Autismus und sonderpädagogische Förderung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2011

13 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


[…] leb in meiner eig´nen Welt so ganz

wo ich lache, springe, schrei und tanz

Geister, Monster, sie sind überall

Feuer brennt in mir, in freiem Fall

ich fühl kein Schmerz, ich will ihn spüren

er wird mich in die Wirklichkeit führen […]

1. Einleitung

Dieses Gedicht von Schwarzerleu mit dem Titel „Der Autist“, beschreibt wohl möglich das innere Leben eines Autismus-Erkrankten, der in seiner für uns unbekannten Welt lebt. In der Bundesrepublik Deutschland sind 6000-7000 Menschen von der Persönlichkeitsstörung „Autismus“ betroffen. Vielen ist dieser Begriff gänzlich unbekannt, oder nur durch hochbegabte aus den Massenmedien bekannt. Aus diesem Grund möchte ich mich in meiner Hausarbeit mit dem Autismus-Syndrom beschäftigen. Ich beanspruche natürlich nicht, das gesamte Krankheitsbild mit seinen zahlreichen Facetten und Formen wiederzugeben, was den Rahmen meiner Hausarbeit gänzlich sprengen würde. Vielmehr soll meine Hausarbeit als eine Art Einführung in das Themenspektrum „Autismus“ dienen. Angefangen von den zwei wichtigen Formen von Autismus und ihrer Diagnose möchte ich schließlich zu den sonderpädagogischen Fördermöglichkeiten übergehen, die den Schwerpunkt meiner Hausarbeit bilden.

2. Zum Begriff „Autismus“

Der Begriff „Autismus“ leitet sich von dem griechischen Begriff „autos“ ab und bedeutet selbst. Er wurde 1911 von dem Schweizer Psychiater Eugen Bleuer eingeführt, der ein Symptom der Schizophrenie so bezeichnete, welches sich dadurch äußerte, dass die Erkrankten sich in eine Art Binnenwelt zurückziehen und die Interaktion zu Mitmenschen vermeiden. Diesen Begriff nahmen etwa zeitgleich im Jahre 1943 der amerikanische Psychiater Leo Kanner und der österreichische Pädiater Hans Asperger auf. Diese waren aber der Ansicht, dass autistische Kinder sich nicht bewusst zurückziehen, sondern die Unfähigkeit soziale Kontakte zu knüpfen bei diesen Kindern angeboren ist. Viele Wissenschaftler waren dennoch der Ansicht den Begriff Autismus weiterhin zu verwenden, weil er sich mittlerweile weltweit etabliert hatte (vgl. Remschmidt 2008: 9)

Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft Autismus als tiefgreifende Entwicklungsstörung ein, welche unheilbar ist und unterscheidet durch Diagnosekriterien zwischen frühkindlichen Autismus, welcher meistens angeboren ist und dem Asperger-Syndrom, das nach den ersten drei Lebensjahren auftritt. Nach neuesten Erkenntnissen hat Autismus mitunter eine starke biologische Ursache. So hat eine Untersuchungsreihe mit Zwillingen und Geschwistern, sowie mit ganzen Familien gezeigt, dass genetische Faktoren eine große Rolle spielen. Diesbezüglich wird vermutet, dass 30-60% der Autismus Erkrankten einen in der nahen Verwandtschaft haben, der das Syndrom ebenfalls hat öder Züge davon aufweist. Die Ursachen für die Autismus-Spektrum-Störungen können aber nicht ausschließlich in den Genen der Erkrankten gesucht werden, da wiederum Untersuchungen mit eineiigen Zwillingen zeigen, dass ein Zwilling von einem Autismus Erkrankten durchaus gesund sein kann. Aus diesem Grund muss es auch noch andere Ursachen geben, die eine Behinderung auslösen. Man vermutet, dass Impfungen gegen Mumps, Röteln und Keuchhusten eine Autismus-Störung verursachen können, andere Wissenschaftler gehen davon aus, dass Autismus eine Folge von Stoffwechselstörungen oder der Einnahme von Antibiotika sein könnte. Sicher ist aber, dass bei vielen der Erkrankten Schwierigkeiten bei der Geburt aufgetreten sind. Ungefähr zehn Prozent aller Autismus Erkrankten haben auch noch andere Störungen bzw. Krankheiten wie beispielsweise das Down-Syndrom oder das fragile X-Syndrom.

Eine andere Erkenntnis ist, dass Autismus Erkrankte von einigen Wissenschaftlern als hochintelligent eingestuft werden, die es nicht zeigen wollen. Andere Autoren sehen Autismus als eine geistige Behinderung (vgl. Schirmer 2006: 29 ff.).

3. Autismusformen-Frühkindlicher Autismus

Frühkindlicher Autismus auch Kanner-Syndrom genannt, ist angeboren oder tritt während der ersten drei Lebensjahre eines Kleinkindes auf. Es macht sich durch Entwicklungsstörungen beim Kind bemerkbar. Die schwersten Ausprägungen können geradezu als geistige Behinderung betrachtet werden. Das Krankheitsbild tritt eher selten auf, so kommen schätzungsweise von 10.000 Kindern 4,5 mit frühkindlichem Autismus auf die Welt. Insgesamt sind Jungen um etwa drei bis vier Mal öfter betroffen als Mädchen. Die Symptome sind wie auch beim Asperger-Syndrom die Selbstbezogenheit und die dadurch resultierende Kontaktstörung. In Extremfällen nimmt das Kind von Geburt an keinerlei Kontakte zu den Menschen in seiner Umgebung auf und benutzt die Mutter wie ein Objekt. Dabei erweckt das Kind den Eindruck, dass es keine Beziehungen braucht und Kontakt sogar eher als störend empfindet und es stark ablehnt. Andererseits erweckt das Kind den Eindruck, dass es in einer Binnenwelt sehr aktiv agiert, aber niemanden aus der Realität daran partizipieren lässt. Dies bewirkt eine differenzierte Mimik des autistischen Kindes, welches oft sehr freundlich und schön wirkt, aber eher unkindlich sondern erwachsen aussieht (vgl. Tölle 2009: 232). Ein weiteres Merkmal ist die mangelnde soziale Interaktion in diversen Bereichen wie z.B. das Vermeiden des Blickkontaktes zu Menschen oder das Aufbauen von Beziehungen zu anderen Kindern. Auch die Sprachentwicklung ist bei autistischen Kleinkindern meist sehr gestört, so benutzen sie oft dieselben Wörter oder Phrasen (vgl. Reinhardt 2007: 182). Andere autistische Kinder lernen die Kommunikationsfähigkeit gar nicht und bleiben ihr Leben lang stumm oder lernen sie erst viel später als normal entwickelte Kinder (vgl. Aarons 2007: 24). Ein weiteres typisches Merkmal für frühautistische Kinder ist die visuelle Fixierung auf bestimmte Gegenstände (Räder, Büchsen, Knöpfe o. A.), die die Aufmerksamkeit des Kindes für sich beanspruchen. In Zusammenhang mit dieser Objektfixierung erfolgt eine Panik, in die das Kind gerät, wenn es einen benutzten Gegenstand nicht mehr in derselben Form und Anordnung wiederfindet. In leichterer Form äußert sich die Veränderungsangst, wenn bestimmte ritualisierte Handlungsabläufe nicht wie in gewohnter Weise erfolgen (vgl. Tölle 2009: 232 ff.).

4. Frühkindlicher Autismus – Krankheitsverlauf

Diagnose für den frühkindlichen Autismus erfolgt, wenn auch meist nach den ersten drei Lebensjahren, sehr einfach. Vor allem, wegen der fehlenden Interaktion des Kindes mit seiner Außenwelt und seinen sprachlichen Schwierigkeiten. Ist der Autismus leichter ausgeprägt, so ist eine Diagnose schwieriger und verbirgt die Gefahr, dass das Kind lange unbemerkt damit aufwächst. Der Verlauf ist abhängig von der Intensität der Krankheit und den therapeutischen Maßnahmen. Eine komplette Heilung konnte allerdings in den meisten Fällen nicht beobachtet werden, auch eine Besserung des Symptombildes bleibt in engen Grenzen. Die frühautistischen Kinder bleiben meist abhängig und bedürfen einer lebenslänglichen Betreuung (vgl. Tölle 2009: 235 ff.).

5. Autismusformen - Asperger Syndrom

Die ersten Merkmale des Asperger-Syndroms wurden vor etwa 60 Jahren von den Wiener Kinderarzt Hans Asperger schriftlich veröffentlicht. Er bemerkte ein einheitliches Muster von Fähigkeiten und Verhaltensweisen, welche er vor allem bei Jungen beobachtet hatte. Seine wissenschaftliche Arbeit wurde erst in den 90er Jahren international anerkannt (vgl. Attwood 2005: 9). Lorna Wing war die Erste, die die beschriebenen Merkmale Aspergers in ihrem Aufsatz 1981 verwendete. In ihrer wissenschaftlichen Arbeit beschrieb sie Kinder und Erwachsene mit Merkmalszügen, die Asperger schon in ähnlicher Weise beschrieben hatte. Dieser hatte 1944 in seiner Doktorarbeit vier Jungen analysiert, die in ihren sozialen, sprachlichen und kognitiven Fähigkeiten ungewöhnlich waren und benutzte den Begriff „autistische Psychopathie“, um seine beobachtete Persönlichkeitsstörung zu beschreiben. Den Begriff autistisch hatte auch zuvor Leo Kanner verwendet. Beide beschrieben dieselben Symptome. In den darauffolgenden 30 Jahren fand Aspergers Arbeit jedoch in den USA und in Europa keine Aufmerksamkeit. Das hinderte ihn aber nicht daran Kinder mit Autismus auch weiterhin zu behandeln und sogar ein heilpädagogisches Institut zu gründen, welches diverse Therapiemöglichkeiten für Kinder mit dieser Persönlichkeitsstörung anbot.

Hans Asperger hatte genau wie Leo Kanner über Kinder „die kaum soziale Interaktion, fehlende Kommunikation und ein ausgeprägtes Interesse an speziellen Themen an den Tag legten“ (Attwood 2005: 14) berichtet. Er betonte aber zudem stark, dass diese Kinder auch viele Fähigkeiten besaßen. Die Arbeit von Leo Kanner schloss Symptome wie Mangel an Reaktionsfähigkeit auf Menschen und extreme Sprachstörungen mit ein. Die Psychologin Lorna Wing beschrieb die Symptome des Asperger-Syndroms wie folgt:

Kinder mit Asperger-Syndrom zeigen weniger Empathie als normal entwickelte Kinder ohne diese Persönlichkeitsstörung Ihre Interaktion ist sehr einseitig und ihre Kommunikation mit und zu anderen Menschen ist durch Naivität geprägt, bzw. sehr Mangelhaft Sie haben große Schwierigkeiten dabei, bzw. sind gar nicht in der Lage feste freundschaftliche Beziehungen aufzubauen Sie bedienen sich einer repetitiven Redeweise und haben eine schwach ausgeprägte Körpersprache Autistische Kinder und Erwachsene interessieren sich gerne und intensiv für Spezialthemen, die für einen normal entwickelten Menschen möglicherweise uninteressant sind Ihre Körperhaltung ist meist sehr unkoordiniert und wirkt dadurch auf Außenstehende sehr unbeholfen und merkwürdig (vgl. Attwood 2005: 15 ff.).

Seit den 90er Jahren herrscht die Auffassung vor, dass das Asperger-Syndrom eine tiefgreifende Persönlichkeitsstörung ist und eine Variante des Autismusspektrums darstellt (vgl. Attwood 2005: 15).

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Autismus und sonderpädagogische Förderung
Hochschule
Universität Augsburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
13
Katalognummer
V180727
ISBN (eBook)
9783656035329
ISBN (Buch)
9783656035121
Dateigröße
470 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
autismus, förderung
Arbeit zitieren
Cakmak Raide (Autor:in), 2011, Autismus und sonderpädagogische Förderung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/180727

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