Wertschöpfung durch vernetzte Kompetenz - Von Unternehmens- zu Kompetenznetzen der Produktion


Fachbuch, 2001

196 Seiten, Note: 1,4


Leseprobe


Inhalt

0. Vorwort

1. Wandlung der Wertschöpfungsstrukturen in Unternehmen
1.1. Charakteristik derzeitiger Unternehmen
1.2. Charakteristik zukünftiger Unternehmen
1.3. Innovation durch Kompetenzvernetzung

2. Innovation und synergetische Kooperation
2.1. Innovation – Voraussetzung für erfolgreiche Wertschöpfung
2.1.1. Begriff und Inhalt
2.1.2. Innovationsansätze
2.1.3. Anforderungsprofil an Innovationen
2.2. Vorgehensmodell - Kundenorientierte Innovation mit synergetischer Kooperation
2.2.1. Auslösen kundenorientierter Innovationen
2.2.2. Aufbau synergetischer Kooperation
2.2.3. Betreiben synergetischer Kooperationsnetze
2.2.4. Beispiele
2.3. Bewertung von Kooperation
2.4. Kooperationstypen der Produktion

3. Wertschöpfungsprozesse, Netzknoten und –bildung
3.1. Logistikorientierte Wertschöpfungs- und Geschäftsprozesse
3.2. Netzknoten als Wertschöpfungseinheit
3.2.1. Allgemeines Beschreibungsmodell
3.2.2. Eignung ausgewählter Managementstrategien zur Netzknotenbildung
3.2.3. Vergleichende Schlussfolgerungen
3.2.4. Adaptives Segment und Kompetenzzelle als Netzknoten
3.2.4.1. Adaptive Segmente
3.2.4.2. Kompetenzeinheiten und –zellen
3.2.4.3. Segment, Fraktal und Kompetenzzelle im Vergleich
3.3. Zukunftsorientierte Netzbildungansätze
3.3.1. Sozio(kultureller)-technischer Systemansatz
3.3.2. Kybernetische und biokybernetische Ansätze
3.3.3. Chaostheoretische Ansätze
3.3.4. Evolutionstheoretische Ansätze
3.4. Vom Unternehmens- zum Kompetenznetz

4. Hierarchisch strukturierte Unternehmensnetze
4.1. Pyramidale und polyzentrische Netzwerke
4.2. Netzausprägungen
4.3. Produktions- und Dienstleistungsnetze
4.3.1. Produktionsnetze
4.3.2. Dienstleistungsnetze
4.3.3. Beispiele
4.4. Vorgehensweise zur Netzwerkgestaltung

5. Hierarchiearme(-lose) Kompetenznetze
5.1. Kompetenzzelle und ihre Eigenschaften als lebender Organismus
5.1.1. Kompetenzentwicklung
5.1.2. Selbstorganisation
5.1.3. Evolution und Innovation im Lebenszyklus der KPZ
5.2. Bildung von Kompetenzzellen im Maschinen- und Anlagenbau
5.3. Regionales hierarchieloses Kompetenznetzmodell
5.3.1. Vorgehensmodell
5.3.2. Informationsmodell
5.3.3. Beispiele
5.4. Clusterbildung auf Basis regionaler Kompetenz
5.4.1. Produkt- und prozessorientierter Produktionscluster
5.4.2. Cluster eines Kooperationsverbundes im Maschinenbau
5.4.3. Branchenübergreifende Produktionscluster – als Regionalmodell für neue Innovationsnetze
5.4.4. Cluster zur Bildung von Kompetenzzentren
5.5. Wettbewerbsvorteile durch Kompetenznetze

6. Virtuelle Unternehmen(snetze)
6.1. Systeme der Informations- und Kommunikationstechnologien
6.1.1. IuK-Plattform und Internetdienste
6.1.2. Webbasierte Integrationsplattform Logistik als Wissensplattform
6.2. Aufbau internetbasierter virtueller Unternehmen
6.3. Beispiele

7. Kompetenzorientierte, vernetzbare Produktionsstätten und Fabrikstrukturen
7.1. Anforderungen und Leitbild wandlungsfähiger Fabrikstrukturen
7.2. Standort-, Werks-, Gebäude- und Produktionsstättenstrukturveränderungen
7.3. Mobile Ein- und Mehrzweckfabrik
7.3.1. Einweckfabrik mit äußerer Mobilität
7.3.2. Revitalisierbare Mehrzweckfabrik mit innerer Mobilität
7.4. Zentrale versus dezentrale Produktionsstätten
7.4.1. Zentrale Produktionsstätten
7.4.2. Dezentrale Produktionsstätten

8. Methoden zur Planung und Steuerung von Produktionsnetzen
8.1. Methode der prozessorientierten integrierten Planung und Steuerung dynamischer Produktionssysteme und –netze
8.2. Low-cost-Lösungen für Planung und Steuerung
8.2.1. Planungslösungen
8.2.2. Steuerungslösungen
8.3. Partizipative Produktionssystemplanung und –steuerung

9. Ausblick

0. Vorwort

Erfolgreiche Unternehmensstrategien für das Behaupten im Wettbewerb erfordern eine ständige reaktionsschnelle Wandlungsfähigkeit der Unternehmen mit ihren Leistungseinheiten und ihren Fabrikstrukturen.

Dazu müssen die unternehmerischen Leistungseinheiten der Wertschöpfung zu selbstorganisierenden, selbstoptimierenden Konfigurationen befähigt und so qualifiziert werden, dass sie sich in kürzester Zeit, d.h. permanent auf veränderte Umfeldsituationen einstellen und durch prozessorientierte Vernetzung Synergien erzielen können.

Diese Herausforderungen sind die Folge der Globalisierung, der zunehmenden Innovationsgeschwindigkeit, der auf den Kundenwunsch ausgerichteten und kundenintegrierten Produkt- und Prozessgestaltung sowie der Reaktionsgeschwindigkeit, in welcher sich Unternehmen bzw. entsprechende Leistungseinheiten den Marktveränderungen und Kundenwünschen anpassen. Die Zeit für die „Umrüstung“ ganzer Unternehmen bzw. ihrer auf Kompetenz basierenden Wertschöpfungs- und Leistungseinheiten wird immer kürzer. Das Wissen der Menschen und ihre Fähigkeit, das Wissen in Innovationen umzusetzen wird zum bestimmenden Faktor wettbewerbsfähiger Unternehmen. Nicht mehr der Mensch geht zum Kapital, sondern das Kapital siedelt sich dort an, wo das Wissen und die Kompetenz der Menschen ist. In einer Wissensgesellschaft geht das Kaptial zum Wissen und damit in Regionen, die in der Lage sind, ihr geballtes Wissen anzubieten.

Zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit zielen die internationalen und nationalen Anstrengungen der Unternehmen auf die Gestaltung hierarchiearmer, effizienter Produktions- und Organisationsstrukturen durch Vernetzung von Wertschöpfungseinheiten ab.

Während Großunternehmen durch Fusionen immer mehr Kompetenzen anhäufen, diese segmentieren und dann vernetzen, zeigt sich für KMU aus Gründen ihrer Funktionsspezifik, Struktur und Ressourcensituation ein gegenläufiger Trend hin zur Kompetenz-elementarisierung und kundenorientierten Vernetzung dieser Kompetenzen.

Es wird zukünftig Unternehmen mit unterschiedlichen Organisationsformen geben, die durch Kunden-, Produkt- und/oder Prozessorientierung gekennzeichnet sind und ihre Kooperationen über Unternehmen indirekt und/oder über Kompetenzeinheiten direkt abwickeln.

Bereits heute ist erkennbar, dass die Zukunft der Unternehmen im hierarchiearmen Forschungs-, Entwicklungs-, Produktions- und Dienstleistungsnetzen liegen wird.

Kompetenznetzwerke sind hierarchischen Kooperationen überlegen.

Damit treten gravierende Veränderungen ein, die durch den Übergang von den derzeitig vorhandenen, hierarchisch strukturierten „Unternehmensnetzen“ hin zu hierarchiearmen(-losen) „Kompetenznetzen“ charakterisiert sind.

Die Produktionsstätten und Fabrikstrukturen werden sich ebenfalls in Richtung reaktionsschneller Wandlungs-, Vernetzungsfähigkeit und Mobilität verändern.

Zukünftig stellen nicht Unternehmen, sondern Unternehmer problem- und auftragsbezogen spezielle, auf gediegenes Wissen ausgerichtete, Kompetenzen und Ressourcen in Form von Wertschöpfungseinheiten für unterschiedliche logistik-orientierte Netzwerke zur Verfügung.

Anliegen des Buches ist es, den Prozess der Unternehmensgründung und –ent-wicklung sowie den Übergang von relativ „starren konventionellen Unternehmensnetzen“ zu „flexiblen wandlungsfähigen Kompetenznetzen“ deutlich zu machen. Für die Produktion von Produkten in Netzwerken werden geeignete Lösungsansätze und praktische Beispiele auf dem Weg zur Informations- und Wissensgesellschaft aufgezeigt.

Der Inhalt des Buches stützt sich auf eine über 8-jährige Kooperations- und Netzforschung sowie praktische Netzgestaltung, die nicht zuletzt in einem DFG-Sonderfor-schungsbereich, einem Innovationskolleg, verschiedenen Dissertationen und Diplomarbeiten sowie zahlreichen Praxisprojekten ihre Wurzeln hat.

Das Buch soll den Makro- und Mikrounternehmen der gewerblichen Wirtschaft, insbesondere aber den kleinsten, kleinen und mittelgroßen Produktionsunternehmen (KMU) bis hin zum industrienahen Handwerk Anregung zum Handeln geben. Es ist primär für Produktions- aber auch für produktionsnahe Dienstleistungsunternehmen sowie für Verbände, Kammern, Behörden und Kommunen gedacht. Also für Unternehmungen und Einrichtungen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit durch wirtschaftliche Vernetzung ihrer Kompetenzen und Ressourcen erhöhen, ihren regionalen und überregionalen Wirtschaftsstandort zukunftsorientiert verbessern und regionale Kompetenzzentren aufbauen wollen.

Ein besonderes Augenmerk wird auf einen transparenten Übergang von wissenschaftlichen Ergebnissen und ihre Anwendung für die Praxis gelegt. In diesem Sinne werden, aufbauend auf theoretischen Ansätzen, praktische Lösungswege zur Gestaltung von innovativen, kundenorientierten, hierarchiearmen, durch menschliche Kompetenz geprägten Produktions- und Dienstleistungsnetzen aufgezeigt.

Für die Unterstützung bei der Manuskripterstellung zu diesem Buch bedanken wir uns bei Frau Kerstin Rockstroh und Herrn Dipl.-Ing. Gert Kobylka.

Unser Dank gilt den Unternehmen und Einrichtungen, ganz besonders dem Interessenverband Chemnitzer Maschinenbau (ICM), Anwendungszentrum für Mikrotechnologien Chemnitz (AMTEC) und Kompetenzzentrum Maschinenbau Chemnitz (KMC). Sie alle haben uns durch die Bereitstellung von Fakten und Material unterstützt.

Wir bedanken uns auch bei den beteiligten Wissenschaftlern und Mitarbeitern des Institutes für Betriebswissenschaften und Fabriksysteme (IBF) der Technischen Universität Chemnitz, des Innovationskollegs „Bildung eines vernetzten Logistik- und Simulationszentrums“, des DFG-Sonderforschungsbereiches 457 „Hierarchielose regionale Produktionsnetze“ und der vordringlichen Aktion „Flexible, temporäre Fabrik“. Von ihnen erhielten wir neue Anregungen und Erkenntnisse, die in diesem Buch mit eingeflossen sind.

Chemnitz, Oktober 2000

Die Autoren

1. Wandlung der Wertschöpfungsstrukturen in Unternehmen

Eine zukünftige Wertschöpfung ist ganzheitlich, d.h. von der Problem- und Aufgabenstellung, über Marketing/Vertrieb, Forschung und Produktentwicklung, Konstruktion, Arbeitsplanung, Beschaffung, Produktion bis hin zur Qualitätssicherung, Service und Verwertung (Entsorgung) zu betrachten.

Die ganzheitliche Betrachtung der Wertschöpfungsketten, hier für Produktionsunternehmen, ist Stand moderner Unternehmensführung. Ihre zielorientierte Gestaltung hat heute und in Zukunft Bedeutung. Veränderungen treten allerdings in der Struktur der Wertschöpfung und damit in der Organisation von Wertschöpfungsprozessen auf. Diese Veränderungen der Struktur spiegeln sich in der Art und Weise der Vernetzung von Wertschöpfungs- und Geschäftsprozessen wider. Daher muss das eigentliche Problem, nämlich die wirtschaftlich sinnvolle Vernetzung von Gliedern der Wertschöpfungskette gelöst werden. Im Zusammenhang damit sind die Veränderungsprozesse, denen Produktionsunternehmen unterliegen, im Sinne der Wandlungsfähigkeit zu berücksichtigen.

1.1. Charakteristik derzeitiger Unternehmen

Sowohl Makro- (z.B. des Automobilbaues) als auch Mikrounternehmen (z.B. KMU) bauen auf den nahezu gleichen Entwicklungsstand auf und ergänzen sich sinnvoll.

In Anlehnung an BENEDIK 1995 und den EU-Richtlinien können Unternehmen unterschieden werden in /WOJD-00, S. 42/:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen bilden auf Grund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung als Arbeitgeber, Innovator und Ausbilder das Rückgrat der Wirtschaft. Beispielsweise realisieren sie in Deutschland über 50 % der Bruttowertschöpfung und beschäftigen 2/3 aller Arbeitskräfte /BMWI-98/.

In nahezu allen Branchen agieren sie als Produktionsunternehmen sowie als produktionsnahe Dienstleister. Sie weisen die im Bild 1-1 dargestellten charakteristischen Merkmale auf.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 1-1: Derzeitig charakteristische Merkmale von KMU in Deutschland /WIRT-00a, S.10/

Die Wirtschafts- und Industriestrukturen in den hoch entwickelten Industrieländern müssen sich diesen veränderten Markterfordernissen in Forschung, Entwicklung, Produktion und Verwertung anpassen. Durch die Veränderungen der Strukturen der Wertschöpfung beziehen sie immer mehr die so genannte „Mehrwertschöpfung“ (Mehrwertdienste) in ihre Geschäftsprozesse mit ein und erschließen, indem sie Komplettlösungen anbieten, neue Geschäftsfelder mit Dienstleistungscharakter /WEST-99/.

In der Investitionsgüterindustrie werden nicht mehr nur Einzelmaschinen sondern komplette Anlagen und Fabriken mit dem notwendigen Service verkauft. Die Fabrik wird mit ihrem Inhalt als ein ganzheitliches Produkt angeboten.

Über die zunehmende Arbeitsteilung entwickelt sich ein Mix von Produktions- und Dienstleistungsunternehmen mit Komplettdiensten, die auf ganz bestimmte Kompetenzen und Ressourcen spezialisiert sind.

1.2. Charakteristik zukünftiger Unternehmen

Nach einer Delphi-Umfrage werden für die nächsten Jahre für KMU temporäre Netzwerke als die herausragende Organisationsform zur Entwicklung und Herstellung von Produkten im Produktions- und Dienstleistungsbereich gesehen /DELP-98/.

Die Entwicklung zu neuen Organisationsstrukturen zwischen Unternehmen und die damit verbundene Herausforderung für effiziente Kooperationsmodelle wird auf dem Weg von der Industrie- über Dienstleistungs- bis hin zu Informations- und Wissens- und Gesellschaft durch folgende Entwicklungstrends forciert /JUNG-99/ (vgl. Bild 1-2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 1-2: Entwicklungstrends zukunftsorientierter Unternehmens- und Fabrikstrukturen i.A. an /DELP-98; JUNG-99/

Die Unternehmen müssen demnach das Spannungsfeld zwischen Wettbewerbsfähigkeit, relativer Widerstandsfähigkeit und permanenter Wandlungsfähigkeit bewältigen.

Um sich auf die ständig veränderten Bedingungen einstellen zu können, vollziehen alle Unternehmen einen Spagat zwischen Robustheit, im Sinne von Widerstandsfähigkeit sowie Stabilität einerseits und permanenter Adaptionsfähigkeit, im Sinne von Wandlungs- und Anpassungsfähigkeit andererseits. Robustheit und Wandlungsfähigkeit sind somit dominierende Merkmale für eine erfolgreiche Unternehmensstrategie, die auf schnelles Agieren und Reagieren auf „Störungen“ von außen und innen ausgerichtet ist.

Moderne Unternehmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie

- hochmotivierte und qualifizierte Mitarbeiter haben, die wirtschaftlich denken und handeln,
- Kundenprobleme erkennen und Kundenwünsche befriedigen,
- nicht nur in vorhandenen Produkten und Prozessen denken,
- Innovationsfähigkeit für kundenorientierte Produktentwicklung, Produktion und ganzheitliche Prozessabläufe besitzen,
- über eine lernende, reaktionsschnelle Organisation verfügen und
- kunden-, produkt- und prozessorieniert ausgerichtet sind.

Das Maß der Veränderungen und damit die Adaptionsfähigkeit und Wandlungsgeschwindigkeit wird beeinflusst durch

- den Wechsel von Kundenwünschen,
- die zunehmende Innovationsgeschwindigkeit,
- die Lernfähigkeit der Mitarbeiter,
- eine zielorientierte Ressourcenflexibilität,
- Zeit- und Kosteneffizienz,
- Qualität sowie
- Vernetzung von Informationen und Wissen für Geschäfts- einschließlich Produktions- und Dienstleistungsprozessen über wertschöpfende Leistungseinheiten.

Die KMU und in besonderem Maße die Mikrounternehmen, d.h. die Kleinstunternehmen mit unter 10 Mitarbeitern, gewinnen an Bedeutung, da sie ihre Kompetenzen in verschiedenen Netzen anbieten können, sehr flexibel, anpassungs- und lernfähig sind, nahezu keine hierarchischen Strukturen besitzen und kostengünstig Kundenprobleme lösen können. Sie bilden die Basis für die direkte Vernetzung von Kompetenzen und damit von Wissen zu so genannten „Kompetenznetzen“.

1.3. Innovation durch Kompetenzvernetzung

Die Evolution unternehmerischer Organisationsformen vollzieht sich über die neuen Formen der Netzorganisation in Verbindung mit der Wandlung der Struktur der Wertschöpfung. Zukünftig bestimmen Wissen und Innovation sowie dezentrale selbstorganisierende vernetzungsfähige Einheiten die Geschwindigkeit des Wandels /MILE-97; ZAHN-00/. Diese Entwicklung hat auch einen Wandel der Managementprinzipien zur Folge. Sie verändern sich von der „Economies of Speed“ über die „Economy of Competence“ zur „Economy of Learning“ /ZAHN-96/. Neue Wissens-, Lern-, Informations- und Kommunikationstechnologien beschleunigen diese Veränderungsprozesse. Sie führen durch Vernetzung von Wissen über „wissensbasierte“ Kompetenzeinheiten, zu problembezogen logistisch ausgerichteten Wertschöpfungsketten.

Durch die Vertiefung der Arbeitsteilung in den Großunternehmen mit der Orientierung auf Kernkompetenzen und das damit verbundene Outsourcen von Geschäfts- und Produktionsprozessen sowie durch ständige Innovation und Wissensmehrung wird sich weiter der Anteil von Kleinst- und Kleinunternehmen quantitativ erhöhen.

Es sind vor allen Dingen Kleinstunternehmen, die durch vielfältige Unternehmensgründungen neue Technologien innovieren und diesen zum Durchbruch verhelfen. Letzteres ist jedoch nur durch partnerschaftliche Kooperation möglich.

Das „klassische Unternehmertum“ ist zum Teil vom Typ der neuen Selbstständigkeit (Self employed) abgelöst worden, der als Einzelner oder in Netzwerken mit mehreren Auftraggebern arbeitet /WOJD-00/.

Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien führen zusätzlich zu neuen Unternehmen und Berufsbildern, den so genannten Small Office/Home office (SOHO’S) sowie zu so genannten Telearbeitsplätzen /REIC-00/.

Wir haben es mit einer Differenzierung zu tun, die dadurch zum Ausdruck kommt, dass sowohl die Segmente der Großindustrie als auch Kleinstunternehmen ihre durch Kompetenz und Wissen geprägten Leistungseinheiten vernetzen. Die Art und Weise der Herausbildung von Leistungseinheiten als „Netzknoten“ und ihre problembezogene Vernetzung sind unterschiedlich. Sie schlagen sich in hierarchisch strukturierten Unternehmensnetzen einerseits und hierarchiearmen(-losen) Kompetenznetzen andererseits nieder. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Art und Weise des Wissenserwerbs, der –verarbeitung und –vernetzung in Wertschöpfungseinheiten. Die prinzipiellen Unterschiede zwischen hierarchiearmen Netzen innerhalb und zwischen hierarchisch strukturierten Unternehmenssegmenten sowie hierarchiearmen Netzen zwischen unternehmerischen Kompetenzen verdeutlicht Bild 1-3 /WIRT-00/.

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Bild 1-3: Das Prinzip von Unternehmens- und Kompetenznetzen (Ó Wirth, TU Chemnitz 2000)

Zwischen beiden Extremen existieren eine Vielzahl von Lösungen der Netzwerkausprägung, deren Quelle und Ausgangspunkt die Innovation und wissensbasierte Kompetenz ist. Wissensbasierte Kompetenzeinheiten mit entsprechenden Ressourcen bilden die Grundlage eines neuen kompetenzzellenbasierten Kompetenzansatzes.

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2. Innovation und synergetische Kooperation

Grundlage jeder Wertschöpfung ist die Innovation. Dafür existieren unterschiedliche Ansätze. Der Gegenstand und das Profil der Innovation können unterschiedlich sein.

Neben der Produkt-, Prozess-, Strukur- und Sozialinnovation /MARG-95/, die sich gegenseitig bedingen und auch jeweils für sich Auslöser von Erneuerungen sein können, bestimmen unterschiedliche Anforderungsprofile den Innoationsprozess.

2.1. Innovation – Voraussetzung für erfolgreiche Wertschöpfung

2.1.1. Begriff und Inhalt

Eine prägnante Kurzformel nach /HUBE-91/ besagt:

„Eine kreative Idee wird als Innovation umgesetzt.“ und weiter

„Innovation ist die Generierung und Konkretisierung einer originären Idee und

deren erfolgreiche unternehmerische Umsetzung“ /HUBE-00/.

Innovation beinhaltet die Neuheit des betrachteten Objektes sowie dessen Umsetzung in eine benutzungsgerechte Form über geeignete Methoden, Verfahren und Werkzeuge. Der Begriff Innovation wird in aller Regel gegenüber den in Bedeutung und im Wortklang ähnlichen Ausdrücken der Invention, Diffusion und der Adaption abgegrenzt:

- Unter Invention ist die Umsetzung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in technische Realisierungen zu verstehen. Sie sind das Ergebnis von Intuition des Erfinders oder einer Gruppe von Menschen.
- Die Diffusion bedeutet die Übernahme bzw. das Nachahmen der Idee durch andere Produzenten.
- Die Adaption ist die Übernahme einer Innovation durch den Nutzer.
Eine Innovation setzt Kreativität voraus. Merkmale kreativen Denkens sind nach /SCHL-83/ u.a.:
- Ungewissheit, ob das Ziel erreicht werden kann;
- Bisheriges Wissen passt nur ungefähr zu der neuen Situation;
- Irrtümer, Fehler sind erlaubt und gewollt, denn sie führen zu neuen Lernprozessen und somit zu neuen Erkenntnissen;
- Nichts ist logisch, nichts ist genau.

Die klassische Abgrenzung der Innovation gegenüber den zeitlich vor- und nachgelagerten Vorgängen ist in Bild 2-1 zu sehen.

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Bild 2-1: Abgrenzung des Innovationsbegriffes gegenüber zeitlich vor- und nachgelagerten Vorgängen /HÜBN-89/

Bezogen auf die Bildung und Gestaltung von Netzen sind alle in Bild 2-1 dargelegten Vorgänge von Innovation die Voraussetzung. Dies gilt im besonderen Maße für die kundenorientierte Innovation.

2.1.2. Innovationsansätze

Innovationsansätze sollen den Weg zeigen, bestimmte Probleme zu lösen. Die Wurzeln aller Innovationsansätze sind im konstruktivistisch-technomorphen /MALI-93/ bzw. mechanistischen Ansatz auf der einen Seite und dem systemtheoretisch-kybernetischen bzw. systemisch-evolutionären Ansatz /MACH-93/ auf der anderen Seite zu finden. Bild 2-2 zeigt die Zusammenhänge und Abgrenzungen der Denkmuster.

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Bild 2-2: Grundlegende Denkmuster der Innovationsansätze

Die konstruktivistisch-technomorphen Ansätze gehen dabei von der vollständigen Beherrschbarkeit komplexer Systeme aus. Die systemtheoretisch-kybernetischen Ansätze gehen davon aus, dass Systeme nur bedingt beherrschbar sind. Deshalb werden Unternehmen auch als offene Systeme /BLEI-92/ bezeichnet, da sie mit dem Umfeld in materiellen, sozialen und kulturellen Beziehungen stehen und somit einen hohen Komplexitätsgrad aufweisen.

Die konstruktivistisch-technomorphen Ansätze und die systemtheoretisch-kyberne-tischen Ansätze unterscheiden sich, wie in Bild 2-3 dargestellt, deutlich in den Denkmustern.

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Bild 2-3: Dominierende Denkmuster der konstruktivistisch-technomorphen und der sys-temtheoretisch-kybernetischen Systemansätze nach /MACH-93/

Neuere Managementansätze, wie z.B.: Fraktale Fabrik /WARN-92/, systemisches Management /MALI-93/, ganzheitliches Unternehmen /MANN-93/, kundenorientierte Unternehmensreorganisation /BULL-95/ und schnell lernende Unternehmen /WILD-95/ orientieren sich am systemtheoretisch-kybernetischen Ansatz und lösen sich vom reinen Gewinn- und Kostendenken. Sie integrieren Kreativität und Kompetenzen des Menschen.

Kundenorientierte Innovationsansätze stellen die kundenproblemorientierte, überbetrieblich vernetzte Kooperation gleichberechtigter Partner in den Mittelpunkt. Ein kundenorientierter Innovationsansatz ist u.a. der „erweiterte Innovationsansatz“ nach Born /BORN-94/.

So genannte „erweiterte Innovationsansätze“ u.a. nach BORN /BORN-94; 97/ gewinnen für den Aufbau von Wertschöpfungsketten an Bedeutung. Sein Anforderungsprofil ist in Bild 2-4 dargestellt.

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Bild 2-4: Anforderungsprofil an erweiterte Innovationsansätze /WIRT-98, S. 102/

Neue Innovationsansätze sind mit neuen Denk- und Verhaltensweisen des Individuums verbunden und sind auf Kundenorientierung ausgerichtet (vgl. Bild 2-5).

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Bild 2-5: Neue Denk- und Verhaltensweisen bei Innovationsansätzen i.A. an
/BORN-94; 97/

Innovative Unternehmen sind durch folgende Eigenschaften geprägt /BORN-97a/ :

- Es hebt sich durch ganz spezielles Wissen und Können sowie spezielle Fähigkeiten und Potenziale der Mitarbeiter des Unternehmens von anderen Unternehmen und Wettbewerbern ab.
- Die Strategie zur Umsetzung der Innovation muss in das strategische Konzept des Unternehmens passen, d.h., sich auf dessen Stärken konzentrieren, die auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtet sind.
- Um eine bestmögliche Akzeptanz einer Innovation bei den Mitarbeitern zu erreichen, ist es besonders wichtig, möglichst viele Mitarbeiter in den Innovationsprozess einzubeziehen. Nur im interdisziplinären Team wird die Gestaltung des Innovationsprozesses als ganzheitlicher Prozess gewährleistet.
- Um das Risiko einer Fehlentwicklung zu vermeiden, ist es wichtig, den Innovator einer Erfolg versprechenden Kundenorientierung in den Entwicklungs- und Gestaltungsprozess zu integrieren. Gerade dieses „proaktive Marketing“ gewinnt für kleine und mittelständische Unternehmen zunehmend an Bedeutung.
- Das Innensystem des Unternehmens muss sich ständig dem dynamischen Außensystem anpassen.
- Ein Innovationsklima entsteht nur in einem angstfreien Raum.
- Auf Grund des permanenten Anpassungszwangs des Unternehmens an sein Umfeld wird vom Management und den Mitarbeitern ein ständiger Lernprozess der Wissensvermehrung gefordert.

Als gravierende Merkmale kundenorientierter innovativer Unternehmen können drei Leitgedanken abgeleitet werden:

(1) Der Mensch mit seinem Wissen und Können ist das wichtigste Potenzial eines Unternehmens.
(2) Innovations- und Problemlösungsprozesse müssen ganzheitlich betrachtet werden und sind durch eine hohe Komplexität gekennzeichnet.
(3) Bei Innovations- und Problemlösungsprozessen orientiert sich das Unternehmen bzw. die Leistungseinheiten an Problemen von Erfolg versprechenden Kundengruppen.

Der Innovationsprozess wird nicht auf der materiellen Ebene, sondern auf der immateriellen Ebene gesteuert. Jede Innovation und jeder Wandel beginnt im Kopf des Individuums und im Team.

Die Existenz eines Unternehmens hängt davon ab, inwieweit das Unternehmen in der Lage ist, bestimmte Probleme für bestimmte Ziele nachhaltig besser zu lösen als der Wettbewerb /MEWE-83/. Die Orientierung erfolgt dabei an dem von der Kundengruppe zurzeit am brennendst empfundenen Problem.

2.1.3. Anforderungsprofil an Innovationen

Das Anforderungsprofil kundenorientierter Innovation wird u.a. bestimmt durch Innovationsanstoß, -strategien, -verhalten, -felder, -tiefe, -arten, -ziele und der Umsetzung der Innovationen (vgl. Bild 2-4).

Innovationsanstoß

Der Anstoß zu Innovationen kann aus dem Unternehmen selbst, durch Forschung und/oder von einer Kundengruppe erfolgen (vgl. hierzu auch Bild 2-6).

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Bild 2-6: Anstoß zu Innovationen /WIRT-98, S. 96/

Erfolgt der Anstoß zu Innovationen aus dem Unternehmen selbst, so orientiert sich der Innovationsprozess meist an der Entwicklung eines neuen Produktes oder Prozesses durch Ideenfindungsprozesse und Kreativitätstechniken anhand neuester Erkenntnisse aus Forschung und Technik. Für das Unternehmen besteht das Problem, potenzielle Kunden erst für die Neuerung zu öffnen. Auch Innovationsfehlschläge auf einem Gebiet können Innovationen auf anderen Gebieten befördern.

Erfolgt dagegen der Anstoß zu Innovationen von einer Kundengruppe, deren Probleme (technisch, wirtschaftlich, ökologisch, sozial) erkannt wurden und wird diese Kundengruppe mit in den Innovationsprozess einbezogen, sind die Chancen für die spätere Anwendung der Innovation in der Kundengruppe bedeutend größer /HUBE-99/.

Innovationsstrategien

In der strategischen Unternehmensplanung werden die zu erreichenden Unternehmensziele definiert und die zu ihrer Umsetzung einzusetzenden Strategien festgelegt.

Strategien können unterschieden werden in /HERS-88/:

- normative Strategien, diese geben die „Stoßrichtung“ Wachsen, Halten und Schrumpfen an;
- funktionale Strategien, diese beziehen sich auf die einzelnen Unternehmensbereiche und Leistungseinheiten.

Dabei sind die Führerstrategie und die Folgerstrategie zu beachten /PERI-87/. Die Führerstrategie bedeutet, dass die Unternehmung die Initiative zu innovativem Verhalten ergreift und die Führerschaft übernimmt. Die Übernahme der Führerschaft enthält verschiedene Möglichkeiten zur Wahrnehmung von Chancen:

- kurzfristig das Erlangen einer technologischen Monopolstellung;
- längerfristig das Erarbeiten eines Erfahrungsvorsprunges und das Festlegen von Standards.

Die Folgerstrategie bedeutet den späteren Einstieg und das reaktive Nachfolgen in dem durch den Führer bereits eingeleiteten Innovationsprozess. Es werden dabei zwei Folgertypen unterschieden:

- Folger, der die vom Führer entwickelte Technologie imitiert;
- Folger, der die vom Führer entwickelte Technologie modifiziert.

Innovationsverhalten

Aus empirischen Untersuchungen /MANZ-90/ ergaben sich verschiedene Verhaltensformen in Bezug auf Innovationen:

- das reaktiv-inkrementale Verhalten und
- das strategisch-proaktive Verhalten.

Bild 2-7 vermittelt die Verhaltensformen für KMU.

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Bild 2-7: Innovationsverhalten in kleinen und mittelständischen Unternehmen /WIRT-98, S. 99/

Innovationsfelder

Nach /HUBE-91/ werden technologische und nichttechnologische Innovationen unterschieden. Innovationen auf technologischen und nichttechnologischen Feldern sind eng miteinander verknüpft.

Aus technologischen Innovationen resultieren neue Produkte und/oder neue Prozesse. Sie sind Voraussetzung für die längerfristige Sicherung der Existenz der Unternehmung bzw. einer Leistungseinheit.

Nichttechnologische Innovationen beinhalten häufig neuartige Dienstleistungen, neue Formen der Organisation oder der internen und externen Abläufe.

Innovationstiefe

Sie wird durch die Basis- und Verbesserungsinnovation bestimmt /MENS-75/ und ist aus Bild 2-8 ersichtlich.

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Bild 2-8: Einteilung der Innovation nach der Innovationstiefe /WIRT-98, S. 100/

Innovationsarten

Wie in Bild 2-9 dargestellt, lassen sich je nach verwendeten Kriterium verschiedene Innovationsarten unterscheiden. Das am häufigsten gebrauchte Unterscheidungskriterium ist dabei der Gegenstand der Innovation /MATT-93/.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2-9: Gegenstand der Innovation

Produktinnovation

Das Ziel einer Unternehmung bezieht sich auf Art, Menge und Zeitpunkt der im Markt abzusetzenden Produkte. Unter Produkt wird nicht nur das technologische Ergebnis eines industriellen Erzeugungsprozesses verstanden, in diesem Sinne sind es auch reine Dienstleistungen (Dienstleistungsprodukte). Von Produktinnovation wird dann gesprochen, wenn ein Unternehmen ein Produkt auf den Markt bringt, das bisher nicht im Produktionsprogramm dieses Unternehmens enthalten war. Dabei werden folgende unternehmerische Ziele verfolgt:

- Halten von Marktanteilen,
- wirksameres Durchdringen von bestehenden Märkten,
- Wahrnehmen sich abzeichnender neuer Marktchancen,
- Öffnen neuer Märkte.

Die Beurteilung des Neuigkeitsgehaltes seitens des Konsumenten ist von der subjektiven Größe des „bisher Gewussten“ abhängig.

Prozessinnovation

Prozessinnovationen können sowohl die Ausgestaltung des Prozesses (z.B. der Produktionsanlagen) als auch dessen Steuerung betreffen. Neuartige Produktionsanlagen sind dabei vielfach mit neuen Prozesssteuerungen verknüpft, was in der Gesamtheit neuartige Prozesse ergibt. Prozessinnovationen, die Änderungen in der Gestaltung der Produktionsanlagen oder einzelner Betriebsmittel - d.h. in der Hardware des Prozes-ses - bezwecken, sind meistens auf eines oder mehrere der folgenden Ziele ausgerichtet /HUBE-91/:

- Verbesserung von Leistungsparametern (Geschwindigkeit, Genauigkeit, Zuverlässigkeit usw.),
- Ausweitung der Produktionskapazität, bessere Abstimmung der Kapazitäten innerhalb von Fertigungslinien, Ausmerzen von Engpässen,
- Anpassung von Produktionsanlagen an die Verarbeitung neuartiger Input-Materialien,
- Anpassung von Produktionsanlagen an neue Formen der Fertigungsorganisation,
- Gestaltung eines neuen Prozesses unter Anwendung einer neuen Technologie,
- Gestaltung eines neuen Prozesses zur Herstellung neuer Produkte.

Prozessinnovationen dieser Art erfordern normalerweise eine Produktinnovation beim Lieferanten der Produktionsanlagen und wirken sich meistens in irgendeiner Weise auf die Produkte der Unternehmung aus oder ermöglichen überhaupt erst deren Herstellung.

Strukturinnovation

Bei Strukturinnovation handelt es sich um geplante Veränderungen im Prozess der allgemeinen Struktur- und Organisationsabläufe in Betrieben. Sie kann aufgegliedert werden in Organisation als integrative Strukturtechnik und die sonstigen Spezialtechniken (Planungs-, Beschaffungs-, Finanzierungs- und Absatztechniken) sowie der räumlichen und zeitlichen Struktur von Prozessabläufen. Beispiele für Strukturinnovationen sind:

- Einführung von Gruppenarbeit,
- Einführung einer neuen Art der Unternehmensorganisation,
- Verbesserung des Belegflusses und Materialflusses,
- Änderung des organisatorischen Fertigungsverfahrens, d.h. Art und Weise, in der Betriebsmittel und Arbeitsplätze zu fertigungstechnischen Einheiten zusammengefasst sind.

Sozialinnovation

Die Art und Weise, wie mit dem Faktor „Arbeit“ in einer Unternehmung umgegangen wird, wirkt sich entscheidend auf die Gesamteffizienz der Unternehmensprozesse aus. Deshalb genügt es heute keineswegs mehr, nur auf dem Felde der Produktionstechnologie und der Verfahrenstechnik innovativ zu sein. Es ist vielmehr auch eine forcierte personalbezogene Innovationspolitik geboten, die den Ablauf der betrieblichen Prozesse optimiert und den Unternehmen auf den Arbeitsmärkten und indirekt auch auf den anderen Märkten über höher qualifiziertes und motiviertes Personal Wettbewerbsvorteile einzubringen vermag. Geändert werden kann die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft von Menschen in allen betrieblichen Aufgabenbereichen.

Die Leistungsfähigkeit kann insbesondere durch Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen im Rahmen einer Personalentwicklungskonzeption verbessert werden, während die Leistungsbereitschaft durch geeignete Anreizsysteme sowie durch organisatorische Rahmenbedingungen und das Führungsverhalten beeinflussbar ist.

Innovationsziele

Es gibt zur Erstellung neuer Produktkonzepte verschiedene Innovationsziele. Wichtig ist bei der Erarbeitung neuer Produkte oder Prozesse, dass das neue Produkt eine gewisse Verwandtschaft zum Entwicklungs-, Fertigungs- und Marketingknow-how des Unternehmens aufweist. Die bisherigen Stärken des Unternehmens gilt es also für künftige Aktivitäten zu nutzen /SCHN-82/.

Völlig neue Wege bedeuten ein zu großes Risiko, wenn das Unternehmen auf diesem Gebiet keinerlei Erfahrung besitzt. Favorisiert sind daher evolutionäre Prozesse. Bild 2-10 zeigt verschiedene Innovationsziele.

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Bild 2-10: Überblick über mögliche Innovationsziele /SCHN-82/

Für Unternehmen mit Innovationsschwäche und Ressourcenmangel bieten sich Kooperationen zur Beschaffung nicht vorhandener Potenziale und Ressourcen an. Durch die Gestaltung synergetischer Kooperationen soll der Kooperationspartner ebenfalls aktiv am Problemlösungsprozess beteiligt werden und somit der gegenseitige Nutzen erhöht werden. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten, die Ziele zu erreichen (vgl. Bild 2-11).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2-11: Erreichung von Unternehmenszielen /BAUM-00, S. 82/

Zukunftsorientierte Kooperationen entwickeln sich im Sinne einer „synergetischen Kooperation“, die durch partnerschaftliche Zusammenarbeit gekennzeichnet und auf den Kundenwunsch ausgerichtet ist.

2.2. Vorgehensmodell - Kundenorientierte Innovation mit synergetischer Kooperation

Kooperation ist die problembezogene Umsetzung der Vernetzung von Wertschöpfungseinheiten bzw. unternehmerischen Leistungseinheiten auf einer operativen Ebene der Zusammenarbeit von Partnern. Sie stellt eine freiwillig ausgehandelte Zusammenarbeit verschiedener Partner dar, von denen jeder bestimmte Aufgaben des Wertschöpfungsprozesses zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles übernimmt. Die Kooperation besteht im Allgemeinen aus materiellen und immateriellen Interaktionen, welche auf ein additives oder synergetisches Zusammenwirken ausgerichtet sind. Grundlagen sind das u.a. von MANN /MANN-93/ vermittelte „ganzheitliche Denken“ und die energokybernetische Managementlehre von MEWES /MEWE-83/ sowie Erfahrungen aus der Projektarbeit /BORN-97/.

Drei Etappen bestimmen den Aufbau einer synergetischen Kooperation auf der Grundlage des kundenorientierten Produkt- oder Prozessinnovationsansatzes. /BORN-94; 97/, /WIRT-98/

2.2.1. Auslösen kundenorientierter Innovationen

Die I. Etappe beinhaltet das Auslösen der kundenorientierten Innovation gemäß Bild 2-12.

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Bild 2-12: Etappe I – Auslösen kundenorientierter Innovationen /WIRT-98, S. 110/

Sie beginnt mit der Unternehmensanalyse einschließlich des Herausarbeitens seiner Stärken und Schwächen sowie der objektiven Wettbewerbsanalyse. Dazu schließt sich die Markt- und Kundengruppenanalyse bis hin zur Fragestellung an, ob ein Unternehmen bzw. eine Leistungs- und Wertschöpfungseinheit das herausgearbeitete Kundenproblem mit eigenem Potenzial lösen kann. Ist dies möglich, kann auf eine konventionelle Kooperation im Sinne einer einfachen Geschäftsbeziehung reagiert werden. In anderen Fällen müssen Kompetenzen von Außen eingeholt werden, die nach Möglichkeit zu einer für alle Partner Erfolg versprechenden Kooperation führen, nämlich zur synergetischen Kooperation. Grundlage dafür ist das von /BORN-95/ dargestellte Vorgehensmodell entsprechend Bild 2-13, welches schrittweise abzuarbeiten ist.

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Bild 2-13: Analysephasen zum Auslösen kundenorientierter Innovationen /WIRT-98, S. 112/

(1) Teambildung

Dem Innovationsprozess vorgelagert ist die Teambildung (Bild 2-14) und die richtige Zusammensetzung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2-14: Teamzusammensetzung und Teamwahl /WIRT-98, S. 113/

Dem interdisziplinären Team müssen Mitglieder aus allen Unternehmens- und Kompetenzbereichen angehören, die im Problemlösungsprozess involviert sind. Die Anzahl von 18 Mitgliedern sollte nicht überschritten werden. Wichtig bei der Teamzusammensetzung ist, dass sowohl Erfahrungsträger als auch junge aufstrebende Mitarbeiter sowie Vertreter der Arbeitgeber- und –nehmerschaft in den Innovationsprozess einbezogen werden. Die kooperativen Arbeitsformen der Teams in Unternehmen können unterschiedlich sein. LUCZAK und WIMMER unterscheiden die Grundtypen nach funktions-, zweck- und strukturbezogener Sichtweise /LUCZ-00/. Dabei wird der Kooperationserfolg einmal in Teamleistung hinsichtlich der Erfüllung der Zielkriterien und zum anderen in der Aufbereitung und Durchführung von Erfahrungen aus der Kooperation gesehen. Der Innovationsprozess wird durch einen Moderator begleitet, dessen Aufgabe darin besteht, dem Team das notwendige Rüstzeug zur Gestaltung des Innovationsprozesses zu geben. weiterhin soll das Team gespiegelt werden, um bestehende Probleme offen anzugehen und bisher verborgene Potenziale zu erschließen.

(2) Stärken-Schwächen-Analyse und Potenzialanalyse

Im Team wird analysiert und bewertet, welche Schwächen - Probleme und Defizite - im Unternehmen vorhanden sind und sich negativ auf den Innovations- und Anpassungsprozess auswirken. Die im Unternehmen vorhandenen Funktionsbereiche werden in Bezug auf ihre Schwächen analysiert und gemeinsam bewertet.

Abschließend wird auf das größte Defizit der Problemlösung eingegangen und Maßnahmen zu ihrer Beseitigung formuliert. Wichtig bei diesem Schritt ist, dass sich die Teammitglieder der Stärken bewusst werden.

Bei der Potenzialanalyse erfolgt der Vergleich der im Unternehmen vorhandenen Stärken mit dem stärksten Wettbewerber. In diesem Arbeitsschritt geht es um das Herausarbeiten der Stärken gegenüber dem Wettbewerb. Der Moderator erkennt an dem Ergebnis, ob im Bewusstsein der Teammitglieder ein Potenzial vorhanden ist, auf das im Innovationsprozess aufgebaut werden kann. Anschließend werden die vorhandenen Produktgruppen/-familien gegenüber dem stärksten Wettbewerber analysiert und bewertet.

(3) Darstellen und Bewusstmachen der Unternehmenssituation

Analyse des Ist-Zustandes des Unternehmens über alle Funktionsbereiche sowie Check der Unternehmenssteuerung und des Führungsstils. Aus den empfundenen Problemen und Defiziten werden unmittelbar Maßnahmen formuliert, die kurzfristig umgesetzt werden. So sollten z.B. realistische Ziele mit den Mitarbeitern gemeinsam vereinbart werden, damit jeder Mitarbeiter für seine Arbeit voll verantwortlich ist. Dies erfordert wiederum einen offenen Führungsstil im Unternehmen.

(4) Darstellen und Bewerten der Geschäftsfelder und Potenzialanalyse der Stärken

Analyse der eigenen Geschäftsfelder und Vergleich der Geschäftsfelder mit dem stärksten Wettbewerber mittels Potenzialanalyse. Für die einzelnen Produktgruppen/-familien werden nachfolgend so genannte „Schlüsselfaktoren“ aus Kundensicht analysiert und bewertet.

(5) Chancen-Port-Folio

Um kurz-, mittel- und langfristige Strategien für die einzelnen Produktgruppen/-familien ableiten zu können, wird das Chancen-Port-Folio erstellt. Es wird das Geschäftsfeld mit den größten Chancen ermittelt. Dieses Geschäftsfeld besitzt damit auch die größten Chancen für eine erfolgreiche Innovation.

(6) Marktselektion und Kundengruppenanalyse

Selektion der Meinungsbildner aus den Erfolg versprechenden Kundengruppen sowie die Analyse der aus Anwendersicht empfundenen sozialen, ökologischen, wirtschaftlichen und technischen Probleme. Diese Phase der Kundenbefragung spielt im gesamten Innovationsprozess eine entscheidende Rolle. Je genauer diese Befragung durchgeführt wird, umso deutlicher können die wichtigsten, vom Kunden nicht unmittelbar empfundenen Probleme, aus den Gesprächen gefiltert werden. In der Erfolg versprechenden Kundengruppe wird somit ein Problembewusstsein geschaffen. Bei der Kundenbefragung ist es nicht entscheidend sich als erstklassiger Verkäufer zu präsentieren, der selbst viel über seine „ schönen “ Produkte erzählt, sondern durch gezielte Fragen den Kunden berichten zu lassen, um somit seine derzeitig „brennendsten“ Probleme zu erkennen /BORN-94/ und daraus die Problemlösung zu entwickeln.

Bild 2-15 verdeutlicht diese Herangehensweise derart, dass nicht das technische Problem allein sondern nur in Kombination von sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Problemen zu lösen ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2-15: Ganzheitliche Kundengruppenanalyse i.A. an /BORN-94/

(7) Anpassung der Unternehmensstrategie und Organisation

Die Aufgabe in der Anpassung der Organisation besteht darin, abgegrenzte unternehmensinterne Leistungspotenziale auf spezifische Teile des Marktes strategisch auszurichten und abzugleichen, um somit schnell auf neue Anforderungen und Problemstellungen reagieren zu können. Der potenzielle Markt wird dazu erfolgsorientiert segmentiert. Es entstehen strategische Geschäftsfelder, die jeweils ein bestimmtes autonomes Erfolgspotenzial aufweisen. Dies sind die Erfolg versprechenden Kundengruppen. Jedem dieser Geschäftsfelder werden Unternehmenskompetenzen und -ressourcen zugewiesen und bewertet. Die im Unternehmen verfügbaren Ressourcen werden ebenfalls segmentiert und zwar so, dass jedes Segment einem Geschäftsfeld zugeordnet ist und für dieses ein unternehmerisch steuerbares Leistungspotenzial besitzt. Die Segmente sind die Grundlage für so genannte „strategische Geschäftseinheiten“ (SGE). Sie verbinden die Produkt-, Prozess- und Markt- mit der individuellen Organisationsstrategie und stellen sehr flexible teamorientierte Leistungseinheiten dar. Derartige Leistungseinheiten können u.a. als Kompetenz- bzw. Wertschöpfungseinheiten als Knoten in einen Kooperationsnetzwerk fungieren.

Nachdem die Erfolg versprechenden Kundengruppen und der bisherige Leistungsumfang des Unternehmens definiert wurden, können die Aufgaben und Kompetenzen der Teams sowie die Schnittstellen zu anderen Bereichen und Leistungseinheiten bestimmt werden. In den Teams werden dann die Ziele und Maßnahmen definiert, die sich an der gegebenen Unternehmensstrategie zu orientieren haben. Derartige Ziele lassen sich durch verschiedene Merkmale beschreiben, wie sie von BULLINGER /BULL-97/, SCHLIFFENBACHER /SCHL-98/, LIESTMANN /LIES-99/ definiet worden sind:

- Dauer der Unternehmenskooperation (kurzfristig, mittelfristig, dauerhaft)
- Ausdehnung der Kooperation (lokal, regional, national, international, global)
- Zielbezug (Qualität, Kosten/Ertrag, Zeit/Termine, Know-How-Transfer)
- Ressourcenaustausch (Informationsaustausch, Aufgaben-/Funktionsabstimmung, Aufgaben-/Funktionsübertragung, gemeinsame Ressourcennutzung)

(8) Mitarbeiterpotenziale

Der Erfolg eines Unternehmens hängt entscheidend davon ab, ob sich jeder einzelne Mitarbeiter auf seine Stärken, Kernfähigkeiten und Kompetenzen konzentriert. Deshalb müssen diese Fähigkeiten bestimmt bzw. bewusst gemacht werden. Nur so kann jeder Mitarbeiter entsprechend seinen Kernfähigkeiten und Potenzialen im Unternehmen richtig eingesetzt werden.

(9) Anforderungsanalyse

Die Anforderungsanalyse stellt die Basis eines detaillierten Pflichtenheftes dar. Die Grundlage der Anforderungsanalyse bildet die Kundengruppen-Analyse. Die aus Sicht des Anwenders empfundenen Probleme werden bewertet, um den derzeitigen Erfüllungsgrad („IST“) zur Lösung der Probleme zu bestimmen. Aus Sicht des Teams und mit Rückkopplung zur Erfolg versprechenden Kundengruppe werden „SOLL“ -Anforderungen formuliert. Sehr große Differenzen zwischen „SOLL“ und „IST“ bei hoher Wichtung verdeutlichen die Schwerpunktaufgabe zur Entwicklung der Problemlösung.

(10) Projektidee

Die Projektidee entsteht in den meisten Fällen als kreativer Gruppenprozess mit Rückkopplung zur Erfolg versprechenden Kundengruppe. Hier sind nicht unbedingt Lösungen gefragt, die man sich bereits bis in kleinste technische Detail vorstellen kann. Vielmehr muss versucht werden, die erkannten Probleme in der Kundengruppen-Analyse mit dieser Projektidee zu lösen. Kompetenzen und Potenziale, die zur Problemlösung benötigt werden, im eigenen Unternehmen aber nicht vorhanden sind, sind über Kooperationen zu beschaffen.

(11) Kompetenz- und Kooperationsanalyse

Jetzt erfolgt die Bestimmung der Kompetenzen und Ressourcen, die zur Realisierung der Projektidee erforderlich sind einschließlich der Bestimmung der Kompetenzen und Ressourcen, die über Kooperationen beschafft werden müssen.

Im Zentrum weiterer Überlegungen steht nunmehr die Bestimmung der Technologien (Basis-, Schlüssel- und Schrittmachertechnologien), die zur Realisierung der Problemlösung eingesetzt werden sollen.

(12) Prozess zur Realisierung der Projektidee als Kooperationslösung

Die Aufrechterhaltung der intern begonnenen Prozesse und das Schaffen von Voraussetzungen zur Gestaltung der externen Kooperationsbeziehungen bilden die Grundlage für den Aufbau eines Kooperationsnetzes. Mit den Schritten zum Auslösen kundenorientierter Innovationen sind die Vorbereitungen zur Realisierung des Projektes zur partnerschaftlichen Kooperation in der I. Etappe abgeschlossen. Wenn die Unternehmen ihre Überlebens- und Wandlungsfähigkeit erhalten und ihre definierten Kompetenzen als Leistungseinheiten in unterschiedlichen Kooperationsbeziehungen bzw. –netzen einbringen wollen, müssen sie die Abarbeitung der Schritte der I. Etappe zum permanenten Prozess der Führungstätigkeit machen. Nur so können sie sich in innovative, kundenorientierte Netzwerke einbringen.

2.2.2. Aufbau synergetischer Kooperation

Nunmehr ist das benötigte Kooperationsprofil, die Partnersuche und das „Zünden“ (BORN) synergetischer Kooperationsnetze vorzubereiten und zu realisieren. Die II. Etappe beinhaltet das „Zünden“ synergetischer Kooperationsnetzwerke gemäß Bild 2-16.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2-16: Etappe II – Zünden synergetischer kundenorientierter Kooperationsnetze /WIRT-98,S. 111/

Dabei sind die Produkt-, Technologie- und Logistikstrukturen in Verbindung mit einem kooperativen Qualitätsmanagement auf der Basis entsprechender Kommunikations- und Informationstechnologien sowie den zu gestaltenden Aufbau- und Ablauforganisationen im geplanten Netz zu fixieren /WIRT-95/.

Zunächst ist zwischen der Kooperation im Unternehmen und zwischen Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Bild 2-17).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2-17: Interne und externe Kooperationen /STEI-97, S. 37/

Unter „konventioneller Kooperation“ wird der Kauf von Waren (Einzelteile, Komponenten, Fertigprodukte) oder Dienstleistungen (Ingenieur-, Finanz-, Marketingdienstleistungen) und die Realisierung von Forschung- und Entwicklungs-, Konstruktions- oder technolgischen Aufträgen auf der Basis vorgegebener, vertraglich vereinbarter Parameter verstanden. Der Grundgedanke der synergetischen Kooperation besteht demgegenüber in einer zielorientierten Ressourcen- und Potenzialnutzung mehrerer Kooperationspartner /BULL-94/.

Die Unterschiede zwischen konventioneller und synergetischer Kooperation sind aus Bild 2-18 ersichtlich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2-18: Vergleich zwischen konventioneller und synergetischer Kooperation /STEI-97, S. 36/

Zusammenfassend kann geschlussfolgert werden, dass Kooperationen mit synergetischen Effekten durch die in Bild 2-19 dargestellten Kennzeichen charakterisiert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2-19: Kennzeichen synergetischer Kooperationen /BMBF-95/

Für synergetische Kooperationen sind nicht nur ein hohes Maß an Vertrauen und Zuverlässigkeit, dynamische Anpassungsfähigkeit und partnerschaftliche Informationen notwendig, sondern auch ein Denken erforderlich, welches die partnerschaftliche Zusammenarbeit befördert.

Neben der synergetischen Kooperation gibt es eine Reihe weiterer Gründe für Kooperationen. Diese sind u.a. /BAUM-00a/

- Know-how des Partners,
- Kostenreduzierung,
- Marktzutritt,
- Systemangebote,
- Erhöhung der Flexibilität,
- Zugang zu neuen Kunden
- Ressourcenerweiterung,
- Neue Geschäftsfelder,
- Konzentration auf Kerngeschäft,
- Erzielung von Skaleneffekten,
- Reaktionsgeschwindigkeit,
- Investitionsvermeidung und
- Risikoreduktion.

Für ihre Gestaltung sind Schritte innerhalb verschiedener Phasen abzuarbeiten. Bild 2-20 zeigt die Schrittfolge der einzelnen Phasen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2-20: Schrittfolge zum Aufbau synergetischer Kooperationen /WIRT-98, S. 129/

Analog zu den Produktlebens-Phasen - Einführungs-, Wachstums-, Reife-, Sättigungs- und Rückgangs-Phase - lassen sich bei Kooperationen 6 Phasen in einem Kooperationslebenszyklus definieren. Eine systematisch strukturierte Darstellung erfolgt in Bild 2-21.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2-21: Kooperationslebenszyklus i.A. an /SCHN-94/

(1) Initiierungsphase

Sie beinhaltet die Entscheidung, eine Kooperation einzugehen. Das Erreichen der Unternehmensziele durch Kompensieren der spezifischen Schwachstellen eines Unternehmens mit Hilfe eines anderen Unternehmens liegt diesem Beschluss zu Grunde. Dabei stellt die Kooperation nur eine mögliche Handlungsalternative zur Lösung der Probleme dar, die hinsichtlich der Lösungsfähigkeit untersucht, begründet und bewertet werden muss. Fördernd wirken sich aus, wenn

- die Aufgaben präzis abgestimmt und formuliert sind und

- systematisch bei der Bestimmung der Kooperationsfelder und Gestaltungsfelder vorgegangen wurde /LUCZ-00/.

Störend ist, wenn

- die Wahrnehmung der Probleme, welche einer kooperativen Lösung entgegenstehen, nicht erfolgt oder diese als unwichtig bewertet werden und

- die Vor- und Nachteile einer Kooperation mit anderen Lösungen nicht verglichen werden.

(2) Phase der Partnerwahl

Hier treten neben organisatorischen erstmalig auch psychologische Hindernisse auf. Deshalb ist darauf zu achten, dass

- die Partner fachlich kompetent, flexibel und anerkannt sind,
- die Partner zueinander passen und eine gemeinsame Vertrauensbasis aufgebaut werden kann,
- die Partner kundennutzenorientiert arbeiten und die Bedürfnisse der wichtigsten Kundengruppen anerkennen.

Neben den sachlichen Voraussetzungen, die der Partner erfüllen muss, spielen auch soziale Faktoren eine wichtige Rolle. Wesentliche Hemmnisse sind zu beseitigen:

- Ein sachlich kompetenter Partner steht nicht zur Verfügung. Dieses Problem ist durch Suche eines anderen Partners zu lösen.
- Der in Frage kommende Partner ist nicht vertrauenswürdig. Es liegt keine Kooperationsbereitschaft des gewählten Unternehmens vor.

Wie schwierig es ist, mit neuen Partnern vertrauensvoll zu kooperieren, lässt sich aus den - im Rahmen einer empirischen Kooperationsstudie gewonnenen - Beobachtungen von MÜLLER /MÜLL-90/ schließen. Danach entsteht ein Großteil der Kooperationen unter kleinen und mittelständischen Betrieben aus persönlichen Freundschaften und Bekanntschaften. Die aktive Suche von Kooperationspartnern außerhalb eines bestehendes Beziehungsmusters ist selten. In sozialer Nähe gewachsenes Vertrauen erweist sich somit als entscheidende Grundlage für kooperative Beziehungen zwischen kleinen und mittelständischen Betrieben. Hier hat die regionale gegenüber der überregionalen Kooperation Vorteile.

(3) Konstituierungsphase

Es erfolgt die endgültige Festlegung der Ziele, der Aufgaben, der Durchführung und der Intensität der Zusammenarbeit. Mit Beendigung der Konstituierungsphase ist der Entstehungsprozess einer Kooperation abgeschlossen. Bei der Konstituierungsphase ist darauf zu achten, dass

- die Partner bereit sind, Risiko zu tragen, Verantwortung zu übernehmen und Kompromisse zu finden,
- die Kommunikation zwischen den Partnern reibungslos verläuft, d.h. es gibt eine einheitliche Sprache und keine Verständigungsprobleme,
- die Unternehmensphilosophien übereinstimmen und die Partner an einer Zusammenarbeit interessiert sind.

Nur durch ein hohes Maß an Vertrauen wird es möglich, dass die Kooperationen mit einer minimalen Organisation funktionieren. Je ausgeprägter das Vertrauen, desto geringer der Organisationsaufwand und umgedreht.

Haupthemmnisse liegen vor, wenn keine Einigung über den Umfang der Kooperationsaufgabe, die Kooperationsorganisation, die Intensität und die Verteilung von Erfolgsanreizen und -beiträgen erzielt werden kann. Dieses Problem entsteht durch unterschiedliche Interessen der beteiligten Unternehmen, da jedes versuchen wird, die für sich optimale Lösung zu erreichen. Schließlich ziehen Entscheidungen in der Konstituierungsphase teilweise weit reichende Konsequenzen für die zukünftige Situation der Unternehmung nach sich (strategische Kooperationsplanung).

(4) Implementierungsphase

Mit ihr beginnt die eigentliche wertschöpfende Zusammenarbeit der kooperierenden Unternehmen bzw. Leistungseinheiten. Dabei ist insbesondere darauf zu achten, dass die notwendigen Kapazitäten fristgerecht entsprechend des vereinbarten Ablaufs zur Verfügung gestellt werden.

(5) Adaptionsphase

Durch situative Veränderungen oder aufgrund aktiver Rationalisierungsbemühungen und Leistungssteigerungen werden Adaptionen notwendig. Die Kooperation wird an neue Umweltbedingungen oder situative Veränderungen angepasst, um weiterhin effektiv zu sein. Hier muss sich die partnerschaftliche Wandlungsfähigkeit beweisen.

(6) Endphase

Die Kooperation kann geplant oder ungeplant im Falle des Ausscheidens eines Kooperationspartners erfolgen. Auch eine Übernahme (Fusion) eines Partners kann ein Grund für die Beendigung der Kooperation sein.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine Kooperation das Zusammenspiel vieler Personen, Entscheidungsebenen und Organisationen ist. Dadurch entsteht eine hohe Komplexität, die weder durch eine ausschließliche Betrachtung psychologischer und sozialer Faktoren noch durch organisatorische Attribute erfasst werden. Hemmnisse, die aus einer Vielzahl von Faktoren bestehen, können nicht durch die Eliminierung eines dieser Faktoren beseitigt werden. Ziel jeder Kooperation muss es daher sein, kooperierende Leistungseinheiten möglichst direkt, d.h. hierarchiearm, kundenwunsch-, produkt- und prozessorientiert miteinander zu verknüpfen. Dafür sind Regelungen zu treffen.

2.2.3. Betreiben synergetischer Kooperationsnetze

Ist die Partnersuche erfolgreich abgeschlossen, liegt das kundenorientierte Netz (Produktions- und/oder Dienstleistungsnetz), bestehend aus Knoten mit ihren Beziehungen untereinander, vor.

Die III. Etappe, das Betreiben von Netzen (der Netzbetrieb), ist über die Zeitdauer der Zusammenarbeit als permanenter Prozess zu realisieren. Im Bild 2-22 ist dies bezüglich eines Produktionsnetzes mit produktionsnaher Dienstleistung aus der Perspektive eines Unternehmens ersichtlich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2-22: Etappe III – Betreiben eines synergetischen kundenorientierten Kooperationsnetzes i.A. an /BORN-94/

Ausgehend von der Erfolg versprechenden Kundengruppe werden über ein Unternehmen mit bestimmtem Kompetenzprofil (z.B. Montagekompetenz als Endproduzent einer Werkzeugmaschine) die sich synergetisch ergänzenden Kompetenzen anderer Unternehmen koordiniert. In diesem Falle geht das Netzwerkmanagement von einem zentralen Unternehmen aus. Dabei können sich die einzelnen Netzpartner untereinander ebenfalls vernetzen. In dem Bild sind nur die Beziehungen der Kompetenzprofile der Kooperationspartner in einem Verbund ersichtlich, die für den Aufbau kundenorientierter Kooperationen erforderlich sind.

Kooperationsbeziehungen im Netzverbund beinhalten darüber hinaus gehende Verknüpfungen. Zusätzlich zu den durch menschliches Vertrauen und Akzeptanz aufgebauten Kooperationsbeziehungen sind für die Vernetzung weitere Schnittstellen zu harmonisieren. Diese resultieren aus der Wertschöpfungspartnerschaft und sind u.a.:

- juristischer Art (Verträge, Absprachen, Protokolle)
- informationeller Art (Datenbanken, Rechnernetze, Datenübertragung, Datenverarbeitung)
- kommunikativer Art (IuK-Technologien, E-Kommerz, Internet)
- materialflusstechnischer Art (Transport-, Umschlag-, Lagertechnik, Lagerhaltung, Transportwesen)
- finanzieller Art (Investitionen, Betriebskosten)

Für das Kooperationsnetz, welches sich hier als ein Netz von verschiedenen Unternehmen (Unternehmensnetz) darstellt, sind demzufolge auch die Aufträge insgesamt zu planen und zu steuern. Dafür sind Methoden, Verfahren, Modelle und Werkzeuge bereitzustellen, die dies ermöglichen. Dies betrifft die gesamte Auftragsabwicklung, Ressourcen-, Termin-, Qualitäts- und Kostenplanung, somit alle Komponenten der Produktionsplanung und –steuerung. Hinzu kommen alle Verbindungen im materiellen und wirtschaftlichen Bereich.

Neben dem generellen Lösungsansatz zum Initiieren von kundenorientierten Innovationen, der einen Netzbetrieb vorgelagert sein muss, gibt es eine Vielzahl von Netzwerk-ausprägungen, -beziehungen und –konfigurationen, auf die ausführlich in dem Kaptitel „Vom Unternehmens- zum Kompetenznetze“ eingegangen wird.

2.2.4. Beispiele

Für eine kundenorientierte Innovation mit synergetischer Kooperation wurden praktische Ergebnisse in /BMBF-95; BORN-97; STEI-97/ erarbeitet, die hier stark verallgemeinert beschrieben werden.

Zwei Unternehmen stellen Endprodukte im Maschinenbau her und kämpfen um ihre Überlebensfähigkeit. Es sind:

- KMU in einer Region,
- Finalproduzenten
- besaßen den Willen zur Innovationsbereitschaft und –fähigkeit sowie die
- Bereitschaft von Geschäftsleitung und Betriebsrat zur Veränderung der derzeitigen Situation des Absatzes vorhandener Produkte.

Die Unternehmen lassen sich wie folgt charakterisieren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2-23: Charakteristik beteiligter Unternehmen

Diese Unternehmen erwarten die Stärkung ihrer Lebens- und Wettbewerbsfähigkeit. Nach der Privatisierung des Unternehmens A und B bestand die Notwendigkeit, die Produktpalette entsprechend der vorhandenen Potenziale in Frage zu stellen, marktfähige Produkte zu finden und herzustellen. Der gewählte Innovationsansatz sollte der Geschäftsführung die Möglichkeit bieten,

- die Unternehmensstrategie den geänderten Umfeldbedingungen anzupassen und
- Produktinnovationen zu initiieren.

Die Ziele und Aufgaben aus Sicht der Unternehmen waren unterschiedlich (vgl. Bild 2-24).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2-24: Ziele und Aufgaben aus Unternehmenssicht

Die notwendigen Arbeitsschritte zur Einleitung von Wandlungsprozessen im Unternehmen bedingten eine aktive Unterstützung durch das Management und die Mitarbeiter der Unternehmen. Es wurden in den Unternehmen ein interdisziplinäres Unternehmensteam bestehend aus Geschäftsführung, Betriebsrat und weiteren leitenden Mitarbeitern gebildet. An das Team wurde die Erwartung gestellt, einerseits die derzeitige Unternehmenssituation durch die Einbeziehung eines externen Moderators zu analysieren und andererseits als Multiplikator zu wirken, der die Philosophie neuer Innovation in das Unternehmen trägt und die in den Workshops gemeinsam getroffenen Maßnahmen umsetzt. Im Rahmen von verschiedenen Workshops werden die in Punkt 2.2 angegebenen Arbeitsschritte zur Analyse der Unternehmen mit der Formulierung von Zielen und Maßnahmen abgearbeitet. Dabei konnten gemeinsam die in Bild 2-25 dargestellten Engpässe der Unternehmen herausgearbeitet werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2-25: Wesentliche Engpässe der Unternehmen /ZWIS-95/

Erst durch die Analysephase wurde dem Unternehmensteam und dem Projektbegleitteam die wirkliche Situation des Unternehmens bewusst. Es ist davon auszugehen, dass vor allem die Analyseschritte zur Darstellung von Unternehmenssituation und Führungsverhalten die betriebswirtschaftliche Situation und die Gefahr des permanenten Abstürzens des Unternehmens verdeutlicht hatten.

Ein von den Unternehmensteams erstellter Plan kurzfristig umzusetzender Maßnahmen offenbarte erhebliche Einsparungspotenziale. Relativ problemlos konnten klar formulierte Aufgaben mit eindeutiger Verantwortlichkeit aufgenommen werden (Bild 2-26).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2-26: Maßnahmen zur Projektfortführung

Der kundenproblemorientierte Innovationsansatz wurde insofern verinnerlicht, dass aus ersten individuell geführten Kundengesprächen für das chancenreichste Geschäftsfeld neue Lösungsansätze und Möglichkeiten zur Produkt- und Prozessinnovation entstanden. Zunächst musste intern die Zusammenarbeit verbessert, die Kommunikationsbereitschaft erhöht und die Konfliktlösungsfähigkeit gesichert werden. Mit Einführung der strategischen Geschäftseinheiten (SGE) und der Kostenzuordnung auf diese neue Organisationsform erhöhte sich das Veranwortungsbewusstsein der Mitarbeiter. Die
Transparenz der Aufwände und Ergebnisse verbesserte sich erheblich.

Defizite in der Leitung der Unternehmen A und B wurden erkannt und für die Zukunft beseitigt. Die Bereitschaft, Mitarbeiter als wichtigste Potenziale des Unternehmens in Entscheidungsprozesse einzubeziehen und ihren Entscheidungsspielraum zu vergrößern, ist beim Management der Unternehmen gewachsen. Durch ein verbessertes Führungsverhalten wurde der intern begonnene Innovationsprozess aufrecht erhalten. Der kundenproblemorientierte Innovationsansatz wurde aufgenommen und hat zu neuen Überlegungen beim Ausbau von strategischen Geschäftsfeldern geführt. In beiden Unternehmen entstanden innovative Produktideen, bei denen Kooperationsfelder offen gelegt wurden (Bild 2-27).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2-27: Koopertionsbereiche für Unternehmen A und B

Zum anderen haben sich die Unternehmen in weiteren Geschäftsfeldern durch das vorhandene Wissen und die Erfahrung der Beschäftigten erhebliche Kompetenz aufgebaut und Vertrauen bei den Kunden erworben.

Weiterentwicklungen sind unbedingt notwendig und im Bereich der abgesteckten Unternehmensfelder realistisch. Die Durchführung erfolgt entsprechend der Bedarfsfälle. Entscheidend für die Unternehmen ist, dass durch diesen Prozess

- Verhaltensweisen geändert,
- Denkanstöße gegeben,
- innovative Ideen entwickelt,
- Zeitverträge in unbefristete Arbeitsverträge umgewandelt,
- der Personalabbau gestoppt und
- neue Kundengruppen gewonnen wurden,

die zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in den Unternehmen beigetragen haben.

Die zukünftige Produktstrategie wird ausschließlich von erkannten Kundenproblemen entschieden.

Die vorgenommene organisatorische und die Veränderung im Denken des Management und der Mitarbeiter hin zur produkt- und prozessablauforientierten Arbeitsweise führten zur Konsolidierungsphase der Unternehmen. Für veränderte und neue Produkte, die unter Beachtung vorhandener Potenziale herausgearbeitet wurden, müssen bestehende Kooperationsbeziehungen überprüft und gefestigt bzw. neue gestaltet werden. Auf diese Art entstanden marktfähige, d.h. absetzbare Produkte, eine neue Form der synergetischen Kooperation innerhalb des Unternehmens und zwischen Kooperationspartnern anderer Unternehmen. Beide Unternehmen produzieren kundenwunschgerechte Produkte und schreiben schwarze Zahlen.

Folgende Erfahrungen lassen sich verallgemeinern:

(1) Teilnehmer sind rechtzeitig über Ziel und Inhalt des zu lösenden Problems zu informieren.
(2) Teammitglieder müssen als Innovatoren wirksam werden
(3) Für die Entwicklung von Kompetenzen sind Freiräume notwendig
(4) Produktideen müssen aus Unternehmensproblemen heraus entstehen
(5) Integration der Gesellschafter in den Problemlösungprozess
(6) Nach Entstehen der Idee und Innovation sind zunächst interne und nach gewisser „Reifezeit“ externe Kooperationen zu entwickeln.
(7) Synergetische Kooperation geht von einer Win-Win-Lösung aller Partner aus.

2.3. Bewertung von Kooperation

Der Aufbau unternehmensinterner und -externer Wertschöpfungsketten, erfolgt im Allgemeinen über die Kernkompetenz in Verbindung mit den Ressourcen. Kernkompetenz, die als Einzel- und Gruppenkompetenz verstanden werden kann, muss in Verbindung mit der Organisation ihre Einzigartigkeit widerspiegeln. Die Kernkompetenz drückt also aus, wie sich Wertschöpfungsprozesse zur Herstellung eines Produktes oder einer Dienstleistung von denen anderer Organisationen unterscheiden. Merkmale von Kernkompetenzen sind /HINT-96/:

- hohe Bewertung durch den Kunden,
- hohe Distinktion vom Wettbewerb,
- hohe Resistenz gegen Imitierbarkeit,
- Eröffnung bzw. Erhaltung hoher Zugangschancen zu neuen regionalen oder globalen Märkten bzw. zu neuen Kundengruppen sowie
- Chancen zum Ausschöpfen von Marktpotenzialen.

Diese Kriterien sind auch Ausgangspunkt für das verstärkte Outsourcing in Unternehmen in Folge dessen die Kooperationen zunehmen.

Die wissenschaftliche Beschreibung tatsächlich kooperationsfähiger unternehmerischer Produktionseinheiten setzt voraus, diese in ihrem Zusammenwirken zu analysieren, da ihre Ausgestaltung und Evolution grundlegend davon abhängt, ob es dem Kooperationsverbund (Netz) gelingt, differenzierte Kompetenzen zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen zu nutzen /SYDO-95/.

Eine Möglichkeit der Bewertung von Kooperationen und Vernetzungen sowie zur Beschreibung deren Entstehung liefert der Transaktionskostenansatz /PICO-82, WILL-89/. Eine Transaktion ist dabei der Prozess zur Klärung und Vereinbarung eines Leistungsaustausches. Dafür werden zwei grundlegende Typen der Organisation unterschieden: Markt oder Hierarchie (s. Bild 2-28).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2-28: Kooperation als Koordinationsform zwischen Markt und Hierarchie /DÖRS-97/

Das Koordinationsmedium auf Märkten ist Geld, dasjenige in Hierarchien ist Macht. Zwischen diesen beiden Extrempunkten liegen beliebig viele Zwischenformen, die alle als Kooperationen im weitesten Sinne bezeichnet werden.

Transaktionskosten können in verschiedene Kostenarten über den Lebenszyklus von Kooperationen unterteilt werden /WIRT-98/:

a) Informations- und Suchkosten treten immer dort auf, wo für eine Handlung oder eine Entscheidung die notwendigen Informationen erst beschafft werden müssen. Auch die planerische Vorbereitung der Kooperation und die Partnerwahl zählen zu diesen Kosten.
b) Unter Verhandlungs- und Anbahnungskosten sind alle Aufwendungen zusammenzufassen, die für das Aushandeln und Abschließen der Kooperationsverträge notwendig sind.
c) Informations- und Kommunikationskosten sind umso höher, je weniger man den Kooperationspartner vertrauen kann und je strikter überprüft werden soll, ob die getroffenen Vereinbarungen eingehalten werden. Hier beweist sich wiederum das Vertauen als entscheidender Einflussfaktor für den erfolgreichen Verlauf einer Kooperation.
d) Koordinationskosten entstehen durch die permanenten Abstimmungen der Partner. Diese Kosten können durch die zunehmende Selbststeuerung im Zuge der Umstrukturierungsmaßnahmen in den Unternehmen erheblich reduziert werden. Auch hier bildet das Vertrauen die entscheidende Grundlage für Einsparungen.
e) Konfliktlösungskosten treten auf, wenn im Verlauf vermeintlich unlösbare Konflikte zwischen den Partnern entstehen und diese durch externe Institutionen gelöst werden müssen. Diese Kosten sind am Beginn einer Kooperation nur schwer kalkulierbar.
f) Nicht quantifizierbare Kosten - Hauptzweck einer Kooperation ist immer das damit angestrebte strategische Ziel. Strategische Effekte, wie der Eintritt in einen neuen Markt oder das Beherrschen einer neuen Technologie, erfordern in der Regel einen gewissen Aufwand, der eher als „Investition“ in die zukünftige Wettbewerbsposition anzusehen ist, so dass dieser nicht einfach als Kostenfaktor gegenwärtigen Leis-tungen und Kostenstellen angelastet werden darf. Deshalb ist es auch gefährlich, Kooperationen ausschließlich unter dem Kostenanspekt zu betrachten.

Noch weniger berechen- und bestimmbar sind Synergien zwischen Kooperationspartnern. Synergie bedeutet dabei, dass ein Mehrertrag erzielbar ist auf Grund positiver, komplementärer Beziehungen zwischen den Unternehmen, wenn Aktivitäten gebündelt werden /HINT-96/.

Schwer quantifizierbar sind auch die Risikokosten, die zur Beherrschung und Beseitigung von Störungen und Notfällen innerhalb der logistischen Kette der Wertschöpfung anfallen können. Es empfiehlt sich daher, eine präventive Notfalllogistik mit entsprechenden Instrumentarien und Managementwerkzeugen einzuplanen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 196 Seiten

Details

Titel
Wertschöpfung durch vernetzte Kompetenz - Von Unternehmens- zu Kompetenznetzen der Produktion
Hochschule
Technische Universität Chemnitz  (Institut für betriebswissenschaften und Fabriksysteme)
Note
1,4
Autoren
Jahr
2001
Seiten
196
Katalognummer
V1837
ISBN (eBook)
9783638111300
Dateigröße
4127 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Kooperation, Logistik, Vertrauen, Unternehmensnetzwerke, Führung, Kompetenz, Bionik, Fraktale
Arbeit zitieren
André Baumann (Autor:in)Siegfried Wirth (Autor:in), 2001, Wertschöpfung durch vernetzte Kompetenz - Von Unternehmens- zu Kompetenznetzen der Produktion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1837

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