Internationaler Wertewandel und Wirtschaftsentwicklung. "Die Stille Revolution" nach Ronald Inglehart


Referat (Ausarbeitung), 2003

61 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung und Forschungsfragen
1.1 Zur Person
1.2 Forschungsfragen

2 Modernisierung und Postmodernisierung
2.1 Theoretische Grundlagen
2.2 Empirische Überprüfung

3 Wirtschaftliche Entwicklung: Einfluss kultureller vs. ökonomischer Faktoren

4 Fazit

5 Anhang: Abbildungen und Tabellen

6 Literatur

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1: Materialistische und Postmaterialistische Werte, Quelle: Bunz, 2001

Abbildung 2: Postmaterialismus-Index (12-Item-Katalog)

Abbildung 3: Positionen einzelner Gesellschaften auf zwei kulturellen Schlüsseldimensionen: religiöse Einflüsse, Quelle: Inglehart, 1998

Abbildung 4: Postmaterialismus in Europa von 1974-1999, Quelle: van Deth, 2001

Abbildung 5: Unterschiede in der Bildung, dem beruflichen Presztige und dem Einkommen der Befragten, Quelle: Inglehart, 1989

Abbildung 6: Berufsbezogene Ziele nach Werttyp, Quelle: Inglehart, 1989

Abbildung 7: Liste der untersuchten Länder, Quelle: Inglehart, 1989

Tabelle 1: Mittleres Wirtschaftswachstum nach überlieferten Kulturen von 1965 bis
1984 (in Prozent), Quelle: Inglehart, 1989

1 Einleitung und Forschungsfragen

1.1 Zur Person

Der amerikanische Politikwissenschaftler Ronald Inglehart hat mit seiner Theorie der „Stillen Revolution“ die international vergleichende Wertewandelforschung seit Anfang der siebziger Jahre maßgeblich geprägt. 1971 veröffentlichte er im „American Political Science Review“ den aufsehenerregenden Artikel „The Silent Revolution“, indem er zum ersten Mal die von ihm beobachteten weltwirtschaftlichen Veränderungen durch seine Theorie des Wertewandels erklärte. 1977 führte er diese Theorie in seinem Buch „The Silent Revolution: Changing Values and Political Styles“ weiter aus und belegte sie mit zusätzlichen empirischen Daten. Darauf folgten in etwa zehnjährigen Abständen die beiden Werke „Cultural Change“ und „Modernization and Postmodernization“, in denen er wiederum neu erhobene Daten zur Untermauerung und Differenzierung seiner Wertewandeltheorie präsentierte.

Die empirische Unterfütterung seiner Theorien war für Inglehart von Anfang an von großer Bedeutung. Dies war auch der Grund dafür, warum er von 1970 bis 1990 an den „Eurobarometer“ Surveys mitarbeitete, einer zwei Mal im Jahr durchgeführten repräsentativen Umfrage in allen Mitgliedsstaaten der EU. Seit 1988 ist er außerdem Vorsitzender der „World Values Surveys“, einer weltweit in 65 Ländern durchgeführten Umfrage-Studie, die bisher in drei Wellen (1981/82; 1990/91; 1999-2001) erhoben wurde. In beiden Studien werden aufgrund von Ingleharts Mitarbeit heute Items erhoben, die die laufende Überprüfung von Ingleharts Wertewandel-Theorie ermöglichen.

1.2 Forschungsfragen

In seinen Büchern untersucht Inglehart die Auswirkungen von Modernisierung und Postmodernisierung auf das wirtschaftliche System sowie auf das politische System einer Gesellschaft. Bei dieser Arbeit im Rahmen des Seminars „Wirtschaftssoziologie I“ beschränke ich mich bei meinen Forschungsfragen aus inhaltlichen Gründen jedoch auf die Auswirkungen auf das wirtschaftliche System.

Wie bereits Weber sucht Inglehart nach Faktoren, die das Wirtschaftswachstum einer Gesellschaft erklären können. Eng mit diesem Problem verbunden ist deshalb die Frage, ob Webers Thesen in der heutigen Zeit noch immer Bestand haben. Die Forschungsfragen dieser Arbeit lauten demgemäß:

(1) Welche Faktoren beeinflussen primär das Wirtschaftswachstum einer Gesellschaft? (2) Haben Webers Thesen heute noch immer Bestand oder müssen sie verworfen bzw. modifiziert werden?

2 Modernisierung und Postmodernisierung

2.1 Theoretische Grundlagen

Die zentrale Aussage von Webers Modernisierungstheorie lautet: Das kulturelle System einer Gesellschaft beeinflusst die wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft. Das kulturelle System der protestantischen Ethik in Nordeuropa und den USA hat demzufolge den Kapitalismus zur Folge gehabt, der wiederum zu einem sprunghaften Wirtschaftswachstum in diesen Ländern führte.

Inglehart beobachtet in seiner Studie jedoch, dass in den letzten Jahrzehnten hohe Wachstumsraten nicht nur protestantischen Länder vorbehalten waren. Im Gegenteil: Unter den ersten 20 Ländern mit den höchsten Wachstumsraten von 1965 bis 1984 findet sich kein einziges mit protestantischer Kultur (vgl. Tabelle 1 im Anhang). Er stellt sich deshalb die Frage, ob es länder- bzw. systemübergreifende gesellschaftliche Entwicklungen gibt, die das Wirtschaftswachstum beeinflussen und diese Verschiebung erklären können. In seiner Untersuchung kommt er zu dem Schluss, dass es solche systemübergreifenden – und damit nicht auf protestantische Länder beschränkten – Entwicklungen gibt. Er umschreibt diese Prozesse mit „Modernisierung“ und „Postmodernisierung“. Wie gelangt Inglehart aber zu dieser Annahme?

Ingleharts Modell der Modernisierung

Nach Inglehart besteht die Beziehung zwischen dem kulturellen und ökonomischen System einer Gesellschaft nicht aus einem einseitigen (kulturellen) Determinismus, wie dieser teilweise bei Weber durchscheint. Beide Systeme beeinflussen sich vielmehr gegenseitig, es besteht eine enge Interdependenz.

Diese Interdependenz kann sehr gut am Beispiel der traditionalen, d.h. vorindustriellen Gesellschaft erläutert werden, in denen noch traditionale – oft von Religion und Kirche vorgegebene – Werte im kulturellen System vorherrschen. Diese hemmen den sozialen Aufstieg, fördern aber sozialen Zusammenhalt und Stabilität. Der produktive Umgang mit Geld ist hier oft als Wucher verschrien. Der Grund hierfür ist im statischen ökonomischen System dieser Gesellschaften verankert: Wenig technologischer Wandel, geringe Wachstumsraten und Subsistenzwirtschaft machen soziale Mobilität zu einem Nullsummenspiel, das hochgradig konfliktgeladen und bedrohlich für die Gesellschaft wäre. Man kann also sehr gut erkennen, dass das wirtschaftliche System einerseits das kulturelle System erklären kann, andererseits aber ebenfalls durch dieses bedingt ist. Kommt es nun zur Industrialisierung einer Gesellschaft und damit zu einer Veränderung des wirtschaftlichen Systems, verändert sich zwangsläufig auch das kulturelle System. Die sprunghafte wirtschaftliche Entwicklung macht plötzlich sozialen Aufstieg möglich, ohne dass hierdurch länger die Gesellschaft bedroht würde. Im Gegenteil: Die hiermit verbundenen, neu aufkommenden individuellen und materialistischen Werte fördern das immer größere Wirtschaftswachstum der Gesellschaft. Den systemübergreifenden Kern dieser neu aufkommenden Werte beschreibt Inglehart als „Leistungsmotivation“. Das zentrale Element der Modernisierung ist bei Inglehart also nicht mehr länger die protestantische Ethik, sondern ein kultureller Faktor, der sich unter bestimmten Bedingungen auch in anderen – nicht protestantischen Ländern – durchsetzen kann.

[...]

Ende der Leseprobe aus 61 Seiten

Details

Titel
Internationaler Wertewandel und Wirtschaftsentwicklung. "Die Stille Revolution" nach Ronald Inglehart
Hochschule
Universität Hohenheim  (Institut für Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Wirtschaftssoziologie I
Note
1,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
61
Katalognummer
V18554
ISBN (eBook)
9783638228787
ISBN (Buch)
9783638743440
Dateigröße
1201 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ausarbeitung plus 2 Seiten Handout plus 44 Seiten Präsentation.
Schlagworte
Internationaler, Wertewandel, Wirtschaftsentwicklung, Stille, Revolution, Ronald, Inglehart, Wirtschaftssoziologie
Arbeit zitieren
Jan Kercher (Autor:in), 2003, Internationaler Wertewandel und Wirtschaftsentwicklung. "Die Stille Revolution" nach Ronald Inglehart, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18554

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