Michael Köhlmeiers "Die Musterschüler"

Das Werk, Inhalt, Zusammenfassung und Biographie


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

47 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Michael Köhlmclcn -Die Musterschüler“:

I) Biographie: (S.7-8)

Π) Inhaltsangabe:

Ш) Interpretation:

A) Der Intematsroman:

1) Eine Gattung mit Tradition:

a) Seit wann?

Besonders seit Beginn des 20.ten Jahrhunderts.

b) Worauf liegt der Hauptakzent dieser Gattung?

Auf einer durchwegs negativen Darstellung der Internate und deren Erzieherschaft.

c) Beispiele:

1903 : Hesse: Unterm Rad

1905: H.Mann: Prof. Unrat. Oder das Ende eines Tyrannen

1906: Musil: Die Verwirrungen des Zögling Törless

Sie gelten als Anklageschrift gegen die Internate und die allgemein üblichen

Erziehungsrituale in dieser Zeit.

1930 Torberg: Der Schüler Gerber, dessen Protagonist am Mathe Professor Kupfer zerbricht

d) Was passierte in den 60ger Jahren?

Infolge der Bildungsrevolie der 60ger Jahre und durch die Infragestellung traditioneller Erziehungsförmen rückte das Internat wieder verstärkt in den Blickpunkt des literarischen Interesses. Es kam zu einem waren Boom an Intematsromanen.

e) Beispiele aus den Jahren 60 und 70?

Frischmuth: die Klosterschule 1968 Bernhard: Die Ursache. Eine Andeutung 1975

f)Beispiele aus den 80ger Jahren:

Michael Köhlmeier: Die Musterschüler 1989

2) Die Musterschüler im Spiegel der Literaturkritik:

a) laut Gemot Hämmerle:

- Die Musterschüler werden weniger besprochen als Köhlmeiers Roman „Spielplatz der Helden“.
- Die Musterschüler sind weniger erfolgreich, weil das Buch vielleicht zu dick ist und für viele Literaturkritiker abschreckend.

b) Andere Meinungen: von sehr gut bis überschwenglich

c) Der Intematsroman:

Alte Elemente, die eine Schulgeschichte erwarten lässt, sind auch im Roman vorhanden: einen Präfekten, der die ihm Anvertrauten gnadenlos diszipliniert, einen aufgeblasenen Klassenprimus, homoerotische Gehversuche, derbe Späße etc.

d) Was für eine Rolle spielt das Internat im Roman?

Das Internat dient dem Autor als Modell, in dem er sowohl individuelle als auch gruppendynamische Extremsituationen ansiedelt.

e) Gib einen kurzen Überblick über die Handlung:

Das Klima dieser autoritären Regelwelt lässt 7 Musterschüler einer Intematsklasse im Jahre 1963 zu Tätern werden, die den Klassenkameraden Gebhard Malin krankenhausreif prügeln. Dieser grausame Akt macht sie zu Schuldigen. 25 Jahre später begibt sich der Ich- Erzähler, inzwischen ein verbürgerlichter 68ger, auf die Suche nach den Hintergründen dieser Tat und entdeckt dabei die eigene Schuldhaftigkeit. So werden Schicht um Schicht Erinnerungen freigelegt, die den Nerv der Zeit in mehrfacher Hinsicht treffen.

f) Wie ist das zentrale Thema des Buches?

Es geht um den Umgang mit einer scheinbar vergessenen, in Wahrheit aber nur verdrängten Schuld, ein Thema, dass durch die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit in den letzten Tagen wieder aktuell wurde. Im Buch ist der Versuch einer Selbstdarstellung einer ganzen Generation, ein Männerbuch, das zeigt, wie die heute 40jährigen das wurden, was sie heute sind. Sie sind jetzt 50.

g) Bis wann reichen die Wurzeln des Romans zurück?

Die Wurzeln des Romans reichen bis an den Anfang unseres Jahrhunderts zurück. Damit will der Autor am literarischen Intematsroman dieser Zeit gemessen werden und er braucht den Vergleich nicht zu scheuen.

h) Unterschiede zwischen den Intematsromanen von damals und dem Roman von Köhlmeier.

Hesse und Musil bieten fast ausschließlich eine intime Innenansicht ihrer Protagonisten. Bei Köhlmeier MS wird auch die Außensicht des Geschehens beleuchtet. K. bemüht sich um die größte Objektivität /Distanz und trifft somit auf die Schwierigkeiten bei Schreiben der Wahrheit.

3) Die Aktualität des Themas:

a) Die Niederschrift des Romans: 1988.

b) Die Erscheinung des Romans:

c) Warum ist das Thema wichtig?

Der Roman, der in die Zeit der tntematsjahre des Ich- Erzählers von 1960-63 verlegt, besitzt das Thema der Intematserziehung in der gegenwärtigen Gesellschafts- und Erziehungskultur und deshalb ist er wichtig. Es gibt in Österreich über hundert Internate bzw. Schülerheime (Lehrlings- und Berufschulheime nicht mit eingerechnet) und somit müssen eine ziemlich große Anzahl von Kindern und Jugendlichen in so einer außerfamiliären Erziehungseinrichtung aufwachsen. Diese Erzieher - Schüler Situation birgt Probleme und Konfliktsituationen in sich, die sowohl den heranwachsenden Menschen als auch die verantwortlichen Pädagogen vor eine große Harausforderung stellen.

d) Warum gibt es in Österreich kaum wissenschaftliche Arbeiten zur Intematserziehung?

Weil die Intematsleiter/ die Intematsträger (Kirche und Private) massive Vorbehalte gegen Untersuchungen ihrer Einrichtung geben.

e) Welche Meinung gibt es generell über das Heimklima?

In einer jüngeren Studie haben über die Hälfte der befragten Schüler angegeben, dass sie sich selten im Heim wohl fühlen.

f) Welche Rolle hat das Internat und welche Probleme entstehen daraus?

Das Internat soll Zöglinge auf ihr zukünftiges Leben in der Gesellschaft vorbereiten. Dabei existiert aber eine Diskrepanz zwischen den Zielen und Regelungen und der tatsächlichen Situation der Heimschülerinnen.

g) Welche Gefährdung bildet das Internat?

Das Internat kann eine positive Persönlichkeitsentwicklung gefährden, da der Wohn- und Lebensraum verschmolzen ist, da die Zöglinge von der Außenwelt völlig isoliert sind. Da sie durch den schulischen Leistungsdruck, die Mechanismen der Kontrolle und die Überwachung aller LebensvoUzüge völlig überfordert sind.

h) Was für Konsequenzen bringt eine Schülererziehung mit sich?

Die Schule bleibt zwar nicht, der Schüler geht aber auch nicht frei. Er schleppt die Prägung mit sich herum durchs Leben.

i) Vorgangsweise im Roman:

Der Roman umfasst 571 Seiten, ist ein Dialog, den der Ich- Erzähler mit einer unpersönlichen, fragenden Instanz abhält, die man entweder Beichtvater oder Inquisitor oder auch Therapeuten nennen könnte. Der Ich- Erzähler recherchiert 25 Jahre nach den Klassenprügeln die Ursachen, besucht und befragt seine ehemaligen Mitschüler und versucht dadurch eine Klärung der Schuld zu finden. Michael Köhlmeier springt in der Handlung vor und zurück, schneidet Themen an, lässt sie einfach stehen und greift sie später wieder auf, wodurch ein sehr komplexer Text entsteht.

B) Die Strukturanalyse:

1) äußerer Aufbau:

- wie sieht er aus?

Der Roman ist eingerahmt von 2 Gedichten, besteht aus 20 Kapiteln und ist in 5 Teile gegliedert.

- Welche Bedeutung haben die Teile?

Teil 3 mit seinen 4 Kapiteln bildet eine Mittelachse, an der sich Teil 1 und 5 mit jeweils 3 Kapiteln und Teil 2 und 4 mit jeweils 5 Kapiteln spiegeln. Diese Anordnung, die mathematisch strukturiert ist, hat auch eine inhaltliche Entsprechung. Die Stabilität eines Intematssystems, die in Teil 1 geschildert ist, deren Gesetze eine Atmosphäre der Unterdrückung, Pflichterfüllung und Einsamkeit erzeugen, fällt in Teil 5 auseinander -> die Zöglingsgemeinschaft zerbricht, das Heimgebäude wird abgerissen.

- Warum?

Während in Teil 2 Erklärungen gesucht werden, die die Zöglinge zu einer kollektiven Züchtigung veranlasst haben, zeigt Teil 4, wie sich die inzwischen Erwachsenen Klassenkameraden mit dieser Vergangenheit auseinandersetzen. Das Zentrum der Vergangenheitsbewältigung, um die sich der gesamte Dialog dreht, bildet Teil 3: die eigene Schuld muss erkannt und formuliert werden.

- Bemerkenswertes?

Der Umfang der Kapitel ist ausgewogen und bewegt sich um die Anzahl von 30­35 Seiten. Ausnahmen: Kap. 8 mit 2 Seiten und Kap. 17 und 20 mit jeweils 3 Seiten.

a) Teil 1:

- Was bildet den zentralen Vorfall des Romans?

Die Klassenprügel. Sie bilden das Thema eines Dialogs zwischen dem Ich­Erzähler und einer nicht näher definierten fragenden Instanz, dieser Dialog wird bis zum Ende des Buches durchgehalten.

- Was ergibt sich auf der Suche nach dem „Warum“ der Klassenprügel?

Ein Mosaik aus Umständen und Motiven.

- Was fur eine Schlussfolgerung entsteht?

Es ist sehr schwierig ja gar unmöglich eine allgemeine Erklärung zu finden, diese zu formulieren und so Wahrheit beschreiben zu können. MK kann sich nur in seinem Roman einer Lösung annähem.

- Welche Vorschau bezüglich der Problematik gibt es schon zu Beginn des Romans?

Der Schüler ist verprügelt worden wegen der Lateinschularbeit. Eine Ursache gibt es immer, aber Warum? muss nicht immer beantwortet werden.

- Worin liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Kap. 1?

In der Beschreibung des Nährbodens für eine solche Tat, nämlich der autoritären Strukturen innerhalb des Heimes, personifiziert in der Figur eines unberechenbaren, alles beherrschende Präfekten; ein hierarchisches System, das von den Heimschülem intemalisiert und sich in einer Hackordnung, in der die Ältesten ganz oben und die Jüngsten ganz unten stehen manifestiert.

- Worüber gibt Kap. 2 Aufschluss?

über den Außenseiterstatus, den Gebhard Malin innerhalb des Klassenverbandes hat, und verweist somit auf die Dynamik der Gruppe, die gerade ihn zum Opfer hat werden lassen.

b) Teil II:

- Was schildert der Ich- Erzähler im Teil II?

Er schildert seine individuellen / subjektiven Beweggründe für die Teilnahme an der Prügelei.

- Was sagt er über sich selbst?

Er verschönert die Tatsachen, macht eine oft amüsante Analyse seiner Zöglingspsyche, die aufgrund seiner Liebesgeschichte, die fast ganz in seiner Phantasie stattfmdet, aus den Fugen gerät.

- Welchen Platz nimmt Veronika Tobler in der Handlung ein?

Sie ist das Mädchen, das der Ich- Erzähler flüchtig berührt. Außerdem ist sie die Freundin von Gebhard Malin. Daraus ergibt sich im Kap. 4 das persönliche Rache - Motiv des Ich- Erzählers nämlich die Eifersucht, noch dazu verstärkt im Kap. 5 durch den Streit mit seinem besten Freund im Heim, mit dem Franz Brandi, da er auch diesen eines amoureusen Verhältnisses mit Veronika verdächtigt.

- Was markiert das Kap. 8?

Das 8.Kap. (Zwei Seiten lang, am Ende des II.Teiles), markiert eine erste Zäsur im Hinblick auf den Umgang mit der Vergangenheit. Die Beschreibung eines Traumes des Ich- Erzählers signalisiert, wie sich die Macht des Unterbewusstseins der Verdrängung entgegenstellt.

- Worauf verlagert sich ab jetzt der Schwerpunkt der Romanhandlung?

Der Schwerpunkt verlagert sich von Ursachen und Anlässen auf das tatsächliche Verhalten der Musterschüler, was schlussendlich zu einer Ansammlung von Erklärungsmodellen führt, die so vielfältig ist wie die Zahl der Schuldigen selbst. Somit wird die Schuld des Einzelnen zum Thema.

c) Teil III:

- Welche Bedeutung hat der Furz des Schülers Ferdi Turner?

Er löst eine Kette von Entwicklungen aus, an deren Ende es Klassenprügel für Gebhard Malin gibt.

- Die Geschichte des Furzes:

Einen Tag vor Allerheiligen hatte Ferdi Turner, einer der Musterschüler, diesen Furz, während der Präfekt den Zöglingen im Schlafsaal auf seiner Querflöte vorspielte, gelassen. Ein Schülerstreich mit fatalen Konsequenzen.

- Welche Konsequenzen?

Die Schüler bleiben über Allerheiligen im Heim. Drei Tage Strengstudium, drei Tage Silentium, Ausnahme eine Halbe Stunde nach dem Mittagessen und eine Halbe Stunde nach dem Abendessen. Da mussten sie Fußballspielen. Der Schiedsrichter war der Präfekt. Das auch gehörte zur Strafe. Aber noch dazu: der Klasse wurde drei Wochen lang, bis zur nächsten Schularbeit Strengstudium verordnet.

- Welchen Inhalt hat das Kapitel 9 des Teiles III?

Im Kap. 9 des III. Teiles sehnt sich die Klasse die Rückgabe der Schularbeitenkorrektur herbei, um wegen des erwarteten guten Ergebnisses die Kollektivstrafe gegen eine Kollektivvergünstigung tauschen zu können. Daraus wird aber leider nichts, weil Malin, als einziger, ein Nichtgenügend geschrieben hat, was für alle unerklärlich ist. Emeut wird die Klasse zu 3 Wochen Strengstudium mit verschärften Bedingungen verdammt. Es gibt also nur eine Chance dieser Strafe zu entgehen: die Bestrafung des Abtrünnigen.

- Was geschieht im Kap. 10?

Im Kap. 10 halten die Musterschüler ein Tribunal ab und verurteilen Gebhard Malin zu leichten Klassenprügeln. Die Befehlsempfanger haben selbst entschieden und sind somit erstmals Schuldige geworden. Die Opfer werden zu Tätern, die in Eigenverantwortung handeln und dafür zur Rechenschaft gezogen werden können.

In wie weit ist der III. Teil der Teil der Wende?

Der Teil III, die Mittelachse des Romans, gilt als Wendepunkt dadurch, dass in den Kap. 11 und 12 der Ich- Erzähler erstmals seinen eigenen Verrat konkret erwähnt, hatte er bisher die Aufmerksamkeit der Leser auf die Machtstrukturen und die persönlichen Motive der verschiedenen Schüler gelenkt. Der Ich­Erzähler war es doch, der den flüchtigen Angeklagten aufspürt, belügt und hinterrücks in den Verhandlungssaal zu den richtenden Kameraden stößt.

- Was bildet dieses Geständnis?

Dieses Geständnis bildet somit die Basis für eine langwierige Suche nach Selbsteinsicht und für ein Schuldbekenntnis.

d) Teil IV:

- Was ist aus den Musterschülern geworden?

Manfred Fritsch: Kulturjoumalist und Hobbypsychologe Alfred Lasser: Universitätsassistent und Ursachenforscher Edwin Tiefentaler: Kapitalist

Oliver Starche: Pfarrer und Alkoholiker

Ferdi Turner: Gymnasiallehrer und Leidender an allem

Franz Brandi: Hausmann und Übriggebliebener der Hippigeneration

Ich - Erzähler: ?

- Was denkt j eder über die Klassenprügel?

Jeder hat eine eigene Erklärung, wie es zu diesem Akt der Selbstjustiz kommen konnte, und sie haben eine individuelle Methode entwickelt, damit umzugehen.

- Was wird daraus deutlich?

Es wird deutlich, wie schwierig bzw. unmöglich es ist Wahrheit zu fassen und zu beschreiben. Es bleibt bei einer Annäherung, die bei allen Klassenkameraden, bis auf Edwin Tiefentaler, zu einem Schuldeingeständnis führt.

- Was stellt das kurze 17.Kap. dar?

Das kurze 17. Kap. schließt den Teil IV ab. Die Handlung spielt im Montafon, wo sich 4 der Klassenkameraden treffen, um gemeinsam mit Malin und dieser unangenehmen Sachen ins Reine zu kommen. Sie sind bereit für ihre Tat zu büßen, aber der Bauernhof der Malins ist inzwischen ein Hotel, der Geprügelte längst nicht mehr auffindbar. Die Schuldigen haben somit ihre Schuldigkeit getan. Die Musterschüler, zugleich Schuldige und Opfer verdienen endlich erbarmen.

e) Teil V:

- Was hat den Ich- Erzähler dazu bewegt Recherchen anzustellen?

Die Trennung von seiner Frau war die Ursache seiner Suche nach den Spuren.

- Was passiert den Musterschülern unter der Last der Schuld0

Die Klassengemeinschaft der Zöglinge bricht auseinander, die Wege trennen sich. Wie die meisten zieht auch der Ich- Erzähler am Ende des Schuljahres aus dem Internat aus.

- Was ist mit dem Heim?

Wo keine Gemeinschaft ist, regiert auch der Zerfall. Daher: drei Tage nach der Tat wird das Heim aufgelöst und das Gebäude abgebrochen.

- Welchen Eindruck vermittelt die Prügelszene?

Den Eindruck einer unspektakulären Handlung (im Schlusskapitel, drei Seiten lang).

- Wie wird sie geschildert?

Durch einzelne kurze Szenen, die aneinander gereiht sind, die aber erst im Gesamten das Grausame der kollektiven Prügel vermitteln.

f) Das Sonett:

- Struktur: Die zwei Gedichte sind ident. Nur in der Zeilenbrechung sind sie verschieden. Sie haben Akrosticha.
- Welche Frage gibt es?

„Wo heilt die Welt?“ an Anfang des Romans.

- Welche Antwort gibt es?

„Wo einer leidet an allem.“ am Ende des Romans.

- Was bedeutet der Romans?

Das Frage- und Antwortspiel von ungefähr 570 Seiten ist die Brücke zwischen diesen beiden Polen.

- Köhlmeier und Präfekt:

Der Präfekt hat versucht ein singbares Sonett zu schreiben. Es ist ihm verwehrt geblieben. Köhlmeier hat’s geschaffen.

2) Innerer Aufbau:

a) Zeit- und Handlungsebenen:

- Erste Ebene: Ein völlig neutralbleibender Er- Erzähler. Seine einzige Aufgabe ist es die dialogftihrenden Figuren A und В auftreten zu lassen.
- Zweite Ebene: Die Dialogebene: Die Figur A übernimmt die Rolle des Interview- Partners, der das Gespräch steuert. Die Figur В übernimmt die Rolle des Narrators in Form eines Ich- Erzählers. Die Ich- Erzählung hat einen Doppelaspekt: das Ich ist erzählendes Ich auf der Ebene des Dialogs und ein erlebendes Ich auf der Ebene der Handlung.
- Wie viele Zeit- und Handlungsebenen gibt es also?

Insgesamt drei.

Erstens: die Erzählgegenwart (der Dialog)

zweitens: die jüngere Vergangenheit (die etwa 2 Jahre dauernden

Nachforschungen und Besuche des Ich- Erzählers bei den erwachsenen

Musterschülern)

drittens: die ältere Vergangenheit (die 25 Jahre zurückliegende Intematszeit, die sich über 3 Jahre erstreckt)

- Wodurch wird die Chronologie des Geschehens unterbrochen?

Durch die ständigen Vor- und Rückgriffe des Ich- Erzählers.

- Was entsteht dadurch?

Eine Verflechtung der 3 Handlungsebenen: die Intematszeit dient dem Ich­Erzähler als Erklärung und Rechtfertigung für die Tat; in der Zeit der Nachforschungen wird die Struktur des Verdrängens aufgebrochen und in der Dialogzeit findet die aktive Bewältigung der Vergangenheit aus der Sicht des Ich- Erzählers statt.

- Welches Doppel gesicht /Dualität besitzen die Klassenkameraden?

Sie sind als Erlebende und als darüber Reflektierende tätig. Sie entpuppen sich als modellhafte Typen, die jeweils einen anderen Umgang mit der Schule pflegen.

- Gibt es einen Unterschied zwischen den Musterschülern im Internat und den erwachsenen Musterschülern?

Kaum, weil sie ziemlich genau der Rolle entsprechen, die sie im Internat eingenommen haben. Es finden keine charakterlichen Veränderungen oder Entwicklungen statt. Sogar die Wahl der beruflichen Tätigkeit ist eine logische Konsequenz aus den verschiedenen Positionen, welche die Zöglinge innerhalb der Klassengemeinschaft bekleidet haben. Die Musterschüler entpuppen sich somit als jeweils typische Vertreter einer bestimmten Gesinnung. Nach dem Zusammenbruch des Heimes haben sie keinen Kontakt mehr miteinander, bis der Ich- Erzähler seine Nachforschungen anstellt. Auch dann treten diese Figuren nur miteinander in Verbindung, wenn ihre verschiedenen Sichtweisen für die Klärung der Klassenprügel relevant sind.

b) Die Figuren:

- Manfred Fritsch:

Funktion in der Klasse: Der Klassensprecher der Musterschüler, hat kaum eine Anfuhrerrolle, will bei niemandem anecken, will keine Verantwortung tragen. Funktion in den Verhandlungen über die Klassenprügel: Er übernimmt die Funktion des Protokollanten, der die Meinungen der Mitschüler sammelt und schriftlich festhält.

Beruf als Erwachsener: Journalist in der Kulturabteilung des ORF und bleibt seiner Rolle als Berichterstatter, der Distanz zum Geschehen hält, treu.

Haltung in seiner Stellungnahme zu den Klassenprügeln: er verharrt in der Defensive, zeigt nur bedingte Schuldeinsicht und argumentiert wie einer, der nicht selber zugeschlagen hat.

Auswirkung der klösterlichen Erziehung bei ihm: sie hinterlässt Spuren bis in die Wahl seines Dissertationsthemas (Über den heimlichen Lehrplan = die Schüler wissen, was der Lehrer wissen will, und richten sich danach)

Motive für seine Tat: er ist Halbwaise, Sohn einer Bäuerin und durch die Protektion seines Dorfpfarrers ins Heim gekommen. Als Motiv für seine Tat steht „der kleine Teufel Heimweh“, (vgl. Hesse) Der unbeteiligte Fritsch hat nichts gegen Malin, er will ganz einfach nur nach Hause fahren. So ist für ihn nicht der Inhalt des Auftrages, der vom Präfekten erteilt worden ist, wesentlich, sondern seine Ausführung. Mit der Verprügelung Malins löst er die Fahrkarte für die Heimfahrt.

- Alfred Lässer:

Rolle in der Klasse: das Engelchen im Internat; mit hellblauen Augen und lockigem hellblonden Haar; der schönste Ministrant aller Zeiten; im Internat macht er die Knaben verrückt, als Erwachsener macht er die Frauen verrückt. Beruf: Assistent an der Uni Innsbruck

Theorie für das Nichtgenügend: Die Blackout Theorie (geriiäß seinem Beruf gelangt er zu einer wissenschaftlich- psychologischen Erklärung des damaligen Geschehens): Hätte Malin kein Blackout gehabt, wäre seine Lateinschularbeit nicht negativ ausgefallen, dann hätte der Präfekt auch keinen Auftrag erteilt, und es wäre nie zu den Klassenprügeln gekommen.

Was macht er, nachdem er mit dem Ich- Erzähler gesprochen hat? er bemüht sich um Wiedergutmachung und organisiert das Klassentreffen im Montafon. Portrait: Der Zögling Alfred Lässer verkörpert in der Diskussion um die Klassenprügel den Typen „guter Gefolgsmann“. Er hat keinerlei persönliche Aversionen/ Abneigungen gegen Malin. Ihm schmeichelt nur die Macht, die von Tiefentaler ausgeht, der die Anführerrolle der Musterschüler einnimmt. Am Anfang leistet Lässer Widerstand gegen die Bestrafung Malins. Dieser aber wird immer schwächer, bis er einen Frontwechsel vollzieht.

- Oliver Starche:

in der Klasse: er gilt als überfromm und fanatisch religiös; im späteren Leben: Pfarrer und Alki

Haltung seiner Schuld gegenüber: nach dem Gespräch mit dem Ich- Erzähler verfasst er einen langen Brief, in welchem er über seine Schuld und deren Verdrängen referiert. Er beruft sich auf ein religiös- katholisches System, in dem er sich als Gefangener sieht.

Grund für seine Beteiligung an den KP: Er hat seine erste Liebe verloren. Während der Intematszeit hatte der homophile Oliver ein Verhältnis mit Malin.

[...]

Ende der Leseprobe aus 47 Seiten

Details

Titel
Michael Köhlmeiers "Die Musterschüler"
Untertitel
Das Werk, Inhalt, Zusammenfassung und Biographie
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
47
Katalognummer
V185072
ISBN (eBook)
9783656098744
ISBN (Buch)
9783656098935
Dateigröße
2981 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Michael Köhlmeier;, Die Musterschüler;
Arbeit zitieren
MMag. Dr. Sabine Picout (Autor:in), 2001, Michael Köhlmeiers "Die Musterschüler", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185072

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Titel: Michael Köhlmeiers "Die Musterschüler"



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