Die wachsenden ausländischen Direktinvestitionen indischer Unternehmen – eine Chance für den Wirtschaftsstandort Deutschland?


Magisterarbeit, 2011

125 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Motivation
1.2 Ziel und Fragestellung
1.3 Verlauf der Untersuchung
1.4 Literaturlage

2 Theorie ausländischer Direktinvestitionen
2.1 Begriffe und Abgrenzung
2.2 Kategorisierung und Motivation der Unternehmen
2.3 Das „Eklektische Paradigma“ und der „Investment Development Path“
2.4 Das „Uppsala-Modell“ der Internationalisierung
2.5 „Born Globals“ und die „Latecomer Theory“
Exkurs: Die statistische Erfassung von FDI

3 Ausländische Direktinvestitionen aus Entwicklungs- und Schwellenländern
3.1 Die Entwicklung von FDI aus Entwicklungs- und Schwellenländern
3.2 Die veränderten Rahmenbedingungen für Emerging-Market-FDI
3.3 Geographische Verteilung und die Motive der Unternehmen
3.4 Die Wirkung auf „Host“-Staaten unter Berücksichtigung der Marktein­trittsstrategie

4 Indiens Weg auf den Weltmarkt
4.1 Der lange Weg zur Wirtschaftsmacht
4.2 Indiens Rolle in der Weltwirtschaft
4.3 Theorie und Wirklichkeit ausländischer Direktinvestitionen - ist Indien „ontrack“?
4.4 Geographische und sektorale Verteilung indischer Outward-FDI
4.5 Einfluss der Rahmenbedingungen und Motive der Unternehmen

5 Indische FDI in Deutschland
5.1 Methodischer Ansatz
5.2 Literaturüberblick
5.3 Quantitative Bestandsaufnahme
5.3.1 Die deutsch-indische Handelsbilanz
5.3.2 Die FDI-Daten der Bundesbank
5.3.3 Indische Unternehmen in der Amadeus-Datenbank
5.3.4 Weitere statistische Quellen
5.3.5 Beschäftigung
5.4 Qualitative Untersuchung
5.4.1 Allgemeine Entwicklung und Potenzial
5.4.2 Klassifikation nach Branchen, Unternehmensgrößen und internatio­naler Erfahrung
5.4.3 Motivation und Investitionsart
5.4.4 Standortfaktoren Deutschlands
5.4.5 Wirkung auf den Wirtschaftsstandort Deutschland
5.4.6 Informationsstand und Networking indischer Unternehmer
5.5 Unternehmensbeispiele
5.5.1 Infosys Technologies
5.5.2 CDP Bharat Forge
5.5.3 BSV BioScience
5.6 Typisierung indischer Unternehmen
5.6.1 Merkmale
5.6.2 Wirkung

6 Indische Investitionen als Chance für Deutschland?
6.1 Die Chancen
6.2 Die Relevanz der Risiken
6.3 Herausforderungen

7 Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

1 Internationalisierungsmotive von Unternehmen

2 Das Eklektische Paradigma von Dunning

3 Das Modell des Investment Development Path

4 Anwendung des Investment Development Path Modells

5 Das Uppsala-Modell von Johanson/Vahlne

6 Entwicklung der OFDI-Flows

7 Entwicklung der OFDI-Stocks

8 OFDI aus den BRIC-Staaten

9 GDP und Außenhandel Indiens 1980 -

10 Anteil von Gütern und Dienstleistungen am Export

11 Export nach Wirtschaftszweigen

12 FDI aus und in Indien

13 China und Indien im IDP-Modell

14 Die regionale Verteilung indischer Greenfield-OFDI-Flows vor und nach

15 Die sektorale Verteilung indischer Greenfield-OFDI-Flows 1990-

16 Deutscher Güterhandel mit Indien

17 Deutscher Dienstleistungshandel mit Indien

18 Inward-FDI-Flows aus Indien 1995-2009 nach Daten der Zahlungsbilanzsta­tistik der Deutschen Bundesbank

19 Indische FDI-Stocks in Deutschland

20 Indische Unternehmen in Europa nach Wirtschaftszweigen

21 Die sektorale Verteilung indischer Unternehmen in Deutschland

22 Indische Unternehmen in Deutschland nach Bundesländern

23 Indische Unternehmen in Deutschland nach Städten

Tabellenverzeichnis

1 Investitionsmotive und Standortfaktoren indischer Unternehmen in Deutschland

2 Indische FDI-Stocks in Deutschland und Kenngrößen der Unternehmen

3 Unternehmen der Suzlon Energy Ltd. (Ultimate Owner) in Deutschland

4 Die 20 umsatzstärksten indischen Unternehmen in Deutschland

5 Schema der Merkmale der beiden wichtigsten Unternehmenstypen

6 Schema der Wirkungen der beiden wichtigsten Unternehmenstypen

A.1 Die wichtigsten Investorenländer

A.2 Liste mittlerer und großer indischer Unternehmen in Deutschland

A.3 Liste der durchgeführten Interviews

1 Einleitung

1.1 Motivation

Die weltweite Zunahme ausländischer Direktinvestitionen (FDI)[1] ist ein viel diskutierter Aspekt der Globalisierung. Zum einen eine Folge der „kleiner“ werdenden Welt, sind FDI gleichzeitig auch eine Triebkraft hinter der Vernetzung der globalen Wirtschaft. Durch sie entstehen und expandieren multinationale Unternehmen, die über Landesgrenzen hinweg neue Verflechtungen und Interdependenzen schaffen.

Lange Zeit lagen die Quellen von FDI nahezu ausschließlich in den etablierten Wirtschafts­zentren der westlichen Welt, insbesondere der Triade aus Nordamerika, Europa und Japan. Später, etwa ab den 1980er Jahren, begannen auch Unternehmen aus den sogenannten Ti­gerstaaten Ost- und Südostasiens (Hongkong, Singapur, Südkorea und Taiwan) vermehrt im Ausland zu investieren und sich somit stärker international zu vernetzen.

Relativ neu hingegen ist die Investitionstätigkeit einer dritten Gruppe von Staaten, den sogenannten BRICs[2]. Während der Einfluss dieser Staaten auf den Welthandel schon seit längerer Zeit wächst, steigt ihre Bedeutung als Quelle ausländischer Direktinvestitionen erst seit der Jahrtausendwende signifikant an. Diese junge Entwicklung verdient hohe Aufmerksamkeit, denn aufgrund ihrer Größe und wachsenden Wirtschaftsmacht haben diese Staaten großes Potenzial, durch FDI nachhaltigen Einfluss auf die Weltwirtschaft zu nehmen.

Ein besonders interessanter Fall ist hierbei Indien. Unternehmen vom Subkontinent inves­tieren etwa seit 2005 massiv im Ausland, insbesondere in wissens- und technologieintensive Branchen in den westlichen Industrienationen. Angesichts des allgemeinen Entwicklungs­standes des Landes[3] kommt diese Entwicklung überraschend und verdient schon daher eine nähere Betrachtung. Vor dem Hintergrund des enormen Wachstumspotenzials In­diens hat sie aber auch wichtige Implikationen für die Weltwirtschaft und nicht zuletzt für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Denn wenn die Steigerung indischer FDI mit der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung auf dem Subkontinent Schritt hält, könnten in­dische Unternehmen schon bald auch in Deutschland einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor darstellen.

In entwickelten Staaten wird die Expansion von Unternehmen aus Entwicklungs- und Schwellenländern dabei häufig als Bedrohung für die etablierte Wirtschaft gesehen. Auch in Deutschland befürchtet man Produktionsverlagerungen ins Ausland und den „Ausver­kauf“ deutscher Technologie. Doch wie ein einfaches Beispiel zeigt, können durch Investi­tionen aus Indien auch neue Chancen entstehen: So kaufte der zur Kalyani Group gehö­rende Schmiedekonzern Bharat Forge 2004 das hoch spezialisierte Traditionsunternehmen Carl Dan Peddinghaus (CDP) in Ennepetal. Folgen waren aber nicht nur ein Know-how­Transfer ins Stammwerk im indischen Pune, sondern auch der Ausbau der Produktions­kapazitäten in Ennepetal sowie massive Investitionen in CDPs Forschungs- und Entwick­lungszentrum (Müller 2006, S.79f).

1.2 Ziel und Fragestellung

Ob der Fall von CDP Bharat Forge ein typisches Beispiel ist und indische FDI in Deutsch­land somit allgemein mehr Chancen als Risiken bieten, ist eine spannende und wichtige Frage. Die vorliegende Arbeit folgt einem breiten Untersuchungsansatz, um diese zu be­antworten und einen Überblick über die Investitionstätigkeit indischer Unternehmen am Standort Deutschland zu schaffen.

Dabei ist zunächst zu ermitteln, wie die Entwicklung indischer Direktinvestitionen in Theorie und Praxis von FDI einzuordnen ist. Welche Faktoren determinieren allgemein das internationale Investitionsverhalten von Unternehmen und wie wirkt sich dies auf die weltweiten Investitionsströme aus? Entwickeln sich indische FDI ähnlich wie die anderer Entwicklungs- und Schwellenländer und lassen sich aus der Erfahrung heraus Schlüsse für die weitere Entwicklung indischer FDI ziehen? Welche Besonderheiten der indischen Wirt­schaft beeinflussen das Investitionsverhalten der Unternehmen und wirken als Triebkräfte der internationalen Expansion?

Bei der Betrachtung indischer FDI am Standort Deutschland sind die Fragen zu beantwor­ten, wie groß bereits der Bestand indischer FDI in Deutschland ist, mit welcher Dynamik er sich entwickelt und wie er räumlich und sektoral verteilt ist. Wichtig ist es aber auch zu verstehen, welche Motivation hinter dem Engagement indischer Unternehmen in Deutsch­land steht und welche Ziele die Unternehmen mit ihren Expansionsbemühungen verfolgen. Inwiefern unterscheiden sich Unternehmen verschiedener Branchen in dieser Hinsicht - las­sen sich verschiedene Unternehmenstypen mit unterschiedlicher Wirkung auf den Standort Deutschland erkennen?

Erst mit dem Verständnis der Beweggründe, die indische Unternehmen speziell nach Deutschland treiben, ist eine Grundlage geschaffen, um die Chancen und Risiken, die sich aus wachsenden indischen FDI in Deutschland ergeben, zu diskutieren. Ist eine Steigerung indischer FDI am Ende wünschenswert und welche Herausforderungen müssen gemeistert werden, damit alle Seiten vom Engagement indischer Unternehmen profitieren können?

1.3 Verlauf der Untersuchung

Die Arbeit verfolgt einen einengenden Untersuchungsansatz[4], der sich von der allgemeinen Theorie ausländischer Direktinvestitionen in mehreren Schritten dem konkreten Thema der indischen Direktinvestitionen in Deutschland annähert.

Das zweite Kapitel bildet eine theoretische Einführung in den Themenkomplex der aus­ländischen Direktinvestitionen. Es wird geklärt, welche Formen von Direktinvestitionen es gibt und welche unternehmerischen Motive ihnen zugrunde liegen können. Darauf folgt eine Erläuterung der wichtigsten relevanten Erklärungsansätze und Modelle, sowohl auf mikroökonomischer als auch auf makroökonomischer Ebene. Ein Exkurs am Ende des Ka­pitels weist auf die Problematik der statistischen Erfassung von FDI hin und schafft eine Grundlage für das bessere Verständnis der im Folgenden verwendeten Daten.

Das dritte Kapitel befasst sich spezieller mit FDI aus Entwicklungs- und Schwellenlän­dern. Besonders die Rolle der BRIC-Staaten wird herausgestellt und ein Vergleich zu FDI aus entwickelten Staaten unternommen. Es wird gezeigt, welche Rahmenbedingungen da­für verantwortlich sind, dass wachstumsstarke Staaten heute schon viel früher im Ausland investieren als, klassischen Theorien folgend, zu erwarten wäre. Darüber hinaus wird erläu­tert, welche Motive Unternehmen speziell aus Entwicklungs- und Schwellenländern mit der internationalen Expansion verfolgen, welche Markteintrittsstrategien sie bevorzugt wählen und welche Wirkung auf die Zielländer der Investitionen damit verbunden ist.

Im vierten Kapitel steht die Wirtschaft Indiens im Vordergrund. Auf einen kurzen Ab­riss der Wirtschaftsgeschichte folgt eine Darstellung der heutigen Rolle Indiens auf dem Weltmarkt. Anschließend findet eine Einordnung in die Thematik der ausländischen Di­rektinvestitionen statt und es wird untersucht, welche landesspezifischen Faktoren dazu führen, dass indische Unternehmen schon heute massiv im Ausland investieren.

Das fünfte Kapitel umfasst den Hauptteil der Untersuchung. Nach einer Erläuterung der gewählten Methodik und einem Überblick über die zum speziellen Thema vorhandene Lite­ratur wird eine quantitative Bestandsaufnahme unternommen, die klärt, wie stark deutsche und indische Wirtschaft schon heute verflochten sind. In einem zweiten Schritt wird mit­hilfe eines qualitativen Forschungsansatzes genauer untersucht, welche unternehmerischen Motive und Interessen indische Unternehmen mit ihrer Expansion nach Deutschland ver­folgen, welche wirtschaftlichen Aktivitäten sie planen und welche Standortfaktoren es sind, die Deutschland für sie als Investitionsziel reizvoll machen. Dabei kann im Verlauf der Un­tersuchung eine Unterscheidung verschiedener Typen indischer Unternehmen in Deutsch­land entwickelt werden. Die Vorstellung von drei Unternehmensbeispielen illustriert die gewonnenen Erkenntnisse.

Im sechsten Kapitel erfolgt eine zusammenfassende Diskussion der Chancen, Risiken und Herausforderungen, die sich durch das Engagement indischer Unternehmen am Standort Deutschland ergeben. Im Fazit werden die Ergebnisse der Untersuchung kurz zusammen­gefasst.

1.4 Literaturlage

Die Kapitel 2-4 der Untersuchung basieren weitgehend auf vorhandener Literatur. Die Theorie der Direktinvestitionen ist zwar mit ersten Ansätzen in den 1960er und 70er Jah­ren noch eine vergleichsweise junge Forschungsdisziplin. Trotzdem ist sie mittlerweile zu einem festen Bestandteil der Wirtschaftswissenschaften, der Wirtschaftsgeographie und verwandter Disziplinen gereift und hat Einzug in einschlägige Lehrbücher gehalten. Als Basis- und Nachschlagewerk zu den verschiedenen Ansätzen der Direktinvestitionstheorie dient für die vorliegende Arbeit das Sammelwerk „Internationale Wirtschaft“, herausge­geben von Haas/Neumair. Ergänzungen und divergierende Darstellungen sind jedoch auch anderen Lehrbüchern entnommen. Zur Erläuterung der vorgestellten Erklärungsmo­delle werden auch die Schriften der Urheber herangezogen, insbesondere die des britischen Ökonomen John Harry Dunning, der mit dem „Eklektischen Paradigma“ und dem „Investment Development Path“ zwei der wegweisenden Modelle ausländischer Direktin­vestitionen entwickelt hat.

Bei Direktinvestitionen aus Entwicklungs- und Schwellenländern ist die Rolle der „United Nations Conference on Trade and Development“ (UNCTAD) zu betonen. Deren jährlich veröffentlichter World Investment Report (WIR) sowie die online verfügbare, umfangreiche Statistikdatenbank „UNCTADstat“ bieten eine Grundlage für die Abhandlung in Kapitel 3 der Arbeit. Weitere relevante wissenschaftliche Schriften zum Thema stammen direkt aus dem Umfeld der UNCTAD, etwa vom ehemaligen Chefredakteur des WIR, dem Deutschen Karl Peter Sauvant, der heute das „Columbia Program on International Investment“ an der New Yorker Columbia Universität leitet und dort auch Arbeiten anderer Forscher des Gebiets herausgibt. Weitere relevante Autoren in diesem Bereich sind u.a. der Brite Peter Dicken und der Singapurer Henry Wai-chung Yeung.

Literatur zur Wirtschaftsgeschichte Indiens und dem Aufstieg zur neuen Wirtschaftsmacht ist sowohl aus landeskundlicher als auch aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive in großem Umfang vorhanden. In Bezug auf indische Direktinvestitionen in der Welt hat sich vor allem der zurzeit an der Universität von Ahmedabad forschende Ökonom Jaya Prakesh Pradhan hervorgetan, der auch in Zusammenarbeit mit der UNCTAD und Karl Peter Sauvant bereits mehrfach zu indischen Direktinvestitionen publiziert hat. Als Grundlage für seine Analysen dient ihm u.a. eine FDI-Datenbank des „Institute of Industrial Development“ (ISID) in Neu-Delhi. Diese Daten werden auch in Kapitel 4 dieser Arbeit auszugsweise verwendet.

Wissenschaftliche Literatur speziell zur Rolle indischer Investoren in Deutschland ist bis­lang relativ wenig vorhanden. Die umfassendsten Publikationen stammen von dem indi­schen Ökonom Rajnish Tiwari, der an der Technischen Universität Hamburg-Harburg das Forschungsprojekt „Global Innovation“ leitet. U.a. haben Tiwari et. al. 2010 eine Befragung unter indischen Unternehmen in Deutschland durchgeführt, deren Ergebnisse in Kapitel 5.2 kurz vorgestellt werden.

Die Abhandlungen in Kapitel 5-6 basieren weitgehend auf eigenen Untersuchungen, deren Methoden in Kapitel 5.1 näher erläutert werden.

2 Theorie ausländischer Direktinvestitionen

2.1 Begriffe und Abgrenzung

Theoretische Definition

Im Allgemeinen versteht man unter Direktinvestitionen „Kapitalanlagen in Form von Unternehmensbeteiligungen mit der Absicht, auf die Unternehmenspolitik einen entschei­denden Einfluss zu nehmen“ (Haas 2009, S. 80; Neumair 2006b, S.215). Sie können in Form von Beteiligungskapital, reinvestierten Gewinnen, Grundbesitz sowie Finanz- und Handelskrediten auftreten. Zu den ausländischen Direktinvestitionen zählt eine Direktin­vestition dann, wenn Investor und Investitionsempfänger in unterschiedlichen Staaten an­sässig sind und durch die Investition ein zwischenstaatlicher Kapitalfluss zustande kommt.

Innerhalb der Kategorie der „Auslandsinvestition“ ist es vor allem notwendig, eine Ab­grenzung zur Portfolioinvestition vorzunehmen. Diese besteht darin, dass durch Port­folioinvestitionen kein maßgeblicher Einfluss auf die Unternehmenspolitik ausgeübt wird (Haas 2009, S. 80). Während Investoren mit einer Direktinvestition unmittelbare Mana­gementkontrolle anstreben, sind Portfolioinvestitionen rein ertragswirtschaftlich motiviert oder dienen der Risikodiversifikation. In der Praxis kommt es häufig vor, dass verschiedene Motive bei der Investitionsentscheidung eine Rolle spielen - jedoch stellt das Kontrollmotiv das entscheidende Kriterium zur Bestimmung einer Direktinvestition dar (Neumair 2006b, S. 215).

Ein zweiter wichtiger Unterschied zwischen Direkt- und Portfolioinvestitionen ist die Trans­aktionsform. Während es bei Portfolioinvestitionen zu einer rein monetären Kapitalüber­tragung kommt, können Direktinvestitionen neben dem Geldtransfer auch Sach- und Ver­mögenstransfers umfassen. Dazu gehört auch die Übertragung intangibler Vermögenswerte, wie Markenrechte, Technologie und Know-how (Neumair 2006b, S. 216).

Praktische Definition

Auch wenn die definitorische Abgrenzung somit klar ist, bleibt die praktische Abgren­zung zwischen Direkt- und Portfolioinvestition problematisch. Denn das Kontrollmotiv des Investors ist häufig nicht ohne weiteres erkennbar. Eine Einflussnahme vonseiten des Investors auf ein Unternehmen kann gegebenenfalls auch hinter den Kulissen erfolgen und von der Öffentlichkeit unbemerkt bleiben. Genauso kann ein finanziell stark involvierter In­vestor dem Management des Unternehmens die Entscheidungsfreiheit überlassen und auf Einflussnahme freiwillig verzichten. Beide Varianten bleiben in der gängigen Definition unb erücksichtigt.

Zur Erfassung von Direktinvestitionen sind statistische Ämter daher darauf angewiesen, eine vereinfachte Definition zu verwenden. So gilt bei den meisten nationalen und inter­nationalen Organisationen ein Beteiligungsgrad von 10% am Zielunternehmen als Grenze, ab der von einer beabsichtigten Einflussnahme auf das Management ausgegangen wird.

Dass diese 10%-Grenze problematisch ist, beweist allein die Tatsache, dass die Deutsche Bundesbank sie im Zuge internationaler Vereinheitlichung mehrfach geändert hat (Deut­sche Bundesbank 2010a, S. 65). Bis 1989 erfasste die Bundesbank FDI erst ab einem Beteilungsgrad von 25% und bis 1998 von 20% der Anteile oder Stimmrechte an einem Un­ternehmen. Seit 1999 folgt die Bundesbank nun der 10%-Grenze, die das Zahlungsbilanz­Handbuch des Internationalen Währungsfonds empfiehlt (International Monetary Fund (IMF), S. 86f). Den Vorgaben des IMF folgen in diesem Punkt auch alle anderen relevanten internationalen Organisationen, wie die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD 2006, S. 37) und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD 2008, S. 48).

Die teils problematischen Methoden der statistischen Erfassung von FDI werden in einem Exkurs ab Seite 26 näher behandelt.

2.2 Kategorisierung und Motivation der Unternehmen

Arten von FDI

Ausländische Direktinvestitionen lassen sich sowohl nach ihren Erscheinungsformen als auch nach der ihnen zugrunde liegenden Motivation kategorisieren.

In der Form kann man zunächst nach vollbeherrschten Unternehmen und Unter­nehmensbeteiligung unterscheiden (Neumair 2006b, S. 216f). Vollbeherrschte Unter­nehmen entstehen entweder durch die Neugründung von Tochtergesellschaften oder Aus­landsniederlassungen - in Anlehnung an den Begriff der „Grünen Wiese“ spricht man hier auch von „greenfield investments“ - oder aber durch 100%-ige Übernahme eines beste­henden Unternehmens (Akquisition). Eine Sonderform bilden sogenannte „brownfield investments“, die Übernahmen bezeichnen, bei denen nach dem Erwerb ein weitreichen­der Austausch von Produktionsgütern und Personal vorgenommen wird (Lukas 2004, S. 83)[5]. Bei Unternehmensbeteiligungen liegt der Anteil, den ein Unternehmen an einem an­deren hat, unter 100%. Dies ist bei Neugründung eines Gemeinschaftsunternehmens, dem sogenannten „joint venture“, oder bei nicht-vollständigen Akquisitionen und Fusionen der Fall. Für Akquisitionen und Fusionen wird häufig auch der aus dem Investment Ban­king stammende Begriff M&A (Merger & Acquisition) verwendet.

Differenzieren kann man auch nach der im Vergleich zum Mutterunternehmen relativen Position des Tochterunternehmens in der Wertschöpfungskette. Horizontale Direktin­vestitionen erfolgen auf der gleichen Wertschöpfungsebene, auf der das Mutterunterneh­men hauptsächlich tätig ist. Sie dienen häufig der besseren Marktbearbeitung im Ausland und der Vermeidung von Transportkosten. Sie wirken naturgemäß außenhandelsmindernd. Vertikale Direktinvestitionen sind hingegen der im Inland angesiedelten Tätigkeit vor­oder nachgelagert, weswegen auch weiter nach vorwärts oder rückwärts gerichteten FDI differenziert werden kann. Während vorwärts gerichtete FDI etwa den Ausbau eines Ver­triebsnetzes im Ausland umfassen können, dienen rückwärts gerichtete FDI häufig der Beschaffung oder Veredelung von Rohstoffen und Zwischenprodukten. Vertikale Direktin­vestitionen erfolgen häufig zur Nutzung internationaler Faktorpreisunterschiede und wir­ken grundsätzlich außenhandelsfördernd. Konglomerate Direktinvestitionen schließlich bezeichnen Fälle, bei denen keine direkte Verbindung zwischen den Geschäftstätigkeiten des Investors in dessen Heimatland und der neu aufgenommenen Tätigkeit im Ausland besteht. Sie dienen meist der Unternehmensdiversifikation und Risikominimierung (Neu- mair 2006b, S. 217).

Motivation

Ein wichtiges Unterscheidungskriterium von FDI ist jedoch auch die unternehmerische Motivation, die den Expansionsbestrebungen zugrunde liegt.

Markt- und absatzorientierte Motive („market-seeking“)6 stehen mit der Erschlie­ßung und Pflege ausländischer Märkte im Zusammenhang. Diese können binnenorientiert sein, sofern man mit einer Investition vor allem den Binnenmarkt bedienen will, oder ex­portorientiert, wenn die Investition darüber hinaus Kapazitäten für den Export schaffen soll. In einigen Bereichen, wie etwa der Automobilindustrie, spielt die Kundennachfolge eine wichtige Rolle. Automobilzulieferer stehen häufig unter hohem Druck, ihren Kunden ins Ausland nachzufolgen, um auch auf dem Heimatmarkt keinen Wettbewerbsnachteilen ausgesetzt zu sein. Schließlich können FDI ein Mittel zur Umgehung von Handelshemm­nissen sein. Durch die Produktion vor Ort können im Vergleich zum Export Zölle gespart und nicht-tarifäre Handelshemmnisse, etwa verschiedenste Auflagen oder Importquoten, umgangen werden (Haas 2009, S. 80).

Bei Direktinvestitionen mit dem Hintergrund der Beschaffung geht es einerseits um die Sicherung der Versorgung mit Rohstoffen oder den günstigen Erwerb von Vorprodukten, vor allem von Öl, Gas und Mineralien („resource-seeking“). Zunehmend spielt aber auch der Erwerb von sogenannten „created-assets“, also geschaffenem Vermögen eine Rolle („created-asset-seeking“). Solche Created Assets können Patente oder Markenrechte sein, aber auch spezielles Technologie- oder Management-Know-how (Haas 2009, S. 80).

Kosten- und ertragsorientierte FDI streben die effizientere Organisation des Wert­schöpfungsprozesses innerhalb des Unternehmens an („efficiency-seeking“). Durch die[6] optimale Nutzung verschiedener Märkte und Standorte soll das Unternehmen profitabler werden. In den Industrieländern sind diese Art der FDI häufig umstritten, da sie Produk­tionsverlagerungen in Niedriglohnländer und damit einen Arbeitsplatzverlust am Heimat­markt bedeuten können (Haas 2009, S. 80f).

Die politischen Rahmenbedingungen gehören einerseits zu den Standortfaktoren, die Unternehmen bei der Wahl des Standorts für eine Direktinvestition berücksichtigen. An­dererseits sind sie immer häufiger aber auch direkter Auslöser von Direktinvestitionen. In vielen Staaten werden ausländische Investoren durch monetäre Anreize und Regional­marketing aktiv angeworben. Gleichzeitig werden inländische Unternehmen aktiv dabei unterstützt, Investitionen im Ausland zu tätigen. Dies geht so weit, dass staatliche oder teil-staatliche Unternehmen selbst durch FDI im Ausland aktiv werden, wie im Fall staat­licher Energiekonzerne aus China und Indien (UNCTAD 2006, S. xxvii).

Insgesamt ist es sicherlich eher die Regel als die Ausnahme, dass es mehrere Motive gleich­zeitig sind, die ein Unternehmen zu FDI veranlassen. Welche Motive speziell für multina­tionale Unternehmen (TNCs)[7] aus Schwellenländern von Bedeutung sind, wird in Kapitel 3.3, die Motive indischer Unternehmen in Kapitel 4.5 erläutert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Internationalisierungsmotive von Unternehmen Eigene Darstellung in Anlehnung an Haas 2009, S. 80f und UNCTAD 2006, S. 157ff.

2.3 Das „Eklektische Paradigma“ und der „Investment Development Path“

Entstehung

In den 1960er und 70er Jahren entwickelten Forscher verschiedener Disziplinen erste par­tialanalytische Ansätze zur Erklärung der damals rasant zunehmenden internationalen Investitionsströme. In der Geographie ergänzte beispielsweise Vernon die etablierte Pro­duktlebenszyklustheorie um eine internationale Komponente, die vor allem Direktinves­titionen aus Industrieländern in weniger entwickelte Länder mit niedrigeren Lohnkosten erklären kann (Vernon 1966 zit. in Lukas 2004, S. 60ff). Tesch diskutierte ausländische Direktinvestitionen auf Basis von Standorttheorien und entwickelte ein Konzept, in dem die optimale Kombination von unternehmerischen Standortanforderungen und nationa­len Standortbedingungen im Vordergrund steht (Tesch 1980 zit. in Neumair 2006b, S. 224). In den Wirtschaftswissenschaften bauten erste Ansätze auf kapitalmarktorientierten Theorien, wie Zinssatz- und Portfoliotheorie, sowie betriebswirtschaftlichen Ansätzen der Unternehmensorganisation auf (Neumair 2006b, S. 220ff).

Was lange Zeit fehlte, war ein umfassendes Theoriegebäude, das verschiedenen Theorie­ansätze in einem Modell vereinte. Ein solches schuf der britische Ökonom John Harry Dunning mit seinem 1979 vorgestellten Eklektischen Paradigma, das zum Ausgangs­punkt vieler weiterer Forschungsansätze auf dem Gebiet wurde.

Die OLI-Vorteile

Dunning identifizierte in seinen Arbeiten drei wesentliche Vorteilskategorien, die soge­nannten „OLI-Vorteile“, die darüber entscheiden, ob ein Unternehmen ausländische Di­rektinvestitionen tätigen sollte oder nicht (z.B. Dunning 1979, S. 275; Dunning 1981, S. 32).

Die erste Vorteilskategorie basiert auf der Theorie des monopolistischen Vorteils, die von Hymer I960 entwickelt wurde (Hymer 1960 [erstmals veröffentlicht 1976] zit. in Lu­kas 2004, S. 54f). Sie benennt firmenspezifische Eigentumsvorteile, sogenannte „owner­ship advantages“ (O-Vorteile) als Bedingung dafür, dass Unternehmen erfolgreich ins Ausland expandieren können. Eigentumsvorteile haben Unternehmen, wenn sie sich von potenziellen Konkurrenten im Ausland dadurch abheben, dass sie ihm Besitz entscheiden­der Wettbewerbsvorteile sind. Diese können z.B. bestimmte Patente oder Markenrechte sein, hochwertiges Humankapital, branchenspezifisches Know-how oder eine große Markt­macht durch die Unternehmensgröße. Hinzu kommen spezifische, aus der Multinationa­lität des Unternehmens resultierende Eigentumsvorteile, wie die optimierte Nutzung un­terschiedlicher Faktorausstattungen verschiedener Länder, ein guter Marktüberblick oder auch die Risikodiversifikation durch Tätigkeit in verschiedenen Währungsräumen. Auch die Möglichkeit der Nutzung zentraler Unternehmenseinheiten durch verschiedene dezen­trale Abteilungen kann entscheidende Kostenvorteile bieten (Neumair 2006b, S. 232).

Um als Bedingung für eine mögliche Internationalisierung ausreichend zu sein, müssen diese Eigentumsvorteile größer als die Nachteile sein, die Unternehmen im Ausland naturgemäß haben - etwa höhere Informations- und Kommunikationskosten, Diskriminierung durch ausländische Behörden und Geschäftspartner, oder Wechselkursrisiken bei Investitionen in fremden Währungsräumen. Man spricht daher auch von Nettoeigentumsvorteilen als Differenz zwischen Eigentumsvorteilen und -nachteilen (Neumair 2006b, S. 232).

Die zweite Vorteilskategorie ist die der Internalisierungsvorteile („I-Vorteile“), ein Konzept, das erstmals von Teece und Buckley/Casson aus den Annahmen der Trans­aktionskostentheorie zu einem Erklärungsansatz für ausländische Direktinvestitionen ent­wickelt wurde (Teece 1981, S. 3ff; Buckley 1991 zit. in Neumair 2006b, S. 229). In­ternalisierungsvorteile bestehen, wenn es für ein Unternehmen günstiger ist, bestimm­te Geschäftsprozesse über Grenzen hinweg intern auszuführen, als dafür Leistungen auf dem freien lokalen Markt in Anspruch zu nehmen. Dies kann der Fall sein, weil so Verhandlungs- und Transaktionskosten vermieden werden und eine bessere Kontrolle über den Geschäftsprozess besteht. Das Risiko von Urheberrechtsverletzungen, niedrigeren Qua­litätsstandards oder sonstigen Abweichungen vom beabsichtigten Geschäftskonzept kann so minimiert werden (Neumair 2006b, S. 228ff). Hat ein Unternehmen diese Internalisie­rungsvorteile nicht oder nur in geringem Maße, kann es den ausländischen Markt bearbei­ten, indem es seine Eigentumsvorteile durch die Vergabe einer Lizenz an ein Partnerun­ternehmen im Zielland verkauft oder vermietet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Das Eklektische Paradigma von Dunning Modifizierte Darstellung nach Neumair 2006b, S. 233, in Anlehnung an Dunning 1981, S. 32.

Die dritte Vorteilskategorie umfasst ausländische Standortvorteile, sogenannte „lo­cation advantages“ („L-Vorteile“), die es weniger attraktiv machen, den ausländischen Markt lediglich über den Export zu bedienen. Solche Standortvorteile, die von Tesch be­sonders umfassend untersucht wurden, können schlicht die geographische Nähe zum Markt und damit niedrigere Transportkosten sein, aber auch Kostenvorteile bei den Produkti­onsfaktoren, gute Infrastruktur, politische und rechtliche Rahmenbedingungen oder die Möglichkeit der Umgehung von Handelshemmnissen (Tesch 1980 zit. in Neumair 2006b, S. 225).

Nur wenn ein Unternehmen alle drei OLI-Vorteile hat, unternimmt es die Internationali­sierung durch eine Direktinvestition (siehe Abbildung 2).

Übertragung auf die Makroebene

Das „Eklektische Paradigma“ versuchte Dunning infolge weiterer Forschungen von der Unternehmens- auf die nationalstaatliche Ebene zu übertragen. 1981 untersuchte er in einer Studie den Zusammenhang zwischen Net-Outward-Investments pro Kopf (NOI/capita) und Bruttonationaleinkommen pro Kopf (GNI/capita)[8] von 67 Staaten für den Zeitraum von 1967-1978. Dabei fand er heraus, dass im Allgemeinen ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Struktur der ausländischen Direktinvestitionen und dem wirtschaftlichen Entwicklungsstand besteht. Daraus leitete er einen theoretischen Entwicklungspfad ab - den „Investment Development Path“ (IDP). Nach diesem durchlaufen aufstrebende Staaten auf dem Weg ihrer wirtschaftlichen Entwicklung verschiedene Phasen, die durch Grenzwerte des GNI/capita getrennt sind. In jeder Phase entsprechen die einfließenden und ausfließenden Direktinvestitionen dabei einem jeweiligen Muster, das durch eine jeweils unterschiedliche Konfiguration der „OLI-Vorteile“ bestimmt ist (Dunning 1981, S. 35ff; Dunning 1993, S. 88f).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Das Modell des Investment Development Path Eigene Darstellung in Anlehnung an Dunning 1998b, S. 2.

In der ersten Phase des IDP ist der Entwicklungsstand der Wirtschaft niedrig. Einhei­mische Unternehmen verfügen kaum über ausreichende Eigentumsvorteile, um ins Aus­land zu expandieren, und es gibt kaum Standortvorteile, die ausländische Unternehmen zu Investitionen im Land bewegen könnten. Folglich sind einfließende und ausfließende Direktinvestitionen auf niedrigem Niveau.

In der zweiten Phase steigt das GDP/capita und ausländische Unternehmen sehen zuneh­mend Chancen, ihre Eigentumsvorteile in dem wachsenden Markt auszunutzen (AssetExploiting), sei es durch die Erschließung eines wachsenden Konsummarktes oder die Nutzung eines großen Reservoirs an billigen Arbeitskräften. Die Eigentumsvorteile der einheimischen Unternehmen bleiben hingegen weiterhin gering und lassen sich, sofern vor­handen, noch ausreichend durch Export ausschöpfen. Daher kommt es zu einer Zunah­me der Inward-FDI, während Outward-FDI weiterhin niedrig bleiben. Die Net-Outward- Investments (NOI) werden also negativ.

In der dritten Phase hat sich die Wirtschaft, u.a. durch Lerneffekte von den im Land tätigen internationalen Unternehmen, dahingehend weiterentwickelt, dass nun auch inländische Unternehmen über Eigentumsvorteile verfügen und ins Ausland expandieren. Ausländische Unternehmen investieren aber weiterhin stärker im Inland als die inländischen im Ausland, sodass die Differenz zwischen Inward- und Outward-FDI zwar schrumpft, die NOI aber weiterhin negativ bleiben.

In der vierten Phase kehren sich die NOI schließlich ins Positive. Eigentums- und Interna­lisierungsvorteile der einheimischen Unternehmen sind so groß, dass diese FDI im großen Umfang nutzen, um international zu expandieren und ihre Eigentumsvorteile im Ausland auszunutzen. Inward-FDI finden zwar weiterhin statt, werden aber durch Outward-FDI übertroffen.

In neueren Publikationen findet sich noch eine fünfte Phase, in der Inward- und Outward- FDI auf sehr hohem Niveau liegen, was schwankende bzw. unbestimmte NOI zur Folge hat (Dunning 1998b, S. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Anwendung des Investment Development Path Modells 2009 Eigene Darstellung, Beschriftung selektiv, Trendlinie polynomisch 4. Ordnung, Datenquelle: UNC­TAD 2010c.

Abbildung 4 stellt eine Anwendung des Investment Development Path auf aktuelle Daten von 2009 dar. Die Darstellung bestätigt die wellenförmige Form des Investment Deve­lopment Path weitgehend. Abgesehen von den Ausreißern Taiwan und Panama haben lediglich Staaten mit sehr hohem GDP/capita positive NOI. Das Gros der Entwicklungs­und Schwellenländer liegt weit im linken Bereich des Diagramms, wo die NOI bei gerin­gem GDP/capita deutlich negativ sind. Lediglich die asiatischen Tigerstaaten Hongkong und Singapur scheinen dem IDP-Modell folgend in ihrem Investitionsverhalten weit fort­geschritten zu sein.

Verzerrend wirkt in der Darstellung jedoch die Nichtberücksichtigung der Landesgrößen. Kleine Staaten haben naturgemäß ein größeres Bedürfnis, sich international auszurichten, als Staaten mit einem großen Binnenmarkt. Insbesondere bei den bevölkerungsreichen BRIC-Staaten wird die rege Investitionstätigkeit einiger fortschrittlicher Wirtschaftssek­toren durch die Masse der Bevölkerung so sehr relativiert, dass sie nahe der Abszisse zu finden sind. Eine Einteilung der einbezogenen Staaten in die fünf Phasen ist daher anhand der Abbildung kaum möglich[9].

Kritik

Dunnings Modelle haben in Theorie und Forschung bis heute eine prominente Stellung eingenommen und schaffen für die Diskussion von FDI aus Entwicklungs- und Schwellen­ländern, auch speziell aus Indien, eine gute Diskussionsgrundlage. Gleichwohl unterliegen Eklektisches Paradigma und Investment Development Path einer Reihe von Einschrän­kungen, die ihre Gültigkeit in vielen Fällen in Fragen stellen.

Offensichtlich ist beispielsweise, dass im Eklektischen Paradigma längst nicht alle Al­ternativen der Marktbearbeitung berücksichtigt werden. So unterscheidet eine aktuelle­re Studie von Buckley/Casson zwischen zwölf verschiedenen Markteintrittsstrategien (Buckley 1998, S. 547f). Insbesondere moderne Kooperationsformen, wie Franchising und Joint Ventures, finden bei Dunning keine Erwähnung. Auch zwischen verschiede­nen FDI-Formen wie Greenfield Investments und M&A findet keine Unterscheidung statt.

Da das Modell ursprünglich für private Unternehmen aus dem produzierenden Sektor konzipiert war, stellt sich zudem die Frage nach der Relevanz für den Dienstleistungssektor und für staatliche Unternehmen, die in einigen Emerging Markets für einen großen Teil der Outward-FDI verantwortlich sind. Schließlich ist der statische Charakter des Modells häufig Gegenstand der Kritik. Zwar bilden die Phasen im Investment Development Path auch den Versuch, eine Dynamik des Eklektischen Paradigmas abzubilden - doch die Antworten auf die Fragen nach den drei Vorteilskategorien bleiben im Wesentlichen exogen bestimmt (Neumair 2006b, S. 234; Yeung 1999, S. 18).

Für das Modell des Investment Development Path stellt sich insbesondere die Frage, ob dieses auch die heutige Generation von multinationalen Unternehmen und deren Heimat­länder noch treffend beschreibt. Denn wie in Kapitel 3.1 näher betrachtet wird, treten heutzutage auch Unternehmen aus wirtschaftlich rückständigen Staaten als Investoren auf dem Weltmarkt in Erscheinung treten. Dunning modifizierte seinen Investment Develop­ment Path 2009 noch dahingehend, dass Entwicklungs- und Schwellenländer heutzutage wesentlich früher auch im Ausland investieren und die Phase negativer FDI nicht so stark bzw. wesentlich kürzer ausfällt (Dunning 2008, S. 164).

2.4 Das „Uppsala-Modell“ der Internationalisierung

Lernprozesse im Fokus

Am Kritikpunkt der mangelnden Dynamik, die das Eklektische Paradigma von Dunning charakterisiert, setzen andere Theorien an, die den Fokus bei der Erklärung von ausländi­schen Direktinvestitionen auf die Lernprozesse legen, die Unternehmen bei der Auslands­marktbearbeitung durchlaufen. Das Uppsala-Modell, das 1977 von den schwedischen Forschern Johanson und Vahlne entwickelt wurde, ist der bekannteste dieser Theorie­ansätze. Er basiert auf der sogenannten behavioristischen Theorie der Internationalisie­rung, die der israelische Wissenschaftler Aharoni zur Erklärung von Direktinvestitionen entwickelte (Aharoni 1966 zit. in Neumair 2006b, S. 234f).

Prämisse des Uppsala-Modells ist, dass Unternehmen im nationalen Rahmen entstehen und es ihnen deshalb zunächst an Wissen und Erfahrung über Auslandsmärkte mangelt. Dieses Wissen, das zur Investitionsentscheidung notwendig ist, muss erst in einem langwierigen Prozess erlernt werden (Rehner 2006, S. 695ff). Wie Abbildung 5 veranschaulicht, besteht dieser Prozess aus vier Hauptelementen, jeweils zwei Zustandskriterien („State aspects“) und zwei Veränderungskriterien („Change aspects“), die in einer wechselseitigen Beziehung zueinander stehen. Die Wirkungskette verläuft dabei hauptsächlich zirkular, es kommt aber auch zu Wechselwirkungen innerhalb der beiden Kategorien.

Als Ausgangspunkt des Prozesses kann man das Marktwissen heranziehen. Vor der Ent­scheidung über die Auslandsexpansion ist dieses noch in geringem Maße vorhanden. Zwar können sich die Führungskräfte des Unternehmens objektives Wissen „anlesen“, jedoch fehlt das Erfahrungswissen, sogenanntes „tacid knowledge“, das sich nur durch Selbster­fahrung erlernen lässt (Perlitz 2004, S. 113). Das Marktwissen bildet jedoch die wich­tigste Grundlage für die Entscheidung darüber, welche Unternehmensressourcen wie stark an welchen Markt gebunden werden sollen. Bei geringem Marktwissen ist die Unsicherheit bei der Entscheidung hoch und es wird daher eine Geschäftsaktivität vor Ort gewählt, die mit möglichst wenigen Ressourcen auskommt.

Zu Beginn der zweiten Phase ist das Marktwissen nun jedoch schon gewachsen, denn die Entscheidungsträger des Unternehmens haben mehr Zeit gehabt, um sich über den Markt zu informieren und erste eigene Erfahrungen gesammelt. Daher wird in der zweiten Phase die Entscheidung über die Marktbindung bereits etwas optimistischer ausfallen und die Geschäftstätigkeit ein neues Niveau erreichen. Über mehrere Phasen hinweg wächst also das Wissen über den neuen Markt und es findet nach und nach eine tiefergehende Marktbearbeitung statt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Das Uppsala-Modell von Johanson/Vahlne Eigene Darstellung in Anlehnung an Johanson 1977, S. 26, vgl. auch Rehner 2006, S. 696; Lukas 2004, S. 70; Perlitz 2004, S. 114.

Laut Johanson und Vahlne ändert sich daher die Geschäftstätigkeit vor Ort in kleinen Schritten und es kommt zur Entwicklung einer sogenannten „establishment chain“. Mo­dellhaft kann diese für ein Unternehmen des produzierenden Gewerbes in etwa so aussehen (Rehner 2006, S. 695):

1. Gelegentliche Exporte
2. Regelmäßige Exporte über Mediatoren
3. Einrichtung eigener Vertriebsniederlassungen (nachgelagerte vertikale Direktinvesti­tion)
4. Aufbau einer eigenen Produktion (horizontale Direktinvestition)

Kritik

Gerade diese stringente Abfolge der „establishment chain“ war in vielen Folgepublikationen ein Ansatzpunkt für Kritik, denn in der Realität werden häufig Stufen übersprungen oder es werden Sonderformen wie die Gründung eines Joint Ventures gewählt.

Jedoch ist festzuhalten, dass der Wert des Uppsala-Modells weniger in seinen konkreten Vorhersagen über den Internationalisierungspfad einzelner Unternehmen liegt, sondern in der Hervorhebung der Bedeutung, die Lernprozesse für die Internationalisierung von Un­ternehmen haben. Hierzu liefert die Theorie wertvolle Erkenntnisse, die auch für die Inves­titionsentscheidungen indischer Unternehmen am Standort Deutschland von Bedeutung sind.

2.5 „Born Globals“ und die „Latecomer Theory“

Neue Wege für junge Unternehmen

Seit den 1990er Jahren ist zu beobachten, dass immer mehr junge Unternehmen früher und in schnellerer Abfolge Direktinvestitionen unternehmen, als es klassische Internatio­nalisierungsmodelle, wie das Uppsala-Modell, vorhersagen. Dieser Trend hat auch die Ent­wicklung neuer Theorieansätze gefördert.

Madsen/Servais identifizieren beispielsweise eine Klasse von Unternehmen, die bereits kurz nach der Gründung international expandieren, und für die ihre internationale Aus­richtung ein fester Bestandteil des Geschäftsmodells ist. Diese Unternehmen, für die sich in der Literatur der Begriff der „Born Globals“ durchgesetzt hat, werden häufig von Managern neugegründet, die schon über viel Erfahrung und gute Kontakte in einer durch hohe Internationalisierung geprägten Branche verfügen. Sie sind dabei oft innovativer als ihre größeren Konkurrenten, weil sie stärker mit anderen Unternehmen kooperieren, sich auf ihre Kernkompetenzen beschränken und in ihren Organisationsstrukturen flexibel sind (Madsen 1997, S. 576ff).

Die Vorteile der Nachzügler

Dieses frühere internationale Auftreten durch ausländische Direktinvestitionen gilt nicht nur für einzelne Unternehmen aus den entwickelten Industrieländern. Wie in Kapitel 3.1 näher gezeigt wird, treten auch junge Unternehmen aus den Entwicklungs- und Schwel­lenländern zunehmend als Investoren auf dem Weltmarkt auf. Für sie gelten dabei oft besondere Rahmenbedingungen aufgrund der relativen Rückständigkeit ihres Heimatlan­des.

Die sogenannte „Latecomer Theory“, die als eine ökonomische Entwicklungstheorie ursprünglich entwickelt wurde um zu erklären, warum sich rückständige Staaten unter be­stimmten Bedingungen rasant zu „Technologieführern“ entwickeln können, liefert hierzu interessante Aspekte. Ihre Grundidee ist, dass es in aufstrebenden, aber noch rückständi­gen Staaten weniger restriktive Elemente gibt, die der Verwendung neuester Technologie

und effizienter Systeme entgegenstehen[10]. Übertragen auf die Theorie der ausländischen Direktinvestitionen und multinationalen Unternehmen argumentieren heute einige Auto­ren, dass es auch in der heutigen, globalisierten Wirtschaftswelt neue Akteure gibt, die durch ihre relative Rückständigkeit durchaus Vorteile im Wettbewerb mit den etablierten Akteuren haben, da sie nicht den Beschränkungen über längere Zeiträume gewachsener Strukturen, wie etwa komplexen Unternehmenshierarchien und ineffizienten Geschäftspro­zessen, unterliegen.

„The key idea of the latecomer theory is that a new breed of MNEs has arisen that is exceptionally effective in exploiting the opportunities offered by globalization. The inter­nationalization of these MNEs is happening in an accelerated manner that contradicts the earlier trend of gradual internationalization. These MNEs are not contrained by Western management orthodoxies, and they are, therefore, positioned to incorporate new ideas and innovations much more effectively than incumbents. The developing country context gives these MNEs a number of advantages, including flexibility, low overheads, cost effectiveness, and network-based business models“ (Buckley 2007, zit. nach Hansen 2008, S. 35)

Diese „Born Globals“ aus Entwicklungs- und Schwellenländern zeichnen vor allem vier unternehmerische Verhaltensweisen aus (Hansen 2008, S. 35ff):

1. Sie kompensieren den Mangel an firmenspezifischen Eigentumsvorteilen durch den Erwerb von „komplementären Assets“, vor allem Technologie, Know-how und Mar­ketinginstrumente, wie Markennamen, durch Kooperation oder Übernahme mit bzw. von westlichen Unternehmen.
2. Sie sind in ihren Unternehmensstrukturen flexibel und ihren Strategien innovativ. Sie bilden ausgeprägte Netzwerke, die es ermöglichen schnell über verschiedene Kanäle zu lernen und ihre Fähigkeiten zu erweitern.
3. Sie verknüpfen ihre im Ausland gelernten Fähigkeiten geschickt mit der weniger fortgeschrittenen Heimatbasis, die sich durch günstige Faktorkosten auszeichnet, und erhöhen dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu westlichen TNCs.
4. Sie expandieren mit einem hohen Tempo, da sie, unter Anwendung der oben genann­ten drei Schritte, nur so zu den etablierten TNCs aufschließen können.

„Latecomer Theory“ und das Konzept der „Born Globals“ liefern somit vor allem Erklä­rungsansätze für besonders schnell expandierende Unternehmen, deren Internationalisie­rungsprozess mit den Mitteln der etablierten theoretischen Ansätze nicht ausreichend zu beschreiben ist.

Exkurs: Die statistische Erfassung von FDI

In den folgenden Kapiteln wird vermehrt statistisches Material verwendet, um Entwicklung und Bestand von FDI zu belegen. Die statistischen Methoden zur Erfassung von FDI sind jedoch weit komplexer als die in Kapitel 2.1 vorgenommene theoretische Definition. Zur richtigen Interpretation der Daten ist es daher erforderlich, das Zustandekommen der Daten zu verstehen und die Besonderheiten der verwendeten Datenquellen zu kennen. Daher wird an dieser Stelle eine kurze Zusammenfassung zur Entstehung von FDI-Daten und deren Quellen geliefert.

Die wichtigsten Datenquellen

In Deutschland ist die zuständige Institution zum Sammeln bzw. Errechnen der FDI-Daten die Deutsche Bundesbank. Sie erhebt die Daten, basierend auf den geltenden Meldepflichten, und veröffentlicht sie regelmäßig, u.a. in den statistischen Sonderveröffentlichungen 10 und 11 (Deutsche Bundesbank 2010a und Deutsche Bundesbank 2010b).

Internationale Organisationen, die ebenfalls FDI-Daten verwenden und veröffentlichen, greifen für Deutschland auf die Daten der Bundesbank zurück. Dazu gehören etwa die Europäische Zentralbank (ECB), die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die Weltbank, der Internationale Währungsfonds (IMF) und die Konferenz der Ver­einten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD). Letztere setzt sich besonders intensiv mit FDI auseinander und wird in dieser Arbeit noch häufig als Quelle herangezogen.

Inward vs. Outward

Ein erstes generelles Unterscheidungskriterium von FDI ist deren Richtung. Einfließende FDI, also Direktinvestitionen ausländischer Investoren im Inland, werden als Inward-FDI bezeich­net. Ausfließende FDI, also Direktinvestitionen inländischer Unternehmen im Ausland, heißen

Outward-FDI.

Net-Outward-Investments (NOI) bezeichnen die Differenz zwischen Outward-FDI und Inward-FDI. Ein einzelnes Land betrachtend, können Outward-FDI und Inward-FDI natür­lich divergieren und dadurch Informationen über die Wirtschaftssituation liefern (siehe IDP- Modell, Kapitel 2.3).

Global betrachtet müssen Inward- und Outward-FDI hingegen theoretisch gleich hoch liegen, da alle aus einem Land ausfließenden FDI gleichzeitig in ein anderes hineinfließen. Dass dies jedoch in den verfügbaren Statistiken nicht der Fall ist und die globalen Aggregate von Inward- und Outward-FDI um bis zu 25% abweichen (UNCTAD 2010c, Daten für 2004), ist ein guter Beleg dafür, dass FDI-Daten verschiedener Staaten oft ungenau sind und nur bedingt verglichen werden können.

Flows vs. Stocks

Die zwei wesentlichen Messzahlen für FDI sind „FDI-Flows“ und „FDI-Stocks“.

Exkurs: Die statistische Erfassung von FDI

Flows sind die Stromgröße, die den Kapitalfluss vom Investor zum Investitionsempfänger messen. Sie bestehen gemäß internationalen Standards aus drei Komponenten:

1. Beteiligungskapital im weiteren Sinne, d.h., neben Beteiligungen an Eigenkapital und Rücklagen des Unternehmens gehören auch „übrige Anlagen“, etwa Grundbesitz, dazu.
2. Reinvestierte Gewinne, die nicht zurück in das Heimatland des Investors fließen.
3. Kreditverkehr zwischen verbundenen Unternehmen (Bankkredite gehören nicht dazu).

Die Daten der FDI-Flows erfassen also grenzüberschreitende Transaktionen und sind daher Teil der Zahlungsbilanz. In Deutschland basiert die Erhebung der Daten auf der „Meldepflicht für grenzüberschreitende Transaktionen von Banken, Unternehmen, Privatpersonen und öf­fentlichen Haushalten“ (Deutsche Bundesbank 2010b, S. 81ff).

Entgegen der ersten Intuition können FDI-Flows auch negativ werden, nämlich wenn mindes­tens eine der drei Komponenten negativ ist und dies nicht durch die anderen Komponenten ausgeglichen wird (UNCTAD 2011a). Dies kann beispielsweise vorkommen, wenn ausländische Investoren Unternehmensanteile an inländische Unternehmen verkaufen.

FDI-Stocks hingegen sind eine Bestandsgröße, die aus den Bilanzen der Unternehmen in aus­ländischer Hand berechnet werden. Ihre Berechnung basiert in Deutschland auf „Meldungen inländischer Unternehmen und Privatpersonen über das Vermögen Gebietsansässiger in frem­den Wirtschaftsgebieten (deutsche Direktinvestitionen im Ausland) sowie über das Vermö­gen Gebietsfremder im Wirtschaftsgebiet‘ (ausländische Direktinvestitionen in Deutschland)“ (Deutsche Bundesbank 2010a, S. 65ff). Meldepflichtig sind dabei jedoch lediglich Unter­nehmen mit einer Bilanzsumme von über 3 Mio. EUR. D.h., alle Unternehmen mit niedrigeren Bilanzsummen tauchen in der Statistik gar nicht auf.

In der Praxis fallen die Zahlen zu FDI-Stocks häufig niedriger aus, als man erwarten könnte, etwa nach Unternehmenstransaktionen mit hohem Volumen. Grund hierfür ist die Verwendung von Buchwerten als Berechnungsgrundlage. Für die Bewertung von Unternehmen wird das in den Bilanzen verzeichnete Nominalkapital herangezogen, nicht etwa die Marktbewertung (wie der Börsenwert bei Aktiengesellschaften) (D. Scholz, Deutsche Bank, persönl. Mitteilung, 29.01.2011).

Ein weiterer Faktor, den es zu bedenken gibt, ist die laufende Neubewertung von Unterneh­menswerten. Diese führt sowohl dazu, dass sich die Daten weiter zurückliegender Zeitabschnitte ändern können, als auch dazu, dass FDI-Stocks nicht den kumulierten FDI-Flows entsprechen. In vielen Staaten, die über ein weniger entwickeltes Meldewesen verfügen, werden die FDI- Stocks zwar tatsächlich aus kumulierten FDI-Flows errechnet. Die UNCTAD versucht diese Daten aber anhand weiterer Informationen und komplexer Berechnungsmodelle zu korrigieren und realistische Werte zu schätzen (UNCTAD 2011b). Ungenauigkeiten und die Einschrän­kung der internationalen Vergleichbarkeit müssen aber stets berücksichtigt werden.

First-Shot vs. Ultimate Owner

Bei der Betrachtung der offiziellen UNCTAD-Daten fällt auf, dass Steueroasen (Tax-Haven- Countries), wie die British Virgin Islands, die Cayman Island, die Schweiz oder Luxemburg, eine herausragende Rolle spielen. Auch die Dominanz Hongkongs als größte Investorenquelle aus den Entwicklungs- und Schwellenländern wirft Fragen auf. Dies liegt daran, dass die offi­ziellen Stellen, in Deutschland die Bundesbank, FDI-Statistiken dem Herkunftsland nach dem First-Shot-Prinzip zuordnen (D. Scholz, Deutsche Bank, persönl. Mitteilung, 31.01.2011). Wenn nun ein multinationales Unternehmen, beispielsweise aus den USA, eine Direktinvestition in Deutschland über eine Tochtergesellschaft auf den Bermudainseln tätigt, tauchen die Bermu­dainseln als Herkunftsland in den Statistiken der Bundesbank und damit auch der UNCTAD auf. Eine Nachverfolgung der eigentlichen Herkunft der Investition findet nicht statt. Aufgrund dessen ist es schwierig, die offiziellen Daten von Bundesbank und UNCTAD heranzuziehen, um bilaterale FDI zu beurteilen. Eine mögliche Umlenkung über Drittstaaten (Transshipping und Roundtripping) sollte berücksichtigt werden.

Anders ist das bei Quellen, die das Ultimate-Owner-Prinzip verfolgen. Diese geben als Herkunftsort einer Investition den Sitz des Unternehmens am oberen Ende des Unternehmens­netzwerks an. In der Regel führt dieses Prinzip eher dazu, das eigentliche Herkunftsland einer Investition anzugeben. Ein Beispiel für eine Quelle, die Daten nach dem Ultimate-Owner- Prinzip angibt, ist die in Kapitel 5.3.3 verwendete Amadeus-Datenbank.

3 Ausländische Direktinvestitionen aus Entwicklungs- und Schwellenländern

3.1 Die Entwicklung von FDI aus Entwicklungs- und Schwellenländern

Allgemeine Entwicklung

Als in den 1970er Jahren mit der systematischen Erfassung von ausländischen Direktin­vestitionen begonnen wurde, waren die absoluten Zahlen noch niedrig und die Quellen der FDI-Ströme lagen fast ausschließlich in den entwickelten Staaten der westlichen Welt (siehe Abbildung 6). Hier begannen sich immer mehr und größere multinationale Konzerne (TNCs) zu bilden, die FDI als Instrument nutzten, um weltweite Unternehmensnetze zu spinnen. Eine herausragende Stellung nahm hierbei die Triade aus Nordamerika, Japan und Europa ein. Noch 1980 vereinten die USA, Kanada, Japan und die heutigen EU- Staaten über 80% aller Inward-FDI-Flows sowie über 90% aller Outward-FDI-Flows auf sich (UNCTAD 2010c). Außerhalb der Triadenstaaten hatten lediglich Brasilien, Taiwan, Südafrika und Argentinien (in dieser Reihenfolge) nennenswerte Bestände an Outward- FDI aufgebaut, die 1980 zusammen etwa 13% der weltweiten FDI-Stocks ausmachten (siehe Abbildung 7a).[11]

Bewegung in die Entwicklung der FDI-Statistiken kam in den 1980er Jahren. Allgemein begann das Niveau von FDI-Flows und -Stocks rasanter zu steigen. Erstmals wuchsen FDI mit deutlich höheren Wachstumsraten als der Außenhandel (Dicken 2007, S. 37). Innerhalb der Emerging Markets verlagerte sich das Gewicht deutlich von Südamerika und Afrika (nahezu ausschließlich Südafrika) nach Ostasien. Insbesondere FDI aus Hongkong nahmen stark zu (siehe Abbildung 7b und 7c).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Entwicklung der OFDI-Flows Eigene Darstellung, Datenquelle: UNCTAD 2010c.

In den 1990er Jahren setzte sich die Entwicklung allgemein steigender FDI und im speziel­len steigender FDI aus den Emerging Markets fort[12]. Ein Großteil davon entfiel weiterhin auf Hongkong, aber auch andere Staaten, wie China und Russland, übernahmen eine grö­ßere Rolle. Insgesamt stieg der Anteil der Emerging Markets an den World-FDI-Flows zwischenzeitlich auf über 15% (1993-1997, siehe Abbildung 6).

Der Einbruch durch die Asienkrise 1997-1998 sowie der M&A-Boom in den entwickelten Staaten Ende der 1990er ließ den Anteil dann wieder auf alte Werte von unter 10% der weltweiten FDI zurückfallen. Das Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 führte dann zu einem allgemeinen Einbruch der FDI-Flows um mehr als 50% (2000-2002), der sowohl die Emerging Markets als auch die Developed Economies betraf. Von 2004 bis 2007 wuchsen die FDI-Flows insgesamt dann wieder mit jährlichen Wachstumsraten von 30-50% und erreichten so im Jahr 2007 mit über zwei Billionen US-Dollar ihr bisheriges Maximum. Obwohl das absolute Wachstum immer noch hauptsächlich von den Developed Economies getragen wurde, konnten die Emerging Markets in diesem Zeitraum ihren Anteil an den World-FDI sogar wieder steigern. Im Jahr 2005 lag er erstmals wieder über 15%.

Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise traf ab 2007 vor allem die Developed Econo­mies, namentlich die USA, Japan und die Europäische Union. Zwar mussten auch viele Emerging Markets Dämpfungen ihrer Wachstumsraten hinnehmen, jedoch erholten sich diese in den meisten Fällen, insbesondere die Chinas, schneller als die Ökonomien der meisten entwickelten Staaten. Dies äußert sich auch in den Daten der FDI-Flows. Wäh­rend die FDI aus den entwickelten Staaten von 2007-2009 um über 57% einbrachen, fielen die aus den Emerging Markets nur um etwas mehr als 18%. So stieg der Anteil der Emer­ging Markets an den World-FDI-Flows 2009 erstmals auf über 25%.

Dieser Trend wird sich nach Einschätzung der UNCTAD weiterhin fortsetzen. QuartalsDie Entwicklung von FDI aus Entwicklungs- und Schwellenländern

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Entwicklung der OFDI-Stocks

Eigene Darstellung, Datenquelle: UNCTAD 2010c; zu den Newly Industrializing Countries (NICs) zählen hier Südkorea, Taiwan und Singapur; China ohne Hongkong, Taiwan und Macao.

daten von 2010 deuten zwar auf eine weltweite Erholung der FDI-Flows hin, jedoch fällt diese bei den Emerging Markets erneut deutlicher aus als in den entwickelten Staaten (UNCTAD 2010b, S. 3).

Wandel der Markteintrittsstrategie

Auch hinsichtlich der Wahl der Markteintrittsstrategie zeigen sich in den vergangenen Jah­ren neue Trends. Waren in den 1980er und 90er Jahren noch Joint Ventures die belieb­teste Eintrittsart von Emerging-Market-TNCs bei Investitionen im Ausland (Yeung 1999, S. 31), folgt die Entwicklung seit der Jahrtausendwende dem weltweiten Trend und die Bedeutung von M&A nimmt deutlich zu (UNCTAD 2006, S. 108).

Tendenziell haben M&A besonders in den entwickelten Staaten einen großen Anteil an den FDI-Flows. Die UNCTAD berechnete für den Zeitraum 1997-1999 einen Anteil von etwa 80% bei den entwickelten und zwischen 20% und 60% bei den Entwicklungs- und Schwellenländern[13]. Jedoch müssen derartige Zahlen mit Vorsicht betrachtet werden, da Daten über FDI und M&A auf unterschiedlichen Berechnungsmethoden beruhen (UNC­TAD 2000, S. 10) und daher eigentlich nur getrennt betrachtet werden können.

M&A sind generell schwankungsanfälliger[14] als Greenfield Investment, weshalb sie auch in der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise dramatisch einbrachen, während die Anzahl der Greenfields nahezu konstant blieb. Jedoch scheinen sie sich nach der Krise schnell wieder zu erholen und insgesamt ihren Wachstumstrend fortzusetzen (UNCTAD 2010b, S. 9).

Die Rolle der BRIC-Staaten

Besondere Bedeutung kommt bei der aktuellen Entwicklung den sogenannten BRIC- Staaten zu, die heute bereits eine wesentlich größere Rolle als Investorenländer spielen als ihre Position in Abbildung 4 vermuten lässt. Die BRIC-Staaten haben mit ihren riesi­gen Märkten und hohen wirtschaftlichen Wachstumsraten der vergangenen Jahre[15] zudem das zurzeit größte Potenzial, ihre Anteile an den weltweiten FDI weiter zu steigern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: OFDI aus den BRIC-Staaten

Eigene Darstellung, Datenquelle: UNCTAD 2010c, China ohne Taiwan, Hongkong und Macao.

Die veränderten Rahmenbedingungen für Emerging-Market-FDI

Abbildung 8 stellt die Entwicklung der Outward-FDI aus den BRIC-Staaten in den ver­gangenen 15 Jahren dar. Bis ins Jahr 2000 standen Brasilien, Russland, Indien und China, die zusammen fast 42% der Weltbevölkerung und immerhin über 15% der Wirtschafts­kraft (gemessen als GDP) ausmachen (UNCTAD 2010c, Daten von 2009), für nur etwa 1,5% der weltweiten FDI-Stocks und tätigten jährlich Investitionen, die ebenfalls nur etwa diesem Anteil entsprachen. Erst ab 2001 stieg der Anteil an Flows- und Stocks deutlich an und lag 2009 bei 9% der Flows und 3,75% der Stocks. Der höhere Anteil der Flows ist dabei ein deutlicher Hinweis darauf, dass auch der Anteil der Stocks weiter steigen wird.

Nach einzelnen Ländern waren Russland und China (wohlgemerkt ohne Hongkong) im ver­gangenen Jahrzehnt die aktivsten Investoren der BRIC-Staaten. Auf der Liste der wichtigs­ten Investorenländer sind sie mittlerweile auf Platz 13 und 14 zu finden (Tabelle A.1). Die brasilianischen Flows schwankten am stärksten und wiesen 2001 und 2009 negative Werte auf. Indien hingegen ist der „Newcomer“ mit signifikanten Investitionen ab 2005. Berück­sichtigt man die Marktgrößen und wirtschaftlichen Wachstumsraten der BRIC-Staaten, liegt die Vermutung nahe, dass vor allem China und Indien noch erhebliches Potenzial haben, ihre Outward-FDI zu steigern.

3.2 Die veränderten Rahmenbedingungen für Emerging-Market-FDI

Die Emerging Markets im IDP-Modell

Auch wenn die BRIC-Staaten aufgrund ihrer Bevölkerungsmassen in Abbildung 4, S. 20, nahe der Abszisse zu finden waren, ist heute allgemein unstrittig, dass viele Emerging Markets - eben insbesondere die BRIC-Staaten - heute wesentlich früher im Ausland investieren, als es das Modell des Investment Development Path erwarten lassen würde (z.B. Dunning 2008, S. 176).

„Many of the developing and transition economies that are home to large TNCs and are investing significant amounts of FDI overseas - such as Brazil, China, India, the Russian Federation, South Africa and Turkey - are doing so much earlier (and to a greater degree) than would be expected on the basis of theory or past experience“ (UNCTAD 2006, S. xxvi)

Zu einem Großteil liegt dies an den veränderten Rahmenbedingungen, unter denen sich aufstrebende Unternehmen aus den Emerging Markets heute, im Vergleich zu ihren Vor­gängern vor einigen Jahrzehnten, entwickeln. Diese Rahmenbedingungen sind nicht überall gleich und landesspezifische Faktoren spielen eine große Rolle für die Motive für OFDI[16]. Gleichwohl können mit der fortgeschrittenen ökonomischen Globalisierung und der un­terstützender gewordenen Haltung der Politik zwei wesentliche Determinanten der Ent­wicklung in vielen Ländern identifiziert werden.

Internationaler Wettbewerbsdruck

Das globale Wettbewerbsumfeld prägt die heutige Entstehung von TNCs wesentlich stär­ker, als dies bei früheren TNCs aus den entwickelten Staaten der Fall war. Während sich TNCs aus den Industriestaaten früher relativ sicher auf ihrem Heimatmarkt fühlen konn­ten und sich langsam an ausländische Märkte herantasteten[17], sind wachsende Unterneh­men in den Emerging Markets heute schon viel früher internationalem Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Unternehmen aus den entwickelten Staaten sind ständig auf der Suche nach Alternativen zu ihren gesättigten Heimatmärkten und investieren gezielt in ausländische Staaten mit guten Wachstumsaussichten. Dies erzeugt Druck auf dortige inländische Un­ternehmen, frühzeitig selbst ausländische Märkte zu erschließen und Eigentumsvorteile zu erwerben, anstatt sie graduell zu entwickeln. Die internationale Expansion ist daher häufig eine defensive Strategie, um die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Heimatmarkt zu stärken bzw. zu verteidigen (Sauvant 2005, S. 640ff; Cantwell 2008, S. 82; Dunning 2008, S. 176f; Yeung 1999, S. 27; Fromhold-Eisebith 2001, S 34).

Andererseits geben die Möglichkeiten der Globalisierung aufstrebenden Unternehmen eine Chance „Latecomer“-Vorteile zu nutzen und als „Born Globals“ in den internationalen Wettbewerb einzusteigen (vgl. Kapitel 2.5).

Institutionelle Rahmenbedingungen

Die Effekte der Globalisierung sind umso stärker, je größer der Grad an wirtschaftlicher Liberalisierung ist, den die Heimatstaaten der TNCs zulassen. Viele Emerging Markets sind heute Mitglieder der WTO und anderer internationaler Wirtschaftsgemeinschaften, verhandeln Investitionsschutzabkommen (Bilateral Investment Treaties) und werben aus­ländische Investitionen gezielt an (Tarzi 1999, S. 22ff). Speziell die schrittweise wirtschaft­liche Öffnung Chinas in den 1980ern und Indiens in den 90ern und die damit verbundene Abkehr von Importsubstitutionsstrategien haben die Steigerung von FDI-Inflows und da­mit auch die Internationalisierung des inländischen Wettbewerbs dort erst möglich gemacht (Pedersen 2010, S. 64ff; Yeung 1999, S. 21f; Athukorala 2009, S. 130ff).

Auf der anderen Seite spielen institutionelle Rahmenbedingungen auch eine direkte Rolle für die Entwicklung von Outward-FDI. Während die FDI aus den entwickelten Staaten i.d.R. privatwirtschaftlich motiviert sind, spielt in vielen Emerging Markets der Staat eine große Rolle als Auslandsinvestor (Dunning 2008, S. 176). Dies gilt sowohl für Staatskon­zerne im Energie- und Rohstoffsektor als auch für Fördermaßnahmen in der Industrie. Chi­na versucht beispielsweise durch seine 2000 eingeführte „Go Global“-Strategie, chinesische Unternehmen auf dem Weltmarkt besser zu positionieren (Sauvant 2005, S. 652ff). Auch mittlerweile erfolgreiche Global Player, wie die koreanischen Konzerne Hyundai, Samsung oder Daewoo, haben für die Eroberung des Weltmarktes auf die aktive Unterstützung der Heimatregierung zählen können (Yeung 1999, S. 29).

[...]


[1] Foreign Direct Investment; im Folgenden werden durchgängig die englischen Abkürzungen verwendet, da diese in einigen Fällen gebräuchlicher sind oder es keine exakte deutsche Entsprechung gibt (z.B. M&A).

[2] Brasilien, Russland, Indien, China.

[3] Im Human Development Index der UN belegt Indien 2010 den 119. Rang von 169 Staaten (Klug- MAN 2010, S.166).

[4] Im Gegensatz zu einem verallgemeinernden Untersuchungsansatz (Brink 2007, S. 160).

[5] Andere Autoren, etwa Neumair 2006b, Tiwari 2009, Pradhan 2008b, verwenden den Begriff des „brownfield investments“ synonym zur Akquisition.

[6] Die UNCTAD unterscheidet, etwas von der Darstellung von Haas abweichend, nach den vier Motiven „market-seeking“, „efficiency-seeking“, „resource-seeking“ und „created-asset-seeking“ (UNCTAD 2006, S. 157ff).

[7] TNC = Transnational company.

[8] Dunning verwendete das Bruttonationaleinkommen damals aufgrund der besseren Verfügbarkeit der Daten. Heute wird stattdessen meist das Bruttoinlandsprodukt (GDP) verwendet.

[9] Einige Autoren nehmen die Einteilung dennoch nach dem GDP/capita vor (UNCTAD 2006, S. 144; Fonseca 2007, S. 17ff). Die meisten orientieren sich hingegen an qualitativen Merkmalen, was zu einer Einteilung einiger Staaten (z.B. Indien und China) in höhere Phasen führt, als Abbildung 4 nahelegt (Dunning 2008, S. 170; Hansen 2008, S. 16; Kumar 1998, S. 377; Yeung 1999, S. 14; Sathye 2008, S. 304ff).

[10] Veblen versuchte so schon die schnell aufholende Industrialisierung Deutschlands im Vergleich zu England vor dem Ersten Weltkrieg zu erklären (Veblen 1915 [Reprint 1939] zit. nach Ozawa 2004, S. 379f). Gerschenkron entwickelt mit dem Konzept der „Backwardness“ ähnliche Aspekte weiter (Ger- SCHENKRON 1962).

[11] Als Entwicklungs- und Schwellenländer werden hier alle Staaten bezeichnet, die laut UNCTAD- Klassifikation nicht zur Gruppe der entwickelten Staaten („Developed Economies“) gehören. Die entwi­ckelten Staaten umfassen (abzgl. der Türkei, Mexikos und Südkoreas) alle OECD-Staaten, inkl. aller EU- Mitgliedsstaaten, und alle anderen europäischen Staaten, die nicht zu den Transformationsländern gehö­ren. In den UNCTAD-Daten werden die Entwicklungs- und Schwellenländer in ihrer Summe als „Emerging Markets“ bezeichnet, und weiter in „Transition Economies“ (Nachfolgestaaten der Sowjetunion und der Republik Jugoslawien sowie Albanien) und „Developing Economies“ unterteilt. Für eine genaue Auflistung der Staaten und ihrer Zuordnung siehe UNCTAD 2010a, S. xiv. Die Verwendung des Begriffs „Emerging Markets“ als Summe aller nicht entwickelten Staaten ist grundsätzlich kritisch zu beurteilen, da nicht alle Entwicklungsländer wirklich „aufstrebend“ sind. Im Verlauf der Arbeit werden die Begriffe jedoch syn­onym verwendet, da die Entwicklungsländer mit Relevanz für das Thema FDI i.d.R. auch durch hohes Wirtschaftswachstum gekennzeichnet sind.

[12] Der Verbleib der mittlerweile hochentwickelten Tigerstaaten in der Gruppe der „Developing Econo­mies“ ist dem Bemühen der UNCTAD geschuldet, konsistente Zeitreihen zu liefern.

[13] Developing Asia: 20%, Africa: 37%, Latin America and the Carribean 60%; Daten: UNCTAD 2000, S. 117.

[14] Einzelne Transaktionen können teilweise deutlichen Einfluss auf die Gesamtstatistiken nehmen. Die Übernahme von Mannesmann durch Vodafone im Jahr 2000 hatte beispielsweise ein Volumen von 200 Mrd. US-Dollar, was zu diesem Zeitpunkt 6% des kombinierten GDPs Deutschlands und Großbritanniens entsprach (UNCTAD 2000, S. 10).

[15] Durchschnittliche Wachstumsraten 2000-2009: China 10,3%, Indien 7,9%, Russland 5,9%, Brasilien 3,6%, zum Vergleich: Welt 2,9%, Datenquelle: UNCTAD 2010c.

[16] Eine gute Übersicht über landesspezifische OFDI-Motive bietet z.B. Dunning 2008, S. 167. Speziell mit den Rahmenbedingungen in den BRIC-Staaten befasst sich Sauvant 2005, S. 653ff.

[17] Etwa in dem sie den im Uppsala-Modell (Kapitel 2.4) aufgezeigten Lernprozessen folgten.

Ende der Leseprobe aus 125 Seiten

Details

Titel
Die wachsenden ausländischen Direktinvestitionen indischer Unternehmen – eine Chance für den Wirtschaftsstandort Deutschland?
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (Geographisches Institut)
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
125
Katalognummer
V179801
ISBN (eBook)
9783656022817
ISBN (Buch)
9783656022954
Dateigröße
2122 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Indien, Direktinvestitionen, ADI, FDI, Südasien, Schwellenländer, Foreign Direct Investment, India, Wirtschaftsstandort, Deutschland, Infosys, Bharat Forge, BSV Bioscience
Arbeit zitieren
Michael Logen (Autor:in), 2011, Die wachsenden ausländischen Direktinvestitionen indischer Unternehmen – eine Chance für den Wirtschaftsstandort Deutschland?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/179801

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