Die sportmethodische Gestaltung eines Spezialtrainings für Übergewichtige


Examensarbeit, 1996

66 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Einleitung

1. Sportphysiologische Grundlagen
1.1 Kohlehydratstoffwechsel
1.1.2 Fettstoffwechsel
1.2 Energiebereitstellung in der Muskelzelle
1.2.1 Aerobe / Anaerobe Schwelle / Lactatkonzentration
1.2.2 Auswirkungen auf die Energiebereitstellung
1.2.3 Auswirkungen diätischer Maßnahmen
1.2.4 Die "Setpoint"-Theorie
1.3 Konsequenzen für die Trainingsmethodik
1.3.1 Muskelaufbautraining zum Substanzerhalt
1.3.2 Kraftausdauertraining zur Stoffwechselaktivierung und Mitochondrienvermehrung
1.3.3 Rein aerobes Ausdauertraining zum Körperfettabbau

2. Methodische Gestaltung des Trainings
2.1 Trainingshäufigkeit
2.1.2 Trainingsdauer
2.1.3 Methodik des Ausdauertrainings
2.1.4 Methodik des Krafttrainings
2.2. Grundschema
2.3 Erstellen individueller Trainingspläne (Tests)
2.3.1 Individuelle Anpassung der Trainingsintensität

3. "Diät 2000" - Feldstudie zur Fettreduktion
3.1. Allgemeines
3.1.2. Durchführung der Studie
3.1.3 Der Eingangstest
3.1.4 Die Probanden
3.1.5 Das aerobe Training
3.1.6 Das Kraftausdauertraining
3.1.7 Akzeptanz und "Drop out"-Quote der Probanden
3.1.8 Einzelbeobachtungen bei Probanden (SETPOINT)
3.2. Die diätische Seite der Studie "Diät 2000"
3.2.1. Beschreibung der diätischen Maßnahmen
3.2.2. Beschreibung der verwendeten Formula - Diät
3.2.3. Auswirkungen der Formula - Diät
3.3. Ergebnisse der Feldstudie "Diät 2000"
3.3.1 Ergebnisse der Kaliperimetrie
3.3.2 Ergebnisse der Gewichtsmessung
3.3.3 Diskussion der Zwischenergebnisse
3.4. Ergebnisse des Tests "PWC 130" - aerobe Leistung
3.5. Ergebnisse der Krafttests - Kraftausdauerleistung
3.6 Diskussion der Zwischenergebnisse
3.7. Nebenwirkungen des verwendeten Produktes
3.8. Zusammenfassung

4. Follow-up
4.1 Methode des Follow-ups
4.1.2 Resonanz auf das Follow-up
4.2 Ergebnisse des Follow-ups

5. Bilanz und Perspektiven
5.1 Bilanz
5.2 Perspektiven (Modell)
5.3 Schlußfolgerung (Zusammenfassung)

6. Quellen

Literatur

Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen

Zusammenfassung

Diese Arbeit ist in drei Bereiche aufgeteilt. Die methodische Konzeption eines Spezialtrainings zur Gewichts- bzw. Körperfettreduktion bildet den ersten Teil (Kapitel 1 und 2). Neue Erkenntnisse über die energieliefernden Prozesse in der Muskelzelle auf der einen Seite und die Masse an unwissenschaftlichen und leider oft falschen Publikationen auf der anderen Seite machen eine Über- arbeitung dieses Bereiches mehr als notwendig. Neben den sportmethodischen Aspekten muß man sich dabei zwangsläufig auch mit diätischen Maßnahmen und deren Wirkungen und Nebenwirkungen auseinandersetzen. Von großem Interesse ist in diesem Zusammenhang die Frage nach der Durchführbarkeit sportlicher Aktivität in einer Zeit kalorischer Einschränkung. Somit sind diese Betrachtungen in das sportmethodische Konzept integriert.

Der zweite Teil (Kapitel 3 bis 6) besteht aus der Beschreibung der Studie „Diät 2000“, einer Pilotstudie, in der erstmals wissenschaftlich akkurat die Wirkung der im ersten Teil beschriebenen Konzeption untersucht wurde. Im Rahmen der Studie mußte die Konzeption natürlich leicht abgeändert werden, um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten und die große Anzahl der Probanden überhaupt fristgerecht untersuchen und trainieren lassen zu können. Dennoch wurde die Wirksamkeit des Konzeptes, gerade im direkten Vergleich zwischen einer reinen Trainingsgruppe und einer zweiten Gruppe, die ein identisches Training unter Diät absolvierte, deutlich.

Der dritte Teil (Kapitel 7) wiederum bezieht die Ergebnisse der Studie erneut auf die ursprüngliche Konzeption. Sowohl Einzelbeobachtungen als auch die Gesamtergebnisse sprechen für das Konzept und geben Anlaß zu weiteren Untersuchungen, die das ideale Ausmaß der sportlichen Belastung sowie weitere Zusammenhänge zwischen Diät und Ernährung, etwa die Setpoint-Theorie, zum Thema haben sollten. Ein Ausblick auf mögliche Auswirkungen auf verschiedene Berufsbilder ist am Ende dieses Kapitel zu finden.

Angewandte wissenschaftliche Methode: Literaturrecherche

Einleitung

Thema dieser Examensarbeit ist die methodische Konzeption eines Trainings zur Körperfettreduktion. Erfreulicherweise bot sich dem Verfasser mit der Stu- die „Diät 2000“ , durchgeführt von Univ. Prof. Dr. F. Beuker, Sportinstitut der Heinrich Heine Universität Düsseldorf, Gelegenheit, theoretisches Wissen in praktischer Arbeit zu verifizieren. Die Ergebnisse der Studie hatten natürlich Rückwirkungen auf die Methodik. Daher sollen im Kapitel 7 „Bilanz und Per- spektiven“ Ergänzungen und Fragen zur Methodik nicht unerwähnt bleiben, auch wenn sie der erneuten wissenschaftlichen Verifikation bedürfen.

Aus persönlichen, gesundheitlichen und eventuell ästhetischen Gründen scheint das Thema „Abnehmen“ ein Dauerthema in unserer Gesellschaft zu sein. Keine Woche, in der nicht wieder eine Zeitung oder Zeitschrift die neues- te „Diät“ vorstellt, kein Buchgeschäft, in welchem man nicht über den umsatz- fördernden Charakter der zahllosen „Diät-Ratgeber“ Bescheid wüßte. In unse- rer von Bewegungsarmut und einem Überangebot an Nahrungsmitteln gekenn- zeichneten Wohlstandsgesellschaft wird Übergewicht immer mehr zum ge- sundheitlichen und sozialen Problem. Leider ist die moderne Vorstellung des Wortes Diät, das in seinem altgriechischen Ursprung einmal nichts anderes als „gesundes Leben“ hieß, grundsätzlich zu einem „sich einschränken, wenig es- sen, Kalorien zählen“ geworden, und das, obwohl die Ergebnisse zumindest langfristig immer gegen diese Methode sprechen.

Übergewicht hat vielfältige Ursachen, es bedarf daher auch einer komplexen Methode, um ihm zu begegnen. Über die Wichtigkeit einer ausgewogenen Er- nährung wird man sich in den letzten Jahren immer klarer, darum kann und soll sie nicht im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen. Nichtsdestotrotz sind die Ver- bindungen zwischen Sport und Ernährung in den letzten Jahren immer enger geworden. Niemand kann sich heutzutage noch einen Spitzensportler vorstel- len, der nicht neben seinem Trainingsprogramm auch seine Ernährung präzise den gestiegenen Anforderungen angepaßt hat. Die Industrie, immer auf der Suche nach Marktlücken, hat das Bedürfnis der Sportler nach einer Optimie- rung der Nahrung erkannt und bietet entsprechende Produkte an. Da in vielen Sportarten Gewichtsklassen Teil des Reglements sind, werden auch immer fortschrittlichere Produkte konzipiert, die es ermöglichen, das Körpergewicht stabil zu halten oder gar zu senken, ohne jedoch dem Körper die erforderlichen Mindestmengen an Eiweißen, Kohlehydraten, essentiellen Fetten, Vitaminen und Mineralstoffen vorzuenthalten. Der Einsatz dieser Mittel bietet sich natür- lich auch bei der Bekämpfung von Übergewicht an. Sie können ein probates Mittel sein, um neben der Gesamtkalorienzahl auch die Proportionen der Nah- rungsbestandteile kontrolliert und exakt dosiert zuzuführen. Langfristig läßt sich über den Einsatz solcher Substitutiva eine Umstellung der Ernährungsge- wohnheiten wesentlich unkomplizier ter und sicherer durchführen als mit her- kömmlichen Lebensmitteln.

Da die Verwendung einer Formula-Diät in der genannten Studie erforderliches Mittel war, um eine gewisse Vergleichbarkeit der Ernährungsweise der Pro- banden sicherzustellen, und sie insgesamt Teil des methodischen Gesamtkon- zeptes ist, soll in dieser Arbeit auch auf diesen Bereich eingegangen werden.

1. Sportphysiologische Grundlagen

1.1 Kohlehydratstoffwechsel

Der Kohlehydratstoffwechsel stellt den Grundpfeiler der Energieversorgung dar. Das Gehirn etwa verstoffwechselt ausschließlich Glucose [1]. Glucose kann sowohl bei ausreichender Sauerstoffversorgung (aerob) als auch bei mangelhafter Sauer- stoffversorgung (anaerob) als Energiequelle herangezogen werden. Alle Kohle- hydrate mit Ausnahme der Ballaststoffe werden zu Glucose (C6H12O6) abgebaut. Diese wiederum wird als Glykogen (“30000 bis 60000 Glucosemoleküle bilden ein 1 Glykogenmolekül” [2] ) in der Muskulatur und in der Leber gespeichert. Ein geringer Anteil von ca. “4-6 g” [3] verbleibt in der Blutbahn (Blutzucker). Glucose ist ein schneller Energielieferant, dessen Brennwert bei 4,1 kcal./g (Kilokalorien pro Gramm) liegt. Die Speicher enthalten beim Untrainierten etwa 300 bis 450 Gramm Glykogen, was 1200 - 1800 kcal. entspricht. Durch sportliches Training lassen sich diese Speicherinhalte etwa verdoppeln.

Der anaerobe Kohlehydratabbau (anaerobe Glykolyse) wird hauptsächlich bei hohen Belastungen herangezogen, wenn schnell große Mengen verbrauchtes Kreatinphosphat (KP) regeneriert werden müssen. KP wird in der Muskelzelle benötigt, um Adenosindiphosphat (ADP) wieder zu Adenosintriphosphat (ATP), dem unmittelbaren Energielieferanten der Muskelkontraktion [4], aufzubauen. “Kreatinphospat ist in der Muskelzelle in etwa 5mal höherer Konzentration als ATP vorhanden, was die größere Zahl von Muskelkontraktionen erklärt, die aus den sofort verfügbaren Energiespeichern möglich sind.”[5]

Bei der anaeroben Glykolyse wird die Glucose im Zellplasma nur unvollständig abgebaut, ein Eintritt der Moleküle in die Mitochondrien findet nicht statt. Als Nebenprodukt bleibt Milchsäure (Lactat) übrig. Hohe Lactatkonzentrationen in der Muskelzelle führen zu einer Übersäuerung, die schließlich die Kontraktions- fähigkeit der Muskelfaser unterbindet. Kleinere Mengen Lactat können aus der Muskelzelle heraustransportiert werden.

“Die Milchsäure kann...im Herzmuskel oxidiert oder in der Leber wieder zu Glykogen aufgebaut werden.” [6] “Die Herzmuskelzelle, mit ihrem ... hohen Anteil an Mitochondrien ... , deckt bei körperlicher Arbeit ihren Energiebedarf bis zu 50 Prozent aus der Milchsäure.” [7]

Die aerobe Glykolyse nimmt deutlich mehr Zeit in Anspruch, weil hier die Glu- cose vollständig abgebaut wird. Schon eine Stufe vor der Lactatbildung wird in diesem Falle Pyrovat (Benztraubensäure) in AcetylCoA (aktivierte Essigsäure) umgewandelt und anschließend in den Mitochondrien, den “Kraftwerken der Zel- le” innerhalb des Krebs- (auch Zitronensäure-) Zyklus im Laufe mehrerer Schritte bis auf die Reste Wasserstoff (H) und Kohlendioxid (CO2) reduziert. Bei dieser langsamen, aber vollständigen Verwertung wird eine deutlich größere Energie- menge frei. In der schnellen Variante reicht die Energie zum Aufbau von zwei Adenosintriphosphat (ATP) Molekülen, bei der langsamen Variante für den Auf- bau von 36 ATP-Molekülen. Die Abbaureste Wasserstoff (H, reagiert in der Atmungskette mit Sauerstoff zu H2O = Wasser) und Kohlendioxid werden über Schweißdrüsen bzw. Nieren und Lunge ausgeschieden [8].

1.1.2 Fettstoffwechsel

Der zweite Eckpfeiler der Energieversorgung im menschlichen Organismus ist der Fettstoffwechsel. Fette liegen im menschlichen Körper als Triglyzeride vor, d.h. an ein Glyzerinmolekül sind drei Fettsäuremoleküle gebunden. Fettsäuren bestehen, wie Kohlehydrate auch, aus den Grundstoffen H (Wasserstoff), C (Kohlenstoff) und O (Sauerstoff). Aufgrund der Anzahl der Doppelbindungen zwischen den Kohlenstoffatomen (keine, eine, mehrere) werden gesättigte, ungesättigte und mehrfach ungesättigte Fettsäuren voneinander unterschieden. [9]

Dazu de Marées: “ Die ungesättigten Fettsäuren haben in ihrem Molekül Doppelbindungen und sind “stoffwechselaktiver” als die gesättigten Fettsäuren.”[10] Fette können ausschließlich aerob, also mit Sauerstoff, verstoffwechselt werden. Die Fettsäuren der aufgenommenen Nahrungsfette werden im Darm resorbiert und in der Leber zu neuen Triglyzeriden aufgebaut.

“Der größte Teil der von der Leber neu aufgebauten Triglyzeride wird auf dem Blutwege den Geweben zugeführt und hauptsächlich im Fettgewebe gespeichert. Von dort werden freie Fettsäuren bei Bedarf gesteigert freigesetzt und stehen be- sonders der Muskelzelle als wichtiger Energielieferant zur Verfügung.” [11]

Die Fettverbrennung ist noch langsamer als die aerobe Kohlehydratverbrennung. Aufgrund des hohen Energiegehaltes von Fett (mit ca. 9,3 kcal. / g. etwa doppelte Energiedichte von Kohlehydraten; Depotfett hat wegen seines höheren Wassergehaltes etwa 7 kcal. / g.) und der großen Speichermengen im menschlichen Organismus ist diese Energiequelle praktisch unerschöpflich.

Der Abbau der Fettsäuren (Lipolyse) erfolgt letztlich ebenfalls in den Mitochond- rien und ist genauso vollständig und rückstandsfrei wie der aerobe Kohlehyd- ratabbau. Bedingt durch die langsame Geschwindigkeit des komplexen Vorgangs aerobe Lipolyse kann die Fettverbrennung nur als Energiequelle für niedrigste (Ruhe) bis mittlere (langsames Laufen) Belastungen dienen [12]. (Siehe Diagramm 1, S.8)

1.2 Energiebereitstellung in der Muskelzelle

Der Körper versucht immer so ökonomisch wie möglich zu arbeiten. Sofern die Voraussetzungen es zulassen, sprich die Sauerstoffversorgung ausreichend ist, deckt die Muskelzelle einen möglichst großen Anteil der benötigten Energie aus dem fast unerschöpflich großen Speicher Depotfett. Die wertvolle (wertvoll ist, was selten ist) Glucose wird geschont. Kommt es dann aufgrund erhöhter Belas- tung zu einem stärkeren Ausschöpfen der Glucose, versucht die Muskelzelle aus ökonomischen wie auch aus ökologischen Gründen möglichst lange, die Glucose überwiegend aerob, daß heißt vollständig und mit größtmöglicher Energieausbeu- te umzusetzen. Unterhalb der anaeroben Schwelle von 4 mmol (Millimol) Lactat ist das möglich, oberhalb dieses Wertes wird es zunehmend schwieriger. Da der Körper aber nicht auf Energie verzichten kann, muß er die anaerobe Gly- kolyse ausschöpfen, wenn die Sauerstoffzufuhr unzureichend ist. Oberhalb von 7 mmol Lactat kann die Muskelzelle aus oben benannten Gründen überhaupt kein Fett mehr verstoffwechseln, die aerobe Glykolyse ist mit etwa 20 % nur noch unwesentlich an der Energiebereitstellung beteiligt, die anaerobe Glykolyse bestimmt mit etwa 80 Prozent den Prozeß. Von diesem Lactatwert an ist eine Belastung nur noch für begrenzte Zeit durchführbar, bevor die schnell steigende Lactatkonzentration zum Abbruch der Muskelarbeit zwingt, weil sie weitere Muskelkontraktionen unmöglich macht.

1.2.1 Aerobe/Anaerobe Schwelle / Lactatkonzentration

Die Lactatkonzentration steht in direktem Zusammenhang mit der Sauerstoffver- sorgung. Bei einer unzureichenden Zufuhr von Sauerstoff können die Kohlehyd- rate nur unvollständig abgebaut werden und es bleibt als Rest Lactat (Milchsäure) übrig. Bis zu Konzentrationen von 2 mmol Lactat pro Liter Blut wird die Glucose aerob abgebaut, man spricht von einer aeroben Energiebereitstellung. Dieser Wert heißt aerobe Schwelle. Bei 4 mmol Lactat pro Liter Blut wird eine zweite Stufe erreicht, die anaerobe Schwelle. Bis zu diesem Wert kann die Zelle das anfallende Lactat aus der jetzt unvollständigen Glucoseverwertung noch abtransportieren und einen weiteren Konzentrationsanstieg vermeiden. Oberhalb dieser Schwelle sind die Regenerationsmechanismen selbst bei nicht weiter ansteigender Belastung momentan überfordert, der Lactatspiegel steigt weiter an. Ab einer gewissen Konzentration wird die Kontraktionsfähigkeit der Muskelfasern unterbunden. Der Muskel ist “übersäuert”. Dieser Wert ist individuell sehr verschieden. Er kann beim Untrainierten bei 11-12 mmol/l liegen. Bei Spitzensportlern, in diesem Falle 400-Meter-Läufern, wurden unmittelbar nach dem Lauf schon Konzentrationen “von bis zu 25 mmol/l” [13] gemessen.[14]

1.2.2 Auswirkungen auf die Energiebereitstellung

Wie aus Diagramm 1 deutlich wird, werden unter maximaler Belastung [15] die ATP-Vorräte innerhalb von Sekunden erschöpft. Durch die Resynthese mit Hilfe des Kreatinphosphats kann der Körper aber weiter belastet werden. Nach etwa 40 Sekunden sind die Vorräte an Kreatinphosphat ebenfalls erschöpft. Mittlerweile hat aber die anaerobe Glykolyse eingesetzt und stellt Energie für die ATP-Resynthese zur Verfügung. Sie kann kurzfristig helfen, ist dann aber für ein Erfüllen des hohen Energiebedarfs zu langsam. Deshalb wird sie von der etwas später einsetzenden aeroben Glykolyse ergänzt. Das Diagramm von Keul zeigt jedoch nicht, ob bzw. wann die Belastung reduziert und schließlich abgebrochen wurde. De Marées hingegen stellt klar: “Das sich im Muskel und schließlich auch im Blut anhäufende Lactat zwingt zur Verringerung der Laufgeschwindigkeit bis hin zum Abbruch der Belastung.” [16]

Beim (Kraft-)Ausdauertraining liegt die Belastung aber immer weit unterhalb der Maximalbelastung. Deshalb können aus diesem Diagramm keine Schlüsse für den Fettabbau oder das (Kraft-)Ausdauertraining gezogen werden. Diagramm 1 [15]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Diagramm 2 hingegen werden die Anteile der energieliefernden Prozesse in Abhängigkeit von der Belastungsintensität als absolute Kalorienwerte angegeben. Dabei ist zu berücksichtigen, daß diese Werte geschätzte Mittelwerte für Durch- schnittsmenschen sind. Der trainierte Ausdauersportler hat seine aerobe/anaerobe Schwelle bei deutlich höheren Energieumsätzen. Unabhängig von dieser Tatsache wird aus diesem Diagramm eine Tendenz deutlich, die für das Fettreduktionstrai- ning von größter Wichtigkeit ist. Die Menge an Fett, die bei Belastung verbraucht wird, steigt anfangs mit der Belastungsintensität. Von einem bestimmten Punkt an ist jedoch keine weitere Steigerung dieses Parameters mehr vorhanden; der Fett- verbrauch nimmt rapide ab, obwohl die Zahl verbrauchter Kalorien weiter steigt. In der Praxis sind diese Zusammenhänge weitestgehend unbekannt oder werden ignoriert. Die Fettverbrennung funktioniert am besten bei mäßigen Intensitäten und langer Dauer des Trainings. Dieses Training vermittelt oft nicht das subjekti- ve Gefühl, etwas erreicht zu haben. Die völlige körperliche Erschöpfung, für viele Nichtsportler das Maß für gelungenes sportliches Training, fehlt, statt dessen wird besonders bei langer Dauer und regelmäßiger Wiederholung Langeweile emp- funden. Trotzdem ist diese Trainingsform der effektivste Weg für einen dauerhaf- ten Abbau von Körperfett.

Diagramm 2 [17]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.2.3 Auswirkungen diätischer Maßnahmen

“Diät” ist ein sehr ungenauer Begriff. Im allgemeinen versteht man unter Diät eine Einschränkung der Nahrungsmenge (Reduktionsdiät). Diese Einschränkung kann allgemeiner Natur sein (z.B.: “FdH” = Friß die Hälfte) oder spezieller Natur, d.h. es wird nur noch ein bestimmtes Nahrungsmittel gegessen (Brötchendiät, Kartoffeldiät, Bananendiät usw.). Grund für das Beginnen einer Diät ist zumeist angenommenes oder erwiesenes Übergewicht. Mit der Diät soll einer Ursache des Übergewichtes, nämlich der Aufnahme überhöhter und nicht bedarfsangepaßter Nahrungsmengen, Einhalt geboten werden. Leider wird hier fast immer “mit Ka- nonen auf Spatzen geschossen”. Anstatt den ungefähren Nahrungsbedarf in Ab- hängigkeit von Größe, Alter, Geschlecht und Tätigkeitsprofil über Tabellen oder Berechnungen zu ermitteln und anschließend mit der tatsächlich aufgenommenen Nahrungsmenge zu vergleichen, wird im Jojo-Verfahren abwechselnd “ge- schlemmt” oder “gefastet”. Beide Zustände, vor allem der stetige Wechsel zwi- schen beiden, sind nicht geeignet, um das Körpergewicht stabil zu halten. Im Ge- genteil, durch die Hungerkuren, die nichts anderes sind als simulierte Hungersnö- te, wird bestenfalls ein kurzfristiger Körpergewichtsverlust erreicht, der zum größten Teil aus dem Abbau von Wasser und Muskulatur entsteht. Fett wird nur in geringen Mengen verbraucht, da in der Regel die Diät nicht von einem fettver- brennenden aeroben Ausdauertraining begleitet wird.

Nach Wiederaufnahme der alten Eßgewohnheiten, die bereits vor der Diät zu Übergewicht geführt haben, erhöht sich der Körperfettgehalt erneut. Die verlorene Muskulatur wird in der Regel nicht wiederaufgebaut, weil kein Muskelaufbautrai- ning durchgeführt wird. Wird diese Prozedur mehrmals wiederholt, kann das Er- gebnis nur so aussehen, daß einem ständig sinkenden Anteil aktiver Körpermasse (Muskulatur) ein ständig wachsender Anteil an passiver Körpermasse (Fett, da die Anteile an Knochen, Organen etc. gleich bleiben) gegenübersteht. Da Fett aber im wesentlichen über die Muskulatur verstoffwechselt wird, sinkt die Fähigkeit des Körpers, Fette abzubauen, während der Körperfettgehalt beständig zunimmt.

Zusätzlich wird bei einer Diät meistens nur die Nahrungsmenge mehr oder weniger drastisch eingeschränkt. Die Nahrungszusammensetzung hingegen wird oft nicht berücksichtigt. So wird weiterhin oft ein zu großer Anteil der Nahrung in Form von Fett zugeführt.

Während Kohlehydrate bis zu einer gewissen Menge unmittelbar in Energie um- setzbar sind und somit schnell wieder “verbrannt” werden, gelangen Nahrungs- fette immer zuerst in die Fettdepots des Körpers. Der Stoffwechsel des menschli- chen Körpers zieht zwar in Ruhe bevorzugt Fett als Energielieferant heran. Bei höheren Belastungen jedoch, wenn große Kalorienmengen innerhalb kurzer Zeit umgesetzt werden, besteht aufgrund des zeitraubenden und sauerstoffabhängigen Prozesses Lipolyse keine Möglichkeit, die in Fett gespeicherte Energie direkt den Verbrauchern zuzuführen. Das in den Depots gespeicherte Fett wird nur in be- stimmten Stoffwechselsituationen abgerufen, die beim modernen Menschen, vor allem aber beim Übergewichtigen in aller Regel selten vorliegen (siehe 1.3.3). [18] Auch die Aufnahme erheblicher Mengen einfacher (kurzkettiger) Kohlehydrate, wie sie in stark verarbeiteten oder industriell hergestellten Lebensmitteln oft vor- kommen (Zucker, Zuckercoleur, Glucosesirup etc.), führt zu einer Vergrößerung der Fettdepots [19]. Diese Nahrungsbestandteile führen zu einem raschen Ansteigen des Blutzuckerspiegels, der fast immer in keinem Bezug zum tatsächlichen Energiebedarf steht.

Infolgedessen werden von der Bauchspeicheldrüse große Mengen Insulin in den Blutkreislauf freigesetzt. Mittels dieses Insulins wird die im Blutzucker enthaltene Energie in Form von Fett gespeichert.

Besonders nachteilig am hohen Zuckergehalt der gängigen Nahrungsmittel ist, daß durch den rapiden Anstieg des Blutzuckerspiegels eine überschießende Insulinreaktion provoziert wird.

Nach der Umwandlung des Blutzuckers in Fett liegen die Blutzuckerwerte wieder unter dem Normalwert, so daß ein erneuter Hunger entsteht, der dann wiederum mit zuckerhaltigen Nahrungsmitteln gestillt wird. Ähnliche Kreisläufe werden bei sogenannten Radikaldiäten beobachtet.

Zuerst wird die Kalorienzufuhr drastisch eingeschränkt, dann kommt es durch den viel zu niedrigen Blutzuckerspiegel zu regelrechten “Freßlustanfällen”, denen häufig nachgegeben wird. Oft wird eine solche Diät dann wegen der hohen “Versagensquote” abgebrochen.

Diäten im oben beschriebenen Sinne erlauben fast nie ein hohes Aktionspotential bei den Hungernden. Oft dreht sich deren gesamtes Denken um das Essen oder das Vermeiden desselben. Körperliche Aktivitäten werden bewußt und/oder un- bewußt eingeschränkt. Sportliches Ausdauertraining kommt aufgrund des niedri- gen Energiespiegels für die Hungernden ebensowenig in Frage wie ein leichtes Kraftausdauertraining.

1.2.4 Die "Setpoint"-Theorie

Die Setpoint-Theorie geht entgegen der landläufig eifrig vertretenen und ge- glaubten Annahme, der Körper sei ein Gefäß, das es zu befüllen und entleeren gelte, davon aus, daß die komplizierten Stoffwechselvorgänge zwischen Lippen und Darmausgang nicht derart vereinfacht darstellbar sind. Amerikanische Wis- senschaftler haben die o.g. Auswirkungen diätischer Maßnahmen beobachtet und nach den Gründen geforscht. Bei diesen Untersuchungen stellten sie fest, daß es von Eiweiß und Fett (Atkins-Diät) kann aus den genannten Gründen im Rahmen einer Körperfettreduktion nicht sinnvoll sein.

konkrete Zusammenhänge zwischen Ernährungsgewohnheiten, Bewegungsver- halten und der Höhe des Grundumsatzes gibt. So konnte bei Personen mit einer ausgewogenen, aber vergleichsweise hochkalorischen Ernährung ein relativ nied- riger Körperfettanteil festgestellt werden, sofern diese Personen in ihrem Bewe- gungsverhalten eher dem Typ “aktiv” zuzuordnen waren. Ganz besonders deutlich wird dies bei Ausdauersportlern. Aber auch bei Personen, die keinen Sport trei- ben, wird bisweilen eine körperliche Unruhe beobachtet, ein Bewegungsdrang, verbunden mit der Fähigkeit, Nahrung in scheinbar beliebigen Mengen aufneh- men zu können, ohne an Gewicht/Körperfett zuzunehmen. [20]

Das Gegenteil, nämlich ein Hang zu körperlicher Ruhe verbunden mit der verhängnisvollen Eigenschaft, scheinbar schon vom bloßen Betrachten von Nahrungsmitteln zuzunehmen, kennzeichnet vor allem Übergewichtige, die bereits mehrere Radikaldiäten (Diäten mit stark eingeschränkter Kalorienaufnahme) hinter sich gebracht haben. Auch verloren diese Diäten hinsichtlich des erwarteten Gewichtsverlustes immer mehr an Wirkung.

Der Setpoint beschreibt im Grunde genommen nichts anderes als den verschiebbaren Parameter, mit dem der Körper Kalorien aus der Nahrung verstoffwechseln kann, ohne sie in Depotfett umzuwandeln [21].

Hintergrund dieses Parameters ist der Grundumsatz und die Leistungsfähigkeit der energieliefernden Systeme bei körperlicher Bewegung. Ähnlich der Zentral- heizung in einem Wohnhaus stellen diese Prozesse einen Regelkreis dar, der durch die Höhe des Setpoints gesteuert wird. Während aber weder äußere Ein- flüsse noch Rückmeldungen aus dem System den Thermostat der Zentralheizung dazu bewegen können, einen anderen als den eingestellten Wert anzusteuern, wird die Höhe des Setpoints mittel- und langfristig durchaus von Faktoren wie Bewe- gung und Nahrungsaufnahme beeinflußt. (Dafür fehlt, leider, die Möglichkeit, ihn wie einen Thermostat einfach von Hand auf den gewünschten Wert einzustellen.)

[...]


[1] vgl. Markworth, Peter; Sportmedizin, Rowohlt Taschenbuch Verlag , Reinbek ,1983, S.242

[2] Markworth, a.a.O.,S. 245

[3] de Marées, Horst; Sportphysiologie, Tropon Verlag, Köln-Mülheim, 3. Auflage 1981, S.489

[4] vgl. Markworth, a.a.O.,S. 237

[5] de Marées, a.a.O., S. 431

[6] de Marées, a.a.O., S. 439

[7] Markworth, a.a.O.,S. 251

[8] vgl. Markworth, a.a.O., S. 245

[9] vgl. Klein, Volker, Fettabbau - Schlank werden und bleiben, Novagenics, Arnsberg 1991, S.19

[10] de Marées, a.a.O., S. 481

[11] de Marées, a.a.O., S. 481

[12] vgl. Klein, Volker, a.a.O., S.45

[13] Markworth, a.a.O., S. 257

[14] Die Angaben zur Belastung beziehen sich auf einen sportlich nicht trainierten Menschen. Eine mittlere Belastung kann für einen Hobbysportler bei einem mittleren Lauftempo vor liegen, ein Sportler wird selbst ein schnelles Lauftempo subjektiv als mittlere Belastung einstufen. Als Maß für den subjektiven Grad der Belastung können körperliche Reaktionen (Puls über 130/min., ver- mehrtes Schwitzen, erste Anzeichen von Atemnot) oder der Lactatwert herangezogen werden.

[15] Eine mittlere Belastung sollte immer noch im aeroben Bereich liegen, d.h. bei einem Lactatwert unterhalb der aeroben Schwelle von 2 mmol Lactat / l Blut siehe auch 1.2.1). Das Diagramm kann daher nicht auf (Kraft-)Ausdauersportarten übertragen werden, weil diese nie mit maximaler Intensität durchgeführt werden.

[16] de Marées,a.a.O., S. 444

[17] Alle Werte geschätzt, nach Neumann, 1991, 1992; Worm, 1993, aus :Stemper, Theo; Fett abbauen, in: Sportstudio und Fitness-Center, 1993

[18] Eine Ausnahme bilden die Mittelkettigen Triglyzeride (MTC´s). Aufgrund ihrer Struktur (an das Glyzerinmolekül sind kürzere Fettsäuren gebunden) werden sie anders resorbiert als andere Nahrungsfette. Sie werden, ähnlich wie Kohlehydrate, schnell verstoffwechselt und können damit direkt zur Energieversorgung herangezogen werden.

[19] Eiweiße werden nur zu etwa 10 % der aufgenommenen Menge zur Energieversorgung heran- gezogen und können daher in dieser Betrachtung vernachlässigt werden. Zu beachten ist aller- dings, daß dies nur für reines Eiweiß gilt. Eiweißhaltige Nahrungsmittel (Milch, Quark, Käse, Fisch, Fleisch, Geflügel etc.) enthalten oft erhebliche Mengen Fett. Eine übermäßige Aufnahme

[20] Siehe dazu auch: Lawder. John O.: I.N. Diät, The Individulized Nutritional Plan for your vita- min needs and optimum health, energy, and longevity, Eigenverlag, Kalifornien (USA) 1986, S.37 ff.

[21] vgl. Remington, D; Fisher, G.; Parent, E.: How to lower your fat thermostat; Vitality House Int., Provo, Utah (USA) 1983

Ende der Leseprobe aus 66 Seiten

Details

Titel
Die sportmethodische Gestaltung eines Spezialtrainings für Übergewichtige
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Note
1.3
Autor
Jahr
1996
Seiten
66
Katalognummer
V185128
ISBN (eBook)
9783656982883
ISBN (Buch)
9783867460323
Dateigröße
1036 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
gestaltung, spezialtrainings, übergewichtige
Arbeit zitieren
Volker Klein (Autor:in), 1996, Die sportmethodische Gestaltung eines Spezialtrainings für Übergewichtige, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185128

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