Der Aufbau eines Produktivkundenservice für INNOVA-Kunden


Diplomarbeit, 1999

76 Seiten, Note: 2


Leseprobe


INHALT

Verzeichnis der Abkürzungen

Verzeichnis der Abbildungen

1 Einleitung
1.1 Das Ziel der Arbeit
1.2 Das Unternehmen INNOVA IT-Management GmbH

2 Kundenzufriedenheit als Herausforderung für mittelständische Unternehmen
2.1 Die gegenwärtige Marktsituation
2.2 Kundenzufriedenheit als Differenzierungsmerkmal in einem sich schnell ändernden IT-Beratungsmarkt
2.3 Zielstellung des Privatkundenservice bei INNOVA Dresden

3 Das theoretische Konstrukt Kundenzufriedenheit.
3.1 Überblick über bekannte Theorien
3.2 Das Disconfirmation Paradigma
3.2.1 Die Soll-/Ist-Leistung als Vergleich
3.2.2 Das Zufriedenheitsniveau
3.2.3 Die Konsequenzen für die Messung
3.3 Das SERVQUAL-Modell der Kundenzufriedenheit
3.3.1 Die theoretische Grundlage des SERVQUAL-Modells
3.3.2 Der Aufbau des SERVQUAL-Modells
3.4 Kritik

4 Methodisches Vorgehen zur Untersuchung der Kundenzufriedenheit von Beratungsdienstleistungen bei INNOVA
4.1 Eigenschaften eines SAP-Beratungsprojektes bei INNOVA
4.1.1 Das Projektmanagement
4.1.2 Das ASAP-Projektmodell
4.1.3 Das IMG und das INNOVA-Projektmodell
4.2 Überblick über die Verfahren zur Messung von Kundenzufriedenheit
4.2.1 Die merkmalsorientierte Zufriedenheitsmessung
4.2.2 Die ereignisorientierte Zufriedenheitsmessung
4.3 Kundenzufriedenheit im Projektprozess - Konzeptualisierung des Produktivkundenservice
4.3.1 Bestimmungsfaktoren der Kundenzufriedenheit
4.3.2 Konzeptualisierung und Vorgehensweise
4.4 Die Operationalisierung von Kundenzufriedenheit- Auswahl geeigneter empirischer Methoden
4.4.1 Die verwendeten Dimensionen
4.4.2 Die Auswahl eines geeigneten Meßinstruments
4.4.3 Anforderungen an ein Meßinstrument

5 Erstellen des Fragebogens und Schritte zur Einführung
5.1 Entwickeln des Fragebogens
5.2 Aufbau und Strukturierung des Fragebogens
5.3 Vorschläge zur Auswertung der Daten
5.4 Vorschläge zur Einführung und Anwendung

6 Resümee und Kritik

Literaturverzeichnis

Vorwort

Kundenzufriedenheit ist heute einer der wichtigsten Faktoren im Wettbewerb. Obwohl in der Praxis dem Kunden oft noch nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird, setzen insbesondere innovative Unternehmen verstärkt auf den Faktor Kundenzufriedenheit.

Die vorliegende Diplomarbeit dokumentiert ein Projekt der INNOVA IT-Management GmbH, die Zufriedenheit ihrer Kunden verstärkt zu analysieren und Verbesserungspotentiale aufzudecken.

Das vorliegende Ergebnis ist momentan noch fragmentarisch. Aufgrund organisatorischer Veränderungen innerhalb der INNOVA ist der Auswertungsteil nicht Bestandteil dieser Arbeit, da eine Zuordnung der Verantwortlichkeit für die Auswertung erst kürzlich erreicht werden konnte. So wird es INNOVA vorbehalten sein, diese Arbeit durch Anfügen einer Auswertung zu vervollständigen.

Innerhalb von sechs Monaten hatte ich die Möglichkeit, mit einem Befragungskonzept neue Aspekte in das Unternehmen einzubringen und wertvolle Erfahrungen aus dem Unternehmen mitzunehmen.

Beim Betreten von Neuland ergaben sich hin und wieder kritische Punkte, die Dank der umfangreichen Unterstützung von Herrn Dinglinger, dem Qualitätsbeauftragten bei INNOVA keine negativen Auswirkungen hatten.

Herzlich bedanken möchte ich mich auch bei Herrn Prof. Dr. Freitag für seine wichtigen Anregungen zum Thema.

Verzeichnis der Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Verzeichnis der Abbildungen

Abb. 1 : Final ERP Larger User Magic Quadrant

Abb. 2 : Drei Stufen zur Steigerung der Kundenorientierung

Abb. 3 : Das (erweiterte) Confirmation-Disconfirmation-Paradigma

Abb. 4 : Das GAP-Modell

Abb. 5 : SERVQUAL Fragebogen

Abb. 6 : Das Leitungs- und Organisationskonzept des Projektmanagements

Abb. 7 : Das ASAP-Projektmodell

Abb. 8 : Das IMG-Modell

Abb. 9 : Das Phasenmodell für R/3-Projekte

Abb. 10: Ansätze zur Erfassung der Dienstleistungsqualität

Abb. 11: Die Vor- und Nachteile multiattributiver Messung und der CIT

Abb. 12 : Empfohlene Vorgehensweise zur Konzeptualisierung und Operationalisierung komplexer Konstrukte

Abb. 13 : Vorgehensweise bei der Messung von Kundenzufriedenheit und Kundenbindung

Abb. 14 : Die Operationalisierung eines theoretischen Begriffs

Abb. 15 : Rating-Skala zur Messung der Kundenzufriedenheit

Abb. 16 : Der Zusammenhang zwischen Reliabilität und Validität

Abb. 17 : Ausschnitt aus dem internen Erfassungsbogen

Abb. 18 : Ansatzpunkte zur Optimierung der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung

1 Einleitung

1.1 Das Ziel der Arbeit

Der sich stetig ändernde IT-Beratungsmarkt und die steigende Zahl der Wettbewerber sorgt für einen immer stärkeren Druck auf jeden Marktteilnehmer des Informationstechnologie-Sektors.

Der bisher mittelständisch geprägte Markt für SAP-Beratungsdienstleistungen wird sich in den nächsten Jahren deutlich ändern. So ist es erklärtes Ziel der SAP AG, den Servicebereich weiter auszubauen und insbesondere das Potential der mittelständischen Unternehmen deutlicher in den Fokus ihrer Aktivitäten zu stellen.[1]

Damit greift der Softwarehersteller zunehmend den Markt der Systemhäuser an, der bisher von der SAP AG wenig beachtet wurde.

Vor diesem Hintergrund hat sich das Unternehmen INNOVA in seinen Qualitätszielen für die Einführung eines Instrumentariums zur Messung der Kundenzufriedenheit mit Software-Projekten (insbesondere im Zeitraum um den Produktivstart) – kurz Produktivkundenservice entschieden.[2]

Die vorliegende Arbeit dokumentiert die Entwicklung eines Befragungsmodells, ausgehend vom theoretischen Konstrukt Kundenzufriedenheit hin zur Erstellung mehrerer Fragebögen und einem Ansatz zu deren Implementation im Unternehmen.

1.2 Das Unternehmen INNOVA IT-Management GmbH

Das Unternehmen wurde 1990 von ehemaligen Mitarbeitern anderer Elektronik-Unternehmen gegründet.

Der Tätigkeitsbereich umfaßt primär die SAP-Beratung für die Systeme R/2 und R/3 sowie deren Migration, zudem werden Kapazitäten des eigenen Rechenzentrums und Schulungen für Kunden angeboten.[3]

In 1998 wurden 250 Mio. DM umgesetzt, die Anzahl der Mitarbeiter überschritt im I. Quartal 1999 die Marke von 1500.

Maßstäbe setzt das Unternehmen hinsichtlich moderner Management-Methoden, so ist das Unternehmen bereits seit 1994 ISO-zertifiziert und verfügt über ein permanentes Qualitätsmanagement. Flache Hierarchien sorgen für geringe Reibungsverluste und die Profit-Center-Struktur sowie das innovative Gehaltssystem unterstützen die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter. Zusätzliche, in der Region bei weitem nicht übliche Sozialleistungen für die Angestellten runden das positive Unternehmensbild ab. Dabei handelt es sich trotz großer Konzerne als Gesellschafter um ein mittelständisches Unternehmen.

2 Kundenzufriedenheit als Herausforderung für mittelständische Unternehmen

2.1 Die gegenwärtige Marktsituation

Kaum eine Branche befindet sich derart auf Wachstumskurs wie zur Zeit der Markt für IT-Beratung. Zweistellige Wachstumsraten bilden einen sichtbaren Beweis dafür. So wird nach Einschätzungen einer Studie der SAP-Servicemarkt im Jahr 2001 ein Volumen von 3,6 Mrd. DM erreichen.[4]

Allein die SAP AG steigerte im vergangenen Jahr ihren gesamten Umsatz (Lizenzen, Service, Projekte) um 41 Prozent auf 4,33 Mrd. Euro.[5] Auch wenn EURO-Einführung und bald auch das Jahr-2000-Problem Vergangenheit sind, nehmen Unternehmen diese Ereignisse vielfach zum Anlaß, ihre gesamte EDV auf den aktuellen Stand zu bringen. Insbesondere für den Zeitraum nach 2000 wurden in jüngster Zeit die Wachstumsprognosen deutlich nach oben korrigiert.[6]

Dabei sorgt der seit einer Dekade durch den Wegfall von Systembarrieren verstärkte Wettbewerb mit globalem Aspekt für außerordentlichen Anpassungsdruck auf die Unternehmen, weiterhin am Markt konkurrenzfähig zu bleiben. So erhoffen sich viele Unternehmen von der SAP R/3-Einführung in erster Linie eine Kostensenkung und damit verbunden, das Erzielen von Wettbewerbsvorteilen. Zunehmende Bedeutung erlangen auch die operativen Veränderungen wie z. B. verbesserter Workflow oder das Neuausrichten der Geschäftsprozesse.[7]

Dabei darf nicht übersehen werden, daß sich diese Wachstumsraten mittelfristig konsolidieren werden. Weiterhin bemerkenswert ist, daß es bisher anscheinend keinem der zahlreichen IT-Beratungs- und Systemhäuser gelungen ist, sich am Markt zu profilieren.[8] Die dadurch gegebenenfalls entstehenden Marktvorteile durch Markenbekanntheit spielen also bisher keine Rolle im IT-Geschäft.

Die Software SAP R/3 wird auch in der Fachwelt als ERP-Applikation bezeichnet. ERP-Lösungen (Enterprise Ressource Planning) unterstützen die Unternehmen bei Definition, Planung und Steuerung von Geschäftsprozessen, decken als integrierte Informationssysteme die meisten Unternehmensfunktionen ab und sorgen außerdem für eine permanente Transparenz, insbesondere aufwandsseitig.[9]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Final ERP Larger User Magic Quadrant; Quelle: o.V.: Präsentationsfolie wettbewerber0299 der SAP AG v. 23.2.1999

Ähnlich wie im Bereich der PC-Betriebssysteme setzt sich Standardsoftware auch im ERP-Markt immer stärker durch.[10]

Unangefochtener Marktführer für ERP-Software ist die SAP AG, deren Marktanteil 1996 mit 34 Prozent am weltweiten Umsatz angegeben wurde. Wie in der vorstehenden Abbildung räumlich ersichtlich, baut das Unternehmen diese marktbeherrschende Stellung noch aus.[11]

Mitbewerber-Produkte haben sich auch aus diesem Grund bisher nicht ernsthaft gegen R/3 durchsetzen können. Die Migration[12] dieser umfangreichen und komplizierten Software erfordert fast immer externes Beratungs-Know-how und erstreckt sich über einen Zeitraum von mehreren Monaten.[13]

So erscheint es nicht verwunderlich, daß sich viele Unternehmen der IT-Branche auf die SAP-Beratung spezialisiert haben.

2.2 Kundenzufriedenheit als Differenzierungsmerkmal in einem sich schnell ändernden IT-Beratungsmarkt

Wie eingangs erwähnt, verändert sich der IT-Beratungsmarkt permanent. Allgemein bekannte Produktdifferenzierungs-Strategien versagen, da IT-Beratungsunternehmen nicht auf der Produktebene agieren, sondern auf der Dienstleistungsebene.

Für die Klassifizierung von Dienstleistung innerhalb verschiedener Güterarten bietet sich die in der Literatur oft genannte Einteilung in drei Qualitätsklassen an: Inspektionsgüter, Erfahrungsgüter und Vertrauensgüter.

Dienstleistungen gehören dieser Klassifikation nach zu den Erfahrungsgütern, da ihre Qualitätsmerkmale erst während bzw. nach Gebrauch offensichtlich werden.[14]

Das Herausarbeiten eines Alleinstellungs- und Abgrenzungsmerkmals (USP) im Markt kann insbesondere durch die Determinante Kundenzufriedenheit erfolgen. Kundenzufriedenheit ist hierbei ein Surrogat, um die Immaterialität einer Dienstleistung greifbarer zu machen und potentiellen Kunden Entscheidungshilfe zu bieten.[15] Für die weitere Betrachtung ist eine geeignete Arbeitsdefinition der Kundenorientierung notwendig. Nagel/Rasner warten mit einer brauchbaren Begriffsbestimmung auf: „Ausrichtung allen Denkens und Handelns auf den Kunden und seine Bedürfnisse sowie auf die spezifischen Bedingungen und Anforderungen des Marktes, in dem ein Unternehmen agiert.“[16]

Voraussetzung für Verbesserungen im diesem wichtigen Bereich ist die Messung und Steuerung der Kundenzufriedenheit. Die Analyse der Kundenzufriedenheit sollte dabei Teil eines umfassenden Programms zur kundenorientierten Ausrichtung des Unternehmens sein. Ein derartiges Programm unterteilt sich im wesentlichen in drei Schritte. Im ersten Schritt geht es darum, die Wünsche und die Erwartungen des Kunden besser zu verstehen. Es folgt die Messung und Analyse der Kundenzufriedenheit. Die letzte Stufe umfaßt die Optimierung der Kundenorientierung (siehe Abb.2).[17]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Drei Stufen zur Steigerung der Kundenorientierung; Quelle: Müller/Strothmann (Hrsg.): Müller, S.: Kundenzufriedenheit und Kundenbindung, 1998, S. 165

Angesichts der hohen Investitionen für den Preis der Software und die Implementierung entsteht für den potentiellen Nachfrager ein ernst zu nehmendes Kaufrisiko.

Ein hoher Bekanntheitsgrad verbunden mit Referenzen zufriedener Kunden kann ein Bestimmungsfaktor für die Präferenzbildung bei potentiellen Kunden sein. Zufriedenheit mit der erbrachten Leistung erhöht bei Kunden zudem die Wechselbarrieren gegenüber anderen Anbietern, da Aufwendungen und Know-how in die Geschäftsbeziehung mit dem bestehenden Partner investiert worden sind.[18]

Tatsächlich entscheiden sich 46 Prozent der Kunden für einen Serviceanbieter aufgrund früherer Beziehungen und weitere 18 Prozent wird die Anbieterauswahl aufgrund einer Empfehlung getroffen.[19]

Unter der Prämisse des TQM bringt Babich einen interessanten Ansatzpunkt in die Diskussion: Lohnt es sich überhaupt die Zufriedenheit der Kunden von z. B. 95 Prozent auf 98 Prozent anzuheben?

Er beschreibt mit seinem theoretischen Modell die Auswirkungen einer Zufriedenheitssteigerung auf den Marktanteil des jeweiligen Anbieters. So wird mathematisch aufgezeigt, wie bereits geringe prozentuale Steigerungen des Zufriedenheitsniveaus nach einer bestimmten Zeitperiode einen deutlichen Vorsprung vor der Konkurrenz ermöglichen, vorausgesetzt, diese erreicht nicht das gleiche Niveau.[20]

Selbstkritisch wird allerdings eingeräumt, daß technologische Fortschritte, die unbestimmte Periodendauer, vor allem aber die Veränderung der Kundenzufriedenheit die praktische Umsetzung beeinflussen.[21]

Gegen die abschließende Empfehlung „... constantly improving customer satisfaction is the best way to achieve business success.“ ist aber sicher nichts einzuwenden.[22]

2.3 Zielstellung des Privatkundenservice bei INNOVA

War das Thema Kundenzufriedenheit, insbesondere mit der Beratungsleistung, bisher nicht im Fokus der Aktivitäten, unterstützt seit 1997 eine eigens dafür ausgerichtete Abteilung innerhalb des R/3 Customer Care der SAP AG das eigene Unternehmen und die Partner mit einer Evaluation der Kundenzufriedenheit während der Produktivstartphase.[23]

Dieser sogenannte Going Live Customer Care (vormals Produktivkundenservice genannt) soll besonders in der kritischen Produktivphase eventuell auftretende Probleme schnell erkennen und beseitigen helfen. Unter Produktivphase wird dabei „... der Zeitraum verstanden, in dem ein Kunde erstmalig oder mit einer zusätzlichen Applikation des R/3 Systems produktiv wird.“[24] Der Begriff Produktivkundenservice wurde in der Version 1.5 in Going Live Customer Care (GLCC) umbenannt. Darüber hinaus wurde die Palette der Komponenten erweitert, so z. B. R/3 Escalation Management.[25]

Besonderes Augenmerk wird auf die Verwendung von Online-Hilfen durch den Kunden gelegt. So sind das Remote-Controlling, ein Fernwartungssystem und die Online-Hilfe OSS Bestandteile eines jeden Softwarepaketes und werden offensiv von der SAP AG popularisiert. Hintergrund ist die weit überdurchschnittliche Belastung des SAP-Service, welche durch die vielen Neukunden verursacht wird.

Mittlerweile sind die eigens dafür entwickelten Serviceangebote Early Watch und Going Live Check standardmäßig in jeder Lizenz enthalten. Während mit Early Watch nach Produktivstart die Auslastung des Systems mit der neuen Software gemessen wird, besteht der Going Live Check aus miteinander verknüpften Elementen, die aber vorrangig Hardwareaspekte analysieren sollen.

Zusammenfassend dargestellt ist der Produktivkundenservice der SAP AG der Versuch, den Service Bereich zu entlasten, indem im Vorfeld bereits mögliche Probleme beim Kunden analysiert und behoben werden. Gleichzeitig soll der Service mit Hilfe der vorangestellten Komponenten standardisiert, vereinfacht und damit kostengünstiger gestaltet werden.

Gleichzeitig verringern sich die „costs of ownership“ für den Nutzer der Software.[26]

Diese Services werden auch den INNOVA-Kunden angeboten. Das Telefoninterview jedoch, das die Going Live Customer Care Abteilung bei jedem Direkt-Kunden durchführt, wird bei INNOVA-Kunden nicht angewandt.

Im IT-Beratungsmarkt wird INNOVA bisher nur als kompetent im Bereich Gesundheitswesen wahrgenommen, dort belegt es in einer Studie Platz eins und wird auch als kundenorientiert beschrieben.[27] In anderen Branchen taucht INNOVA nicht in der Liste auf. Allerdings muß an dieser Stelle angemerkt werden, daß diese Bewertungen auf eine geringe Anzahl befragter Unternehmen basiert. Somit besteht für INNOVA weiterhin Bedarf an Kundenbindungsinstrumenten, um die Kunden fester an INNOVA zu binden.

Die Abteilung Kundenservice bei INNOVA entschied sich, ein eigenes, integriertes System zu entwickeln, welches nicht nur den Produktivstart umfaßt, sondern auch allgemein Aufschluß über die Zufriedenheit mit den angebotenen Projektleistungen gibt. So wurde der Aufbau eines Produktivkundenservice bereits 1998 als internes Qualitätsziel festgelegt, in Gesprächen mit der Abteilung Kundenservice konkretisiert und in einem Auftrag festgehalten. Dieser Auftrag bildet auch die Grundlage der vorliegenden Arbeit.

Folgende Teilziele werden mit dem Produktivkundenservice verfolgt:

- Analyse der Kundenzufriedenheit
- Aufdecken von Verbesserungspotential im Unternehmen in bezug auf Mensch, Material, Maschine, Methode
- INNOVA-Leistungsspektrum verdeutlichen

Welcher Nutzen soll sich daraus ergeben?

- Kosteneinsparung durch langfristige Kundenbindung
- Zusätzliche Geschäfte realisieren
- Durch Umsetzen des Verbesserungspotentials schnellere, kostengünstigere und sichere Realisierung künftiger Projekte

Diese Zieldefinition wurde in der Anfangsphase des Projektes erstellt und hat seither einige Interpretationen erfahren. Insbesondere erfordern die beinahe stetigen Veränderungen im Servicebereich der SAP AG eine Anpassung der Ziele an aktuelle Erfordernisse.

3 Das theoretische Konstrukt Kundenzufriedenheit

„Zufriedenheit ist ein theoretisches Konstrukt, das herangezogen werden kann, um Verhalten – insbesondere Wiederholkaufverhalten und Beschwerdeverhalten – zu erklären und zu prognostizieren.“[28] Diese allgemein gehaltene Definition soll hier die Grundlage für die nachfolgenden Ausführungen geben.

3.1 Überblick über bekannte Theorien

Was ist unter einem theoretischem Konstrukt zu verstehen?

Ein theoretisches Konstrukt bezeichnen Bagozzi/Fornell als „... an abstract entity which represents the ,true‘ nonobservable state or nature of a phenomen.“[29] Es ist also nicht direkt meßbar. Ziel einer Konstruktmessung ist es, Beziehungen zwischen beobachtbaren Variablen (Indikatoren) und dem interessierenden Konstrukt zu spezifizieren, um das Konstrukt meßbar zu machen.[30]

In der wissenschaftlichen Literatur werden vorrangig drei verschiedene Theorien diskutiert: die Equity-Theorie, das Disconfirmation-Paradigma und die Attributionstheorie.

Die Equity-Theorie „Generally ... suggest that parties to an exchange will feel equitably treated and thus satisfied if the ratio of their outcomes to inputs is in some sense fair.“[31] Grundlage ist hier ein proportionaler Austausch von Gütern,[32] wobei das faire input/outcome-Verhältnis sowohl von einem Vergleich mit anderen als auch äußeren Einflüssen bestimmt wird.[33]

„Beobachtetes (auch eigenes) Verhalten verstehen zu wollen, ist ein menschliches Basismotiv.“[34] Die Attributionstheorie beschreibt, wie Beobachtungen über eigenes und fremdes Verhalten Gründe zugeschrieben (attribuiert) werden.[35]

Dabei sind nach Weiner drei Dimensionen relevant:

- Ort der Ursache (interner oder externer Grund für die Wirkung)
- Stabilität der Ursache (dauerhaft oder vorübergehend)
- Kontrollierbarkeit der Ursache[36]

In einigen Untersuchungen ist ein Zusammenhang zwischen Attribution und Zufriedenheitsempfinden nachgewiesen worden.[37]

Weiterhin gilt es, den Begriff Kundenzufriedenheit näher zu bestimmen.

So beschreiben Gierl/Sipple die Zufriedenheit kausal als emotionale Reaktion auf eine Nichtbestätigung von Erwartungen und definieren die (Un-)Zufriedenheit als eine Emotion.[38] Tatsächlich ist festzustellen, daß in der wissenschaftlichen Literatur keine Einigkeit über die möglichen Faktoren herrscht, die Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit kennzeichnen.[39] Auch die o. g. Definition ist daher nur ein Versuch, dieses Konstrukt inhaltlich einzugrenzen. Nachfolgend wird das Disconfirmation-Paradigma näher erläutert, dabei ist zu berücksichtigen, daß es auch teilweise in anderen Theorien verwendet wird.

3.2 Das Disconfirmation Paradigma

Mit „Die Nicht-Bestätigung ist das Schlüsselelement im Prozeß der Zufriedenheitsbildung.“ beschreiben Gierl/Sipple den Ansatz der Disconfirmation.[40] Das Disconfirmation-Paradigma wurde von Oliver (1980) präsentiert. Die folgende Abbildung veranschaulicht die Zusammenhänge.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Das (erweiterte) Confirmation-Disconfirmation-Paradigma; Quelle: Müller/Strothmann (Hrsg.): Müller, S.: Kundenzufriedenheit und Kundenbindung, 1998, S. 200

Das CS/D-Modell (customer satisfaction/dissatisfaction) beruht auf verschiedenen vorangegangenen Studien, wobei als Ausgangspunkt für diese Erweiterung des C/SD-Modells Olivers Studie aus dem Jahre 1980 gilt.[41] Das ursprüngliche Modell wurde um die Punkte „positive/negative affect“, „attribution“ und „equity/inequity“ erweitert. Das Modell beschäftigt sich mit der Bestätigung/Nichtbestätigung der Erwartung des Kunden sowie der darauf wirkenden Einflußfaktoren. Kernpunkt einer Entscheidung ist allerdings der Soll/Ist-Vergleich.

3.2.1 Die Soll-/Ist-Leistung als Vergleich

Vor Erwerb eines Gutes hegt der Kunde bestimmte Erwartungen, die nachher mit der tatsächlichen Leistung verglichen werden. Dabei kann das Ergebnis dieses Vergleichs drei Ausprägungen annehmen:

- Positive Nichtbestätigung (die Ist-Leistung überbietet die Soll-Leistung)
- Bestätigung (die Ist-Leistung stimmt in etwa mit der Soll Leistung überein)
- Negative Nicht-Bestätigung (die Ist-Leistung erreicht nicht die Soll-Leistung)[42]

Die Soll-Leistung (Erwartung) agiert als „Referenzpunkt der Objektbeurteilung“[43] in der Theorie, d. h. als Vergleichsstandard.

Wo liegt nun der Vergleichsstandard im vorliegenden Projekt – dem Produktivkundenservice?

Die Beratungsdienstleistungen der INNOVA sind in hohem Maße vom jeweiligen Projektumfeld, aber auch von den jeweils eingesetzten Beratern abhängig. Es ist nachvollziehbar, daß es keinen Standard für die eingesetzten Berater gibt, zumal jeder Berater auf einem bestimmten Gebiet (Modul von R/3) seine Fachkompetenz besitzt, die nicht per se modulübergreifend verwendbar ist.

Der potentielle Kunde der INNOVA wiederum könnte als Vergleichsstandard frühere Erfahrungen zugrunde legen, falls diese überhaupt verfügbar sind. Software-Einführungen sind komplexe Prozesse, die im Unternehmen nun mal nicht jährlich, sondern vielleicht nur einmal innerhalb einer Dekade durchgeführt werden. Bedingt durch die in dieser Zeit erfolgten technologischen Entwicklungen kann der Kunde seinen heutigen Erwartungen nur unzureichend weit zurückliegende Erfahrungen zugrunde legen.

Die Einmaligkeit eines Projektes sowie die geringe Wiederholkaufrate verunsichern zusätzlich die Erwartungshaltung des Kunden. Verfügt der Kunde bereits über Erfahrung mit anderen IT-Dienstleistungen, so kann er sich unter Umständen eine Vorstellung machen, was als zu erbringende Leistung überhaupt möglich ist. Dies impliziert jedoch die Idealleistung normativen Charakters, zu der in erster Linie anspruchsvolle Kunden neigen könnten.[44]

Zu den Möglichkeiten, diese Erwartungslücke zu kompensieren, zählen zum einen das Image des Anbieters (z. B. INNOVA), die Mund-zu-Mund-Kommunikation sowie die Versprechen des Vertriebs, gestützt durch Referenzen von vorangegangenen Kunden.

Der Ansatz der Equity-Theorie (siehe Kapitel 3.1) beschreibt hier wohl am einfachsten, was als Vergleichsstandard dienen könnte: Fair wird die Ist-Leistung empfunden, die proportional einem Input (Geld) gegenübersteht. Dieser Ansatz unterstellt natürlich, daß eine realistische Betrachtung des finanziellen Inputs erfolgt. Ohnehin ist eine sehr starke Schwankungsbreite der Beratungshonorare pro Zeiteinheit am Markt nicht festzustellen, da mögliche Discountanbieter kaum Personal finden dürften.[45]

3.2.2 Das Zufriedenheitsniveau

„Kognitive Prozesse können durch Verzerrung der wahrgenommenen Ist-Leistung zu einer Vergrößerung oder Verkleinerung der Nichtbestätigung führen.“[46] Folgende Theorien bieten Erklärungsansätze:

[...]


[1] Rainer, U.G.W.: Mittelstand ist für die Softwarebranche ein riesiger Markt, in: Die Welt v. 26.5.1999, S. U2

[2] o. V: Qualitätsziele der Abt. KS für 1998, INNOVA GmbH

[3] Vgl. o. V.: INNOVA-Sonderdruck aus dem ISIS Firmen Report, September 1998

[4] Vgl. o. V.: Evaluation SAP Services Provider Deutschland 1997, INPUT, Langgöns 1998, S. 1

[5] Vgl. Schönstein, J.: Spaß mit der SAP-Software, in: Die Welt v. 8.4.99, S. U1

[6] Vgl. Iken, M.: Software-Anbieter hoffen auf das Jahr 2000, in: Die Welt v. 29.4.99, S. 23

[7] Vgl. o. V.: Evaluation SAP ...,a.a.O., S. 57 ff

[8] o.V.: Der Markt für Software bleibt ungewöhnlich konturlos, in: Blick durch die Wirtschaft, 41. Jg. 1998, Nr. 28, S. 3

[9] Vgl., Schultz, T.: Entwicklung eines Instrumentariums für eine kontinuierliche Kundenzufriedenheitsanalyse von Beraterdienstleistungen, Diplomarbeit, Lehrstuhl Betriebswirtschaftslehre, TU-Dresden 1998, S. 1 (Die Arbeit beschäftigt sich mit der Kundenbewertung der INNOVA-Berater.)

[10] Vgl. o. V.: Marktdaten Jan-Nov. 1998 (Quelle: Diebold Deutschland: Diebold Management Report 12/97), S. 55

[11] Vgl. o. V.: Marktdaten ... (Quelle: AMR, Computer Reseller News 2/98), S. 57

[12] Anm. d. Verf.: Migration wird im IT-Bereich überwiegend statt des Begriffs Einführung verwendet

[13] Vgl. o. V.: Evaluation SAP ...,a.a.O., S. 10

[14] Vgl. Godefroid, P.: Investitionsgüter-Marketing, Ludwigshafen, 1995, S. 27

[15] Vgl. Schultz, T.: Entwicklung ..., a.a.O., S. 3

[16] Nagel, K.; Rasner, C.: Herausforderung Kunde: Neue Dimensionen der kunden- und marktorientierten Unternehmensführung, Landsberg/Lech 1993, S. 16

[17] Vgl.: Homburg, Ch.; Werner, H.: Messung und Management von Kundenzufriedenheit im Finanzdienstleistungsbereich, in: Müller, S.; Strothmann, H. (Hrsg.): Kundenzufriedenheit und Kundenbindung, München 1998, S. 165f

[18] Vgl. auch: Schultz, T.: Entwicklung ..., a.a.O., S. 17

[19] Vgl. o. V.: Evaluation SAP ..., a.a.O., S. 73

[20] Vgl. Babich P.: Customer Satisfaction; How good is good enough?, TQE Inc. 1992, http://www.tqe.com/whitepr.html v. 8.12.98, S. 1 - 5

[21] Vgl. Babich P.: Customer ..., a.a.O., S. 4

[22] Babich P.: Customer ..., a.a.O., S. 4

[23] Vgl. o. V.: Produktivkundenservice durch Systemhäuser: Leitfaden, SAP AG Walldorf, Vers. 1.0 v. 27.10.97, S. 1 - 15

[24] o. V.: Produktivkundenservice ..., a.a.O., S. 3

[25] Vgl. o. V.: Going Live Customer Care: Leitfaden, SAP AG Walldorf, Vers. 1.5-L026 dt. v. 2.2.98, S. 5f

[26] Vgl. o. V.: Präsentationsfolien: TeamSAP, SH-INFOTAG - SAP AG, 25.11.98, S. 1-19

[27] Vgl. o. V.: Wettbewerbs- und Imageanalyse IT Services 1998, META Group Deutschland GmbH, S. 28

[28] Gierl, H.; Sipple, H.: Zufriedenheit mit dem Kundendienst, in: GfK Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, 39. Jg. (1993), Nr. 3, S. 240

[29] Bagozzi, R.; Fornell, C.: Theoretical Concepts, Measurements, and Meaning, in: Fornell, C. (ed.): A Second Generation of Multivariate Analysis, Bd. 2, New York 1982, S. 24

[30] Vgl. Homburg, C.; Giering, A.: Konzeptualisierung und Operationalisierung komplexer Konstrukte: Ein Leitfaden für die Marketingforschung, in: Marketing ZFP, 18. Jg, 1996, Nr. 1, S. 6

[31] Oliver, R. L.; DeSarbo, W. S.: Response Determinants in Satisfaction Judgements, in: Journal of Consumer Research, Vol. 14, 1988, March, S. 496

[32] Vgl. Homans, G. C.: Social Behavior: Its Elementary Forms, New York 1961, S. 235

[33] Vgl. Oliver, R. L.; Swan, J. E.: Consumer Perceptions of Interpersonal Equity and Satisfaction in Transactions: A Field Survey Approach, in: Journal of Marketing, Vol. 53, 1989, April, S. 32

[34] Trommsdorff, V.: Konsumentenverhalten, 3. Aufl. 1998, S. 270

[35] Vgl. Trommsdorf, V.: Konsumentenverhalten ..., a.a.O., S. 270

[36] Vgl. Oliver, R. L.; DeSarbo, W. S.: Response ..., a.a.O., S. 496

[37] Vgl. auch Oliver, R. L.; DeSarbo, W. S.: Response ..., a.a.O., S. 495 - 507; Folkes, V. S.: Recent Attribution Research in Consumer Behavior: A Review and New Directions, in: Journal of Consumer Research, Vol. 14, 1988, March, S. 548 – 565 u. a.

[38] Gierl, H.; Sipple, H.: Zufriedenheit mit ..., a.a.O., S. 240 f

[39] Vgl. Oliver, R. L.; Swan, J. E.: Consumer ..., a.a.O. S. 372 – 383; Tse, T. K.; Wilton, P. C.: Models of Consumer Satisfaction Formation: An Extension, in: Journal of Marketing Research, Vol. 25, May 1989, S. 204 – 212; u. a.

[40] Gierl, H.; Sipple, H.: Zufriedenheit mit ..., a.a.O., S. 242

[41] Vgl. Oliver, R.L.: Cognitive, Affective, and Attribute Bases of the Satisfaction Response, in: Journal of Consumer Research, Vol. 20, December 1993, S. 419

[42] Vgl. Oliver, R. L.; DeSarbo, W. S.: Response ..., a.a.O., S. 495; Gierl, H.; Sipple, H.: Zufriedenheit mit ..., a.a.O., S. 242

[43] Gierl, H.; Sipple, H.: Zufriedenheit mit ..., a.a.O., S. 242

[44] Vgl. Schultz, T.: Entwicklung ..., a.a.O., S. 7f

[45] Vgl. o. V.: Evaluation SAP..., a.a.O., S. 5f

[46] Gierl, H.; Sipple, H.: Zufriedenheit mit ..., a.a.O., S. 243

Ende der Leseprobe aus 76 Seiten

Details

Titel
Der Aufbau eines Produktivkundenservice für INNOVA-Kunden
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden
Note
2
Autor
Jahr
1999
Seiten
76
Katalognummer
V185321
ISBN (eBook)
9783656999171
ISBN (Buch)
9783867462518
Dateigröße
1084 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
aufbau, produktivkundenservice, innova-kunden
Arbeit zitieren
Jan Dimitrov (Autor:in), 1999, Der Aufbau eines Produktivkundenservice für INNOVA-Kunden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185321

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