshalb sind Qualifikationen gefragt, die funktionsunabhängig sind und über einen längeren Zeitraum Bestand haben. Diese Qualifikationen werden auch als Schlüsselqualifikationen bezeichnet (vgl. ebd.). Schlüsselqualifikationen werden als „Qualifikationen von berufsübergreifendem, überfunktionalem und überzeitlichem Charakter“ definiert (Münch, 1995, S.15). Die Schlüsselqualifikationen werden in der Literatur häufig nach Sozialkompetenz, Methodenkompetenz und Persönlichkeitskompetenz gegliedert (vgl. Rudow 1999, S.14). Daraus ist ersichtlich, daß die Handlungskompetenzen einen Teil der Schlüsselqualifikationen umfassen.

Personalförderung

Personalentwicklung im weiteren Sinne umfaßt zusätzlich zur Personalbildung auch die Personalförderung.

Die Personalförderung hat die Aufgabe, Mitarbeiter in ihrer persönlichen Entwicklung im Unternehmen zu unterstützen (vgl. Olfert, 1998, S. 461). Dies bezieht sich sowohl auf die Position im Unternehmen, als auch auf die berufliche Entwicklung des Einzelnen (vgl. Becker, 1993, S.191).

Die Personalförderung soll die Potentiale der Mitarbeiter ergründen und diese durch entsprechende Maßnahmen fördern (vgl. ebd.). Vor dem Hintergrund der komplexer werdenden Berufs- und Arbeitswelt benötigen die Mitarbeiter zunehmend Unterstützung. Systematische Personalförderung verbessert die Persönlichkeitsentwicklung, stärkt die Leistungsfähigkeit, fördert die Identifikation mit dem Unternehmen und wirkt als Motivationsfaktor.

Der Bedarf an individueller Personalfördeung steigt (vgl. Häring u. Voss, 2000, S.28f.).

Organisationsentwicklung

Personalentwicklung im weitesten Sinne umfaßt nach Olfert zusätzlich die Organisationsentwicklung (vgl. Olfert, 1998, S.420f).

Personalentwicklung und Organisationsentwicklung haben eine ähnliche Zielsetzung. Die Organisationsentwicklung und die Beziehung zur Personalentwicklung wird in der Literatur allerdings unterschiedlich gesehen. Dies hängt auch damit zusammen, daß es keine einheitliche Definition für Organisationsentwicklung gibt (vgl. ebd., S.467).

Nach Mentzel (1997, S.17) ist Organisationsentwicklung „ein geplanter und schrittweise vollzogener Entwicklungs- und Veränderungsprozeß von Organisationen und den darin tätigen Menschen“. Die Organisationsentwicklung verfolgt zum einen das Ziel, die Leistungsfähigkeit der Organisation zu erhöhen. Zum anderen ist ein Ziel die Verbesserung der Arbeitssituation der Mitarbeiter (vgl. Olfert, 1998, S.467).

Veränderungen in der Organisationsentwicklung sind nur sinnvoll, wenn die betroffenen Mitarbeiter mit eingebunden werden. Genauso sollte bei Personalentwicklungsmaßnahmen das Arbeitsumfeld (Organisation, Vorgesetzte, Kollegen) mit einbezogen werden. Deshalb ist es nicht zweckmäßig, darüber zu diskutieren, ob die Organisationsentwicklung der Personalentwicklung über-, unter- oder neben geordnet ist. Wichtig ist, daß beide Entwicklungen aufeinander abgestimmt sind und die Interessen der Mitarbeiter ebenfalls berücksichtigt werden (vgl. Mentzel 1997, S.17). Organisations- und Personalentwicklung sind also eng miteinander vernetzt.

2.1.2 Definition von Personalentwicklung

Obwohl die Personalentwicklung in Theorie und Praxis auf einem breiten Fundament steht, hat sich bisher noch keine einheitliche Definition für Personalentwicklung durchgesetzt.

Die Definitionen der meisten Autoren weisen jedoch Übereinstimmungen auf. Als zentrale Bestandteile der Personalentwicklung können danach die Qualifikations- und Leistungsverbesserung sowie die Förderung von Mitarbeitern in Unternehmen betrachtet werden (vgl. Küng, 1999, S.13). Nach der Klassifizierung von Olfert (1998, S. 420) ist Personalentwicklung demnach Personalbildung und Personalförderung. Wie oben erwähnt, muß auch die Organisationsentwicklung bei der Entwicklungsplanung berücksichtigt werden.

Im weiteren Verlauf der Arbeit wird vor allem auf zwei vielzitierte Definitionen (vgl. Drosten 1996, S.12) Bezug genommen, da diese zusammen dem hier zugrunde gelegten Verständnis von Personalentwicklung am ehesten entsprechen.

So versteht Hentze (1994, S.315) unter Personalentwicklung „die personalwirtschaftliche Funktion, die darauf abzielt, Belegschaftsmitgliedern aller hierarchischer Stufen Qualifikationen zur Bewältigung der gegenwärtigen und zukünftigen Anforderungen zu vermitteln. Sie beinhaltet die individuelle Förderung der Anlagen und Fähigkeiten der Betriebsangehörigen, insbesondere unter Berücksichtigung der Veränderungen der zukünftigen Anforderungen der Tätigkeiten und im Hinblick auf die Verfolgung betrieblicher und individueller Ziele“.

Nach Heeg (1993, S.74) ist Personalentwicklung „der Inbegriff aller Maßnahmen, die der individuellen beruflichen Entwicklung der Mitarbeiter dienen und ihnen unter Beachtung ihrer persönlichen Interessen die Aneignung der zur optimalen Wahrnehmung ihrer jetzigen und künftigen Aufgaben erforderlichen Qualifikation ermöglichen“.

Während Hentze in seiner Definition Personalentwicklung schwerpunktmäßig aus Unternehmenssicht, nämlich als Anpassung der Fähigkeiten des Mitarbeiters an die Anforderungen des Unternehmens, betrachtet, legt Heeg seinen Schwerpunkt eher auf die Mitarbeitersicht, nämlich auf die Qualifikation des Einzelnen.

Die beiden Definitionen ergänzen sich also und können somit gleichbedeutend miteinander fungieren.

2.2 Komponenten der Personalentwicklung

2.2.1 Funktionen

Aus den in Kapitel 2.1.2 genannten Definitionen lassen sich mehrere Teilfunktionen der Personalentwicklung ableiten, welche die wesentlichen Aufgaben der Personalentwicklung im Unternehmen darstellen. Diese Teilfunktionen werden deshalb hier kurz aufgeführt:

- Übereinstimmung zwischen Anlagen und Fähigkeiten der Mitarbeiter und den Anforderungen der Unternehmung herstellen,

- Prüfung der Förderungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten einzelner Mitarbeiter unter Berücksichtigung der individuellen Erwartungen und

- Schaffung von Förderungs- und Bildungsangeboten in Abstimmung mit dem betroffenen Mitarbeiter (vgl. Mentzel, 1997, S.15f.).

2.2.2 Adressaten

Nach Mentzel (1997, S.18) richtet sich Personalentwicklung „grundsätzlich an alle Mitarbeiter. Durch zielgerichtete, planmäßige Förderungs- und Bildungsmaßnahmen werden den Mitarbeitern die zu einer erfolgreichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Qualifikationen vermittelt“. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß in der Praxis der Umfang und die Häufigkeit der Personalentwicklungsmaßnahmen von dem Aufgabenfeld des Mitarbeiters und der Branche, in dem das Unternehmen tätig ist, abhängen. Der Bedarf an Personalentwicklung ist z.B. in informationstechnologischen Unternehmen größer als in anderen Branchen. Ohne eine permanente Fortbildung der Mitarbeiter könnte ein Unternehmen dieser Branche mit den rasanten technologischen Entwicklungen nicht Schritt halten.

2.2.3 Träger

An der Personalentwicklung sind im Unternehmen mehrere Stellen beteiligt. Jede Stelle hat dabei andere Aufgaben. Um Kompetenzüberschneidungen zu vermeiden, müssen die Zuständigkeiten und jeweiligen Aufgaben geklärt werden. Grundsätzlich kommen folgende Träger der Personalentwicklung in Betracht:

- Unternehmensleitung,
- Personalabteilung bzw. Personalbeauftragter,
- Vorgesetzte bzw. Führungskraft,
- Betriebsrat und
- Mitarbeiter.

In der unten aufgeführten Übersicht werden die Träger und die mögliche Aufgabenverteilung der Träger in der Personalentwicklung dargestellt (vgl. Mentzel, 1997, S.31):

Abbildung 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 (Fortsetzung)

Die Träger der Personalentwicklung können die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Personalentwicklung schaffen. Dabei sind die Wünsche und Erwartungen der Mitarbeiter zu berücksichtigen.

2.2.4 Bedarfsermittlung

Personalentwicklungsmaßnahmen sind erforderlich, wenn zwischen den Qualifikationen der Mitarbeiter und den jetzigen oder zukünftigen Arbeitsplatzerfordernissen Differenzen bestehen (vgl. Mentzel, 1997, S.41). Demnach kann zwischen gegenwärtigem und künftigem Personalentwicklungsbedarf differenziert werden. Stellenbeschreibungen und Anforderungsprofile geben Auskunft über derzeitige Anforderungen. Ob die Qualifikationen des Mitarbeiters den Anforderungen entsprechen, kann durch die Erstellung eines Qualifkationsprofils ermittelt werden. Informationsgrundlagen hierfür sind häufig die Personalakte und die Mitarbeiterbeurteilung.

Zukünftige Anforderungsveränderungen können vom Unternehmen anhand von erwarteten technischen oder organisatorischen Veränderungen nur prognostiziert werden. Besteht ein Personalentwicklungsbedarf, so kann die vorhandene Qualifikationslücke vom Mitarbeiter nur geschlossen werden, wenn er über das notwendige Entwicklungspotential verfügt. Nach Mentzel (1997, S.42) wird als Potential „die Gesamtheit aller Fähigkeiten, Kenntnisse und Begabungen eines Mitarbeiters angesehen, die für seine Leistung und sein Leistungsvermögen relevant sind.“

2.2.5 Ermittlung des Entwicklungspotentials und der

Entwicklungsbedürfnisse

Zur Ermittlung des in Kapitel 2.2.4 beschriebenen Entwicklungspotentials kann eine Potentialbeurteilung genutzt werden. Die Potentialbeurteilung soll die Bereitschaft und Befähigung eines Mitarbeiters für eine zukünftige Leistungserbringung voraussagen (vgl. Hentze, 1994, S.254). Dabei wird vom bisher gezeigten Verhalten auf das zukünftige Verhalten geschlossen. Zu diesem Zweck werden verhaltensrelevante Persönlichkeitsmerkmale, wie z.B. das Fähigkeitspotential, in die Beurteilung miteinbezogen (vgl. ebd.). Auch das Fördergespräch kann zur Beurteilung des Entwicklungspotentials herangezogen werden.

Eine weitere Beurteilungsmöglichkeit stellt das Assessment Center dar. Das Assessment Center ist nach Mentzel (1997, S.115f.) „ein systematisches Verfahren zur qualifizierten Feststellung von Verhaltensleistungen bzw. Verhaltensdefiziten, wobei mehrere Teilnehmer von mehreren Beobachtern gleichzeitig hinsichtlich vorher genau definierter situationsspezifischer Anforderungen beurteilt werden“. Das Assessment Center dient in der Personalentwicklung dazu, vorhandene (Führungs-) Potentiale zu erkennen und Maßnahmen zur Entwicklung dieser Potentiale festzulegen.

Neben der Ermittlung des Entwicklungspotentials ist es wichtig, die Entwicklungsbedürfnisse der Mitarbeiter zu berücksichtigen. Nur die Berücksichtigung des Potentials eines Mitarbeiters reicht für eine erfolgreiche Personalentwicklung nicht aus. Auch die individuellen Neigungen, Wünsche und Vorstellungen sollten bei der Festlegung von Personalentwicklungsmaßnahmen Berücksichtigung finden. Dies ist ein wichtiger Motivationsfaktor. Als Instrument für die Feststellung der Entwicklungsbedürfnisse eignet sich das Fördergespräch.

2.2.6 Erfolgskontrolle

Die Personalentwicklung gliedert sich in Planung, Durchführung und Kontrolle. Die Personalentwicklung verursacht den Unternehmen hohe Kosten und gerät dadurch unter einen Legitimationsdruck.

Es soll nachgewiesen werden, daß die Maßnahmen (vgl. Kap. 2.4) mit Erfolg durchgeführt wurden. Ein Erfolg ist dann gegeben, wenn die gesteckten Entwicklungsziele erreicht worden sind (vgl. Mentzel, 1997, S.238). In der Personalentwicklung besteht die Schwierigkeit, daß die Wirkungen von Maßnahmen oft nicht direkt meßbar sind. Ein Grund dafür ist eine verzögerte Umsetzung zwischen der Vermittlung von Inhalten und der Anwendung in der Arbeitssituation (vgl. ebd.). Ein weiterer Grund ist, daß der kausale Zusammenhang zwischen einer Entwicklungsmaßnahme und einem erzielten Erfolg nur schwer zu bestimmen ist. Diese Problematik verschärft sich, wenn ein Maßnahmenbündel eingesetzt wird.

Trotz der Schwierigkeiten bietet die Erfolgskontrolle die Möglichkeit, die Personalentwicklung in einem Unternehmen zu optimieren und weniger erfolgreiche Methoden durch erfolgversprechendere zu ersetzen. Zur Erfolgskontrolle steht ein breites Instrumentarium zur Verfügung, welches im Lernfeld oder Funktionsfeld ansetzt (vgl. ebd., S.240).

2.3 Ziele der Personalentwicklung

Eine weitere Voraussetzung für eine erfolgreiche Personalentwicklung ist die Zielformulierung. Die Ziele differieren von Unternehmen zu Unternehmen und hängen sowohl von der Bedarfslage, als auch von den Unternehmensgrundsätzen der einzelnen Unternehmen ab.

Unternehmen und Mitarbeiter haben eigene Erwartungen an die Personalentwicklung. Auf der Unternehmensseite stehen häufig betriebswirtschaftliche Ziele im Vordergrund. Den Mitarbeitern sind individuelle Ziele, wie Entwicklungs- und Karriereziele, wichtig. Aufgabe der Personalverantwortlichen ist es, möglichst beide Seiten zu berücksichtigen, um den Mitarbeitern einen persönlichen Anreiz zur Beteiligung an Personalentwicklungsmaßnahmen zu geben. So kann Personalentwicklung einen wichtigen Beitrag zur Motivation des Mitarbeiters leisten (vgl. Mentzel, 1997, S.25f.). In der Praxis wird jedoch in vielen Fällen den Unternehmenszielen Priorität gegenüber den Mitarbeiterzielen eingeräumt. Die Personalentwicklungsziele werden differenziert nach Zielen aus Unternehmenssicht und Zielen aus Mitarbeitersicht.

2.3.1 Ziele aus Unternehmenssicht

Exemplarisch zeigt die folgende Übersicht Einzelziele aus Unternehmenssicht (vgl. Drosten, 1996, S.51):

- Anpassung der Qualifikation an Arbeitsplatzerfordernisse,
- Aufdecken von Fehlbesetzungen,
- Erhaltung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit,
- Förderung der Persönlichkeit der Mitarbeiter,
- Sicherung des notwendigen Bestandes an Fach- und Führungskräften,
- Unabhängigkeit vom externen Arbeitsmarkt,
- Verbesserung der Chance zur Selbstverwirklichung durch anspruchsvollere Aufgaben,
- Verbesserung des Sozial- und Leistungsverhaltens der Mitarbeiter,
- Vorbereitung der Mitarbeiter auf höhere Arbeitsplatzerfordernisse und
- Vermittlung von Zusatzqualifikationen als Grundlage einer größeren Flexibilität beim Personaleinsatz.

2.3.2 Ziele aus Mitarbeitersicht

Mögliche Personalentwicklungsziele aus Mitarbeitersicht können demgegenüber sein (vgl. ebd., S.51):

- Aktivierung bisher nicht genutzter Kenntnisse und Fähigkeiten,
- Anpassung der persönlichen Qualifikation an die Anforderungen des Arbeitsplatzes,
- Erhöhung der individuellen Mobilität am externen Arbeitsmarkt,
- Schaffung von Aufstiegsvoraussetzungen,
- Selbstverwirklichung durch Übernahme größerer Verantwortung,
- Sicherung eines ausreichenden Einkommens,
- Sicherung und Verbesserung der erreichten beruflichen und gesellschaftlichen Stellung und
- verbesserte Chancen der Selbstentfaltung.

2.4 Methoden der Personalentwicklung

Um Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten zu vermitteln, Haltungen und Einstellungen zu verändern sowie die Mitarbeiter zu fördern, werden verschiedene Methoden oder Maßnahmen eingesetzt.

Unter Methode ist ein „nach Mittel und Zweck planmäßiges Verfahren, das zu technischen Fertigkeiten bei der Lösung theoretischer und praktischer Aufgaben führt“, zu verstehen (Goldmann Lexikon Bd.15, 1998, S. 6584).

Der Unterschied zwischen den Begriffen Methoden und Maßnahmen ist sehr unscharf. In der einschlägigen Literatur werden beide Begriffe häufig synonym verwendet (Meier, 1995, S.12). In dieser Arbeit wird ebenso verfahren. Personalentwicklungsmethoden sind Instrumente, mit denen die Personalentwicklungsziele umgesetzt werden sollen. Die Wahl der einzelnen Methoden oder die Kombination von Maßnahmen ist mitentscheidend für den Erfolg der Personalentwicklung. Die Auswahl richtet sich nach Ziel, Lerninhalt und Teilnehmerkreis. Bei der Auswahl der Methode ist zu berücksichtigen, daß es „die beste Methode“ nicht gibt (vgl. Neuberger, 1994, S.178). Das heißt, daß es keine Methode gibt, die sich für jeden Anlaß eignet. Entscheidend für den Einsatz einer Methode ist, inwieweit die ausgewählte Maßnahme die Erfüllung der formulierten Lernziele gewährleisten kann (vgl. Drosten, 1996, S.54).

In Literatur und Praxis werden die Personalentwicklungsmethoden zur Systematisierung nach folgenden Einteilungskriterien unterschieden (vgl. Meier, 1991, S.131ff.):

- aktive oder passive Lehrmethoden,
- Individuen- oder gruppenbezogene Methoden,
- Methoden gegliedert nach Arbeitsplatznähe und Zeitpunkt und
- interne und externe Maßnahmen.

Das Kriterium individuen-/gruppenbezogene Methoden wird im Hinblick auf die Relevanz für Kapitel 3 näher beschrieben.

Diese Methodeneinteilung richtet sich nach der Teilnehmerzahl und der Möglichkeit auf individuelle Bedürfnisse einzugehen.

2.4.1 Individuenbezogene Methoden

Individuenbezogene Methoden sind auf den einzelnen Mitarbeiter bezogen. Diese Methoden können den Fähigkeiten und Bedürfnissen eines einzelnen Teilnehmers angepaßt werden (vgl. Mentzel, 1997, S.171). Des weiteren können sie nahe an den Zielen des Mitarbeiters ausgerichtet werden.

Einige individuenbezogene Methoden wie das selbstgesteuerte Lernen bieten die Möglichkeit, daß der Mitarbeiter seine Lern- und Arbeitssituation aktiv mitgestalten kann (vgl. Struck, 1998, S.143). Lerneffizienz und Eigenverantwortung der Mitarbeiter für die eigene Qualifikation können dadurch erhöht werden. Die Vorteile dieser Methoden sind die Förderung von Eigeninitiative, Befähigung zum selbständigem Lernen und die Anpassungsmöglichkeit an das individuelle Lerntempo (vgl. ebd. S.136).

Der Wirkungsgrad ist höher als bei gruppenbezogenen Methoden. Individuenbezogene Methoden sind allerdings in der Minderheit (vgl. Mentzel, 1997, S.172). Zu dieser Methodenform gehören u.a. Coaching, Laufbahnplanung und Mentoring (vgl. Olfert, 1998, S.463). Individuenbezogen Methoden eignen sich besonders zur Personalförderung und zur Umsetzung verhaltensbezogener Ziele. Weitere Bedeutung kommt den individuenbezogenen Methoden als Ergänzungsmaßnahmen der gruppenbezogenen Methoden zu (vgl. Meier, 1991, S.132).

2.4.2 Gruppenbezogene Methoden

Die gruppenbezogenen Methoden machen die Mehrzahl der Personalentwicklungsmethoden aus. Zu dieser Methodenart gehören z.B. Fachlehrgang, Qualitätszirkel und Workshop. Sie sind in der Regel kostengünstiger und haben gegenüber den individuenbezogenen Methoden Vorteile. Hierzu zählen die Motivation durch Gruppenerlebnisse und die Schaffung von Selbstdisziplin, Kooperation und Teamorientierung (vgl. ebd., S.133). Gruppenbezogene Methoden haben allerdings auch Nachteile. So können sie nur in eingeschränktem Umfang auf die individuellen Belange des einzelnen Mitarbeiters eingehen. Dies führt zu Motivationsdefiziten, wenn sich der einzelne Mitarbeiter von einer Maßnahme nicht angesprochen fühlt oder sich aufgrund mangelnder Berücksichtigung seiner individuellen Bedürfnisse nicht damit identifizieren kann. Darüber hinaus wird die Teilnahme an Personalentwicklungsmaßnahmen oft vom Unternehmen allein bestimmt, um den Unternehmensbedarf zu decken (siehe auch Kapitel 2.2.4). Als Folge entstehen Motivationsprobleme. Besonders wenn Personalförderungsziele erreicht weden sollen eignen sich individuenbezogene Maßnahmen besonders. Neben den rein individuen- bzw. gruppenbezogenen Methoden, gibt es auch Maßnahmen, die beide Gestaltungsformen beinhalten.

2.4.3 Methodenüberblick

Einen umfassenden Überblick über die Methoden der Personalentwicklung bietet Meier (1995, S.67ff.) an.

Methodenüberblick:

Abbildung 2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.5 Trends in der Personalentwicklung

Wie schon erläutert wurde, sehen sich Unternehmen und Mitarbeiter immer schneller verändernden Umweltfaktoren ausgesetzt. Diese Veränderungen haben zu einem Umdenken im Personalwesen geführt.

Wirkung und Nutzen von Personalentwicklung sind abhängig von einer systematischen und zielgerichteten Konzeption (vgl. Nocht, 1999, S.41). Denn nur, wenn Qualifikationen im Bedarfsfall schon zur Verfügung stehen, kann adäquat auf Veränderungen reagiert werden. Setzen Qualifikationsmaßnahmen erst dann ein, wenn Defizite festgestellt werden, kommen sie zu spät.

Das betriebliche Personalwesen hatte in der Vergangenheit eine nachgelagerte betriebliche Funktion, die kurzfristig und reaktiv mit Veränderungen umging. Heute hat sich der Stellenwert des Personalwesens in vielen Unternehmen vergrößert.

Bezeichnend hierfür ist die Entwicklung und Einführung eines neuen Denkansatzes, dem Human-Resource-Management-Ansatz. Dieser Ansatz geht über die bisherige Sichtweise hinaus. Grundlegend für den Human-Resource-Ansatz ist es, daß die Mitarbeiter als wichtige Erfolgsfaktoren angesehen werden. Die Mitarbeiter werden nach Oechsler „zusammen mit den übrigen Ressourcen des Unternehmens so geführt, motiviert und entwickelt, daß diese direkt zum Erreichen von Unternehmenszielen beitragen“ (Oechsler, 1997, S.16).

Für die Personalentwicklung bedeutet die Umsetzung dieses Ansatzes eine systematische, langfristig angelegte Personalentwicklungsplanung als integrierter Bestandteil der Unternehmensplanung.

Während sich dieser Ansatz in vielen großen Unternehmen durchgesetzt hat, wird Personalentwicklung in mittelständischen Unternehmen meist unsystematisch als Reaktion auf akute Engpässe gehandhabt (vgl. Nocht, 1999, S.40).

In mittelständischen Unternehmen wird Personalentwicklung häufig nur als Randaufgabe gesehen. Da die personellen Kapazitäten für einen Personalbeauftragten oder eine Personalabteilung oft fehlen, ist die Personalentwicklung häufig eine Zusatzaufgabe der Geschäftsführung. Da diese mit anderen Aufgaben schon voll ausgelastet ist, wird keine systematische Personalentwicklung betrieben (vgl. Hofmann, 2000, S.50). So kommt eine Umfrage bei 226 mittelständischen Unternehmen zu dem Ergebnis, daß nur in 14% der befragten Unternehmen eine systematische Personalenwicklung stattfindet (vgl. Keller, 1998, S.44). Gerade vor dem Hintergrund eines engen Spielraums an finanziellen, methodischen, personellen und materiellen Ressourcen ist eine systematische Personalentwicklung notwendig. Nur so können die Möglichkeiten der Personalentwicklung zur langfristigen Wettbewerbs- und Überlebenssicherung eines Unternehmens genutzt werden (vgl. Nocht, 1999, S.40).

Grundsätzlich sind für eine systematische Personalentwicklung Informationen über die folgenden Bereiche notwendig (vgl. Mentzel, 1997, S.41):

-Bedarfssituation des Unternehmens,
-die Qualifikation und das Entwicklungspotential der Mitarbeiter und
-die individuellen Entwicklungsbedürfnisse der Mitarbeiter.

Aufgrund der Informationen aus diesen Bereichen kann die Personalentwicklung geplant und die angestrebten Ziele erreicht werden.

Bezogen auf das gesamte Unternehmen ist ein Trend zur „lernenden Unternehmung“ erkennbar. Dieser Begriff kennzeichnet die Fähigkeit eines Unternehmens, sich fortlaufend neues Wissen anzueignen und dieses Wissen umzusetzen, um die Überlebensfähigkeit des Unternehmens langfristig zu sichern (vgl. Drosten, 1995, S.9). In dieser Unternehmensart nimmt die Entwicklung der Unternehmensmitglieder eine Schlüsselrolle ein (vgl. ebd., S.241).

Ein weiterer Trend ist methodischer Art. Die Notwendigkeit des schnelleren Lernens führt weg vom bisher häufig eingesetzten Seminar hin zu selbstorganisierten und lernfördernden Maßnahmen (vgl. Stangel-Meseke, 1998, S.60). Diese Maßnahmen müssen am Bedarf des Unternehmens und am Potential und den Bedürfnissen des Mitarbeiters orientiert sein (siehe auch Kapitel 2.2.4f.).

Bezogen auf die Qualifikationen wird die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen immer wichtiger (siehe auch Kapitel 2.1.1). Diese Qualifikationen sind funktionsunabhängig und haben über einen längeren Zeitraum bestand.

Personalentwicklungsmaßnahmen werden heute für fast alle Mitarbeiter einer Unternehmung angeboten. Diese waren früher hierarchisch privilegierten Mitarbeitern vorbehalten (vgl. Stangel-Meseke, 1998, S.60). Vor allem bei der Führungskräfteentwicklung gewinnen individuelle Methoden wie das Coaching an Bedeutung (Böning, 2000, S.10).

Es bleibt zusammenfassend festzuhalten, daß Personalentwicklung ein wichtiger Wettbewerbsfaktor für die Unternehmen ist. Durch Globalisierungs- und Internationalisierungstendenzen sowie technischen Fortschritt sind die Unternehmen dazu gezwungen, sich den daraus resultierenden Veränderungen zu stellen, um wettbewerbsfähig bleiben zu können. Dazu benötigen die Unternehmen Mitarbeiter, deren Qualifikationen und Kompetenzen den veränderten Anforderungen entsprechen. Die Personalentwicklung soll eine Übereinstimmung zwischen den Fähigkeiten der Mitarbeiter und den Anforderungen des Unternehmens herstellen. Eine sinnvolle Personalentwicklung muß systematisch und zielgerichtet sein und die Bedürfnisse der Mitarbeiter berücksichtigen.

In mittelständischen Unternehmen sind hier Defizite zu erkennen. Besonders die Führungskräfte sind von den veränderten Anforderungen betroffen und haben einen hohen Bedarf an persönlicher Unterstützung. Diese Unterstützung können vor allem individuenbezogene Methoden leisten.

3 Coaching als Methode der Personalentwicklung

Die Wettbewerbssituation einzelner Unternehmen und ganzer Branchen ist durch starke Veränderungen gekennzeichnet (siehe auch Kapitel 2). Dies hat unterschiedliche Gründe. Auslöser sind vor allem instabile Umfeldbedingungen, ökonomische Tatbestände sowie technologische und soziokulturelle Variablen (vgl. Häring und Voss, 2000, S.26). Für die Mitarbeiter der Unternehmen und besonders für die Führungskräfte bedeutet dies einen ständigen Wandel von Prozessen und Strukturen. Um mit diesen Veränderungen umgehen zu können, benötigen vor allem die Führungskräfte zunehmend persönliche Unterstützung (vgl. Schneider, 2000, S.3). Dieser Bedarf an persönlicher Unterstützung kann, in unterschiedlichem Umfang, nur durch individuenbezogene Methoden geleistet werden (vgl. Kapitel 2.4). Eine Methode, die im Trend liegt und die diese Unterstützung in besonderem Maß leisten können soll, ist Coaching (vgl. Böning, 2000, S.10).

Coaching ist „en vogue“.

Es gibt diverse Anbieter von Coaching. Allerdings versteht auch fast jeder etwas anderes unter diesem Begriff. Coaching ist zu einem Modewort geworden (vgl. Schneider, 2000, S.3).

Diese Begriffsverwirrung gibt Anlaß zu der Frage, was Coaching überhaupt ist, was es leisten kann und wo die Grenzen der Methode liegen.

Somit wird in diesem Kapitel zunächst Coaching vom Ursprung bis zur heutigen Entwicklung beschrieben.

Im Anschluß daran wird durch das Aufzeigen verschiedener Varianten von Coaching und der Grenzen der Methode auf eine Definition von Coaching hingearbeitet.

Natürlich ist auch für Coaching als Methode der Personalentwicklung wichtig, welche Ziele verfolgt werden sollen und können. Weiterhin ist es wichtig welchen Nutzen Klient und Unternehmen daraus ziehen können. Dies wird in Kapitel 3.3 erörtert.

Zentral stellt sich nun die Frage, wie denn eigentlich Coaching in der bisher beschriebenen Form in der Praxis auch tatsächlich durchgeführt werden kann. Eine mögliche Form des Ablaufes mit Beginn bei der Wahl des Coach bis hin zur Abschlußsitzung wird in Kapitel 3.4 vorgestellt.

Dieses Kapitel soll letztlich dazu beitragen, Licht in das Dickicht der Methode Coaching zu bringen und herauszufinden, ob die oben genannten Erwartungen an Coaching berechtigt sind.

3.1 Entwicklung von Coaching

3.1.1 Ursprung und Ausbreitung von Coaching

Der Begriff „Coach“ bezeichnet in seiner ursprünglichen Bedeutung den Kutscher (vgl. Böning, 1994, S.173). Der Kutscher hatte die Aufgabe, die Pferde zu lenken und zu betreuen. Dieser Begriff wurde im Sinne von lenken und betreuen als „Coaching“ auf andere Bereiche übertragen (vgl. ebd.).

Bereits im 19. Jahrhundert ist die Bezeichnung „Coach“ an anglo-amerikanischen Universitäten verbreitet. Als Coach werden hier Personen bezeichnet, die andere Personen (Gecoachte) auf Prüfungen, spezielle Aufgaben und sportliche Wettbewerbe vorbereiteten (vgl. Loos, 1991, S.39).

Eine größere Bedeutung und Verbreitung erlangt Coaching Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts durch die Verwendung im Leistungs- und Hochleistungssport. Hier beschreibt der Begriff die Beratung, Betreuung und Motivation der Sportler. Vor allem Hochleistungssportler lassen sich nicht nur sportlich, sondern auch mental von einem Coach betreuen. In der Sportpsychologie wird dem Coaching heute ein hoher Stellenwert als Erfolgsfaktor eingeräumt (vgl. Rauen, 1999, S.21).

Aufgrund der Bekanntheit aus dem Sportbereich hat Coaching auch in anderen Bereichen Verbreitung gefunden. So lassen sich z.B. Spitzenpolitiker coachen. Das Coaching ist durch Begriffe, die im Sportbereich verwendet werden und die mit Coaching in Verbindung gebracht werden, wie Wettbewerb, Motivation und Spitzenleistung, positiv besetzt (vgl. König, 1993, S.423).

Im Personalentwicklungs- und Managementbereich wird Coaching im anglo-amerikanischem Raum in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts übernommen (vgl. Böning, 1994, S.173). Hier steht, ähnlich der Funktion im Sport, die Verbesserung der fachlichen Kompetenz, der Motivation und der Leistung des Mitarbeiters im Vordergrund (vgl. Rauen, 1999, S.22).

Anfang der 80er Jahre findet Coaching in dieser Form auch Einzug in die deutsche Personalentwicklung. Mitte der 80er Jahre erfährt der Coachingbegriff in Deutschland eine Erweiterung. Coaching wird jetzt als Einzelbetreuung für einzelne Spitzenmanager durch einen organisationsexternen Coach gesehen. Im Vordergrund dieser Beratung stehen neben den beruflichen auch private Aspekte (vgl. ebd., S.23). Ende der 80er Jahre kommt es zu einer großen Steigerung der Bekanntheit des Coaching im Personalentwicklungsbereich. Neben Einzelcoaching durch organisationsexterne Coaches wird versucht, Einzelcoaching durch organisationsinterne Coaches zu etablieren. Coaching durch interne Coaches ist nicht mehr nur Spitzenmanagern vorbehalten. Auch das mittlere und untere Management soll davon profitieren (vgl. ebd.).

Anfang der 90er Jahre wird Coaching zunehmend populär. Leider führt dies auch zu einer Verwässerung des Begriffes Coaching. Jede Art von Instruktion, Training, Gespräch, Anleitung usw. wird jetzt als Coaching bezeichnet und vermarktet (vgl. Böning, 1994, S.177). Diese zunehmende Unübersichtlichkeit und die inflationäre Verwendung des Begriffes Coaching halten, vor allem im deutschsprachigem Raum, bis heute an.

3.1.2 Anlässe und Gründe für Coaching in der Personalentwicklung heute

In der Personalentwicklung wird Coaching in erster Linie bei der Zielgruppe der Führungskräfte eingesetzt (vgl. Böning, 2000, S.11).

Die Gründe für die Nachfrage nach Coaching im Personalentwicklungsbereich stehen in einem engen Zusammenhang mit der speziellen Situation vieler Führungskräfte in den Unternehmen (vgl. Böning, 1994, S.174f.). Zum einen sind die Führungskräfte dazu gezwungen, sich einem ständig verändernden Umfeld z.B. durch Strukturveränderungen anzupassen. Zum anderen besteht bei Führungskräften häufig ein Mangel an fundiertem Feedback bezüglich ihres Handelns. Den Führungskräften mangelt es an kompetenten und unvoreingenommenen Gesprächspartnern, mit denen sie Probleme besprechen können (vgl. Loos, 1991, S.74ff.). Daher befinden sie sich oft in einer sozialen Isolation (vgl. Rauen, 1999, S.27). Diese Situation spitzt sich mit aufsteigender Führungsebene zu. Das ist darauf zurückzuführen, daß Führungskräfte in der Regel von abhängigen Mitarbeitern, konkurrierenden Kollegen und Erfolg erwartenden Vorgesetzten umgeben sind. Eine symmetrische, unvoreingenommene Gesprächssituation ist mit diesen Personenkreisen nur sehr schwierig herzustellen. Besonders, wenn es um persönliche Probleme geht, werden sich die Führungskräfte kaum einem Mitarbeiter oder Vorgesetzten anvertrauen. Dies werden sie auch deshalb nicht tun, weil sie befürchten, ihr Ansehen zu verlieren (vgl. Schreyögg, 1998, S.75). Dabei sind nach einer Untersuchung der Böning Consulting GmbH persönliche Probleme ein häufiger Anlaß für ein Coaching (vgl. Böning, 1989, S.1149). Auch das private Umfeld, wie Ehepartner und Freunde, können häufig mangels betriebswirtschaftlicher oder psychologischer Kenntnisse keine kompetente Beratung anbieten (vgl. Lamparter, 1988, S.105). Andere Personalentwicklungsmethoden, wie Seminare oder Verhaltenstrainings, stellen besonders für den Bereich der persönlichen Probleme keine Alternative dar, da sie in Gruppen stattfinden, in der die notwendige Diskretion fehlt. Tendenziell ist ein steigender Bedarf an individueller Beratung bei Führungskräften zu verzeichnen (vgl. Böning, 2000, S.10).

Hier setzt Coaching als Personalförderungsmaßnahme an. Der Coach gibt dem Gecoachten eine unabhängige und fundierte Rückmeldung über sein Verhalten (vgl. Rauen, 1999, S.26). Coaching kann sowohl den beruflichen, wie auch den privaten Bereich umfassen, wobei beide Bereiche sich gegenseitig beeinflussen können. Dabei hat der Coach nicht die Aufgabe, das Problem des Gecoachten zu lösen, sondern dem Klienten dabei zu helfen, seine Probleme selbst zu lösen (vgl. ebd., S.30). Der Coach fungiert somit als Prozeßberater. Er schafft die Bedingungen, die den Gecoachten dazu veranlassen, selbst Entscheidungen zu treffen und Handlungen einzuleiten (vgl. Loos, 1986, S.139).

Das Coaching muß sich dabei nicht auf den Klienten beschränken. Gerade bei individuellen Problemen, die mit dem persönlichen Bereich zusammenhängen, besteht die Möglichkeit, den Partner des Klienten miteinzubeziehen (vgl. Ulrich, 1993, S.55).

Die Gründe für Coachingmaßnahmen sind vielfältig. Dabei müssen die Anlässe für ein Coaching nicht aus einer Krisensituation heraus entstehen. Coaching dient in vielen Fällen der Optimierung von unproblematischen Situationen und Abläufen, sowie der Prävention von Problemen (vgl. Böning, 2000, S.12).

Nach Rauen lassen sich die Gründe für Coaching nach persönlichen und beruflichen differenzieren (vgl. Rauen, 1999, S.31).

Die hauptsächlichen persönlichen Gründe für ein Coaching sind nach Rauen (ebd.):

- Verbesserung der sozialen und Management-Kompetenzen des Klienten,
- Auflösen unangemessener Verhaltens-, Wahrnehmungs- und Beurteilungs-
tendenzen,
- Abbau von Leistungs-, Kreativitäts- und Motivationsblockaden,
- allgemeine Erweiterung des Verhaltensrepertoires, vor allem die Flexibilisierung von routinebedingtem Standardverhalten,
- Umgang mit komplexen Strukturen,
- Bewältigung ethischer Probleme, Bearbeitung inadäquater Wertvorstellungen,
- Umgang mit persönlichen Krisen,
- Überprüfung der Lebens- und Karriereplanung,
- Unterstützung durch Feedback und einen kompetenten Gesprächspartner,
- kritische Reflexion der Berufsrolle und konfliktträchtiger Interaktions- und Führungssituationen,
- Prävention und Abbau von Streß und Burnout, Erweiterung von Bewältigungsstrategien,
- Vorbereitung auf neue Aufgaben und Situationen,
- Unterstützung bei akuten Konflikten und
- Persönlichkeitsentwicklung und Entwicklung vorhandener Potentiale.

Die beruflichen Gründe für eine Coachingmaßnahme lassen sich in die Bereiche Organisationsstruktur, Unternehmenskultur und Führungsstil unterteilen (vgl. ebd., S.32).

[...]

Ende der Leseprobe aus 128 Seiten

Details

Titel
Coaching als Methode der Personalentwicklung
Untertitel
Eine empirische Untersuchung zur Verbreitung unterschiedlicher Methoden der Personalentwicklung in mittelständischen Unternehmen
Hochschule
Fachhochschule Münster
Note
1
Autor
Jahr
2000
Seiten
128
Katalognummer
V185542
ISBN (eBook)
9783656981053
ISBN (Buch)
9783867464468
Dateigröße
1191 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
coaching, methode, personalentwicklung, eine, untersuchung, verbreitung, methoden, unternehmen
Arbeit zitieren
Holger Okken (Autor:in), 2000, Coaching als Methode der Personalentwicklung , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185542

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