Das Unternehmen Kippenberger


Magisterarbeit, 2008

186 Seiten, Note: 1,8


Leseprobe


INHALT

I Einleitung
I.1 Literatur und Forschungsstand
I.2 Kippenbergers besondere Problematik und ein theoretischer Versuch
I.3 Kippenberger im Kontext – der Kunstbetrieb der achtziger Jahre und die Kunstmetropole Köln
Die Metropole Köln

II Kippenberger als... : Öffentlichkeitsstrategien
II.1 Kippenberger: Der Impresario, der Organisator, der Auteur
Kippenberger in Florenz
Berlin: Kippenbergers Büro und das SO 36
Kippenberger als „Homme de Lettre“ in Paris
„Kippenberger raus aus Berlin“
II.2 Der Verleger Kippenberger
II.3 Der Kurator Kippenberger
II.4 Die Sammler Kippenberger
II.5 Das soziale Gefüge um Kippenberger
Max Hetzler – Gisela Capitain – Die Grässlins
Österreich
Die Kunstkritik

III Produktionsstrategien
III.1 Die wiederkehrenden Motive, der "Running Gag“
Fred the Frog und Dialog mit der Jugend
„Peter“-Ikonographie in Malerei und Zeichnungen
Die Laterne als Alter Ego
Bedeutungsträger: Der Kanarienvogel, der Weihnachtsmann und das Ei
Der Kanarienvogel und Weihnachtsmann
Das Ei
III.2 Papier als Stil: Zeichnungen auf Hotelbriefpapier
III.3 Inflationäre Produktion
Zahlen
Editionen
„Peter. Die Russische Stellung“ Galerie Max Hetzler, Köln 1987
III.4 Die Organisation von Autorschaft und Assistenz
III.5 Kippenberger in der Tradition der Kunstgeschichte
Pablo Picasso
Andy Warhol
Joseph Beuys

IV Die Rezeption
IV.1 Die Rezeption Kippenbergers: Die Jahre 1994, 1997 und 2006
1994
1997
2006
IV.2 Die Mythologisierung von Köln der achtziger und neunziger Jahre
IV.3 Kippenberger exemplarisch

V Ein Fazit

Abbildungen
Abbildungsverzeichnis

Literaturverzeichnis
Monographien und Ausstellungskataloge über Martin Kippenberger
Artikel in Katalogen und Zeitschriften
Artikel in Tages- und Wochenzeitungen
Internet und Film
Allgemeine Monographien und Kataloge

I Einleitung

Martin Kippenberger (1953-1997) ist einer der wichtigsten und zugleich umstrittensten Künstler der deutschen Nachkriegskunst. Als singulär kann man seine Vita beschreiben, die im Ruhrgebiet 1953 begann und tragisch mit seinem Tod 1997 in einem Krankenhaus in Wien endete. In einer Schaffensperiode von nur zwanzig Jahren entwickelte Kippenberger ein gigantisches und hochreferentielles Werk für eine jedes Maß übersteigende Zahl von Ausstellungen. Weitestgehend abgelehnt von deutschen Kunstinstitutionen ehrten ihn die Teilnahme an der Documenta X, 1997 in Kassel und die Repräsentation Deutschlands 2003 auf der Biennale in Venedig zusammen mit Candida Höfer erst posthum. Mit diesem Jahr setzte eine Rezeption ein, die sich weitestgehend unbeeindruckt von Kippenbergers Umstrittenheit seinem Werk nähert und ihn heute als exemplarischen Wegbereiter identifiziert hat. Retrospektiven seines Werks fanden 2006 im K21 in Düsseldorf und in der Tate Modern in London statt und für 2008 sind weitere Schauen im Los Angeles Museum of Contemporary Art und im Museum of Modern Art angesetzt.

Aber warum Kippenberger heute? Was scheint heute so faszinierend an ihm, was vor rund 15 Jahren noch vollkommen umstritten war? Kippenberger erscheint heute vielen als Modell, als utopische und gleichermaßen exemplarisch realisierte Selbstbehauptung eines Künstlers, indem er weitestgehend als Autodidakt und durch die ständige Kommunikation und Interaktion mit einer breiten Öffentlichkeit sein Werk und ein öffentliches Bild von sich entwickelte. Kippenberger hat wie kein anderer das Spiel mit der Ökonomie der Aufmerksamkeit beherrscht. Durch die Verschränkung mit einer großen Öffentlichkeit entstand ein Mythos, ein Gewebe aus Anekdoten, Erinnerungen, Meinungen und Parteien. Über Kippenberger zu schreiben, bedeutet folglich, sich auf Polaritäten und Verstrickungen einzulassen, mit ihnen umzugehen und bestenfalls die Art und Weise der Verstrickung der unterschiedlichen Ebenen zu beschreiben. Wie die Untersuchung dabei zeigen möchte, hat man es mit einem materiellen Werk und mit einer performativen und fiktionalen Figur „Kippenberger“ zu tun. Beide Aspekte haben wesentliche gemeinsame Eigenschaften und dienen dem jeweils anderen. Eine der grundlegenden Qualitäten beider Aspekte ist eine integrative Dialektik des „Sowohl-Als-Auch“. Verstörend wie dynamisierend legt Kippenberger unterschiedlichste Kategorien aus hohem Ernst und derbem Witz, Heiterkeit und tiefer Verletzung, Drastik und Sensibilität, Plattheit und Komplexität, „High“ und „Low“ zusammen. Diese inhaltliche Dynamik trifft auf das Phänomen, dass Kippenberger keineswegs nur in bestimmten ausgewählten Bereichen oder künstlerischen Medien sein Tätigkeitsfeld sah. Er bearbeitete nahezu sämtliche Felder künstlerisch-praktischer Tätigkeit von klassischen Medien der Zeichnung oder Malerei bis hin zur Installation. Einem Prinzip der Vollständigkeit folgend, war Kippenberger selbst auch Publizist, Kurator, Sammler und betätigte ein breites Netzwerk an Personen, das ihn durch seine Galeristen und Sammler ökonomisch unterstützte, ihm durch seine Assistenten ein „offenes System“ von Autorschaft ermöglichte und durch befreundete Autoren und Kritiker auf dem Feld der Theorie absicherte.

Diesem „Künstler-Sein-Zu-Wollen“, in allen nur möglichen Bereichen, gehen performative Selbstinszenierungen aus seiner Berliner Zeit Ende der siebziger Jahre voraus. Hier entwickelte Kippenberger den Künstler „Kippenberger“, dessen Darstellung ein öffentlicher und performativ zu vollziehender Akt exemplarischer Handlungen war, der historischen, gesellschaftlichen, kunsttheoretischen und zeitgeschichtlichen Anforderungen unterlag. Medial noch unbestimmt, stellte die Figur „Kippenberger“ nachdrücklich Kippenbergers Absicht vor, Künstler sein zu wollen. Nachdem die Wahl zu Beginn der achtziger Jahre auf die Figur des „Bildenden Künstlers“ fiel, thematisierte Kippenberger dessen andauernde Verwicklung mit allen nur möglichen, ambivalenten Topoi der Zeit- und Kunstgeschichte und begann mit der Produktion seines gigantischen Werks. Wie die Untersuchung zeigen möchte, weisen beide Gegenstände – das Werk und die Figur „Kippenberger“ – programmatische Ansätze auf.

Der Titel der Untersuchung bezieht sich nicht auf die Analyse von Kippenbergers Künstler­karriere unter dem Fokus ökonomischer Faktoren, denn diese darf man primär als posthum bezeichnen. Das substantielle Geld wird heute auf dem Kunstmarkt vor allem mit Kippenbergers Malerei verdient. Das „Unternehmen Kippenberger“ bezeichnet Kippenbergers programmatischen Ansatz, sich durch den mit der Öffentlichkeit verschränkten Komplex des „Kippenbergers“ in Verbindung mit seinem Werk in die Kunstgeschichte einzuschreiben zu wollen und als Künstler damit Anerkennung zu finden. Diedrich Diederichsen, Kippenbergers gewieftester Exeget, bezeichnet Kippenberger als einen „Gesamtkunsturheber“.[1] Diederichsens „Urheber“ betont das aktive Moment, welches im Sprachgebrauch dieser Untersuchung mit dem Begriff „Unternehmen“ aktualisiert wird.

Kippenbergers Unternehmen beschränkt sich nicht auf Virtuosität und Vollständigkeit in einem bestimmten Nischenbereich von Kunstproduktion, sondern zielte darauf ab, sich in sämtliche Kategorien der Kunst – in die Produktion, Rezeption, Erwerb und ihre Kontextualisierung – hinein zu begeben, ihre jeweiligen Gesetzmäßigkeiten gleichzeitig anzuerkennen und zu unterwandern, und von dort aus wieder sein eigenes künstlerisches Programm neu zu denken. An dieser Stelle wird die vorliegende Arbeit Kippenbergers Produktionsstrategien untersuchen und möchte darstellen, dass es durch alle inhaltliche Komplexität, Vernetzung und Multimedialität hindurch bei Kippenberger bestimmte kunsthistorisch validierte Muster wie Privatikonographie, Stilbildung und den kenntnisreichen Umgang mit historischen Vorbildern gibt.

Die beiden Schwerpunkte der vorliegenden Untersuchung beziehen sich auf Kippenbergers zentrale Öffentlichkeits- und Produktionsstrategien, und möchten damit zeigen, dass sich das „Unternehmen Kippenberger“ nach diesem Programm vollzieht. Dass die eine Dimension nicht ohne weiteres von der anderen zu trennen ist, belegt die posthume, vielstimmige und nicht immer kluge oder faire Rezeption, die sich mit der Exponierung Kippenbergers für die achtziger Jahre und für die Kunstmetropole Köln verschränkt. Köln als Kunstmetropole mit seinen besonderen Bedingungen und die Rezeption Kippenbergers sind die ein- und ausleitenden Gegenstände der Untersuchung.

I.1 Literatur und Forschungsstand

Kippenberger gehörte zu den exponiertesten und meist diskutiertesten künstlerischen Positionen der achtziger Jahre in der Bundesrepublik Deutschland. Zu seinem Tod im März 1997 wurde in fast sämtlichen Tageszeitungen über ihn und seine ambivalente Rolle in der Kunst berichtet. Das Magazin „Texte zur Kunst“, eines der fundierten Hauptorgane der zeitgenössischen Kunstkritik, widmete ihm nahezu die Hälfte einer Ausgabe, überall wurde man gewahr, dass mit seinem Tod mehr als die Person und der Künstler Martin Kippenberger und zwar ein Phänomen verschwunden ist. Kippenberger hatte eine umstrittene Rolle in der Öffentlichkeit besetzt und eine polarisierende Position in der Kunst eingenommen. Die zunehmende harsche Kritik, derer er sich seit Ende der achtziger Jahre und Anfang der neunziger Jahre ausgesetzt sah, gipfelte in dem Nachruf der Berliner „tageszeitung“: „Er war kein guter Mensch“.[2] Währenddessen lobten ihn andere als den „deutschen Andy Warhol“[3], als Popstar der Kunstszene. Zwischen diesen Polaritäten bewegt sich die vorliegende Literatur.

Das vorliegende Textmaterial zu Kippenberger ist meist erst nach seinem Tod 1997 erschienen. Schriftliches Quellenmaterial sind das Interviewbuch „ B – Gespräche mit Martin Kippenberger“, das er zusammen mit Jutta Koether 1993 bis 1994 entwickelte, ein langes Interview, das 1991 in dem österreichischen Kunstmagazin „Artfan“ erschien,[4] und das späte Interview von Kippenberger mit Daniel Baumann von 1997 „Kippenberger sans peine. Picasso vollenden“ als begleitende Publikation für die Ausstellung im MAMCO in Genf. In allen drei Publikationen drückt sich der passionierte und ausführliche Originalton Kippenbergers aus, der einen Eindruck von Kippenbergers besonderem Verhältnis zur Sprache und seiner Haltung als Künstler vermittelt. Die Interviews sind nicht oder nur wenig redaktionell bearbeitet worden, wie es seinem Wunsch entsprach.[5] Einem Dokumentarfilm des Regisseurs Jörg Kobel ist es zu verdanken, dass Filmmaterial als Quelle über Kippenberger Ende der siebziger Jahre in Berlin und aus seiner Kölner Zeit der achtziger Jahre zugänglich ist. Die deutsch-österreichische Produktion „Kippenberger – Der Film“ erschien 2005. Ein Jahr später erschien der biographische Band „Ihr Kippy Kippenberger. Briefe-Bilder-Fotos-Film von und mit Martin Kippenberger“ von Gisela Stelly anlässlich einer Ausstellung in der Frankfurter Galerie Grässlin. Er enthält Faksimiles eines Briefwechsels Mitte der siebziger Jahre zwischen Kippenberger und Stelly und Bildmaterial zu Kippenbergers Zeit in Berlin. Darüber hinaus sind die zahlreichen Künstlerbücher Kippenbergers als Originaldokumente heranzuziehen, die aber im Zuge von Kippenbergers posthumen Erfolg auf dem Kunstmarkt und aufgrund ihres Sonderstatus zwischen Werk und Edition mitunter sehr schwer erhältlich sind. Für alle direkten Äußerungsformen Kippenbergers gilt notwendige Skepsis, weil es der Exeget Kippenbergers mit einer oft performativen, das Interview als Kunstform oder als Öffentlichkeitsstrategie nutzenden Künstlerpersona „Kippenberger“ zu tun hat. Die Fragen nach der Unterscheidung dieser Figur, nach der Authentizität ihrer Aussagen und nach ihrem Informationsgehalt werden im Rahmen dieser Untersuchung noch erörtert werden.

Somit teilt sich das Textmaterial in posthumes Material und zu Lebzeiten erschienene Rezensionen und Quellen. Die Untersuchung möchte zeigen, dass gerade in der Rezeption ein historischer Bruch vollzogen wurde, für den Kippenberger als ein exemplarischer Exponent der achtziger Jahre zusammen mit der Kunstmetropole Köln verhandelt wurde. Erst nach dem Abklingen einiger emotionaler Auslassungen zwischen 1994 und 1997 setzte eine analytischere Rezeption ein, die primär ein Verhältnis zum „Phänomen“ Kippenberger, zu dem hochkomplexen „Ballungsraum Kunst“, von dem später noch die Rede sein wird, zu entwickeln suchte. Die vorsichtigere und weniger emotional geführte Rezeption setzte erst mit den Retrospektiven ein, die Kippenbergers Werk ab 2003 erfuhr.

Der Katalog zu seiner Überblicksschau „Das 2. Sein“ im ZKM in Karlsruhe im Frühjahr 2003 enthält unterschiedliche Perspektiven auf das Werk und die Person von Kippenberger. Ralph Melcher skizziert die wichtigsten kunsthistorischen Bezugspunkte, Andreas Schalhorn analysiert den Stellenwert der Photographie in Kippenbergers Werk, Werner Büttner, Susanne Kippenberger und Friedrich Wolfram Heubach nähern sich dem Bruder, dem Freund und dem Künstler jeweils aus ihrer persönlichen Perspektive.

Das 2003 erschienene, umfassend recherchierte Werkverzeichnis der Bücher von Kippenberger enthält zwei wichtige Beiträge von Diedrich Diederichsen und Roberto Ohrt über Kippenbergers Verhältnis zur Sprache und zu den Aspekten von Katalog, Künstlerbuch und Plakat in Kippenbergers Werk.

Neben der jeweils knappen aber aufschlussreichen Beschreibung der wichtigsten Serien, Werkgruppen und Medien durch verschiedene Autoren im Katalog zu „Nach Kippenberger“ 2003 im MUMOK in Wien, enthält er eine theoretische Abhandlung über Kippenberger als Selbstdarsteller in den frühen Berliner und Kölner Jahren von Diedrich Diederichsen, dessen Gebrauchswert für die Untersuchung von Kippenbergers Werk nicht zu unterschätzen ist. Als kunsttheoretische Folie hilfreich ist die Analyse von Martin Prinzhorn am Ende des Bandes. Weiterhin erwähnenswert ist der Text von Lucy McKenzie, einer englischen Künstlerin, in welchem sie Kippenbergers Einfluss auf die englische Kunstszene der frühen neunziger Jahre herausstellt.

Eine 2003 publizierte Dissertation „Die Organisation des Scheiterns“ von Roland Schappert[6] erweist sich für diese Untersuchung als fast vollständig unbrauchbar; Schappert separiert die Aspekte der künstlerischen Produktion und der Rezeptionsgeschichte, ohne der Künstlerpersona „Kippenberger“ – und damit dem primär wahrgenommenen Phänomen – einen Rang zu zuweisen. Die Publikation untersucht Kippenbergers Werk anhand einer Theorie des „Strategischen Dilettantismus“ und bleibt eigentümlich kalt. Doch repräsentiert sie eine der sehr wenigen Publikationen, die als akademischer Forschungsstand zu verstehen sind. 2003 publizierte Max Hetzler, der langjährige Galerist von Kippenberger den Band „Gitarren, die nicht Gudrun heißen. Hommage à Martin Kippenberger“ mit ausführlichen Beiträgen von Merlin Carpenter, Thomas Groetz und Martin Prinzhorn.

Im 2005 erschienenen Katalog zu den großen Werkkomplexen, die sich in der Sammlung Friedrich Christian Flick befinden, erstellt Manfred Hermes einen zentralen Überblick über Kippenberger im Kontext seiner Zeit und verfasst, wie bereits zuvor im Katalog zu „Nach Kippenberger“, knappe Analysen zu einzelnen Arbeiten. Hermes gehört zu den Kippenberger-Autoren, die sich weniger beeindruckt vom Phänomen als von der Produktion zeigen und liefert somit wichtige kunsthistorische und zeitgeschichtliche Hinweise.

Der Katalog zu Kippenbergers Retrospektiven in der Tate Modern 2006 in London und im K21 in Düsseldorf bemüht sich um eine ausgewogene Einordnung von Kippenberger zwischen dem Mythos und der Tatsächlichkeit seines Werks. Jessica Morgan und Doris Krystof leiten in das Werk ein, Susanne Kippenberger zitiert einen Vorabdruck ihrer Biographie über ihren Bruder und einen O-Ton bildet der Wiederabdruck des prominenten Interviews „Picasso vollenden“ mit Kippenberger durch Daniel Baumann von 1997.

Im März 2007 erschien die Biographie „Martin Kippenberger. Der Künstler und seine Familien“ von Susanne Kippenberger, seiner jüngeren Schwester. Die ausführliche und weitestgehend chronologisch gehaltene Biographie zeichnet ein orientierendes Stimmungsbild seiner Zeit und liefert hilfreiche, detaillierte Hintergrundinformationen zu Kippenbergers sozialem Kontext und seinen biographischen Stationen. Im April 2007 erschien „Martin Kippenberger. Lyrik und Prosa“ bei Suhrkamp mit gesammelten Texten von Kippenberger, editiert von Diedrich Diederichsen.

Das Gros der Literatur über Kippenberger liegt in Form von Artikeln in Kunstzeitschriften vor. Zentral und aufschlussreich hiervon ist die Sammlung von Interviews und Aufsätzen von Gisela Capitain, Albert Oehlen, Ursula Böckler, Merlin Carpenter, Roberto Ohrt, Jutta Koether, Thomas Grässlin, Michael Krebber, Veit Loers, Jörg Schlick und Heimo Zobernig, in „Der Komplex Kippenberger“, zusammengefasst von Isabelle Graw, die in „Texte zur Kunst“ nach dem Tod von Kippenberger 1997 erschienen ist. Alison Gingeras´ vielschichtiger Begriff „Kippenbergeriana“ entwickelte sich 2003 aus dem Artikel „Performing the Self“ im amerikanischen „Artforum“, welcher der Persona Kippenberger und seinen Referenzen zu Andy Warhol gewidmet ist. Gisela Capitain, die Galeristin von Kippenberger und heute mit der Verwaltung des Nachlasses betraut, gibt 2003 ausführliches Interview im „Kunstforum International“. Diedrich Diederichsen Beitrag „Das kaufe ich Ihnen ab“ im Schweizer „Parkett“ von 1989, und ebendort Bice Curigers Interview mit Martin Prinzhorn sind zentrale, theoretische Texte zu Kippenberger. 2006 erschienen wieder in „Texte zur Kunst“ Beiträge von Isabelle Graw, Manfred Hermes und Melanie Gilligan zu Kippenbergers Rezeption in Verbindung mit der Diskussion um Köln als Kunstmetropole der achtziger Jahre. Graw untersucht Kippenberger unter den Vorzeichen einer biopolitischen Wende, und bezieht das Phänomen Kippenberger und werkimmanente Strukturen erstmalig auf ein theoretisches Muster.

Als zentrale Sekundärliteratur hat sich der Band „Flashback. Eine Revision der Kunst der achtziger Jahre“, erschienen 2006 für das Kunstmuseum in Basel erwiesen. Es enthält eine ausführliche Diskussion mit John M. Armleder, Benjamin Buchloh, Werner Büttner, Isabelle Graw, Kaspar König, Jutta Koether und Thomas Ruff. Bemerkenswert ist weiterhin die Publikation von Sabine Kampmann „Künstler sein. Systemtheoretische Beobachtungen von Autorschaft“, 2006 und der von Wolfgang Ullrich 2004 herausgegebene Sammelband „Was ist ein Künstler?“.

I.2 Kippenbergers besondere Problematik und ein theoretischer Versuch

In fast allen genannten Publikationen wird Kippenberger als vielstimmiges, heterogenes und in seiner Gänze kaum beschreibbares Phänomen dargestellt. Sein Werk, als auch seine Persona entzogen sich auch noch lange nach seinem Tod einer kunsthistorischen oder analytischen Sichtweise, wobei diese Disposition selbst lange Gegenstand der Debatte war. Das Behandeln von Teilaspekten lief bislang darauf hinaus, die Figur „Kippenberger“ gegen das Werk Kippenbergers auszuspielen. Beide Gegenstände sind wie ein „Ballungsraum“ der Kunst gestaltet, in dem Werk, Person, Historie, Gesellschaft, Theorie und Mythos sich verdichtet und oftmals widersprüchlich wieder finden. Das komplexe Referenzsystem, dass Kippenberger mit seiner Künstlerpersona „Kippenberger“ und seinem Werk auslegt, verhält sich beeindruckend dynamisch: einzelne Aspekte entgleiten in inhaltliche Komplexe, die erst aus einer externen Perspektive ein tiefergehendes Verständnis ermöglichen, indem sie die werkimmanenten Entwicklungsprozesse Kippenbergers nachvollzieht. Diederichsen bezeichnet Kippenberger folgerichtig als einen „Gesamtkunsturheber“[7], dessen Leistung primär daraus bestand, sein Werk und seine Künstlerpersona mit den unterschiedlichen Mustern des Künstlertums und der Kunstgeschichte permanent und ergebnisoffen kurz zu schließen. Prinzhorn weist darauf hin, dass Kippenberger wie kein anderer das Spiel mit der Auflösung der Kategorien innerhalb und außerhalb der Kunst beherrscht hat. Sowohl in seiner Kunst als auch in seiner Persönlichkeit als Künstler hat Kippenberger so viele Positionen und Rollen eingenommen, dass Festlegungen fast immer Verkürzungen bedeuten. Der Gedanke, eine Nische zu besetzen und dort Virtuosität zu entfalten, war ihm fremd und stand im Gegensatz zu seinem Programm.[8] Dennoch sei an dieser Stelle vorweg greifend gesagt, dass die Untersuchung zeigen möchte, dass sich Kippenberger oftmals als ein im wörtlichen, nicht im wertenden Sinne konservativer und traditionsbewusster Künstler erweist.

Es deutet sich hier bereits die grundlegende Schwierigkeit an. Die Loslösung des Werks von der Persona „Kippenberger“ untergräbt die für Kippenberger entscheidende Motivation der Verstrickung und des Kurzschlusses mit historischen Künstlertopoi. Kippenbergers Künstlerpersona ist mehr eine gedanklich-rethorische und primär performative Figur, denn ein substantieller und statischer Kern. So sind die lateinische Bezeichnung der „Persona“ oder die hier alternativ verwendeten Begriffe „Künstlerpersona“, oder „Figur“ besser geeignet, weil neutraler als „Künstlersubjekt“[9]. Der Begriff der Künstlerpersona beschreibt eine bewusste Inszenierung der eigenen gesellschaftlichen und künstlerischen Rolle unter Einbeziehung historischer Muster und unterhält Referenzen zu den Bereichen des Performativen – des Theaters, der künstlerischen Performance und zu einem Vokabular wie Maske, Figur, Bühne und Auftritt. Der Begriff Persona setzt die Möglichkeit der Unterscheidung einer wie auch immer gearteten Distanz zwischen Darsteller und seiner Rolle voraus. Der in diesem Zusammenhang häufig in dieser Untersuchung verwendete Begriff der „Performance“ bedarf ebenso einer einleitenden Unterscheidung. Kippenbergers Performativität hat keine Entsprechungen mit etwa Bruce Naumans Performances, Trisha Browns oder Yvonne Rainers Tanzperformances oder dem Wiener Aktionismus von Otto Mühl, Günter Brus, Hermann Nitsch oder Rudolf Schwarzkogler. Diese österreichischen und angloamerikanischen Entwicklungen konzentrierten sich in den fünfziger bis siebziger Jahren auf den eigenen, individuellen Körper.[10] Kippenbergers Performance basiert allerdings nicht auf der Verwendbarkeit und Erweiterung seines physischen Körpers als künstlerisches Material, der sich dorthin modifizieren und erweitern ließe, wenngleich er seine schonungslose Darstellbarkeit in den verschiedenen Stadien des Verfalls durchaus für einige Werke ergriffen hat. Kippenbergers Performativität zielt eher auf die Aufführung seiner exemplarischen Künstlerfigur als Teil eines gesellschaftlichen und sozialen Körpers, in welchem dem Künstler bestimmte Rollenmuster und soziales Verhalten zugeschrieben werden. Das Künstler-Sein ist für Kippenberger ein öffentlicher und performativ zu vollziehender Akt exemplarischer Handlungen, die historischen, gesellschaftlichen, kunsttheoretischen, moralischen und zeitgeschichtlichen Anforderungen unterliegen. Die Widersprüchlichkeit und Dialektik dieser überfrachteten Künstlerrolle innerhalb der Gesellschaft hat Kippenberger zum Ausdruck gebracht, überspitzt und bis hin zur Unerträglichkeit vieler Beteiligter verdeutlicht. Kippenbergers Performativität diente damit seinem Status als Künstler und zum Entwurf seiner Persona „Kippenberger“, die er in aller Öffentlichkeit und durch diese überhaupt erst entwickeln konnte. Kippenberger zeigt sich hier deutlich geprägt vom Kunstverständnis der „Sozialen Plastik“ von Joseph Beuys, der jeden kreativen sozialen und strukturellen Akt des menschlichen Handels als einen plastizierenden, die Gesellschaft gestaltenden künstlerischen Gestus versteht.[11] Das Künstler-Sein unter postmodernen Konditionen war für Kippenberger nur durch den Auftritt und durch die ständige Performance des „Kippenbergers“ glaubhaft, sollte diese Figur doch alles auf sich vereinen, was es in der Kunst an Konzeptionen, historischen Vorbildern und Fetischen zwischen Genie und Wahnsinn gab.[12]

Im Unterschied zum Begriff der Künstlerpersona und der damit zusammenhängenden Performance beschreibt der Begriff „Künstlersubjekt“ das Selbst des Künstlers, genau jenen Identität stiftenden Gegenstand, der das Künstler-Ich repräsentiert[13] und der im herkömmlichen Verständnis von Autorschaft dem Künstler Martin Kippenberger entspricht; jedoch können auch hier unbewusste, interpretatorische Modifikationen des Künstler-Ichs am repräsentierten Selbst vorgenommen werden, so, dass sie sich kaum in eine authentisch gelebte Rolle oder in eine fiktionale Figur unterscheiden lässt – die Grenzen sind fließend. Nun ist Kippenberger ein Beispiel dafür, dass sich auch ein Künstler an seine Rolle – den „Kippenberger – bis hin zur Distanzlosigkeit gewöhnen kann, oder sich so weit mit ihr identifiziert hat, dass er sich darüber bewusst ist, keinen Ausgang mehr aus der selbst entworfenen Rolle zu finden.

Um die Einbeziehung von Kippenbergers „Kippenberger“ als zentralen Gegenstand seiner Öffentlichkeitsstrategie innerhalb dieser Untersuchung zu legitimeren, ist es entscheidend, diese Figur, ihre Entwicklung, Lautstärke, Omnipräsenz, ihr Missverständnis auch seitens der Rezeption und ihre Widersprüchlichkeit als Teil des Werks selbst zu verstehen. Kippenberger ist ebenso Autor seines „Kippenbergers“ wie auch seiner materiellen bildkünstlerischen Produktion. Der „Kippenberger“ ist eine auf die Öffentlichkeit hin entwickelte Figur, welche analog zum Kunstbetrieb seine nahezu vollständige und systematische Analogisierung, permanente Statusbefragung und Zusammenfassung in der Persona „Kippenberger“ betreibt.

Das Kapitel „Kippenberger als... : Öffentlichkeitsstrategien“[14] wird sich mit diesen Fragen auseinandersetzen und weitere Rollen Kippenbergers beschreiben. Die Künstlerpersona „Kippenberger“ macht einen Großteil des Phänomens um Kippenberger aus, als unruhiger und schwer fassbarer Gegenstand, der eine eigenwillige Dialektik entfaltet. Oftmals begegnet man bei Kippenberger Werken und Methoden, die dialektisch strukturiert sind, Bejahung und Verneinung zugleich sind, weil sie beständig in Verhältnisse zu den Topoi des Künstlertums und der Kunstgeschichte gesetzt werden. Ein Grund für diese Dialektik kann darin liegen, dass Kippenberger ein solcher Experte dieser Themen war, wie Diederichsen beschreibt[15] und mehr von den vielfältigen Möglichkeiten dieser Topoi angetan war, als sich einer Selbstbeschränkung auf eine bestimmte Rolle zu unterziehen. Kippenberger ging beispielsweise sogar so weit, an einer Gruppenausstellung mit Künstlerinnen teilnehmen und die Rolle der „Künstlerin“ belegen zu wollen, was ihm verständlicherweise verweigert wurde und zu einem Zerwürfnis mit dem Kurator führte.[16]

Für die kunstwissenschaftliche Rezeption stellt dieser Umstand jedoch ein Problem dar, denn übergreifende kunstwissenschaftliche Analysen zum Status des Künstlertums im 20. Jahrhundert sind rar.[17] Oskar Bätschmanns „Ausstellungskünstler“, 1997, beschreibt einen Künstlertypus des 18. und 19. Jahrhunderts, dessen Wahrnehmung und Erfolg primär über die Ausstellung und das Kunstpublikum definiert wird. Der „Ausstellungskünstler“ löst Martin Warnkes „Hofkünstler“, 1985, ab, der seit der Renaissance bis in das 17. Jahrhundert Modellcharakter hatte. Wolfgang Rupperts „[..]moderner Künstler“, 1998, arbeitet den sozialen Raum – den Kunstmarkt und die Akademie – heraus, in dem sich der Künstler im 19. Jahrhundert bewegt und betont die Verknüpfung von Individualitätskult und Künstlertum. Der Künstler des 20. Jahrhunderts ist ein soziales wie geistiges Sonderwesen und wird damit nach Donald Kuspits „Der Kult vom Avantgardekünstler“, 1995, zum fetischisierten Therapeuten der Gesellschaft, eine Rolle, der Kippenberger Anfang der neunziger Jahre nachgeht, als er sich als „Pastor“[18] oder als „Hirte“ bezeichnet hat. Worauf Ernst Kris und Otto Kurz in „Die Legende vom Künstler“ von 1934 hinweisen, ist, dass von der Antike bis heute nach wie vor das polare Muster von Innovation und Genealogie strukturell wirkt, und welches Kippenberger selbst offen thematisiert, gleichermaßen wie das prekäre und immer noch diskutierte Verhältnis von Kunst und Markt, das als historisches Erbe immer noch wirkt.[19] Hierzu haben Oskar Bätschmann mit „Ausstellungskünstler“ und auch Hans Abbing mit „Why Are Artists Poor?“, 2002 gearbeitet. Einen summarischen Überblick über Künstlermythen geben Rudolf und Margot Wittkower mit „Künstler. Außenseiter der Gesellschaft“ von 1965.

Die Schwierigkeit des Themas liegt somit einerseits in der bisher vorherrschenden Methodik der Kunstwissenschaft, um die immaterielle Persona „Kippenberger“ begrifflich zu fassen und andererseits im Gegenstand von Kippenbergers Künstlerpersona selbst, die sich wie eine große Klammer um das Künstlertum, den Kunstbetrieb und seine Handlungsmöglichkeiten darin legt – ein Bereich, der wie kurz zusammengefasst, kunstwissenschaftlich wenig analytisch bearbeitet ist.[20] Diese Untersuchung versucht infolgedessen, das Phänomen des „Kippenbergers“ beschreibend als historische Tatsache anzuerkennen und bislang nicht historisierte, zeitgeschichtliche Aspekte wie den sozialen Kunstkontext oder die exemplarische Rezeptionsgeschichte Kippenbergers mit einzubeziehen, um von dort aus eine kondensierte Beschreibung ausgewählter Werkkomplexe vornehmen und die Öffentlichkeitsstrategien und künstlerischen Handlungsräume Kippenbergers beschreiben zu können. Die alternative Herangehensweise, sich auf die Autonomie des Werk zu verlassen, und Kippenbergers Persona zu ignorieren, würde das Ergebnis der Untersuchung entscheidend um Methoden und Strategien Kippenbergers und vor allem um ihr Verhältnis zum Werk verschmälern, die erstmalig als Performance für einen öffentlichen Bereich entwickelt wurden, bevor sie im Werk als Produktionsmethoden wieder auftauchen.[21] Hierzu ist ein erschwerender Umstand das Fehlen eines Werkverzeichnisses, das sich aber in Planung befindet.[22]

I.3 Kippenberger im Kontext – der Kunstbetrieb der achtziger Jahre und die Kunstmetropole Köln

Im Rahmen dieser Untersuchung ist eine Einleitung in die Kunst der achtziger Jahre nur skizzenhaft möglich. Einige einleitende Sätze sind aber notwendig, um einen Kontext für den „Mythos Kippenberger“ wenigsten anzudeuten, weil er sich im hohen Maße aus seiner Kölner Zeit der achtziger Jahre speist. Kippenbergers Vita wäre anders verlaufen, hätte er nicht nach seinen Anfängen in Berlin Anschluss an die lebhafte und international renommierte Galerienszene in Köln gefunden und er wäre auch nicht zum Exponent dieser Stadt geworden, wie es die positive und negative Rezeption Kippenbergers heute nahe legt. Daher wird sich dieses Kapitel auch auf die Stadt Köln beschränken. Vielleicht ist es noch zu früh, die Rheinmetropole als Kunstmetropole zu historisieren, aber im Zuge der Konjunktur um Kippenberger lässt sich ein zunehmendes Interesse von Kuratoren und Kritikern am „Mythos Köln“ in Folge der achtziger Jahre und seinen Künstlern konstatieren.[23] 2006 hat die viel beachtete Ausstellung „Make your own life“ im ICA in Philadelphia, USA diese aktuelle Konjunktur aufgegriffen,[24] ebenso die Ausstellung „Flashback. Eine Revision der Kunst der achtziger Jahre“ 2005 in Baseler Kunstmuseum.

Ein für Kippenberger ebenso wichtiger Themenkomplex, der in dieser Untersuchung nur einleitend behandelt werden kann, sind die vielfach verwendeten Begriffe „Kunstbetrieb“, „Kunstwelt“ oder „Kunstsystem“. Diese strukturelle und ökonomische Kontextbildung ist für Kippenberger gleichermaßen wichtig, weil er gerade aus den Eigenschaften und spezifischen Ritualen und Bedingungen des Betriebes viele seiner Arbeiten entwickelt hat. Was heute als globalisierte Kunstwelt immer stärker in der allgemeinen Öffentlichkeit auftritt, ist zu dieser Zeit erst in ihren Anfängen gewesen[25] und hat sich mit der prosperierenden Ökonomie der achtziger Jahre bis zur Baisse mit dem 1. amerikanischen Golfkrieg 1991 maßgeblich entwickelt. Der Begriff „Kunstbetrieb“[26] selbst ist Anfang der neunziger Jahren als übergreifende Zusammenfassung der zunehmenden Vernetzung, Vergrößerung und Professionalisierung in der Kunstwelt entwickelt worden. Auch wenn dieser „weiche“ Gegenstand mehr in den Bereich einer Kunstsoziologie fällt, beschreibt er für diese Untersuchung Kippenbergers konkrete soziale, ökonomische und vielfach auch inhaltliche Handlungs- und Kommunikationsspielräume als Künstler.

Die Metropole Köln

Um einen Rahmen für die Kunstmetropole Köln der achtziger und neunziger Jahre zu skizzieren, ist es nicht notwendig, die ikonophilen Wurzeln der Rheinmetropole bis in das Mittelalter zurückzuverfolgen. Die Bedeutung Kölns als ein Zentrum der Gegenwartskunst setzt hierfür bereits in fünfziger Jahren ein. In Köln begannen Hann Trier, Ernst Wilhem Nay und Georg Meistermann mit abstrakter Malerei, welche noch wenige Jahre zuvor von den Nationalsozialisten verfemt und verboten worden war. In den sechziger Jahren begann die Entwicklung der Rheinmetropole zu einem internationalen Zentrum der Gegenwartskunst: initiiert durch Grenzgänger der Musik- und Kunstszene, wie Karlheinz Stockhausen, David Tudor, John Cage, Wolf Vostell, Nam June Paik und Joseph Beuys bildeten sie eine Avantgardeszene aus der sich Kunstformen wie das Happening und Fluxus entwickelten und international Beachtung fanden. Christo zeigte seine ersten „Verpackungen“ in Köln und Charlotte Moorman führte „Cello, Sex and Music“ öffentlich auf. Die Konzeptkunst hatte in Köln ihren Ort gefunden.[27]

Für Kölns Rolle als Einfallstor[28] der nordamerikanischen und westlichen Kunst ist das abfällige Wort vom „Shanghai Deutschlands“ geprägt worden. Aber gerade die traditionell westliche Orientierung der Stadt ist eine typische und historisch erprobte Symbiose aus Lokalkolorit und Internationalismus, und das bereits seit der Sonderstellung, die Köln in der mittelalterlichen Hanse einnahm. Die allererste Ausstellung des Kölnischen Kunstvereins zeigte bereits 1839 neben deutschen auch belgische, britische, dänische, italienische und holländische Künstler – völlig untypisch für die regional orientierten Kunstvereine diese Zeit und ebenso typisch für Köln. Der Internationalismus der Stadt im 20. Jahrhundert spiegelte sich schon früh durch die so wichtigen Stationen der Moderne wieder, wie die „Sonderbund“-Ausstellung von 1912, „Westkunst“ von 1981 und „Europa/Amerika“ 1986. Womöglich konnte Köln gerade deswegen die Metropole des westdeutschen Nachkriegskunsthandels werden, weil sich hier neben dem traditionell wohlhabenden Rheinland schon während des 19. Jahrhunderts die andernorts noch lange unpopuläre Einsicht verbreitete, dass prosperierende Kunstmärkte, wie andere Märkte auch, zur Internationalität tendieren.[29] Doch nicht nur historische Gründe begünstigten den Aufstieg von Köln nach 1945 zu einer internationalen Metropole der Gegenwartskunst: Das schlechte Nachkriegsgewissen der Deutschen gegenüber ihrer zuvor als „entartet“ verfemten künstlerischen Avantgarden, der Modernitätsschub durch den Wiederaufbau und die anhaltende sinnliche Sammellust der Rheinländer und ihr wohlhabendes Bürgertum unterstützten die Entwicklung Kölns zur eine Kunstmetropole.

Infolgedessen wirkten die Anziehungskräfte der Sammlung Haubrich, der Düsseldorfer Akademie, der gesamten Region auf wichtige deutsche Nachkriegskünstler wie Ernst Wilhelm Nay, Gerhard Richter und Joseph Beuys, die sich in Köln niederließen. Der Aufstieg der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf zum einem Museum von Weltrang und im Gegenzug die „Explosion“[30] der Sammlung Ludwig in Köln und ihr Aufgehen in das Museum Ludwig 1976 komplettierten das Bild von Köln als einer der wichtigsten internationalen Kunstmetropolen. Das Museum Ludwig stellte das aktuellste dar, was es in den späten siebziger Jahren an Museumspraxis in Deutschland gab. Es war keine Bewahr- sondern eine Experimentieranstalt[31] und beherbergt heute die größte Pop-Art-Sammlung außerhalb der USA und eine der größten Picasso-Sammlungen.

Eine der zentralen Figuren der Kölner Kunstszene der sechziger und siebziger Jahre ist der Galerist und Händler Rudolf Zwirner. Nachdem er bei Gerd Rosen in Berlin und bei Heinz Berggruen in Paris assistiert hatte, eröffnete er 1962 seine eigene Galerie in Köln und brachte die internationale Avantgarde an den Rhein. Zu seinem Programm gehörten Andy Warhol, Cy Twombly, Richard Tuttle, Donald Judd, John de Andrea, Marcel Broodthaers, Diether Roth, Arnulf Rainer, Blinky Palermo, Sigmar Polke, Nam June Paik, Daniel Spoerri, Konrad Klapheck, Jean Tinguely, René Magritte und andere. Er gründete zusammen mit dem Galeristen Hein Stünke von der Galerie „Der Spiegel“ 1967 den „Kunstmarkt“, die erste deutsche Kunstmesse,[32] die einen bedeutenden Beitrag zur Popularisierung der Gegenwartskunst und ihrem Handel darstellte. Zwirner gehörte zu den treibenden, schöpferischen und phantasievollen Kräften der Stadt, die in den sechziger und siebziger Jahren zum „global player“ der Kunstwelt, sogar zum Gegenspieler New Yorks aufstieg.[33]

Nach Rudolf Zwirner wurde Michael Werner als ehemaliger Assistent von Zwirner, der Galerist und Händler der nächsten Generation.[34] In seinem Programm war unter anderen die wichtige „Vätergeneration“[35] der achtziger Jahre, Jörg Immendorff, Markus Lüpertz, A.R. Penck und Georg Baselitz. Interessant ist, dass diese Formation von Künstlern schon seit den siebziger Jahren bestand und sich zunächst aus dem Fluxus-Umfeld entwickelt hatte. Michael Werner beeinflusste ihre Karrieren und zeigte und unterstütze etwa Immendorff zunächst als konzeptuellen Künstler und definierte ihn später zum reinen Maler. Auf ähnliche Weise nahm Werner Einfluss auf die künstlerische Entwicklung von Anselm Kiefer und Markus Lüpertz. Mit zunehmendem ökonomischem Erfolg entwickelten sich die Künstler aus den Kollektiven und wurden zu Malersolitären aufgebaut.[36] Wie bereits bei Zwirner und Stünke ist dieses Verhältnis aus kommerziellen, kunsthändlerischen Motiven und der Hingabe und Kennerschaft eines Galeristen bei Michael Werner wieder zu finden. Gleichermaßen von Bedeutung ist der Kölner Kulturdezernent Kurt Hackenberg[37] in den sechziger Jahren, ohne den Köln vermutlich manche Chance verpasst hätte. Er hatte die Bedeutung des Handels für die Popularisierung von Kunst erkannt und hat – untypisch für die sechziger Jahre – sie kulturpolitisch flankiert. In wenigen Jahren zog es Galeristen und Künstler aus der ganzen Bundesrepublik an den Rhein und verstärkte Kölns Ruf als Kunstmetropole.[38] Hackenberg war auch Initiator der epochalen Ausstellung „Westkunst. Zeitgenössische Kunst seit 1939“ 1981 in den Kölner Messehallen, die Kaspar König kuratierte, und die Köln im hohen Maße internationale Anerkennung zuteil werden ließ. Kaspar Königs Nachfolgeausstellung „Von hier aus“ 1984 in Düsseldorf markierte die selbstbewusste Bestandsaufnahme der Gegenwartskunst in Deutschland.

Köln verfügt seit jeher über eine besondere Infrastruktur, die gemeinhin als „Klüngel“ bekannt ist: fließende Übergänge zwischen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Interessen als Einheit der Gegensätze,[39] die auch den Hang zur Spekulation mit dem Kunstwerk begünstigen, welcher dort gleichermaßen nach geistiger wie wirtschaftlicher Nahrung sucht. Anfang der achtziger Jahre zeichnete sich Köln für die Kunst als profitabler und aufgeschlossener Standort aus. Es präsentierte sich als tolerante Stadt, die nach dem Prinzip „Leben und leben lassen“ ihr Gemeinwesen organisierte. Der Wiederaufbau der Stadt, der heute mit dem Begriff „Nachkriegsmoderne“ neutralisierend bezeichnet wird und die geteilten Meinungen über die Architektur der Dekade widerspiegelt, ließ die Menschen sich von der sie umgebenden „Trostlosigkeit“ – wie es Kritiker beschrieben – ablenken und auf ihr menschliches Gegenüber konzentrieren.[40] Es ging fortan um Menschen, Beziehungen und Kommunikation, um Wettstreit und Konkurrenz.[41] Wolfgang Max Faust, ein einflussreicher Kunstkritiker der achtziger Jahre, bezeugt Köln ein besonders offenes und experimentelles Möglichkeitsdenken des „Was-Wäre-Wenn“, ein Denken, dass auch für Kippenberger entscheidend war. Köln blieb trotz seiner internationalen Aufstellung als Kunstmetropole eine übersichtliche Stadt, deren Dichte an Galerien, Kneipen und Museen, Buchhandlungen und Cafés die richtigen Proportionen für eine intensive und kommunikationsstarke Gemeinschaft stellte.[42] Das so genannte „Bermudadreieck“ zwischen der Galerie Michael Werner, dem Café Broadway und Walther Königs Kunstbuchhandlung wurde zum Zentrum einer eng vernetzten, verdichteten Kunstszene, in welcher das öffentliche Auftreten von Künstlern, Galeristen, Sammlern und Autoren eine fast theatralische, bühnenartige Präsenz annahm. Diese Szene vollzog einen performativen Aspekt in der Kunstwelt, welcher innerhalb des Mediums der Bildenden Kunst nicht in diesem Maße möglich war.[43] Kippenberger hat maßgeblich an dieser Dauerperformance mitgewirkt.

Für Max Hetzler, der langjährige Galerist von Kippenberger, war es nach einem Beginn Mitte der siebziger Jahre in Stuttgart offensichtlich, dass man nach Köln musste und er zog Anfang 1983 nach an den Rhein.[44] Neben den Galerien der Vätergeneration wie Werner oder Zwirner, bildeten Hetzler, Gisela Capitain, und ab Anfang der neunziger Jahre Daniel Buchholz und Christian Nagel ein kompaktes und eng miteinander kommunizierendes Netzwerk – Kippenberger war durch Nagel, Hetzler und Capitain vertreten. Ein weiterer einflussreicher Exponent der Kölner Kunstszene ist der Galerist Paul Maenz. Er betrieb von 1970 bis 1990 seine Galerie in Köln, und lebt seitdem als Sammler in Berlin. Er bildete den Kontext der Gruppierung um die Maler der „Mühlheimer Freiheit“ (Walter Dahn, Jiri Georg Dokoupil, Peter Bömmels, Adamski, Kever & Naschberger) und stand als ihr Galerist maßgeblich hinter ihrem Kunstmarktboom als „Neue Wilde“, zu denen auch die Berliner Maler der Galerie vom Moritzplatz (Helmut Middendorf, Reiner Fetting, Salomé und Bernd Zimmer) gezählt wurden.[45] Diese Wiederaufwertung der Malerei kam einer kleinen Kulturrevolution gleich, sah sie doch unverkennbar und auch für den Laien plausibel wieder nach den „spröden“ Jahrzehnten von Konzeptkunst und Minimal Art „wie Kunst“ aus und so ließ sich über sie eine neue Klientel von Sammlern erschließen.[46] Diese Gruppenbildung von Künstlern ist typisch für die achtziger Jahre und bildet für Kippenberger als Exponent der „Hetzler-Boys“ eine wichtige soziale wie künstlerische Kontextualisierung.

Auch die Verlagsbuchhandlung Walther König, 1969 von Walther König, dem Bruder von Kaspar König gegründet, war ein zentraler Ort für Kommunikation über die Kunst – Walther König wurde der Hauptverleger von Kippenbergers Buchproduktion.[47] Die Gründung der Musikzeitschrift „Spex“ Anfang der achtziger Jahre in Köln mit den Autoren Diedrich Diederichsen, der Künstlerin Jutta Koether, Tom Holert und dem „Mühlheimer Freiheit“-Maler Peter Bömmels beschäftigte sich von Anbeginn mit Phänomenen zwischen Musik, Theorie und bildender Kunst.[48] Lange vor europäischen Kunstzeitschriften beschäftigte sich die „Spex“ etwa mit den heute geläufigen amerikanischen Künstlern Raymond Pettibon und Mike Kelley.[49] Diederichsen und Koether begleiten Kippenbergers performatives und bildkünstlerisches Werk von dessen Anfängen in Berlin bis hin zur aktuellen Rezeption. Beide genannten sind auch im redaktionellen Beirat der Kunstzeitschrift „Texte zur Kunst“, die Anfang der neunziger Jahre ebenfalls in Köln von Isabelle Graw gegründet wurden; die „Texte zur Kunst“ sind für die analytische Rezeption Kippenbergers ein wesentliches Medium.

Diese summarische Einleitung in den Topos „Köln“ möchte zeigen, dass Kippenberger mit fast allen hier genannten Akteuren des Betriebs der achtziger und frühen neunziger Jahre in Verbindung stand. Gleiches gilt für Kippenbergers Öffentlichkeitsstrategien, die vielfach in Köln einen prosperierenden und verstärkenden Kontext gefunden haben. Geradezu exemplarisch für die engen Verbindungen und Referenzen zwischen Kippenberger und Köln ist die Rezeption Kippenbergers, die oftmals einer Identifikation des Künstlers mit der Stadt gleichkommt, welches abschließender Gegenstand dieser Untersuchung sein wird.

II Kippenberger als... : Öffentlichkeitsstrategien

„Die einen reden, das mach ich auch mit Vorliebe, ne, lieber als malen, malen dauert zu lange, deswegen hab ich´s auch sein lassen. Lieber reden, reden kommt gut.“ Martin Kippenberger 1979 [50]

„Martin Kippenbergers umfangreiches und komplexes Werk zeichnet ihn als einen Künstler aus, der sich souverän zwischen den Medien bewegt und nahezu alle Möglichkeiten des Kunstschaffens ausmisst. Kippenberger war Maler, Zeichner, Bildhauer und Photograph, Performer und Musiker, Organisator und Lehrer, Kunstsammler und Museumsdirektor. Er verlegte Bücher, war Autor, hielt Vorträge und edierte Ausstellungsplakate. Dabei stellte er nahezu alles in Frage, was Kunst ausmacht: die Authentizität des Kunstwerks, die Rolle des Künstlers, den Kunstbetrieb. Sein rigoroser Subjektivismus, gepaart mit bedingungslosem Exhibitionismus, spiegelte sich nicht nur in seinen Arbeiten, sondern auch im Leben und ließen ihn zur ,Pop-Ikone deutscher Nachkriegskunst’[51] werden.“[52]

Zahlreiche Charakterisierungen des vielschichtigen Werks von Martin Kippenberger beginnen mit ähnlichen einleitenden Sätzen. Die Komplexität seines Werk und seiner Person hat vielfach zu Vereinfachungen in seiner Rezeption geführt, was der Breite, der Geschwindigkeit und Vielschichtigkeit von Kippenbergers Oeuvre und Künstlersubjekts nicht gerecht wurde. Ausgangspunkt dieser Untersuchung ist das Phänomen, dass Kippenberger den „Kippenberger“ als seine öffentliche Figur entwickelte, welche er frontal und unübersehbar in der Öffentlichkeit positionierte. Weiter leitet dieses Kapitel Analogien Kippenbergers ab, die er parallel zum Kunstbetrieb, in seiner auf die Öffentlichkeit hin angelegten Künstlerpersona entwickelt hat. Diese Perspektive legitimiert sich in erster Linie durch Kippenbergers eigenes Verhältnis zu seinen verschiedenen Rollen und den darin enthaltenen Analogien zum Kunstbetrieb als künstlerischen Gestus. Die Analyse dieser Rollen ist biographisch angelegt, weil die Entwicklung des Künstlerpersona „Kippenbergers“ sich über mehrere Jahre und Stationen vollzog. Im Sinne eines kunstwissenschaftlichen Verständnisses untersucht dieses Kapitel Kippenbergers Rollen als Hilfsstrategien hinsichtlich seines bildkünstlerischen Werks und als Erweiterungen eines traditionellen, objektbasierten Kunstbegriffs.[53] Diese Öffentlichkeits­strategien bilden den Hintergrund für die Analyse zentraler Produktionsmethoden und des Referenzsystems, das seinem Werk zu Grunde liegt.

II.1 Kippenberger: Der Impresario, der Organisator, der Auteur

Martin Kippenberger ist als wie eingangs zitiert nicht auf ein Medium oder auch nur auf die Rolle des Künstlers im Kunstbetrieb zu begrenzen. Er trat als Sammler, Maler, Museumsdirektor, Bildhauer, Grafiker, Verkäufer, Photograph, Dichter und als Professor auf. Das bedeutete ihm die Freiheit der Kunst.[54] Oder, wie der Titel einer seiner posthumen Ausstellungen[55] hieß: „Ich ist etwas Anderes“, oder: Ich bin viele.[56] Der kunsthistorisch am schwierigsten zu behandelnde Aspekt ist der des Impresario, des Organisators. Kippenbergers Kunstpraxis setzte sich aus vielen, sich auf einander beziehenden Disziplinen zusammen, so dass sich lediglich mit Sicherheit feststellen lässt, dass er auf keinen Fall ein „studio artist“[57] war. Die Vielstimmigkeit der Anekdoten, die um sein Leben und sein Werk kreisen, belegt die Schwierigkeit, ihm habhaft zu werden. Sein Werk bliebe ohne seine Vita ortlos und missverständlich,[58] so dass es bisweilen leichter fällt, über ihn zu reden, als sein Werk zur Anschauung zu bringen, wie es Julian Heynen formuliert.[59]

Es droht indes eine biographische Anekdotenfalle. Aber seine Produktion ist nun mal in der Welt, wenn auch doppelbödig und oft verstörend. Kippenbergers Dialektik ist ein Dilemma und durchzieht seine Künstlerpersona und das Werk. Die Malerei lässt sich ohne seine Photographie und die Druckerzeugnisse nicht erklären und seine Kunst ist nicht von seiner Performativität zu lösen. Das Verstörende, das von beiden Enden einer Analyse seiner Künstlerpersona oder seines Werks ausgeht, wird sich nicht auflösen, und man wird immer wieder aufs Neue feststellen, dass Kippenberger nicht zu fassen ist, oder hingegen die Domestizierung seiner Werke seinem Unternehmen Abbruch tut. Eine griffige Hypothese, die genügend Distanz zwischen Betrachter und Werk schafft und gleichzeitig die Position Kippenbergers einbezieht, stammt von Julian Heynen: unsere postmoderne Ratlosigkeit war seine Ratlosigkeit, und die war exemplarisch für einen Künstler nach dem Ende der Avantgarden und Ideologien. Er hat es gewusst, gelebt und gezeigt, aber er hat nichts ausgeschlossen für einen zukünftigen Gebrauch.[60] Vielleicht war es Kippenbergers Reaktion auf jene Ratlosigkeit, dass er sich nicht auf einen künstlerischen Bereich festgelegt hat und sich heute sein Werk als umfassender Feldversuch darstellt, im besten Wissen vom Gegenteil und der Unmöglichkeit noch einmal den Versuch zu unternehmen, alle Künstlertopoi, Legenden und Errungenschaften der Moderne zu deklinieren. Eine Äußerung von Kippenberger dazu lautet: „Nicht alt sei es, nicht neu sein, gut sei es.“[61]

Eine Qualität und künstlerische Strategie, welche die anderen bildkünstlerischen Talente zusammenführte und wie ein „Katalysator“[62] wirkte, war die Rolle Kippenbergers als Impresario oder als Auteur[63]. Viele seiner Werke entwickelten sich aus sozialen Netzwerken und ihren Begebenheiten, ebenso fanden viele Werke Eingang in sein soziales Gefüge. Es bestand beständige Kommunikation zwischen Kippenberger, seiner Kunst, der Kunstgeschichte und dem sozialen Netz, das ihn umgab. Kippenberger blieb nicht an die Grenzen seines jeweiligen Mediums, vielmehr ging es ihm um die Bestätigung dieser Grenzen und daraufhin um eine systematische und oftmals heitere wie verstörende Erweiterung.

Um einen Horizont der hier erwähnten Rollen zu skizzieren, werden in chronologischer Reihenfolge einige Stationen aus seiner Biographie in einen Zusammenhang mit seiner künstlerischen Produktion und verschiedenen Künstlerkonzepten Kippenbergers gestellt.

Kippenberger in Florenz

„1976 habe ich dann beschlossen, professionell Kunst zu machen.“[64] Martin Kippenberger zog 23jährig nach einem abgebrochenen Kunststudium an der Hamburger Kunstakademie bei dem Wiener Professor Hausner 1976 für rund neun Monate nach Florenz. An diesem Italien­aufenthalt lassen sich mehrere Künstlerkonzeptionen ablesen. Es ist das „klassische“ Reiseziel des deutschen Romantikers, in der sich nordalpine Klischees über die Kunst, die Liebe und zu Kippenbergers Zeit auch über den Film bestätigt finden wollen. Sei es zu künstlerischen Studienzwecken, sei es aus der Tradition des deutschen Bildungsbürgertums, sei es für den romantisch gesinnten Reisenden „dem teutonischen Ernst und ihrer düsteren Innigkeit zu entkommen“, sei es wegen des „Dolce Vita“, die Geschichte der Italienreisen vereint traditionell unterschiedlichste Interessen unter der Sonne Roms, Florenz oder Capris. Es ist anzunehmen, dass die romantische Künstlertradition, wie sie von den Künstlern des Mittelalters über Goethe und zu den Nazarenern bis in das 20. Jahrhundert hineinreicht, oder ihre Klischee auf Kippenberger einen gewissen Reiz ausgeübt hat. Nicht ganz schlüssig war sich Kippenberger über das künstlerische Genre und spricht davon, es zu Beginn als Schauspieler in Italien versucht zu haben, dass allerdings ohne Erfolg.[65] Florenz empfing ihn nicht mit offenen Armen, zu Beginn hat ihn die Stadt verunsichert. Er bestand die schwierige Anfangsphase, behauptete sich[66] und fand schließlich gegenüber der Villa Romana ein Zimmer in einer Pension. In der Villa Romana, die seit der Wiederaufnahme ihres Stiftungs-Vereins 1958 wieder Stipendien an deutsche Künstler vergab, wurde Kippenberger zum Dauergast und verkehrte häufig mit der Hamburger Konzeptkünstlerin Anna Oppermann, die in diesem Jahr Stipendiatin war. Es wird ihn motiviert haben, mit der eigenen Arbeit zu beginnen. Er bestellte sich Leinwände mit den Maßen 50 x 60 cm, welche übereinander gestapelt seiner Körpergröße von 1,89 Metern entsprechen sollten und beginnt mit der Serie „Uno di voi, un tedesco in Firenze“ (Abb. 1). Die Serie umfasst etwa einhundert[67] schwarz-weiß Bilder, die Kippenberger in drei Monaten malte, jeweils eines am Vormittag, eines am Nachmittag. Kippenberger malte nach Vorlagen, nach eigenen Photographien und Zeitungsausschnitten. Die Motive der Arbeiten bilden einen un­hierarchisierten Bilderpool: sein Pensionszimmer, eine Eisdiele, das Hinterteil des Florentinischen Löwen, Porträts von Trinkkumpanen, Portiers, pensionierten Nazis, sein Geburtstagskuchen, drei Glühwürmchen auf dem Weg nach Hause und etliches mehr.[68] Kippenbergers Maltechnik war von Gerhard Richter inspiriert, der Anfang der siebziger Jahre 48 Porträts in schwarz-weiß und in nahezu derselben Größe gemalt hatte und von dem Kippenberger nicht nur von dessen Malerei, sondern vor allem von seinem Auftreten als Künstler zumindest oberflächlich beeindruckt war. Später revidierte Kippenberger diese Ansicht und unterstellte Richter Kitsch und Pathos.[69] Die Serie „Uno di voi, un tedesco in Firenze“ bot Kippenberger 1978 der Hamburger Regisseurin Gisela Stelly an, der Partnerin des Spiegel-Herausgebers Rudolf Augstein, wobei er geschäftstüchtig Rabatte auf verschiedene Mengenabnahmen anbot.[70] Gisela Stelly kaufte vier Arbeiten. Schließlich gingen 60 Bilder der Serie an Michel Würthle, dem Besitzer der Berliner „Paris Bar“ im Gegenzug für freie Logis für Kippenberger inklusive Begleitung auf Lebenszeit.

Kippenberger probte in Florenz bereits verschiedene Strategien, Rollen und Künstler­konzeptionen. Es ist nicht so sehr die Erkenntnis, wie zu malen sei, auf welche Weise, sondern dass der bildkünstlerische Akt als solcher für ihn nur ein Hilfsstrategie ist. Ebenso von Bedeutung ist die Recherche, das Sammeln und Photographieren genauso wie die Kommunikation darüber und schließlich die nachfolgende Ausstellung als Initiationsritus.[71] Zu Beginn von Kippenbergers Unternehmen, „Künstler zu werden“ steht die Wahl des Ortes, die in ihrer langen und romantisch konotierten Künstlertradition Anziehungskräfte ausübt und geistige Gemeinschaft verspricht. Kippenbergers Versuch einer Schauspielerkarriere oder seine erklärte Bereitschaft dazu – ein Talent, das nur nicht „entdeckt“[72] wurde – enthält bereits das öffentliche, performative und selbstdarstellerische Element, das später in seiner Biographie und in seiner posthumen Rezeption als unübersehbare Qualität der Künstlerpersona „Kippenberger“ Eingang findet. Der Beginn seiner Künstlerkarriere mit einer großen Serie, die höchst referenziell auf eine Malergröße wie Gerhard Richter Bezug nimmt, aber in der Wahl der Motive biographisch selbstständig bleibt und sich dabei noch einer konzeptuellen Idee (Kunst so hoch wie die eigene Körperlänge) unterwirft, enthält bereits viele der Aspekte, die in Kippenbergers Werk später wieder erscheinen. Die Verdichtung von Referenzen, massenhafte und schnelle Kunstproduktion, das Feld des Öffentlichen und die dialektische Auffassung einer unmöglich gewordenen romantischen Künstlerkonzeption sind Einsichten wie Strategien, die Kippenbergers Werk durchziehen.

Berlin: Kippenbergers Büro und das SO 36

Nach Kippenbergers Aufenthalt in Florenz kehrte er zunächst nach Hamburg zurück und organisierte dort seine erste Ausstellung zusammen mit Achim Duchow und Jochen Krüger in der Feldbrunnenstrasse: „Anlässlich der Italienreise – hin und zurück“ zeigte Kippenberger „Abenteuerbilder in 6fach Tonbildschau, Zeichnungen und Souvenirs“, 1977, dazu seinen ersten Katalog „Al vostro servizio.“ 1977 in Berlin quartierte sich Kippenberger zunächst in den „Ateliers Fabrikneu“ in der Zossenerstrasse 56-58 ein, als „Hausfreund“ bei dem Ehepaar Claudia und Jürgen Skoda, der Künstlerin Angelik Riemer, Jenny Capitain – der Schwester der später als Galeristin in Köln arbeitenden Gisela Capitain – und Klaus Krüger, einem Schlagzeuger, der mit Iggy Pop und der Gruppe „Tangerine Dream“ auftrat.[73] Aus diesem Zusammenhang entstand auch die frühe und 2004 wiederentdeckte und restaurierte Arbeit „Fotografierter und geklebter und versiegelter Fußboden aus einer Woche Intimleben der Fam. Skoda und Bekanntenkreis“. 1300 Photos auf vier mal zwölf Metern, mit Kunstharz versiegelt, eine Collage der Kreuzberger Szene und des Berlins zwischen 1968 und dem Mauerfall, vergleichbar mit den Aufnahmen von Andy Warhol aus den Factory-Zeiten der sechziger und siebziger Jahre oder Nan Goldins Milieustudien aus den neunziger Jahren.[74]

„Es war eine große Zeit“ meint der zu dieser Zeit in Berlin aktive Musiker Sven Ake Johansson. „Exzessiv, verspielt und unbekümmert“ sagt der Galerist Bruno Brunnet. „Es gab noch kein Aids, es gab kein Morgen. Nur die Nacht, die man sich in Kreuzberg für acht Mark um die Ohren hauen konnte.“[75] Im „Exil“ etwa, einem Restaurant in Kreuzberg, das von den Österreichern Oswald Wiener und Michel Würthle geführt wurde, in welchem die Künstler Diether Roth, Joseph Beuys und Arnulf Rainer, oder Regisseure wie Rainer Werner Fassbinder und Peter Stein verkehrten.[76] Vor diesem Hintergrund beheimatete sich Kippenberger schnell in Berlin und sah sich herausgefordert, eine künstlerische Position – inwieweit auch immer als Bildender Künstler – zu beziehen. Er nahm sich zwei Jahre Zeit dafür.[77]

Im Mai 1978 mietete Kippenberger selbst eine Fabriketage am Kreuzberger Segitzdamm, welche er sich mit Gisela Capitain, die damals als Grundschullehrerin in Berlin-Kreuzberg arbeitete, und mit einer Ledermanufaktur teilte, die er mitfinanzierte. Er nannte den Ort, dessen Bestimmung er noch entwickeln musste „Kippenbergers Büro“. Um den Ort publik zu machen, ließ er ein Plakat drucken, das von der Existenz und von seiner ungenauen Bereitschaft kündete „Nutzen Sie die ganze Palette unserer Dienstleistungen – Vermittlung, Beratung, Bilder“ (Abb. 2).

In erster Linie diente das Büro zur Erweiterung des Radius seiner sozialen Sphäre und als offenes Betriebssystem: das „Büro“ funktionierte wie eine Agentur, welche die anhaltende Wirkung von Andy Warhols interdisziplinären Factory-Modell zeigte.[78] Kippenberger zeigte mit den Künstlerkollegen Helmut Middendorf und Rainer Fetting Super-8 Filme und Diashows, er stellte Meuser und Jochen Krüger aus und bot ein Forum für die Szene aus dem „Exil“. In „Kippenbergers Büro“ wurde auch die Zeitschrift „sehr gut/very good“ produziert, auf gelbem Zeitungspapier, angelegt zwischen Referenzen zu Andy Warhols „Interview“ Magazin und zu der im englischsprachigen Raum verbreiteten „Yellow Press“. Kurz bevor „Kippenbergers Büro“ 1980 geschlossen wurde, fand dort die wohl bedeutendste Veranstaltung mit anhaltender Wirkung statt, die Gruppenausstellung „1. Außerordentliche Veranstaltung in Bild und Klang zum Thema der Zeit: Elend“. Beteiligt waren Ina Barfuss, Werner Büttner, Walter Dahn, Georg Herold, Martin Kippenberger selbst, Jochen Krüger, Meuser, Albert Oehlen, Markus Oehlen, Brigitte Rohrbach und Thomas Wachweger.[79] Jutta Koether bezeichnet die Ausstellung als „die Armory Show“ der jungen deutschen Künstler dieser Zeit,[80] eine initiale Ausstellung, die zu langfristigen Kooperationen zwischen den Künstlern führen sollte. Büttner, Herold, Kippenberger, Meuser und die Brüder Oehlen fanden kurze später Zeit in Köln mit der Galerie Max Hetzler einen gleichermaßen programmatischen und wirtschaftlichen Hintergrund. „Kippenbergers Büro“ war eine der Adressen, welche die Medialisierung der „Jungen Wilden“ in Berlin vorbereitete, aber ohne der naiven Freude über die Wiederentdeckung der malerischen Ausdruckskraft anheim zu fallen.[81]

Etwa zeitgleich[82] kaufte sich Kippenberger als Geschäftsführer im „SO 36“ ein und befand sich damit endgültig im Zentrum der Bewegung, die alle Werte der als ermüdet empfundenen siebziger Jahre Kultur aufkündigte. Das „SO 36“ wurde als Veranstaltungsort am 12. August 1978 gegründet und ist eine Inkunabel der Punkkultur in der Bundesrepublik.[83] Von Anfang an bestand dort eine Wechselwirkung zwischen Kunst, Musik, Performance und politischer Reaktion unter dem Motto, „Jeder ist so, wie er ist“.[84] Kippenberger eröffnete sich damit eine zweite Bühne neben „Kippenbergers Büro“, die öffentlicher, aber auch extremer war.[85] Als Einstand veranstaltete er zunächst Festivitäten zu seinem 25. Geburtstag. „1/4 Jahrhundert Kippenberger als einer von Euch, unter Euch, mit Euch“ war eine „dreidimensionale Echtzeitcollage [...] als hedonistisches Prinzip eines erweiterten Kinderzimmers“.[86] Die Band „The Warm Jets“ aus London trat auf, es wurden Filme von Kippenberger selbst und seinem Vater gezeigt und es wurde zwei Tage lang ausgiebig gefeiert: Kippenberger zugleich als Zeremonienmeister und künstlerischer Leiter. Zu seinem Geburtstag publizierte Kippenberger das Künstlerbuch „Vom Eindruck zum Ausdruck. 1/4 Jahrhundert Kippenberger“ erschienen im Eigenverlag „Pikassos Erben“. Zu den leeren Seiten des Buches gehörten Sets von Kinderphotographien, die man einkleben konnte.[87] Zudem war die Stadt übersäht mit Postern (Abb. 3) zu diesem Ereignis, darauf abgebildet Kippenberger selbst mit einem Clochard. Kippenbergers Kopf ist wie ein Nimbus umgeben mit Selbstbeschreibungen: „Verschwender, Schonlangemaler, Anführer, Unterbringer, Zubringer, Vorsteller, Oberspanner, Angeber.“

Auf diese Weise ging es im „SO 36“ bis zur Schließung weiter. Kippenberger lud Bands aus aller Welt ein, trat selbst mit seiner Gruppe „Luxus“ (Abb. 4) auf, zu der neben ihm noch Joachim Schächtele, der Mitbetreiber des „SO 36“, der Filmemacher Erich Mitchell und die Künstlerin Christiane Hahn gehörten. An dieser Stelle ist es wichtig, den Komplex „Musik“ in Kippenbergers Biographie kurz zu erwähnen. Martin Kippenberger konnte zwar kein Instrument spielen, nicht singen, aber er hatte Chuzpe, und hat trotzdem Musik gemacht und sich damit auf die Bühne gestellt: für Kippenberger das geltende Prinzip der „Peinlichkeit, des Erstrechtssystems. Sich nicht schämen für eine Dummheit, sondern noch eine machen.“[88] Was Kippenberger am Punk gefiel, welcher Ende um 1980 Hochkonjunktur hatte, war die Haltung. Dass man alle Regeln bricht, Grenzen überschreitet, vor allem die des so genannten guten Geschmacks. Es ging für Kippenberger nicht darum, etwas technisch virtuos zu beherrschen, sondern darum, es einfach zu tun. Man konnte zwar nicht singen, aber trotzdem eine Schallplatte aufnehmen. Der Vergleich mit der Bewegung des DADA liegt nahe.[89]

Die Musikszene, allen voran der Punk, war um 1980 freier und anarchischer strukturiert als die Kunstszene, die sich noch in den politischen und lustfeindlichen Ehrwürdigkeitsdebatten der siebziger Jahre befand. Kippenberger dürfte sich in diesem Kontext zunächst wohler gefühlt haben. Dort wurden seine Posen, das hohe Tempo der unterschiedlichsten Veranstaltungen unter Kippenbergers Regie und seine lautstarke Performativität zunächst wohlwollend rezipiert. Jim Rakete, ein Berliner Photograph, beschreibt es so: „Er [Kippenberger] hatte was sehr Schnittiges, etwas – mit Frechheit allein ist das nicht zu erklären –, etwas Subversives und Hochintelligentes.“ Kippenbergers freundlichste Exegeten Diedrich Diederichsen und Jutta Koether kamen zu Beginn daher aus dem Umfeld der Kölner Musikzeitschrift „Spex“. Aber auch der Punk hatte seine Grenzen, wenn Künstlerbands wie Kippenbergers „Luxus“ oder Freejazzer wie Sven Ake Johannson oder Rüdiger Carl Klangexperimente auf die Bühne brachten. K-Gruppen und selbsternannte Kiezpolizei sprengten häufig Veranstaltung im „SO 36“. Selbst Iggy Pop flüchtete vor Kippenberger, wie ein englischer Zeitungsartikel berichtete.[90]

Ein Streit um zu hohe Getränkepreise, aber wohl auch um Kippenbergers einnehmende, nicht politisierbare Person und Sozialneid[91] kulminierten in einer gefährlichen Attacke durch eine Gruppe von Punks in deren Folge Kippenberger mit schweren Kopfverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Kaum wieder ansprechbar, kontaktierte Kippenberger Freunde und Bekannte und am nächsten Tag wurde Polaroidaufnahmen seines verbundenen und entstellten Kopfes im „Café Einstein“ herumgereicht. Später benutzte er diese Bilder für die kleinformatige Malerei Dialog mit der Jugend (Abb. 38). Diese Attacke auf Kippenberger belegt jedoch auch Kippenbergers Fähigkeit, diejenigen zu provozieren oder ihre Konventionen bloßzustellen, die sich die Provokation oder den Konventionsbruch auf die Fahnen geschrieben hatten;[92] eine Thematik, der er sich zeitlebens angenommen hat.

Nach kaum einem Jahr seit Bestehen, und nach nur sechs Monaten unter der Leitung von Kippenberger wurde das „SO 36“ am 30. Juni 1979 geschlossen, weil kein Geld mehr für den weiteren Betrieb zur Verfügung stand und verschiedene Bauauflagen nicht zu erfüllen waren. Ein legendärer Ort nahm damit ein vorläufiges Ende,[93] der heute unter Denkmalschutz steht. Doch auch die Aufgabe des „SO 36“ nutzte Kippenberger für einen öffentlichkeitswirksamen Auftritt und ließ sich von Rolf Eden, dem Diskobesitzer am Kurfürstendamm, zur Schließung vor laufender Kamera gratulieren (Abb. 7).

Es ist bezeichnend, dass in der intensiven Berliner Zeit nur zwei bildkünstlerische Arbeiten entstanden sind, Schatz, mein Superfrühstück von 1979 (Abb. 8), und Doch Enten brauchen keine Baumwollstrümpfe. Ihre Füsse sind immer Kühl und frisch im Wasser, 1977 (Abb. 9). Die erste Malerei zeigt die hauchdünne Grenze zwischen einer jugendkulturellen Alternativkultur und kleinbürgerlichen Hedonismus auf und ist dem Motiv eines Aufklärungscomics entlehnt. Kippenberger wird auf diese Weise immer ein scharfer Analytiker deutscher Lebensstil-Sackgassen bleiben.[94] In Berlin hat Kippenbergers künstlerisches Unternehmen seinen Anfang genommen. Er hat es nicht mehr geprobt wie zuvor in Florenz. In Berlin hat er einen wichtigen Teil seiner bis dato noch immateriellen Arbeit realisiert und in der Öffentlichkeit platzieren können. Kippenberger hat die Performance, den Betrieb, die Kommunikation, das Herstellen, das Ansprechen und die Provokation einer Öffentlichkeit vollzogen. Er hat mit „Kippenbergers Büro“ und dem „SO 36“ zwei Foren für interdisziplinäre Begegnungen und den kommunikativen Austausch entwickelt, die ihren geistigen Vater in Warhols „Factory“ haben und die als Teil einer ganzheitlichen künstlerischen Strategie verstanden werden können, als ein offenes Betriebssystem und Experimentierfeld – auch für Kippenbergers Künstlersubjekt selbst, für das Austesten von Grenzen und das Erproben unterschiedlicher Rollen und Strategien. Ob Kippenberger das Programm des „SO 36“ organisierte, ob er Ausstellungen in seinem „Büro“ kuratierte, ob er sich als Verleger und Autor probierte oder ob er sich in die Pose des „nun nicht mehr malenden“ Künstlers als „Vertreter“ einer „Palette von Dienstleistungen“ am Schreibtisch thronend warf – es entspricht einer künstlerischen Strategie, die auf die Öffentlichkeit abzielte und das Publikum benötigte, wenn sie nicht gar nur durch und mit der Öffentlichkeit wirken konnte. Kippenberger erschloss sich mit seiner Selbstanbietung sowohl die unterschiedlichen Lager der Befürworter und als auch das der Gegner seiner selbst. In Berlin hat Kippenberger die mediale und performative Verstärkung seines noch unscharfen künstlerischen Gegenstands und seine möglichen Verzerrungen, Absonderlichkeiten und möglichen neuen Qualitäten vorgeführt. Und wenn es den Gegenstand nicht gab, hat Kippenberger sich selbst zu einem solchen gemacht; so hat er aus seinem Geburtstag ein Großereignis gemacht, seinen Namen zu einem künstlerischen und interdisziplinären Programm erklärt. Die Tatsache, dass er im Katalog „1/4 Jahrhundert Kippenberger. Vom Eindruck zum Ausdruck“ Photographien aus seiner Kindheit zum Einkleben beilegte, erfüllt nicht die Bedürfnisse von Eitelkeit oder Exhibitionismus, sondern kündigt von der eigenen Beispielhaftigkeit seines Künstlersubjekts im kunstgeschichtlichen Sinne – von ihm als Künstler, als einer exemplarischen Gestalt – und gleichermaßen vom öffentlichen Gebrauch und Entwicklung seiner Künstlerpersona.

Das war der Zeitpunkt, als Martin Kippenberger den „Kippenberger“ erfand,[95] eine öffentliche Version seiner selbst.[96] Bei der weiteren Interpretation läuft man Gefahr, Autor und Künstlersubjekt und die Privatperson Martin Kippenberger miteinander zu verwechseln, demgemäß erfolgt an dieser Stelle eine theoretische Hilfskonstruktion, die sich aus der Mehrzahl der jüngeren Aufsätze über Kippenberger ableitet.[97] Das – besonders umstrittene – Anekdotische oder Legendäre muss als Hilfsstrategie begriffen werden, ähnlich wie die Malerei auch, als Arbeit am Künstlersubjekt „Kippenberger“, als das „Performen des Selbst“.[98] Diese Strategie zielt sowohl auf die Beschäftigung einer möglichst großen Öffentlichkeit mit dem Künstler „Kippenberger“ als auch auf die bildkünstlerische Produktion.

Differenziert hiervon wird der Begriff des Autors. Der Autor/die Privatperson Martin Kippenberger ist sowohl Autor/Bildender Künstler seines Oeuvres, welches eine Schnittmenge mit dem Autor/Performer der Künstlerpersona „Kippenberger“ bildet, welcher wiederum Anteile an der Autorschaft über das Werk Kippenbergers unterhält. Diese Grenzen dieser drei Aspekte an Martin Kippenberger sind mit Gewissheit nicht immer scharf auszumachen, sie spiegeln aber zahlreiche Äußerungen von Martin Kippenberger selbst, als auch die widersprüchliche Rezeption über ihn wieder.

Mit dieser Differenzierung in Privatperson, Künstlerpersona und Autor trägt man der Verlagerung des allgemeinen Interesses von Werken zu Künstlern, von Ideen zu Personen Rechnung, welches eines der großen Themen Kippenbergers war und zu dem er maßgeblich beigetragen hat. Zugleich hat er diese Entwicklung über die Maßen verhöhnt[99] und an der Figur „Kippenberger“ exerziert. Hier deutet sich bereits an, dass Kippenbergers postmoderne „Ratlosigkeit“[100] sich mitunter auf die überholten Einzeldisziplinen der Kunstpraxis bezog, und er aus diesem Grund das „Unternehmen Kippenberger“ als ein offen und breit angelegtes Programm entwarf. Der „Kippenberger“, die programmatische und öffentliche Figur Kippenbergers, fügte die einzelnen künstlerischen Praktiken zu einem virtuosen Gesamtbild zusammen, und bewies sich[101] damit als „grandioser Manager seiner selbst“, wie ihn später die Kritik bezeichnete.[102]

Kippenberger als „Homme de Lettre“ in Paris

Nach dem Ende seines Engagements für das „SO 36“, der Schließung von „Kippenbergers Büro“ und nachhaltig fehlenden Perspektiven ging Kippenberger 1980 für einige Monate nach Paris, um dort Schriftsteller zu werden, wie er erklärte. Einige Gedichte, die er an der Seine schrieb, veröffentlichte er später im Katalog „Die I.N.P. –Bilder“.[103] Vor allem aber war der temporäre Umzug eine zusätzliche Hilfsstrategie für die eigene Biographie. Über die Achse Berlin-Paris ließen sich Slogans wie „Ich fahre nach Paris“, „Boh du Sau“ drucken und in Berlin plakatieren, gleichermaßen konnte er das geflügelte Element jeder Künstlervita – den Wohn- und Arbeitsort – entsprechend öffentlichkeitswirksam aktualisieren: „Mittlerweile ist er wohnhaft in Paris“ hieß es daraufhin. Der Umzug nach Paris hat stattgefunden, um darüber zu reden, um ihn anzukündigen, und um ihn schliesslich mit dem öffentlichen Vortrag seiner Gedichte im Berliner „Café Einstein“ durch Serge de Paris gebührend abzuschließen.

„Kippenberger raus aus Berlin“

Kippenbergers endgültiger Wegzug aus Berlin 1981 bot eine weitere Möglichkeit für eine große Inszenierung. Als Schlussakt für seinen Abschied wählte Kippenberger den Titel „Durch die Pubertät zum Erfolg“, eine Überschrift für eine ganze Reihe von Veranstaltungen, ein „durchorchestrierter Event, wie es ihn noch nie gegeben hatte zu dieser Zeit“, wie es Barbara Straka beschreibt.[104] Es begann mit der Buchpräsentation von „Durch die Pubertät zum Erfolg“[105] in der „Paris Bar“ am 25. Februar, setze sich über mehre Stationen mit Haupt- und Nebenschauplätzen fort und gipfelte in der Eröffnung seiner ersten Ausstellung „Werner Kippenberger: Lieber Maler, male mir...“ im Realismusstudio der NGBK am 6. März. Die Ausstellung in der „Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst“, damals unter der Leitung von Barbara Straka, zeigte zwölf photorealistische Arbeiten im Format zwei mal drei Meter, die Kippenberger nach Polaroidvorlagen von einem professionellen Plakatmaler anfertigen ließ (Abb. 10). Für Diedrich Diederichsen war es eine “demonstrativ nicht-naive und konzeptuelle Arbeit, die zugleich höchste Begeisterung für Naivität, Vereinfachung, Sentimentalität aussprach. Sie war von höchsten, aber auch heiteren Misstrauen gegen das Künstlersubjekt getragen.“[106] Die Ausstellung fand vor dem Hintergrund des Erfolges der „Neuen Wilden“ statt, die sich 1977 in der Selbsthilfegalerie am Moritzplatz als vitalistisches Malerkollektiv organisierten. Zu ihnen zählten in Berlin Helmut Middendorf, Rainer Fetting, Salomé und Bernd Zimmer, die einer subjektiven, gestischen, schnellen und „wilden“ Malerei zu neuer Geltung verhalfen, und heute unter dem weiten Begriff „Neoexpressionismus“ geführt werden. 1981 löste sich die Produzentengalerie am Moritzplatz in Berlin wegen zu großen Erfolgs ihrer Maler auf dem Kunstmarkt wieder auf. Die „Neuen Wilden“ waren auf dem Markt angekommen und ein erster Kunstmarktboom nahm seinen vorschnellen Verlauf.

Mit „Lieber Maler, male mir...“ lieferte Kippenberger einen konzeptuellen wie künstlerisch-strategischen Beitrag zu der aktuellen Malereidebatte und stellte dennoch Malerei aus, obwohl er sich selbst, angesichts des Erfolgs den „Neuen Wilden“ bis auf weiteres „Malverbot“[107] erteilt hatte. Kippenberger reagierte damit auf den ihn umgebenen Kontext, auf das, was zeitgleich in der zeitgenössischen Kunst stattfand und kommentierte ihn in seiner eigenen Arbeit. Diese Strategie des unmittelbaren, diskursiven Kommentars auf zeitgenössische und historische Künstler, ihrer Strategien und Werke und ihre gleichzeitige Übernahme und Unterwanderung ist bei Kippenberger ein häufig anzutreffendes Moment.

Kippenberger inszenierte seinen Abschied aus Berlin bild- und sensationsgewaltig. Den Sticker „Kippenberger raus aus Berlin“ verteilte er selbst auf den Toiletten der Stadt; er fing ein Ressentiment gegen ihn auf, das seit einiger Zeit insbesondere in den politisierten linken Kreisen gärte. Doch blieb er trotz seiner Popularität als Impresario der Szene und vor allem sich selbst die Antwort schuldig, welche Ziele er als Künstler verfolgen würde. Schließlich arbeitete Kippenberger bis zu diesem Zeitpunkt an den Grenzen des Künstlertopos, wechselte zwischen den Rollen des Organisators, des Kurators, des Musikers, des Unternehmers und Gelegenheitsmalers und verschaffte sich in erster Linie eine große soziale und subkulturelle Hemisphäre, die ihn mit heller Aufmerksamkeit beobachtete. Der immaterielle, performative und öffentliche Aspekt seiner Arbeit hatte sich damit ausgebildet, war jedoch – auch in ökonomischer Hinsicht – weder ausreichend gewesen noch weiterhin tragfähig. Die Stillosigkeit seiner vielförmigen Aktionen unter einem interdisziplinär gefassten Künstlerbegriff war zwar eine erprobte und erfolgreiche avantgardistische Strategie, es fehlte ihr jedoch eine mediale Verankerung. In Kippenbergers späteren Jahren wird dasselbe Moment der äußerlichen Unverbundenheit an Stil und Medium eine charakteristische und verlässliche Qualität seines Werks sein.[108] Wie die Untersuchung jedoch zu zeigen versucht, bilden Motive, Produktions­methoden und die Referenzen an Vorbilder aus der Kunstgeschichte ein Charakteristikum aus, welches durchaus in der Nähe eines konventionellen Stilbegriffs zu sehen ist.

1981 war Kippenberger aber noch ein Künstler ohne ausstellbare und verkäufliche Kunst, ohne regelmäßige bildkünstlerische Produktion. Dass diese notwendig ist, zu dieser Einsicht muss er gekommen sein. Einen entscheidenden Ratschlag erhielt er von dem Düsseldorfer Bildhauer und Freund Meuser: „Kippenberger, so wie Du redest – Du solltest mal anfangen genauso Bilder zu malen, wie Du erzählst.“[109] Kurze Zeit später, im September 1981 eröffnete Kippenberger seine erste kommerzielle Galerieausstellung bei Max Hetzler in Stuttgart, betitelt mit „Ein Erfolgsgeheimnis des Herrn A. Onassis“. Zuvor hatte er sich nochmals nach Italien zurückgezogen und die Serie Bekannt durch Film, Funk, Fernsehen und Polizeirufsäulen (Abb. 11) im selben Format wie die Serie Uno di voi, un tedesco in Firenze fertig gestellt, die im Anschluss bei Max Hetzler gezeigt wurden. Der Galerist Max Hetzler und Kippenberger kannten sich bereits aus Berlin und diese erste Ausstellung markierte den Beginn einer über zehnjährigen Zusammenarbeit.[110]

II.2 Der Verleger Kippenberger

Kippenbergers Entwicklung seiner Künstlerpersona „Kippenberger“[111] bildet den wesentlichen Teil seiner Öffentlichkeitsstrategie. Die öffentliche und performative Figur diente als Medium und als künstlerischer Gegenstand selbst, um Kippenbergers Inhalte[112] in der Öffentlichkeit zu platzieren. Das zu diesem Zweck weit traditionellere Medium – und ein Favorit unter den künstlerischen Äußerungsformen Kippenbergers – war das Künstlerbuch, der Ausstellungs­katalog, das Plakat, die Drucksache im Allgemeinen.[113] Kippenberger hat im Verlauf von zwanzig Jahren zwischen 1977 und bis zu seinem Tod 1997 insgesamt 149 Bücher produziert, das entspricht rund sieben bis acht Publikationen pro Jahr. Dazu zählen neben den Künstlerbüchern Ausstellungskataloge, die von ihm wesentlich verantwortet und gestaltet wurden, Publikationen, die Originalbeiträge von ihm enthalten sowie von ihm initiierte Veröffentlichungen.[114]

Kippenberger sah sich in diesem Medium im Wettstreit mit Dieter Roth, auch einem manischen Buchproduzenten, den es zu übertrumpfen galt, in dem unter „Kippenberger“ mehr Regalmeter belegt werden sollten, als bei „Roth“.[115] Im Wesentlichen war es aber eine Möglichkeit mit der Produktion eines Buches oder eines Kataloges eine Ausstellung zu begleiten, und ihr eine Dauer über den Ausstellungszeitraum hinaus zu verleihen und damit sowohl der Ausstellung, als auch der mit ihr zusammenhängende Publikation weiterhin einen Platz in der Öffentlichkeit zu zuweisen. Ein damit zusammenhängendes Merkmal von Kippenbergers Buchproduktion ist, dass er dieses Medium nutzte, um an seinen künstlerischen Inhalten weiter zu arbeiten, und die Referenzen zwischen Werk und Publikation weiterhin in einem öffentlich einsehbaren Raum kursieren zu lassen.

Wie Kippenbergers Werke waren seine Kataloge und Publikationen, die einer Ausstellung oder einem vergleichbaren Anlass folgten – als Teil des Systems „Kunst-Ausstellen“[116] – neben der Einladungskarte, dem Plakat, der Broschüre und den anderen, auf die Öffentlichkeit und Verbreitung der Kunst zielenden Praktiken für Kippenberger ein ebenso sorgfältig und gleichrangig zu gestaltendes Mittel, auf seine Ausstellungen und Aktionen aufmerksam zu machen. Kippenberger begriff die Gestaltung dieses Materials als eine ihm als Künstler zustehenden Aufgabe, als Beleg seiner umfassenden Handlungsfähigkeit als Künstler. Er zog die Zuständigkeit über dieses Material unter allen Umständen an sich und machte es zu einem weiteren Element seiner Kunst.[117] Wie seine Kunst, waren auch die Publikationen als offenes System[118] angelegt, als zentrale Elemente eines breit angelegten künstlerischen Unternehmens, einer Herausforderung zum „Künstler sein“, die vor allem Kippenberger selbst galt und ihn zu seinem Einsatz aufrief. Viele frühe Publikationen lesen sich als Ankündigungen der Bereitschaft, einen Auftrag zu übernehmen, der ihm von niemand außer ihm selbst gestellt wird,[119] eine Positionsbestimmung als Künstler vorzunehmen, der bislang nur sich selbst, den „Kippenberger“ als Werk vorzuweisen hat. Kippenbergers Interesse an den Katalogen oder den Künstlerbüchern war kaum ein rein dokumentarisches, das die Ausstellung wiedergeben und bewahren sollte, sondern ist meist als eigenständige, künstlerische Arbeit zu verstehen. Auch wenn damit die von Kippenberger gestalteten und konzipierten Kataloge in ihrer inhaltlichen Funktion keine oder nur wenige Informationen zu den Arbeiten enthalten, die im Rahmen der Galerie oder Institution gezeigt werden, so thematisieren sie dennoch die allgemeine archivierende und historisierende Funktionsweise des Buches über bildende Kunst. Das Buch oder der Katalog adeln das bildkünstlerische Projekt und verleihen ihm einen Ewigkeitscharakter[120] und ihm, Kippenberger gereicht das sowohl zur Belohnung als zum Beleg.

Kippenberger erhält auf diese Weise die konventionelle Funktion und die Bedeutung des Kataloges oder des ausstellungsbegleitenden Buches. Als Täuschungsmanöver oder ambitionierter Gestus können die Imitationen, Persiflagen, Zitate und Anlehnungen Kippenbergers an die Gestaltung bekannter Verlagsreihen wie die von Reclam- oder Mervebücher oder die spezifische Gestaltung kunstinstitutioneller Publikationen beurteilt werden. Hier besteht Kippenbergers Dialektik darin, dass diese Verweise deutlich zu erkennen sind und jeder relevante Parameter für ein gelungenes Buchzitat – wie Papier, Drucktypus, Typographie, Layout – prinzipiell als gelöst erscheint. Aber Kippenberger beantwortet jede institutionelle Konvention, jedes Schema und jede Behauptung, sofern man Kataloge oder ihren Habitus als Behauptung verstehen kann, mit seiner spezifisch eigenen.[121]

[...]


[1] DIEDERICHSEN, Diedrich: Das kaufe ich Ihnen ab. In Parkett, No. 19, 1989. S. 72-73.

[2] FRICKE, Harald: Pinkeln gegen den Kunstbetrieb. die tageszeitung, Berlin, 11. März 1997.

[3] OHNE AUTOR: Martin Kippenberger. Die Welt, Berlin, 16. Februar 2006.

[4] Das Interview wurde neu veröffentlicht in KIPPENBERGER, Martin: Stellen Sie sich vor, am Mond scheint ein Himmel. Gespräch mit Martin Kippenberger. Reprint von Artfan, No. 13, 1991. Berlin, Starship-Magazin Publikation, 2007.

[5] Vgl. KOETHER, Jutta: An- und Abwesenheit von Frauen. In GRAW, Isabelle: Der Komplex Kippenberger. Texte zur Kunst, No. 26, 1997. S. 59.

[6] SCHAPPERT, Roland: Martin Kippenberger. Die Organisation des Scheiterns. Köln, Verlag der Buchhandlung Walther König, 1998.

[7] In DIEDERICHSEN, Diedrich: Das kaufe ich Ihnen ab. In Parkett, No. 19, 1989. S. 72-73.

[8] Vgl. PRINZHORN, Martin: Wegweiser. In MEYER-HERRMANN, Eva und NEUBURGER, Susanne (Hrsg.): Nach Kippenberger. Kat. MUMOK, Wien und Van Abbe Museum, Eindhoven. Wien, Schlebrügge.Editor, 2003. S. 240.

[9] Zur Diskussion der Begriffe und der grundsätzlichen Problemstellung des zeitgenössischer Künstlertums siehe KAMPMANN, Sabine: Künstler sein. Systemtheoretische Bebachtungen von Autorschaft. München, Wilhelm Fink, 2006. An dieser Stelle sei auch auf das Kapitel „Berlin: Kippenbergers Büro und das SO 36“ hingewiesen, in der eine theoretische Hilfskonstruktion Kippenberger aus der Perspektive einer Autorenrolle, einer Persona und in einer für die wissenschaftliche Diskussion nicht interessante Privatperson zu betrachten sucht.

[10] Zur Performancekunst vgl. den Artikel von ANGERER, Marie-Luise: Performance und Performativität. In BUTIN, Hubertus (Hrsg.): DuMonts Begriffslexikon zur zeitgenössischen Kunst. Köln, DuMont, 2002. S. 241 und den Katalog NOEVER, Peter: Out of Actions. Aktionskunst, Body Art & Performance 1949 – 1979. Kat. Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien. Ostfildern, Hatje Cantz, 1998.

[11] Zu Kippenberger Verhältnis zu Joseph Beuys siehe das Kapitel „Joseph Beuys“.

[12] Vgl. DIEDERICHSEN, Diedrich: Der kann ja auch malen! die tageszeitung, Berlin, 06. Juni 2003.

[13] Vgl. DIEDERICHSEN, Diedrich: Der Selbstdarsteller. In MEYER-HERRMANN, Eva und NEUBURGER, Susanne (Hrsg.): Nach Kippenberger. Kat. MUMOK, Wien und Van Abbe Museum, Eindhoven. Wien, Schlebrügge.Editor, 2003. S. 54.

[14] Weitere Künstlerbeschreibungen sind: Der Künstler als... Bastler, Schamane, Universalgenie, Edelmann, Prediger, Bohemien, Maschine, Terrorist, Sonderling, Dandy, Fetisch, Einsamer und Verkannter, Star, Idol, Forscher, Eremit, Sozialarbeiter, Erfahrungsgestalter [usw.] aus einem Schaubild in KAMPMANN, 2006, S. 34.

[15] Vgl. Fußnote No. 341.

[16] Siehe PRINZHORN, Wegeweiser, 2003. S. 240.

[17] Die nachfolgende Zusammenfassung ist KAMPMANN, 2006. S. 24ff entnommen.

[18] KIPPENBERGER, Martin: B – Gespräche mit Martin Kippenberger. Ostfildern, Hatje Cantz, 1994. S. 14.

[19] Vgl. das Kapitel „Kippenberger exemplarisch“.

[20] Der Begriff „Kunstbetrieb“ bzw. der in Anlehnung an die Systemsoftware von Computern gebildete Begriff „Betriebssystem Kunst“ wird ausführlich dargestellt in BERG, Stephan: Eine Rose ist eine Rose ist keine Rose. „Betriebssystem Kunst“, Kunstforum International, No. 125, Januar/Februar 1994. S. 46-48. Der einleitende Kommentar von Stephan Berg behandelt die mit Anfang der neunziger Jahre aufkommende ökonomische wie ontologische Krise der Kunst. Ein systemische Darstellung leistet WYSS, Beat: Vom Bild zum Kunstbetrieb. Köln, DuMont, 2006. Ein Standardwerk zur Soziologie der Kunst ist HAUSER, Arnold: Sozialgeschichte der Kunst und Literatur. München, C.H. Beck, 1990.

[21] Auch Werner Büttner wendet dagegen ein: „Die achtziger Jahre waren seltsame Jahre in der Kunstgeschichte. Der Kunstbetrieb war damals sehr seltsam. Es gab damals vor allem diese blödsinnige Idee vom „autonomen Kunstwerk“ – also dass Kunst Kunst ist und alles andere alles andere. Da habe ich nie dran geglaubt. Und im Übrigen haben Oehlen, Kippenberger und ich solche theoretischen Diskussionen auch nie geführt. Wir haben uns nie gefragt, ob wir gegen die Idee des autonomen Kunstwerks vorgehen müssten. Instinktiv war uns klar, dass es das nicht sein kann.“ BÜTTNER, Werner in DAX, Max (Hrsg.): Er wollte Picasso, Warhol und Beuys zusammen sein. Eine Gesprächscollage von Max Dax. Welt am Sonntag, Berlin, 05. Februar 2006.

[22] Auf einen Veröffentlichungstermin möchte sich der Nachlass Kippenbergers noch nicht festlegen. FIORITO, Regina an den Verf. am 12. September 2007. Dr. Regina Fiorito betreut den Nachlass Martin Kippenberger, Galerie Gisela Capitain, Köln.

[23] GRAW, Isabelle: Von hier aus. Über Köln-Mythen, Fremdbestimmung und Rückzugs- und Ausstiegsszenarien angesichts der gestiegenen Bedeutung von „Leben“. Texte zur Kunst, No. 62, 2006. S. 49-65.

[24] „Make your own life“ ist ein Zitat von Martin Kippenberger. Der vollständige Titel der von Bennett Simpson kuratierten Ausstellung lautet: Make Your Own Life: Artists In and Out of Cologne. Institute of Contemporary Art, University of Philadelphia, 2006.

[25] KÖNIG, Kaspar in KAISER, Philipp (Hrsg.): Flashback. Eine Revision der Kunst der 80er Jahre. Kat. Kunstmuseum Basel, Museum für Gegenwart. Ostfildern, Hatje Cantz, 2006. S. 62-63.

[26] Vgl. Fußnote No. 20.

[27] Nach FAUST, Wolfgang Max: Cologne´s Greatness. Artscribe International, No. 60, November-Dezember 1986. S. 30ff. Siehe auch die umfangreiche Publikation HERZOGENRATH, Wulf und LUEG, Gabriele: Die 60er Jahre. Kölns Weg zur Kunstmetropole. Vom Happening zum Kunstmarkt. Kat. Kölnischer Kunstverein, Köln, 1986.

[28] GRASSKAMP, Walter: Die unästhetische Demokratie. Kunst in der Marktgesellschaft. München, C.H. Beck, 1992. S. 38.

[29] GRASSKAMP, 1992. S. 38-39.

[30] KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 244.

[31] Ebd.

[32] Vgl. KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 242. Der „Kunstmarkt Köln“ ist die Mutter aller Kunstmessen und wird als Vorbild für die „Art“ in Basel, die „Arco“ in Madrid, für die „Fiac“ in Paris und später für die „Frieze“ in London, das „Art Forum“ in Berlin und den „Art“ – Ableger in Miami gesehen.

[33] BEAUCAMP, Eduard: Um ´67. Rudolf Zwirner und die frühen Jahre des Kunstmarkt Köln. Nürnberg, Verlag für Moderne Kunst, 2006. S. 13.

[34] Von aktuellem Interesse dürfte auch der Berliner Galerist Bruno Brunnet sein, der Anfang der achtziger Jahre bei Michael Werner assistierte. Nach einen Zwischenspiel als Kellner bei Michel Würthle, dem Gastronom des „Exils“ in Berlin-Kreuzberg und später der „Paris Bar“ in Berlin eröffnete Brunnet seine eigene Galerie in Berlin, die heute unter „Contemporary Fine Arts“ firmiert und Künstler wie Jonathan Messe, Daniel Richter und Raymond Pettibon im Programm führt. In den letzten Jahren sind die „Werner“ Künstler Georg Baselitz und der 2007 verstorbene Jörg Immendorf mit ihrem Spätwerk hinzugekommen. Die Galerie „Contemporary Fine Arts“ zählt heute zu den namhaftesten in Deutschland, vergleichbar mit Michael Werner und Rudolf Zwirner zu ihrer Zeit.

[35] Vgl. BUCHLOH, Benjamin in KAISER, 2006. S. 34.

[36] GRAW, Isabelle in KAISER, 2006. S. 28.

[37] Kurt Hackenberg wurde eine Ausstellung im Kölnischen Kunstverein gewidmet. Dazu JAPPE, Georg: Der Traum von der Metropole. Vom Happening zum Kunstmarkt – Kölns goldene sechziger Jahre. Köln, Kölnischer Kunstverein, 1979.

[38] GRASSKAMP, 1992. S. 41-42.

[39] GRASSKAMP, 1992. S. 34.

[40] Welche Photographien in Kippenbergers Künstlerbuch „Psychobuildings“, 1988, aus Köln stammen, ist bislang nicht geklärt. Vgl. Fußnote No. 139.

[41] Nach FAUST, Cologne´s Greatness, 1986. S. 30.

[42] KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 246.

[43] Siehe dazu ein Kommentar von Kippenbergers Galeristin Gisela Capitain: „It was quiet theatrical. Many artist saw their public appearance as a kind of statement [...] poking fun at or referring to another artists´ shows or works.“ CAPITAIN, Gisela in BIRNBAUM, Daniel: Ripening on the Rhine. The Cologne Art World of the ´80s. Artforum, März 2003. S. 219 oder an selber Stelle die Charakterisierung von DIEDERICHSEN, Diedrich: „It had to do with urban density. [...] In Cologne people meet all the time. Compared to theater, for instance, visual art as we know it in galleries tends to have quiet a limited performative aspect, so the performance has to be provided by the crowd around it. Cologne has something stagelike about it, which makes it perfect for the artworld.“

[44] KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 244.

[45] Zu Paul Maenz Werdegang siehe die Publikation MAENZ, Paul: Art is to change... Skizzen aus der Umlaufbahn. Regensburg, Lindinger und Schmid, 2002.

[46] GRASSKAMP, 1992. S. 29-30.

[47] Vgl. das Kapitel „Der Verleger Kippenberger “ und Fußnote No. 150. Zum Werdegang von Walther König siehe das Kapitel in HERZOGENRATH, 1986. S. 525-529.

[48] Vgl. das Kapitel „Die Kunstkritik“.

[49] BIRNBAUM, Ripening on the Rhine, 2003. S. 221.

[50] KIPPENBERGER, Martin in KOBEL, Jörg (Regie): Kippenberger - Der Film. Deutschland / Österreich 2005, Barbarossafilm. Ab 07:25 min.

[51] KUHN, Nicola: Das letzte Enfant terrible. Eine Pop-Ikone der deutschen Nachkriegskunst. Zum Tod von Martin Kippenberger. Der Tagesspiegel, Berlin, 11. März 1997.

[52] Vgl. HAUN, Annette: Künstlerprofil Martin Kippenberger: Einer von euch, mit euch, unter euch. www.artnet.de/magazin/features/haun/haun03-01-06.asp, aufgerufen am 18. April 2007.

[53] Vgl. auch die Formulierung von Martin Prinzhorn: „Kunst als Veranstaltungsraum“ in PRINZHORN, Martin: Kunst als Veranstaltungsraum. In GROETZ, Thomas: Gitarren, die nicht Gudrun heißen. Hommage à Martin Kippenberger. Galerie Max Hetzler, Berlin und Holzwarth Publications, Berlin, 2003. S. 53 – 55.

[54] KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 13.

[55] „Ich ist etwas Anderes“, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, 2000. Die Ausstellung zitiert damit auch das „Je est un autre“ von Arthur Rimbaud.

[56] KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 14.

[57] GINGERAS, Alison: A Cacophony for a formidable Iconoclast. Tate etc, No. 6, London, 2006. S. 32.

[58] HEYNEN, Julian: Ende der Legenden. London huldigt Martin Kippenberger. Plädoyer für den unverstellten Blick. Die Welt, Berlin, 16. Februar 2006.

[59] Kippenbergers Umstrittenheit und das Kolportieren der Legenden aus der Kölner Zeit könnten dazu als Beleg dienen. Vgl. das Kapitel „Die Rezeption“.

[60] HEYNEN, Ende der Legenden, 2006.

[61] KIPPENBERGER, Martin, B – Gespräche, 1994. S. 141.

[62] Vgl. HETZLER, Max in KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 237.

[63] Zum Begriff des Auteurs vgl. DIEDERICHSEN, Diedrich: Künstler, Auteurs, Stars. Kunst/Kino, Jahresring 48. Jahrbuch für Moderne Kunst, Köln, 2001. S. 43ff.

[64] KIPPENBERGER, Martin: Kippenberger sans peine – Kippenberger leicht gemacht. Picasso vollenden. Ein Gespräch mit Daniel Baumann. Genf, MAMCO, 1997. S. 8-9.

[65] Martin Kippenberger über sich: „Ich [...] sah aus wie Helmut Berger in jungen Jahren. [...] aber keiner hat mich entdeckt. [...] Nach drei Monaten habe ich gemerkt, dass die mich als Schauspieler nicht wollten.“ Ebd. S. 10.

[66] KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 139.

[67] Die genaue Zahl ist noch nicht ermittelt. Hermes geht von ca. einhundert Bildern aus. S. HERMES, Manfred: Martin Kippenberger. Collectors Choice, Band 4, Friedrich Christian Flick Collection. Köln, DuMont, 2005. S. 155.

[68] KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 140.

[69] KIPPENBERGER, Martin, Gespräch mit Daniel Baumann, 1997. S. 12 und 16. An anderer Stelle äußert sich Kippenberger: „Der hat sich noch nie geopfert [...]. Der kennt keinen Altar, der kennt nur Techniken.“ in KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 541.

[70] GRÄSSLIN, Bärbel und STELLY, Gisela: Ihr Kippy Kippenberger. Briefe-Bilder-Fotos-Film von und mit Martin Kippenberger. Kat. Galerie Bärbel Grässlin, Frankfurt am Main. Köln, Verlag der Buchhandlung Walther König, 2006. S. 161.

[71] SCHMITZ, Rudolf, in GRÄSSLIN, 2006. S. 28.

[72] S. Fußnote No. 65.

[73] KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 139.

[74] In KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 145. Die Bodencollage, ihre Bedeutung als früheste Arbeit zur Thematik der „Sozialen Vernetzung“ bei Kippenberger und ihre Restauration 2004 ist ausführlich dokumentiert worden in WENZEL, Petra: Martin Kippenberger: Eine Bodencollage für Claudia Skoda. Kat. Düsseldorf. NRW-Forum Kultur und Wirtschaft. Düsseldorf, 2005.

[75] KIPPENBERGER, Susanne, 2007, S. 149.

[76] KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 150.

[77] Laut Joachim Krüger in KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 142.

[78] Vgl. HERMES, Manfred: Kippenbergers Diskretion. In HERMES, Manfred: Martin Kippenberger. Collectors Choice, Band 4, Friedrich Christian Flick Collection. Köln, DuMont, 2005. S. 13. „Kippenbergers Büro“ wird in der Literatur immer wieder als Kippenbergers Version von Warhols Factory bezeichnet; eine Untersuchung, was sich dort in der relativ kurzen Zeit des Bestehens abspielte und inwieweit der Vergleich auch substantiell mit Warhols Produktions- und Wirkungsstätte standhält, würde über den Rahmen dieser Untersuchung hinausgehen.

[79] Albert Oehlen erklärt das Verhältnis der teilnehmenden Künstler zum Titel der Ausstellung: „ ,Elend’ was a word that fascinated us. The most popular painters at the time were ,aggressive’, ,wild’, ,spontaneous’ etc., all virtues that were in fashion for quite a long time but which didn't interest us. Embarrassment, wretchedness, failure were far more to our taste. They suggested a much larger plan than a simple ,behold the wild man’. They weren't the theme of our work, but welcome accompanying phenomena. In this way we could work in peace and quiet on something really much bigger.“ in OEHLEN, Albert und GROETZ, Thomas: Albert Oehlen in Conversation with Thomas Groetz. www.taschen. com/pages/en/catalogue/art/reading_room, aufgerufen am 4. September 2007.

[80] KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 167.

[81] Vgl. OHRT, Roberto: Einleitung. In TASCHEN, Angelika und RIEMSCHNEIDER, Burkhard (Hrsg.): Kippenberger. Köln, Taschen, 1997. S. 8.

[82] Die Literatur ist nicht präzise.

[83] Der Name geht auf den Postleitzahlenbezirk von Kreuzberg zurück: Süd-Ost 36.

[84] Vgl. BANNAT, Christoph: Süd Ost 36. In REICHSENSPERGER, Petra und FELIX, Katrin (Hrsg.): Lieber zuviel als zuwenig. Kat. Neue Gesellschaft für Bildende Kunst e.V. Berlin, 2003. S. 84.

[85] KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 170.

[86] BANNAT, Süd Ost 36, 2003. S. 88. Der „Geburtstag“ fand ebenfalls Beachtung im öffentlichen Fernsehen, siehe dazu KOBEL, Kippenberger – Der Film, 2005. Ab 2:08 min.

[87] In KOCH, Uwe: Kommentiertes Werkverzeichnis der Bücher von Martin Kippenberger 1977-1997. S. 39 Der Rechtschreibfehler ist beabsichtigt. Es verbirgt sich hinter dem „ik“ das „Ki“ von Kippenberger.

[88] KIPPENBERGER, Martin in KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 173.

[89] Vgl. KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 172ff. Auch Gisela Capitain, seine Kölner Galeristin spricht in einem Interview vom DADA, als einer prägenden Kunstrichtung für Kippenberger. In CAPITAIN, Gisela und JOCKS, Heinz-Norbert: Kippenberger, der Müll, die Stadt und die weite Welt. Kunstforum International, Juni 2003. S. 313.

[90] KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 171-172.

[91] Vgl. den Unterschied zwischen der Punkerin „Ratten Jenny“ (Abb. 5) und „Agent Provokateur“ Kippenberger (Abb. 6) in KOBEL, Kippenberger – Der Film, 2005. Ab 7:00 min. Zudem sei darauf verwiesen, dass Kippenberger in dieser Zeit das Erbe seiner Mutter, rund 750.000 DM mit vollen Hände ausgab. Er war damit unbestritten der reichste junge Künstler in der Stadt. Vgl. KOCH, 2003. S. 39.

[92] Vgl. Fußnote No. 413.

[93] KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 184.

[94] HERMES, Kippenbergers Diskretion, 2005. S. 20.

[95] DIEDERICHSEN, Der Selbstdarsteller, 2003. S. 54.

[96] Vgl. hierzu auch CAPITAIN, Kippenberger, der Müll, die Stadt und die weite Welt, 2003. S. 314.

[97] Vgl. hierzu GINGERAS, Alison M.: Performing the Self. Alison M. Gingeras on Martin Kippenberger. Artforum, Oktober 2003. S. 253 und DIEDERICHSEN, Der Selbstdarsteller, 2003. S. 54.

[98] So der Titel des Aufsatzes: GINGERAS, Performing the Self, 2003. S. 253. Wie einleitend erwähnt, wird im Englischen der lateinische Terminus „Persona“ verwendet.

[99] DIEDERICHSEN, Diedrich: Kippenberger, Martin. Texte zur Kunst, No. 66, Juni 2007. S. 87.

[100] Vgl. Fußnote No. 60.

[101] „Nur Beweise aufstellen. Es geht um Beweise. Bei mir ja auch.“ KIPPENBERGER, Martin in KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 532.

[102] In THIEL, Gabriele: Lieber Maler, male mir. Die Welt, Berlin, 2. Februar 2003.

[103] „Ist Nichts Peinlich – Bilder“: Die I.N.P. – Bilder, Galerie Max Hetzler, Köln, 1984. Der Katalog ist erfasst in KOCH, 2003. S. 87.

[104] Nach Barbara Straka in KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 206.

[105] Das Buch „Durch die Pubertät zum Erfolg“ und die damit zusammenhängenden Ausstellungen und Veranstaltungen werden im Kapitel „Der Verleger Kippenberger“ besprochen.

[106] In KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 205. Die Ausstellung „Lieber Maler, male mir... Radikaler Realismus nach Picabia“ in der Frankfurter Schirn Kunsthalle griff den Titel Kippenbergers 2003 wieder auf.

[107] KIPPENBERGER, Martin in KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 203.

[108] Zum Stilbegriff äußert sich Kippenberger wie folgt in KIPPENBERGER, Martin und KOETHER, Jutta,: „Man muss etwas aushalten können“. Ein Interview mit Martin Kippenberger von Jutta Koether. Texte zur Kunst, No. 3, 1991. S. 82ff: „Ich bin kein richtiger Maler und kein richtiger Bildhauer [...] Ich hatte wahnsinnige Angst, keinen Chagall und keinen Dubuffet würde machen können. [...] Bis ich darauf gekommen bin, dass mein Stil da ist, wo die Person ist, und dies vermittelt durch Aktionen, einzelne Sachen und Taten, Entscheidungen und daraus sich eine Geschichte entwickelt.“ Vgl. auch Fußnote No. 245.

[109] Meuser in KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 211.

[110] Vgl. das Kapitel „Max Hetzler – Gisela Capitain – Die Grässlins“.

[111] Vgl. Fußnote No. 95.

[112] Zu Kippenbergers künstlerischen Inhalten vgl. Fußnote No. 188.

[113] Die Einschätzung Werner Büttners macht den Sachverhalt deutlich: „Ich habe keinen vom Weib geborenen gesehen, der mehr Zeit beim Drucker geopfert hätte.“ BÜTTNER, Werner: Kurze Beschreibung der hervorstechendsten Eigenschaften unseres Freundes Martin, den ein verständnisloses Organ viel zu früh von uns genommen hat. In ADRIANI, Goetz: Martin Kippenberger. Das 2. Sein. Kat. Museum für Neue Kunst, ZKM, Karlsruhe. Köln, DuMont, 2003. S. 150.

[114] In KOCH, 2003. S. 32.

[115] Nach KIPPENBERGER, Susanne, 2007. S. 187.

[116] OHRT, Roberto: „Fütterung des Affens von der falschen Seite des Käfigs“. In KOCH, Uwe: Kommentiertes Werkverzeichnis der Bücher von Martin Kippenberger 1977-1997. Köln, Verlag der Buchhandlung Walther König, 2003. S. 24.

[117] Ebd. S. 25.

[118] Ebd. S. 26.

[119] Roberto Orth schreibt in diesem Zusammenhang von einem System der doppelten Selbstverständlichkeit: Kippenberger nimmt unaufgefordert einen Platz ein, den keine Legitimation absichert, aber den auch keine Regeln begrenzen. Ebd. S. 27.

[120] DIEDERICHSEN, Diedrich: Die Leseratte. In KOCH, Uwe: Kommentiertes Werkverzeichnis der Bücher von Martin Kippenberger 1977-1997. Köln, Verlag der Buchhandlung Walther König, 2003. S. 16.

[121] Diederichsen bezeichnet Kippenberger in diesem Zusammenhang als „eminent institutionskritischen Künstler“. Ebd. S. 14ff.

Ende der Leseprobe aus 186 Seiten

Details

Titel
Das Unternehmen Kippenberger
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Kunstgeschichte)
Note
1,8
Autor
Jahr
2008
Seiten
186
Katalognummer
V183499
ISBN (eBook)
9783656077770
ISBN (Buch)
9783656078548
Dateigröße
9836 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
unternehmen, kippenberger
Arbeit zitieren
Philipp Selzer (Autor:in), 2008, Das Unternehmen Kippenberger, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/183499

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