Beschäftigungseffekte ausfließender Direktinvestitionen: Bedeuten deutsche Auslandsinvestitionen einen 'Export' deutscher Arbeitsplätze?


Diplomarbeit, 1998

73 Seiten, Note: 1.7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Verzeichnis der Abbildungen

Verzeichnis der Tabellen im Text

Verzeichnis der Tabellen im Anhang

Verzeichnis der Abkürzungen

Verzeichnis der Symbole

1. Einleitung
1.1. Fragestellung: Bedeuten deutsche Direktinvestitionen im Ausland einen 'Arbeitsplatzexport'?
1.2. Vorgehensweise

2. Begriffliche Grundlagen der Direktinvestition
2.1. Definition
2.2. Erfassung und Aussagekraft von Direktinvestitionsdaten
2.3. Erfassung deutscher Direktinvestitionen

3. Zusammenhänge zwischen ausfließenden Direktinvestitionen und Beschäftigung
3.1. Theorie der Direktinvestition
3.1.1. Direktinvestitionen und multinationale Unternehmen
3.1.2. Beschäftigungseffekte in einem Modell mit firmenspezifischen Vermögenswerten
3.1.3. Zur Aussagekraft des theoretischen Modells
3.2. Klassifikation von Motiven
3.2.1. Beschaffungs-, markt-, binnenmarkt- und kostenorientierte Direktinvestitionen
3.2.2. Beschäftigungseffekte
3.3. Ergebnisse

4. Beschäftigungseffekte ausfließender Direktinvestitionen in Deutschland
4.1. Die strukturelle Entwicklung deutscher Direktinvestitionen
4.1.1. Deutsche Direktinvestitionen im internationalen Zusammenhang
4.1.2. Die regionale Entwicklung deutscher Direktinvestitionen
4.1.3. Die sektorale Entwicklung deutscher Direktinvestitionen
4.2. Markt- und kostenorientierte Direktinvestitionen im Spiegel von Unternehmensbefragungen
4.3. Ökonometrische Analyse markt- und kostenorientierter Direktinvestitionen
4.4. Direktinvestitionen und inländische Beschäftigung
4.5. Ergebnisse

5. Schlußbetrachtung und Schlußfolgerungen

Anhang

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Abbildungen

Abb. 1: Direktinvestitionsbestände in der Bilanz einer ausländischen Tochtergesellschaft

Abb. 2: Direktinvestitionen bei unternehmensspezifischen Skalenerträgen

Abb. 3: Direktinvestitionen und Lohnsteigerungen

Abb. 4: Direktinvestitionen ausgewählter Industrieländer, Bestandswerte 1985, 1990, 1996

Abb. 5: Direktinvestitionsquote (DI/BIP) ausgewählter Industrieländer 1985, 1990, 1995

Abb. 6: Deutsche Direktinvestitionen nach dem Wirtschaftszweig des Investors - Anteile der ausländischen Investitionsobjekte an den Branchenbeständen 1995

Abb.7: Deutsche Direktinvestitionen und langfristige inländische Beschäftigtenentwicklung im Verarbeitenden Gewerbe 1980-95

Abb.8: Deutsche Direktinvestitionen und kurzfristige inländische Beschäftigtenentwicklung im Verarbeitenden Gewerbe 1990-95

Verzeichnis der Tabellen im Text

Tab. 1: Deutsche Direktinvestitionen im Ausland 1990-95 nach den drei amtlichen Statistiken

Tab. 2: Motive, Ursachen und Arbeitsplatzeffekte von Direktinvestitionen

Tab. 3: Deutsche Direktinvestitionen nach Anlageländern 1980-95

Tab. 4: Deutsche Direktinvestitionen nach Wirtschaftszweigen 1980-95

Tab. 5: Deutsche Direktinvestitionsbestandswerte in Relation zum inländischen Anlagevermögen nach Wirtschaftszweigen 1980-95

Tab. 6: Deutsche Direktinvestitionen nach Wirtschaftszweigen des Investors und des Investitionsobjektes 1990-95

Tab. 7: Langfristgleichung für Direktinvestitionen

Tab. 8: Fehlerkorrekturgleichung für Direktinvestitionen

Tab. 9: Langfristgleichung für Direktinvestitionen ohne Banken und Versicherungen

Tab. 10: Fehlerkorrekturgleichung für Direktinvestitionen ohne Banken und Versicherungen

Tab. 11: Langfristgleichung für Branchen des Verarbeitenden Gewerbes

Verzeichnis der Tabellen im Anhang

Tab. A 1: Direktinvestitionen ausgewählter Industrieländer, Bestandswerte 1985, 1990, 1996

Tab. A 2: Direktinvestitionsquote (DI/BIP) ausgewählter Industrieländer 1985, 1990, 1995

Tab. A 3: Deutsche Direktinvestitionen nach Anlageländern 1995

Tab. A 4: Deutsche Direktinvestitionen nach dem Wirtschaftszweig des deutschen Investors 1995

Tab. A 5: Deutscher Direktinvestitionsbestand in Relation zum inländischen Anlagevermögen nach Wirtschaftszweigen 1980-95 - ausführliche Darstellung

Tab. A 6: Deutsche Direktinvestitionen nach dem Wirtschaftszweig des deutschen Investors - Branchenbestände nach ausländischem Investitionsobjekt 1990 und 1995

Tab. A 7: Deutsche Direktinvestitionen nach dem Wirtschaftszweig des deutschen Investors - Anteile der ausländischen Investitionsobjekte an Branchenbeständen 1990 und 1995

Tab. A 8: Deutsche Direktinvestitionsströme und realer Außenwert der D-Mark 1972-96

Tab. A 9: Separater ADF-Test auf die Zeitreihen DI, EX und 1/er - t-Werte

Tab. A 10: ADF-Test auf die Residuen der Langfristgleichung - t-Werte

Tab. A 11: Änderungen der Direktinvestitionen und der Beschäftigung

Verzeichnis der Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

1.1. Fragestellung: Bedeuten deutsche Direktinvestitionen im Ausland einen 'Arbeitsplatzexport'?

Die Bundesrepublik Deutschland ist seit einigen Jahren von einer anhaltend hohen Arbeitslosigkeit betroffen. Gleichzeitig nehmen die Direktinvestitionen deutscher Unternehmen im Ausland zu. Das Zusammentreffen dieser beiden Tatbestände gibt häufig zu der Vermutung Anlaß, daß Direktinvestitionen zu einem 'Export' heimischer Arbeitsplätze führen.

In der wirtschaftspolitischen Debatte spielt die These von der 'Standortflucht' eine große Rolle: Als Ursache der verstärkten Auslandsinvestitionen von Unternehmen gelten verschlechterte Investitionsbedingungen im Inland. Unternehmen entgehen den Nachteilen des Produktionsstandortes Deutschland, indem sie Investitionen im Ausland statt im Inland tätigen. Hiernach geht mit der Direktinvestition ein Aufbau von Arbeitsplätzen im Ausland einher, wohingegen im Inland alte Arbeitsplätze abgebaut werden und neue nicht entstehen. Deutschen Direkt-investitionen werden somit substitutive Beschäftigungswirkungen im Inland zugeordnet: "Kein Zweifel: Auslandsinvestitionen bedeuten Arbeitsplatzexport" (Beyfuß 1996a, S. 523).

Diese Arbeit geht der Frage nach, inwiefern die Rede vom 'Arbeitsplatzexport' gerechtfertigt ist. Ungeachtet der erheblichen wirtschaftspolitischen Relevanz der Frage liegt eine umfassende theoretische und empirische Analyse zum Thema bisher nicht vor. Der Grund dafür liegt vor allem in den Eigenheiten des Untersuchungsgegenstands Direktinvestitionen: Zum einen besteht keine allgemein anerkannte Direktinvestitionstheorie. Stattdessen beschäftigen sich unterschiedliche wirtschaftswissenschaftliche Spezialdisziplinen mit einzelnen Bestimmungsgründen und Erscheinungsformen von Direktinvestitionen. Aufgrund dieses Theoriedefizits ist eine spezielle Auseinandersetzung mit den Rückwirkungen von Direktinvestitionen um so schwieriger. Zum anderen sind empirische Untersuchungen über Direktinvestitionen den teilweise erheblichen Unzulänglichkeiten der nationalen und internationalen Statistiken ausgesetzt. Angesichts der Problematik des Untersuchungsgegenstandes geht der Anspruch dieser Arbeit dahin, auf theoretischer Ebene Effektrichtungen der Direktinvestitionen auf die inländische Beschäftigung zu bestimmen und auf empirischer Ebene Hinweise auf einen deutschen 'Arbeitsplatzexport' zu sammeln.

1.2. Vorgehensweise

Der Gang der Untersuchung gestaltet sich im einzelnen wie folgt: Im zweiten Kapitel werden Begriff, Aussagekraft und Erfassung von Direktinvestitionen erläutert. Im dritten Kapitel sollen die Rückwirkungen von Direktinvestitionen auf die heimische Beschäftigung auf theoretischer Ebene analysiert werden. Hierzu werden Direktinvestitionen zum einen im Rahmen multinationaler Unternehmen diskutiert. Zum anderen werden unterschiedliche Motive für Direktinvestitionen hinsichtlich ihrer jeweiligen Beschäftigungseffekte untersucht. Im vierten Kapitel sollen empirische Anhaltspunkte für einen 'Arbeitsplatzexport' durch deutsche Direktinvestitionen gesucht werden. Zentral geht es darum, die den Direktinvestitionen zugrunde liegenden Motive zu ermitteln: Neben der Direkt-investitionsstatistik werden hierzu Ergebnisse von Unternehmensbefragungen und ein Schätzverfahren herangezogen. Zudem wird die Entwicklung der Direkt-investitionen der inländischen Beschäftigungsentwicklung gegenübergestellt. Im fünften Kapitel erfolgt eine Schlußbetrachtung und wirtschaftspolitische Bewertung der Ergebnisse.

2. Begriffliche Grundlagen der Direktinvestition

2.1. Definition

'Direktinvestition' ist ein Begriff der Zahlungsbilanzstatistik und wird dem internationalen Kapitalverkehr zugeordnet. Von immenser Bedeutung begrifflicher Art ist die Abgrenzung internationaler Kapitalströme nach Portfolio-Auslandsinvestitionen und Direktinvestitionen.

Portfolioinvestitionen umfassen Wertpapieranlagen, in denen der Investor seine Anlageentscheidung ausschließlich von Rendite- und Risikoüberlegungen abhängig macht. Nach einem Vergleich von Anlagerendite und -risiko an in- und ausländischen Kapitalmärkten wird er eine Anlage im Ausland vornehmen, wenn er hierdurch eine höhere Verzinsung seines Kapitals erwartet (Willms 1995, S. 295-296). Portfolioinvestitionen in ausländischen Unternehmenswerten sind in diesem Sinne auf die Partizipation am Erfolg eines fremden Unternehmens ausgerichtet.

Direktinvestitionen liegen hingegen vor, wenn ein Investor bestrebt ist, durch Erwerb einer Beteiligung oder durch eine Neugründung einen dauerhaften Einfluß auf die Geschäftstätigkeit eines ausländischen Unternehmens zu nehmen.[1] Direktinvestitionen werden zwar auch nach Maßgabe von Renditeüberlegungen getätigt. Entscheidend im Unterschied zu Portfolioinvestitionen ist das Interesse des Investors an der Kontrolle der Geschäftstätigkeit und der langfristigen Einflußnahme auf die Ertragserzielung des ausländischen Unternehmens (Stehn 1992, S. 4).

2.2. Erfassung und Aussagekraft von Direktinvestitionsdaten

In der statistischen Erfassung von Direktinvestitionen besteht das entscheidende Problem darin, das - in der Abgrenzung zu Portfolioinvestitionen - konstituierende Kontrollmotiv zu operationalisieren.[2]

'Kontrolle' wird hierbei ausschließlich durch den Beteiligungsgrad am Eigenkapital quantifiziert, denn in körperschaftlich organisierten Unternehmen gehen mit der Kapitalbeteiligung üblicherweise Stimmrechte und damit die Möglichkeit der Einflußnahme auf die Unternehmenstätigkeit einher. Besteht nach einer Neugründung oder dem Erwerb einer Unternehmensbeteiligung ein solcher Kapitalanteil, so werden unter den Direktinvestitionen auch die anschließenden Finanztransaktionen zwischen dem Investor und dem Auslandsunternehmen erfaßt, wie Kapitalaufstockungen, Kreditbeziehungen sowie reinvestierte Gewinne. Die mindestnotwendige Eigenkapitalbeteiligung, bei der eine Verbuchung als Direkt-investition erfolgt, wird international überwiegend bei 10 Prozent festgelegt, in der Bundesrepublik liegt sie bei 20 Prozent (Köddermann/ Wilhelm 1996, S.4).[3]

Diese statistische Operationalisierung des Kontrollmotivs weist einige konzeptionelle Defizite auf. Zum einen ist die Möglichkeit der Einflußnahme, die aus einer Kapitalbeteiligung folgt, nicht abstrakt mit einem Schwellenwert festzustellen, sondern faktisch insbesondere auch von den sonstigen Besitzverhältnissen (Streubesitz bzw. Konzentration) am Unternehmen abhängig. Andererseits ist eine Einflußnahme auf die Geschäftstätigkeit auch außerhalb von Kapitalbeteiligungen möglich, etwa im Rahmen von Kartellabsprachen oder der Lizenzvergabe (Schreyger 1994, S. 26-27; Köddermann/ Wilhelm 1996, S. 5). Die ausschließliche Verknüpfung des Kontrollmotivs mit dem Kapitalanteil ist vor allem in der Praktikabilität einer relativ einfachen Erfassung begründet.

Unbedingt zu beachten ist, daß statistische Daten über Direktinvestitionen alleine den internationalen Kapitaltransfer zwischen Investor und Investitionsobjekt messen und damit nur Bezug auf die finanzielle Verflechtung nehmen. Sie sagen hingegen nichts über die tatsächlichen Sachinvestitionen im Ausland aus, denn Direktinvestitionen und (Anlage-) Investitionen stehen - trotz der trügerischen terminologischen Nähe - in einem nur sehr lockeren Zusammenhang. Während eine Direktinvestition die Vermögensanlage Gebietsansässiger im Ausland umfaßt, die auf die Begründung einer dauerhaften Wirtschaftsverbindung abzielt, werden als Anlageinvestitionen dauerhafte Produktionsmittel (Ausrüstungen und Bauten) bezeichnet, die zum Erhalt, zur Erweiterung und Verbesserung des Kapitalstocks dienen (Westerhoff 1991, S. 35-36). Dieser lose Zusammenhang läßt sich sehr gut anhand der Bilanz einer ausländischen Tochtergesellschaft veranschaulichen (Abb. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Direktinvestitionswirksame Positionen finden sich auf der Passivseite als Angaben zur Kapitalherkunft. A priori ist deshalb unbestimmt, welche Positionen der Kapitalverwendung auf der Aktivseite durch eine Direktinvestition tangiert werden. Keineswegs ersichtlich ist aus den erfaßten Kapitalströmen, ob mit einer Direktinvestition tatsächlich eine Sachkapitalanlage im Ausland einhergeht. Sind Direktinvestitionen etwa mit einem reinen Passivtausch verbunden - ein Investor erwirbt Kapitalanteile an einem bestehenden ausländischen Unternehmen - so ergibt sich aus diesem Vorgang alleine bei den Sachanlagen auf der Aktivseite keinerlei Veränderung (Döhrn 1996, S. 20-23). Umgekehrt können die Sachkapitalanlagen eines Auslandsunternehmens ohne zusätzliche Direktinvestitionen zunehmen. Eine Tochtergesellschaft kann auch ohne eine Aufstockung der Beteiligung oder einen Kredit der Muttergesellschaft Investitionen vornehmen, wenn sie die notwendigen Mittel über den ausländischen Kapitalmarkt finanziert.

Entsprechend diesem weiten Investitionsbegriff können Direktinvestitionen im Ausland unterschiedlichste Formen annehmen, etwa die Errichtung einer Produktionsstätte zur Verlagerung heimischer Produktion, eine exportfördernde Erweiterung des Vertriebsnetzes, die Beteiligung an einer ausländischen Vermögensverwaltungsgesellschaft oder die Übernahme eines ausländischen Konkurrenzunternehmens (Jost 1997, S. 3). Aufgrund der definitorischen Distanz macht es also wenig Sinn, Direktinvestitionen in einem engen Rahmen mit der inländischen (Anlage-) Investitionstätigkeit zu diskutieren. Das Interesse richtet sich vielmehr auf die mit Direktinvestitionen verbundenen internationalen Aktivitäten von Unternehmen.

2.3. Erfassung deutscher Direktinvestitionen

Bei Direktinvestitionsstatistiken gilt es grundsätzlich, zwischen Statistiken über Strom- und Bestandswerte zu differenzieren. Deutsche Direktinvestitionen im Ausland werden in drei amtlichen Statistiken erfaßt (Köddermann/Wilhelm 1996, S. 9-11, Schreyger 1994, S. 29-38):

Die vom Bundesministerium für Wirtschaft erstellte Transferstatistik ('K1'-Statistik) erfaßt periodisch Errichtung bzw. Beteiligungserwerb von ausländischen Unternehmen, Zweigniederlassungen, Betriebsstätten sowie Darlehen, Kapitalzuführungen, die Ausstattung mit Anlagemitteln und Zuschüsse an diese Unternehmen als Direktinvestitionen. Die Statistik verbucht Direktinvestitionen als Nettotransferleistungen (abzgl. Liquidationen). Sie enthält keine reinvestierten Gewinne. Die Transferstatistik basiert auf einer eigenen Unternehmenserhebung.[4] Sie wird jährlich in einer Aufgliederung nach Zielländern und Wirtschaftszweigen veröffentlicht.

Direktinvestitionsströme werden ebenfalls durch die Zahlungsbilanzstatistik ('Z'-Statistik) der Deutschen Bundesbank erfaßt. Die 'Z'-Statistik wird nicht über eine gesonderte Unternehmenserhebung, sondern über die Statistik des Auslandszahlungsverkehrs ermittelt. Sie schließt damit unmittelbar an die Transaktionsvorgänge im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr an. Die Direktinvestitionen nach der 'Z'-Statistik enthalten im Gegensatz zur Transferstatistik auch reinvestierte Gewinne und Immobiliengeschäfte.[5] Im Rahmen der Zahlungsbilanz werden die Direktinvestitionen in Quartalsergebnissen veröffentlicht. Neuanlagen und Liquidationen werden nach Beteiligungskapital, reinvestierten Gewinnen und langfristigen Krediten einzeln differenziert. Zudem erfolgt eine Aufgliederung der Direktinvestitionen nach Ländergruppen.

Die Bestandsstatistik ('K3'-Statistik) der Bundesbank erfaßt das deutsche Unternehmensvermögen an Direktinvestitionen im Ausland als Bestandsgrößen. Während in den Stromstatistiken Transaktionswerte erfaßt werden, verzeichnet die 'K3'-Statistik Direktinvestitionen als Buchwerte direkt aus den Bilanzen der Auslandsunternehmen. Aufgrund dieser konzeptionell unterschiedlichen Vorgehensweise sind Bestandsänderungen nicht ohne weiteres mit den Daten aus den Stromstatistiken kompatibel. Zum einen sind die Transaktionssummen, etwa die gezahlte Kaufsumme für den Erwerb einer Unternehmensbeteiligung, meist höher als der bilanzierte Wert eines Unternehmens, da den Veräußerern Paketzuschläge oder ein Aufpreis für den nicht-bilanzierten Firmenwert, z.B. für das technische Know-How des Unternehmens, gezahlt werden (Deutsche Bundesbank 1989, S. 29). Kommt es zu einer größeren Zahl von Unternehmensaufkäufen, so werden Stromgrößen und Bestandsänderungen folglich auseinanderfallen. Zum anderen hat der Rückgriff auf jährliche Bilanzdaten zur Folge, daß sich Wechselkursbewegungen zwischen den Bilanzstichtagen auf die Höhe des - generell in Auslandswährung veranschlagten - Vermögensbestandes niederschlagen.[6] Je nach Stärke der Wechselkursänderung zu einer ausländischen Währung verändert sich auch die Höhe des deutschen Direktinvestitionsbestandes im betreffenden Land.[7] Zuletzt sind die Direktinvestitionsbestandsdaten als Bilanzdaten auch abhängig von international unterschiedlichen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden. Soweit der Vermögenswert eines Unternehmens in der Bilanz in der Regel eher zu niedrig bewertet werden dürfte, haben die Angaben der 'K3'-Statistik den Charakter von Mindestwerten.

Im Vergleich zu den recht dürftigen Informationen der Stromstatistiken liefert die 'K3'-Statistik umfassendere Daten der Direktinvestitionen und der Auslandsaktivitäten von Unternehmen. So weist sie neben den unmittelbaren auch mittelbare, über abhängige ausländische Tochtergesellschaften getätigte, Direkt-investitionen aus. Die Direktinvestitionen werden sowohl nach der Branche des ausländischen Investitionsobjektes als auch nach der Branche des deutschen Investors aufgegliedert. Zusätzlich werden Angaben zur Art des Kapitals, Beschäftigten, Umsatz, Bilanzsumme und Anzahl der Auslandsunternehmen gemacht. Die 'K3'-Statistik wird jährlich mit Bezug auf das vorletzte Jahr veröffentlicht.

Tab. 1: Deutsche Direktinvestitionen im Ausland 1990-95 nach den drei amtlichen Statistiken

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

a nur unmittelbare Direktinvestitionen

Quelle: Deutsche Bundesbank (1995b, 1996, 1997c, d), Krägenau (1996), BMWi (lfd. Jgg.), eigene Berechnungen

Aus den genannten Gründen unterscheiden sich die ausgewiesenen Direktinvestitionen in den drei Statistiken, wobei ohne den Rückgriff auf (unveröffentlichte) Rohdaten eine Detailanalyse kaum möglich ist. "Die" deutschen Direktinvestitionen existieren in der Statistik jedenfalls nicht.

Infolge der unterschiedlichen Aufgliederung der Daten entscheidet sich häufig erst mit dem Untersuchungsgegenstand, welche Statistik zu Rate gezogen wird. Bei einer Branchenanalyse kommen etwa nur die 'K1'-Statistik und die 'K3'-Statistik in Frage, da der 'Z'-Statistik eine Wirtschaftszweiggliederung fehlt. Grundsätzlich bietet die 'K3'-Statistik die umfassendste Datenbasis, um die wirtschaftlichen Aktivitäten der Auslandsunternehmen abzubilden. Sie sollte jedoch aufgrund des Wechselkursproblems nicht ohne weiteres für Zeitreihenanalysen herangezogen werden.

Hinzuweisen ist noch auf die Informationen, die sich in der deutschen Statistik nicht finden: Keine laufenden Daten werden über den Beteiligungsgrad an den Auslandsunternehmen oder über den Anteil der Fremdfinanzierung am ausländischen Kapitalmarkt veröffentlicht.[8] Es finden sich keine Angaben über die Form der Direktinvestition (z.B. 'mergers & acquisitions' bzw. 'greenfield investment').[9] Das Erhebungs- und Veröffentlichungsprogramm über die Aktivitäten multinationaler Unternehmen ist darüber hinaus äußerst dürftig: Die Angaben der Bestandsstatistik beschränken sich auf Angaben zu den Auslandstöchtern, wohingegen die deutschen Muttergesellschaften, etwa deren Umsatz- und Beschäftigtenentwicklung, fast vollständig ausgeblendet werden. Daten zum Intra-Unternehmenshandel werden nicht erhoben. Insgesamt ist die Informationslage über die internationalen Aktivitäten deutscher Unternehmen - insbesondere mit Blick auf die weit ausführlichere amerikanische Statistik - als eher mager zu bewerten (vgl. Mataloni 1995).

3. Zusammenhänge zwischen ausfließenden Direktinvestitionen und Beschäftigung

Nach diesem Einblick in die konzeptionellen Grundlagen von Direktinvestitionen soll im folgenden die Frage des 'Arbeitsplatzexports' auf theoretischer Ebene untersucht werden. Zwar besteht bisher keine allgemein anerkannte Direktinvestitionstheorie, der sogenannte "eklektische" Ansatz bietet jedoch einen umfassenden Rahmen für eine theoretische Analyse. Anhand eines einfachen Modells sollen die Beschäftigungswirkungen von Direktinvestitionen veranschaulicht werden. Neben diesen Überlegungen wird das in der empirisch orientierten Literatur gängige Klassifikationsmuster von Direktinvestitionen besprochen. Hinsichtlich der unterschiedlichen Typen von Direktinvestitionen werden Rückwirkungen auf die heimische Beschäftigung abgeleitet.

Ausfließende Direktinvestitionen können die Güter- und Faktormärkte des Heimatlandes auf komplexe Weise (z.B. über Nachfrageeffekte im Zielland) beeinflussen. Im folgenden sollen nur direkte Effekte von Direktinvestitionen auf Produktion und Beschäftigung des Heimatlandes berücksichtigt werden. Insbesondere steht dabei die Frage im Vordergrund, ob Direktinvestitionen in einem komplementären oder einem substitutiven Verhältnis zu den Exporten stehen. Entsprechend wird von einer expansiven bzw. einer kontraktiven Wirkung auf das heimische Produktions- und Beschäftigungsniveau ausgegangen.[10]

3.1. Theorie der Direktinvestition

Das Forschungsgebiet 'Direktinvestitionen' ist seit jeher stark durch empirische Analysen beeinflußt gewesen. Die Wirtschaftstheorie tut sich angesichts der vielfältigen Erscheinungsformen und Bestimmungsgründe von Direktinvestitionen schwer mit einer allgemeingültigen Erklärung. Entsprechend stellt sich die Direktinvestitionstheorie als ein relativ heterogenes Forschungsgebiet dar, in dem eine Vielzahl von Ansätzen zu zahlreichen Teilaspekten geliefert wird: In traditionellen außenhandelstheoretischen Ansätzen werden Direktinvestitionen unter Aufhebung der Modellannahme der internationalen Immobilität der Faktoren als internationale Kapitalbewegungen abgebildet, die durch die unterschiedliche Kapitalentlohnung entsprechend der unterschiedlichen Faktorausstattungen der Länder motiviert sind.[11] In vergleichbarer Weise gehen kapitaltheoretische Ansätze davon aus, daß Direktinvestitionen auf internationale Renditeunterschiede, adjustiert durch eine effiziente Risikodiversifizierung innerhalb des Portfolios der Investoren, reagieren. Industrieökonomische Ansätze sehen eine Verbindung zwischen Marktstruktur und Direktinvestitionen und unterstellen, daß vor allem Unternehmen, die auf oligopolistischen Inlandsmärkten operieren, Direktinvestitionen durchführen. Standorttheoretische Überlegungen postulieren einen Zusammenhang zwischen Direktinvestitionen und spezifischen Standortbedingungen des Ziellandes, etwa dessen Marktgröße und Marktwachstum.[12]

Besondere Beachtung findet in der Literatur der sogenannte "eklektische" Ansatz, auch OLI-Paradigma genannt (Dunning 1977, 1981).[13] Kennzeichnend für das OLI-Paradigma ist, daß es Direktinvestitionen in einen genuinen Zusammenhang mit der Existenz multinationaler Unternehmen stellt. Mit einer Direktinvestition ist in der Regel ein vielschichtiger Transfer von Produktionsfaktoren verbunden, der außerhalb des Transfers von Finanzkapital auch einen Transfer technischen und betriebswirtschaftlichen Know-Hows einschließt. Infolgedessen ist weniger ihre Eigenschaft als Kapitalbewegung von Interesse, vielmehr werden Direktinvestitionen als Teil der Internationalisierung von Produktionsaktivitäten oder im Kontext mit dem Entstehen multinationaler Unternehmen gesehen. Unternehmen verfolgen mit einer Direktinvestition über das reine Renditeziel einer Finanzkapitalanlage hinaus den Wunsch, Kontrolle über ein ausländisches Unternehmen zu gewinnen, um so ihr produktives Eigentum auch auf einem Auslandsmarkt zu verwerten (Stehn 1992, S. 54). In einer solchen Perspektive zielt das OLI-Paradigma darauf ab, verschiedene Überlegungen aus der Theorie der Firma und der Industrieökonomik zu einer umfassenden Erklärung der Direktinvestitionen zu bündeln.

3.1.1. Direktinvestitionen und multinationale Unternehmen

Ausgangspunkt des OLI-Paradigmas ist die Betrachtung, daß ein Unternehmen durch den Aufbau einer Auslandsniederlassung einige inhärente Nachteile erfährt, welche die am ausländischen Markt etablierten heimischen Anbieter nicht besitzen. Nachteile für den ausländischen Newcomer entstehen insbesondere durch die Kosten der Informationsbeschaffung über institutionelle Rahmenbedingungen, Konsumentenpräferenzen und Marktstrukturen im Gastland sowie durch Kommunikationskosten (Hymer 1976, S. 34; Kindleberger 1969, S. 12).

Voraussetzung für eine Direktinvestition ist folglich, daß das ausländische Unternehmen die inhärenten Nachteile der Auslandsproduktion kompensieren kann. Weiterhin müssen spezifische Gründe dafür vorliegen, daß ein Unternehmen die Direktinvestition alternativen Formen des Auslandsengagements wie Exporten und der grenzüberschreitenden Lizenzvergabe vorzieht. Das OLI-Paradigma formuliert drei notwendige Bedingungen, die für die Vornahme von Direktinvestitionen erfüllt sein müssen: Ein Unternehmen muß zunächst einen firmenspezifischen Vorteil besitzen und durch die Direktinvestition einen standortspezifischen Vorteil und einen Internalisierungsvorteil realisieren.

(1) O - Ownership advantage

Die Existenz eines Eigentumsvorteils ist Voraussetzung dafür, daß ein Unternehmen über genügend Marktmacht im Wettbewerb mit ausländischen Unternehmen verfügt, um die inhärenten Nachteile in der Auslandsproduktion zu kompensieren.[14] Eine große Erklärungskraft für die Bestimmung von Eigentumsvorteilen kommt der Verfügbarkeit besonderer firmenspezifischer Vermögenswerte zu. Hierunter ist die Ausstattung eines Unternehmens mit immateriellen wissensbasierten Aktiva zu verstehen ("intangible assets", "knowledge-based firm-specific assets").[15] Derartige firmenspezifische Vermögenswerte treten etwa in Form eines überlegenen technologischen, betriebswirtschaftlichen und Marketing-Know-Hows auf. Sie können auch in Form von Markennamen, Design und Reputation bestehen. Mit diesen spezifischen und insofern monopolistischen Werten verfügt ein Unternehmen über eine besondere Faktorausstattung, die ihm die Vornahme von Produktdifferenzierungen ermöglicht (Caves 1971, S. 5). Mit dem differenzierten Produkt ist das Unternehmen in der Lage, individuelle Konsumentenpräferenzen zu befriedigen und sich - bei Kreuzpreiselastizitäten zwischen den Wettbewerbern von geringer als unendlich - durch eine Preissetzung über den Grenzkosten zeitweise Monopolrenten zu verschaffen.

Eine Besonderheit wissensbasierter firmenspezifischer Vermögenswerte ist ihr Kollektivgutcharakter. Innerhalb eines multinationalen Unternehmens kann das firmeneigene Know-How an mehreren Produktionsstandorten nicht-rivalitär genutzt werden; die Grenzkosten in der weiteren Nutzung sind gering oder gleich null, und durch die Nutzung entstehen an keinem anderen Ort Produktivitätseinbußen. Im Gegensatz hierzu ist die Nutzung tangibler Ausstattungsgegenstände (z.B. Fertigungsmaschinen) an verschiedenen Unternehmensstandorten in der Regel rivalitär: Sie können nicht an einen anderen Ort transferiert werden, ohne an ihrem Herkunftsort an Produktivität zu verlieren (Markusen et al. 1995, S. 397).

Nach dem OLI-Paradigma ist ein firmenspezifischer Eigentumsvorteil erforderlich, um die inhärenten Nachteile der Auslandsproduktion zu kompensieren. Er stellt für sich jedoch noch keine hinreichende Bedingung für eine Direktinvestition dar, da ein Unternehmen seinen Wettbewerbsvorteil auch durch Export oder Lizenzvergabe verwerten kann (Stehn 1992, S. 57).

(2) L - Location advantage

Ein Standortvorteil des Auslands ist Bedingung dafür, daß ein Unternehmen eine Direktinvestition der Marktversorgung auf dem Exportwege vorzieht. Ein derartiger Vorteile ergibt sich aus einer unterschiedlichen Ausstattung der Länder mit international immobilen Faktoren, so daß eine Direktinvestition aufgrund der günstigen Produktion am ausländischen Standort eine bessere Ausnutzung eines firmenspezifischen Vorteils ermöglicht. Im weitesten Sinne sind für das Unternehmen alle ortsgebundenen Faktoren relevant, die einen Einfluß auf den Ertrag der Unternehmensaktivitäten ausüben (Bargel 1993, S. 45). Hierunter fallen etwa günstige Faktorpreise, Transportkosten, die Besteuerung in Relation zur öffentlichen Infrastrukturausstattung, differierende Regulierungsniveaus oder sonstige wirtschaftspolitische Maßnahmen. Auch exportsubstitutiv wirkende Handelshemmnisse können hierunter gefaßt werden (Stehn 1992, S. 58).

Durch die Auslandsproduktion erzielt ein Unternehmen aufgrund standortspezifischer Vorteile des Gastlandes eine Standortarbitrage, so daß der Export als Internationalisierungsstrategie ausscheidet.

(3) I - Internalisation advantage

Ein Unternehmen muß mit der Direktinvestition einen Internalisierungsvorteil erzielen. Zunächst ist es nicht offensichtlich, warum ein inländisches Unternehmen selbst eine Niederlassung aufbaut. Es könnte seinen firmenspezifischen Vorteil ebenfalls nutzen und mit der Auslandsproduktion eine Standortarbitrage realisieren, wenn es sein Produkt durch ein ausländisches Unternehmen in Lizenz fertigen ließe. Aufgrund einer Reihe von Gründen, die eine effiziente Lizenzvergabe bei wissensbasierten Vermögenswerten behindern, scheidet diese Alternative in der Regel aus.

Zunächst wirken Qualitätsunsicherheiten aufgrund von Informationsasymme-trien negativ auf die Preisgestaltung bei Lizenzgeschäften ein. Dieses läßt sich beispielhaft klarmachen: Das Unternehmen A besitzt ein firmeneigenenes Know-How etwa in Form eines exklusiven technischen Wissens, welches für das Unternehmen B als potentiellen Lizenznehmer wertvoll ist. Unternehmen A kann Unternehmen B aber nur den allgemeinen Charakter seines Wissens offenbaren, da es befürchten muß, daß Unternehmen B, ausgestattet mit detaillierten Informationen, das Wissen in der eigenen Produktion nutzt, ohne dafür die Lizenzgebühr zu entrichten. Unternehmen B ist jedoch unsicher über die Qualität des Know-Hows. Aufgrund seiner geringen Informationen wird es die Produktivität des Know-Hows skeptisch einschätzen. Unternehmen B ist demnach nur bereit, eine Lizenzgebühr zu zahlen, die unter der eigentlichen Produktivität des Wissens liegt, da es seinerseits befürchten muß, daß es von Unternehmen A opportunistisch ausgebeutet wird (vgl. Caves 1996, S. 4; Casson 1987, S. 12-13).

Die gewinnbringende Vermarktung technischen Wissens wird hier durch das Arrowsche Informationsparadoxon beeinträchtigt: Der ökonomische Wert einer Information kann danach erst bestimmt werden, wenn die Information auch dem potentiellen Nachfrager bekannt ist. Wenn sie jedoch bekannt ist, besteht kein Anreiz mehr, für den Erwerb eine Gegenleistung zu zahlen (Arrow 1971, S. 152). Insofern kommt wieder die Kollektivgütereigenschaft des immateriellen Vermögenswertes zum Tragen, denn der Nicht-Zahler ist nicht mehr vom Besitz des Wissens auszuschließen. Da sich die Rechte über geistiges Eigentum nur schwer definieren und durchsetzen lassen, ist die Verfügbarkeit eines bestimmten technischen Wissens de facto kaum von seiner produktiven Verwertung zu trennen. Ist dem potentiellen Lizenznehmer B erst einmal die Technologie bekannt, so wird er sie auch - etwa durch Imitation - eigennützig verwerten können. Das forschende Unternehmen A wird dann im Wege der Lizenzvergabe die Kosten seiner Forschungsarbeit nur unvollkommen erlösen. Analog zu diesen Schwierigkeiten bei der vertraglichen Verwertung technischen Wissens treten etwa auch Probleme in der Vermarktung zentral bereitgestellter und dezentral genutzter Managementdienste auf (Klodt/ Maurer 1996, S. 9).[16]

Im Hintergrund stehen hier also schwerwiegende Vertragsprobleme in der Vermarktung wissensbasierter Vermögenswerte. Ein Lizenzgeschäft, welches das geistige Eigentum des Lizenzgebers angemessen schützt, würde hohe Transaktionskosten in Anbahnung, Entwurf, Verhandlung, Abschluß, Kontrolle und nachträglicher Anpassung des Lizenzvertrages verursachen.[17] Eine Internalisierung führt zu einer Einsparung dieser Kosten. Unternehmen, die bestrebt sind, aus ihren firmenspezifischen Vermögenswerten Erträge an ausländischen Märkten zu erzielen, bevorzugen deshalb interne Unternehmenstransaktionen im Wege der Direktinvestition gegenüber einer externen Markttransaktion wie der Lizenzvergabe.[18]

Die Entstehungsursache multinationaler Unternehmen hängt daher eng mit der nicht-rivalitären Nutzung wissensbasierter Vermögenswerte zusammen. Ein multinationales Unternehmen mit zwei Produktionsstandorten ist produktiver als zwei selbständige Unternehmen, da es nur einmal Investitionen in seine firmenspezifischen Aktiva, z. B. in die Forschung, tätigen muß. Mit der Fixkostendegression aus der Nutzung der dann unternehmensweit verfügbaren Ausstattung in mehreren Produktionsstätten treten in multinationalen Unternehmen besondere Skalenerträge auf der Unternehmensebene (nicht auf der Betriebsebene!) auf ("multi-plant economies of scale"). Die Muttergesellschaft exportiert innerhalb des Intra-Unternehmenshandels die Dienste der firmenspezifischen Aktiva etwa in Form von Management-, Forschungs-, Marketing- und Finanzdienstleistungen an die Auslandstochter ("headquarter services").

3.1.2. Beschäftigungseffekte in einem Modell mit firmenspezifischen Vermögenswerten

Die in diesem Erklärungsansatz zentrale Bedeutung firmenspezifischer Vermögenswerte läßt sich in einem einfachen Modell abbilden.[19] Der Vorzug dieses Modells liegt darin, daß sich hiermit - entsprechend der Fragestellung dieser Arbeit - auch die Auswirkungen von Direktinvestitionen auf das heimische Produktions- und Beschäftigungsniveau ableiten lassen.[20] Als Annahmen liegen zugrunde:

(1) Es treten Skalenerträge auf der Ebene des multinationalen Unternehmens auf: Die firmenspezifischen Aktiva sind als headquarter services - unabhängig von der Ausbringungsmenge in der Endproduktion - aufgrund ihres Kollektivgutcharakters von mehreren Betrieben gleichzeitig verwertbar.

(2) Der Auslandsabsatz verursacht wegen Transportkosten und etwaigen Zöllen (t) höhere Kosten als der Inlandsabsatz.

(3) Die Steuerung und Kontrolle einer Auslandsniederlassung verursacht zusätzliche Kosten (z), die aufgrund der besonderen, dem Unternehmen zunächst unbekannten wirtschaftlichen Bedingungen im Gastland entstehen.

In Abwägung dieser Faktoren wird das Unternehmen entscheiden, ob eine Direktinvestition am Auslandsmarkt sinnvoll erscheint. Zur Veranschaulichung der Aktionsmöglichkeiten dient eine graphische Darstellung:

Abb. 2: Direktinvestitionen bei unternehmensspezifischen Skalenerträgen

Quelle: nach Klodt/Maurer (1996, S. 8)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


[1] ) In § 55 der deutschen Außenwirtschaftsverordnung werden Direktinvestitionen als "Leistungen Gebietsfremder, welche die Anlage von Vermögen in fremden Wirtschaftsgebieten zur Schaffung dauerhafter Wirtschaftsverbindungen bezwecken" definiert (zitiert nach Löbbe et al. (1997, S. 28)). Die Definition über das "lasting interest" wurde maßgeblich von IWF und OECD entwickelt (Jost 1997, S. 2).

[2] ) Mit der statistischen Erfassung von Direktinvestitionen beschäftigen sich etwa Krägenau (1996), Schreyger (1994, S. 22-38), Deutsche Bundesbank (1997a), Jost (1997, S. 2-27), Köddermann/Wilhelm (1996, S. 3-14).

[3] ) So ist beispielsweise auch ein traditionell deutsches Unternehmen wie die Frankfurter Hoechst AG bei einem Kapitalanteil von 25 Prozent der Kuwait Petroleum Corporation als ausländisches Direktinvestitionsunternehmen anzusehen (vgl. Liedtke 1994, S. 208). Die Finanztransaktionen zwischen diesem Investor und der Hoechst AG gelten ebenfalls als Direktinvestitionen.

[4] ) Unter die Meldepflicht fallen Unternehmen, wenn sie mehr als 20 Prozent der Kapitalanteile an einem Unternehmen im Ausland mittelbar oder unmittelbar besitzen und die Bilanzsumme dieses Unternehmens 1 Mio. DM übersteigt oder wenn sie über eine Niederlassung oder Betriebsstätte mit einem Bruttobetriebsvermögen von mehr als 1 Mio. DM verfügen. (Krägenau 1996, S. 84-85).

[5] ) Der regelmäßig höhere Ausweis der Direktinvestitionsströme in der 'Z'-Statistik dürfte insbesondere auf die Berücksichtigung reinvestierter Gewinne zurückzuführen sein. Ansonsten bestehen zwischen beiden Statistiken weitere Unterschiede im Detail: 'K1' erfaßt etwa ein höheres Volumen an Krediten als die 'Z'-Statistik. In letzterer sind keine langfristigen Handelskredite enthalten. Liquidationen gehen in 'K1' nach dem Ursprungswert und in 'Z' nach dem tatsächlichen Veräußerungswert ein. Die 'Z-Statistik' weist darüber hinaus kumulierte Investitionen, die den 20 Prozent-Schwellenwert sukzessiv überspringen, nicht als Direktinvestitionen aus. (Köddermann/ Wilhelm 1996, S. 9-11; Schreyger 1994, S. 29-38; Olle 1983, S. 162-168).

[6] ) Wenn beispielsweise zwischen Deutschland und den USA zwischen zwei Bilanzstichtagen (am 31. 12. eines Jahres) real keine Direktinvestitionen getätigt werden, die DM aber in dieser Zeit gegenüber dem Dollar aufwertet, so weist die 'K3'-Statistik eine Bestandsabnahme, also eine Verringerung der deutschen Direktinvestitionen in den USA aus.

[7] ) Während sich die Vermögensänderungen aufgrund von Wechselkursänderungen gegenüber Partnerländern für die Jahre 1992 und 1993 vollständig neutralisierten, kam es für die Jahre 1994 und 1995 zu einer wechselkursbedingten Einbuße in den Direktinvestitionsbeständen von insgesamt 19,5 Mrd. DM (Deutsche Bundesbank 1995a, S. 47; 1997b, S. 65). Die Bundesbank liefert darüber hinaus keine länder-, und branchenspezifischen oder auch nur jährliche Angaben über den Wechselkurseffekt.

[8] ) Gleichwohl hat die Bundesbank darauf hingewiesen, daß Ende 1994 etwa nur ca. 25 Prozent der gesamten Kapitalbasis deutscher Tochtergesellschaften im Ausland auf Direktinvestitionen der Mutterunternehmen (Beteiligungen und Kredite) entfielen, während 75 Prozent durch ausländische Kapitaleigner und Kreditaufnahme am Markt finanziert wurden (Jost 1997, S. 4).

[9] ) Das ist gerade hinsichtlich der Untersuchungsfrage betrüblich: Während nämlich mit 'greenfield investments' neue Kapazitäten im Ausland aufgebaut werden und diese entsprechend auch auf kurze Sicht an die Stelle der Produktion im Heimatland treten können, werden mit Akquisitionen zunächst keine neuen Produktionskapazitäten geschaffen, so daß eine Substitution heimischer Produktion kurzfristig nur sehr begrenzt möglich ist. Allerdings lohnt sich für den Investor eine Übernahme nur, wenn er hierdurch eine Kostensenkung oder Ertragssteigerung erreichen kann, so daß er langfristig im Wege von Rationalisierung, Umstrukturierungen etc. die unternehmensinterne Arbeitsteilung anpassen wird (Härtel et al. 1996, S. 55).

[10] ) Allerdings stellt schon diese Kausalkette eine deutliche Simplifizierung dar. Keineswegs muß mit einem Exportwachstum die Inlandsproduktion in gleicher Höhe ansteigen. Bei Vollbeschäftigung der Faktoren findet bei einem Exportwachstum in einem Sektor - analog zum Heckscher-Ohlin-Fall - eine Faktorreallokation verbunden mit einer Produktionsminderung in einem anderen Sektor statt. In welcher Höhe eine Produktionssteigerung in einem Sektor weiterhin die Beschäftigung erhöht, hängt vom Arbeitskoeffizienten in der sektoralen Produktionsfunktion ab.

[11] ) Einen konzisen Überblick über internationale Faktorbewegungen als Modellvariante außenhandelstheoretischer Modelle geben Markusen (1983) und Jungmittag (1996, S. 53-77). Ausführliche Darstellungen liefern die Arbeiten von Bargel (1993) und Zelgert (1993).

[12] ) Stellvertretend für ausführliche Darstellungen dieser und weiterer theoretischer Erklärungsansätze sei vor allem auf Jahrreiß (1984) sowie Braun (1988) und Krist (1985) verwiesen. Kürzere Darstellungen finden sich bei Stehn (1992, S. 17-53) und Buckley/Casson (1985, S. 1-19; 1991, 66-84).

[13] ) Der eklektische Ansatz steht im Mittelpunkt der theoretischen Literatur zu den Direktinvestitionen. Die folgende Darstellung orientiert sich an den Überlegungen von Markusen et al. (1995, S. 394-408) und Markusen (1995).

[14] ) Diese aus der Industrieökonomik stammenden Überlegungen zu den inhärenten Nachteilen der Direktinvestition und dem notwendigen firmenspezifischen Vorteil gehen auf Hymer (1976) und Kindleberger (1969) zurück. Als Basis der modernen Direktinvestitionstheorie betont dieser Ansatz, daß Direktinvestitionen notwendigerweise mit spezifischen Marktunvollkommenheiten verbunden sind.

[15] ) Zu den folgenden Ausführungen über die Ausprägung firmenspezifischer Vermögenswerte siehe insbesondere Markusen et al. (1995, 396-398), Markusen (1995), Casson (1987, S. 11-16) und Caves (1996, S. 2-7).

[16] ) Zu einer Reihe weiterer Probleme, die mit dem Schutz von 'property rights' bei der Lizenzvergabe zusammenhängen, siehe Markusen (1995, S. 182-187).

[17] ) Die Erklärung von Direktinvestitionen auf Basis der Kostenvorteile unternehmensinterner Transaktionen im Vergleich zu externen Markttransaktionen folgt also hier der Theorie der Firma (vgl. Coase 1937; Williamson 1973, 1990).

[18] ) Die Zustimmung zum OLI-Paradigma ist nicht einmütig. Insbesondere Rugman (1981; 1985) als Vertreter des sogenannten Internalisierungsansatzes wendet ein, daß Transak-tionskostenvorteile aus der Umgehung von Marktunvollkommenheiten aller Art eine hinreichende Erklärung für Direktinvestitionen sind. In der Grundaussage sind der eklektische Ansatz und der Internalisierungsansatz in vielerlei Hinsicht ähnlich. Der Internalisierungsansatz vernachlässigt jedoch die standortspezifischen Gründe.

[19] ) Dieses von Hirsch (1976) stammende Modell wird zuweilen als "Formalisierung des eklektischen Ansatzes" bezeichnet (Jungmittag 1996, S. 82). Es ist in seinen Grundannahmen wegweisend für eine Reihe weit komplexerer Modelle. Die folgende Darstellung entspricht einer leicht variierten Fassung nach Klodt/Maurer (1996) und Klodt (1993; 1997).

[20] ) Die komplexen Gleichgewichtsmodelle von Helpman/Krugman (1986) und Ethier (1986) gehen der Frage nach, in welchem Verhältnis länderspezifische Faktorausstattungen, Handelsströme und multinationale Unternehmen zueinander stehen. Da sie von Vollbeschäftigung ausgehen, besitzen sie für die Frage nach den Beschäftigungseffekten keinen unmittelbaren Nutzen.

Ende der Leseprobe aus 73 Seiten

Details

Titel
Beschäftigungseffekte ausfließender Direktinvestitionen: Bedeuten deutsche Auslandsinvestitionen einen 'Export' deutscher Arbeitsplätze?
Hochschule
Universität zu Köln
Note
1.7
Autor
Jahr
1998
Seiten
73
Katalognummer
V185162
ISBN (eBook)
9783668294318
ISBN (Buch)
9783867460668
Dateigröße
770 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Arbeitsmarkt, Arbeitsplatz, Arbeitslosigkeit, Arbeitsplatzexport, Direktinvestitionen
Arbeit zitieren
Jörg Roling (Autor:in), 1998, Beschäftigungseffekte ausfließender Direktinvestitionen: Bedeuten deutsche Auslandsinvestitionen einen 'Export' deutscher Arbeitsplätze?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185162

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