Anreizsysteme für den innerbetrieblichen Wissensmarkt: organisatorische und technische Möglichkeiten


Diplomarbeit, 2000

99 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe

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1. Einführung in die Arbeit

2. Wissen als vierter Produktionsfaktor

3. Wissen ist nicht gleich Wissen

4. Die Grundlagen des Wissensmanagements

5. Wissen lokalisieren und fördern

6. Wissen auf dem Wissensmarkt

7. Modellbeschreibung des Wissensmarktes

8. Anreizsysteme für den Wissensmarkt – Ein Fazit

Literaturverzeichnis

Index


Abbildungsverzeichnis

 

Abbildung 1: Grundbegriffe der Thematik

Abbildung 2: Perspektiven des Wissensmanagement

Abbildung 3: Die drei Säulen des Wissensmanagement

Abbildung 4: Wissensmanagement als Kreislauf

Abbildung 5: Immaterielle Vermögenswerte

Abbildung 6: Der innerbetriebliche Wissensmarkt

Abbildung 7: Transaktionen und ihre Bewertungen

Abbildung 8: Aufbau eines Anreizsystems

Abbildung 9: SCI als Bewertungselement des Anreizsystems

Abbildung 10: Das technische Wissenssystem als Element des Wissensmarktes

Abbildung 11: Beispiel für ein elektronisches Branchenbuch

Abbildung 12: Beispiel für eine elektronische Wissenslandkarte

 

1. Einführung in die Arbeit

 

1.1. Besprechung der Thematik

 

Laut Recherche der Zeitschrift „Informationweek“  beschäftigen sich 94 Pro­zent der 144 von dem Informationszentrum „Benchmarking“ be­fragten Unterneh­men mit Wis­sensmanagement und erachten diese Thematik als ‚unab­dingbar‘.[1] Damit stellt sich berech­tigter Weise die Frage, warum nur ei­nige we­nige Unternehmen es geschafft haben, zumindest im Ansatz Wissens­ma­nage­ment im Unternehmen zu betreiben. Viele renommierte Unternehmen kündi­gen die Einführung von vielversprechenden Projekten an. Die wahre Heraus­forderung und häufige Ursache für das Scheitern ehrgeiziger Projekte wird dabei überse­hen – die Problematik der Wissens­verteilung und der Wissensnutzung. Keine Software kann einem Unternehmen die Arbeit ab­nehmen herauszu­finden, welches Wissen für den Unternehmenserfolg von Interesse ist, wo das Wissen zu finden ist und wie es verteilt werden kann. Bei dem Versuch, diese Aufgaben zu bewältigen, zeigt sich schnell, daß die Lokali­sierung und Verteilung von Wissen sehr zeitintensiv und organisato­risch an­spruchsvoll ist. Nicht der Aufbau der notwendigen In­frastrukturen stellt Un­ternehmen vor große Herausforderungen, sondern die Frage nach der freiwilli­gen Verteilung von Wissen unter den Mitarbeitern. Eine freiwillige Koopera­tion aller Mitarbeiter im Sinne der Wis­sensvertei­lung und Wissensnutzung ist nur mit Hilfe von Anreizsystemen zu erreichen. Ziel des Autors ist es, Vor­aussetzungen für ein Anreizsystem und dessen Aufbau zu erarbeiten. Das Anreizsystem soll die Akteure des Wissensmarktes motivieren mit Wissen zu handeln, um dadurch die Wissensverteilung und die Wissensnutzung im Un­ternehmen zu gewährleisten.

 

1.2. Aufbau der Arbeit

 

In der vorliegenden Diplomarbeit werden im ersten Schritt die Grund­begriffe des Wis­sens­managements erfaßt, anschließend unterschiedliche Sicht­weisen auf die The­matik zur späte­ren Abgrenzung dargestellt und eine Ziel­stellung für ein technisch und or­ganisatorisch gestütztes Anreizsystem für den innerbetrieblichen Wissens­markt erarbeitet. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt in der Sichtweise von Wis­sensmanagement als Markt. Dieser fördert die Identifika­tion, aber vor allem die Verteilung und Nutzung von Wissen im Unternehmen.  

 

In Kapitel 2 („Wissen als vierter Produktionsfaktor“) wird die histo­rische und gesellschaftli­che Einord­nung der Bedeutung von Wissen bzw. von Wissensmanagement beschrieben. Welche Veränderungen bewirkt der Be­deu­tungsgewinn von Wissen und welche neuen Herausforderungen ergeben sich dadurch für Un­ternehmen?

 

Kapitel 3 („Wissen ist nicht gleich Wissen“) dient der Klä­rung und De­fi­nition der in der Arbeit verwendeten Begriffe. Als Schwerpunkt wird die Ab­grenzung der Wis­sensarten voneinan­der und von deren Ba­sis (Da­ten und In­formatio­nen) behandelt.

 

In einem Überblick werden wichtige Sta­tionen auf dem Weg zum Wissensma­nagement (Gewinnung, Bewertung, Bewahrung) skiz­ziert.

 

In Kapitel 4 („Die Grundlagen des Wissensmanagement“) werden die Kernpunkte des Wissensmanagements aus unterschiedlichen Perspektiven beschrieben. Der Autor beschränkt sich im Anschluß auf die Be­trachtung von Wissens­management als Markt und behandelt in diesem Zu­sammenhang vordergrün­dig die Wis­sensverteilung und die Wissensnutzung unter dem Gesichtspunkt des Zusammenwirkens von Technik, Organisation und Mensch.

 

In Kapitel 5 ( „Wissen lokalisieren und fördern“) untersucht der Autor die Quellen des Wissens, erörtert Möglichkeiten der Förderung von Wissensverteilung und erarbeitet die Grundlagen für den Einsatz eines Anreizsystems.

 

In Kapitel 6 („Wissen auf dem Wissensmarkt“) wird auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse aus den vorangegangenen Kapiteln der Aufbau eines Anreizsystems skizziert. Der Betrachtungsschwerpunkt liegt auf den Akteuren des Wissensmarktes und der Marktwährung als ein Anreizelement.

 

Kapitel 7 („Modellbeschreibung des Wissensmarktes“) faßt die Er­kenntnisse der Arbeit in Form einer Modellbeschreibung für ein technisches Wissenssystem und einer Interaktion der Akteure auf organisatorischer und technischer Ebene zusammen.

 

Kapitel 8 („Anreizsysteme für den Wissensmarkt – Ein Fazit“) bewer­tet kurz die Bedeutung eines Anreizsystems für Wissensmanagement im Un­ternehmen unter dem Aspekt des freien Wissensmarktes.

 

Erläuterungen und Anmerkungen zu fachspezifischen Begriffen finden Sie in ausführlicher Form im An­hang der Arbeit. Themengebiete, die sich aus Wechselwirkungen zwi­schen der Hauptthematik erge­ben und die Betrachtung tangieren, werden nur am Rand behandelt. Eine detaillierte technologische Erläuterung der bespro­chenen Systeme und ihrer Komponenten erfolgt nicht. Vielmehr liegt das Au­genmerk auf der ganzheitlichen Betrachtung der er­wähnten Problematik, um das Zu­sammenspiel unterschiedlicher Einflußgrößen aufzuzeigen.

 

2. Wissen als vierter Produktionsfaktor

 

2.1. Die Bedeutung des Wissens im historischen Kontext

 

Verfolgt man die geschichtliche Entwicklung des Menschen in den letzten 2000 Jahren, kommt man zu der Er­kenntnis, daß Wissen schon immer einen wichtigen Bestandteil im Entwicklungsprozeß darstellte. Auch in den grauen Anfängen der Zi­vilisationen war es vor allem das Wissen eines Stammes oder Volkes, welches das Überleben sicherte.  

 

Im ständigen Kampf um Territorien und Lebensräume waren es die Völker, die durch einen Wissensvorsprung in der Waffentechnik anderen Völkern überlegen waren.[2]  Das galt der Überlegenheit von Eisen- über Bronzewaffen, genauso wie den verbesserten Angriffstechniken des Dschingis Khan oder der Römer bis in die heutige Zeit.  

 

Völker, die den großen Wissensvorsprung nicht transportieren konnten, waren unterlegen (Maya- und Inka-Kultur). Zum Erhalt der militärischen Eroberungen war jedoch das Wissen über Politik und Wirtschaft, zum Erhalt und Ausbau der Lebensräume, von entscheidender Bedeutung.

 

Die Problematik der Wissensverteilung setzte aber auch fortschrittliche Zivili­sationen unter Druck. Die Fähigkeit, neues Wissen zu erlangen und dieses schnell zu verteilen und es somit zur rechten Zeit am rechten Ort bereitzustel­len, stellte eine hohe Herausforderung dar. Vor allem große Gesellschaften waren nicht in der Lage, aktuelles Wissen  zügig zu den Entscheidungsträgern zu transportieren, um entsprechende Maßnahmen einzuleiten.  

 

Beispiel: Die Germanen setzten bei ihren Angriffen zu Pferd eine einfache Art des heute bekannten Steigbügels ein, um nicht so schnell aus dem Sattel gestoßen werden zu können. Diese neue Technologie wurde von den römischen Befehlshabern vor Ort schnell als entscheidender Nachteil für das römisches Herr erkannt. Es fehlten jedoch die entsprechenden Kommunikationskanäle, um dieses Wissen an die Füh­rungspersonen  weiterzuleiten.

 

Ein Mangel des Kommunikationssystems, der gerade bei fortschrittlichen Zivi­lisationen zu einer Vielzahl von strategischen Fehlentscheidungen führte.

 

Defizite dieser Art versuchten Menschen daher immer zu kompensie­ren. Dabei handelte es sich in den Anfängen der Kommuni­kationstechnik le­diglich um den Transport von Daten, allerhöch­stens von Informationen. Tele­graf, Telefon und nicht zu­letzt das Fernsehen sind die unbestrittenen Wegbe­reiter der heu­tigen Informationstechnologie. Mit dem Voranschreiten der glo­ba­len Vernetzung verlagerten sich auch zunehmend die Problembe­reiche von dem reinen Transport zurück auf die Lokalisierung und Verteilung von Wis­sen. Spätestens mit dem Durchbruch des Internets und der großflächi­gen Ver­bin­dung von Millionen Computern und Menschen hat sich Wissen als Ware eta­bliert und dadurch ein nicht umkehrbare gesellschaftliche Entwicklung in Gang gesetzt.

 

2.2. Auf dem Weg zur Informationsgesellschaft

 

Die Folge einer zunehmenden Globalisierung und Vernetzung der Weltwirtschaft war und ist das Zusammenbrechen veral­teter Strukturen und Hierarchien. Zahlreiche Unternehmen, die in den 60er, 70er und 80er Jahren zu den führenden Größen der Wirtschaft gehörten und auch auf eine langjäh­rige Tradition zurückblicken konnten, schrumpften zu reinen Importeuren (z.B. Fa. Anker) oder existieren heute überhaupt nicht mehr.[3] In der dabei neu entste­henden Wirtschaftsordnung sind es nicht mehr die natürlichen Ressour­cen oder die reine Arbeitskraft, die zu Wohlstand verhelfen, sondern zunehmende das Wis­sen und der Austausch von Wissen.[4]

 

Während der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert waren es die erstaunlichen Erfindungen, die zusammen mit den Fak­toren Kapital und Bo­den einen Umbruch in der Weltwirtschaft ein­leiteten. Mehrfach wurde in die­ser Zeit der Faktor Arbeit durch Kapital in Form von innovativen Ma­schinen ersetzt. Eisen und Stahl waren die Symbole eines rasanten Wachstums und der ungeheuren Entwicklung dieser Epoche. Es war die Zeit der „formlosen“ Mas­sen­produktion und der Kapitalakkumulation zum Zwecke der Unterneh­mensexpan­sion.

 

Der Automobilbau spiegelt diese Entwicklung wie keine an­dere Branche am deut­lich­sten wieder. Verlierer dieser Epoche waren das Kleinhandwerk und Kleinunternehmen, die sich diesen Herausforderungen aus den unterschied­lichsten Gründen nicht stellen konnten. Im allgemeinen brachte diese Phase jedoch ein höheres Lebensniveau für die Mittelklasse der Industrie­länder.

 

Vieles spricht dafür, den Aufbruch in das neue Jahrhundert mit den Veränderungen, welche die industrielle Revolution bewirkte, zu vergleichen.

 

Es ist nicht die Zeit Einzelner, die durch reichhaltige Ölfunde oder Stahlpro­duktionen zu unermeßlichem Reichtum gelangen, sondern die Zeit der Ak­teure, die Produkte oder Dienstleistungen verkaufen, welche man in der Regel nicht einmal anfassen kann. Bei­spielsweise die millionenschweren Mitarbeiter (Inhaber von Unternehmensaktien) der Firma Micro­soft[I]. Dieses Unter­nehmen besitzt keine Fabriken, in denen etwas produziert wird, und dennoch gehört es zu den TOP 50 – Unternehmen der Welt.[5]

 

Strukturelle Veränderungen finden heute weltweit in der Wirtschaft und Gesellschaft aller Industriestaaten statt. Konflikte sowohl in­nerhalb der Unternehmen als auch der Gesellschaft sind vorprogrammiert. Den traditio­nellen Bedürfnissen der Menschen und den gewachsenen Hierarchien in den Unternehmen stehen nun die An­forderungen einer modernen Informationsge­sellschaft gegenüber. Immer häu­figer orientieren sich die Menschen an imma­teriellen Werten, wie Bildung, Kultur und Gesundheit.

 

Vor 100 Jahren waren es das Automobil und die Eisenbahn, die eine neue Ära der Wirtschaft begründeten. Heute sind es Informationen und Wissen, sowie die erforderlichen Informations- und Kommunika­tionstechnologien.[6]

 

In der Regel ist es der wirtschaftliche Konkurrenzdruck, der die Unter­nehmen zwingt, den Wissensgehalt in ihren Produkten oder Dienstleistungen zu erhöhen, um entweder die Produkte preis­werter bzw. schneller als andere anbieten zu können, oder aber dem Kunden einen erkennbaren Zusatznutzen bieten zu können.

 

 „Wir sind Zeugen, wie Produkte und Dienstleistungen immer stär­ker miteinander verschmelzen“.[7]

 

Zu wissen, was Kunden anzieht und wie man mit Hilfe von Infor­mati­onstechnologie und Mitarbeiterwissen (Erfah­rungen) Geschäftsprozesse opti­miert, kann im Wettbewerb helfen, den Erfolg zu sichern. Die Erkenntnis, wel­che Strukturen notwendig sind, um Wissen zu aktivieren und die sich daraus ergebenden Herausforderungen an die Unternehmensorganisation, im Hinblick auf die kulturelle und soziale Situation, sind Voraussetzungen für das Bestehen in der Informa­ti­onsgesellschaft.

 

2.3. Neue Herausforderungen für die Wirtschaft

 

Die Schnelligkeit, in der Informationen verarbeitet werden können und der Zeitfaktor für Entwicklung und Produktion gewinnen zu­nehmend an Be­deutung.[8] Somit geraten an der Schwelle des Informations­zeitalters, wie damals die großen und mächtigen Zivilisa­tionen, Unter­neh­men heute unter Druck, die neuen Kommunikationsmöglichkeiten effektiv ein­zuset­zen. Nicht die Anhäufung von Kapital oder die niedrigsten Produktionskosten sind die Garanten für ein erfolgreiches Unternehmen, son­dern die Fähig­keit, das Wissen innerhalb und außerhalb der Unternehmens­gren­zen zu erfassen, zu verteilen und gewinnbringend zu nutzen.  

 

Bereits in die Benennung der Unternehmensstrategie muß eine entsprechende „Wissensstrategie“ mit einfließen. Vorausset­zung dafür ist, den Umfang des vorhan­denen Wissens im Unternehmen erkennen und erfassen zu können. Es gilt, die „Skills“ seiner Mitarbeiter transpa­rent zu machen, denn „nur wer weiß, was er be­reits weiß, weiß auch, was er nicht weiß.“[9]

 

Im Wesentlichen lassen sich die heutigen Herausforderun­gen wie folgt dar­stellen:

 

Es sind Voraus­setzungen für den erfolgrei­chen Umgang mit Wissen zu schaffen. Wissen stellt eine strategische Res­source dar, die sich nach Gebrauch weder abnutzt, noch bei Ver­äußerung dem Unternehmen verloren geht.

 

Wis­sen ist ein wertvolles Gut, welches sich nicht ohne weiteres ge­winnen und bewahren läßt, daher bildet die Bereitschaft der Wissenseigner an einem Wissensaustausch teilzunehmen das Fundament für das Wissensmanagement.

 

Fehlt die Beteili­gung der Mitarbeiter, wird je­de Konstruktion, ist sie auch noch so technisch durchdacht, dem eigentlich Zweck, der Bereitstellung und dem Transport von Wissen, nicht gerecht werden.

 

Werden die Mitarbeiter aktiv am Prozeß des Wissensmanagements und seiner Einführung beteiligt und wird die Anerkennung der Bedeutung des Wissens im Unternehmen durch die Unternehmensleitung offen kommuniziert, sind die Voraussetzungen vorhanden, um den Kreislauf des Wissens im Unternehmen zu etablieren und ihn zu fördern. Dazu gehört die Errichtung einer entspre­chenden Infrastruktur, die es allen Beteiligten erlaubt, Wis­sen auf einfache Art und Weise zu generieren, auszutauschen und zu bewahren. Diese Anforderun­gen lassen sich aus unterschiedlichen Sichtweisen beschreiben. Der Autor nutzt zur Erläuterung der Kernthematik die Untergliederung  in Mensch, Organisa­tion und Technik. Dabei soll untersucht werden, wie ein sinnvolles Zusam­menwirken der genannten Teilbereiche, den Aufbau einer Wissensmarktwirt­schaft unterstützen kann.

 

3. Wissen ist nicht gleich Wissen

 

Im Folgenden werden zur Ordnung und Klärung wichtige, im Rahmen der vorliegenden Arbeit verwendete Begriffe erläutert. Die daraus resultieren­den Arbeitsde­finitio­nen bilden die Grundlage für weitere Betrachtungen und Erläuterungen, erheben jedoch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.

 

 

Abbildung 1: Grundbegriffe der Thematik

 

3.1. Die Basis des Wissens

 

In vielen Unternehmen, in denen die Notwendigkeit einer Aus­einandersetzung mit dem Wissen erkannt wurde, wird der Begriff des Wissens häufig verwendet, obwohl Informatio­nen oder Daten gemeint sind. Es ist da­her sinn­voll, eine klare und verständliche Definition die­ser drei Bestandteile der Wissensthe­matik (Daten, Informationen, Wissen) zu erarbeiten.

 

3.1.1. Daten – Atome der Information

 

Im Unternehmen fallen bei jeder Art von Geschäftsvorgän­gen oder Transaktionen Daten an. Im Wareneingang sind es die Lieferungen und damit Menge, Gewicht und Preis der gelieferten Ware. Interessant ist in diesem Zu­sammenhang, daß Daten völlig unbewertet und losgelöst vom eigentlichen Kontext erfaßt und weitergegeben werden. Betrachten wir zum besseren Ver­ständnis das Geschehen an einer Tankstelle:

 

Wenn ein Kunde eine Tankstelle anfährt und den Tank seines Autos auffüllt, läßt sich diese Transaktion teilweise mit Daten be­schreiben: Wann hat er Sprit getankt? Wieviel Liter hat er getankt? Welchen Preis hat er gezahlt?“[10]

 

Anhand dieser Daten kann nicht erklärt werden, warum der Kunde nun ausge­rechnet diese Tankstelle ausgewählt hat oder wie gut die Tankstelle ge­führt wird. Daten besitzen also keine tiefere Bedeutung. Dennoch stellen sie die Ba­sis für Informationen dar. Grundlage von Daten sind wiederum Zei­chen mit ihren drei Dimensionen Syntax, Semantik und Prag­matik, die im Unternehmen in vielfältiger Art und Weise erfaßt und gespeichert werden. Für die Entschei­dungsfindung sind Daten allerdings nicht geeignet, da sie keine Werturteile oder Interpretationen ent­halten. Als alleinige Handlungsbasis für Unterneh­mensentscheidungen (Management) sind Daten nicht tragfähig. Dennoch bil­den sie die Grundlage für das Entstehen von Informationen.

 

3.1.2. Informationen – Moleküle des Wissens

 

In der Literatur werden Informationen auch als Nachrichten bezeich­net, die schriftlich hinterlegt oder visuell bzw. akustisch kommuniziert werden. Voraus­setzung für die Nachrichtenübermittlung sind das Vorhandensein eines Senders und eines Empfängers. Dabei entscheidet allein der Empfänger, ob es sich bei der erhaltenen Nachricht tatsächlich um eine Information handelt, die ihn im wahrsten Sinne des Wortes „informiert“. Infor­mationen könnte man als „mit einer Bedeutung und einem Zweck versehene Daten“ bezeich­nen.[11]

 

Informationen werden innerhalb von Organisationen über unter­schiedliche Netzwerke transportiert. Es existieren sowohl „harte“ als auch „weiche“ Netzwerke, die als Übertragungsmedium innerhalb eines Unterneh­mens, aber auch in der Gesellschaft, ver­wendet werden können. Die „sichtba­ren“ oder „harten“ Netzwerke mit deutlich abgrenzbarer Infrastruktur (Drähte, Lieferwagen, Postämter, Adressen, elektronische Brief­kästen) eignen sich idea­lerweise für die Einbindung in ein techno­logisches Wissens­management. Je­doch sind es die nicht formge­bundenen oder „weichen“ Netzwerke, die in der Regel die wichtigen Informationen transportieren. Ein solches Netzwerk wird beispiels­weise genutzt, wenn ein Mitarbeiter während der Kaffeepause ei­nen anderen Mitarbeiter über den Inhalt eines interessanten Artikels in einer Zeit­schrift in­formiert.

 

Daten werden also zu Informationen, indem ihnen vom Sender ein Bedeu­tungsgehalt hinzugefügt wird und sie anschließend zum Empfänger übertragen werden. Eine solche Auf­wertung von Daten kann laut Davenport und Prusak auf unter­schiedliche Weise erfolgen.

 

Kontextualisierung: Wir wissen, zu welchem Zweck die Daten beschafft wurden.

 

Kategorisierung: Wir kennen die Analyseeinheiten oder Hauptkompo­nenten des Datenmaterials.

 

Kalkulation: Das Datenmaterial konnte mathematisch analy­siert oder sta­tistisch ausgewertet werden.

 

Korrektur: Aus dem Datenmaterial wurden Fehler beseitigt.

 

Komprimierung: Die Daten sind in knapper Form zusammen­gefaßt wor­den.[12]

 

Zur Verdeutlichung der Aufwertung von Daten schauen wir uns das weitere Geschehen an bereits angesprochenen Tankstellen an:

 

Der Kunde bezahlt das Benzin und erfährt bei dieser Gelegenheit vom Tankwart, daß der Benzinpreis für diese Jahreszeit ungewöhnlich hoch ist. Der Tankwart hat mit Hilfe von historischen Daten die Entwicklung des Benzinpreises zusammengefaßt und bewertet.

 

Die benannten Methoden zeigen deutlich, daß Computer nur bedingt einen Beitrag zur Aufwertung und Umwandlung von Daten in In­forma­tionen leisten können. Letztendlich ist es die menschliche Gabe, Daten zu beurteilen, zu bewerten und zu kommunizie­ren, die Informationen entstehen läßt. Wieder ein deutlicher Hin­weis auf die Zwecklosigkeit, Informationen oder gar Wissen allein mit Hilfe technischer Finessen managen zu wollen.

 

3.1.3. Wissen – Universum des Einzelnen

 

Wissen ergibt sich aus der Vernetzung von Erfahrungen, Wertungen, Fachkenntnis­sen und Informationen. Wissensgenerie­rende Vorgänge finden in den Köpfen der Menschen und im Rah­men von zwischenmenschlichen Bezie­hun­gen statt. Diese Er­kenntnis wird im späteren Verlauf dieser Abhandlung hel­fen, ein mögliches Anreizsystem für die Wissensgewinnung zu projektie­ren.

 

Wissen ist eine Mixtur aus den unterschiedlichsten Elemen­ten, die teil­weise formell strukturiert und teilweise nicht im vollen Umfang logisch nach­zuvoll­ziehen sind. Wissen entsteht in den Köpfen der Mitarbeiter eines Unter­neh­mens und manifestiert sich innerhalb dieses Unternehmens in Form von Do­kumenten und Speichern, aber auch in organisatori­scher Routine, Pro­zes­sen, Praktiken und Normen.[13]  

 

In diesem Zusammenhang spricht Thomas A. Stewart auch von strukturellem bzw. Human-Kapital eines Unternehmens und von der Notwendigkeit, die Arten des strukturellen Wis­sens für das Unternehmen zu be­stimmen.[14]  

 

Karl Erik Sveiby vertritt die These, daß sich die immateriellen Vermögenswerte und somit auch das Wissen eines Unternehmens in unterschiedliche Gruppen unterteilen lassen, die wiederum gleichberechtigt neben dem sichtbaren Eigen­kapital berücksichtigt werden müssen. Immaterielle Vermögenswerte stellen nach seiner Meinung die Differenz zwischen ausgewiesenen Kapital innerhalb der Bilanz und dem Börsen- bzw.- Marktwert eines Unternehmens dar. Die immateriellen Vermögenswerte, in denen unter anderem eben auch das Wissen der Mitarbeiter und der Organisation enthalten ist, gliedert er dabei in externe Struktur, interne Struktur und Kompetenz der Mitarbeiter.[15] Durch eine Ge­wichtung dieser drei Gruppen, lassen sich Maßnahmen im Rahmen eines Wis­sensmanagements besser koordinieren.

 

Wie bereits bei der Umwandlung von Daten in Informatio­nen, ist auch die Umwandlung von Informationen in Wissen zum größten Teil nur durch menschliche Kopfarbeit herbeizuführen.

 

Laut Davenport und Prusak läßt sich eine solche Aufwertung durch vier Methoden durchführen.

 

Komparation: Wie ist eine Information über eine aktuelle Si­tuation im Vergleich zu anderen uns bekannten Situationen einzuschätzen?

 

Konsequenz: Wie wirken sich Informationen auf Entscheidun­gen und Handlungen aus?

 

Konnex: Welche Beziehungen bestehen zwischen einem be­stimmten Wis­senselement und anderen Wissenselementen?

 

Konversation: Wie denken andere Leute über eine bestimmte Informa­tion?[16]

 

Ein Blick zurück zu dem Geschehen an der Tankstelle soll den Sachver­halt verdeutlichen:

 

Der Kunde stimmt der Information des Tankwarts zu und berichtet, daß er aus diesem Grund seinen Benzinverbrauch drastisch gesenkt hat. Der Tankwart erkundigt sich bei dem Kunden, wie er seinen Benzinverbrauch senken konnte. Der Kunde erzählt daraufhin von seiner Fahrweise, dem richtigen Reifendruck und der minimalen Beladung seines Fahrzeuges. Der Kunde berichtet von einer Konsequenz in Folge des hohen Preises und der Methode, wie er diese umsetzt.

 

Wissen ist ein komplexes Gebilde, das sich nie in seiner Ganzheit erfas­sen und speichern lassen wird. Es stellt das Produkt der Aufwertung von In­for­mationen dar und beschreibt gleichzeitig den Vorgang der Aufwer­tung. Diese Erkenntnis verdeutlicht die Notwendigkeit, die für das Unterneh­men notwendigen Wis­sens­arten und deren Inhalte zu bestimmen. Dabei spielt unter anderem die Bewertung von Wissen eine tragende Rolle. Das Vertrauen in die Wissens­quelle und die Erkenntnis in die Notwen­digkeit des Wissenser­werbs sind wesentliche Grundlagen des Wissens. Wissen unter­liegt einem stän­digen Bewertungs­prozeß, vergleichbar der Kursentwicklung von Aktien. Die Bewertung von Wissen ist nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit und wird nur so im Ansatz behandelt, wie es für die Grundaussage der Ausarbeitung erforder­lich ist.

 

3.2. Wissensarten

 

Wissen besitzt die Eigenschaft, sich im Verlauf der Zeit auf einer „hö­heren“ Ebene zu manifestieren. Aus Wissen entstehen Erfah­rungen, die sich auf frühere Handlungen oder Ereignisse bezie­hen.

 

Vor allem die Fähigkeit, neue Situationen und Ereignisse im Rückblick zu be­trachten und zu verstehen, zeichnet Erfahrungswissen aus. Wie Erfahrung sind auch Wertvor­stellungen und Überzeugungen inte­grale Bestandteile des Wis­sens, und werden gleichermaßen von ihm geprägt.[17] In der Literatur werden vielfältige Kategorien für Wissen benannt:

 

 

Im Rahmen der folgenden Betrachtung wird eine eher grobe und den­noch nützliche Unterscheidung von Wissen genutzt. Dabei handelt es sich um die von Nonaka & Takeuchi 1997 intensiv diskutierten Beziehungen zwischen impli­zitem und explizitem Wissen. Diese beiden Wissensarten werden im fol­genden Abschnitt  erläutert.[18]

 

3.2.1. Explizites Wissen

 

Explizites Wissen bezeichnet bewußtes Wissen. Mit anderen Worten, Wissen, über das der Wissensinhaber Auskunft erteilen und das er jederzeit replizieren kann. Nicht selten liegt die Schwierigkei­t nicht in der Erfassung von Wissen, sondern in der Tatsache, daß sich der „Experte“ über sein Wissen nicht im klaren ist und somit auch nicht in der Lage ist, sein Wissen explizit zu beschreiben. Dieses Phänomen tritt in der Regel dann in Erscheinung, wenn der Experte jahrelange Erfahrungen auf seinem Gebiet gesammelt hat. Er hat damit die Fähigkeit erlangt, Probleme schnell als Ganzes zu erfassen und kommt fast intuitiv zur Lö­sung.

 

Ein klares Nachvollziehen seiner Lö­sungsstrategie ist in die­ser Situation mit­unter nicht mehr möglich. In diesem Zusammenhang wird häufig auch vom impliziten Wis­sen gesprochen. Diese Wissensart ist bei jedem Menschen vor­handen, wird aber nicht als Wissen wahrgenommen und kommt oft unbewußt zum Einsatz.

 

Explizites Wissen läßt sich in zahlreichen Formen finden. Do­kumenta­tionen, Pro­jektberichte, Forschungsberichte, Patente aber auch Rand­notizen, Methodenwissen und andere Beispiele beschreiben explizi­tes Wissen. Für diese Wissensart bietet das Wissensmanagement teilweise sehr gute Be­wahrungs­strategien. Mit Hilfe eines Doku­mentenmanagements, läßt sich expli­zites (und vor allem schriftlich hinterlegtes) Wissen mit relativ geringem Auf­wand erfas­sen und verwalten.

 

Technisch ausgedrückt bedeutet dies, daß das Wissen dem Wis­sensträger ent­nommen und anschließend transformiert und in die Wissensbasis des Unter­nehmens übertragen werden muß. Was einfach klingt, ist jedoch in der Praxis ein schwieriger Prozeß. Die Hindernisse beginnen bei der soziologischen bzw. psychologischen Barriere der Experten, Wissen preiszugeben und enden mit der technischen Problema­tik, das Wissen in entsprechende Regeln und Syntax umzuformen.

 

Aus diesem Grund entwickelte sich losgelöst, vom soziologischen Aspekt, eine wissen­schaftliche Disziplin, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, menschliches (explizites) Wissen in Form von Regeln und Algo­rithmen über ein technologi­sches System verfügbar zu machen. Ziel ist die Schaffung einer „künstlichen Intelligenz“, die auf Grund­lage komplexer Entscheidungsmuster selbständig Problemlösun­gen herbeiführt. Ein hochgestecktes Ziel, das bis zum heutigen Zeitpunkt weit von einem Durchbruch entfernt ist. Aus diesen Gründen wur­den die Bemühungen um die Entwicklung von Expertensystemen[II] verstärkt. Ein solches System erhebt nicht den Anspruch eines allumfassenden Wissens. Vielmehr geht es um das Wissen eines stark abgegrenzten Wissens­gebietes. Eine Vertiefung dieser Thematik erfolgt im Rahmen dieser Arbeit nicht.

 

Explizites Wissen läßt sich als ein relativ gut be­schreibbares, formali­siertes und zeitlich stabiles Wissen kennzeichnen. Es kann standardisiert, strukturiert, methodisch, in sprach­licher Form aber auch in Systemen und Pro­zessen angelegt wer­den.[19] Damit besitzt explizites Wissen die Eigenschaft, auch außerhalb des Kopfes eines Men­schen gespeichert und mittels Computer­systemen verarbeitet und übertragen werden zu können.[20]

 

3.2.2. Implizites Wissen

 

Einen weitaus schwierigeren Zugang erhält man zum impli­ziten Wissen von Menschen, und das aus einem guten Grund. Implizites Wissen beinhaltet sowohl kognitive Elemente als auch subjektive Ein­sichten, Wahrnehmungen, Intuitionen, Erfahrungen, Gefühle und Wertvorstellungen. Implizites Wissen repräsentiert das Know-how und somit das technische Können, die Fähigkei­ten und Kom­petenzen, die zur Erfüllung von Aufgaben notwendig sind. Es ist nur unvollständig formalisiert, läßt sich schwer kommunizieren und somit nur schwer verteilen (= Grundvoraussetzung für ein erfolgrei­ches Wissensma­na­gement).[21] Die kognitiven Elemente des impliziten Wissens beziehen sich auf Bilder und Visionen, die sich jemand von der Realität und der Zu­kunft macht.[22] Vor allem diese Elemente sind es, die die Gewinnung und Bewah­rung von impliziten Wissen erschweren bzw. verhindern. Einen Ausweg bietet die Möglichkeit der Umwand­lung von impliziten Wissen in explizites Wissen und umgekehrt.

 

3.2.3. Wissensumwandlung

 

Aus den vorangegangenen Erläuterungen wird deutlich, daß Wissens­management nur erfolgreich sein kann, wenn es sich auf das explizite Wissen konzentriert und zusätzlich wichtiges implizites Wissen durch Wissensum­wandlung innerhalb des Unternehmens verteilt. Im Folgenden werden die vier Formen der Wissensumwandlung nach Nonaka und Takeuchi beschrieben.

 

Von implizit zu implizit (Sozialisation)

 

Wissensvermittlung dieser Art findet statt, wenn eine Person einer anderen Person ihr Wissen zeigt. (Ein Programmierer zeigt einem anderen Programmierer, wie er einen Pro­gramm­fehler in einem Fremdmodul umgeht und damit sein eigenes Modul zum Laufen bekommt.)

 

Von implizit zu explizit (Externalisierung)

 

Wissensvermittlung dieser Art findet statt, wenn individuelles Wissen artikuliert und an andere Organisationsmitglieder übermittelt wird. (Innerhalb eines Workshops zeigt ein Anwen­der anderen Anwendern, mit welchen ‚mentalen Modellen‘ mit einer nicht anwen­derfreundlichen Anwendung praxisnahe Er­gebnisse erzielt werden können.)  

 

Von explizit zu explizit (Kombination)

 

Wissensvermittlung dieser Art findet statt, wenn Wissensele­mente zu einem neuen, ganz­heitlichen, expliziten Wissen zu­sammengeführt werden. (Innerhalb eines Workshops erar­bei­ten die Teilnehmer aufgrund einer Fehler-, Möglichkeit- und Einflußanalyse (FMEA) und gemeinsamen Überlegungen, wie man den Fehler abstellen könnte, einen Quality Function Deployment (QFD)- Maßnahmenkatalog für notwendige Veränderungen.)

 

Von explizit zu implizit (Internalisierung)

 

Wissensvermittlung dieser Art findet statt, wenn explizites Wis­sen von anderen Mitglie­dern der Organisation aufgenommen oder auf diese übertragen wird. (Die Entwickler der Standard­software erfahren von dem QFD-Maßnahmenkatalog, und ver­suchen, diese Ver­änderungen zu realisieren.)[23]

 

Ziel eines funktionsfähigen Wissensmanagements muß es sein, mit Hilfe von Sprache, Bildern, Analogien, Symbolen etc. das für das Unterneh­men wichtige implizite Wissen in explizites und damit technisch verwertbares Wissen umzuwandeln oder durch Sozialisation implizites Wissen verstärkt über die „weichen“ Netzwerke des Unternehmens verteilen zu lassen.

 

3.3. Problematik des Wissens

 

Im Anschluß an die Beschreibung von impliziten und expliziten Wissen und der Möglichkeiten der Überführung in die eine oder andere Form, skiz­ziert der folgende Ab­schnitt weitere grundlegende Probleme der Wissensver­teilung, -bewertung und –bewahrung.

 

3.3.1. Die Wissensverteilung

 

Um an die Ressource Wissen zu gelangen, bedarf es der Bereitschaft aller Mitarbeiter mit ihrem Wissen freizügig umzugehen. Das bedeutet, daß die Mitarbeiter zum Erzeugen, Weiter­geben und auch Nutzen von Wissen mo­tiviert werden müssen. Triviale Anreize reichen dafür nicht aus. Um ein fun­diertes Wis­sensmanagement zu betreiben, sollten die Motivationsansätze einen längerfristigen Cha­rakter besitzen und beispielsweise in die Beurteilungs- und Vergütungsstruktur eines Unternehmen eingebunden sein.

 

Ebenso wichtig für den Einführungserfolg ist die Existenz einer wissens­freundlichen Unternehmenskultur. Die Mitarbeiter sollten eine positive Ein­stellung zum Wissen haben, sowie bereit und befugt sein, wissensgenerieren­den Tätigkeiten nachzu­gehen. Durch die Unternehmensstruktur muß sicherge­stellt werden, daß die Weitergabe von Wissen nicht in der Konsequenz endet, den Arbeitsplatz zu verlieren.

 

Eine zusätzliches Hindernis stellt die häufig fehlende oder unzu­reichende Qualifikation der Mitarbeiter dar, Wissen zu generieren und zu publizieren. Lediglich Journalisten und Bibliothekare wer­den für solche Tätigkeiten ausge­bildet.

 

3.3.2. Die Wissensbewertung

 

Die Messung und Bewertung des Unternehmenswissens bergen weitere Schwierigkeiten in sich, die jedoch zu bewältigen sind, wenn Wissensmanage­ment eingeführt werden soll. Wissen oder Fähigkeiten können selten auf eine meßbare Dimension zurück­geführt werden. Häufig ist zudem der Meßaufwand unvertretbar hoch.

 

An dieser Stelle setzt unter anderem die Funktion des Chief Knowledge Officer (CKO) an, der die Aufgabe hat, eine Struktur innerhalb des vorhande­nen Wissens zu schaf­fen, um der Wissenslandschaft und dem Wissensfluß in­nerhalb des Unternehmens zur notwendigen Transparenz zu verhelfen. Die Strukturierung der Wis­senslandschaft eines Unter­nehmens und die Identifika­tion von Wissen im Unternehmen sind Voraussetzung für die Bewertung. Weitere Fragestellungen ergeben sich aus der Betrachtung der Ziele, die ein Unternehmen mit einer Bewertung seines Wissens erreichen möchte. Es er­scheint sinnvoll, strategische, operative und normative Wissens­ziele im Vorfeld zu formulieren, um auf dieser Grundlage Metho­den zur Bewertung des Unter­nehmenswissens erarbeiten zu kön­nen. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird der Problembereich der Wissensbewertung im Zusammenhang mit dem An­reizmechanismus aufgegriffen.

 

3.3.3. Die Wissensbewahrung

 

Einmal erworbene Fähigkeiten stehen nicht automatisch für die Zu­kunft zur Verfügung. Die gezielte Bewahrung von Erfahrun­gen oder Informa­tionen und Dokumenten setzt Management­an­strengungen voraus. Viele Orga­ni­sa­tionen beklagen, daß sie im Zuge von Reorganisationen (Lean Manage­ment) einen Teil ihres Gedächtnisses verloren haben. Diese kollektive Amnesie beruht häufig auf der unbedachten Zerstörung informeller, nicht sichtbarer Netzwerke, die wichtige aber wenig beachtete Prozesse steuern. In jeder größe­ren Organisation werden täglich viele Erfahrungen gewon­nen, die für die Zu­kunft nützlich sein könnten und daher be­wahrt werden sollten.

 

Projektberichte, Sitzungsprotokolle, Briefe oder Präsentationen entstehen an vielen Orten. Die Herausforderung liegt in der Selek­tion zwischen den bewah­rungswürdigen und nicht bewahrungs­würdigen Wissensbestandteilen.

 

Für die Kernbereiche der organisationalen Wissensbasis sollten Anstrengungen zur sinnvollen Selektion und Dokumentation ge­troffen werden. Dabei gilt die Leitregel, daß nur das was in der Zukunft für Dritte nutz­bar sein könnte, es auch verdient, bewahrt zu werden.

 

4. Die Grundlagen des Wissensmanagements

 

Im folgenden Kapitel wird Wissensmana­gement aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Ziel ist die Beschreibung organisatorischer, tech­nischer und menschlicher Faktoren von Wissensmanagement. Eine weitere Sichtweise skizziert Wissensmanagement als Kreislauf. Die Betrachtung der einzelnen Bausteine innerhalb dieses Kreislaufes soll helfen, den Ansatz für ein Anreizsystem zu bestimmen. Die Grundlagen dieser unterschiedlichen Sichtweisen werden vom Autor im Kapitel 5 und 6 genutzt, um Wis­sensmana­gement als Markt unter Berücksichtigung der Unter­nehmenskultur, der Unter­nehmensorganisa­tion und seiner Netzwerke darzustellen.

 

 

Abbildung 2: Perspektiven des Wissensmanagement

 

4.1. Grundfragen und Zielsetzung

 

In der Literatur wird Wissensmanagement häufig als Bauwerk innerhalb der Unternehmenskultur symbolisiert, dessen Stützpfeiler den grundlegenden Aufbau (Technik, Organisation, Mensch) darstellen (siehe Abbildung 3).[24] Die­ses Bild verein­facht die Vorstellung der Notwendigkeit, die drei genannten Säulen mit ein­heit­lichem Engagement aufzubauen. Die Konzentration auf nur ein tragendes Element kann die Tragfähigkeit der Gesamtkonstruktion nicht gewährleisten.

 

 

Abbildung 3: Die drei Säulen des Wissensmanagement

 

Die zentralen Fragen vor der Einführung von Wissensmana­gement im Unternehmen lauten: „welche Informationen und welches Wis­sen sind für das Unternehmen notwendig, um dem wachsenden Wettbewerbs­druck gewachsen zu sein?“ und „wie kann das Wissen innerhalb des Unter­nehmens wirtschaft­lich genutzt werden?“.

 

In den vorangegangenen Kapiteln wurde verdeutlicht, daß sich Wissen in seiner gesamten Ausprägung nicht erfassen läßt. Eine Erkenntnis, die das Unternehmen zwingt, eine einschränkende Aus­sage über das gewünschte bzw. bewah­rungswürdige Wissen zu treffen. Die Ein­schätzung bezüglich der Wis­sensbedeutung wird von Branche zu Branche und von Unternehmen zu Un­ternehmen variieren. Während sich Dienstleistungsunterneh­men verstärkt am Wissen über ihre Kunden orientieren, sind für einen Chemiekonzern interne Forschungsergebnisse und Forschungs-Know-how entscheidend. Eine projekt­orientierte Unternehmensberatung be­nötigt das Projekt- und Methodenwissen, sowie die Erfahrungen seiner Mit­arbeiter im Umgang mit den Kunden.

 

Wichtig ist es zudem, auf dem Weg zum Wissensmanagement auf kleine, aber sichtbare Er­folge und erkennba­re Fortschritte verweisen zu kön­nen, um die Mitarbeiter zur Unterstützung des Systems zu motivieren. Er­zielen lassen sich derartige Fortschritte, indem an allen drei ‚Säulen‘ gleichzeitig gear­beitet wird. Technische, organisato­rische und kulturelle Aktivitäten sollten ko­ordiniert in Angriff genommen werden, anstatt sich auf einen einzigen Zu­gang zu konzentrieren.[25]

 

Alle Aktivitäten und Initiativen rund um die Thematik des Wissensmanage­ments besitzen generell drei Punkte als Vorgabe, die wiederum auf einen grundlegenden Kulturwandel ab­zielen:[26]

 

Wissen soll offener verteilt werden

 

Wissen soll zukünftig besser zusammen entwickelt wer­den

 

es soll intensiver voneinander gelernt werden

 

Im Folgenden werden die drei Säulen näher betrachtet. Zur Verkür­zung der Erläuterung werden die Säulen „Organisation“ und „Mensch“ zu­sammengefaßt.

 

4.2. Organisatorische Voraussetzungen

 

Unter den organisatorischen Voraussetzungen werden alle Maßnahmen und Tätigkeiten angesprochen, bei denen Strukturen und die Auf­bau- und Ab­laufprozesse einer Unter­nehmung eine Rolle spielen. Ziel muß es sein, Struktu­ren und Prozesse im Zusammenspiel eines ganzheitlichen Wis­sensmana­ge­ments so zu gestalten, daß eine eindeutige Zuordnung von Auf­gaben, Verant­wortung und Kompetenz innerhalb des Unterneh­mens erfolgen kann.[27]

 

Eine Organisation ohne Verantwortliche und festgesteckte Kompeten­zen ist keine handlungsfähige Organisation. Was allein für die Un­ternehmung langfristig zu negativen Bedingungen im Wettbewerb führen würde, stellt für das Wissensmanagement einen aussichtslosen Start dar. Wis­sens­management lebt von der aktiven Beteiligung aller Akteure und einer klar definierten Unter­stützung sowohl von „Oben“  (von Seiten der Geschäfts­leitung) als auch von „Unten“ (von Seiten der Mitarbeiter). In der Literatur werden zahlreiche Mög­lichkeiten zur aktiven Miteinbeziehung der Menschen und zur Schaffung neuer Strukturen benannt.  

 

Häufig trifft man auf die Forderung nach dem Einsatz eines Wis­sens­managers, der das Wissen des Unternehmens sam­meln, bewerten und strukturieren soll. Im Folgenden werden vier Ansätze für derartige Funktionen im Unternehmen kurz vorgestellt.

 

Chief Knowledge Officer (CKO)

 

Der CKO gestaltet, lenkt und entwickelt die organisatio­nale Wissensbasis. Seine Aufgabe ist es, die Gesamtorganisation bezüglich der Ressource Wissen zu sensibilisieren und zu mo­bilisieren. Er trägt damit die Verantwortung für ihren effektiven und effizienten Ein­satz.[28]

 

Knowledge Broker 

 

Wissensmakler nutzen die neuen Kommunikationstech­nolo­gien wie Intranet und Internet zur Informationsbe­schaffung. Das Kapital des Knowledge Brokers ist sein Metawissen (das Wissen über das Wissen anderer). Er muß wissen, wo ange­fordertes Wissen zu fin­den ist, um schnell darauf zugreifen und es zur Verfügung stellen zu können.[29]

 

Competence Field Manager 

 

Dieser Funktion obliegt die Gestaltung, Lenkung und Entwick­lung eines bestimmten Kompetenzfeldes. Dieses sollte im Un­ternehmen ein besonders wichtigen Wis­sensbereich darstellen. Die Aufgaben des Competenz Field Managers liegen in der Vernetzung der in­nerbe­trieblichen Experten, sowie der Sammlung und Verdichtung der Experti­sen, die in­tern und extern zu diesem Thema vorliegen. Weiterhin ist er für die Pflege der Infra­struktur des Kompetenzfeldes zuständig.[30]

 

Boundary Spanner 

 

Der „Brückenbauer“ verbindet heterogene Wissensin­seln und Kompetenzfelder, spürt neue, ungenutzte Wis­sensbestände auf, die auf den jeweiligen Competence Field Manager dele­giert werden. Boundary Spanner sind aufgrund ihrer interdiszi­plinären Beziehungen die idea­len und zentralen Wissensträger für bereichsübergrei­fende Fragestellungen.[31]

 

Auch die Säule „Mensch“ bedarf einer gründlichen Vorbetrachtung auf dem Weg zum Wissensmanage­ment. Immerhin ist es der Mensch, der die Quelle des kostbaren Gutes – der des Wissens – darstellt. Eine wichtige Auf­gabe liegt in der Förderung der Wissensverteilung zwischen Mitarbeitern, Ab­teilun­gen, Bereichen, Unternehmensteilen bis hin zu Unternehmen innerhalb eines Konzerns.

 

Das Umfeld von Wissensarbeitern benötigt moderne Strukturen innerhalb des Unternehmens, wie beispielsweise flache Hierarchien oder Kompetenz­verlage­rungen vom Management hin zum Knowledge Worker, der wiederum durch seine Expertise auf einem Spezialgebiet Ent­scheidungen fundierter treffen kann als die entsprechende Füh­rungskraft.[32] Damit wird deutlich, daß die Vorbereitungen für die Säule „Mensch“ tiefgreifend und langfristig wirken müssen. Die Unternehmenskul­tur ist auf den Prüfstand zu stellen. Im Vorfeld ist zu untersuchen, ob die momentan herrschende Kultur ein Wissens­manage­ment zuläßt, oder ob der Nährboden für ein solches Vorhaben erst geschaffen werden muß. Dabei sollten von Anfang an alle Beteiligten in einen möglichen Änderungsprozeß integriert werden. Nur so lassen sich spä­tere politische und soziale Reibungen, wie sie immer bei Verände­rungen in der einen oder anderen Form auftreten werden, vermindern. Im Ka­pitel 5 dieser Arbeit wird die Pro­blematik der Wissenskultur und der Unterneh­menskultur ausführlich behan­delt.

 

Fazit wichtiger organisatorischer Voraussetzungen:

 

Ausrichtung der Ablauf- und Aufbauorganisation des Unter­nehmens auf ein Wissensunternehmen (möglichst flache Hier­archien, klare Kompetenzen und Aufgaben innerhalb des Wis­sensmanagements).

 

Schaffung von neuen Strukturen und Verantwortungen für das Manage­ment des Unternehmenswissens in Form von Chief Knowledge Officer, Boundary Spanner, etc.

 

Prüfen der Unternehmenskultur auf Kompatibilität mit den ge­setzten Zie­len und gegebenenfalls Einleitung von mittel- oder langfristig angeleg­ten  kulturellen Korrekturen.

 

4.3. Technologische Voraussetzungen

 

Wie bereits im Kapitel 3 erläutert wurde, stellen Daten die Grundlage von Informatio­nen und diese wiederum die Basis für Wissen dar. Für die Auf­wertung von Daten bzw. Informationen stehen mehrere Methoden, wie sie beispielsweise von Davenport favori­siert werden, zur Verfügung. Einige dieser Methoden setzen die Teilnahme von  Menschen am Aufwertungsprozeß vor­aus. Ein Beispiel dafür ist die Kontextuali­sierung von Daten oder die Ableitung einer Konse­quenz auf Grundlage von Informationen. Andere Methoden kön­nen wiederum effektiver von Compu­tern ausgeführt werden. Schließlich gibt es die Notwen­digkeit der Kombina­tion von Mensch und Maschine, um die Stär­ken beider nutzen zu kön­nen.

 

Aus Gründen der Übersichtlichkeit, werden die vorge­stell­ten Techno­logien und Möglichkeiten in drei Kategorien unter­teilt. Systeme, die verstärkt mit Informationen arbeiten, zählen zur Kategorie der Informations­systeme. Alle Systeme in­nerhalb der Kategorie der Kommunikationssysteme ermög­lichen die Gewährleistung des In­formations- und Wissensaustausches. In­ner­halb der dritten Ka­tegorie werden die Dokumentensysteme betrachtet, in de­nen die Logistik von Dokumenten und damit von Wissen eine wichtige Rolle spielt.

 

Diese strikte Trennung läßt sich in der Praxis kaum realisieren, da die Über­gänge zwischen den einzelnen Systemen fließend sind. Aus diesem Grund wird nach der grundlegenden Vorstellung der einzelnen Systembereiche im weiteren Verlauf der Arbeit auf eine Trennung der Technologien verzichtet. Zudem sind es insbesondere die Kombinations­möglichkeiten von Werkzeu­gen, die eine ideale Anpassung an die Bedürfnisse des Unternehmens und sei­ner Ziele zulassen.

 

4.3.1. Informationssysteme

 

Die Aufgabe von Informationssystemen ist es, grundlegende Funktio­nalitäten der Informationssteuerung zur Verfügung zu stel­len. Folgende Funk­tionen werden dabei unterschieden:

 

 

Wichtig ist die Integration bereits bestehender Systeme und Datenban­ken. Als Insellösung innerhalb der Unternehmenssystemlandschaft würde das Konzept eines Informationssystems – oder Information Warehouse – unwill­kürlich scheitern. Wichtige Elemente sind somit die vorhandenen DV-Kom­ponenten, die Netzwerkstruktur und Datenbanken. An ihnen muß sich ein Information Warehouse orientieren und versuchen, eine einheitliche Plattform für den Datenzugriff zu schaffen.[33]

 

Als Software-Tools sind die auf dem Markt etablierten Führungsin­formationssysteme[III] (FIS) oder Executive Information Systems (EIS) zu nen­nen. Diese Produkte sind in ihrer Anwendung auf die Managementebene be­grenzt und unterstützen die Mitarbeiter bei der täglichen Informati­onsbeschaffung nur unzureichend.

 

Grundlage von Informationssystemen bilden in der Regel sogenannte Data-Warehouses[IV] (DWh), die die entsprechende Datenbasis für die Informa­tionsschöpfung und –generierung lie­fern. Hinter dem Begriff „Datenlager“ verbirgt sich die Idee, wichtige Daten aus den verschiedensten Datenbanken eines Unternehmens (Lager, Vertrieb, Produktion etc.) in einen Datenpool zu überführen. 

 

Eine Funktionalität, die auf das DWh – Prinzip aufsetzt, wird als Knowledge Discovery in Data Bases[V] (KDD) bezeichnet. Mit KDD erreicht man eine echte Neugewinnung von Informationen anhand gesam­melter Daten. Dies wird möglich, weil in einem DWh Daten mit einem Zeithorizont von über 10 Jahren gespeichert werden. Mit Hilfe von Analyseverfahren (z.B. Induktionsal­gorithmen[VI]) läßt sich Wissen generieren, indem Muster und Assoziationsre­geln in der Datenbasis aufgespürt werden.

 

Wie bei den Kommunikations- und Dokumen­tationssystemen bietet sich das Intranet aufgrund seiner System­unabhängigkeit und Skalierbarkeit[VII] als interne Benutzerführung und Plattform für die Informationssysteme an.

 

4.3.2. Kommunikationssysteme

 

Kommunikation ist die Vorausset­zung für Wissensverteilung und Wis­sensnutzung. Herkömm­liche Kommunikationskanäle, wie beispielsweise Tele­fon, Telefax oder Brief, sind alleinstehend nicht mehr zeitgerecht und liefern teilweise nur unzureichende Ergebnisse: Ansprechpartner werden nicht er­reicht und Nachfragen sind mitunter nicht möglich. Anforderungen der Ge­genwart und der Zukunft umfassen einen mobilen und damit orts- und zeitunabhängigen Zugriff auf Daten, Informationen und im zunehmenden Maße auch auf Wissen.[34]

 

Ein Medium, das immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist das Internet. Dieses durch den freiwilligen, weltweiten Zusam­menschluß von unzähligen Rechnern entstandene Netzwerk, bie­tet eine unüberschaubare Anzahl von Daten und Informationen. Es stellt eine weltweite Kommunikationsplattform dar, deren Vor­teil im interaktiven Informationsaustausch zwischen Millionen von Menschen besteht. Dieser Vorteil hat jedoch gleichzeitig den größten Nachteil dieses Kommunikationsmittels hervorgebracht – die Informa­tions­überflutung. Ein Nachteil, dem viele Internetfirmen ihre Existenz (Yahoo, Altavista, Lycos)[VIII] verdanken.

 

Dennoch bietet das Internet vielfältige Wege der Kommuni­kation wie bei­spielsweise elektronische Postdienste, Suchdienste zum Auffinden ge­wünschter Informationen oder Zugangsdienste zu Massenspeichern großer Datenbanken.

 

Der Wunsch, den Vorteil des Internets ohne dessen Nach­teile für Un­ternehmen nutzbar zu machen war es, der das In­tranet entstehen ließ.  

 

Im Kern besteht das Intranet aus einem gemeinsamen Zugriff auf zentrale oder vom einzelnen Anwender bereitgestellte, unternehmensin­terne Daten, Dokumente und Informationen.[35] Abgelegte Infor­mationen lassen sich, im Gegensatz zum Internet, mit erläuternden Metadaten versehen und somit klas­sifizieren und strukturieren. Das ist eine wichtige Voraussetzung für ein funk­tionsfähiges Wissens­ma­nagement. Erweitert man das Intranet um die Einbe­ziehung von externen Ge­schäftspartnern, spricht man vom Extranet, welches nach Außen gerichtet ist, jedoch vom weltweiten Internet getrennt ist.

 

Eine weitere Komponente zur Förderung der Kommunika­tion stellt die sogenannte Groupware[IX] dar. Wissensmanagement und Groupware schei­nen, schaut man in wissenschaftliche Arbei­ten und Abhandlungen über Wis­sensmanagement, im Hinblick auf die technologische Unterstützung eng mit­einander verbunden zu ein. Die Groupware-Technologie weist viele Lösungen für Wissensmanagement-Probleme auf. Das Revolutionäre an Groupware ist vor allem die Fähigkeit, Gruppenarbeit weitestgehend unabhängig von Raum und Zeit zu ermöglichen. Denn nur in einer organisatorischen Gruppen­arbeit las­sen sich größere Projekte schnell und effizient realisieren.

 

Um Wis­sensmanagement praktisch umzusetzen, bedarf es einer Lösung, die Wissen verwalten und dessen Transfer (z.B. in Form soge­nannter Diskussions­foren oder News-Groups[X]) ermöglicht. Eine bereits er­probte Technologie stellen die bereits besprochenen Groupware-Anwendungen, wie z.B. Lotus NOTES[XI], dar. Eine andere Möglichkeit bietet das Intranet als Platt­form. Durch die Intranet-Technologie haben Groupware-Systeme wie Lotus NOTES eine nicht zu unterschätzende Konkurrenz bekommen. Diese verfügt zwar noch nicht voll­ständig über Leistungs- und Funktionsumfang von Groupware-Systemen, bieten aber schon jetzt ernstzunehmende Alternativen. Einer der größ­ten Vor­teile der Inter­net/Intranet-Technologie liegt in dem "offe­nen" Standard, der in überge­ordneten Gremien definiert wird und der sich dadurch relativ unabhängig von einzel­nen Herstellern entwickeln kann.

 

4.3.3. Dokumentationssysteme

 

  Dokumentmanagementsysteme (DMS) sind als hard- und software­technische Systeme zu verstehen, die jegliche Art von Informationen aufneh­men, verarbeiten und verwalten können, un­abhängig davon, ob die Informa­tionen in Papierform oder in Form von elektronischen Dateien vorliegen.[36]

 

Ziel eines DMS ist die schnelle Verfügbarkeit aller wichtigen Do­kumente, un­abhängig in welcher Form diese vorliegen. Dazu gehört die Speicherung textlicher Dokumente, die Archivierung und Bear­beitung von akustischen, optischen, sowie beweglichen und unbe­weglichen Informationen.

 

Es ist zu beobachten, daß mehr und mehr Kommunika­tions- und Do­kumentationssysteme miteinander verschmolzen wer­den.

 

Langfristig wird die bisherige Trennung in Dokumente und struktu­rierte In­formationen abnehmen. Schon heute sind Datenbanken in der Lage, Doku­mente als Feldinhalte abzulegen. Umgekehrt ver­walten auch DMS strukturierte Informationen, wie z.B. Metadaten über Autor und Dokument. Tatsächlich stellt die Einführung von Wissensmanagement eine Symbiose zwischen Doku­menten und dem „Wissen“ über diese Dokumente dar.[37]

 

Ein weiterer Aspekt eines DMS ist die Standardisierung und Methodisierung von Geschäftsinformationen und –vorgängen. Aus den schriftlich niederge­legten Erfahrungen, Berichten und Beschreibungen müssen reproduzierbare und übertragbare Objekte generiert werden, die zur weiteren Wert­schöpfung des Unternehmens beitragen. So könnten beispielsweise Projekterfahrun­gen eines Projektleiters an andere Projektleiter weitergegeben werden. Wissen wird mit Hilfe der Externalisierung explizit verbreitet, was ein Ziel des Wissens­manage­ments ist.

 

Grundlegend ist selbstverständlich eine entsprechende Einweisung der Mitarbeiter in diese Technik der Dokumentation, um Informationen und Wis­sen speichern und nutzen zu können. Ein Dokumentationssystem muß daher den Anwender bei der Ar­beit unterstützen und ihm langwierige Routinearbei­ten abnehmen. Auch aus diesem Grund bietet sich die Verbindung von Kom­muni­kation (bei der unter anderem auch Dokumente erzeugt werden) und Do­kumentation an.

 

4.4. Von einem niemals endenden Prozeß

 

Eine weitere Möglichkeit, Wissens­management zu betrachten, besteht in der Darstellung von Wissensmanagement als ein Kreislaufsystem. Dieses Kreislaufsystem besteht im wesentlichen aus elf Baustei­nen, die im Folgenden kurz vorgestellt werden. Einige dieser Bausteine sollen im weiteren Verlauf der Arbeit mit Hilfe eines Anreizsystems unterstützt bzw. das Zusammenspiel zwischen den Bausteinen gefördert werden.

 

Die Betrachtung von Wissensmanagement als Kreislauf bietet eine re­lativ umfangrei­che Abbildung der operativen Probleme, die im Umgang mit der Ressource Wissen auftreten können. Häufig liegt die Problematik jedoch in der mangelnden Miteinbeziehung des Wis­sensthemas in die Unternehmens­strategie und in das Unternehmensmanage­ment. Aus diesem Grund wird der Kernkreislauf in der Literatur durch einen äußeren Kreis­lauf‚ mit den Elemen­ten Zielsetzung und Messung/Bewertung, ergänzt. Dieser äußere Kreislauf bildet damit einen traditionellen Manage­mentprozeß ab, der die Wichtigkeit strategischer Aspekte im Wis­sensmanagement sowie die Be­deutung eindeutiger und konkreter Zielsetzungen verdeutlicht. [38]

 

Wissensziele geben den Aktivitäten des Wissensmanage­ments eine Richtung und lassen sich in normative, strategische und operative Ziele unter­teilen.

Ende der Leseprobe aus 99 Seiten

Details

Titel
Anreizsysteme für den innerbetrieblichen Wissensmarkt: organisatorische und technische Möglichkeiten
Hochschule
Fachhochschule für Wirtschaft Berlin
Note
1.3
Autor
Jahr
2000
Seiten
99
Katalognummer
V185512
ISBN (eBook)
9783656999621
ISBN (Buch)
9783867464017
Dateigröße
1567 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
anreizsysteme, wissensmarkt, möglichkeiten
Arbeit zitieren
Norman Frischmuth (Autor:in), 2000, Anreizsysteme für den innerbetrieblichen Wissensmarkt: organisatorische und technische Möglichkeiten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185512

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