Das Planspiel


Hausarbeit, 2000

57 Seiten, Note: sehr gut (1,0)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

I. Einleitung

II. Planspiele im Unterricht – ein chancenreiches Unterfangen
1. Eine andere Art des Lernens – einige Vorbemerkungen
1.1 Wieso sind neue Lernformen von großer Bedeutung?
1.2 Einige Impressionen aus dem Planspielalltag
2. Die Konzeption und Durchführung von Planspielen
2.1 Entstehungsgeschichte
2.2 Präzisierung des Begriffs „Planspiel“
2.3 Die einzelnen Phasen des Planspiels
2.4 Das räumlich-zeitliche Setting
2.5 Die Akteure des Planspiels
3. Was kann ein Planspiel im Unterricht leisten?
3.1 Kognitive Aspekte des Planspiels
3.2 Motivationale und emotionale Effekte des Planspiels
4. Planspiele sind vielfältig einsetzbar.

III. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

- Abb. 1: Grundelemente und Grundstruktur des Planspiels: Die wichtigsten INHALTLICHEN Bestandteile der simulierten Welt in ihrem strukturierten Gefüge

- Abb. 2: Die Grundelemente und Grundstruktur des Planspiels: Die grundlegenden FORMALEN Bauelemente und der FUNKTIONALE Gesamtzusammenhang

- Abb. 3: Zur Entwicklungsgeschichte: „Stammbaum des Planspiels“

- Abb. 4: Zum Planspielbegriff: Planspielkomponenten

- Abb. 5: Spezifische Kombinationen der konstitutiven Modellmerkamle Abgrenzung gegen verwandte Formen

- Abb. 6: Äußere Spielabfolge: Organisation der Spielphasen

- Abb. 7: Spielaktivitäten – Aktionsschema je Spielperiode

- Abb. 8: Planspielsimulation als spezielles Verfahren der Erkenntnisgewinnung Ansatzpunkte für eine Theorie der Simulation und des Planspiels

- Abb. 9: Die Planspieletappen

- Abb. 10: Eigenverantwortliches Arbeiten und Lernen

- Abb. 11: Der Erweiterte Lernbegriff

- Abb. 12: Einsatzmöglichkeiten des Planspiels

Vorwort

Zunächst sei hier erstmal auf einige formale Gesichtspunkte hingewiesen. Sie beziehen sich auf Aufbau und Darstellung der vorliegenden Arbeit. In der Arbeit wurde Wert darauf gelegt, den Stoff so zu gestalten, daß er trotz seines Umfanges leicht zugänglich ist. Im Folgenden werden einige Prinzipien und Elemente der Gestaltung, welche für die Darstellung maßgebend waren, angeführt:

Im Einleitungstext wird ein Einstieg in die grundlegende Problematik angeführt und soll die Idee von Ziel und Zweck der gesamten Arbeit vermitteln. Neben der zentralen Fragestellung und gedanklichen Leitlinien erhält er auch knappe Angaben über Abfolge und Inhalt der einzelnen Kapitel. Dem ausführlichen Inhaltsverzeichnis am Anfang der Arbeit kann ein Überblick über die Konzeption des Ganzen entnommen werden und bietet durch vielschichtige Untergliederungen ein Bild von der Mannigfaltigkeit im einzelnen. Die in dieser Arbeit verwendeten Graphiken (Graphiken 1-8; Autor: M.Geuting 1992 / Graphiken 9-12; Autor: Heinz Klippert 1996) und Schaubilder sollen bestimmte Beziehungszusammenhänge, die sich mit Worten allein nicht klar genug darstellen lassen, nochmals ergänzend veranschaulichen. So werden schnelle Einsichten in das gedankliche Gefüge der Arbeit ermöglicht. Einige wichtige sinntragende Begriffe sind durch besondere Schrifttypen hervorgehoben und sollen die Auffassung erleichtern. Die zahlreichen Textüberschriften dienen ebenfalls als Erschließungshilfen. Die verwendete Literatur ist im Literaturteil – bis in Einzelaspekte hinein – systematisch aufgegliedert. Fußnoten und Querverweise wurden weitestgehend nach dem „Harvardschen System“ durchgeführt.

Das Phänomen Planspiel lernt man natürlich am leichtesten durch praktische Teilnahme an Spieldurchführungen kennen. Leider wird diese Gelegenheit aber zur Zeit nur von wenigen Interessenten angeboten. Um dennoch die Faszination des Planspiels zu erleben bleibt oftmals nur der Weg der Selbstorganisation und Selbstgestaltung von Planspielen.

I. Einleitung

„Die Welt von morgen entsteht auch in den

didaktischen Systemen der Schule der Gegenwart.“

Zitat: J. Szaniawski

Seit geraumer Zeit wird ganz offiziell mehr für Freiarbeit und offenen Unterricht, für mehr Projektarbeit und fächerübergreifenden Unterricht, für mehr Projekttage und Projektwochen, für mehr Methodenschulung und soziales Lernen, für mehr Entscheidungstraining und Verantwortungsfähigkeit plädiert. Bildungspolitische Erklärungen und Richtlinien weisen diese Optionen genauso aus wie die meisten aktuellen Verlautbarungen der Wirtschaft – insbesondere der Großindustrie. Damit die Schüler/innen in diese verschiedenen Prozesse eingeführt werden können und die Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben, welche für diese Findung unerläßliche Voraussetzung sind, muß die Schule verschiedene Programme zur Verwirklichung und zum Training entwickeln. In einem solchen Programm gewinnen die Verfahren an Bedeutung die man lernt, wie man lernt, Probleme sieht, Probleme löst, Entscheidungen trifft und Innovation im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben einleitet. Hieraus wird ersichtlich, daß auch die Lehrer/innen mit Verfahren, Lern- und Lehrstrategien vertraut gemacht werden müssen, welche bisher im schulischen Betrieb überhaupt nicht oder nur sehr selten eingesetzt wurden. Dazu gehört auch die aktive, partizipative Methode „Planspiel“.

In unseren Schulen sind Planspiele bislang nur wenig verbreitet. Dieses liegt erstens an den fehlenden Spielvorlagen, zweitens an einseitig orientierten Lehr-/Lernverständnis vieler Lehrkräfte, drittens an den traditionell eher dürftigen Gestaltungsspielräumen der Schule und viertens an der fehlenden Spielpraxis und –erfahrung der meisten Lehrer/innen.

Mit der vorliegenden Arbeit soll auf die Frage eingegangen werden, in wieweit die Planspielmethode ein probates Mittel zur Durchführung schulischen Unterrichts ist. Zudem soll aufgezeigt werden, daß die Planspielmethode ein Medium mit vielseitigen Einsatz- und Lernmöglichkeiten ist.

Die vorliegende Arbeit ist wie folgt aufgebaut:

Im ersten Teil der Arbeit wird zunächst in knapper Form die Planspielmethode erläutert und begründet. Dieses Beginnt mit einigen Impressionen aus einer Unterrichtseinheit, die zeigen sollen, wie lebendig und vielschichtig die Schüler/innen im Rahmen von Planspielen lernen.

Im zweiten Abschnitt wird als dann die Organisation und Durchführung von Planspielen näher erläutert sowie die Spielkompetenz der Schüler/innen eingehender gewürdigt.

In Abschnitt drei werden nun die Lernchancen und Lernziele detaillierter entfaltet und begründet, welche für das Planspiel kennzeichnend sind. Im letzten Abschnitt dieser Arbeit soll nochmals kurz in Erinnerung gerufen werden, daß die Planspielidee keineswegs nur in den gesellschaftskundlichen Fächern oder Lernfeldern ihren Platz hat. Sie kann auch und besonders im Fach Deutsch eingesetzt werden sowie überall dort wo fächerübergreifender Unterricht angesagt ist.

II. Planspiele im Unterricht – ein chancenreiches Unterfangen

1. Eine andere Art des Lernens – einige Vorbemerkungen

Es ist unmittelbar evident, daß sich der heutige Unterricht verändern und anpassen muß, wenn sich die Lebenswelt der Schüler/innen, ihre Lebensdispositionen und –erwartungen sowie die von außen an die Schule gerichteten Qualifikationsanforderungen verändern müssen.

1.1 Wieso sind neue Lernformen von großer Bedeutung?

Über den traditionellen Lehrerzentrierten Unterricht kann man mit seiner einseitigen Stofforientierung und seiner Überbetonung direktiv-rezeptiver Lernformen denken wie man will. Auch in der Zukunft wird er sicherlich seinen Platz in der Schule behalten, da die Lernzeit bekanntlich knapp ist und die Schüler/innen ganz gewiß nicht alles von Grund auf selbst erarbeiten können. Dennoch verliert er ganz unstrittig an Bedeutung und an Akzeptanz. Hier bedarf er von daher dringlich der verstärkten Ergänzung und Substitution durch neue Lehr-/Lernformen im Sinne des schüleraktiven, entdeckenden, kreativen und kooperativen Lernens, dem nicht zu letzt das Planspiel Raum gibt. Nicht, daß diese Lehr-/Lernformen im strengen Sinne des Wortes wirklich neu sind. In der pädagogischen Literatur werden sie größtenteils schon seit langem gewürdigt und propagiert. Bisher mangelte es ihnen aber an ihrer praktischen Umsetzung im Unterricht. Im Hinblick auf diese Tatsache muß noch vieles getan werden, wenn eine zeitgemäße Bildungsarbeit sichergestellt werden soll.

Daß es um die Zeitgemäßheit des tradierten Unterrichts nicht gerade zum besten bestellt ist, läßt sich aus zwei Blickwinkeln begründen:[1]

Zum einen von den Schüler/innen her, deren Lerndispositionen und Lernbedürfnisse sich in den letzten Jahrzehnten entscheidend gewandelt haben, zum zweiten vom gesellschaftlichen Qualifikationsbedarf her, der sich im postindustriellen Zeitalter ebenfalls gravierend verändert hat und die Schule vor deutlich neue Aufgaben stellt. Zunächst zur Schülerperspektive:

Wie mittlerweile jeder weiß, ist die heutige Schülergeneration in starkem Maße geprägt durch das Fernsehen und anderen audiovisuelle Medien, die eines gemeinsam haben: Sie drängen die Schüler/innen in eine Passivität und befriedigen zugleich in ausgeprägter Weise deren Animations- und Berieselungserwartungen.

Attraktive Rezeptionsangebote im Sinne faszinierenden Entertainments strömen von daher geradezu inflationär auf die Schüler/innen ein und führen dazu, daß die mit diesen Medienkindern befaßten Lehrkräfte einen zunehmend schweren Stand haben, wenn sie den Lernstoff im Stile von „Entertainern“ darzubieten versuchen. Die Rezeptionsbereitschaft und die Rezeptionsfähigkeit der Schüler/innen haben unter dem Einfluß des alltäglichen Medienkonsums entscheidend abgenommen. Diese ist auch kein Wunder, wenn man die durchschnittliche Verweildauer vor dem Bildschirm von zwei und mehr Stunden täglich berücksichtigt. Diese Passivierung und Verwöhnung der besagten „Medienkinder“ wird durch eine mehr oder weniger ausgeprägte Förderung von Bequemlichkeit, Verantwortungslosigkeit und Konsumismus in vielen Elternhäusern noch verstärkt (Stichwort: overprotected child). Dies alles hat natürlich Folgen für die Unterrichtsgestaltung. Denn wenn die Rezeptionsbedürfnisse der Schüler/innen außerschulisch stark abgedeckt werden und innerschulisch zu derart hohen Erwartungen führen, daß die meisten Lehrkräfte beinahe zwangsläufig dahinter zurückbleiben müssen, dann muß eben nach anderen Lehr-/Lernverfahren gesucht werden, welche geeignet dafür sind, die Schüler/innen aus ihrer verbreiteten Lethargie herauszureißen und zu engagiertem und wirksamen Lernen zu veranlassen. Die Möglichkeit dazu besteht aber auch. Das wiederum heißt: Statt des direktiv-rezeptiven Lehrens muß stärker das aktive, kreative und kooperative Arbeiten und Lernen im Unterricht betont werden. Denn in dieser Hinsicht verfügen die Schüler/innen nach wie vor über recht ausgeprägte Lernbedürfnisse, wie verschiedene Schülerbefragungen der Vergangenheit gezeigt haben (vgl. Klippert 1994, S. 11) – Lernbedürfnisse, die im traditionellen Unterricht viel zu wenig genutzt werden.

Der zweite Begründungsstrang, der für die Revision des tradierten Lehr-/Lernstils sowie für den verstärkten Einsatz bewährter Planspiele spricht, leitet sich her von den spezifischen Qualifikationsanforderungen, wie sie für die moderne Industriegesellschaft typisch sind.

Zum einen steht da unverändert die Forderung im Raum, im Dienste des demokratischen Gemeinwesens auf Selbst- und Mitbestimmung, auf Demokratiefähigkeit und politische Partizipation zu setzen und die Schüler/innen entsprechend zu fordern und zu fördern – eine Forderung welche durch die direktiv-rezeptive Ausrichtung des tradierten Unterrichts schon immer konterkariert wurde.

In einem Unterricht in dem der Lehrer belehrt, dirigiert und in sonstiger weise dominiert, muß zwangsläufig dazu führen, daß die Schüler/innen relativ passiv und unmündig bleiben. Wer diesem Dilemma entgehen will, der muß zwingend Lehr-/Lernverfahren forcieren, die auf Schülerseite demokratiespezifische Handlungsweisen in Gang setzen. Dieses „lerning by doing“ gilt selbstverständlich auch für die Vermittlung der von der Wirtschaft geforderten sozialen, methodischen und persönlichen Kompetenz, wie sie im Berufsalltag immer stärker benötigt werden.

Man kann nun einmal Methodenkompetenz nur entwickeln, wenn man methodisch selbständig arbeitet und experimentiert. Sozialkompetenz kann nur derjenige entwickeln, welcher in puncto Teamarbeit, Kommunikation und Kooperation gefordert und gefördert wird. Schließlich stehen und fallen persönlichkeitsbildende Qualifikationen wie Verantwortungsbewußtsein, Eigeninitiative und Selbstvertrauen ebenfalls mit der aktiven Erprobung und Bewährung. Vor diesem Hintergrund gesehen sind aktiv-kreative Lernverfahren wie das Planspiel nicht nur zeitgemäß und richtungsweisend, sondern es ist auch dringend an der Zeit, daß sie verstärkt in der praktischen Unterrichtsarbeit einfließen.

1.2 Einige Impressionen aus dem Planspielalltag

Planspiele ermöglichen ebenso vielseitiges wie lebendiges Lernen. Dieses wurde in der Einleitung bereits angedeutet. Und das wird durch die nachfolgende Erfahrungsskizze anschaulich belegt. Durch die Planspielidee wird die Motivation sowie die Lernintensität der Schüler/innen gesteigert und sie trägt nicht zuletzt dazu bei, daß die vielbeklagten Lern- und Konzentrationsprobleme auf Schülerseite geringer werden. Dennoch sind Planspiele nicht ein pädagogisches „Allheilmittel“, wohl aber ein recht probates Instrument zur Bekämpfung des verbreiteten Lehr-/Lernfrusts auf Schüler- wie auch auf Lehrerseite. Das macht das nachfolgende Beispiel deutlich.

Beispiel:

Das Planspiel wird in einer 12. Klasse des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in Bremerhaven durchgeführt. Thematisch geht es bei diesem Planspiel um die Osterweiterung - sowie deren formalen Ablauf - der EU.

Hierbei geht es um die drei Beitrittskandidaten (Polen, Ungarn, Tschechische Republik) die, der Europäischen Union beitreten wollen. Sie müssen sich mit den verschiedenen Organen der EU (Europäisches Parlament, Europäische Kommission, Rat der Europäischen Union) auseinandersetzen, welche wiederum sich selbst miteinander auseinandersetzen müssen. Jedes Beitrittsland wird von zwei Schüler/innen vertreten.

Das Europäische Parlament sowie der Rat der Europäischen Union setzt sich aus vier Ländern zusammen, wobei auch hier jedes Land von zwei Schüler/innen vertreten wird. Die Europäische Kommission bilden vier Schüler/innen. Die Schüler/innen arbeiten entsprechend dieser Grundkonstellation in vier Gruppen bzw. in Partnerarbeit innerhalb der Gruppen – locker, aber dennoch zielstrebig und konzentriert. Sie verfolgen unterschiedliche Interessen und Strategien, um die angedeutete Problemsituation zu bereinigen. Hierzu stehen ihnen als Arbeitsgrundlage die folgenden Materialien zur Verfügung:

Erstens: eine knappe Beschreibung der derzeitigen Lage innerhalb der EU (das Szenario).

Zweitens: eine Planspielmatrix und eine Arbeitskarte mit Erläuterungen und Anregungen zum Spielablauf.

Drittens: allg. Informationen zu den Rollen und der EU.

Viertens: spezifische Rollenkarten mit vertiefenden Informationen zu den einzelnen Rollen.

Fünftens: Ereigniskarten als Impulskarten für die Hand des Lehrers/ der Lehrerin.

Sechstens: einschlägige Arbeitsmittel wie Lexika, neuste Informationen aus dem Internet, Farbstifte, Lineal, Plakate, Namensschilder, Dekoration und Tapetenrollen.

Diese Aufzählung zeigt eine Anhäufung von sehr viel Material und Informationen. Dennoch arbeiten sich die Gruppen sukzessive hinein, werden durch Nachfragen verunsichert, lesen nach, diskutieren und verschaffen sich im Laufe des Planspiels, welches sich über 21/2 Wochen und insgesamt 8 Unterrichtsstunden erstreckt, einen bemerkenswerten Durchblick – fachlich wie methodisch. Es ist das erste Planspiel, das der 12er Kurs im Rahmen seiner Schullaufbahn durchführt. Das erleichtert die Arbeit ganz gewiß nicht. Und dennoch sind die Schüler/innen nach einer eher verhaltenen Anfangsphase, in der sie von vielen Materialien und der ungewohnten Arbeitsorganisation zunächst etwas „erschlagen“ wurden, sehr bald in ihre Rollen geschlüpft und sondieren mit viel Engagement ihre potentiellen Handlungs- und Einflußmöglichkeiten. Sie lesen und diskutieren, schreiben Briefe und protokollieren, nehmen mündliche Verhandlungen auf und taktieren, erstellen Einladungen und vorläufigen Vertragsbedingungen.

Nicht zuletzt ist es sogar gelungen, einige „stillere“ Schüler/innen der Klasse aus ihrer Reserve zu locken und zum konstruktiven Mitmachen zu bewegen, was für die sozialen Lernchancen des Planspiels spricht. Die Aktivität innerhalb der einzelnen Seminarräume sowie deren Beschilderung und das rege Treiben (Korrespondenz) zwischen diesen einzelnen, bleibt auch anderen, außenstehenden Schülern nicht unbemerkt.

So fragen diese nach was hier für ein Unterricht statt findet oder setzen sich in einige Räume hinein, um gespannt zuzuhören. Zur abschließenden feierlichen Vertragsunterzeichnungsphase oder Vertragsablehungsphase wird sogar eine Videokamera mitgebracht um das Geschehen aufzuzeichnen. Einige Schüler/innen haben sich so in die Rolle hineinversetzt, daß nach der Ablehnung der Verträge heftigst weiter diskutiert wird. Vielleicht mag mancher derartige Videoaktionen ausgewachsener Oberstufenschüler belächeln. Offenbar spiegeln sie aber das Bedürfnis vieler Schüler/innen nach sinnlichen, aktionsorientiertem Lernen wider – einem Lernen, das sich wegen seines „Erlebnischarakters“ nicht zuletzt tief ins Gedächtnis eingräbt und relativ langfristiges fachliches Lernen und Behalten gewährleistet. Eine anschließende Befragung der Schüler brachte Aussagen wie: „Es geht nicht so trocken zu, was ich gut finde“, „Dadurch, daß es locker gestaltet war, hat`s mehr Spaß gemach“, „Man lernt einfach, indem man was tut“. Richtig!

Fazit:

Diese so ausgesprochen positive Bilanz soll freilich nicht den Eindruck erwecken, daß Planspiele immer glatt und reibungslos verlaufen und die Schüler/innen stets spielend damit zurechtkommen. Natürlich kann es hier und dort mal haken. Selbstverständlich tun sich manche Schüler/innen mit den vielfältigen Anforderungen und Aktivitäten auch schwer, aber das hat nicht zu gravierenden Schwierigkeiten geführt. Eher die Passivität einer Gruppe/Rolle/Organ kann ein Problem darstellen. Dennoch: Die vielfältigen Lernanreize und Lernaktivitäten, die mit dem Planspiel einhergehen, sorgen nach unserer Erfahrung sehr wirkungsvoll dafür, daß sich etwaige Lern- und Motivationsprobleme sukzessive verflüchtigen und die Lernerfolge in einem deutlich über das Normalmaß hinausgehenden Umfang einstellen. So gesehen sind Planspiele ganz gewiß lohnende Unterfangen. Ja mehr noch: sie gehören in aller Regel zu den „Highlights“ im Unterrichtsalltag der Schüler/innen wie Lehrer/innen.

2. Die Konzeption und Durchführung von Planspielen

Um die Grundstruktur und die Grundelemente des Planspiels genauer zu veranschaulichen verwenden wir zwei Graphiken. Sie zeigen detailliert den systematischen Aufbau und die Grundidee die hinter einem Planspiel steckt.

(siehe: Abb. 1 und Abb. 2).

2.1 Entstehungsgeschichte

In der Kriegsführung wurde schon sehr früh begriffen, daß Probehandeln als Handeln in der Alltagswirklichkeit notwendig ist. Manöver zählen zu großangelegten Planspielen, die zwar kein Spielcharakter haben jedoch den realen Bedingungen entsprechend entworfen sind. Bei den Kriegsspielen wurden die zukünftigen Handlungen gemeinsam geplant, Handlungsmodelle, die Alternativen bereitstellten, wurden entworfen. Das Probehandeln bezog sich auf die Umweltbedingungen, z.B. Gelände, verfügbares Material , Personal und auf die möglichen, erwartbaren Reaktionen des „Feindes“[2].

Die ersten Kriegsspiele sollen in China bereits 3000 v.Chr. stattgefunden haben. Beim Militär wurde sehr früh erkannt, daß Menschen nicht durch Belehrung, sondern durch aktives Tun handlungsfähig werden. Später erkannte dann auch die Wirtschaft, daß Simulationen notwendige Lernverfahren sind. Erst in den letzten Jahren fanden Simulationsmethoden Platz in der schulischen und außerschulischen Bildung.

Zu Entwicklungsgeschichte siehe auch Abb.3.

2.2 Präzisierung des Begriffs „Planspiel“

Planspiele können die Zusammenhänge zwischen persönlichem Verhalten und Organisationen durch Handeln erfahrbar machen. Durch die Simulation kann subjektive Erfahrung unter objektiver Bedingung konkret erlebt werden.

Planspiele sind Lernmedien, um gesellschaftlich bestimmtes Verhalten zu begreifen und die persönlichen Fähigkeiten im Umgang mit Organisationen zu erweitern. Es werden bestimmte Teilbereiche der sozio-kulturellen Welt und bestimmte Wirkungsfelder menschlichen Handelns modellhaft nachgebildet. Dementsprechend beinhaltet das Planspiel folgende Komponenten: Personensimulation bzw. Rollenspielkomponente – Umweltsimulation – Problemsimulation – Handlungssimulation – Wirkungssimulation bzw. Simulation der unmittelbaren Handlungsergebnisse und der weiteren Konsequenzen (siehe auch Abb. 4).

Dafür ist die Simulation von Konfliktsituationen notwendig. Planspiele sind also Simulationen von Konfliktsituationen, die den Alltag bestimmen. Diese Konflikte werden vereinfacht d.h. Komplikationen, Variationen usw. werden weggelassen. Es werden immer nur Ausschnitte aus der Wirklichkeit reproduziert, die für die Strukturierung des Konfliktfalles wichtig erscheinen. Über die Bedeutung der verschiedenen Bedingungen entscheiden die Planspielkonstrukteure. Drei Grundelemente bestimmen im wesentlichen das Phänomen des Planspiels:[3]

1. ein sogenannter „allgemeiner Gedanke.“
2. ein „Plan.“
3. ein Spiel.“

Diese drei Elemente sind auf verschiedene Stufen der Abstraktion angeordnet.

[...]


[1] Siehe 14 und 8

[2] Vgl. 6., S. 102 - 104

[3] siehe 5., S 28 - 29

Ende der Leseprobe aus 57 Seiten

Details

Titel
Das Planspiel
Hochschule
Universität Bremen  (FB Kulturwissenschaft)
Veranstaltung
Unterrichtsmethoden
Note
sehr gut (1,0)
Autoren
Jahr
2000
Seiten
57
Katalognummer
V18354
ISBN (eBook)
9783638227216
Dateigröße
865 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Planspiel, Unterrichtsmethoden
Arbeit zitieren
Nils Becker (Autor:in)Daria Bayer (Autor:in), 2000, Das Planspiel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18354

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