Nutzung von Social Media als Marketinginstrument in Kleinunternehmen am Beispiel Hautbalance Naturkosmetik


Masterarbeit, 2011

107 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Social Media - ideales Marketinginstrument oder Modewelle?

1 Das Marketingkonzept von Hautbalance Naturkosmetik
1.1 Situationsbeschreibung
1.1.1 Branchensituation: Vom Nieschendasein zum Trend
1.1.2 Besonderheiten beim Marketing in Kleinstunternehmen
1.1.3 Hautbalance als Typisches Kleinstunternehmen
1.2 Nachfrage und Marktsegmentierung
1.2.1 Nachfrage
1.2.2 Marktsegmentierung
1.3 Situationsanalyse
1.3.1 SWOT-Analyse
1.3.2 SWOT-Matrix und Marketing-Problemstellung
1.4 Marketingziele
1.4.1 Grundsätzliche Ziele
1.5 Beschreibung der Marktaufgabe
1.5.1 Marktdurchdringung
1.5.2 Markterschließung
1.5.3 Produktentwicklung
1.5.4 Diversifikation
1.6 Marketingmix
1.6.1 Produktpolitik
1.6.2 Preispolitik
1.6.3 Kommunikationspolitik
1.6.4 Vertriebspolitik

2 Das Projekt „Social Media als Marketinginstrument“ bei Hautbalance Naturkosmetik
2.1 Begriffsbestimmung und Systematisierung der Social Media
2.2. Anthropologische und neurophysiologische Grundlagen des Social Media Trends
2.3. Social Media als Marketinginstrument
2.4. Evaluierungsmöglichkeiten
2.5. Der Einsatz von Social Media nach den Grundsätzen der strategischen Planung
2.5.1. Grundauftrag des Unternehmens und des Geschäftsbereichs E­Commerce
2.5.2. Marktsegmentierung im Onlinebreich
2.5.3. SWOT Analyse zum Social Media Einsatz
2.5.4. Leistunsgziele
2.5.5. Strategie
2.5.6. Operative Taktik
2.5.7. Kontrolle und Feedback - Evaluierungsmöglichkeiten
2.6. Projektverlauf November 2009 bis Dezember 2010
2.6.1. Social Networking B2B
2.6.2. Social Networking B2C
2.6.3. Image/Video/Audio Sharing
2.6.4. Collaborative Tools
2.6.5. Micro Blogs
2.6.6. Publishing
2.6.7. Social Bookmarking
2.6.8. Social Shopping
2.7. Ergebnisse des Projektes

3. Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung von Social Media in Kleinstunternehmen
3.1. Bedeutung der Unternehmerpersönlichkeit und der direkten Kundenansprache
3.2. Bestimmung der Zielrichtung des Social Media-Einsatzes
3.3. Wahl der richtigen Medien
3.4. Auswahl der Evaluierungsinstrumente
3.5. Grenzen des Social Media-Einsatzes und Perspektiven für Kleinstunternehmen

Einleitung: Social Media - ideales Marketinginstru­ment oder Modewelle?

Die Liste erfolgreicher Social Media Werbekampagnen ist lang. Angeführt wird sie von Old Spice Man, einer Parfüm- und Kosmetikmarke für Männer. Die Verkaufs­zahlen von Old Spice Men stiegen durch die Social Media Strategie der Firma in­nerhalb eines Monats um 107 Prozent, ein Millionenpublikum aus aller Welt wurde angesprochen, das verwendete Videomaterial errang einen Filmpreis in Cannes und einen Emmy-Award.[1] Ein weiteres erfolgreiches Beispiel für den Einsatz der Social Media in der Marketingstrategie ist die Wahlkampagne Barack Obamas in den Prä­sidentschaftswahlen 2008 in den USA. Sie rückte die Social Media verstärkt in das öffentliche Bewusstsein. Rahaf Harfuosh, welcher in seinem Buch „Yes we did“ die zweijährige Wahlkampagne unter dem Fokus der technologischen Innovationen des Internets und der Rolle der Social Media beleuchtet, kommt in Bezug auf die Aus­wirkungen von Social Media auf zukünftige Marketingstrategien zu folgender Schlussfolgerung:“ For many organisations this compaign has validated social me­dia as a viable strategic tool. ... The compaigns use of blogging, social networks, text messaging, email and video heralds a new era of integrated digital communica­tion that is simultaneously widespread and intimate.”[2] Der Einsatz von Social Media hält somit Einmarsch in die Sphäre der klassischen Marketingtools. Dem eigens für das Social Media Marketing aufgestellten Team von Oabama gelang es, einen Weg zu den Herzen der potentiellen Wähler zu finden, den aktuellsten Stand der Kom­munikationstechnologie zu nutzen und die Menschen dort zu erreichen, wo sie sich im Alltag austauschen. Das Team fand Zugang zu den potentiellen Wählern, die gerade im Begriff waren, sich sozial virtuell zu vernetzen. Damit gelang es dem Wahlkampfteam, Personen in Bereichen anzusprechen, zu denen sie mit den klas­sischen Marketingstrategien keinen Zugang gefunden hätten. Social Media als neu­es Marketingtool erweiterte die Palette der klassischen Marketingwerkzeuge. Diese wiederum stärkten die Wirkung der neuen Medien. Berühmt wurden zum Beispiel

Plakate und Fotos, die suggerierten, dass Obama selbst Twitter-Kurznachichten schreiben würde. Binnen kurzer Zeit war Obama der Mann mit den meisten „Follo- wern“ bei Twitter: 424.584 Menschen verfolgten die von seinem Twitter-Account aus gesendeten Kurznachrichten.[3]

Das Kuriose daran: Obama selbst erklärte in einem Interview mit chinesischen Stu­denten im November 2009, dass er nie selbst getwittert habe. "I have never used Twitter but I'm an advocate of technology and not restricting internet access."[4] Das Treffen in Shanghai, auf dem Obama das sagte, wurde weltweit live auf der Websei­te des weißen Hauses und dessen Facebook-Seite übertragen. Obama hatte dabei auf die Frage eines chinesischen Studenten geantwortet, ob er von der großen Firewall wüsste, und ob die Studenten in China Twitter benutzen können sollten. Obama bestätigte mit dieser Äußerung in aller Öffentlichkeit den Platz seiner Social Media Werbekampagne unter den Marketing Tools. Der Anschein von persönlicher Aktivität in den Social Media war ganz gezielt von seinem Team erweckt und für die Ziele der Kampagne erfolgreich genutzt worden. Dies belegt der große Zuspruch auf die Kampagne und das Entsetzen bei denjenigen, die über das oben genannte In­terview erfuhren, dass Obama selbst das Medium Twitter gar nicht genutzt hatte. Obamas Twitter Account hatte zu diesem Zeitpunkt 2,6 Millionen Followers erreicht und war von Twitter verifiziert worden. Derzeit, im März 2011, hat Barack Obamas Twitter Account über 7 Millionen Follower.

Warum erfreuen sich die Social Media immer größerer Beliebtheit?

Kirkpatrick räumt in seinem Artikel beispielsweise Twitter eine bahnbrechende Be­deutung für die menschliche Kommunikation ein. Er vergleicht die hinter Twitter ste­hende Technologie in ihrer Bedeutung für die weltweite Kommunikation mit so wich­tigen technologischen Durchbrüchen wie der Eisenbahn und dem Telefon. „The im­pact of Twitter-like services really is like, in type if clearly not intensity, the changes the world saw with the advent of the telephone and the railroad. CNN and live cable coverage of Tiananmen square, Twittering (or not) from China: these fit into the same category of disruptive tools for international communication.”[5] Die Verbindun­gen, die Menschen zueinander aufnehmen können und die zueinander führen, ha- ben mit Twitter einen neuen Level erreicht. Kommunikation ist nun weltweit und in Echtzeit umsetzbar.

Zum Thema „Social Media“ ist in den letzten fünf Jahren eine Fülle an Literatur ent­standen. Bachelor-, Master- und Diplomarbeiten beleuchten das Thema aus sozial-, kultur- und kommunikationswissenschaftlicher, sowie betriebswirtschaftlicher Sicht. Eine Vielzahl von Studien untersucht die sich ständig ändernde Reichweite der ver­schiedenen Social-Media-Portale sowie die demografische und soziale Zusammen­setzung ihrer Nutzerkreise. Weiterhin erscheinen von Jahr zu Jahr immer mehr Bü­cher, die versprechen, brauchbare Tipps für die Optimierung des Marketings unter Nutzung der Social Media zu liefern. Zu diesem Thema wird auch eine Vielzahl von Seminaren angeboten. Die in den Büchern und Seminaren ausgesprochenen Emp­fehlungen sind sich ähnlich. Sehr unterschiedlich erfolgt jedoch die Systematisie­rung der Anwendungen, die dem Social Media-Bereich zugerechnet werden. Caroline Arndt untersucht beispielsweise in Ihrer Bachelorarbeit aus dem Jahre 2008 das Online-Marketing und verweist dabei auf die Besonderheit des Marketings über Communities - spezielle Online-Gemeinschaften. Von ihr für den Bereich der Social Media der Begriff Web2.0 benutzt. Dieser Begriff bezieht sich auf die demo­kratische Struktur des Internets. Die Nutzer der Social Media seien nun nicht nur Konsumenten, sondern ebenfalls Produzenten von Inhalten. Das Schlagwort hierfür sei der „User Generated Content“. Arndt nennt es das „Mit-Mach-Web“. Schwer­punkte Ihrer Arbeit sind themenorientierte Communities und ihre Bedeutung für das Online-Marketing.[6] Arndt zeigt dabei eine grundlegende Änderung im Online­Marketing auf. Da der Nutzer sich die Inhalte auswählen kann, die er konsumieren möchte, ist das Marketing in der Bringepflicht.[7] Arndt stellt den Nutzen der Commu­nities für Unternehmen dar und führt wichtige, beim Aufbau einer Community zu beachtende Aspekte an.

Giedrius Ivanauskas untersucht die Auswirkung der Social Media in der Marketing­kommunikation aus der Sicht der britischen Verbraucher.[8] Deniz Kilic widmet sich den Möglichkeiten, die das Marketing über Social Media für Non-Profit­Organisationen bietet.[9] Kopp setzt sich mit dem Empfehlungsmarketing in der Mu­sikbranche auseinander.[10] Dina Lewicki konzentriert sich auf die Darstellung des Social Media Optimizing für Unternehmen.[11] Phillip Thomas geht in seiner Bachelo­rarbeit auf die Möglichkeit der Nutzung von Social Media im Marketing für Unter­nehmen am Beispiel eines Firmenprojektes aus der Spielebranche ein. Er kommt zu dem Schluss, dass bei allen Social Media Aktivitäten der Dialog des Unternehmens mit den Kunden im Mittelpunkt steht und sich diese Form des Marketings in Zukunft immer mehr etablieren wird.[12] Sabrina Schmidt geht in Ihrer Masterarbeit detailliert auf den Empfehlungshandel innerhalb der Social Media als Absatzkanal für Unter­nehmen ein. Dabei hebt sie besonders die Wichtigkeit der genauen Planung der für das Unternehmen passenden Social Media Tools hervor. Die richtige Auswahl und Qualität in der Umsetzung für die Anwender ist hier ausschlaggebend für den Er­folg.[13] In Ihrem Leitfaden zur Planung von Social Commerce Aktivitäten fasst Schmidt wichtige allgemeine Punkte zusammen, die für Unternehmen beim Erarbei­ten einer eigenen Social Media Marketingstruktur helfen sollen.

Alle genannten wissenschaftlichen Arbeiten versuchen, eine Begriffsklärung für das Internet, das Web 2.0, Communities und einzelne Anwendungen innerhalb der Social Media zu geben. Es werden Rückschlüsse auf die Anwendbarkeit für Unter­nehmen und gemeinnützige Vereine gezogen. Für kleine Unternehmen umsetzbare Darlegungen sind jedoch nicht zu finden. Entstanden sind diese Arbeiten zudem mit dem Blick von außen auf die Beispielunternehmen.

Das grundlegende Problem bei der Umsetzung der in der Literatur gegebenen Tipps zur Optimierung des Marketings durch Social Media besteht darin, dass sich der Bereich der Social Media so schnell entwickelt, dass diese Literatur bei ihrem Er­scheinen bereits veraltet ist. Für Kleinstunternehmen ergeben sich bei der Nutzung der Social Media darüber hinaus zwei weitere Probleme:

Es existieren noch keine Literatur und keine Studien, die sich explizit mit der An­wendung von Social Media in Kleinstunternehmen befassen.

Kleinstunternehmen haben in der Regel keine eigene Marketingabteilung, die sich mit dem Bereich Sozial Media befassen könnte, so dass sich viele der in der klassi­schen Marketing-Literatur gegebenen Tipps bei ihnen nicht umsetzen lassen.

Für den Social Media-Einsatz in Kleinstunternehmen spricht jedoch, dass Kleinstun- ternehmen eine sehr persönliche Form der Kommunikation verlangen und Ihr Profil häufig durch die Persönlichkeit des Inhabers bestimmt wird. Einer bekannten, aber unpersönlichen Marke eines Großkonzerns kann man in den Social Media durchaus - auf mehr oder weniger gleichberechtigter Basis - mit der Persönlichkeit des Inha­bers eines Kleinstunternehmens entgegentreten. Eine Möglichkeit, die von den her­kömmlichen Werbeformen (Fernsehen, Plakate, Kino etc.) nicht geboten wird. Als Forschungsthema bietet sich deshalb an, zu untersuchen, wie weit die Persönlich­keit des Kleinstunternehmers den Bedürfnissen der Kommunikation in sozialen Netzwerken gerecht werden kann und ob sich so die fehlende Marketingabteilung und das begrenzte Werbebudget kompensieren lassen. Es stellt sich hier die Frage, ob in den sozialen Netzwerken eine „greifbare“ Unternehmerpersönlichkeit nicht sogar Vorteile gegenüber einer unpersönlichen Marke haben kann.

Auch dem Problem der fehlenden Studien zum Thema „Social Media in Kleinstun­ternehmen“ soll mit dieser Arbeit begegnet werden. Kleine und mittlere Unterneh­men gelten in Deutschland als die tragende Säule der Wirtschaft. So existierten 2005 1,3 Millionen Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und weni­ger als 2 Millionen € Umsatz in Deutschland, während es nur 11.500 Großunter­nehmen gab. Eine Untersuchung, die sich mit dem Einsatz von Social Media in Kleinstunternehmen beschäftigt, würde sich also mit einer wesentlichen Zahl der deutschen Betriebe befassen.

Ausgehend von den oben genannten Problemen, ist es Ziel dieser Arbeit:

Eine anwenderfreundliche Systematisierung der zurzeit aktuellen Social Media zu entwickeln. Auf Grundlage dieser Systematisierung ein Auswahlraster zu erarbei­ten, das es Kleinstunternehmen ermöglicht, aus der Vielzahl der zur Verfügung ste­henden Social Media die zum Marketingkonzept des Unternehmens passenden auszuwählen und ein Evaluierungskonzept zu erarbeiten, dass eine ständige Kos­tenkontrolle sowie Anpassung und Optimierung der Anwendungen ermöglicht.

Als Forschungsmethode wurde die teilnehmende Beobachtung gewählt. Der Pro­jektzeitraum ist auf die Zeit von November 2009 bis Dezember 2010 festgesetzt.

Mir, Elke Hockauf, oblag als Inhaberin von Hautbalance die Planung, Entwicklung und Umsetzung des Projektes. Bei der Umsetzung war das gesamte Team mit ein­gebunden.

Hautbalance Naturkosmetik hat im November 2009 sein Marketingkonzept konse­quent von herkömmlichen Werbeformen auf die Nutzung von Social Media - sowohl im B2B als auch im B2C-Bereich - umgestellt. Als erste Firma in Europa implemen­tierte Hautbalance die Anwendung „ShopTogether“, welche Aktivitäten des Social Shopping auf der eigenen Plattform ermöglicht. Die Begleitung dieses Projektes über ein Jahr hinweg ermöglicht es, einzuschätzen, welche der Social-Media- Aktivitäten für Hautbalance erfolgreich waren. Die Ergebnisse der Projektbegleiten­den Studie lassen auch Schlüsse für die Nutzung von Social Media in anderen Kleinstunternehmen zu.

1 Das Marketingkonzept von Hautbalance Natur­kosmetik

1.1 Situationsbeschreibung

1.1.1 Branchensituation: Vom Nieschendasein zum Trend

Naturkosmetik stellt einen Teilbereich innerhalb der Branche Kosmetik dar. Der Marktanteil der Naturkosmetik wuchs in Deutschland in den letzten Jahren konstant um 10% pro Jahr, so dass er in den letzten 4 Jahren von 3% auf 5% stieg. Das ent­spricht einem Volumen von 672 Millionen Euro.[14]

Naturkosmetik erfreut sich beim Verbraucher an immer mehr Beliebtheit und wird immer stärker akzeptiert. Circa 50% aller Kosmetikverbraucher kaufen mindestens einmal im Monat ein Naturkosmetikprodukt. Wenige große Herstellermarken domi­nieren den Markt. Zertifizierte Eigenmarken, hauptsächlich in den Drogeriemärkten - Rossmann (Alterra), dm/Budnikowski (Alverde), und bei Discountern der Edeka- Gruppe (Nature Friends), haben inzwischen einen Anteil von rund 20 Prozent am Naturkosmetik-Umsatz erreicht. Der erste Vertriebsweg für Naturkosmetik war der klassische Naturkostfachhandel. Der Naturkostfachhandel hat zwar mit 22% Markt­anteil noch immer einen besonderen Stellenwert als Vertriebsweg für Naturkosme­tik, stagniert jedoch im Wachstum.

Der Naturkosmetikmarkt hat jedoch viel Potential. In den letzten drei Jahren erreich­te man mehr als 30% Zuwachs in der Käuferreichweite.

Das Spektrum in der Branche reicht von preiswerten bis hochpreisigen Produkten. Seit 15 Jahren ist die Vielfalt in der Produktpalette enorm gewachsen.

Dabei sollte auf die feinen Differenzierungen innerhalb des Sektors geachtet wer­den. Naturkosmetik wird oft vertrieben als „Naturnahe Kosmetik“. Dies sind vor al­lem Marken, die mit einem grünen Image werben, sich jedoch kaum vom konventio­nellen Kosmetiksektor unterscheiden. Klassische Beispiele sind die Firmen Yves Rocher und The Body Shop. Naturkosmetika im engeren und eigentlichen Sinne sind zertifizierte und nicht zertifizierte Naturkosmetika, die den Anspruch erheben, in erster Linie Rohstoffe natürlichen Ursprungs zu verarbeiten. Die Kriterien zur Zertifi­zierung variieren zwischen lockeren Richtlinien, wie zum Beispiel denen des BDIH, und strengsten Vorgaben, wie der Demeter Zertifizierung oder dem Bio-Label der französischen Zertifizierungsstelle EcoCert. Das Konzept der Markenklassifizierung griffen bereits mehrere führende Marktforschungsunternehmen wie GfK, IRI und IMS Health auf, um mehr Differenzierung in die Marktanalyse zu bringen.

Für die Verbraucher ist der Unterschied oft kaum zu erkennen. Es wird in der Regel ein breites Spektrum von Kosmetika als Naturkosmetik akzeptiert- so ein Ergebnis der IRI Shopper Studie[15]. Der Beratung der Kunden kommt daher eine immer grö­ßere Bedeutung zu. Der Großteil der zertifizierten Naturkosmetik-Produkte in Deutschland besitzt heute das Prüfsiegel vom BDIH. BDIH-zertifizierte Hersteller wollen u. a. folgende Standards erfüllen: pflanzliche Rohstoffe müssen - soweit möglich - aus kontrolliert biologischem Anbau stammen; es dürfen keine syntheti­schen Farb- und Duftstoffen sowie Silikonen und Erdölprodukten wie Paraffine ver­wendet werden, Tierversuche sind Tabu und es erfolgt kein Einsatz von Rohstoffen toter Wirbeltiere.[16]

Auch in Zukunft sind weitere Veränderungen in diesem Marktsegment zu erwarten: „Der Naturkosmetikmarkt steht vor nachhaltigen Veränderungen, sowohl im Handel als auch bei den Herstellern. Heute schließen sich Natürlichkeit und Luxus nicht aus. Internationale Marken mit diesem Image drängen in den Markt.“[17] Ein Teil der Kernzielgruppe sind die Intensiv-Verwender von Naturkosmetik, die im Naturkost­fachhandel Naturkosmetik einkaufen. Für sie ist es auch selbstverständlich, Bio­Lebensmittel zu kaufen. Die Verwendung von Naturkosmetik ist für diese Menschen die logische Konsequenz. Vor allem Frauen im mittleren Alter mit gesichertem Ein­kommen zählen zu dieser Kundengruppe. Sie achten verstärkt auf ihr Äußeres, wol­len sich und Ihrer Familie etwas Gutes tun und gleichzeitig der Umwelt nicht scha­den. Diese Käufer sind in der Regel gut informiert und sehr markentreu. Die Waren­gruppe Gesichtspflege nimmt 50% vom Gesamtabsatz des Bereichs ein.

Naturkosmetik ist mittlerweile an verschiedensten Einkaufsstätten erhältlich. Die Naturkostfachgeschäfte haben ihre zentrale Stellung verloren, ebenso wie die klas­sischen Reformhäuser. Geschäftstypen wie Bio-Supermarkte, Naturkosmetikfach­geschäfte, Naturkosmetik-Studios und auch der Versandhandel bieten heute eine Vielzahl an Naturkosmetik Marken an und drängen in den Vordergrund.

Der erfolgreiche Verkauf von Naturkosmetik fordert daher die Beobachtung des Marktes und der aktuellen Marketingstrategien ebenso wie die Bereitschaft, immer wieder die eigene Vertriebsstruktur zu überdenken, zu erneuen und sich auf Innova­tionen einzulassen.

1.1.2 Besonderheiten beim Marketing in Kleinstunternehmen

1.1.3 Hautbalance als Typisches Kleinstunternehmen

Hautbalance wurde im November 2003 als Internet-Versand gegründet und 2007 um ein Ladengeschäft erweitert. Hautbalance hatte den Vertrieb von Naturkosmetik an Endverbraucher in Deutschland zum Kerngeschäft gemacht und war sowohl Na­turkosmetik-Fachgeschäft als auch Biodrogerie. Das Besondere am Geschäftskon­zept von Hautbalance war die Verbindung von Internetversand und klassischem Einzelhandel.

Von den zur Verfügung stehenden 280 m2 Gesamtfläche wurden bis 2010 90 m2 als Ladenfläche genutzt. Die restlichen 190 m2 teilten sich die Warenannahme und der Versand und eine Lagerfläche für Ware. Diese umfassten jedoch nur circa 20 m2, da die Ladenverkaufsflächen als „offenes Lager“ fungierten. Büro und Service standen vier Computerarbeitsplätzen zur Verfügung.

Der Internetversand lief über eine eigene Plattform (eigenes Shopsystem auf eige­nen Server), auf welcher 4.000 Produkte von über 100 Herstellern angeboten wur­den. Dazu zählten in erster Linie deutsche Hersteller, aber auch ausgesuchte Pro­duktlinien aus Frankreich, Holland, Marokko, Syrien, Kanada, Malaysia, China oder Neuseeland.

Die Produkte gehörten alle zum Bereich der Naturkosmetik, und beim größten Teil der Waren handelte es sich um zertifizierte Naturkosmetik. Neben den Produkten wurden auf der Webseite auch ausführliche Firmeninformationen und viel Hinter­grundwissen zum Thema Naturkosmetik geboten.

Monatlich wurde ein Newsletter in Form eines Kosmetiktipps an ca. 4.000 eingetra­gene Kunden per Mail versendet. Im Newsletter wurden neben einem Hauptthema des Monats drei spezielle Produkte empfohlen und in dem in jedem Monat ein aus­führlicher Pflegetipp gegeben wurde.

Hautbalance bot nicht nur die Produkte an und präsentierte die zum jeweiligen Pro­dukt passenden Infos, sondern bot auch eine spezielle, firmenunabhängige und fundierte Beratung zum Thema natürlicher Hautpflege an. Die Qualität dieser Bera­tung wurde durch zwei ausgebildete Naturkosmetikerinnen, eine Chemikerin und mehrere, zum Naturkosmetik-Berater qualifizierte, Servicekräfte abgesichert. Die Kunden konnten diesen Service sowohl persönlich im Geschäft, als auch per Tele­fon oder E-Mail nutzen.

Aus der Kopplung von Ladengeschäft und Versandhandel ergaben sich mehrere positive Synergieeffekte. Durch das „offene Lager“ wurde eine schnelle Warenrota­tion erreicht, was bei Naturkosmetik wegen der begrenzten Haltbarkeit besonders wichtig ist. Die Vielfalt des im Laden angebotenen Sortiments überstieg das Ange­bot von reinen Einzelhandelsgeschäften, weil im Internet eine hohe Nachfrage an speziellen und exklusiven Naturkosmetik-Produkten besteht. Im Versand wie auch im Einzelhandel wurden weniger bekannte Waren von interessierten Kunden aus ganz Deutschland gekauft, so dass bei Hautbalance die entsprechenden Hersteller sowohl im Online-Shop als auch im Ladengeschäft angeboten werden konnten. Durch die gut platzierte Internetpräsenz wurde Hautbalance im Netz schnell und gut gefunden. So wurden interessierte Kunden auch im größeren Umkreis auf das Ge­schäft aufmerksam, wodurch sich der Einzugsbereich des Ladengeschäftes wesentlich erweiterte. Ladenkunden konnten sich bereits im Netz über die gewünschten Produkte vorinformieren, oder sich bei Bedarf Ihre Produkte auch liefern lassen. Hautbalance konnte aufgrund des großen Lagerbestandes eine sehr kurze Versand­laufzeit bei fast allen Produkten anbieten. In der Regel betrug sie ein bis zwei Tage. Den Kunden erwartete ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Der Versand konnte - aufgrund der großen Umschlagmengen - deutschlandweit zu dem günstigen Preis von 2,95 € erfolgen. Um dem „grünen“ Selbstverständnis eines Großteils der Natur­kosmetik-Kunden gerecht zu werden, erfolgte der Versand mit „GoGreen“, dem öko­logischen Postversand der DHL. Zusätzlich wurde mit kompostierbaren Flocken und mit recyclebarem Verpackungsmaterial gepackt. Die Verkaufspreise orientierten sich an den von den Herstellern empfohlenen Verkaufspreisen. Die Zahlungsmodali­täten waren vielfältig und schlossen auch den Kauf auf Rechnung oder Lastschrift für Neukunden mit ein.

Zu den Marketingmaßnahmen gehörten der regelmäßige E-Mailversand des Kos­metik-Tipps zum Beginn des Monats und die monatliche Erstellung eines fachlich fundierten Pflegetipps. Dazu kamen regelmäßige Pressemitteilungen auf Ökonews (Vgl. www.oekonews.de) und Eco-world (Vgl. www.eco-world.de), den in der Bran­che wichtigen Portalen, sowie auf klassischen Presseportalen (Vgl. www.openpr.de, www.inar.de); mindestens 6 pro Monat.

Hautbalance war als Bezugsquelle bei seinen Herstellern auf der Netzpräsenz zu finden und von dort verlinkt.

Hautbalance bot ein eigenes Partnerprogramm an. Interessierte Internetnutzer konnten sich dafür anmelden und sich Provision durch gezielte Werbung für Hautba­lance auf Ihren Internetpräsenzen verdienen.

Alle Kunden bekamen fünf Tage nach Versand der Bestellung eine E-Mail- Nachfrage zur Zufriedenheit mit der Bitte um eine Bewertung des Bestellvorganges und der Versandabwicklung auf der Bewertungsplattform Ekomi. So konnte vom Hautbalance-Team schnell auf Kritik reagiert werden, und für neue Kunden waren die Aussagen der Altkunden eine beliebte Orientierungshilfe.

Weiterhin konnten alle Produkte im Shop bewertet werden. Alle zwei Monate er­schien die für Kunden kostenlose Naturkosmetik-Zeitschrift Cosmia mit dem Haut­balance Adress- und Infoeindruck, welche im Geschäft verteilt wurde und bei jeder Bestellung mitgeschickt wurde.

Die Werbeaktion „Natur macht schön“ (Vgl. www.natur-macht-schoen.de) wurde deutschlandweit über einen Großhändler für Fachgeschäfte organisiert. Der Großhandler entwarf einen ansprechenden Flyer und stellte die Themen und Angebote für den jeweiligen Aktionszeitraum. Hautbalance ließ im Einzugsgebiet des Ladens per Postwurfsendung die Prospekte verteilen und schickte für die Dauer der Aktion in jeder Lieferung einen Prospekt mit - ebenso wie passende weitere Infos und Pro­ben. Die Aktion wurde ebenfalls auf der Hautbalance-Website vorgestellt und auf der Internetpräsenz der Aktion war Hautbalance als Fachgeschäft mit Link aufge­führt.

Zu den für das Geschäft relevanten Aktionen gehörten die Beteiligung mit einem eigenen Stand bei örtlichen Märkten, wie z.B. dem Birkenfest oder dem Herbstmarkt in Birkenwerder. Hautbalance war außerdem Mitglied im ortsansässigen Gewerbe­verein und war beim Unternehmerstammtisch vertreten. Die Verbindungen zu regio­nalen Partnern wurden gezielt ausgebaut, wie z.B. zu Heilpraktikern, Bio-Catering­Unternehmen oder zur Asklepius-Klinik im Ort.

Eine Besonderheit im Ladengeschäft Hautbalance war die Möglichkeit, auf Wunsch von der Hautbalance-Naturkosmetikerin die Ergebnisse der Beratung, die eigenen Hautprobleme, offene Fragen und erworbene und getestete Produkten auf Kartei­karten registrieren zu lassen, um über längere Zeit die Wirksamkeit und Verträglich­keit der einzelnen Produkte verfolgen zu können. Dieser Betreuungsservice wurde bis dahin nur in Kosmetikstudios, nicht aber im Einzelhandel angeboten.

Hautbalance hatte sich für den deutschlandweiten Versand von Waren entschieden. Neukunden aus dem Ausland wurden nicht angenommen.

Der Umsatz im Jahr 2008 betrug 380.000 Euro, im Jahr 2009 lag er bei 460.000 Euro. Es arbeiteten zu diesem Zeitpunkt 6 Angestellte und 2 freie Mitarbeiter bei Hautbalance.

2009 waren ca. 20.000 Kunden für den Onlineversand bei Hautbalance registriert. Der Kundenstamm im Geschäft umfasste circa 100 registrierte Kunden.

Alle Produkte von Hautbalance wurden in verschiedenen Shopping- und Preisver­gleichsportalen im Netz gelistet.

Neben dem Verkauf über das eigene Portal wurde ein Teil der Produkte auch über die Internetplattform von Amazon verkauft. Dieser Part wurde im Oktober 2009 je­doch wieder eingestellt, da er für „schlechten Umsatz“ (die Kosten waren hier höher als der Gewinn) von ca. 5.000 Euro monatlich verantwortlich war. Dies wurde bei der ersten Möglichkeit der Kostenkontrolle nach Einrichtung der Finanzbuchhaltung festgestellt. Zum selben Ergebnis führte die Kostenkontrolle bei den anderen Shoppingportalen, die pro Click bezahlt werden mussten. Daher wurden alle Aktivitäten auf diesen Shoppingportalen eingestellt.

Hautbalance hatte vier Jahre lang erfolgreich seine Marketingstrategie mit diversen Shoppingportalen verfolgt. Im Herbst 2009 war jedoch der Punkt erreicht, an wel­chem die Kosten für diese Werbeform binnen weniger Monate explodierten, der Rücklauf sich jedoch nicht veränderte. Damit hatte sich der ehemalige Nutzen die­ser Strategie ins Gegenteil gewandelt.

Hautbalance begann daraufhin, das bisherige Marketingkonzept zu überarbeiten und den Schwerpunkt auf Social Media als neues Marketinginstrument zu legen.

1.2 Nachfrage und Marktsegmentierung

1.2.1 Nachfrage

Der potentielle Kundenbereich von Hautbalance Naturkosmetik bewegte sich im Bereich von ethisch orientierten Käufern über gesundheits- und schönheitsbewusste Menschen bis hin zu Zufallskäufern. Da jeder Mensch in Deutschland einen be­stimmten Anteil an Toilettenartikeln verwendet, ist der mögliche Markt sehr groß. Hautbalance bot als Fachgeschäft faire Preise, kompetente Beratung und guten Service an. Damit richtete sich das Fachgeschäft an Kunden, die dies zu schätzen wussten, die nicht als reine Schnäppchenjäger unterwegs - aber trotzdem an einem fairen Gesamtpreis interessiert waren.[18]

In erster Linie waren Hautbalance Kunden sehr bewusst lebende und kritische Kun­den, die auf Fair Trade, biologischen Anbau und möglichst pflanzliche Herkunft der Rohstoffe achteten. Diesen Kunden waren die Naturkosmetik-Zertifizierungen und die genauen Inhaltsstoffangaben wichtig. Liebhaber von ausgefallenen Naturkosme­tikprodukten bildeten ebenfalls eine große Klientel, ebenso die Lohas (Lifestyle of Health and Sustainability), welche den sozialen Hintergrund der Hersteller kennen wollten - aber gleichzeitig auch Wert auf hochwertige, glamouröse Produkte legten und dem reinen Genuss verschrieben waren.18

Eine weitere wichtige Kundengruppe waren Allergiker und Menschen mit Hautprob­lemen, sowie werdende und seiende Eltern. Aber auch der Zufallskäufer, der ein qualitativ gutes Produkt zu einem guten Preis sucht, wurde bei Hautbalance fündig.

1.2.2 Marktsegmentierung

Geografisch gesehen war der gesamte Norden Berlins Einzugsgebiet für das Ge­schäft, für spezielle Produkte auch ganz Berlin und das Umland. Über den Versand­handel wurde ganz Deutschland beliefert.

Aus demografischer Sicht sprach Hautbalance alle Altersgruppen und Einkom­mensklassen an. Die breite Produktpalette hielt sowohl hochpreisige Produkte für den gehobenen Anspruch bereit, als auch Linien auf Discount-Preisniveau, wie „Na­ture Friends“, die sich auch ein Hartz-IV Empfänger leisten konnte. Zu den Hautba­lance Kunden gehörten deutsche Mitbürger, aber auch Menschen mit Migrations­Hintergrund, hier besonders mit russischen, türkischen oder asiatischen Wurzeln.

Für das Bestellen Online-Shop war eine gewisse Fertigkeit im Umgang mit dem Internet Voraussetzung. Aber selbst wenn diese fehlte, konnte ein möglicher Kunde anrufen, sich beraten lassen und auch telefonisch, per Fax oder auch per Brief sei­ne Bestellung aufgeben.

Die Verwendung von Naturkosmetik ist, psych ografisch gesehen, für viele Men­schen durchaus ein Statussymbol. Was im Badezimmer steht, wenn Freunde zu Besuch kommen, was man beim Sport oder in der Sauna verwendet, wird von ande­ren Menschen wahrgenommen und stellt einen Teil der Persönlichkeit nach außen hin dar. Dementsprechend erwarteten die Hautbalance-Kunden qualitativ hochwer­tige Produkte zu einem guten Preis-Leistungsverhältnis. Hautbalance-Kunden wa­ren sowohl regelmäßige Verwender als auch Neuverwender von Naturkosmetik. Die Verwendungsrate bewegte sich von stark - bei regelmäßigen Benutzern - bis zu schwach - bei sporadischen Käufern.

Die Kaufeinstellung war in der Regel positiv. Manche neue Kunden waren jedoch zu Anfang skeptisch, was sich aber meist nach Verwendung der Produkte oder nach der persönlichen Beratung erfahrungsgemäß schnell legte.

Häufig gekauft wurden Linie Produkte von bekannten Marken und Herstellern. Stammkunden und Spezialisten griffen darüberhinaus auch gerne zu von Hautba­lance empfohlenen und vorgestellten unbekannten Herstellern.

1.3 Situationsanalyse

1.3.1 SWOT-Analyse

Chancen:

Naturkosmetik ist ein weltweiter Wachstumsmarkt. Das spiegelt sich im steigenden Interesse an Naturkosmetik wider, das auf einer allgemeinen Sensibilisierung der Bevölkerung in Bezug auf die Gefahren, die durch herkömmliche Kosmetika drohen können, einem wachsendem Umweltbewusstsein und einem steigenden sozialen Verantwortungsbewusstsein beruht.

Es gibt ein breites Spektrum an Naturkosmetik: von preiswerten Discountartikeln bis hochwertigen Reformhausprodukten.

Der Anstieg von Allergien und Hautproblemen stellt eine weitere Chance für die Vermarktung von Naturkosmetika dar.

Risiken:

Zunehmend drängen Discounter und Drogerieketten auf den Markt der Naturkosme­tik.

Es existiert eine große, fast unüberschaubare Produktpalette mit zum Teil nicht zer­tifizierter und zum Teil nur naturnaher Kosmetik. Diese Unterschiede sind für viele Verbraucher schwer zu erkennen und führen oft zur Verwirrung der Kunden. Kom­petente Verkaufsberatung ist daher sehr wichtig.

Die Zahl an Prüfsiegeln steigt stetig und sorgt ebenfalls für Verwirrung. Unter den Herstellern herrscht keine Einigkeit. Zwischen den Vergabestellen der verschiede­nen Siegel herrschen konkurrierende Meinungen, was sich negativ auf die Klarheit und Übersichtlichkeit auswirkt und die Verbraucher eher verunsichert, als bestärkt. Derzeit gibt es sechs Siegel, die auf dem deutschen Markt eine Rolle spielen: BDIH, ecocert (franz.), demeter, neuform, NCCO und NaTrue (europ.).

Stärken:

Hautbalance verfügte über Fachpersonal für kompetente Produkt- und Anwen­dungsberatung und ein motiviertes Team. Der professionelle Dialog mit den Kunden war selbstverständlich.

Eine Lagerwirtschaft wurde eingeführt, mit deren Hilfe ein großes Auftragsvolumen bewältigt werden kann. Sie diente ebenfalls zur Kontrolle vom Mindest­Warenumlauf. Die Sortimentsbreite und -tiefe war gut ausgebaut und durchdacht. Das Onlineportal zeichnete sich durch seine Vielseitigkeit aus: fachlich fundierte Artikel, kundenorientierter Service und eine breit gefächerte Produktpalette führen­der Marken sowie kleinerer Hersteller.

Die Lieferung wurde auf Rechnung oder per Bankeinzug für alle Kunden angeboten. Das Ladengeschäft befand sich an einer belebten Straße im sog. Speckgürtel von Berlin.

Schwächen:

Die Personal-, Miet- und Werbekosten waren sehr hoch. Die Kosten für die Ver­marktung über Amazon und diverse weitere Preisportale sind stark angestiegen und nicht mehr rentabel.

Es wurde 2009 aufgrund von Rechtsunsicherheiten im internationalen Versand und der hohen Versandkosten nur deutschlandweit versendet.

Durch die Zahlungsmöglichkeit per Rechnung bestand ein Risiko höherer Zahlungs­ausfälle, das bei ca. 5% lag.

Die Laufkundschaft musste wegen der Standortverlegung zu Beginn des Jahrs 2009 erst wieder neu aufgebaut werden.

1.3.2 SWOT-Matrix und Marketing-Problemstellung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Unternehmen reagierte sehr gut auf die Marktchancen der breiten Produktpalet­te in der Naturkosmetik, indem es ein sehr großes und vielfältiges Sortiment auf Lager hatte. Zudem nutzte es zwei der wichtigsten Vertriebsmöglichkeiten: den La­denverkauf in Kombination mit einem Onlineshop.

Dem Risiko der starken Konkurrenz durch Discounter und Drogerieketten begegne­te Hautbalance durch professionelle und kompetente Beratung sowohl im Laden als auch im Onlineshop, über den Newsletter, per E-Mail und via Telefon. Die Präsenz von Naturkosmetik in Drogerien und Discountern bewirkte letztendlich auch einen positiven Effekt für die gesamte Naturkosmetikbranche: die Menschen wurden für dieses Thema sensibilisiert, so dass das allgemeine Interesse an Naturkosmetik wuchs. Jedoch boten Discounter und Drogerien nur ein kleines Sortiment an und dort fehlte zumeist die Beratung. Kunden, die nicht nur Mitnahmeartikel suchten, die mehr Informationen brauchten und eine breitere Auswahl an Naturkosmetik­Produkten nutzen wollten, fühlten sich - nach dem Erstkontakt mit Naturkosmetik über die Drogeriemärkte und Discounter - schnell durch das große Sortiment und die gute Beratung eines Fachgeschäftes wie Hautbalance angezogen.

Den im Durchschnitt geringen Margen im Naturkosmetik-Bereich konnte durch die gezielte Suche nach speziellen Herstellern mit besseren Konditionen begegnet wer­den. Ebenfalls sollten langfristig Skonti, Warenrabatte und Versandkostenfrei­Schwellern gezielt ausgenutzt werden.

Der Naturkosmetikmarkt wuchs und wächst europa- und weltweit. Diese Chance hätte das Unternehmen nutzen können, in dem es den EU- bzw. weltweiten Ver­sand angeboten hätte. Hierzu hätte die Rechtsunsicherheit durch geeignete Mittel auf ein Minimum reduziert werden müssen. Eine englische Fassung der Webseite wäre ebenfalls anstrebenswert gewesen. Das hätte für eine bessere Auffindbarkeit der Seite im internationalen Rahmen gesorgt.

Der wachsende Qualitätsanspruch der Kunden hat eine Vielzahl von Prüfsiegel auf den Markt gebracht. Dieser Umstand brachte es mit sich, dass das Wissen der Mit­arbeiter des Unternehmens durch geeignete Weiterbildungen stets auf aktuellem Stand gehalten werden musste. Die Webseite musste ebenfalls regelmäßig gepflegt werden, was einen erheblichen Aufwand bedeutete. Besonders die Erstellung pro­fessioneller Texte und Newsletter, die Bestückung der Presseportale, das Einpfle­gen immer neuer Artikel und Hersteller waren ein hoher Kostenfaktor. Die ausge­baute Kundenbetreuung erforderte einen großen Einsatz, ebenso die Buchhaltung. Der erhebliche Aufwand des Debitorenmanagements hätte outgesourced werden können. Denkbar wäre ein Anbieter für die Verwaltung von Zahlungsweisen inner­halb Deutschlands und weltweit gewesen, der gleichzeitig das Debitorenmanage-

ment übernimmt. Somit hätten sich die Mitarbeiter mehr Ihrer eigentlichen Aufgabe des Verkaufs, des Versandes und des Kundenservices widmen können.

Dem Anstieg der Kosten für Amazon und für die Preisportale wurde mit einer Mini­mierung der Listung auf diesen Portalen begegnet. Amazon wurde komplett einge­stellt.

Die gezielte Minimierung der Listungen und damit der Kosten für die Preisportale ging einher mit dem gezielten Ausbau der neuen Social Media Strategie. Als Ziel wurde gesetzt, die kostenpflichtigen Preisportale ganz als Marketinginstrument aus dem Konzept zu nehmen und nur noch die kostenlosen Portale zu nutzen, sobald die Social Media Strategie ausgereift und voll einsatzfähig ist.

1.4 Marketingziele

1.4.1 Grundsätzliche Ziele

Die Marktdurchdringung im Onlinehandel sollte gezielt ausgebaut werden.

Der Bekanntheitsgrade der Seite und des Geschäftes sollte mit gezielten Maßnah­men und Aktivitäten erhöht werden.

Die Herausarbeitung von ABC-Kundengruppen sollte umgesetzt werden. Für diese Kundengruppen sollten spezifische Marketing- und Kundenbindungsmaßnahmen erarbeitet werden, was zu einer Aktivierung der Bestandskunden um 50% führen sollte.

Die Gewinnung neuer Kunden im Ladengeschäft sollte mit 100% Wachstumsrate erreicht werden, der Ausbau der Sortimentsbreite mit 30%.

Alle genannten Marketingziele bezogen sich auf den Zeitraum eines Jahres (No­vember 2009 bis November 2010).

1.5 Beschreibung der Marktaufgabe

1.5.1 Marktdurchdringung

Priorität hatte bei Hautbalance das Ziel, die Marktdurchdringung zu steigern. Der kontinuierliche Ausbau und die Überarbeitung der Webpräsenz, das häufige und gezielte Schalten von Pressemitteilungen und die Umlegung des Werbebudgets von den Preisportalen hin zu den neuen Social Media-Tools sollten die Gewinnung von Neukunden verstärken. Auch für die Intensivierung des Konsums bestehender Kun­den waren diese Maßnahmen sinnvoll.

Zusätzlich sollte das Empfehlungsmarketing zur Neukundengewinnung ausgebaut werden.

Für das Ladengeschäft wurden beide Ziele durch die Teilnahme an den Gewerbeak­tionen des Ortes erreicht und durch den kontinuierlichen Ausbau von Kontakten zu branchennahen Partnern, wie der Asklepius-Klinik, Heilpraktikern, Ärzten, Hebam­men und Friseuren.

Bisherige Nichtverwender sollten durch eine Postwurfsendung im Einzugsbereich Birkenwerder mit Informationen und einer Produktprobe gewonnen werden.

Der Kundenservice wurde ständig verbessert. Die gesamten Konditionen für den Verkauf wurden laufend optimiert. Ziel dabei war, Transparenz zu schaffen, so dass der Kunde die Konditionen als fair erkennen und akzeptieren konnte.

1.5.2 Markterschließung

Die Marktentwicklung sollte verbessert werden, indem neue Kundensegmente für die Naturkosmetik erschlossen werden sollten. Dazu hätten vermehrt Senioren ge­hören können, oder Diabetiker, welche eine spezielle Hautpflege benötigen. Diese Kundengruppen sollten mit gezielter Werbung angesprochen werden, beispielswei­se mit Aktionstagen im Geschäft, Printanzeigen und Handzetteln im Altersheim und in der Klinik.

Ein wichtiges neues Kundensegment waren die 15 bis 25-Jährigen. Diese waren noch unterrepräsentiert, ebenso wie die Kundengruppe der Männer. Diese Segmen­te sollten vor allem über die neue Social Media-Strategie erreicht werden.

Langfristig sollte das Auslandsgeschäft über das Internet ausgebaut werden.

1.5.3 Produktentwicklung

Die Produktentwicklung wurde vorangetrieben durch die Aufnahme von kosmeti­schen Behandlungen mit Naturkosmetik, es wurde also eine Dienstleistung als er­gänzendes Produkt angeboten.

Das Sortiment wurde um neues Mineral Makeup, Bürsten zur Körperpflege und durch die Aufnahme neuer Hersteller mit speziellen neuen Produkten erweitert. Ein Beispiel dazu war die keine Firma „Guayapi Tropical“, die Naturkosmetika auf der Basis von Rohstoffen aus dem Amazonas Gebiet herstellt.

1.5.4 Diversifikation

Um eine vertikale Diversifikation zu erreichen, hätte Hautbalance produktunabhän­gige Beratungen anbieten können, wie zum Beispiel Farb- und Typberatung oder Ernährungsberatung.

Eine horizontale Diversifikation hätte über die Aufnahme des Verkaufs von Edelstei­nen passend zur Edelsteinkosmetik und den Vertreib von Schmuck erfolgen kön­nen.

Laterale Diversifikation wäre durch den Verkauf von Bildungs-, Themen- und Aben­teuerreisen erreichbar.

1.6 Marketingmix

1.6.1 Produktpolitik

Die Vergrößerung des Sortiments wurde gezielt geplant. Zusätzlich wurden die Verwendung von umweltfreundlichen Verpackungen, kompostierbarem Füllmaterial und der Versand über das Klimaschutzprogramm der DHL „GoGreen“ in den Vor­dergrund gestellt.

Die versandte Ware wurde mit gezielten Zusatzinformationen und passenden Gra­tisproben versehen. Ein ansprechend gestalteter Prospekt mit den Hauptinformatio­nen zu Hautbalance sollte später dazukommen.

1.6.2 Preispolitik

In der Gestaltung der Preispolitik waren spezielle Rabattaktionen für Bestandskun­den geplant.

Eine Erhöhung der Versandkosten bei kleinem Bestellwert war im Gespräch, ge­koppelt mit der Befreiung von Versandkosten ab einem bestimmten Bestellwert.

Die Zahlungsbedingungen sollten differenzierter gestaltet werden. Für den Ausbau des internationalen Versandes empfahl sich die Recherche zu den in anderen Län­dern, besonders den Dachländern, üblichen und beliebten Zahlungsmitteln.

1.6.3 Kommunikationspolitik

Der neue Schwerpunkt in der Kommunikationspolitik war der Einsatz der Social Me­dia-Tools.

Außerdem sollte in der Vorweihnachtszeit eine Postwurfsendung im Ladenumfeld von 10 km als neue Werbekampagne vor Ort gestartet werden.

Die Präsenz auf örtlichen saisonalen Märkten wurde ausgebaut, ebenso wie die Präsenz auf der kommunalen Gewerbe- und Kulturmesse (alle 2 Jahre).

1.6.4 Vertriebspolitik

Angestrebt wurde eine Erhöhung des Umsatzes im Ladengeschäft im Vergleich zum Online-Versand.

Der Vertrieb über Friseure und Kosmetiker im Ladenumfeld war ebenfalls ange­dacht.

2 Das Projekt „Social Media als Marketinginstru­ment“ bei Hautbalance Naturkosmetik

2.1 Begriffsbestimmung und Systematisierung der Social Media

Was sind Social Media?

Unter dem Begriff Social Media werden die Medien zusammengefasst, welche für den sozialen Austausch in der Gesellschaft über das Internet genutzt werden. Sie umfassen soziale Netzwerke und Netzwerkgemeinschaften. Über diese Art von Me­dien kommunizieren Menschen, tauschen Gedanken aus und schaffen sich Ihren Freundeskreis, Ihre Gruppe von gesellschaftlichen Kontakten.

Soziale Interaktionen werden im Internet ohne direkten persönlichen Kontakt mit Hilfe technologischer Möglichkeiten zeitverzögert und in Echtzeit möglich.

Als Kommunikationsmittel kommen Inhalte in Form von Text, Bild, Audio oder Video zum Einsatz.

Die für die Social Media genutzte Technologie im World Wide Web erlaubt interakti­ve Anwendungen. Dabei stellen die Nutzer der Medien Inhalte her und tauschen diese untereinander aus. Diese Art von selbstproduzierten Inhalten wird User Gene­rated Content genannt. Das heißt, dass Inhalte über das Medium World Wide Web weitergegeben, von Anwendern konsumiert und selbst produziert werden können. Es findet eine aktive Kommunikation statt.

Diese interaktiven Anwendungen prägten den Begriff des Web 2.0. Das Web 2.0 soll eine Abgrenzung zum Begriff des Web 1.0 darstellen, welcher die reine Informa­tionsweitergabe zur passiven Aufnahme über das World Wide Web kennzeichnet. Entstanden sein soll der Begriff Web 2.0 im Jahre 2004, als zwei Unternehmer ei­nen Namen für eine Konferenz suchten. Dabei wollten sie die bis dahin gängige Form der Nutzung des Internets als Einweg-Kanal für die Weitergabe und den pas­siven Konsum von Informationen von dem sich neu entwickelnden Trend zur sozia­len Interaktion über das World Wide Web abgrenzen.[19] Corina Lange verweist in Ihrer Diplomarbeit darauf, dass dieser Gedanke jedoch nicht neu war, sondern den ursprünglichen Grundgedanken bei der Entwicklung des Internets verkörperte.[20] Mit dem Web 2.0 wurde also - nach einer Pause - die eigentliche Grundidee des Internets wieder aufgegriffen. Diese Grundidee stammte vom Gründer des World Wide Web und dem Entwickler der HTML Sprache (Hypertext Markup Language) Tim Berners-Lee, welcher das Netz zum Austausch und der gegenseitigen Bearbei­tung von Forschungsinformationen ins Leben rief.

Thilo Trump entwickelte- basierend auf dem gängigen Verständnis von Web 1.0 und Web 2.0 - ein Zwei-Dimensionen-Modell, welches das Nutzungsverhalten der Internetanwender anhand dieser beiden Modelle unabhängig von der zeitlichen Ent­stehung der Begriffe veranschaulicht.

[...]


[1] Stuber 2010, S. 108

[2] Harfoush und Obama 2009, S. 13

[3] Harfoush und Obama 2009

[4] Kirkpatrick 2009, S. 1

[5] Kirkpatrick 2009, S. 2

[6] Arndt 2009, S. 3-5

[7] Arndt 2009, S. 7

[8] Ivanauskas 2009, S. 20

[9] Kilic 2009/2010, S. 89-91

[10] Kopp 2007, S. 25

[11] Lewicki 2009, S. 5

[12] Thomas 2009, S. 76

[13] Schmidt 2010, S. 49

[14] Rascher

[15] Bio-Markt.Info - Onlinemagazin für den Naturkosthandel 2006, S. 1

[16] Monika Bremer-Nagel

[17] Elfriede Dambacher 2008

[18] Wippermann 2008

[19] Thilo Trump (result), S. 9

[20] Corina Lange 2007, S. 6

Ende der Leseprobe aus 107 Seiten

Details

Titel
Nutzung von Social Media als Marketinginstrument in Kleinunternehmen am Beispiel Hautbalance Naturkosmetik
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Veranstaltung
Business Administration - General Managament
Note
2
Autor
Jahr
2011
Seiten
107
Katalognummer
V181337
ISBN (eBook)
9783656043263
ISBN (Buch)
9783656043041
Dateigröße
1160 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Marketing, Social Media, Naturkosmetik, Facebook, Twitter, Dunbars number, vocal grooming, Oxitocin, Kommunikation, Gruppengröße, Vernetzung, soziale, Gehirn, Affen, Hautbalance, Hockauf, HTW
Arbeit zitieren
Elke Hockauf (Autor:in), 2011, Nutzung von Social Media als Marketinginstrument in Kleinunternehmen am Beispiel Hautbalance Naturkosmetik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/181337

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