Die Rüstungspolitik Frankreichs

Was bedeutet die geplante Rüstungszusammenarbeit von Frankreich und Russland bezüglich der Mistral-Hubschrauberträger für die Integration auf rüstungspolitischer Ebene in der EU? Was sind die Motive für diesen französischen Alleingang und kann man dieses Verhalten mit einer Theorie zur europäischen Integration erklären?


Seminararbeit, 2010

24 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Mistral-Hubschrauberträger und die Verhandlungen zwischen Frankreich und Russland
2.1. Der Mistral-Hubschrauberträger
2.2. Die Verhandlungen zwischen Frankreich und Russland

3. Der Intergouvernementalismus

4. Europäische Rüstungsexportpolitik
4.1. Gibt es eine europäische Rüstungsexportpolitik?
4.1.2. Der „Code of Conduct“ in der europäischen Rüstungsexportpolitik
4.2. Das rüstungs-(export)politische Verhältnis der EU zu Russland

5. Frankreichs Motivation für den Waffendeal und Hoffmanns Intergouvernementalismus
5.1. Bewegründe Frankreichs für den Verkauf der Mistral-Hubschrauberträger nach Russland
5.2. Der Waffendeal aus intergouvernementalistischer Sicht

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Mistral-Hubschrauberträger Querschnitt

Abbildung 2: Mistral-Hubschrauberträger im Hafen

1. Einleitung

Ende 2009 verdichteten sich die Informationen über ein großes Waffengeschäft zwischen Frankreich und Russland, als ein französisches Kriegsschiff der Mistral-Klasse zu Besuch im Hafen von St. Petersburg lag. Hierbei handelt es sich um den anvisierten Verkauf von vier Hubschrauberträgern der Mistral-Klasse an Russland. Der russischen Marine würde hierdurch ein strategisches Element von unglaublicher Wichtigkeit und Schlagkraft an die Hand gegeben, über das sie in dieser Form noch nicht verfügt. Laut Aussage eines russischen Admirals „hätte die russische Marine ihre Aufgabe im Georgienkrieg 2008 binnen 40 Minuten und nicht in 26 Stunden erledigt, wenn man über ein Schiff der MISTRAL-Klasse verfügt hätte“1

Solche und auch viele andere Aussagen, alle mit demselben Tonus, lassen berechtigte Zweifel aufkommen, ein Land wie Russland mit einer solch unglaublich wichtigen Waffe auszustatten. Neben der Möglichkeit für hubschraubergestützte Bodenoperationen verfügen die Mistral-Schiffe weiterhin über eine enorme Truppentransportkapazität und über spezielle Kommando- und Führungsfähigkeiten, die dem Schiff den Charakter einer eigenen autonom operierenden Streitmacht geben. Die einzelnen Fähigkeiten werden im späteren Verlauf der Arbeit ausführlich dargestellt.

Welche Ziele verfolgt Frankreich mit diesem Schritt? Will es ein Signal an die EU und die NATO senden, um seine nationale Stärke zu demonstrieren? Möchte es durch diesen geplanten Verkauf Russland enger an Organisationen wie die EU und die NATO binden, indem es das Signal aussendet Russland als gleichberechtigten und vor allem als Partner, von dem keine Gefahr mehr ausgeht, anzuerkennen? Oder steht nur die Stabilisierung der eigenen kränkelnden Schiffbauindustrie im Fokus der Regierung Sarkozy?

Diese Arbeit wird sich genau mit diesen Fragen auseinandersetzen. Unter der Fragestellung: „ Was bedeutet die geplante Rüstungszusammenarbeit von Frankreich und Russland bezüglich der Mistral-Hubschrauberträger für die Integration rüstungspolitischer Ebene in der EU? Was sind die Motive für diesen franz ö sischen Alleingang und kann man dieses Verhalten mit einer Theorie zur europäischen Integration erklären?“ soll erarbeitet werden, welche Ziele die französische Regierung mit dem geplanten Verkauf verfolgt, was die Konsequenzen eines solchen Verkaufs wären und was dies für die sicherheitspolitische Kooperation innerhalb der EU und NATO bedeuten könnte.

Bei einem Geschäft dieses Ausmaßes müsste man annehmen, dass sich Frankreich mit der NATO, aber vor allem auch mit seinen europäischen Partnern abgestimmt hat oder zumindest in einem Abstimmungsprozess befindet. Unter diesem Gesichtspunkt soll in dieser Arbeit auch Theorie zur europäischen Integration, namentlich der Intergouvernementalismus, als Analysetool herangezogen werden. Dieser besagt im Kern, dass die Nationalstaaten die zentralen Basiseinheiten innerhalb der EU und der europäischen Integration darstellen und die nationalstaatliche Politik in ihrer Gewichtung weit über der Gemeinschaftspolitik steht.2 Handelt Frankreich im Sinne des Intergouvernementalismus? Eine Frage, der die Arbeit im späteren Verlauf nachgehen wird.

Um in die zentrale Thematik der Arbeit, den Mistral-Hubschrauberträger, einzuführen wird das erste Kapitel einer überblicksartigen Darstellung der besonderen Fähigkeiten dieses Schiffstyps dienen. Weiterhin werden die zentralen Elemente und der Fortschritt der Verhandlungen zwischen Frankreich und Russland beleuchtet werden.

Das zweite Kapitel wird der Darstellung des Intergouvernementalismus dienen, einer im Wesentlichen von Stanley Hoffmann geprägten Theorie der europäischen Integration. Diese soll dann im weiteren Verlauf der Arbeit, neben anderen Faktoren als Analysetool zur Beantwortung der oben aufgeführten Fragen dienen.

Im dritten Kapitel werden die zentralen Prämissen zur Rüstungsexportpolitik innerhalb der EU dargestellt. Weiterhin soll die Position der EU gegenüber Russland auf diesem Gebiet beleuchtet werden. Auch soll auf mögliche Folgen eines Waffengeschäfts dieses Ausmaßes für das Verhältnis EU-Russland und innerhalb der EU eingegangen werden.

Im vierten Kapitel sollen schlussendlich die Motivationsgründe für den von Frankreich anvisierten Verkauf beleuchtet werden. Diese Gründe sollen dann in einem weiteren Schritt vor dem Hintergrund von Hoffmanns Intergouvernementalismus beleuchtet werden.

In einem Fazit werden dann noch einmal alle wichtigen Erkenntnisse der Arbeit im Hinblick auf die Ausgangsfrage zusammengefasst.

2. Der Mistral-Hubschrauberträger und die Verhandlungen zwischen Frankreich und Russland

2.1. Der Mistral-Hubschrauberträger

Bei der Mistral-Klasse handelt es sich um eine Klasse konventionell betriebener Hubschrauberträger der französischen Marine. Bislang wurden zwei Träger gebaut und 2005 bzw. 2006 in Dienst gestellt. Die Beschaffung von zwei weiteren Schiffen ist für 2011 und 2012 vorgesehen.3

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Mistral-Hubschrauberträger Querschnitt

Quelle: www.meretmarine.com, zugegriffen am 17.11.2010

Die Schiffe der Mistral-Klasse verfügen vollbeladen über eine Wasserverdrängung von 21.300 t und sind 199 m lang, 32 m breit und haben einen Tiefgang von 6,3 m. Der Antrieb erfolgt über 4 Dieselmotoren sowie 2 Elektromotoren. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 18,5 kn. Bei Höchstgeschwindigkeit hat das Schiff eine maximale Reichweite von 10.800 sm. Die Besatzung besteht aus 160 Mann, 150 Mann Stabspersonal und 450 Mann Truppen. Für kurze Zeit können zusätzlich 900 Mann untergebracht werden.4

Die Bewaffnung besteht aus Maschinenkanonen und Luftabwehrraketen zur Selbstverteidigung. Weiterhin können permanent 4 Landungsbote, 40 Panzer oder 59 andere Gefechtsfahrzeuge, und 16 Kampfhubschrauber bzw. 30 leichte Hubschrauber transportiert werden.5

Zusätzlich verfügen die Schiffe über ein 850m² großes Kommandozentrum, in dem die 150 Mann Stabspersonal die Landungselemente oder andere Truppen führen können. Das Führungssystem SENIT (Système d'Exploitation Navale des Informations Tactiques) ist NATO-kompatibel und kann somit auch Koordinierung und zum Datenaustausch mit Verbündeten Nationen eingesetzt werden. Die Kommunikation der Schiffe wird ein auf französischen Satelliten basierendes Kommunikationssystem eingesetzt.6

Das Einsatzspektrum der Hubschrauberträger ist ebenfalls sehr breit. Schiffe der Mistral- Klasse können sowohl für klassische Landungs-, als auch für Friedens- und Rettungsoperationen eingesetzt werden. Außerdem können sie als Kommandozentralen für die Koordinierung von See- und Landbewegungen eingesetzt werden und sind ebenfalls für den Kampf gegen die Piraterie, wie zum Beispiel vor der Küste Somalias, geeignet.

Im Falle eines Verkaufs an Russland müssten die Schiffe jedoch einigen Umbaumaßnahmen unterzogen werden. Eine zusätzliche Eisverstärkung müsste angebracht und die Hangardecks müssten der Größe der russischen Kamow-Hubschrauber angepasst werden. Auch eine Ausrüstung mit russischen Luftabwehranlagen ist laut russischen Militärexperten geplant.7

Abbildung 2: Mistral-Hubschrauberträger im Hafen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Ria Novosti, 20.08.2010

Sollte die russische Militärführung den Zuschlag für die Mistral-Klasse erhalten, erhofft sie sich davon Zugang zu den eben erwähnten neusten Technologien zu erhalten, die für den Bau verwendet wurden, sowie die modernen westlichen Führungs-, Navigations- und Kommunikationssysteme kennen zu lernen. Somit würde Russland als Nichtmitglied Zugang zu NATO-Technologie erhalten. Dies ist ein wichtiger Streitpunkt in den Verhandlungen, deren Fortgang im nächsten Abschnitt dieses Kapitels beleuchtet werden soll.8

2.2. Die Verhandlungen zwischen Frankreich und Russland

Die Idee eines möglichen Waffengeschäfts zwischen Frankreich und Russland wurde erstmals im Oktober 2008 bekannt. Auf der Marinemesse Euronaval äußerte der Chef der russischen Kriegsflotte, Admiral Wladimir Wyssozki, erstmals den Gedanken zum Erwerb dieser Schiffe.9 Die russische Kriegsflotte kränkelt seit langem und tritt bei technologischen Neuerungen auf der Stelle. Russland besitzt bis dato kein vergleichbares Schiff. Alle marinegestützten russischen Landungskomponenten sind erheblich kleiner, verbrauchen mehr Treibstoff und haben keine der besonderen Führungsfähigkeiten der Mistral-Klasse.

Wyssozki sprach davon, den überzogenen Patriotismus seines Landes abzulegen und auch auf westliche Technologien zu setzen, damit die russischen Streitkräfte für ihre zukünftigen Aufgaben konkurrenzfähig bleiben können. Über das Jahr 2009 verdichteten sich dann die Informationen zum Verkauf der Schiffe, bis schließlich im November 2009 eins der beiden französischen Schiffe den Hafen von St. Petersburg besuchte.10 Dort wurde es von russischen Militär- und Rüstungsexperten genauestens hinsichtlich seiner Fähigkeiten untersucht. Im Vorfeld dieses Besuchs kam es zu einem Arbeitstreffen der Verteidigungsminister Russlands und Frankreichs in Moskau, bei dem beide Minister ihre Hoffnung für erfolgreiche Kaufverhandlungen aussprachen.11

[...]


1 Vgl. http://derstandard.at/1267132152750/Trotz-NATO-Bedenken-Sarkozy-verkauft-Russen-Hubschrauber- Traeger, zugegriffen am 13.11.2010

2 Vgl. Bieling, 2006: 91.

3 Vgl. Le 3ème BPC de la Marine nationale s'appellera Dixmude: http://www.meretmarine.com/article.cfm?id=111998, zugegriffen am 14.11.2010

4 Vgl.Ebd.

5 Vgl. Ebd.

6 Vgl. Ebd.

7 Vgl. Hubschrauberträger: Mistral & Co. Buhlen um russischen Milliardenauftrag: http://de.rian.ru/opinion/20101020/257482365.html, zugegriffen am 14.11.2010

8 Vgl. Ebd.

9 Vgl. Wird Russland Kampfschiffe in Nato-Ländern kaufen? - "Rossijskaja Gaseta": http://de.rian.ru/security_and_military/20090805/122580734.html, zugegriffen am 15.11.2010

10 Russlands Militär heißt Hubschrauberträger "Mistral" in Sankt Petersburg willkommen: http://www.de.rian.ru/security_and_military/20091123/124077955.html, zugegriffen am 15.11.2010

11 Vgl. Ebd.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Die Rüstungspolitik Frankreichs
Untertitel
Was bedeutet die geplante Rüstungszusammenarbeit von Frankreich und Russland bezüglich der Mistral-Hubschrauberträger für die Integration auf rüstungspolitischer Ebene in der EU? Was sind die Motive für diesen französischen Alleingang und kann man dieses Verhalten mit einer Theorie zur europäischen Integration erklären?
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Note
2,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
24
Katalognummer
V179394
ISBN (eBook)
9783656018100
Dateigröße
618 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
rüstungspolitik, frankreichs, rüstungszusammenarbeit, frankreich, russland, mistral-hubschrauberträger, integration, ebene, motive, alleingang, verhalten, theorie
Arbeit zitieren
Tim Bohle (Autor:in), 2010, Die Rüstungspolitik Frankreichs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/179394

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