Fluktuation am Arbeitsmarkt. Strukturgleichungsmodelle zur Vorhersage von freiwilliger Kündigung, internen Stellen- sowie Berufswechseln


Lizentiatsarbeit, 2010

142 Seiten, Note: 5.5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziele der Untersuchung
1.3 Nützlichkeit der Untersuchung
1.4 Aufbau der Arbeit

2 Theorie und Stand der Forschung
2.1 Begriffsbestimmung der Fluktuation
2.1.1 Individueller Nutzen von Fluktuation
2.2 Prädiktoren von Fluktuation – warum kündigen Menschen?
2.2.1 Objektive Faktoren der Umwelt
2.2.2 Soziodemographische Faktoren
2.2.3 Arbeitsbezogene Einstellungen – Arbeitszufriedenheit und organisationale Verbundenheit
2.2.3.1 Arbeitszufriedenheit
2.2.3.2 Organisationale Verbundenheit
2.2.3.3 Der Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und organisationaler Verbundenheit – Gemeinsamkeiten und Unterschiede
2.2.4 Absichten - Kündigungsabsicht
2.3 Theorien/Modelle – wie wird gekündigt?
2.3.1 Theoretische Basis – Kündigung als geplante Entscheidung?
2.3.2 Das Rahmenmodell von Baillod und Semmer (1993)
2.3.3 Die kausale Beziehung zwischen den Einstellungen

3 Fragestellungen und Hypothesen
3.1 Fragestellung 1: Deskriptive Analyse
3.2 Fragestellung 2: Replikation und Erweiterung von Berset (2005)
3.3 Fragestellung 3: Moderationsanalyse anhand der Berufsverläufe

4 Methoden
4.1 Stichprobe
4.2 Statistisches Verfahren: Strukturgleichungsmodelle
4.2.1 Kriterien zur Evaluation eines Modells
4.2.2 Voraussetzungen für Strukturgleichungsmodelle
4.3 Variablen
4.3.1 Exogene (unabhängige) Variablen
4.3.2 Endogene (abhängige) Variablen
4.3.3 Endogene sowie exogene Variablen
4.3.4 Moderatoren
4.4 Instrumente/Operationalisierung der Variablen
4.4.1 Demographische Variablen
4.4.2 Kündigungsabsicht
4.4.3 Arbeitszufriedenheit
4.4.4 Organisationale Verbundenheit
4.4.5 Fluktuation und Berufsverläufe
4.4.6 Zeitliche Operationalisierung

5 Resultate
5.1 Fragestellung 1: Deskriptive Analyse
5.2 Fragestellung 2: Replikation
5.2.1 Messmodelle
5.2.1.1 Arbeitszufriedenheit
5.2.1.2 Organisationale Verbundenheit
5.2.1.3 Arbeitszufriedenheit und organisationale Verbundenheit
5.2.1.4 Arbeitszufriedenheit, organisationale Verbundenheit, Kündigungsabsicht und Fluktuation
5.2.2 Strukturmodelle
5.3 Fragestellung 3: Moderationsanalyse anhand der Berufsverläufe

6 Diskussion
6.1 Diskussion: Fragestellung 1: Deskriptive Analyse
6.2 Diskussion: Fragestellung 2: Replikation und Erweiterung des Kernmodells von Berset (2005)
6.3 Fragestellung 3: Moderationsanalyse anhand der Berufsverläufe

7 Abschliessende Diskussion, Kritik und Ausblick

8 Literaturverzeichnis

9 Tabellenverzeichnis

10 Abbildungsverzeichnis

11 Anhang

Abstract

Eine Stichprobe von 401 Personen aus fünf verschiedenen Berufsbereichen wurde über einen Zeitraum von acht Jahren (drei Messzeitwellen; t3-t5) hinsichtlich ihres Fluktuationsverhaltens sowie der Unterscheidung von fünf verschiedenen Berufsverläufen mittels deskriptiver Analyse untersucht. Dabei zeigt sich, dass 80% der Kündigungen freiwillig erfolgten, wobei knapp ein Viertel gleichzeitig einen freiwilligen Berufswechsel vollzog. Die Fluktuationsrate lag im Durchschnitt bei 51.4%. Um das freiwillige Kündigungsverhalten vorhersagen zu können, wurden zudem Strukturgleichungsmodelle verwendet. Dabei wurden arbeitsbezogene Einstellungen (Arbeitszufriedenheit und organisationale Verbundenheit) sowie die Kündigungsabsicht als Prädiktoren einbezogen. Wie die Resultate zeigten, erwies sich vor allem in einer früheren Lebensphase eher die organisationale Verbundenheit als zentraler Einflussfaktor, während zwischen den letzten beiden Messzeitwellen die Arbeitszufriedenheit allein die Kündigungsabsicht hoch bedeutsam vorhersagte. Die Kündigungsabsicht wiederum erwies sich als einziger bedeutsamer Prädiktor von Fluktuation. Die Ergebnisse blieben zudem über den Sprachraum, das Geschlecht sowie die verschiedenen Berufsverläufe hinweg invariant, was für eine hohe Generalisierbarkeit spricht. Wie erwartet konnte des Weiteren gezeigt werden, dass sich eine Kündigung vor allem für das einzelne Individuum lohnt. Insgesamt konnten 18.7% bzw. 22.5% der Varianz in der Variable Fluktuation sowie 40% bzw. 60% der Varianz in der Variable Kündigungsabsicht erklärt werden, was in Anbetracht der Forschungsergebnisse sowie des grossen Zeitraums beachtlich ist. Auf mögliche Konsequenzen von Fluktuation und Implikationen für die Praxis sowie die Theorie wird im Verlauf dieser Arbeit näher eingegangen und diskutiert.

Einleitung

Gemäss der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE)[1] wechseln rund 300`000 Angestellte in der Schweiz jährlich die Stelle. Dies bedeutet aus rein rechnerischer Sicht, dass die komplette schweizerische Erwerbsbevölkerung in knapp einem Jahrzehnt einmal ausgetauscht wird (Henneberger & Souza-Posa, 2007[2] ). Diese Zahl veranschaulicht sehr schön, dass Fluktuation nach wie vor ein betriebliches Dauerthema ist. Das grosse Interesse an Fluktuation rührt daher, dass vor allem das freiwillige Verlassen eines wertvollen Mitarbeiters mit hohen Kosten sowie Produktivitätseinbussen verbunden ist und mittelfristig den Unternehmenserfolg gefährden kann (Griffeth & Hom, 2001; Tziner & Berati, 1996[3] ). Insbesondere in Zeiten des verschärften Wettbewerbs, in welchem das Humankapital eines Betriebs zunehmend einen wichtigen Wettbewerbsvorteil darstellt, rückt die erfolgreiche Bindung der Mitarbeiter an ein Unternehmen ins Zentrum des Interesses. Auch historische und gesellschaftliche Veränderungen wie zum Beispiel der massive Geburtenrückgang – und die damit einhergehende Austrocknung des Arbeitsmarktes an qualifizierten Arbeitskräften – oder der zunehmende Drang nach Selbstverwirklichung, verringern verstärkt die Loyalität zu einer Organisation (Cappelli, 2005; Ito & Brotheridge, 2005).

Auf der Suche nach der Frage, warum Mitarbeitende freiwillig ihre Stelle kündigen, führen Betriebe gelegentlich Austrittsinterviews durch. Diese sind jedoch recht unsystematisch angelegt und mit dem Mangel behaftet, dass die Ursachenzuschreibung nach einer vollzogenen Entscheidung oft sehr verzerrt ist (Baillod, 1992). Hinzu kommt, dass diese zum Teil auch durch den direkten Vorgesetzten durchgeführt werden, was eine ehrliche Antwort des Betroffenen – vor allem wenn der Vorgesetzte selbst das Problem darstellt – verhindert. Spezifische Rückschlüsse hinsichtlich der Wechselmotive sind somit oft ungenau und die abgeleiteten Massnahmen greifen oft zu kurz. So scheint die Identifikation zentraler Variablen, welche vor dem Entscheid erhoben werden und das Fluktuationsverhalten massgeblich vorhersagen, von hoher praktischer Relevanz zu sein (Baillod, 1992). Denn nur so ist das jeweilige Personalmanagement in der Lage, geeignete Interventionsmöglichkeiten zur Reduktion von Fluktuation zu definieren und gezielt (vor dem Austritt des Mitarbeitenden) einzusetzen, um den Unternehmenserfolg nachhaltig zu gewährleisten.

1.1 Problemstellung

Aufgrund dieser hohen praktischen Relevanz ist Fluktuation wohl eins der bedeutendsten Themen der arbeits- und organisationspsychologischen Forschung und geht insbesondere im angelsächsischen Raum auf eine lange Tradition zurück (Schmidt, 1996). So lag bereits vor knapp 30 Jahren die geschätzte Anzahl einschlägiger Publikationen zum Thema Fluktuation zwischen 1000 und 2000 Titeln (Muchinsky & Morrow, 1980; Steers & Mowday, 1981)[4]. In diesem Zusammenhang erstaunt es kaum, dass die ersten Erklärungsmodelle, was Fluktuation beeinflusst und wie diese zu Stande kommt, aus Nordamerika stammen (Berset, 2005). Ganz im Gegensatz dazu sind im deutschsprachigen Raum nur sehr wenige Studien veröffentlicht worden. Dies bewegte Semmer und Baillod (1993) dazu, die deutschsprachige Fluktuationsforschung als „Stiefkind der deutschsprachigen Arbeits- und Organisations-psychologie“ (S. 179) zu bezeichnen und eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema Fluktuation zu postulieren. Denn nach ihnen ist eine direkte Übertragung amerikanischer Ergebnisse in den deutschsprachigen Bereich auf Grund der unterschiedlichen gesellschaftlichen, ökonomischen Bedingungen sowie hinsichtlich theoretischer und methodischer Unterschiede nicht umstandslos möglich, was auch in neueren Untersuchungen bestätigt werden konnte[5]. Diesem Anspruch wurde bis zum heutigen Tag – bis auf wenige Ausnahmen – jedoch kaum Folge geleistet. Während die Studien von Baillod (1992) sowie die auf demselben Datensatz aufbauenden Nachfolgestudien (Semmer & Baillod, 1994; Semmer, Baillod, Stadler, & Gail, 1996; Semmer, Grob, Elfering, & Baillod, in Vorb.) nur ganz bestimmte Segmente des gesamtschweizerischen Arbeitsmarktes untersuchen, stellen andere reine Querschnittsanalysen dar (z.B. Sheldon, 1992; Weller, 2001). Weitere Studien im deutschsprachigen Raum betrachten des Weiteren nur Zusammenhänge zu spezifischen Bereichen (z.B. Schmidt, 1996; Schmidt & Daume, 1996). Ein erster Versuch zur Erstellung eines repräsentativen Bildes von den Arbeitsplatzwechseln im Schweizer Arbeitsmarkt, wurde anhand der oben erwähnten SAKE-Daten aus einer eher volkswirtschaftlichen Perspektive von Henneberger und Souza-Posa (2002, 2007) unternommen. Jedoch ist auch dieser mit dem Mangel behaftet, dass die Austrittsgründe eher retro- statt prospektiv[6] erfasst wurden. Dies erklärt möglicherweise auch, dass trotz grosser Prädiktorenmenge, ihr Modell nur 13% der Gesamtvarianz (also Fluktuation) erklären konnte (Henneberger & Souza-Posa, 2007).

Einen anderen Anlauf nahm Berset (2005), welcher in seiner Lizentiatsarbeit im Rahmen des Projekts AEQUAS („Arbeitserfahrungen und Lebensqualität in der Schweiz: Arbeit, Stress und Persönlichkeitsentwicklung“) anhand von Strukturgleichungsmodellen die Vorhersage von freiwilliger Kündigung bei über fünf verschiedenen Berufsgruppen und über zwei Messzeitpunkte untersuchte. Dabei schloss er arbeitsbezogene Einstellungen (Arbeits­zufriedenheit und organisationale Verbundenheit), Kündigungsabsicht, Arbeitsbedingungen (Job Stressoren, Job Ressourcen, Sozial Stressoren, Wertschätzung) sowie die Big Five-Persönlichkeitsvariablen in seine Modelle mit ein. Anhand der Ergebnisse konnte er zeigen, dass insbesondere das Rahmenmodell mit den arbeitsbezogenen Einstellungen sowie der Kündigungsabsicht in der Lage war, 77.1% der im Unternehmen Verbliebenen und 63.5% der Wechsler richtig vorherzusagen und 18% der Varianz in der Variable Fluktuation zu erklären. Dabei konnten beide Einstellungsmasse unabhängig voneinander einen signifikanten Beitrag zur Erklärung von freiwilliger Fluktuation leisten. Die allgemeine Gültigkeit liess sich zudem über alle Berufsgruppen, Sprachregionen sowie Geschlechter hinweg nachweisen, was für eine hohe Generalisierbarkeit des Modells spricht. Berset (2005) verfolgte dabei ein traditionelles Forschungsdesign, indem er zwischen Wechselnden („Leavers“) und den Verbliebenen („Stayers“) differenzierte.

Nach Semmer und Baillod (1994; vgl. Baillod, 1992) werden jedoch durch diese Dichotomisierung der Fluktuation potentiell sehr unterschiedliche Gruppen miteinander vermischt. So finden sich sowohl unter den „Stayers“ als auch unter den „Leavers“ verschiedene Gruppen von Beschäftigten, die sich hinsichtlich ihrer Einstellung gegenüber der Arbeit sowie der Organisation unterscheiden können. Beispielsweise kann ein Arbeitnehmer[7] – der aus traditioneller Organisationsperspektive zu den „Stayers“ gezählt wird – innerhalb desselben Betriebs gewechselt haben. Ein solcher Arbeitnehmer würde somit eher dem Profil eines „Leavers“ entsprechen. Auch bei den „Leavers“ wären unterschiedliche Berufsverläufe denkbar. So könnte beispielsweise ein Arbeitnehmer nicht nur in einen anderen Betrieb, sondern gleichzeitig auch den Beruf (und somit möglicherweise auch gleich in eine andere Branche) wechseln. So konnte zum Beispiel Parry (2008) anhand eines Pfadmodells mit zwei Messzeitpunkten (in einem Zeitraum von sechs Monaten) zeigen, dass sowohl die Arbeitszufriedenheit als auch die organisationale Verbundenheit zwar die Intention, einen zwischenbetrieblichen Stellenwechsel zu vollziehen, direkt zu erklären vermögen, sich bei den beabsichtigten freiwilligen Berufswechseln jedoch nur die organisationale Verbundenheit als direkter signifikanter Prädiktor erwies. Somit scheint das von Berset (2005) untersuchte Rahmenmodell hinsichtlich der verschiedenen Berufsverläufe zu variieren, was dessen Generalisierbarkeit in Frage stellt.

Die vorliegende Arbeit soll nun genau hier anknüpfen, indem das erwähnte Rahmenmodell von Berset (2005), hinsichtlich der verschiedenen Berufsverläufe repliziert werden soll. Um die Aussagekraft des Modells zu erhöhen, wird in einem ersten Schritt eine weitere Messzeitwelle einbezogen, womit insgesamt drei Erhebungen analysiert werden. Das erste Zeitintervall umfasst zwei Jahre (dasselbe wie bei Berset (2005)), während die darauffolgende neueste Messwelle sechs Jahre umfasst. Eine erfolgreiche Replikation dieses Modells über einen solchen Zeitspielraum, sowie die anschliessende Moderationsanalyse hinsichtlich der unterschiedlichen Berufsverläufe, würde dessen Generalisierbarkeit beträchtlich erhöhen.

1.2 Ziele der Untersuchung

(1) Deskriptive Analyse

Um wichtige Hinweise für weitere Forschungsfragen generieren zu können, sollen in einem ersten Schritt die Ergebnisse bzw. das Wechselverhalten der Untersuchungspopulation mittels einer empirisch-deskriptiven Analyse beschrieben werden. Hier interessieren beispielsweise Fragen, wie der prozentuale Anteil an freiwilligen versus unfreiwilligen Kündigungen ausfällt, oder wie häufig Personen gleichzeitig ihren Beruf wechseln. Als Vergleich dienen diejenigen, welche im Unternehmen geblieben sind, d.h. immer noch dieselbe Stelle innehaben oder nur innerhalb der Organisation gewechselt haben. Auch das Fluktuations­verhalten pro Branche, kündigen Köche zum Beispiel eher ihre Stelle als Elektromonteure, soll beschrieben werden.

Ein weiteres Ziel dieser deskriptiven Analyse ist die durchschnittliche Merkmalsstruktur einer Person, welche die Stelle (unfreiwillig oder freiwillig), den Beruf oder intern wechselt, zu skizzieren. Dabei wird beispielsweise auf folgende Fragen eingegangen; Welches Alter ist besonders kritisch für einen Wechsel bzw. Kündigung? Wechseln eher Männer oder Frauen ihre Stelle bzw. Beruf? Wie sieht es mit den familiären Verpflichtungen (Anzahl Kinder, Zivilstand etc.) aus oder über welches Ausbildungsniveau verfügen die Stellen- bzw. Berufswechsler?

(2) Replikation und Erweiterung

Ein weiteres wichtiges Ziel dieser Arbeit ist es, die Ergebnisse von Berset (2005) unter Einbezug der letzten AEQUAS-Welle zu replizieren und zu erweitern. Dabei interessiert insbesonders sein Kernmodell mit arbeitsbezogenen Einstellungen (Arbeitszufriedenheit und organisationale Verbundenheit) sowie Kündigungsabsicht, welches auf das von Baillod (1992) entwickelte und in empirischen Studien bestätigte (Baillod & Semmer, 1994; Semmer et al., 1996; Semmer et al., in Vorb.) Rahmenmodell zurückgeht. Dabei soll untersucht werden, ob sich dieses Kernmodell auch unter Einbezug einer weiteren Erhebungswelle – mit einem Zeitabstand von sechs Jahren – hinsichtlich des Sprachraums und des Geschlechts in der Lage ist, das Fluktuationsverhalten über einen Zeitraum von insgesamt acht Jahren (alle drei Messzeitpunkte) signifikant vorherzusagen. Dabei sollen auch die positiven Konsequen­zen des Fluktuationsverhaltens für die Wechselnden repliziert werden.

(3) Fluktuation als Aspekt einer beruflichen Laufbahn bzw. als spezifischer Berufsverlauf

In Anlehnung an die Arbeiten von Baillod (1992) sowie Baillod und Semmer (1993, 1994) soll abschliessend das Kernmodell von Berset (2005) hinsichtlich unterschiedlicher Laufbah­nen untersucht und anderen Berufsverläufen gegenübergestellt werden.

Dabei interessiert die Frage, ob die Kernvariablen (Arbeitszufriedenheit und organisationale Verbundenheit) von Berset (2005) auch für andere Berufsverläufe Gültigkeit haben oder ob diese nur auf die traditionellen Wechseltypen angewendet werden können. So ist es ein Ziel dieser Arbeit, das dichotome Bild von Fluktuation (Stayers vs. Leavers) aufzubrechen und eine differenziertere Betrachtungsweise des Phänomens Fluktuation einzunehmen.

1.3 Nützlichkeit der Untersuchung

(1) Wissenschaftlicher Nutzen

Eine erfolgreiche Replikation des Kernmodells von Berset (2005) erlaubt einerseits Rückschlüsse, ob dieses Rahmenmodell der Fluktuation empirisch sowie über einen längeren Zeitraum Sinn macht und ob es hinsichtlich der verschiedenen Berufsverläufe generell gültig ist. So wurde bisher kaum untersucht, ob dieses Kernmodell auch freiwillige Berufswechsel vorhersagen kann, was einen theoretischen Wissenszuwachs bedeuten würde. In Bezug auf die Kernvariablen, Arbeitszufriedenheit und organisationale Verbundenheit, ist der erwartete theoretische Nutzen eher gering, wobei eine erfolgreiche Replikation eine Bestätigung der bisherigen Erkenntnisse bedeuten würde. Mittels der deskriptiven Analyse könnten jedoch wichtige Hinweise für weitere Forschungsfragen generiert werden.

(2) Praktischer Nutzen

Aus praktischer Sicht machen allfällige Identifikationen von vorgelagerten Schlüsselfaktoren, wie Arbeitszufriedenheit sowie organisationale Verbundenheit, welche den Kündigungsent­scheid massgeblich beeinflussen, durchaus Sinn. So können frühzeitig Interventions­möglichkeiten definiert werden, wie diese erhöht, sowie die Fluktuationsrate und die damit verbundenen Kosten gesenkt werden können. Für Berufsverbände, welche höhere Abgangs­quoten verzeichnen und zunehmend mit Personalengpässen konfrontiert sind, können damit wichtige Anhaltspunkte zur Verbesserung der Situation gewonnen werden. Je geringer dabei die Anzahl der zu erhebenden Variablen ausfällt, desto unkomplizierter und effizienter können Personalbefragungen und daraus abgeleitete Massnahmen durchgeführt werden.

Des Weiteren kann die deskriptive Analyse hilfreich sein, indem die jeweilige Personal­abteilung sowie weitere Betriebsakteure hinsichtlich der verschiedenen soziodemographi­schen Variablen (Alter, Geschlecht, Anzahl Kinder, Zivilstand etc.) im Zusammenhang mit Fluktuation sensibilisiert werden.

1.4 Aufbau der Arbeit

Das folgende Kapitel widmet sich der Theorie sowie dem Stand der Forschung zur Thematik Fluktuation. In einem ersten Schritt werden die für diese Arbeit relevanten Konstrukte definiert und näher beleuchtet. Dabei wird zuerst der Begriff Fluktuation abgegrenzt, was in Anbetracht des Untersuchungsdesigns bzw. der verschiedenen zu untersuchenden Subgruppen ausführlich ausfällt. Aufgrund der hohen Relevanz widmet sich dieser Abschnitt auch möglichen Auswirkungen von Fluktuation. Dabei interessieren insbesondere die Konsequenzen aus Sicht des Austretenden. In der Folge wird auf die Frage eingegangen, warum Menschen kündigen, was zu den verschiedenen Prädiktoren von Fluktuation, insbesondere zur Arbeitszufriedenheit, organisationalen Verbundenheit sowie zur Kündi­gungsabsicht führt. Auch objektive sowie soziodemographische Variablen werden in Bezug auf die deskriptive Analyse behandelt. Dabei werden die aktuellen und relevanten Forschungsergebnisse zu den entsprechenden Korrelaten aufgeführt. In Abschnitt 2.3 steht die Frage, wie Menschen kündigen, im Zentrum. In diesem Zusammenhang wird zuerst ein theoretisches Rahmenmodell vorgestellt und anschliessend mögliche Wirkmechanismen zwischen den einzelnen Variablen beschrieben. Eine ausführliche und detaillierte Abhandlung aller bestehenden Prozessmodelle würde den Rahmen dieser Lizentiatsarbeit sprengen, deshalb wird der Fokus auf die Studien gelegt, welche bei der Entstehung des zu untersuchenden Kernmodells von Berset (2005) beteiligt waren.

In einem weiteren Schritt werden in Kapitel 3 die Fragestellungen sowie die Hypothesen vorgestellt. Kapitel 4 erörtert die methodischen Aspekte, die statistischen Verfahren (Struktur­gleichungsmodelle), die Operationalisierung der einbezogenen Variablen sowie die Stichpro­ben. Anschliessend werden in Kapitel 5 die Resultate und Ergebnisse sowohl der Deskriptiv-Statistik als auch der Strukturgleichungsmodelle über die drei verschiedenen Messzeitpunkte dargestellt und in Kapitel 6 diskutiert. Im letzten Kapitel werden die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst und im Hinblick auf die kritischen Punkte dieser Studie sowie auf zukünftige Forschungsanstrengungen analysiert.

2 Theorie und Stand der Forschung

2.1 Begriffsbestimmung der Fluktuation

Aus etymologischer Sicht bedeutet Fluktuation ganz allgemein „Schwankung“ (Sabathil, 1977, S. 5), was in der Arbeitswelt als Schwankung des Personalbestandes verstanden werden kann (Berset, 2005)[8]. In einem übertragenen Sinn kann Fluktuation auch als wichtiger Indikator für die Qualität der Arbeit angesehen werden (Baillod und Semmer, 1994), was möglicherweise auch die in der Praxis übliche negative Konnotation des Begriffs – in Form eines Euphemismus für schlechte Arbeitsbedingungen in einer Unternehmung – erklärt. Nach Moser und Schmoock (2006) hingegen ist Fluktuation ein Hinweis dafür, dass die Sozialisation bzw. Sozialisierung eines Mitarbeiters[9] – entweder aus Sicht des Unternehmens (freiwillige Kündigung) oder aus Sicht beider Parteien (unfreiwillige Kündigung) – gescheitert ist. In der Praxis wird Fluktuation des Öfteren auch als Kurzform des Begriffs Fluktuationsrate verstanden. Diese misst die Veränderung pro Zeiteinheit bzw. Abrechnungszeitraum und bildet somit die Fluktuationshäufigkeit periodisch ab[10].

Auch in der Forschung wird der Begriff Fluktuation sowohl in der Theorie als auch hinsichtlich der Operationalisierung sehr unterschiedlich verwendet. So existieren nebst sehr weit gefassten Definitionen auch engere Beschreibungen, wobei grundsätzlich zwischen zwei Stufen (Fluktuation im weiteren versus Fluktuation im engeren Sinn bzw. die eigentliche Fluktuation) unterschieden wird (Baillod, 1992).

Der weiter gefasste Begriff von Fluktuation umfasst dabei sämtliche Arbeitsplätze mit längerfristigen Veränderungen (Frey, 1981) oder sämtliche Personalbewegungen in Organisa­tionen (Tinar, 1986). Letztere werden in zwei bzw. drei Formen unterteilt:

1. Innerbetriebliche (intraorganisationale) Stellenwechsel: Diese können hinsichtlich ihrer Veränderungen im Rahmen einer Laufbahn einen Aufstieg, eine Versetzung auf gleichem beruflichem Niveau, aber mit veränderten Aufgaben („Umsteigen“), oder einen Abstieg, also eine berufliche Dequalifizierung, darstellen (Baillod, 1992). Der inner­betriebliche Stellenwechsel stellt jedoch nach der Definition von Price (1977), wie bei Mobley (1982), keine Fluktuation dar, da keine Bewegung über die Grenzen einer Organisation bzw. keine Beendigung des Arbeitsverhältnisses stattfindet. Hinsichtlich der anfallenden Kosten ist diese Unterscheidung zwischen innerbetrieblichen Wechseln und Fluktuation durchaus sinnvoll (vgl. Anhang A-1; Exkurs: Konsequenzen von Fluktua­tion). Gewisse Studien deuten jedoch darauf hin, dass interne Stellenwechsel hinsichtlich der Determinanten als ein partielles Substitut der Fluktuation angesehen werden können und durchaus prüfenswert erscheinen (Semmer et al., 1996; Semmer et al., in Vorb.).

2. Zwischenbetriebliche (interorganisationale) Stellenwechsel: Diese lassen sich weiter in Personalzugänge und Personalabgänge differenzieren (vgl. Sabathil, 1977). Unter Perso­nalzugänge werden all diejenigen Beschäftigten gerechnet, die neu ins Erwerbsleben eintreten, solche, die einen Wiedereinstieg ins Berufsleben vollziehen, und solche, die im Rahmen ihrer Laufbahn einen Betriebswechsel vornehmen (Baillod, 1992).

In der Regel werden jedoch die Personalzugänge nicht zur Fluktuation gerechnet (Baillod & Semmer, 1993). So beschränkt sich beispielsweise Baillod (1992) in seiner umfassenderen Definition von Fluktuation nur auf die Personalabgänge, die er als organisationsinitiierte, individuumsinitiierte sowie unvermeidbare Fluktuation bezeichnet. Gemäss dieser Beschrei­bung kann folglich auf einer untergelagerten Ebene zwischen folgenden Kriterien unterschie­den werden:

- Individuumsinitiierte (freiwillige) versus organisationsinitiierte (unfreiwillige) Fluktuation: Dieses Kriterium wird von vielen Autoren (z.B. Six und Kleinbeck, 1989) kritisch betrachtet, da der Übergang von freiwilliger über geförderte zu erzwungener Fluktuation fliessend und somit relativ schwierig zu erfassen ist (Baillod, 1992). In der Praxis, insbesondere in der Schweiz, wird den Beschäftigten nahegelegt zu kündigen, was in den Arbeitszeugnissen unter der Formulierung „Kündigung im gegenseitigen Einvernehmen“ umschrieben wird. Obschon der Grad der tatsächlichen Entscheidungs­autonomie bei einer freiwilligen Kündigung fraglich ist, wird weitgehend nur diese untersucht (Baillod, 1992; Price, 1977; Semmer & Baillod, 1993). Die organisations­initiierte Kündigung kann des Weiteren nach Iverson und Pullman (2000; in Anlehnung an Abelson (1987) und Campion (1991)) hinsichtlich der unterschiedlichen Determinan­ten in zwei Formen unterteilt werden; „dismissals“ versus „layoffs“ (S. 977). Unter „dismissal“ werden diejenigen Kündigungen verstanden, welche aufgrund mangelnder Leistung oder schlechtem Verhalten vom Arbeitgeber ausgesprochen werden. Im Gegensatz dazu beschreiben „layoffs“ diejenigen Entlassungen, welche wegen Restrukturierungen und Personalabbau erfolgen. Allgemein umfasst der Begriff Fluktuation in einem engeren Sinn die unfreiwilligen Austritte nicht.

- Vermeidbare versus unvermeidbare Fluktuation: Basierend auf den Erkenntnissen von Dalton, Krackhardt und Porter (1981) wird nach Baillod (1992) unterschieden zwischen Personen, die aus den „üblichen Kündigungsgründen“ (S. 14) wie zum Beispiel Arbeitsbedingungen, Bezahlung etc. freiwillig aus einer Organisation austreten, und denjenigen Personen, welche wegen Weiterbildung, Abschluss eines Projekts, Schwanger­schaften, familiären Verpflichtungen, Pensionierung, oder angeschlagener Gesundheit und Tod ihre Stelle wechseln bzw. ausscheiden. Obschon diese Austritte auch strukturell bedingt sein können (vgl. Nieder, 1981), wird in der engeren Definition auf diese verzichtet.

Des Weiteren wird Fluktuation auch hinsichtlich ihrer Funktionalität für die betroffene Organisation bewertet. Hierbei ist das Leistungsniveau des Fluktuierenden entscheidend. Verlässt beispielsweise ein Mitarbeiter mit einem geringeren Leistungsniveau eine Organisation, ist diese Form des Ausscheidens für das betroffene Unternehmen funktional (erwünscht). Kündigt hingegen ein Beschäftigter, den das Unternehmen behalten möchte, werden die Auswirkungen als dysfunktional (unerwünscht) bezeichnet. Somit gilt es die für ein Unternehmen dysfunktionale Fluktuation zu vermeiden, während die funktionale Fluktuation – nach gewissen Autoren – gefördert werden soll (Beadles, Lowery, Petty, & Ezell, 2000; Dalton & Todor, 1979; Hollenbeck & Williams, 1986). Inwiefern die Auswirkungen von Fluktuation auch positiv sein können, wird im Anhang A-1 in Form eines Exkurses näher beleuchtet. In diesem Zusammenhang scheint auch die Forderung von Sabathil (1977) durchaus nachvollziehbar, dass erst dann von Fluktuation gesprochen werden kann, wenn die Stelle wiederbesetzt wird, was die Kosten massgeblich beeinflusst. Auf den Aspekt der Funktionalität sowie der Wiederbesetzung wird beim Systematisierungsversuch von Baillod (1992) nicht näher eingegangen.

Obschon in vielen Untersuchungen nicht genau geklärt wird, was unter dem Begriff Fluktuation zu verstehen ist, wird in den meisten Studien die freiwillige Kündigung untersucht (vgl. Schoch, 1989). Auch Baillod (1992) geht bei der engeren Begriffsdefinition von Fluktuation von einem individuumsinitiierten bzw. freiwilligen Stellenwechsel aus.

Nach ihm wird diese spezifische Form von Personalbewegung (vgl. Tinar, 1986) im Rahmen von berufsbiographischen Verläufen nach der Richtung des Ausstiegs unterteilt: Fluktuation in eine andere Organisation, Fluktuation zu Selbstständigkeit, mit dem Ziel, eine eigene Firma zu gründen sowie Ausstieg bzw. Aussetzen. Jedoch haben mehr als die Hälfte der freiwillig Austretenden in der Schweiz zwischen 2004 und 2005 gleichzeitig auch einen Branchen- bzw. Berufswechsel vollzogen (BFS, 2005, zitiert nach Henneberger & Souza-Posa, 2007). In Anbetracht der wirtschaftlichen Auswirkungen für eine Branche (Know-How-Abfluss, Arbeitskräfteknappheit etc.) sowie hinsichtlich der möglichen unterschiedlichen Determinanten eines Berufswechsels erstaunt es, dass diese Form von Personalbewegung im Klassifikationsversuch von Baillod (1992) nicht genauer ausgewiesen wurde.

Da in dieser Arbeit auch die freiwilligen Berufswechsel näher untersucht werden, wird die Klassifikation von Baillod (1992) erweitert. Ansonsten wird dieselbe Einteilung bzw. Begriffsdefinition übernommen, welche in Abbildung 1 dargestellt ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1. Fluktuation als spezifische Form der Personalbewegung in Anlehnung an Baillod (1992, S. 20)

Obwohl in der Forschung weitgehend die freiwilligen Austritte aus organisationaler Sicht interessieren, sollen in dieser Arbeit weitere Personalbewegungen untersucht und miteinander verglichen werden. Anhand dieser Vergleiche erhält man möglicherweise ein differenzierteres Bild von Fluktuation bzw. des Wechselverhaltens und läuft weniger Gefahr, verschiedene Motive und Ursachen miteinander zu vermischen.

Um dies zu erreichen, werden in der ersten Fragestellung auf der obersten Stufe sämtliche Personalabgänge (ohne unvermeidbare Fluktuation) sowie die innerbetrieblichen Stellen­wechsel aus einer eher objektiven Sicht deskriptiv beschrieben (vgl. Abbildung 1). Diese werden auch hinsichtlich soziodemographischer Merkmale (Alter, Ausbildung etc.) näher beleuchtet. Aufgrund des begrenzten Rahmens dieser Arbeit wird dabei der Fokus auf bestimmte Berufsverläufe bzw. spezifische Formen der Fluktuation gelegt: Innerbetriebliche Stellenwechsel, Fluktuation in eine andere Organisation sowie in einen anderen Beruf und die organisationsinitiierte Fluktuation. Abschliessend wird versucht, das Kernmodell von Berset (2005) anhand der individuumsinitiierten Fluktuation zu replizieren (Fragestellung 2) und hinsichtlich dessen Allgemeingültigkeit für die erwähnten Berufsverläufe überprüft (Fragestellung 3). Da die Stichprobe zur organisationsinitiierten Fluktuation für eine statistische Überprüfung zu klein ist, wird diese für die beiden letzten Fragestellungen ausgeschlossen. Die verschiedenen Laufbahnen werden (falls vorhanden) auch in den nachfolgenden theoretischen Abhandlungen berücksichtigt bzw. thematisiert.

2.1.1 Individueller Nutzen von Fluktuation

Da in dieser Arbeit insbesondere der individuelle Nutzen von Fluktuation für die Wechselenden im Zentrum steht, wird hier auf eine ausführliche Abhandlung der Auswirkungen von Fluktuation für ein Unternehmen oder eine Branche verzichtet. Aufgrund der hohen Relevanz werden diese jedoch in Form eines Exkurses im Anhang A-1 ausführlich beschrieben. Dabei wird sowohl auf direkte als auch indirekte Kosten von Fluktuation sowie auf mögliche Berechnungsprobleme eingegangen.

Die Untersuchung der direkten Konsequenzen von Fluktuation für die Wechselnden wurde aufgrund methodischer Probleme[11] häufig vernachlässigt. So sind die Wechselnden zwar mit Aufwendungen in Form von Such-, Einarbeitungs-, Verhandlungs-, Umzugs- und Umstellungskosten konfrontiert, welche im Vergleich zu den negativen Konsequenzen der Fluktuation für ein Unternehmen oder einer Branche aber um ein Vielfaches tiefer ausfallen (Baillod & Semmer, 1994; Semmer et al., in Vorb.).

Berset (2005) beispielsweise zeigte anhand seiner AEQUAS-Studie, dass bei freiwillig Wechselnden die Arbeitszufriedenheit sowie die organisationale Verbundenheit verglichen mit den Nichtwechslern stärker zunahmen, während sich die sozialen Stressoren sowie arbeitsorganisatorischen Probleme verminderten. Dies veranlasste ihn zur Aussage, dass sich freiwillige Betriebswechsel für die Betroffenen im Allgemeinen lohnen, denn schliesslich hat der Mitarbeiter seinen ehemaligen Arbeitsplatz gerade deshalb verlassen, weil die neue Arbeitsstelle vielseitige Verbesserungen versprach (Semmer et al., in Vorb.).

Positive Auswirkungen sind nicht nur bei der zwischenbetrieblichen Fluktuation bekannt, sondern werden auch bei innerbetrieblichen Stellenwechseln – zumindest in der Tendenz – bestätigt (Gutknecht, 2006; Wright & Bonett, 1992). Des Weiteren haben Semmer et al. (1996) mittels einer Follow-up-Studie gezeigt, dass nach einem Wechsel die allgemeine Arbeitszufriedenheit zuerst rasch anstieg, wieder sank, jedoch immer noch weit höher lag, als in der Ausgangssituation. Somit ist die Zunahme von fluktuationskritischen Variablen nicht einfach auf eine Art „honeymoon-effect“ (Boswell, Boudreau, & Tichy, 2005, S. 883) zurückzuführen (Semmer et al., 1996; vgl. Berset, 2005; Boswell, Shipp, Payne, & Culbertson, 2009; Semmer et al., in Vorb.)[12].

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die negativen Auswirkungen für ein Unternehmen oder für eine Branche überwiegen (vgl. Anhang A-1), während sich eine Kündigung aus Sicht des Individuums durchaus lohnen kann. Folglich ist es im Interesse der Organisationen sowie der Branchenverbände, herauszufinden, wie Fluktuation zu Stande kommt und welche Kernvariablen diese beeinflussen, was im nachfolgenden Abschnitt näher behandelt wird.

2.2 Prädiktoren von Fluktuation – warum kündigen Menschen?

Auf der Suche nach einer geeigneten Antwort, warum Menschen freiwillig kündigen, wurde eine Vielzahl von Antezedenten und Korrelaten der Fluktuation untersucht. Während sich die meisten Autoren auf einzelne Aspekte konzentrieren (z.B. Abraham, Friedman, & Thomas, 2008; Cheng & Chan, 2008; Chiaburu & Harrison, 2009; Cooper-Hakim & Viswesvaran, 2005; Hom, Roberson, & Ellis, 2008; Mathieu & Zajac, 1990; Meyer, Stanley, Herscovitsch, & Topolnytsky, 2002; Mitchell, Holtom, Lee, Sablynski, & Erez, 2001; Podsakoff, LePine, & LePine, 2007) liegen auch einige Übersichtsarbeiten vor (z.B. Bluedorn, 1982; Griffeth, Hom, & Gaertner, 2000; Cotton, & Tuttle, 1986; Lucas, Parasuraman, Davis, & Ennis, 1987; Maertz & Campion; 2004; Maertz & Griffeth, 2004; Muchinsky & Tuttle, 1979; Mobley, Griffeth, Hand, & Meglino, 1979; Mobley, 1982; Porter & Steers, 1973; Price, 1977; Sabathil, 1977).

Einen weiteren Klassifikationsversuch verfolgt beispielsweise Baillod (1992), welcher zwischen fünf verschiedenen Prädiktoren-Gruppen unterscheidet. Diese Klassifikation hat zum Ziel, die verschiedenen Korrelate und Antezedenten in Oberklassen zusammenzufassen und eignet sich daher gut für die vorliegende Untersuchung. Im folgenden Abschnitt werden jedoch nur diejenigen Gruppen bzw. Konstrukte näher beleuchtet, welche auch für diese Untersuchung relevant sind. Dabei wird grundsätzlich – konform zur gängigen Fluktuations­forschung – von Fluktuation im engeren Sinn (freiwillig) ausgegangen und falls vorhanden, Ergebnisse in Bezug auf die weiteren Formen der Personalbewegung aufgeführt. Hier gilt es anzumerken, dass die Übersicht von Baillod (1992, S. 23ff.) nur als Klassifikationsrahmen dient, wobei auch neuere Befunde diskutiert bzw. einbezogen werden.

2.2.1 Objektive Faktoren der Umwelt

Unter objektiven Faktoren versteht Baillod (1992) Variablen, welche unabhängig von der subjektiven Einschätzung betrachtet werden. So ist die Beschäftigungslage bzw. die Arbeits­losenquote einer Volkswirtschaft wohl der beste einzelne objektive Prädiktor von Fluktuation (Baillod, 1992; vgl. Muchinsky & Morrow, 1980). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Arbeitgeber in Zeiten der Rezession eher zu organisationsinitiierten Kündigungen greifen und in wirtschaftlichen Boomjahren kaum Entlassungen aussprechen. Eher gegensätzlich verhält sich der Arbeitnehmer. In diesem Zusammenhang zeigen Henneberger und Sousa-Poza (2007) anhand der SAKE-Daten, dass die geringen Schwankungen der gesamten Fluktuationsrate den Änderungen der Wachstumsraten des realen Bruttoinlandprodukts der Schweiz (BIP) folgen. So war mitten in der Wirtschaftskrise in den Jahren 1997[13] und 2004 mit 19% bzw. 20% die höchsten organisationsinitiierten Kündiungsquoten zu verzeichnen. Umgekehrt sank während des Aufschwungs im Jahr 2001 die Entlassungsrate auf 7%.

Das Gros der Wechselfälle wird jedoch durch die freiwillige Kündigung bestimmt, welche zwischen 41% und 63% variiert. Dies zeigt die relativ starke Macht der Arbeitnehmenden, was sich auch in der hohen empfundenen Arbeitsplatzsicherheit der Schweizer Arbeitnehmer widerspiegelt.[14]

In Bezug auf die einzelnen Branchen lässt sich festhalten, dass die Fluktuationsrate[15] im Dienstleistungs- gegenüber dem industriellen Sektor im Durschnitt höher ausfällt. Werden diejenigen Berufsbereiche betrachtet, welche auch in dieser Arbeit untersucht werden, zeigen die Ergebnisse von Henneberger und Souza-Posa (2007), dass sich die höchsten Fluktuations­raten im Gastgewerbe (17.9 %), gefolgt vom Handel bzw. Verkauf (11.3%) sowie in der Kredit- und Versicherungsbranche (10.3%), manifestieren. Im Gesundheits- und Sozialwesen (9.2%), in der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (8.9%) sind tiefere Wechselfälle zu konstatieren. Mittels Regressionsanalyse zeigen die beiden Autoren hinsichtlich der tat­sächlichen sowie potentiellen Stellenwechsel[16], dass die Branchenarbeitslosenquote einen signifikant negativen Einfluss auf die Wechselwahrscheinlichkeit hat.

Hier gilt es zu beachten, dass die aufgeführten SAKE-Erhebungen aggregierte Daten enthalten, welche möglicherweise die individuellen Hintergründe eines Stellenwechsels nur sehr schwierig vorhersagen (vgl. Baillod, 1992; Cotton & Tuttle, 1986). Auch Henneberger und Souza-Posa (2007) weisen wegen der wenig erklärten Varianz ihrer Regressionsmodelle[17] darauf hin, dass potentielle Stellenwechsel häufig auf andere, nicht oder nur schwer erfassbare Gründe zurückgehen.

Weitere objektive Faktoren können nach Baillod (1992) die Betriebsgrösse, die Beschäftigtengruppen („einfache Arbeiter“ vs. „höhere Angestellte“), die Bezahlung, Auf­stiegsmöglichkeiten, „objektive“ Arbeitsinhalte (z.B. Routinisierung einer Tätigkeit), Arbeits­gruppen oder andere organisationale Variablen (z.B. Zentralisierung) sein. In Bezug auf die Entlöhnung eines Mitarbeiters scheint interessanterweise weniger die absolute Höhe des Lohns als die empfundene Gerechtigkeit zwischen der Bezahlung und der erbrachten Leistung Einfluss auf Fluktuation zu haben (Baillod, 1992; Currall, Towler, Judge, & Kohn, 2005; Griffeth et al., 2000). Die Ergebnisse von Henneberger und Souza-Posa (2007) weisen darauf hin, dass zumindest auf einem aggregiertem Niveau ein starker Zusammenhang zwischen Lohnniveau und Fluktuation festgestellt werden kann (vgl. Mobley, 1982)[18].

2.2.2 Soziodemographische Faktoren

In der Literatur werden in Bezug auf soziodemographische Variablen (wie z.B. Alter, Ausbildung, Geschlecht, Zivilstand, Betriebszugehörigkeit oder Anzahl Kinder) als mögliche Prädiktoren der Fluktuation sehr unterschiedliche und zum Teil widersprüchliche Befunde berichtet.

(1) Das Alter

Einer der meist untersuchten soziodemographischen Faktoren in der Fluktuationsforschung ist das Alter (Baillod, 1992). Obschon Mitarbeiter über vierzig Jahren in gewissen (v.a. westlichen) Ländern rechtlich geschützt sind, haben sie bei einer Kündigung vergleichsweise schwierigere Bedingungen, wieder eine Anstellung zu finden (Weiss & Maurer, 2004). Jüngere Menschen hingegen scheinen wegen geringeren familiären Verpflichtungen und der vielfältigen Möglichkeiten und Stellenangebote auf dem Arbeitsmarkt beruflich mobiler zu agieren (Mobley, 1982; vgl. Baillod, 1992). Wie diverse Studien zeigen, können jüngere Menschen besser abschätzen, ob die neue Organisation ihnen Möglichkeiten bietet, damit sie ihre Fähigkeiten weiterentwickeln und einbringen können (Fingeold, Mohrman, & Spreitzer, 2002; Rowe & Snizek, 1995). Dass jüngere Leute eher ihre Stelle kündigen und ein neues Jobangebot annehmen, ist möglicherweise mit der jugendlichen Experimentierfreudigkeit zu erklären. Im Vergleich zu älteren Personen haben jüngere Arbeitnehmer aber grössere Schwierigkeiten, ihre beruflichen Ziele zu definieren und sich die allfällige Arbeitstätigkeit adäquat vorzustellen (Dunegan, 1993; Mobley, 1982; vgl. Semmer & Baillod, 1993). So probieren sie vermutlich durch unterschiedliche Tätigkeiten einen für sie passenden Job zu finden und sehen in dieser Phase ihres Lebens gewisse Stellen nur als Abschnitt in ihrer beruflichen Entwicklung (vgl. Semmer & Baillod, 1993; Semmer & Schallberger, 1996).

Eine Antwort auf die Frage, welches Alter für Fluktuation besonders kritisch ist, ergibt sich möglicherweise aus dem Zusammenhang mit der Arbeitszufriedenheit, welche einer der Schlüsselfaktoren für Fluktuation ist. Schulte (2006) zeigte in seiner Studie mit aufwendigen Berechnungen, dass der Zusammenhang zwischen Alter und Arbeitszufriedenheit eher u-förmig als linear verläuft. Die 25- bis unter 30-jährigen Personen sind durchschnittlich eher zufrieden, während bei den 30- bis 50-jährigen eine Regression festzustellen ist. Der Tiefpunkt der u-förmigen Funktion wird bei 31,4 Jahren erreicht (vgl. Herzberg, Mausner, Peterson, & Capwell, 1957; Hochwarter, Ferris, & Perrewé, 2001). Nach dem 50. und insbesondere nach dem 55. Lebensjahr scheint die Arbeitszufriedenheit sprunghaft anzusteigen. Schulte (2006) führt dies auf eine Abnahme der extrinsischen Orientierung zurück (ältere Menschen stehen in der Regel finanziell besser da und neigen somit weniger zu Wettbewerbsdenken)[19].

Trotz der Vermutung, dass ein starker negativer Zusammenhang zwischen dem Alter einer Person und der (freiwilligen) Wechselwahrscheinlichkeit besteht (vgl. Cotton & Tuttle, 1986; Mobley, 1982; Mobley et al., 1979; Somers, 1996) ist hinsichtlich der empirischen Ergebnisse eine gewisse Varianz festzustellen. Healy, Feldman und McDaniel (1995) berichten in ihrer Metaanalyse (basierend auf Publikation zwischen 1959 und 1995[20] ) von einer durchschnittlichen Korrelation (rc [21] )zwischen Alter und Fluktuation von -.08. Auch Griffeth et al. (2000), welche in ihrer Metaanalyse nebst anderen soziodemographischen Variablen die Beziehung zwischen Alter und Fluktuation[22] untersuchten, fanden ähnliche Resultate (rc = -.09) und kamen wie Healy et al. (1995) zum Schluss, dass das Alter keinen bedeutsamen Einfluss auf den Fluktuationsentscheid hat.

Baillod (1992) fand wie Griffeth et al. (2000) einen nicht signifikanten Zusammenhang zwischen Alter und Fluktuation von -.10, konnte jedoch in seinem Pfadmodell zeigen, dass das Alter vermittelt über arbeitsbezogene Einstellungen (insbesondere organisationale Verbundenheit) einen indirekten Einfluss auf den Fluktuationsentscheid ausübt (vgl. Kapitel 2.2.3 sowie Kapitel 2.3.2). Des Weiteren konnten auch Thomas und Feldman (2009) anhand einer neuen Metaanalyse[23] belegen, dass die Beziehung zwischen Alter und Fluktuation in der Tat stärker zu sein scheint (rc = -.14, p < .05) und grundsätzlich von einem bedeutsamen negativen Zusammenhang ausgegangen werden kann[24].

Ein möglicher Grund für die Varianz könnte darin bestehen, dass in den Studien nicht zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Kündigung unterschieden wurde. Iverson und Pullman (2000) fanden in Bezug auf Restrukturierungen („layoffs“) einen positiven statt negativen Zusammenhang. Die Autoren folgerten, dass ältere Mitarbeiter zum Beispiel aufgrund ihrer hohen Sozial- und Lohnkosten eher entlassen werden als jüngere Mitarbeiter (vgl. Barrick, Mount, & Strauss, 1994).

(2) Weitere soziodemographische Variablen

Weitere soziodemographische Variablen scheinen eher einen moderierenden als einen eigenständigen Einfluss auf das Fluktuationsverhalten auszuüben, was möglicherweise auch – ausser bezüglich der Betriebszugehörigkeit – die geringen sowie widersprüchlichen Befunde in der Forschung erklären (vgl. Baillod, 1992; Griffeth et al., 2000). In diesem Zusammenhang fanden beispielsweise Thomas und Feldman (2009), dass der Zusammenhang zwischen Alter und Fluktuation verstärkt wird, wenn die Stichprobe mehr rassische Minderheiten enthielt (rc = -.16), wenn die Betriebszugehörigkeit länger war (rc = -.18) oder wenn das Ausbildungsniveau tiefer lag (rc = -.20; alle p < .05). Auch Griffteth et al. (2000) weisen darauf hin, dass zum Beispiel die Geschlechterverteilung, in Form von einer höheren Konzentration von Männern, die Beziehung zwischen Alter und Fluktuation moderiert, indem sie diese abschwächt. So bleiben Frauen mit zunehmendem Alter eher in einer Anstellung als Männer. Zu erklären ist dies mit den im Alter abnehmenden familiären Verpflichtungen (Kinderbetreuung, weniger Haushaltsarbeit etc.) einer Frau. Die Fluktuationswahrscheinlich­keit bei Männern verringert sich bei Vorhandensein schulpflichtiger Kinder signifikant, während Frauen aufgrund von Schwangerschaften und zunehmender Familiengrösse ihre Erwerbstätigkeit aufgeben (vgl. Porter & Steers, 1973; Royalty, 1998). Somit ist ein allfälliger Geschlechtseffekt in Bezug auf das Fluktuationsverhalten weniger auf das Geschlecht per se zurückzuführen, sondern auf die damit verbundene Rollenverteilung sowie weitere mit dem Geschlecht konfundierten Variablen (Lohnhöhe, Unterbeschäftigung gut ausgebildeter Frauen etc.; vgl. Baillod, 1992; Jo, 2008).

Zusammenfassend wird in Bezug auf die deskriptive Analyse tendenziell folgende Merkmalsstruktur eines Austretenden erwartet (vgl. Griffeth et al., 2000; Henneberger & Souza-Posa, 2007; Johnsrud, Heck, & Rosser, 2000; Viollier, 2006):

- jüngere Mitarbeiter (insbesondere bis zum 30. Lebensjahr),
- mit mittlerem Ausbildungsniveau,
- unverheiratet,
- ohne Kinder,
- sowie männlich

2.2.3 Arbeitsbezogene Einstellungen – Arbeitszufriedenheit und organisationale Verbundenheit

Arbeitszufriedenheit und organisationale Verbundenheit (englisch: commitment) sind zwei zentrale Konzepte der Arbeits- und Organisationspsychologie, mit denen Verhalten und Erleben in Organisationen beschrieben, erklärt und vorhergesagt werden sollen (Felfe & Six, 2006). Die zentrale Bedeutung der Einstellung gegenüber der Tätigkeit (Arbeitszufriedenheit) und gegenüber der Organisation (organisationale Verbundenheit) als Prädiktoren von Fluktuation werden durch die Befunde von Griffeth et al. (2000) unterstrichen, indem sie eine durchschnittliche, korrigierte Korrelation (rc) von -.22 (p < .05) für Arbeitszufriedenheit und -.27 (p < .05) für organisationale Verbundenheit fanden. Diese beiden Konstrukte sind nicht unerheblich miteinander verflochten, was sich in einer hohen Interkorrelation manifestiert (Cooper-Hakim & Viswesvaran, 2005)[25]. Auf die Fragen, wie und ob diese beiden Einstellungsformen hinsichtlich der unterschiedlichen Konsequenzen sowie Antezedenten zu trennen sind, welche Gemeinsamkeiten sie konzeptionell sowie empirisch aufweisen und wie sie sich gegenseitig bedingen, wird in den nachfolgenden Abschnitten eingegangen. Dabei interessiert insbesondere auch die Frage, wie sich diese Einstellungen über die Zeit entwickeln. In einem ersten Schritt werden jedoch die Begriffe zuerst einzeln abgegrenzt und definiert.

2.2.3.1 Arbeitszufriedenheit

Ob ein Mitarbeiter seine Stelle wechselt, hängt weniger von objektiven Faktoren ab, sondern von der Wahrnehmung und der damit einhergehenden subjektiven Beurteilung der Arbeitssituation (Semmer & Baillod, 1993). Somit ist die Arbeitszufriedenheit (AZ) nicht nur ein zentrales Konstrukt der Arbeits- und Organisationspsychologie, sondern auch der Fluktuationsforschung (Baillod, 1992; vgl. Berset, 2005). Dabei wird in der Regel von einem Korrelationskoeffizienten zwischen -.20 und -.40 ausgegangen (Baillod, 1992; Semmer & Baillod, 1993). Auch Berset (2005) fand – ähnlich wie Griffeth et al. (2000) – einen signifikanten Zusammenhang zwischen AZ und Fluktuation von -.18 (p < .05). Zudem berichten Henneberger und Souza-Posa (2007), dass knapp 40% der freiwilligen Kündigung zwischen 2004 und 2005 aufgrund von Unzufriedenheit resultierten.

Obschon sich das Konzept der AZ in den vergangenen Jahrzehnten einer grossen Popularität[26] erfreute und in vielen Untersuchungen empirisch bestätigt werden konnte, wurde es auch stark kritisiert. Frese (1990) beschreibt die Zufriedenheit als das „seichteste und mehrdeutigste aller Gefühle“ (S. 285) und schlägt vor, weniger diffuse Emotionen wie zum Beispiel Stolz, Arbeitsfreude oder ästhetische Gefühle zu untersuchen. Auch Neuberger (1984) titelt: „Wenn die Leute nachdenken würden, müssten sie feststellen, dass sie unglücklich sind.“

Diese Kritik ist einerseits auf die unglaubwürdig hohen Zufriedenheitsquoten zurückzuführen, welche den Sinn des Konstrukts AZ in Frage stellt. So geben Semmer und Udris (2004) an, dass in der Regel 70% bis 80% der Befragten sich als sehr – oder zumindest ziemlich – zufrieden bezeichnen, was die Erwartungen hinsichtlich gewisser persönlicher Schicksale weit übersteigt[27]. Weitere Forscher weisen darauf hin, dass das Konzept der AZ sowohl theoretisch als auch methodisch sehr unterschiedlich angewendet wird (Fischer, 1991; Neuberger, 1985; Semmer & Baillod, 1993; Weiss & Brief, 2001).

So kann die AZ als eine überdauernde, strukturierte und möglicherweise handlungsrele­vante Einstellung zur Arbeit definiert werden (Felfe, Six, & Schmook, 2005; Gutknecht, 2006; Spector, 1997). Dabei wird davon ausgegangen, dass es sich um eine sehr allgemeine Einstellung handelt, welche eine Art mentalen Mittelwert der Bewertungen der einzelnen Einstellungsobjekte (die Entlöhnung, Beziehung zum Vorgesetzten, Arbeitskollegen, Arbeitsinhalte etc.[28] ) darstellt (Ajzen, 1988).

Zum anderen wird die AZ als Emotion (wie bei Frese (1990)) oder auch als emotionale Reaktion verstanden. Locke (1976) beispielsweise betont die affektive Komponente der AZ, indem er diese als angenehmes Gefühl umschreibt, welches sich aus der Bewertung der eigenen Arbeit und der persönlichen Arbeitserlebnisse ergibt: „The achievement of one`s job values in the work situation results in the pleasurable emotional state known as job satisfaction“ (Locke & Henne, 1986, S. 21)[29]. Fischer und Belschak (2006) weisen darauf hin, dass für die Analyse der Zufriedenheit die affektive Dimension in Form einer subjektiven Evaluation (gut vs. schlecht) zentral ist. Werden Befragte gebeten, ihre allgemeine Zufriedenheit oder auch einzelne Aspekte ihrer Arbeit zu bewerten, werden jene nicht etwa fertige Meinungen oder Einstellungen aus dem Gedächtnis abrufen (wie es anfänglich in der Einstellungstheorie postuliert wurde), sondern bilden ihre Meinung häufig erst im Zusammenhang mit den Befragungen (Fischer & Belschak, 2006). Dieses Urteil kann aufgrund unterschiedlicher Einflussfaktoren verzerrt sein. So wäre denkbar, dass sich die Befragten an diejenigen Ereignisse erinnern, welche dieselbe emotionale Färbung des gegenwärtigen affektiven Status besitzen und somit leichter abgerufen werden können (Fischer & Belschak, 2006). Sobald sie glauben, über genügend Informationen für ein umfängliches Urteil zu verfügen, stoppen sie den Suchprozess.

Welche Konsequenzen sind nun aus derart unterschiedlichen Feststellungen zu ziehen, und wie ist die AZ nun zu definieren (Emotion vs. Einstellung) bzw. zu messen (global oder über die einzelnen Aspekte)? Allgemein gilt es festzuhalten, dass Urteile zur AZ – analog zur heutigen Einstellungsforschung – sowohl affektive als auch kognitive Komponenten umfassen (Six & Kleinbeck, 1989; Weiss & Cropanzano, 1996).

Nach Weiss und Cropanzano (1996) wird folglich Ersteres durch tatsächliche affektive Erlebnisse bei der Arbeit (Emotionen, Stimmungen) beeinflusst, während die kognitive Komponente der Arbeitszufriedenheit eher mittels eines Soll-Ist-Vergleichs (im Sinne von Bruggemann, Groskurth & Ulich (1975)) mit entsprechenden Standards (Werten, Zielen, Erwartungen) resultiert. Daraus folgern Weiss und Cropanzo (1996), dass sich die AZ und die affektiven Erlebnisse (Emotionen) zwar gegenseitig beeinflussen, jedoch eigenständige Konstrukte darstellen und auch unterschiedliche Konsequenzen haben können[30]. Dabei ist die AZ als relativ stabiles Einstellungsmass aufzufassen, welches auch durch die in der Einstellungsforschung gängigen und erwähnten Verzerrungstendenzen beeinflusst werden kann (vgl. Wegge und van Dick (2006) als Weiterführung der Theorie von Weiss und Cropanzano (1996)).

Inwiefern sich die affektive und kognitive Komponente der AZ gegenseitig beeinflussen – insbesondere in Bezug auf die Relation eines allgemeinen Urteils über die Arbeitszufrieden­heit und spezifischen Aspekten der Arbeit – wurde auch von Borg (2003) untersucht. Unter dem Begriff des „Sandwich-Modells“ (S. 1) wird gezeigt, dass sich die Zufriedenheit mit einer Dimension der Arbeit (z.B. die Bezahlung) als Kompromiss zwischen den Einstellungen zu den einzelnen Komponenten dieser Dimension (Gerechtigkeit, Höhe des Lohns etc.) und der allgemeinen AZ ergibt, welche wiederum als affektives Halo alle Zufriedenheitsurteile überstrahlt. Borg (2003) betont, dass dieses affektive Halo nicht als Verzerrung zu verstehen sei, sondern vielmehr den tatsächlich erlebten Einstellungen entspricht: „Die befragten Personen erleben ihre Zufriedenheit mehr oder weniger ganzheitlich und konstruieren jedenfalls diese Einstellungen nicht bewusst aus verschiedenen Komponenten.“ (S. 3). Auch in weiteren Untersuchungen lässt sich immer wieder ein dominanter und genereller Faktor AZ feststellen, der einen grossen Anteil der Gesamtvarianz zu erklären vermag (Gutknecht, 2006)[31].

In dieser Untersuchung wird die allgemeine AZ, welche als überdauernde Einstellung verstanden wird, untersucht. Qualitative Aspekte der Zufriedenheit, wie sie im „Zürcher Modell“ von Bruggemann et al. (1975) abgebildet sind, und die angesprochenen kognitiven Bewertungsprozesse bei der Entstehung von Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit ins Zentrum des Interesses rücken, werden in dieser Arbeit nicht behandelt[32].

2.2.3.2 Organisationale Verbundenheit

(1) Definition und Abgrenzung

Ein weiteres Einstellungsmass, welches im Zusammenhang mit Fluktuation (Cohen, 1993), fest in der organisationpsychologischen Forschung verankert ist, ist das Konstrukt der organisationalen Verbundenheit (englisch: organizational commitment). Allgemein wird die organisationale Verbundenheit (OV) – wie es der Begriff bereits sagt – als Verbundenheit, Verpflichtung, Identifikation und Loyalität gegenüber einer Organisation verstanden (Felfe, 2008). Diese allgemeine Auffassung macht ersichtlich, dass die OV beispielsweise als stabilisierende und verpflichtende Kraft aufgefasst werden kann, welche die Richtung des Verhaltens einer Person bestimmt und diese an mögliche Handlungsweisen bindet (Felfe & Six, 2006; Meyer & Herscovitch, 2001). Auch Mathieu und Zajac (1990) beschreiben die OV als psychologisches Band zwischen Mitarbeitern und der Organisation: „a bond or linking of the individual to the organization“ (S. 171). Nach Mowday, Porter und Steers (1982) wird dieses Band durch die Qualität der Beziehung charakterisiert (z.B. Nähe-Distanz, Wertschätzung), welche sich zwischen Mitarbeitendem und Organisation über die Zeit entwickelt.

Im Vergleich zur Loyalität, welche eher passiver Natur zu sein scheint, grenzt sich die OV dahingehend ab, dass sie eher eine aktive Beziehung darstellt (Felfe & Six, 2006; Mowday, Steers, & Porter, 1979). Verglichen mit dem Konzept der Identifikation scheint eine Abgrenzung hingegen etwas schwieriger. Wegge und van Dick (2006) sind der Auffassung, dass die Identifikation mit einem Unternehmen über die OV hinaus geht, indem es unter anderem – im Sinne der sozialen Identitätstheorie nach Tajfel und Turner (1986) – ein Gefühl der Einheit vermittelt und somit emotional tiefer verankert ist. Franke und Felfe (2008) konnten auch empirisch nachweisen, dass eine gewisse Überlappung zwischen OV und Identifikation festzustellen sei, aber grundsätzlich zwischen beiden Konstrukten unterschie­den werden sollte[33].

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die OV – analog zur AZ – als Einstellung gegenüber einer Organisation, welcher man angehört, verstanden werden kann, und sowohl eine kognitive als auch eine emotionale Komponente beinhaltet (Felfe, 2008). Semmer et al. (in Vorb.) betonen jedoch: „organizational commitment does not necessarily measure commitment to an „abstract“ organization; rather, it also contains commitments to specific groups within the organization, such as work teams, immediate supervisors, or top management (see Vandenberghe, Bentein, & Stinglhamber, 2004).” (S. 7). Somit wird die OV zu einem grossen Teil über die direkte Interaktion mit den Organisationsmitgliedern und derer Beziehungsqualität bestimmt. Zudem kann die OV weiter differenziert werden.

(2) Affektives, fortsetzungsbezogenes und normatives Commitment

Ein Ansatz, welcher die emotionale oder affektive Komponente in den Vordergrund stellt, geht auf Porter et al. (1974) zurück. Sie kennzeichnen die OV anhand dreier Faktoren:

1. Starke Akzeptanz und Identifikation mit den Werten und Zielen einer Organisation,
2. Bereitschaft, sich besonders für die Organisation einzusetzen,
3. sowie der Wunsch, weiterhin in der Organisation zu verbleiben (geringe Fluktuations­absicht; vgl. Mowday et al., 1982).

Eine zweite Entwicklungslinie, betont den kognitiven Aspekt (im Sinne eines Soll-Ist-Vergleichs) der OV, indem die Fortsetzung von Handlungen in den Mittelpunkt gestellt wird. Dabei werden Kosten-Nutzen-Abwägungen als mögliche Erklärungsansätze für die Bindung von Mitarbeitern an eine Organisation herangezogen (z.B. Becker, 1960; Hrbeniak & Alutto, 1972). Fallen beispielsweise die wahrgenommenen Kosten für einen Wechsel (weniger Lohn, Status, Überprüfung der Alternativen, bisherige Investitionen etc.) höher aus, bleibt der Betroffene im Unternehmen.

Die letzte Gruppe von Ansätzen fokussiert auf moralisch-ethische Aspekte, indem moralische Wertvorstellungen (Normen) für die Intensität und Aufrechterhaltung der Bindung an das Unternehmen betont werden (Wiener & Vardi, 1980).

Allen und Meyer (1990) fügten diese drei beschriebenen Forschungsrichtungen zu ihrem Three-Component Model of Commitment zusammen. Dabei unterscheiden sie zwischen affektiver (affective commtiment: AC), fortsetzungsbezogener (continuance commitment: CC) und normativer OV (normativ commitment: NC). In diesem Zusammenhang haben neuere Studien das postulierte Modell auch empirisch bestätigt und zeigen, dass eine solche Differenzierung hinsichtlich unterschiedlicher Antezedenten (persönliche Charakteristika, Rollen- und Arbeitsplatzmerkmale etc.) und Konsequenzen (Leistungsverhalten, organisationaler Bürgersinn, Fluktuation und Kündigungsabsicht etc.) – insbesondere die Abgrenzung zur CC[34] – durchaus sinnvoll ist (Cooper-Hakim & Viswesvaran, 2005; Meyer et al., 2002). Die affektive Verbundenheit scheint dabei eine zentrale Rolle zu spielen und weist durchwegs die stärksten Zusammenhänge auf (z.B. zur Fluktuationsabsicht: rc = -.56, p < .05; bei Meyer et al., 2002). Für die normative Verbundenheit wurden zwar ähnliche Korrelationsmuster gefunden, jedoch auf einem deutlich niedrigerem Niveau (Felfe & Six, 2006).

Obwohl diese Differenzierung Sinn macht, weisen Cooper-Hakim und Viswesvaran (2005) in ihrer Metaanlyse darauf hin[35], dass 84 der 94 berechneten Korrelationen positiv waren und konstatieren: „This positive manifold of correlations suggests that there is a common underlying psychological construct of work commitment (Morrow, 1993) across the various postulated commitment concepts.” (S. 251). Vor allem in Bezug auf den Zusammen­hang mit der Verbundenheit zu einem Beruf (BV: occupational commitment), scheint diese Schlussfolgerung relevant zu sein. So betrug die Korrelation (rc) zwischen AC und affektivem BV .61, zwischen CC und fortsetzungsbezogenem BV .67 und zwischen NC und normativer BV .93 (alle p < .05). Dies scheint auf eine hohe Überlappung beider Arten der Verbundenheit hinzuweisen (Berset, 2005).

Auch in dieser Arbeit wird ausschliesslich die affektive Facette von OV erfasst, welche zur Vorhersage von freiwilligen Stellen- als auch Berufswechseln herangezogen wird.

2.2.3.3 Der Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und organisationaler Verbundenheit – Gemeinsamkeiten und Unterschiede

(1) Gemeinsamkeiten

Wie dargelegt, sind die beiden Konstrukte organisationale Verbundenheit (OV) und die allgemeine Arbeitszufriedenheit (AZ) untereinander hoch korreliert. Mathieu und Zajac (1990) fanden eine durchschnittliche Korrelation (rc) von .53 (p < .05). Auch Cooper-Hakim und Viswesvaran (2005) berichten von einem ähnlichen, auf dem 5%-Niveau signifikanten Zusammenhangs (rc) von .59. Wird ausschliesslich auf die affektive Verbundenheit geschaut, fällt der Zusammenhang noch höher aus (rc = .65, p < .05, bei Meyer et al. (2002); rc = .60, p < .05, bei Cooper-Hakim und Viswesvaran (2005)). Nach Meyer (1997) hängt diese starke Korrelation insbesondere damit zusammen, dass die allgemeine Zufriedenheit auch Urteile zur Organisation selbst und zur Führung beinhaltet. Zudem weisen Meyer et al. (2002) darauf hin, dass die durchschnittlichen Zusammenhänge zwischen den spezifischen Facetten von AZ und der affektiven OV nicht unerheblich variieren. Dabei zeigen sich die höchsten Korrelationen zur Zufriedenheit mit der Arbeit selbst (rc = .63)[36], gefolgt von der Zufriedenheit mit der Führung (rc =.42) sowie zur Zufriedenheit mit den Aufstiegsmöglich­keiten (rc = .38), während der Zusammenhang zur Bezahlung nur geringfügig schwächer ausfällt (rc = .35, alle p < .05). Trotz der Tatsache, dass beide Konstrukte Einstellungen darstellen, und theoretisch sowohl kognitive als auch emotionale Prozesse gleichermassen als Erklärung herangezogen werden können, sind folglich die Gemeinsamkeiten vor allem auf die emotionale Bewertung der Arbeit bzw. Reaktion (vgl. Kapitel 2.2.3.1) zurückzuführen (Felfe, 2008; Felfe & Six, 2006).

Eine weitere Gemeinsamkeit scheint auch die im Allgemeinen hohe Erwartung zu sein, dass Angestellte, welche sich stark mit einem Unternehmen verbunden fühlen und hoch zufrieden sind, weniger die Stelle wechseln und mehr leisten (Six & Felfe, 2006).

Dabei zeigt die OV die etwas stärkeren Korrelationen zu Fluktuation (Griffeth et al., 2000; Mathieu & Zajac, 1990), weshalb gewisse Autoren – in der Hoffnung mehr Varianz erklären zu können – die Ersetzung von AZ durch OV postulierten (z.B. Mowday et al., 1979; Porter et al., 1974; vgl. Semmer & Baillod, 1994). Andere Studien weisen darauf hin, dass die AZ ähnlich hohe Zusammenhänge zu Fluktuation sowie zu Fluktuationsabsichten aufweist und dass die besten Vorhersagen gemacht werden konnten, wenn beide Konstrukte gleichzeitig zur Vorhersage von Fluktuation herangezogen wurden (z.B. Berset, 2005; Farkas & Tetrick, 1989; Tett & Meyer, 1993). So kann – trotz der offensichtlichen Verwandtschaft beider Variablen – zumindest empirisch von zwei eigenständigen Konstrukten ausgegangen werden (Felfe & Six, 2006).

(2) Mögliche Unterschiede

Einer der wohl bedeutsamsten Unterschiede zwischen OV und AZ scheint derer Stabilität zu sein. So schreibt beispielsweise Mowday et al. (1979): „Commitment is more global…general affective response to the organization as a whole…develops slowly but consistently, whereas job satisfaction is an evaluative reaction to specific task environment, job or job facets, less stable over time.” Die Autoren gehen folglich davon aus, dass es sich bei der OV um eine in ihrer Wirkung über Zufriedenheit hinausgehende, positive emotionale Einstellung zum Unternehmen handelt (Felfe, 2008). Auch Semmer et al. (in Vorb.) konnten in ihrer Untersuchung zeigen, dass die OV stabiler war und vermuten, dass diese möglicherweise eher einen Trait darstellt, welcher beispielsweise durch die Arbeitszentralität oder andere Wertvorstellungen beeinflusst wird (vgl. Six und Felfe, 2006).

Aber auch die AZ zeigt – sogar über Stellenwechsel hinweg – eine erstaunliche Stabilität (vgl. Semmer et al., in Vorb.; Staw & Ross, 1985; Steel & Rentsch, 1997). So scheinen Persönlichkeitsmerkmale wie zum Beispiel Selbstwirksamkeitserwartungen und Kontroll­überzeugungen sowohl mit der AZ als auch mit der OV positiv zu korrelieren (Connolly & Viswesvaran, 2000; Meyer et al., 2002; vgl. Six & Felfe, 2006)[37]. In Bezug auf andere Persönlichkeitsvariablen (wie z.B. die Big Five oder Affektivität) wurden signifikante Zusammenhänge zur AZ gefunden (z.B. Connolly & Viswesvaran, 2000; Judge & Bono, 2001; Judge et al. 2002), während diese zur OV kaum untersucht wurden. Berset (2005), welcher auch die Big Five in seine Untersuchung einbezog, fand auch hier ähnliche Korrelationsmuster sowohl zur AZ als auch zur OV, wobei die Persönlichkeitsvariablen – ausser dem Faktor Offenheit, vermittelt über die OV – keinen Einfluss auf den Fluktuations­entscheid hatten.

Auch Dormann und Zapf (2001), welche eine Metaanalyse anhand von 45 Studien durchführten, fanden, dass die AZ – sogar bei denjenigen, welche ihre Stelle gewechselt haben – erstaunlich stabil blieb[38]. Die Autoren führen diese auf Selektionseffekte bzw. indirekte Persönlichkeitseinflüsse zurück. Mittels Herauspartialisierung arbeitsinhaltlicher Aspekte (wie z.B. Stressoren, Kontrollmöglichkeiten am Arbeitsplatz, Komplexität der Arbeitstätigkeit) konnten sie zeigen, dass die Stabilität – gemessen in einem Zeitraum von sechs Jahren – von .26 auf .01 (manifeste Variablen) bzw. von .29 auf -.04 (latente Variablen) sank. Nach den Autoren deutet dies darauf hin, dass Personen auch nach dem Wechsel eines Betriebes eine Tätigkeit mit ähnlichen Arbeitsbedingungen auswählen, was die Stabilität der AZ erklären würde. Somit wird die Höhe der AZ insbesondere durch zentrale Aspekte bzw. Merkmale der Arbeitssituation und weniger durch direkte Persönlichkeitsfaktoren bestimmt. Im Vergleich zur OV bedarf es jedoch weiterer Forschung, um die Vermutung von Semmer et al. (in Vorb.), dass die OV eher einen Trait darstellt, bestätigen zu können. In diesem Zusammenhang weisen die Autoren darauf hin, dass die OV ähnlich wie die AZ schnellen Schwankungen kurz vor dem Fluktuationsentscheid unterliegt. Erkenntnisse zu kausalen Wirkmechanismen ergeben möglicherweise mehr Aufschluss, wie diese beiden Konstrukte zusammenspielen (vgl. Kapitel 2.3.3).

2.2.4 Absichten - Kündigungsabsicht

Ob und wie gewisse Einstellungen zu einem bestimmten Verhalten führen, hängt nach Fishbein und Ajzen (1975) davon ab, ob der Betroffene tatsächlich gewillt ist, dieses Verhalten auch zu zeigen. Übertragen auf die Fluktuationsforschung beschreibt die Kündigungsabsicht den Wunsch oder den Willen, einen Betrieb oder Organisation zu verlassen. Übereinstimmend mit der Theorie des überlegten Handels von Fishbein und Ajzen (1975) konnte der Zusammenhang zwischen der Kündigungsabsicht und Fluktuation, in vielen Studien, empirisch bestätigt werden (z.B. Baillod, 1992; Baillod & Semmer, 1994; Berset, 2005; Dalessio, Silverman, & Schuck, 1986; Lambert, Hogan, & Barton, 2001; Hom & Griffeth, 1991; Hom, Carnikas-Walker, & Prussia, 1992; Miller, Katerberg, & Hulin, 1979; Price & Mueller, 1981; Semmer et al., in Vorb.; Steers & Mowday, 1981; Tett & Meyer, 1993). In ihrer Metaanalyse fanden beispielsweise Griffeth et al. (2000) eine korrigierte Korrelation (rc) zwischen Kündigungsabsicht und Fluktuation von .38 (p < .05), welche durchwegs grösser war als zwischen Einstellungsvariablen (oder anderen Prädiktoren) und Fluktuation (vgl. Meyer et al., 2002). Diese ist nach den Autoren – nebst der Korrelation zwischen Such-Methoden und Fluktuation (rc = .47, p < .05) – dann auch der stärkste direkte Prädiktor von Fluktuation. In Bezug auf andere Berufsverläufe belegte Parry (2008), dass die Absicht, den Arbeitgeber (innerhalb desselben Berufs) zu wechseln, stark mit der Absicht den Beruf zu wechseln, einherging (r = .72, p < .001).

2.3 Theorien/Modelle – wie wird gekündigt?

Während der vorherige Abschnitt vor allem auf die Ursachen einer allfälligen Kündigung und derer bivariaten Zusammenhänge abzielte, geht es im folgenden Kapitel um das „Wie“. So stellt sich beispielsweise die Frage, wie die vorgestellten Variablen in Form eines Gesamtmodells kausal zusammenhängen und so einen möglichen Fluktuationsentscheid beeinflussen. In einem ersten Schritt wird auf die Theory of Planned Behavior von Ajzen (1988, 1991) eingegangen, welche in vielen Fluktuationsmodellen – insbesondere des zu untersuchenden Rahmenmodells – als theoretische Basis fungiert. Anschliessend werden mögliche kausale Richtungen der einbezogenen Prädiktoren (AZ und OV) anhand der neueren Forschung – und insbesondere in Bezug auf das Modell von Berset (2005) – skizziert. Dabei interessiert auch, ob der Einfluss sowie die kausale Beziehung dieser zentralen Schlüsselfaktoren hinsichtlich der unterschiedlichen Berufsverläufe (freiwilliger Berufswechsel und interner Stellenwechsel) variieren.

2.3.1 Theoretische Basis – Kündigung als geplante Entscheidung?

Viele Fluktuationsmodelle (z.B. Baillod, 1992; Berset, 2005; Semmer et al., in Vorb.) beziehen sich auf die Theorie des überlegten Handelns (Fishbein & Ajzen, 1975) bzw. auf dessen spätere Weiterentwicklung, auf die Theory of Planned Behavior (vgl. Abbildung 2) von Ajzen (1988, 1991).

Nach Fishbein und Ajzen (1975) ist die proximale Ursache von Verhalten die Verhaltensabsicht, d.h. eine bewusste Entscheidung, ein bestimmtes Verhalten auszuführen. Somit wirken beispielsweise die Einstellungen (wie z.B. AZ und OV) nicht direkt auf das Verhalten, sondern werden durch die Verhaltensabsicht vollständig mediiert. Die Haupt­determinanten der Absicht sind nach Ajzen (1991) folgende drei Komponenten (vgl. Wänke & Bohner, 2006):

1. Die Einstellung gegenüber dem Verhalten: Diese wird als Summe der Produkte aus Erwartungen und Bewertungen definiert. Dabei besteht jedes einzelne Produkt aus der subjektiven Wahrscheinlichkeit (= Erwartung), dass das Verhalten eine bestimmte Konsequenz hat, multipliziert mit dem Wert, der dieser Konsequenz beigemessen wird. So kündigt beispielsweise ein Angestellter, da er erwartet, dass die Kündigung eine positive Konsequenz bzw. eine Verbesserung der Arbeitssituation zur Folge hat (vgl. Kapitel 2.1.1).

2. Subjektive Normen: Diese bilden die subjektiv wahrgenommenen sozialen Konsequen­zen des Verhaltens ab. Dieser Bestimmungsfaktor wird ebenfalls als Summe von Produkten definiert. Dabei besteht jedes Produkt aus der Meinung einer Person (Familienmitglied, Arbeitskollege, Partner etc.), dass eine bedeutsame andere Person der Meinung ist, sie solle das Verhalten ausführen, und der Bereitschaft, dem Wunsch dieser anderen Person nachzukommen.

3. Wahrgenommene Kontrolle über das Verhalten: Dieser Faktor wurde erst später in der Theory of Planned Behavior integriert und beschreibt die subjektiv wahrgenommene Verhaltenskontrolle, welche massgeblich mit selbst attribuierten Fähigkeiten und Fertig­keiten (Kontrollüberzeugungen) einhergeht (Ajzen & Madden, 1986; Gutknecht, 2006; Madden, Ellen, & Ajzen, 1992). Somit hängt die tatsächliche Entscheidung, die Stelle zu wechseln auch davon ab, wie hoch die eigenen Möglichkeiten (Eigenschaften, aber auch wahrgenommene Chancen auf dem Arbeitsmarkt), tatsächliche eine neue Stelle zu finden, eingeschätzt werden.

Das Modell von Ajzen (1991) – insbesondere die Absicht als Prädiktor von Verhalten – konnte auch in anderen Bereichen nachgewiesen bzw. erfolgreich repliziert werden (z.B. Ingram, Cope, Haju, & Wuensch (2000); Wahl von Studenten, ob sie eine Arbeitsstelle annehmen sollten vs. höhere schulische Ausbildung; die Ergebnisse siehe in Abbildung 2). Insbesondere in der Fluktuationsforschung hat das Modell einige „Resonanz“ (Baillod, 1992, S. 91) gefunden und wurde fast „in sämtlichen Modellen“ (Baillod, 1992, S. 91) als theoretische Basis übernommen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2. Path Analysis of Ajzen`s Theory of Planned Behavior (in Anlehnung an Ingram, Cope, Haju und Wuensch (2000, S. 221))

Obschon grundsätzlich – analog zur Theorie von Ajzen (1991) davon ausgegangen wird, dass der Fluktuationsentscheid überlegt bzw. absichtlich erfolgt, könnte theoretisch auch das Gegenteil der Fall sein (spontaner Entscheid).

[...]


[1] Die SAKE-Erhebungen werden jährlich seit 1992 vom Bundesamt für Statistik (BFS) durchgeführt, wobei seit 1996 auch die berufliche Mobilität (= Fluktuation) in der Schweiz erfasst wird (Henneberger & Souza-Posa, 2007).

[2] Nach den Autoren umfasst die Definition „Stellenwechsler“ alle abhängigen Erwerbstätigen zwischen 20 und 65 Jahren, die mindestens eine Stunde pro Woche arbeiten (folglich ohne Studenten, Selbstständige, Auszubildende sowie Personen, die aus anderen Gründen aus dem Arbeitsmarkt ausgeschieden sind (frühzeitige Pensionierung, Tod oder aus anderen familiären Gründen) und angegeben haben, ihre letzte Stelle freiwillig oder unfreiwillig verlassen zu haben. Dabei kommen sie auf eine Gesamtstichprobe von 3`052`294 Personen (BFS, 2005, zitiert nach Hennerberger & Souza-Posa, 2007) und weichen so stark von der aktuellen Zahl an Arbeitstätigen von 4,280 Millionen ab (BFS, 2009).

[3] Tziner und Berati (1996) beziffern die durchschnittlichen direkten und indirekten Kosten für einen austretendenden amerikanischen Mitarbeitenden auf 103`434 US-Dollar (vgl. Anhang A-1).

[4] In den darauffolgenden Jahren zwischen 1981 und heute erschienen des Weiteren 1783 Veröffentlichungen zum Stichwort Employee Turnover (Datenbank PsycINFO, ab 1806 (via OvidSP)).

[5] So konnten Meyer, Stanley, Herscovitsch und Topolnytsky (2002) beispielsweise in Bezug auf die organisationale Verbundenheit zeigen, dass ausserhalb Nordamerikas zum Beispiel die Beziehung zur Arbeitszufriedenheit geringer und zur Kündigungsabsicht höher ausfiel, als dies innerhalb des Landes der Fall war.

[6] D.h. auch in dieser Studie wurde der Austrittsgrund (z.B. Arbeitszufriedenheit) nach und nicht vor der vollzogenen Entscheidung erhoben (vgl. Kapitel 1).

[7] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit auf die Nennung der weiblichen Sprachform verzichtet. Dabei gelten sämtliche Personenbezeichnungen gleichwohl für beiderlei Geschlecht, ausser es wird im Text explizit darauf verwiesen.

[8] Als Synonym für den Begriff Fluktuation werden im deutschen Sprachraum oft auch die Begriffe „Arbeitsplatzwechsel“ (aus Sicht des wechselnden Individuums) sowie „Personalwechsel“ (aus Sicht des Unternehmens) verwendet (vgl. Sabathil, 1977).

[9] Nach den Autoren umfasst die Sozialisation neuer Mitarbeiter, nebst der unmittelbaren Einarbeitung, die Integration in die Arbeitsgruppe und das Erlernen der Organisationskultur (Moser & Schmoock, 2006).

[10] Nach Henneberger und Souza-Posa (2007) liegt beispielsweise die durchschnittliche Fluktuationsrate in der Schweiz mit 10% recht hoch und fällt im europäischen Vergleich überdurchschnittlich aus. Diese ist jedoch in den letzten Jahren ziemlich stabil geblieben.

[11] Mittels des traditionellen Designs der Fluktuationsforschung wurden bis anhin die Stellenwechsel nur aus Sicht des Unternehmens untersucht, was keine Aussagen darüber erlaubt, wie die Betroffenen ihre neue Arbeitssituation einschätzen bzw. welchen subjektiven Nutzen sich für den Wechselnden ergeben (Baillod & Semmer, 1994).

[12] In diese Zusammenhang führen Boswell et al. (2005) an, dass sich Organisationen gegenüber dem Neuling v.a. während des Rekrutierungsprozesses sowie in der Anfangsphase von ihrer besten Seite zeigen und diese in der Probezeit noch eher schonen. Diese neuen und mehrheitlich positiven Erfahrungen erklären nach den Autoren, dass die Arbeitszufriedenheit in dieser Phase stark ansteigt („honeymoon-effect“). Auf dieses Hoch folgt jedoch oft die Ernüchterung, da das Individuum nach einer bestimmten Zeit die „wahren Verhältnisse“ erlebt, was wiederum mit einer Abnahme der Arbeitszufriedenheit einhergeht („hangover-effect“; Boswell et al., 2005, S. 883).

[13] Die Arbeitslosenquote lag im Jahr 1997 bei über 5% und im Jahr 2004 bei 4% (Seco, 2005, zitiert nach Henneberger & Souza-Posa, 2007).

[14] Gemäss dem schweizerischen Haushaltspanel (SHP, zitiert nach Henneberger & Souza-Posa, 2007) empfanden zwischen 1999 und 2004 knapp 80% aller Erwerbstätigen in der Schweiz ihre Stelle als „sehr sicher“ oder „ziemlich“ sicher.

[15] Die Fluktuationsrate pro Branche wird folgendermassen berechnet: Anzahl der zwischenbetrieblichen Stellenwechsel bzw. Berufswechsel durch die Gesamtzahl der Beschäftigten der jeweiligen Branchen bzw. Branchengruppe (vgl. Henneberger & Souza-Posa, 2007).

[16] Die innerbetrieblichen Stellenwechsel werden vollständig ausgeblendet. Der Unterschied zwischen den tatsächlichen und potentiellen Stellenwechsler liegt darin, dass die Potentiellen gefragt wurden, ob und aus welchem Grund sie eine neue oder zusätzliche Stelle suchen (ohne diese jedoch vollzogen zu haben).

[17] Das Regressionsmodell von Henneberger & Souza-Posa (2007), enthält nebst persönlichen und familiären Eigenschaften (Zivilstand, Alter, Ausbildung, Sprache etc.) auch arbeitsplatzbezogene sowie Firmen- und Brancheneigenschaften (Betriebsgrösse, Branchenarbeitslosigkeit etc.). Dieses Modell erklärt hinsichtlich der potentiellen Stellenwechsel 8.6%, während dasselbe Modell bei den tatsächlichen Stellenwechslern 13% der Varianz erklärt.

[18] Henneberger und Souza-Posa (2007) fanden, dass die jeweilige Lohnhöhe – nur für die Gruppe der Männer – einen negativen Einfluss auf die Wechselwahrscheinlichkeit hat. Zudem stellen sie fest, dass gegenüber der ersten Untersuchung der Lohn häufiger als Wechselgrund angegeben wurde (2002: 4%, 2005: 8%). Eine mögliche Erklärung ist nach den Autoren die zunehmende Diskussion über die überhöhten Managerlöhne.

[19] Schulte (2006) fand in Bezug auf die ältere Population jedoch einen signifikanten Geschlechtereffekt. Frauen im Alter von 55 Jahren und darüber waren „nur“ durchschnittlich zufrieden, während bei den gleichaltrigen Männern ein überdurchschnittliches Niveau der Arbeitszufriedenheit zu konstatieren war. Zwischen 25-55 Jahren waren jedoch kaum Unterschiede festzustellen.

[20] „Narrative Reviews“ wie zum Beispiel diejenige von Mobley (1982) sowie die Metaanalyse von Cotton und Tuttle (1986) wurden aufgrund von Stichprobenverzerrungen sowie methodischer Mängel bewusst ausgeschlossen.

[21] rc = nach der Stichprobengrösse gewichtete und für die Unreliabilität in der Messung korrigierte Korrelation. Diese stellt eine – in Metaanalysen häufige benutzte – Effektgrösse dar und ermöglicht den einfacheren Vergleich der Ergebnisse aus unterschiedlichen Studien. Der p -Wert wird dabei nicht angegeben, da mehr die Grösse des Effekts interessiert und kein statistischer Test (z.B. t-Test) durchgeführt wird. Schliesst das 95%-Konfidenzintervall jedoch 0 nicht mit ein, kann man davon ausgehen, dass diese Effektgrösse mindestens auf dem 5%-Niveau signifikant ist. Hinsichtlich der Interpretation der Effektgrösse gibt beispielsweise Cohen (1992) an, dass r = .10 einen kleinen, r = .30 einen mittleren und r = .50 einen starken Effekt indiziert.

[22] In der Metaanalyse von Griffeth et al. (2000) schliesst der Begriff Fluktuation sowohl die freiwilligen als auch unfreiwilligen Kündigung mit ein.

[23] Die Metaanalyse enthält v.a. publizierte Studien zwischen 1990 und 2008 (49 Studien, mit einem N von 71`053)

[24] Deckt sich mit den Befunden von Henneberger und Souza-Posa (2007).

[25] Die Autoren berichten zudem, ähnlich wie Griffeth et al. (2000), von einer durchschnittlichen Korrelation (rc) von -.23 (p < .05) zwischen organisationaler Verbundenheit und Fluktuation.

[26] Mittels einer PsycLit-Recherche fand zum Beispiel Spector (1997) bis zum Erscheinungsdatum seiner Arbeit allein 3690 Veröffentlichungen. Eine aktuelle Recherche im PsycINFO (via OvidSP) zeigt zudem, dass mindestens 1749 einschlägiger Publikationen, bei denen „Job satisfaction“ im Titel enthalten ist, hinzugekommen sind.

[27] So fanden Brickman, Coates und Janoff-Bulman (1978), dass Lotteriegewinner ähnlich zufrieden waren wie Querschnittsgelähmte. Dies deutet nach den Autoren auf eine hohe Relativität des Konstrukts der Zufriedenheit hin.

[28] Vgl. Überblick von Baillod (1992, S. 32ff.) über spezifische Arbeitszufriedenheiten.

[29] Die Auffassung, dass AZ zunehmend als positiver emotionaler Zustand aufgefasst werden sollte, scheint möglicherweise auch die starken Zusammenhänge mit der Variable Emotionale Stabilität/Neurotizismus (z.B. Judge, Heller, & Mount, 2002) sowie mit der Variable Affektivität zu erklären (z.B. Connolly & Viswesvaran, 2000; Thoresen, Kaplan, Barsky, Warren, & de Chermont, 2003). Dabei wird davon ausgegangen, dass die allgemeine Stimmungslage (Affektivität) 10-25% der Varianz in der Variable AZ zu erklären vermag.

[30] Dabei unterscheiden Weiss und Cropanzano (1996) zwischen affektiv-basiertem Verhalten (z.B. Hilfeverhalten, Problemlösestil, Sabotage oder Burn-out) und kognitiv-basiertem Verhalten (z.B. Fluktuation als bewusste Entscheidung) mit AZ als Antezedent.

[31] Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Zufriedenheitsurteile spezifischer Aspekte der Arbeit (z.B. „spezifische Einstellungen“ nach Baillod (1992, S.32ff.)) nicht untersucht werden sollten.

[32] Als gute Übersicht eignet sich die Arbeit von Baumgartner und Udris (2006).

[33] Die Autoren konnten mittels einer Multitrait-Multimethod-Analyse zeigen, dass beide Instrumente konvergente Validität aufweisen. Auch mithilfe konfirmatorischer Faktorenanalysen liess sich die Differenzierbarkeit von Commitment und Identifikation nachweisen. Des Weiteren zeigen Regressionsanalysen moderate unabhängige Varianzerklärungen von Commitment und Identifikation bei der Vorhersage von AZ und Kündigungsabsichten.

[34] So konnten beispielsweise Cooper-Hakim und Viswesvaran (2005) zeigen, dass CC mit positiven Konsequenzen (z.B. erhöhte Arbeitsleistung) sogar negativ korreliert (rc = -.12).

[35] Die Autoren untersuchten dabei eine Vielzahl von commitment-ähnlichen Konstrukten (involvement, endorsement, union und occupational commitment etc.).

[36] Berset (2005) hat gezeigt, dass beispielsweise arbeitsorganisatorische Probleme (z.B. zu wenig Arbeitsmaterial, unvollständige Unterlagen) die AZ als auch die OV gleichermassen beeinflussen. Dies würde jedoch der grundsätzlichen Vermutung einiger Autoren widersprechen, dass v.a. die AZ durch inhaltliche Aspekte der Arbeit bestimmt sein dürfte (z.B. Gutknecht, 2006; Mathieu & Kohler, 1990; Mowday et al., 1979).

[37] Die Selbstwirksamkeitserwartung scheint jedoch stärker mit der AZ (rc =.45, p < .05, bei Judge und Bono (2001)) verbunden zu sein als mit der OV (rc =.11, nicht signifikant , bei Meyer et al. (2002)). Wieland, Krajewski und Memmou (2006) weisen aber darauf hin, dass die Selbstwirksamkeit v.a. indirekt über die Kerndimensionen der Arbeitssituation (Regulationsanforderungen und -Hindernisse) die AZ beeinflusst, was der Selektionshypothese von Dormann und Zapf (2001) entsprechen würde.

[38] Die Autoren fanden bei Stellenwechslern (durchschnittliches Zeitintervall von 35.89 Monaten) eine nach der Stichprobe gewichtete und korrigierte Test-Retest-Korrelation (= Stabilität) von .35 und bei den Nicht-Wechslern von .48.

Ende der Leseprobe aus 142 Seiten

Details

Titel
Fluktuation am Arbeitsmarkt. Strukturgleichungsmodelle zur Vorhersage von freiwilliger Kündigung, internen Stellen- sowie Berufswechseln
Hochschule
Universität Bern  (A&O)
Note
5.5
Autor
Jahr
2010
Seiten
142
Katalognummer
V182574
ISBN (eBook)
9783668074286
ISBN (Buch)
9783668074293
Dateigröße
1939 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
5,5 entspricht im dt. Notensystem einer 1,5
Schlagworte
Fluktuation, Arbeitszufriedenheit, Commitment, Strukturgleichungsmodelle, Berufswechsel, Kündigungsabsicht, arbeitsbezogene Einstellungen
Arbeit zitieren
Oliver Portmann (Autor:in), 2010, Fluktuation am Arbeitsmarkt. Strukturgleichungsmodelle zur Vorhersage von freiwilliger Kündigung, internen Stellen- sowie Berufswechseln, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/182574

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