Braucht Europa eine europäische Sozialpolitik?


Seminararbeit, 2001

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I.Einleitung

II. Hauptteil
A. Die Geschichte der Sozialpolitik in Europa
Der Vertrag von Rom
Die Einheitliche Europäische Akte
Die Sozialcharta
Die Verträge von Maastricht und Amsterdam
B. Sozialpolitische Konzepte
Harmonisierung
Nationalstaatliche Sozialpolitik
C. Sozialpolitik als Standortfaktor
Geldpolitik
Lohnpolitik
Sozialdumping
Öffentliche Güter und Steuern
Tiebout
Oates
Sinn
D. Überprüfung der sozialpolitischen Konzepte
Harmonisierung
Nationalstaatliche Sozialpolitik

III. Schlußfolgerung

Literaturverzeichnis

Tabellenverzeichnisverzeichnis

Tabelle 1: Bruttoninlandsprodukt (auf der Basis der ECU von 1985) und Sozialleistungsquote in der EU, 1993

I. Einleitung

Mit dem Vertrag von Amsterdam ist die Sozialpolitik als Aktionsfeld für die Europäische Union (EU) festgeschrieben worden. Die Sozialpolitik hat die neuen Aufgaben in Angriff zu nehmen, die durch Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) entstanden sind. Die Einrichtung des gemeinsamen Binnenmarktes führte zu einer neuen Wirtschaftspolitik, welche die Bedeutung der nationalen Sozialpolitiken als Standortfaktoren betont. Eine divergierende sozialpolitische Strategie auf nationalstaatlicher Ebene beinflußt nun unmittelbar die Wettbewerbsfähigkeit der nationalen Unternehmen und kann nicht mehr abgefedert werden. Durch die langanhaltende Massenarbeitslosigkeit in Europa, die zunehmende Bedeutung des Gesundheitssektors und die demographischen Veränderungen sind die sozialen Systeme der Nationalstaaten bereits stark beansprucht. Es wird befürchtet, daß es bei der Reformierung der Sozialsysteme zu einem „Sozialdumping“ kommen könnte. Im Hauptteil wird ausgeführt, wie dies schlimmstenfalls zu einem Zusammenbruch der gemeinsamen Währung führen könnte. Es wäre ein herber Rückschlag für die EU und damit die wirtschaftliche und politische Stabilität Europas.

Bei der Neuausrichtung der Sozialpolitik ist sowohl auf nationaler wie auch auf europäischer Ebene das Effizienzkriterium als oberstes Prinzip zu beachten. Braucht Europa eine europäische Sozialpolitik, und wenn ja, in welcher Form? Durch den Vertrag von Amsterdam wäre der Weg für eine gewichtige europäische Sozialpolitik frei, auch wenn die wichtigsten Entscheidungen z.B. im Bereich der sozialen Sicherheit weiterhin Einstimmigkeit im Ministerrat erfordern. Hier muß überprüft werden, ob es das Effizienzkriterium nicht erfordert, einen Wettbewerb der sozialpolitischen Institutionen herzustellen. Denn dann müßten die nationalstaatlichen Sozialpolitiken weitestgehend nebeneinander bestehen bleiben.

II. Hauptteil

A. Die Geschichte der Sozialpolitik in Europa

Im Folgenden wird die Geschichte der Sozialpolitik bis heute kurz nachgezeichnet, um daraus Erkenntnisse für zukünftige Möglichkeiten der Sozialpolitik zu gewinnen. Diese Darstellung von Maastricht und den Grundlagen europäischer Sozialpolitik erfolgt in Anlehnung an Schulz [Schulz 1996, S.7 ff].

Der Vertrag von Rom

Die erste wichtige vertragliche Festlegung im Vertrag von Rom war die, daß Sozialpolitik zunächst auf nationaler Ebene stattfindet. So wurden die Grundlagen für die Sozialpolitik sehr

zurückhaltend gestaltet. Die Kommission hatte „eine enge Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in sozialen Fragen zu fördern“, als Aufgabe der Gemeinschaft wird im EWG- Vertrag in Art. 2 die „beschleunigte Hebung der Lebenshaltung“ festgelegt. Der neugeschaffene europäische Sozialfonds sollte zur Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer und zur Verbesserung ihrer Lebenslage beitragen. „Nach der vertraglichen Gestaltung konnte man damals in der Tat vom ‚Stiefkind Sozialpolitik‘ sprechen“ [Schulz 1996, S.9].

Der einzige sozialpolitische Handlungsauftrag war die Herstellung und Organisation der Freizügigkeit der Arbeitskräfte innerhalb der Gemeinschaft und die Regelung ihrer sozialen Sicherung. In diesen Bereichen wurde auch gehandelt, heraus kam die

„Freizügigkeitsverordnung“ und eine Verordnung über die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer. Letztere Verordnung koordiniert die nationalen Sozialsysteme. Dabei gilt das Prinzip der Inländerbehandlung: Der Wanderarbeitnehmer soll im Aufnahmeland wie ein inländischer Arbeitnehmer behandelt werden. Feldmann sieht „ein Problem der Koordinierungsregeln [..] darin, daß sie zu künstlichen Wanderungsanreizen führen“ [Feldmann 1999, S. 1527]. Dies war jedoch bisher nicht der Fall und es bleibt abzuwarten, ob die EU-Osterweiterung zu einer „Armutswanderung“ führt (vgl. Alestalo/Kosonen 1995). Der Erfolg bei der Implementierung der Freizügkeit der Arbeitnehmer läßt sich wohl daraus erklären, daß zwischen den Nationen ein Konsens über die Notwendigkeit einer Regelung bestand. Diese mußte zwangsläufig auf europäischer Ebene gefunden werden, da die Frage der Freizügigkeit der Arbeitnehmer wie oben angedeutet von grenzüberschreitenden Auswirkungen war. Der politische Wille der Entscheidungsträger der Nationalstaaten war Bedingung für eine gemeinschaftliche Lösung, fehlende Handlungsermächtigungen wurden durch die Berufung auf teilweise gewagte Interpretationen einiger Artikel beschafft. So wurde der Artikel 117 des Vertrags von Rom, welcher aussagt, daß sich die Mitgliedsstaaten „über die Notwendigkeit einig [sind], auf eine Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitskräfte hinzuwirken“, als Grundlage für sozialpolitische Regelungen auf europäischer Ebene „umgedeutet“. Sozialpolitik wurde vordergründig als Instrument gesehen, welches den gemeinsamen Binnenmarkt fördern sollte [vgl. Leibfried/Pierson 1999].

Anfang der 70er Jahre, als die politische Union und Wirtschafts- und Währungsunion angestrebt wurde, sollte die Sozialpolitik dann wieder aufgewertet werden. Ein sozialpolitisches Aktionsprogramm wurde aufgestellt, um die geplante Wirtschafts- und Währungsunion zu begleiten. Allerdings brach die gewonnene Initiative mit Beginn der Ölkrise und der Focussierung auf nationale Probleme ab. Ein einziger Erfolg dieser Zeit war,

daß die Sozialpolitik ihre Daseinsberechtigung nicht mehr aus dem gemeinsamen Binnenmarkt ableiten mußte sondern allgemein als notwendig erachtet wurde.

Insgesamt läßt sich wohl festhalten, daß in der Zeit vor der Einheitlichen Europäischen Akte die Sozialpolitik immer dann zu einem Ergebnis auf europäischer Ebene führte, wenn die Mitgliedsstaaten sich in der Sache einig waren. Auch wenn die Rechtgrundlagen nicht immer überzeugend gewesen sind, wurde durch die Einstimmigkeit gewährleistet, daß kein Staat einen ungwünschten Eingriff in seine inneren Angelegenheiten hinnehmen mußte. Rechtsfrieden und Sicherheit wurden so gewährleistet. Weiterhin wurde deutlich, daß sich anstatt der Harmonisierung das Konzept der Konvergenz unter Einsatz des Instrumentes Mindeststandards durchsetzte.

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Braucht Europa eine europäische Sozialpolitik?
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen  (Seminar für Volkswirtschaftslehre)
Veranstaltung
Seminar Aktuelle Fragen zur europäischen Wirtschaftspolitik
Note
1,7
Autor
Jahr
2001
Seiten
19
Katalognummer
V1849
ISBN (eBook)
9783638111355
Dateigröße
411 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
europäische Sozialpolitik
Arbeit zitieren
Dirk Ehnts (Autor:in), 2001, Braucht Europa eine europäische Sozialpolitik?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1849

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