Unternehmenstheater als Managementinstrument - Konflikte in Änderungsprozessen kreativ aufdecken und lösen


Masterarbeit, 2011

85 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0 Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Change Management
2.1 Change Management und seine Voraussetzungen
2.2 Rahmenbedingungen und Ursachen für Veränderungen in Unternehmen
2.3 Motive für Veränderungen und deren Zielrichtungen
2.4 Unterschiedliche Veränderungsinitiativen
2.5 Change Management braucht Top-Manager und Change Agents
2.6 Führungsinstrumente in Change-Prozessen
2.7 Umsetzen von Veränderungen/Transfer
2.8 Veränderungen und Lernen
2.9 Change Management und Unternehmenskultur
2.10 Veränderungen und (unbegründete) Widerstände

3 Über Konflikte
3.1 Konflikte (an-) erkennen
3.2 Psychologische und soziale Konflikte
3.3 Soziale Konfliktarten und -ursachen
3.4 Konfliktphasen
3.5 Konflikt-Management
3.6 Kreativität in Konflikten

4 Unternehmenstheater
4.1 Unternehmenstheater als Instrument gegen Unterdrückungen?
4.2 Typen von bedarfsorientiertem Theater in Unternehmen
4.3 Forumtheater und das 3-Phasen-Modell
4.4 Lernen von sozialen Systemen

5 Unternehmenstheater als Managementinstrument in der Praxis
5.1 Befragung von Unternehmen
5.2 Befragung von Unternehmenstheateranbietern

6 Schlussbetrachtung

7 Literaturverzeichnis

8 Anhang

0 Abbildungsverzeichnis

Abb. 1:

„Charta des Management von Veränderungen“ nach: Doppler/Lauterburg 1994: 130; eigene Darstellung

Abb. 2:

5 Grundmuster menschlichen Konfliktverhaltens; vgl. Doppler/Lauterburg 1994: 285; Kreyenberg 2006: 99

Abb. 3:

3-Phasen-Modell nach Lewin; vgl. Schönwald 2007: 27

1 Einleitung

Veränderung ist ein alltägliches - biologisches wie soziales - Phänomen, das sich in allen Lebensbereichen beobachten lässt. Jeder Einzelne in der Gesellschaft, die Gesellschaft selbst, Institutionen und Organisationen, sie alle müssen mit Veränderung umgehen können.1

„In der Unternehmensentwicklung ist der Veränderungsprozess Stellhebel und Motor für die Erreichung der Unternehmensziele und muss daher höchste Priorität, hohe Geschwindigkeit und eine hohe Unterstützung aller Beteiligten haben“ (Osterhold 2002: 91). Dort spricht man von Change- oder Veränderungsmanagement, wenn Arbeitsprozesse radikal umgestellt werden, wenn also ein Unternehmenswandel, eine große Veränderung eintritt, beispielsweise die Zusammenlegung von Abteilungen, die Einführung einer neuen Unternehmenssoftware oder von neuen Produktmargen.

Aus dem Führungs- und Projektalltag in Unternehmen oder (Non-)Profit- Organisationen ist Change Management nicht mehr wegzudenken. Bedürfnisse am Markt, nicht zuletzt durch den technischen Fortschritt vorangetrieben, stellen Unternehmen immerzu vor neue Herausforderungen: Strukturen müssen aufgebrochen, Prozesse anders gestaltet, Mitarbeiter für Veränderungen gewonnen und begeistert werden. Automatismus und die Wiederkehr des immer Gleichen bedeuten nämlich Stillstand in Forschung, Entwicklung und in der Anwendung, Stillstand in allen Bereichen.

Veränderungen sind demnach notwendig, um Fortschritte machen und mit anderen Unternehmen Schritt halten zu können, also wettbewerbsfähig zu sein und somit die Existenz zu sichern.

Es bleibt nicht aus, dass es bedingt durch die Veränderungen im Betrieb zu Konflikten unter der Belegschaft kommen kann, die manchmal ganze Abteilungen oder große Teile des Unternehmens betreffen. Die allermeisten Konflikte sind der Unternehmensleitung nicht einmal bekannt, weshalb sie nach Wegen sucht, diese für sie latenten Konflikte aufzudecken, um beispielsweise ein produktiveres Arbeiten ihrer Mitarbeiter zu ermöglichen. Solche Wege versucht das Unternehmenstheater, das später noch genauer vorgestellt wird, in der „einfachen“ oder „qualifizierten“ Variante zu beschreiten.

Aufbau und Zielsetzung der Arbeit

Die Masterarbeit beschäftigt sich mit dem Unternehmenstheater als ein Managementinstrument zur Krisenbewältigung unter Berücksichtigung der sich ständig ändernden Bedingungen in Unternehmen. Krisen oder Konflikte, die oft mit Veränderungen einhergehen oder gerade durch Veränderungen hervorgerufen werden, können wertvolle Ressourcen binden sowie negativ beeinflussen. Das ist auch Anbietern von Unternehmenstheater bekannt, weshalb sie als Mittel der Gegensteuerung das Theater als Interventionsmedium einsetzen, von dem man sich erhofft, dass die Gefühle der Mitarbeiter bezogen auf die Veränderung positiv beeinflusst werden.

Zunächst werden wichtige Voraussetzungen für den Einsatz von Change Management aufgegriffen, d.h. u.a. wann Change Management überhaupt zum Einsatz kommen sollte. Dem schließen sich Rahmenbedingungen und Ursachen für Veränderungen in Unternehmen an, denen Motive, Zielrichtungen von Veränderungen sowie Veränderungsinitiativen folgen. Welche Rolle die Top-Manager oder Change Agents (Veränderungsmanager) in Change-Prozessen spielen, wird in Abschnitt 2.5 dargestellt. Nach der Besprechung des in Change-Prozessen so wichtigen Führungsinstruments „Führen mit Zielen“ wird Bezug zum Umsetzen von Veränderungen in das unternehmerische Alltagsgeschäft genommen (2.7). Diese Umsetzung ist sowohl von Führungskräften als auch von allen Mitarbeitern gleichermaßen zu forcieren. Eng damit verbunden ist der Begriff des Lernens, dem in der nächsten Passage Aufmerksamkeit geschenkt wird. Im Abschnitt 2.9 wird verdeutlicht, welchen gewichtigen Einfluss die Unternehmenskultur auf das Change Management hat, bevor danach die Korrelation von Veränderungen und Widerständen angerissen und mit einem Rückgriff auf den Begriff des Lernens Bezug genommen wird.

Kapitel 3 beschäftigt sich mit Konflikten. Neben Konfliktarten und -ursachen werden auch Konfliktphasen und Konfliktmuster vorgestellt. Der daran anschließende Abschnitt widmet sich dem Konfliktmanagement, also wie mit Konflikten umzugehen ist. Hierbei spielt Kreativität eine nicht zu unterschätzende Rolle. Einer solchen Kreativität bedient sich - wie sich später noch zeigen wird - auch das Theater. Schon seit jeher bricht das Theater durch eine nicht alltägliche Herangehensweise mitunter Unangenehmes, Sperriges und Aufsehen Erregendes (wie Konflikte) auf eine andere Ebene herunter, die es ermöglicht, eine gewisse Distanz zu den Konflikten aufzubauen und trotzdem eine hohe emotionale Nähe zu verschaffen vermag.

Das 4. Kapitel befasst sich dann mit dem Unternehmenstheater als solchem. Neben der Herkunft des Unternehmenstheaters werden auch einige Typen von bedarfsorientiertem Theater in Unternehmen vorgestellt, die allesamt als ein Mittel der Auflockerung verstanden werden können: Durch diese theatralen Interventionen erscheinen Probleme oder Konflikte handhabbarer und werden nicht mehr so sehr als belastend wahrgenommen, was zu einer Lösung oder Bewältigung dieser „Störfaktoren“ beiträgt. Abgeschlossen wird das Kapitel mit Ausführungen zum Lernen von sozialen Systemen, wie beispielsweise Unternehmen. Diese müssen sich nicht nur verändern, weil der Markt dies von ihnen verlangt, sondern nachhaltig Konsequenzen daraus ziehen, ergo daraus lernen.2

Im Kapitel 5 werden Befragungsresultate von Unternehmen oder Organisationen, in denen Unternehmenstheater bereits zum Einsatz kam sowie Umfrageergebnisse von Unternehmenstheatern angeführt, die für die notwendige Empirie sorgen und die Arbeit mit Praxisbezügen unterfüttern sollen. Darin soll u.a. herausgefunden werden, inwieweit Unternehmenstheater wirklich das geeignete Managementwerkzeug ist, Veränderungen flankierend zu begleiten und zu unterstützen sowie auf Konflikte hinweisen und Maßnahmen zu deren Bewältigung einleiten kann. Eine weitere Frage bezieht sich auf die Relevanz des Unternehmenstheaters in Bezug auf Change Management und Konfliktarbeit. Sind das tatsächlich die beiden Haupteinsatzbereiche von Unternehmenstheateranbietern oder werden diese Schlagworte medienwirksam als „Zugpferd“ oder Aufhänger benutzt, überwiegend unterhaltende Formate „von der Stange“, zwar mit hohem Spaßfaktor, aber ohne Tiefgang und Schärfe an die Frau oder an den Mann zu bringen? - Reichen die meist zwei, drei Stunden - im besten Falle ein Wochenende - einer Unternehmenstheaterinszenierung überhaupt aus, um nachhaltige Impulse zu setzen?

Beendet wird die Arbeit mit einer persönlichen Einschätzung über den Stellenwert von Unternehmenstheater, in der nicht nur positive Stimmen laut werden. Unternehmenstheater als Managementwerkzeug - mehr Wunsch oder mehr Wirklichkeit?

2 Change Management

2.1 Change Management und seine Voraussetzungen

Das wichtigste und entscheidendste Element des Change Management ist „Menschen zu bewegen, nicht länger zu lamentieren, sondern ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen“ (Edtinger et al. 2004: 124). Worauf es letztlich ankommt, ist, Initiative zu zeigen, andere Menschen zu motivieren und Verantwortung zu übernehmen. Doch zuvörderst sollte - so selbstverständlich dies klingen mag - ein ausreichendes Interesse vorhanden sein, die angestrebte Veränderung wirklich zu nutzen3 4, was Heinbokel/Schleidt als unerlässlich für die Realisierung eines Veränderungsprozesses anführen. Außerdem soll die Durchführung selbst kooperativ erfolgen und in bestimmten Situationen spezifische Formen der Intervention für die Weiterentwicklung des Prozesses sorgen.

„Die Intervention ist als eine Aktion zu verstehen, die von der Zielsetzung her die Veränderung erleichtern soll. Mögliche Formen einer Intervention sind:

- Ermutigung (z.B. offen über bestimmte Gedanken zu sprechen),
- Konfrontation (z.B. durch Beschreibung dessen, was gerade passiert ist),
- Klärung (z.B. anhand einer Videoaufzeichnung die Ursache für aufgetretene Meinungsunterschiede gemeinsam herausarbeiten) und
- Interpretation (z.B. indem ich mitteile, was meiner Meinung nach die Ursache des beobachteten Verhaltens ist)“ (Heinbokel/Schleidt 1993: 73).

Hüttler sieht als notwendige Voraussetzung für erfolgreiches Change Management das Auflockern.

„Jeder Veränderungsprozess bedarf einer Vorbereitung und Auflockerung um die Aufnahmebereitschaft herzustellen. Um althergebrachte Unternehmensstrukturen und Denkweisen von Mitarbeitern >>aufzulockern<< reicht das herkömmliche Managementinstrumentarium meist nicht mehr aus. Neue Wege, die zu einem Heraustreten aus der alltäglichen Unternehmensroutine verleiten, sind gefragt. Diese neuen Wege kommen in den seltensten Fällen von innerhalb der Firma, da der distanzierte Blick von außen, der notwendig ist, um überhaupt die gesuchten neuen Wege zu finden - fehlt“ (Hüttler 2005: 40).

Was sind letztlich aber die Rahmenbedingungen oder Ursachen die dazu führen, dass Unternehmen sich verändern?

2.2 Rahmenbedingungen und Ursachen für Veränderungen von Unternehmen

Doppler und Lauterburg führen drei Aspekte an, die als Rahmenbedingungen bzw.

Ursachen für Veränderungen von Unternehmen gelten können. Als Erstes benennen die Autoren die Verknappung der Ressource Zeit, wobei das Marktgeschehen tendenziell instabiler, die Produktlebenszyklen stetig kürzer würden. Deshalb müssten Unternehmen immer schneller reagieren. Das bedeute nicht, dass die Qualität der Produkte oder Dienstleistungen weniger wichtig wäre als früher, aber sie allein reiche nicht mehr aus. Um im Markt die Nase vorn zu haben, zähle neben hoher Güte vor allem eins: Schnelligkeit. Weiterhin sei zu beobachten, dass im Gefüge der Weltwirtschaft Unternehmen wie Bürger für gleiche Leistungen immer weniger Geld erhielten - und das bei gleichzeitig immer höherer Steuerbelastung. Die Ressource Geld werde weiterhin knapp bleiben, nicht zuletzt durch die richtungsweisenden Bezugsgrößen unternehmerischen Denkens und Handelns, nämlich Leistungs- und Kostenoptimierung. Weiterhin sei festzustellen, dass in Zeiten des Internets und der fortschreitenden Globalisierung sich technische, ökonomische, politische und gesellschaftliche Entwicklungen immer stärker beeinflussen. „Steigende Komplexität“ ist der Fachterminus, der diese Entwicklung beschreibt und freilich selbst Unternehmensprozesse mit weit reichenden Konsequenzen für das Management nicht außen vor lässt. (Doppler/Lauterburg 1994: 18 ff.).

Bedingt durch die oben angeführten Rahmenbedingungen und Ursachen für Veränderungen können entsprechende Motive für Veränderungen abgeleitet werden.

2.3 Motive für Veränderungen und deren Zielrichtungen

Nach Kraus et al. lassen sich zwei wesentliche Beweggründe unterscheiden, „die dazu führen, dass Menschen sich verändern: Nutzen oder Leidensdruck“ (2004: 152). Nutzen bedeutet beispielsweise, dass man sich durch die Veränderung verspricht, sich im Markt noch besser positionieren zu können, indem ein neues Werk gebaut wird oder modernere Maschinen angeschafft werden, um effizienter zu arbeiten. Bei diesem Beweggrund sind Veränderungen i.d.R. nicht existenznotwendig.

Hingegen sind die durch den Beweggrund Leidensdruck angestrebten Veränderungen meist von existenzieller Bedeutung. Damit ist gemeint, dass eine untragbare Situation vorliegt, die zwingend abgestellt werden muss („So kann es nicht weitergehen. Es muss etwas passieren“). Das können hergestellte Produkte von minderer Qualität sein, die sich nicht verkaufen lassen, fehl geschlagene Werbekampagnen oder eine wenig produktive unternehmensinterne Kommunikation usw. Bei näherer Betrachtung fällt 7 jedoch auf, dass sowohl durch das Motiv Nutzen, als auch durch Leidensdruck eine Situation oder ein Zustand zum Besseren gelenkt werden soll. Man verfolgt durch den Beweggrund Leidensdruck auch immer eine Nutzenerwartung, weshalb man im Prinzip nur ein Motiv für Veränderungen kennt: nämlich Nutzen. Daraus können nach Lindinger/Goller (2004: 32 f.) vier Zielrichtungen von Veränderungen erwachsen, unter die man seine Ziele subsumieren kann bzw. sollte:

- Standardisierung (einheitliche Vorgehensweisen)
- Verbesserung (kontinuierliche, kontrollierte und messbare Schritte)
- Innovation (große Sprünge bzw. echte Neuheiten)
- Anpassung (von Traditionen an die Gegenwart)

Die Ziele, die so konkret wie möglich formuliert werden sollten, sind für den erfolgreichen Verlauf von Veränderungsprozessen entscheidend, denn: Bleiben Ziele oder Zielvorstellungen unklar, so ist der Erfolg der Veränderungsprozesse gefährdet. Beim Planen der Ziele und Zielrichtungen ergibt sich zudem zwangsläufig die Frage, welches Ausmaß die Veränderungen haben sollen, worüber im nächsten Abschnitt referiert wird.

2.4 Unterschiedliche Veränderungsinitiativen

Scott-Morgan beschreibt drei unterschiedliche Veränderungsinitiativen und unterteilt nach dem Grad der Veränderung in „Schrittweiser Wandel“, „Umstrukturierung“ und „Neugestaltung“ (2008: 82 f.).

Durch bewusst herbeigeführte Veränderungen verspricht man sich in erster Linie irgendeine Art von Verbesserung. Der schrittweise Wandel (evolutionärer Wandel) ist die häufigste, aber auch unspektakulärste Form einer Veränderung. Eine Umstrukturierung nimmt zwar deutlich mehr Zeit und Ressourcen in Anspruch als ein schrittweiser Wandel, kann sich aber langfristig bezahlt machen.

Eine radikale Veränderung hingegen ist das sog. Business Reengineering, das sich nur bei hohem Problemdruck durchsetzen lässt (revolutionärer Wandel).

„Business Reengineering, die Neugestaltung innerbetrieblicher Prozesse, gilt als einer der wichtigsten Ansätze zur Leistungsverbesserung. Er stellt sich einer neuen Herausforderung: der Rationalisierung komplexer Unternehmensaktivitäten, die mehrere Abteilungen einschließen. Im Extremfall kann man von einem leeren Blatt Papier ausgehen und die Zusammenhänge betrieblicher Abläufe völlig neu durchdenken. Die daraus resultierende Neustrukturierung kann auf allen Ebenen des Unternehmens zu drastischen Produktivitätsverbesserungen führen“ (Scott-Morgan 2008: 19).

Umfangreiche Veränderungen tragen jedoch das größte Risiko eines Misserfolgs in sich (ebd.: 85). Der Grund liegt daran, dass sich der Wandel bei einer Neugestaltung sehr viel tiefgreifender (grundlegender) erstreckt, als dies bei einem nur schrittweisen oder oberflächlichen Wandel der Fall ist. Andererseits bieten umfangreiche Veränderungen aber auch die größten potenziellen Vorteile. - Welcher Veränderungsinitiative nun der Vorzug zu geben ist, lässt sich pauschal nicht beantworten und hängt vom Einzelfall ab. Es ist Aufgabe der Top-Manager und der Change Agents (Veränderungsmanager) die notwendigen Veränderungsprozesse im Betrieb anzukurbeln und für den jeweiligen „Change“ zu sorgen.

2.5 Change Management braucht Top-Manager und Change Agents

Wie in der Einleitung bereits erwähnt, sind Veränderungen etwas ganz Natürliches. Aber warum brauchen Veränderungen dann ein Change Management? Ist unser Alltag nicht schon übervoll mit dem Managementbegriff? - In der Tat. Der Begriff des Managements ist ubiquitär. Wir benutzten das Wort managen, wenn wir damit zum Ausdruck bringen wollen, das etwas bewerkstelligt oder erledigt wird. Dabei ist uns oft nicht bewusst, dass ein Manager in erster Linie eine Führungspersönlichkeit ist, die die Richtung vorgibt, anordnet, delegiert und überwacht. Sicherlich geschehen Veränderungen auch dann, wenn man diese nicht bewusst herbeiführen möchte.5 Damit Veränderungen aber nicht beliebig werden und zum Leitbild bzw. zur Philosophie oder Strategie des Unternehmens passen, braucht es Menschen, die diese Veränderungen zielgerichtet steuern.

„Die Unterstützung durch das Top-Management (bei kleinen Unternehmen die Inhaber) ist ein unbedingter und mit der wichtigste Erfolgsfaktor für Change-Prozesse. Die eigentliche Umsetzung von Veränderungen muss [jedoch, R.K.] durch betroffene Mitarbeiter erfolgen. Diese schauen aber stark darauf, wie die Unternehmensspitze zu den Veränderungen steht“ (Kraus et al. 2004: 168).

Teichmann verweist auf diverse Literatur zu organisatorischem Wandel6, die darauf hindeutet, „dass ein ausschlaggebender Faktor für den erfolgreichen Verlauf von Veränderungsprozessen darin liegt, dass die Betroffenen die dringende Notwendigkeit für Wandel erkennen und verstehen“ (Teichmann 2001: 84). Dies wird durch ein solches Management begünstigt, das verständlich, nachvollziehbar und überzeugend auf seine Mitarbeiter einwirkt.7 Auf diese Weise kann eine Identifikation der Mitarbeiter mit den Veränderungsprozessen erreicht werden, sodass das Fundament dafür gelegt ist, die Änderungen zu vollziehen. Das Top-Management muss Vorbild sein und dafür sorgen, dass das mittlere Management den Veränderungsprozess ebenfalls unterstützt. Und schließlich ist das Top-Management die Eskalationsinstanz in schwierigen Situationen.

„Werden anstehende Veränderungen zum Beispiel durch bestimmte organisatorische Einheiten verzögert, werden Leistungen nicht erbracht, die für einen Change-Prozess wichtig sind, oder werden Kostenplanungen überschritten, muss das Top Management Konflikte lösen und Entscheidungen fällen. Leider unterschätzt das Top Management manchmal seine Wirkung, es möchte das mittlere Management bzw. deren Leistungsträger nicht zu hart anfassen oder es hat andere Themen im Fokus. Das ändert jedoch nichts daran, dass es ohne die Unterstützung des Top Management nicht geht!“ (Kraus et al. 2004: 169).

Angestoßen durch das Top Management kann die Organisationsentwicklung bzw. der geplante Wandel auch durch sog. Change Agents vorangetrieben werden, die meist extern in die jeweiligen Unternehmen kommen und für frischen Wind sorgen.

Mit dem Begriff Change Agents „werden die Forscher, Organisationsberater und Moderatoren oder auch Teams bezeichnet, die die Veränderungen zusammen mit den Organisationsmitgliedern entwickeln und planen. Um eine gemeinsame Analyse durchführen zu können, sammelt der Change Agent zusammen mit anderen Informationen zur Analyse der Organisation und befragt Mitarbeiter/innen aller Ebenen. Die resultierenden Informationen über die Organisation, Probleme, Veränderungswünsche und Vorschläge werden ausgewertet und den Befragten zur Diskussion vorgelegt. Gemeinsam werden Maßnahmen entwickelt, die anschließend realisiert werden sollen“ (Greif et al. 2004: 59).

„Eine zentrale Aufgabe des Veränderungsmanagers ist es, Konflikte in Veränderungsprozessen möglichst rechtzeitig zu erkennen und zu bearbeiten. Ein frühzeitiges Erkennen und Bearbeiten ist aus zweierlei Gründen dringend geboten. Zum einen >>leidet<< der Veränderungsprozess unter dem Konflikt und zum anderen wird die Wahrscheinlichkeit, den Konflikt zu beherrschen, mit zunehmender Eskalationsstufe immer geringer“ (Kaune 2004: 45).

Ein nicht zu unterschätzender Gedanke bezieht sich darauf, welches Führungsinstrument die Top-Manager und Change Agents einsetzen sollten, um das zu erreichen, was sie zu erreichen beabsichtigen.

2.6 Führungsinstrumente in Change-Prozessen

„Management by Objectives“ bzw. „Führen mit Zielen“, das Kraus et al. als erstes von insgesamt fünf Führungsinstrumenten benennen8, scheint auch sogleich das wichtigste zu sein.

„Führen mit Zielen“ ist ein sehr grundlegendes Führungsinstrument. Wer keine oder die falschen Ziele hat, muss sich nicht wundern, wo er ankommt.

„Führen mit Zielen ist eine wirksame Möglichkeit, Richtungen vorzugeben. Dementsprechend könnte Management by Objectives in Change-Prozessen von Führungskräften sehr gut zum Management des Wandels eingesetzt werden. Eigenartigerweise wird diese Möglichkeit von vielen Führungskräften allerdings viel zu wenig genutzt. Die Gründe dafür liegen sicher in den oftmals noch sehr tradierten Vorstellungen über den Einsatz von Management by Objectives. Die in vielen Unternehmen gepflegten klassischen Vorstellungen über Führung und Ziele besteht darin, dass

- einmal im Jahr Ziele vereinbart werden,
- die sich in den meisten Fällen auf sachliche Arbeitsthemen und selten auf persönliches Verhalten beziehen,
- die dann im Lauf des Jahres nicht mehr verändert werden (dürfen) und
- deren Erreichung im Lauf des Jahres durch mehr oder weniger intensive Gespräche gesteuert wird.

Diese klassische Vorstellung ist in mehrfacher Hinsicht problematisch, insbesondere wenn Unternehmen sich in Veränderungsprozesse begeben. Die Führung eines Unternehmens muss immer an den Markt, seine Bedürfnisse und Notwendigkeiten sowie die Kunden angepasst sein. Der Markt verändert sich ständig und nimmt dabei natürlich überhaupt keine Rücksicht auf die Planungszyklen oder internen Schwierigkeiten eines Unternehmens. Auch die Kunden und deren Wünsche verändern sich ständig und mit zunehmend höherer Geschwindigkeit“ (Kraus et al. 2004: 84).

„Selbstverständlich können und dürfen Ziele im Lauf eines Jahres verändert, modifiziert oder gestrichen oder ergänzt werden. Es sollte jedoch eine gewisse Basis an Grundzielen geben, die konstant bleiben und nicht verändert werden“ (ebd.: 85). „Auf jeden Fall müssen Führungskräfte auch verhaltensbezogene Ziele mit Mitarbeitern vereinbaren, damit nicht nur die Arbeitsergebnisse gesteuert, sondern im möglichen Rahmen zugleich das Verhalten von Mitarbeitern“ (ebd.).

Hier kann Unternehmenstheater, auf das später noch zurückzukommen sein wird, gut ansetzen, da es oft nicht (nur) um sachbezogene Ziele, sondern gerade um verhaltensbezogene geht. Welches (Management-) Instrument kann denn mehr an Verhalten zeigen und darstellerisch umsetzen als das Unternehmenstheater, ohne dass den Mitarbeitern „der Kopf gewaschen wird“? - Nur theatrale Interventionen sind dazu aufgrund ihrer Distanziertheit, aber dennoch sehr hohen emotionalen Reichweite in der Lage.

Konkrete Planungen und Ziele sind ohne Frage äußerst wichtig, wenn es darum geht, Erfolg zu haben. Der eigentliche Kraftakt des Change Managements liegt aber woanders, nämlich im Umsetzen dieser Planungen und Ziele, was Gegenstand nachfolgender Betrachtung ist.

2.7 Umsetzen von Veränderungen/Transfer

Gerade beim Umsetzen von Veränderungsprozessen in das unternehmerische Alltagsgeschäft gibt es oft Schwierigkeiten. Veränderungen schlagen deshalb fehl, weil sich das Management zu sehr auf die Planung, die durchaus mit Akribie und einem hohen zeitlichen Ansatz betrieben wird, aber zu wenig auf die Umsetzung konzentriert (vgl. Pieler 2003: 136).

„Die Kunst der Fuge besteht nicht darin, Konzeptvorlagen zu entwerfen und zu verabschieden, sondern darin diese in die Praxis umzusetzen. Auf den Transfer kommt es an - und an nichts anderem hat der Erfolg sich zu messen“ (Doppler/Lauterburg 1994: 129).

Nachfolgendes Schaubild verdeutlicht, wie wichtig der Transfer ist. Dort laufen alle Fäden zusammen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Charta des Management von Veränderungen, nach: Doppler/Lauterburg 1994: 130; eigene Darstellung

So wichtig es auch ist, dass Veränderungen eine Entwicklung durchlaufen haben sollten9, also stufenweise zu erfolgen haben, liegt doch das Wesentliche im Machen. Nur durch das Umsetzen können Veränderungen wirklich greifen und Lernprozesse in der „lernenden Organisation“10, wie Unternehmen heutzutage gerne bezeichnet werden, ermöglicht werden.

2.8 Veränderungen und Lernen

„Es klingt selbstverständlich, ist aber leider in der Unternehmenspraxis keine Selbstverständlichkeit: Lernprozesse müssen zu Veränderungsprozessen führen und Veränderungen sollten auf den Erfahrungen der Vergangenheit aufbauen. In der Praxis kommt es häufig vor, dass Erfolgskonzepte zwar bekannt sind, aber nicht konsequent angewendet werden - oder dass lange Zeit nach Mustern verfahren wird, die augenscheinlich nicht erfolgreich sind. Produkte, die am Markt geringen Anklang finden, werden trotzdem über lange Zeit hin produziert; Dienstleistungen, die der Kunde in dieser Form nicht benötigt, werden mit großem vertrieblichen Aufwand trotzdem verkauft, was zu Lasten der Umsatzrendite geht und - noch schlimmer - letztlich trotz des hohen Einsatzes nicht zur Zufriedenheit des Kunden führen kann“ (Pieler 2003: 134).

Der internen Unternehmenskommunikation kommt daher eine große Bedeutung zu. Durch reibungslose und verständliche Kommunikation können Änderungsabsichten transparent und nachvollziehbar gemacht werden, sodass im Späteren eine Umsetzung erfolgen kann. Nur eine Organisation, der der Schritt zur Umsetzung des Erlernten gelingt, kann als „lernende Organisation“ bezeichnet werden (weil sie sich verändert hat), andernfalls wäre sie bloß eine wissende.

Einen entscheidenden Einfluss auf das Gelingen von Change-Prozessen stellt neben dem Lernen die Unternehmenskultur dar, die eine Plattform darstellt, auf der sich Lernen und Veränderungen ereignen.

2.9 Change Management und Unternehmenskultur

Change Management auf Unternehmen angewendet bedeutet, dass sich die Unternehmenskultur in irgendeiner Form verändert. Kultur wird dabei verstanden als

„die Summe der Überzeugungen, die eine Gruppe, ein Volk oder eine Gemeinschaft im Laufe ihrer Geschichte entwickelt hat, um mit den Problemen der internen Integration (Zusammenhalt) sowie der externen Anpassung (Überleben) fertig zu werden. Sie ist die Summe der Regeln (>>To do´s<< und >>Not to do´s<<), die so gut funktionieren, dass sie zu ´ungeschriebenen Gesetzen´ werden und jeder nachfolgenden Generation als die ´richtige´ Art des Denkens, Fühlens und des Handelns weitergegeben werden“ (Doppler/Lauterburg 1994: 48).

Veränderungsprozesse in Unternehmen können erfolgreich umgesetzt werden, wenn eine Unternehmenskultur vorherrscht, die flexibel angelegt ist und die die Mitarbeiter in ihrer Handlungsfreiheit nicht zu sehr einengt.

Clifford/Cavanaugh (1985) stellen folgende fünf Kulturfaktoren als die entscheidenden Meilensteine für erfolgreiches Change Management dar:

Kreative Unruhe

Eine unterschwellige, kreative Unruhe ist die ideale Voraussetzung für den flexiblen und offenen Umgang mit Veränderungen in sozialen Systemen, wie beispielsweise in Unternehmen. Als „kreative Unruhe“ wird ein teilnehmerorientiertes Management- Prinzip verstanden, welches die positive und konstruktive Diskussions- und Kommunikationskultur in Unternehmen und anderen soziotechnischen Systemen beschreibt und fördert. Dieses basiert auf gegenseitiger Wertschätzung, Vertrauen, Offenheit und Ehrlichkeit im Umgang miteinander, fördert die Motivation, das Teamwork und bringt unkonventionelle Ideen unter den Teilnehmern hervor, damit diese eine hohe Arbeitsqualität erbringen können. Ferner ist kreative Unruhe die Grundlage für eine veränderungsfreundliche Kultur und damit ein nicht zu unterschätzendes Hilfsmittel des Veränderungsmanagements in Unternehmen.

Durch Erhöhung der Fehlertoleranz können die Innovationsbereitschaft, die Experimentierfreude, die Risiko bereitschaft und Spontaneität der Mitarbeiter gefördert werden. Je mehr kreative Ressourcen vorhanden sind, desto besser gelingt es der Organisation mit den bevorstehenden Umstellungen umzugehen, da Kreativität immer auch Veränderungen mit sich bringt.

Zusammengehörigkeitsgefühl/Wir-Gefühl

Ein Zusammengehörigkeitsgefühl wird durch klare, unmissverständliche Informationspolitik erleichtert. Gegenseitige Akzeptanz, ebenenübergreifendes Vertrauen und Offenheit machen eine Gruppe oder Organisation standfester. Mögliche Ängste und Bedenken, die bei den Mitarbeitern durch organisatorische Umstrukturierungen ausgelöst werden, können durch ein kollektives Zusammengehörigkeitsgefühl besser ertragen und ggf. abgebaut werden.

Konfliktfähigkeit

Nahezu jede Veränderung ist mit Bedenken, Ängsten oder zumindest mit einer Form von Spannungen oder Konflikten verbunden. Hierzu zählt die Fähigkeit, sich Konflikten zu stellen und diese austragen zu können, vorher noch überhaupt mit Kritik umgehen zu können, d.h. auf der Sachebene zu argumentieren und sich nicht in der Person angegriffen zu fühlen.

Sinnvermittlung

Gelingt es den Führungskräften das Wissen und die Funktion eines jeden Einzelnen, jeder Abteilung und der gesamten Organisation zu fördern, sodass die Bereitschaft (Motivation) besteht, zusätzliche Belastungen, wie z.B. eine Re-Organisation, engagiert anzugehen? Können sich die Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen und mit ihren Rollen im „System Unternehmen“ identifizieren? Hierunter fällt auch, ob die Belegschaft den Sinn ihrer Tätigkeit, also vor allem den Beitrag, den sie zum Unternehmenserfolg leistet, versteht und so „im Sinne“ der Organisation handeln kann.

Kommunikation

Offene, direkte und persönliche (konstruktive) Kommunikation stellt grundsätzlich einen Erfolgsfaktor, nicht nur für Organisationen, dar. Vor allem gilt das in Zeiten von Veränderungsprozessen. Gerade die informellen Informationswege sollten gepflegt werden: Der Austausch zwischen den Betroffenen sowie zwischen Befürwortern und Skeptikern des Wandels wirkt sich spannungsreduzierend aus und glättet die Wogen. Die den Wandel initiierende Führung sollte deshalb die Chance ergreifen und mittels Informationsveranstaltungen, Workshops oder Unternehmenstheater mit den Mitarbeitern kommunizieren, d.h. sie an der Diskussion über die Veränderungen teilhaben lassen und ihre Vorschläge sammeln. Die Kommunikation über alle Ebenen kann so Orientierung und Sicherheit für alle am Wandel Beteiligten spenden.

2.10 Veränderungen und (unbegründete) Widerstände

Es liegt in der Natur der Sache, dass Veränderungen häufig Irritationen, Skepsis, Turbulenzen oder Widerstände mit sich bringen können (vgl. Flume et al. 2001). Die Gründe mögen darin liegen, dass viele ihren Status quo, mit dem sie mehr oder minder zufrieden sind, gefährdet sehen. Sie befürchten, dass sich die Arbeitsbedingungen verschlechtern oder sie gar ganz wegrationalisiert werden könnten, und das, obwohl es oft keine objektiven Anhaltspunkte dafür gibt:

„Organisatorische Veränderungsprozesse stoßen bei betroffenen Mitarbeitern häufig auf emotionale Widerstände, die unabhängig von rational verständlichen Widerständen gegen eine tatsächliche wirtschaftliche oder soziale Verschlechterung der eigenen Situation entstehen. Diese Form von Resistenz ist sehr schwer zu fassen und zu beseitigen, da hier logisch-rationale Erklärungsmuster oder formale Anordnungen nur geringe Aussichten auf eine erfolgreiche Verminderung oder Beseitigung der emotionalen Blockaden haben“ (Teichmann 2001: 81 f.).

Widerstand darf jedoch nicht nur negativ gesehen werden. Er hat durchaus eine positive Funktion. Fakt ist, dass es keine signifikante Veränderung und damit kein Lernen ohne irgendeine Form von Widerstand gibt:

„Zum Lernen kommt es immer dann, wenn das Subjekt in seinem normalen Handlungsvollzug auf Hindernisse oder Widerstände gestoßen ist und sich dabei vor einer >>Handlungsproblematik<< sieht, die es nicht mit den aktuell verfügbaren Mitteln und Fähigkeiten [V] überwinden kann“ (Holzkamp 2002b: 95).

„Wenn es bei einem Veränderungsprozess keinen Widerstand gibt, ist etwas nicht in Ordnung. Denn Widerstand ist normal, wenn man sich mit neuen Gegebenheiten befasst. Wenn der Widerstand fehlt, identifizieren und beschäftigen sich die Mitarbeiter nicht mit den Veränderungen, sondern nehmen diese nur hin“ (Edtinger et al. 2004: 73).

„Widerstand ist immer ein Signal. Es zeigt an, wo Energie blockiert ist. Mit anderen Worten: Widerstand zeigt an, wo Energien freigesetzt werden können. Widerstand ist also im Grunde nicht ein Störfaktor, sondern eine Chance - vorausgesetzt, sie wird als solche erkannt und wahrgenommen. Das gefährlichste Hindernis liegt nicht im Widerstand der Betroffenen - sondern in der gestörten Wahrnehmung und in der Ungeduld der Planer und Entscheider. Sie vergessen leicht, wie lange sie selbst gebraucht haben, wie viele kontroverse Diskussionen geführt und wie viele Zweifel überwunden werden mussten, bis sie sich zu einem neuen Konzept durchringen konnten. Vor allem aber: Sie sind nicht in der Lage, sich in die Situation der Menschen zu versetzen, deren Aufgabe nicht darin besteht, für andere neue Konzepte zu entwickeln, sondern die davon unmittelbar betroffen sind. Wenn Manager einmal überzeugt sind, den richtigen Weg gefunden zu haben, ertragen sie es sehr schlecht, wenn ihnen die Mitarbeiter keine Gefolgschaft leisten. Ihr Ärger, ihr Selbstmitleid, ihre Ungehaltenheit und ihr Handlungsdruck sind die schwierigsten und letztlich die einzig wirklich gefährlichen Hindernisse auf dem Weg zu einvernehmlichen Lösungen. Mit anderen Worten: Der kritische Faktor im Umgang mit Widerstand ist letztlich der Umgang mit sich selbst. Da gilt es, die eigenen Emotionen zu überwinden, sich in die Lage anderer zu versetzen - und Dinge zu untersuchen, die man längst für geklärt gehalten hätte. Das eigene Bild einer Sachlage - und damit letztlich sich selbst - in Frage zu stellen, dies ist die erste und wichtigste Klippe, die überwunden werden muss, wenn ein konstruktiver Umgang mit Widerstand gefunden werden soll“ (Doppler/Lauterburg 1994: 211).

Widerstände verweisen immer auf Probleme, die überwunden werden wollen.

In Unternehmen entstehen Probleme überwiegend durch missglückte Interaktionen zwischen Abteilungen oder Einzelpersonen (vgl. Hüttler 2005: 173).

„Ein Problem ist eine Behinderung/Barriere für den Ablauf einer Tätigkeit. Es ist charakteristisch durch:

- den unerwünschten oder unbekannten Anfangszustand oder
- den erwünschten oder unbekannten Zielzustand sowie
- eine Barriere, die eine reibungslose Umwandlung des Anfangs- in den Zielzustand behindert.

Probleme sind auf der Sachebene angesiedelt. Sie können meist durch entsprechende Techniken und Fachwissen behoben werden. An Problemen können sich allerdings Konflikte entfachen, wenn z.B. einzelne Personen verschiedene Lösungsstrategien befürworten und es zu einer gemeinsam getragenen Lösung kommen muss“ (Lindinger/Goller 2004: 171).

Über diese Konflikte geht es im nächsten Kapitel.

3 Über Konflikte

Noch bevor eine Unterscheidung von Konflikten erfolgt, wird im ersten Abschnitt dieses Kapitels verdeutlicht, dass der erste Schritt darin besteht, Konflikte überhaupt als solche wahrzunehmen. Als nächstes geht es darum, sich den Konflikten zu stellen, diese anzuerkennen (Enttabuisierung dieser Konflikte). Im Anschluss daran werden zwei grundsätzliche Arten von Konflikten, nämlich psychologische und soziale Konflikte unterschieden, wobei die psychologischen Konflikte aufgrund der Tatsache, dass diese Außenstehenden nur schwer zugänglich sind, vernachlässigt werden können. Stattdessen werden soziale Konflikte ausführlicher thematisiert, da es aufgrund der Interaktion zwischen Menschen gerade soziale Konflikte sind, die in Unternehmen vorherrschen. Zudem ergeben oder manifestieren sich psychologische Konflikte fast immer aufgrund von sozialen Gegebenheiten. Darüber hinaus werden soziale Konfliktarten und -ursachen unterschieden, die sich alle in bestimmten Phasen oder Stufen ereignen, die danach vorgestellt werden. Damit, wie man mit Konflikten umgehen sollte, beschäftigt sich der Abschnitt Konflikt-Management, der ergänzt wird durch die letzte Passage, nämlich Kreativität in Konflikten. Kreativität kann helfen, Konflikte auf eine andere Ebene zu transferieren und somit dazu beitragen, belastende Situationen zu entschärfen.

3.1 Konflikte (an-) erkennen

„Es ist eines der großen Probleme, vermutlich in unserem Kulturkreis stärker als in anderen, Konflikte zur Kenntnis zu nehmen und überhaupt als solche anzuerkennen“ (Schwarz 1999: 39). - Dabei sind Konflikte etwas ganz Alltägliches.

Doch: „Nicht jede Meinungsverschiedenheit, Unstimmigkeit, nicht jedes Problem im zwischenmenschlichen Bereich ist wirklich ein Konflikt. Wenn aber Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen durch eine von Hass, Missgunst und Intrigen vergiftete Arbeits- atmosphäre in ihrer Aktivität gelähmt werden und einen großen Teil ihrer Energie dazu verwenden müssen, um diese unproduktive Arbeitssituation überhaupt ertragen zu können, dann ist Handlungsbedarf für das Management angesagt. Hier beginnen aber bereits die oft unlösbaren Probleme: Konfliktfähigkeit ist wohl das am wenigsten verbreitete Persönlichkeitsmerkmal.

[...]


1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde in dieser Arbeit auf die Aufzählung der weiblichen Varianten weitestgehend verzichtet. Grundsätzlich sollen sich aber immer auch Frauen angesprochen fühlen. Weiterhin wurden Zitate, die noch in der alten Rechtschreibung geschrieben waren, aus Gründen der Einheitlichkeit angepasst und etwaige Rechtschreibfehler berichtigt.

2 Eine Veränderung, die nur hingenommen (und ausgeführt), aber nicht reflektiert wird, geschieht ohne Lernen. Von Lernen spricht man nur dann, wenn kein Automatismus, kein bloßer Vollzug zugrunde liegt, sondern man es geschafft hat, nachhaltig eine Verhaltensveränderung - durchaus mit Widerständen erkauft - erlangt zu haben.

3 Als Einstieg in das Thema Change Management bietet folgendes Büchlein einen ersten Überblick: Kostka, C./Mönch, A. (2009): Change Management. 7 Methoden für die Gestaltung von Veränderungsprozessen. 4. Auflage. München: Carl Hanser Verlag

4 Ein Unternehmen darf nicht nach dem Motto verfahren „Alles neu macht der Mai“, d.h. Hauptsache das Unternehmen verändert sich, weil das en vogue ist. - Eine Veränderung muss schon einen tieferen Sinn und Zweck erfüllen. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, ist nicht der richtige Zeitpunkt für eine Veränderung gegeben und man sollte sein Vorhaben aufgeben.

5 Ein Beispiel ist das Altern der Mitarbeiter eines Unternehmens.

6 Unter Wandel wird ein strukturierter, zielgerichteter Prozess verstanden, der sich in Phasen vollzieht. 9

7 „Für erfolgreiche Veränderungen sind überzeugte Menschen mit guten Ideen nötig. Sie brauchen umsetzbare Konzepte, erprobte Techniken und Methoden. Sie müssen Vorgehensweisen planen, Informationen austauschen, vielfältig kooperieren, schließlich Entscheidungen treffen und die Veränderung erreichen“ (Osterhold 2002: 90).

8 Die übrigen Führungsinstrumente sind „Anerkennung und Kritik“, „Coaching“, „Mitarbeiterbeurteilungen“ und „Mitarbeiterjahresgespräch“.

9 Nicht umsonst heißt es „Organisationsentwicklung“ bzw. „Unternehmensentwicklung“ und nicht „Organisationsveränderung“ bzw. „Unternehmensveränderung“

10 Die vier Basiskompetenzen der lernenden Organisation sind nach Pieler Bildungsmanagement, Wissensmanagement, Culture Management und last, but not least, das Change Management.

Ende der Leseprobe aus 85 Seiten

Details

Titel
Unternehmenstheater als Managementinstrument - Konflikte in Änderungsprozessen kreativ aufdecken und lösen
Hochschule
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau  (Distance & Independent Studies Center (DISC))
Veranstaltung
Management von Kultur- und Non-Profit-Organisationen
Note
1,7
Autor
Jahr
2011
Seiten
85
Katalognummer
V181127
ISBN (eBook)
9783656042082
ISBN (Buch)
9783656041849
Dateigröße
3420 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Konflikte im Zusammenhang mit Veränderungen in Unternehmen sind Gegenstand dieser Arbeit. Als Möglichkeit der Intervention haben sich unzählige Methoden aus dem Bereich des Theaters bewährt. Aber nicht immer stoßen solche Methoden bei allen gleichermaßen auf Gegenliebe. Insgesamt ist die Arbeit aber eine Hommage an die Wirkkraft des Theaters. Neben zahlreichen theoretischen Bezügen kommen Praxisbezüge aus Befragungen nicht zu kurz. Insgesamt ist dies eine Arbeit, "die einen kreativen und innovativen Beitrag für ein modernes, reflexives Kulturmangement liefert", so der Zweitgutachter.
Schlagworte
unternehmenstheater, managementinstrument, konflikte, änderungsprozessen
Arbeit zitieren
M.A., M.A. Roland Kops (Autor:in), 2011, Unternehmenstheater als Managementinstrument - Konflikte in Änderungsprozessen kreativ aufdecken und lösen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/181127

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