Journalistische Risikokommunikation in Frankreich und Deutschland

Eine vergleichende Untersuchung der Presseberichterstattung anlässlich der neuen Influenza A (H1N1)/„Schweinegrippe“


Lizentiatsarbeit, 2010

118 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung
1.1 Relevanz des Themas
1.2 Zielsetzung
1.3 Fragestellung

2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Wissensgesellschaft und Risikogesellschaft
2.2 Arena-Modell öffentlicher Kommunikation
2.3 Wissenschaftskommunikation und Risikokommunikation
2.3.1 Formen der massenmedialen Thematisierung von Wissenschaft
2.3.2 Die Rolle der Experten in der Wissenschafts- und Risikoberichterstattung
2.3.3 Frames in der Berichterstattung über Wissenschaft und Risiko
2.4 Journalismuskulturen in Frankreich und Deutschland
2.5 Fazit

3 Methodisches Vorgehen
3.1 Inhaltsanalyse und Ländervergleich
3.2 Forschungsdesign und Stichprobe
3.2.1 Printmedien/Qualitätszeitungen
3.2.2 Untersuchte Zeitungen
3.2.3 Untersuchungszeitraum und Stichprobenziehung
3.3 Operationalisierung
3.3.1 Codebuchentwicklung
3.3.2 Kategorien des Codebuchs und Codierlogik
3.3.3 Reliabilitätstest

4 Darstellung der Ergebnisse
4.1 Formale Kriterien
4.2 Inhaltliche Kategorien
4.2.1 Berichterstattungsform der Risikodebatte
4.2.2 Ländervergleich der Berichterstattungsform
4.2.3 Sprecher der Risikodebatte
4.2.4 Ländervergleich der Sprecher
4.2.5 Frames der Risikodebatte
4.2.6 Ländervergleich der Frames
4.2.7 Issues der Risikodebatte
4.2.8 Ländervergleich der Issues
4.2.9 Kombinierte Variablen der Risikodebatte

5 Zusammenfassung und Fazit

6 Ausblick

7 Literatur

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Thematisierung von Wissenschaft in den Medien

Abbildung 2: Standardisierter Untersuchungsablauf/Inhaltsanalyse

Abbildung 3: Codierlogik

Abbildung 4: Verlauf der Berichterstattung

Abbildung 5: Berichterstattungsverlauf für jede Zeitung

Abbildung 6: Ländervergleich der Berichterstattungsform

Abbildung 7: Häufigkeiten Sprecher insgesamt

Abbildung 8: Ländervergleich der Sprecherkategorien (zusammengefasst)

Abbildung 9: Als Sprecher auftretende Gesundheitsbehörden im Ländervergleich

Abbildung 10: Frames insgesamt

Abbildung 11: Ländervergleich der Frames

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Untersuchte Zeitungen

Tabelle 2: Stichprobenziehung

Tabelle 3: Reliabilitätskoeffizienten für jede getestete Variable

Tabelle 4: Anzahl codierter Paragraphen nach Land

Tabelle 5: Anzahl codierter Paragraphen nach Zeitung

Tabelle 6: Darstellungsform

Tabelle 7: Ressort

Tabelle 8: Berichterstattungsform insgesamt

Tabelle 9: Berichterstattungsform in den tatsachenbetonten Beiträgen

Tabelle 10: Ländervergleich der Berichterstattungsform

Tabelle 11: Ländervergleich der tatsachenbetonten Beiträge

Tabelle 12: Sprecher insgesamt

Tabelle 13: Sprecherkategorien (zusammengefasst) insgesamt

Tabelle 14: Ländervergleich der Sprecher insgesamt

Tabelle 15: Ländervergleich der Sprecherkategorien (zusammengefasst)

Tabelle 16: Als Sprecher auftretende Gesundheitsbehörden in Frankreich und Deutschland

Tabelle 17: Frames insgesamt

Tabelle 18: Ländervergleich der Frames

Tabelle 19: Issues insgesamt

Tabelle 20: Thematisierung Impfung oder Impfstoff

Tabelle 21: Issues im Ländervergleich

Tabelle 22: Frames/Berichterstattungsform

Tabelle 23: Frames/Issues

Tabelle 24: Frames/Sprecher

1 Einleitung

Die vorliegende Arbeit untersucht und vergleicht die Presseberichterstattung in den deutschen und französischen Qualitätszeitungen anlässlich der Risikodebatte zur neuen Influenza A (H1N1)1. In den deutschen Medien wird diese Form der Influenza meist mit „Schweinegrip- pe“ oder „neue Influenza“ bezeichnet, während in den französischen Medien vorwiegend die Bezeichnungen „H1N1“ und „grippe A“ verwendet werden.

Die Infektionskrankheiten gehören mit etwa 15 Millionen Todesfällen pro Jahr weltweit zu den häufigsten Todesursachen. Jedes Jahr kommt es in Mitteleuropa, meist zwischen Januar und März, zu einer Influenzaepidemie2 mit mehreren Millionen Erkrankungen. Umgangs- sprachlich wird der grippale Infekt häufig mit der echten Virusgrippe gleichgesetzt, doch während andere Viren in erster Linie den Atemtrakt befallen und vor allem im Kindesalter auftreten, zeichnet sich die Influenza durch schwere fieberhafte Erkrankungen in allen Alters- gruppen aus (vgl. Haas 2005: 1020).

Im April 2009 erkranken in Mexiko erstmals Menschen an einer neuen Form des Virus. Die- ses Virus war bis dahin unbekannt, kann aber wissenschaftlich schnell entschlüsselt werden und erhält die Bezeichnung A/H1N1. Diese neue Form der Virusinfektion wird umgangs- sprachlich auch als „Schweinegrippe“ bezeichnet, da der Erreger vermutlich durch das Durchmischen verschiedener Teile der Erbinformationen unterschiedlicher Grippeviren bei Schweinen entstanden ist. Grippeviren (Influenzaviren) werden in die Typen A, B und C ein- geteilt. Den Angaben des deutschen Bundesministeriums für Gesundheit zufolge sind die In- fluenza-Viren vom Typ A die gefährlichsten Viren (vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2010: 3). Die neue Influenza A (H1N1) wird daher häufig mit der Spanischen Grippe in Ver- bindung gebracht, die im Jahr 1918/19 ausbricht und in ihrem Verlauf weltweit 25-40 Millio- nen Todesopfer fordert. Diese Grippe-Pandemie3 hatte so verheerende Folgen, da der neue Erreger vom Typ A höchst ansteckend war und durch den ersten Weltkrieg bedingt sehr stark verbreitet wurde (vgl. Vasold 2009: 126). Influenza-A-Viren sind extrem variabel und können sehr schnell in einer Reihe von Untertypen auftreten. Jeder dieser Untertypen ist imstande, weitere Varianten hervorzubringen.

In den letzten Jahren konnte das Influenza-Virus noch näher bestimmt werden. Der Erreger der Spanischen Grippe von 1918/19 wird heute mit H1N1 bezeichnet. Der Buchstabe H steht für Hämagglutinin, das N steht für Neuraminidase. Vom Hämagglutinin sind 13 Arten be- kannt und von der Neuraminidase 9. Diese beiden Bestandteile des Virus können sich in un- terschiedlichster Weise kombinieren, entsprechend wurden die Buchstaben- und Zahlenkom- binationen zur Namensgebung zusammengestellt: H1N1, H2N1, H1N2. Spätere Varianten erhalten höhere Zahlen, so dass der Erreger der Vogelgrippe H5N1 genannt wird. Der schnel- le Wandel der H- und N-Antigene führt dazu, dass es in der Bevölkerung nur bedingt zu einer Immunisierung kommt (vgl. Vasold 2009: 37ff.).

Am 11. Juni 2009 ruft die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die höchste Seuchenalarmstu- fe aus und es wird die Massenproduktion eines Impfstoffes veranlasst. Alle europäischen Re- gierungen kaufen den H1N1-Pandemie-Impfstoff ein. So werden insgesamt mehrere Milliar- den Dosen eingekauft. In Deutschland lassen sich bis März 2010 jedoch nur knapp zehn Pro- zent der Bevölkerung gegen H1N1 impfen und von 34 Millionen gelieferten Impfdosen blei- ben 27 Millionen ungebraucht. Die Kosten für den Kauf belaufen sich in Deutschland auf rund 284 Millionen Euro. Frankreich kauft ungefähr 100 Millionen Impfdosen ein und die Kosten machen etwa eine Milliarde Euro aus (vgl. Stollorz 2010: 59). Die Pandemie verläuft dann insgesamt milder und unspektakulärer als es die meisten Experten vorausgesagt hatten. Der Risikoforscher Peter Sandmann von der Princeton University wird in der Frankfurter All- gemeinen Sonntagszeitung in diesem Zusammenhang zitiert (vgl. ebd.):

„Wir können auch in Zukunft nicht wissen, wie schwer eine Pandemie werden wird. Aber wir müssen trotzdem frühzeitig Entscheidungen treffen, etwa wie viel Impfstoff wir einkaufen wollen. Einige dieser Entscheidungen werden falsch sein. Wir warnen lieber einmal mehr als einmal zu wenig, und wir irren lieber darin, dass wir uns unnö- tig vorbereiten. Sollten die Dinge schlecht ausgehen, werden die Kritiker sagen, man hätte mehr tun sollen. Bleibt die Pandemie mild, werden die Kritiker behaupten, wir hätten weniger tun sollen.“

Im Januar 2010 müssen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Vertreter der Pharma- industrie in einer Anhörung vor dem Gesundheitsausschuss des Europarates zu verschiedenen Vorwürfen Stellung nehmen. Es wird ein Zusammenspiel der beiden Interessenvertreter ver- mutet, da die Weltbevölkerung wegen eines „offenkundig harmlosen Grippevirus“ in die „grösste Impfkampagne aller Zeiten“ geschickt worden wäre. Es ist von einer „gigantischen Verschwendung an Ressourcen“ die Rede und der WHO wird vorgeworfen ihre eigenen Kri- terien geändert zu haben, um im Juni 2009 eine Pandemie ausrufen zu können. Bei dieser neuen Pandemie-Definition spielt nicht mehr wie bis dahin die Zahl der Todesfälle eine Rolle sondern es wird die Geschwindigkeit, mit der sich das Virus ausbreitet, als Kriterium heran- gezogen (vgl. Durm 2010_26.01.2010).

1.1 Relevanz des Themas

Die unterschiedlichen Meinungen und Positionen zur Gefährlichkeit des neuen Grippevirus und über den Nutzen einer Impfung und die daraus entstandene gesellschaftliche und mas- senmediale Kontroverse spiegelt den Umgang moderner Gesellschaften mit Unsicherheit und Risiko sowie mit ihrem Wissen und ihrem Nicht-Wissen. Niemand kennt die tatsächliche Ge- fährlichkeit des Virus und niemand kann mit Sicherheit vorhersagen, wie sich eine Pandemie entwickelt. Experten sind keineswegs einig und die Bevölkerung, die wissenschaftliche Sach- verhalte kaum überprüfen kann, ist verunsichert. Politische Entscheidungen, wie der Erwerb des H1N1-Pandemie-Impfstoffs, müssen unter Unsicherheit getroffen werden. Denn wissen- schaftliche Evidenz kann immer nur als Eingrenzung möglicher Auffassungen verstanden werden und ist selten eindeutig. Es bleibt ein Interpretationsspielraum, den die verschiedenen Experten, die als Berater herangezogen werden, unterschiedlich nutzen (vgl. Peters 1994c: 165). Die Medien nehmen in dieser, durch Unsicherheit charakterisierten Situation eine be- sondere Rolle ein. Sie vermitteln zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit, da der grösste Teil der Bevölkerung Informationen über wissenschaftliche und technische Zusammenhänge aus den Massenmedien bezieht (vgl. Hömberg 1990: 7).

Risiko- und Wissenschaftsberichterstattung wird aber vielfach kritisiert, denn Wirtschaft, Po- litik und Wissenschaft bemängeln, dass unausgewogen berichtet werde und dass anstatt auf wissenschaftliche Zusammenhänge und Erkenntnisse stets auf den gesellschaftlichen Konflikt und die politische Auseinandersetzung abgehoben werde (vgl. Peters 1994a: 348ff.).

Das Arena-Modell4 öffentlicher Kommunikation geht für Risikodebatten davon aus, dass ver- schiedene Interessengruppen über Risiken unterschiedlicher Meinung sind, und dass diese verschieden konstruierten Risikovorstellungen über die Medien ausgehandelt werden. Die Forderung nach einer „neutralen Berichterstattung“ und danach, dass die Medien in erster Linie die Perspektive der Wissenschaft darlegen sollten, ist in diesem Sinne, nicht Aufgabe von Journalismus. Die Medien wählen Ereignisse, über die sie berichten nach journalistischen und nicht nach wissenschaftlichen Kriterien aus. Sie orientieren sich am Aktuellen, Neuen und Unvorhergesehenen. Denn Abweichendes, Schaden, Konflikt und Erfolg wecken die öf- fentliche Aufmerksamkeit (vgl. Bonfadelli 2000: 39). Aus einer normativen Perspektive sollte Journalismus vielmehr möglichst viele, an der Risikokommunikation beteiligte Anspruchs- gruppen zu Wort kommen lassen (vgl. Bonfadelli 2004: 289ff.).

Wissenschaftliche Organisationen und Institutionen scheinen sich, ähnlich wie politische Ak- teure, zunehmend an der Medienlogik auszurichten und nehmen über organisationsinterne Strategien mitunter starken Einfluss auf die Medienberichterstattung. Im Sinne einer positiven Selbstdarstellung und Legitimation soll Medienpräsenz erzielt werden und indirekt Einfluss auf politische Entscheidungsträger genommen werden (vgl. Peters 2009: 21ff.). Denn politi- sche Akteure orientieren sich an den Medien, wodurch ein wesentlicher politischer Effekt durch die Medienberichterstattung angenommen werden kann (vg. ebd.: 36). Den Journalisten wiederum fehlt meist ein Anreiz für kritischen oder investigativen Journalismus, da der Wis- senschaft in der Gesellschaft insgesamt und im Vergleich zu Politik und Wirtschaft immer noch wesentlich mehr Vertrauen entgegen gebracht wird (vgl. ebd.: 33ff.).

Journalisten unterliegen bei der Bearbeitung eines Themas immer auch ihrem kulturellen Kontext und die Art und der Stil, wie ein bestimmtes Thema aufgearbeitet wird, hängt von der jeweiligen Journalismuskultur eines Landes ab. Die Zwänge aufgrund der spezifischen Struk- turen des Medienmarktes und der Politik der nationalen Regierungen beeinflussen in ent- scheidender Weise die Medienberichterstattung, indem in einer demokratischen Gesellschaft eine kritische öffentliche Auseinandersetzung entweder ermöglicht oder aber erschwert wird (vgl. Benson/Hallin 2007: 28).

Aufgrund der Besonderheiten nationaler Kommunikationsstrukturen und -kulturen ermögli- chen Ländervergleiche ein tieferes Verständnis der untersuchten Kommunikationsphänomene (vgl. Wessler 2008: 219). „Vergleiche erweitern den Horizont durch die Berücksichtigung von Erfahrungen anderer Systeme und erlauben so ein besseres Verständnis der eigenen Ge- sellschaft“ (Puppis 2007: 98).

Für einen solchen Ländervergleich bieten sich Frankreich und Deutschland an, da die beiden Länder sehr unterschiedliche strukturelle Rahmenbedingungen aufweisen. Insbesondere das Verhältnis von Medien und Politik unterscheidet sich in Frankreich und Deutschland deutlich und das französische Bildungssystem, sowie der französische Zentralismus, führen in Frank- reich zu einer deutlich ausgeprägten kulturellen Affinität und sozialen Nähe innerhalb der Eliten aus Politik, Wissenschaft und Journalismus. In Deutschland steht die föderalistische Struktur des Landes dieser Nähe der Eliten eher entgegen (vgl. Burgert 2006: 75ff.)5.

Das zentrale Anliegen dieser Arbeit ist, die journalistische Risikoberichterstattung am konkre- ten Fall der neuen Influenza A (H1N1) zu betrachten und vor dem Hintergrund unterschiedli- cher kultureller Kontexte in Deutschland und in Frankreich zu vergleichen. Das übergeordne- te Ziel der Arbeit besteht also darin „ mehr über das untersuchte Phänomen zu erfahren [...]“ (Puppis 2007: 99/Hervorheb. i.O.), d.h. über den Vergleich und anhand der Untersuchung des Einzelfalles Erkenntnisse über Risikokommunikation im Allgemeinen zu gewinnen.

1.2 Zielsetzung

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist,

- die unterschiedlichen Berichterstattungsformen in der deutschen und französischen Qualitätspresse zur neuen Influenza A (H1N1) herauszuarbeiten und zu betrachten, wie stark neben der Darstellung von reinen Informationen, auch Interpretationen und Meinungen wiedergegeben werden. Im Hinblick auf eine normative Perspektive öf- fentlicher Kommunikation, wie sie aus dem Arena-Modell abgeleitet werden kann, sollten in einer Risikodebatte möglichst viele Meinungen und ein möglichst breites Sprecherspektrum in der Öffentlichkeit abgebildet werden (vgl. Abschnitt 1.2),
- das Sprecherspektrum zur Debatte zu erfassen und zu analysieren welche gesellschaft-
lichen Teilbereiche die Auseinandersetzung durch ihre Informationen, Interpretationen und Meinungen bestimmen,
- in einem weiteren Schritt die verschiedenen journalistischen Frames/Perspektiven auf die Thematik zu beleuchten und darin die Rolle der Wissenschaft und der Experten im Risikodiskurs zu betrachten. Experten nehmen in wissenschaftlichen Auseinanderset- zungen und bei Risikodebatten eine besondere Rolle ein und haben einen hohen ge- sellschaftlichen Stellenwert, da sie mit ihrem spezifischen Fachwissen entscheidend zur Meinungsbildung beitragen (vgl. Peters 1994c: 162, Nowotny 1979: 76),
- über die verschiedenen Berichterstattungsmuster zu entscheiden, ob Konfliktdarstel- lung und Skandalisierungen in der medialen Auseinandersetzung zur neuen Influenza A (H1N1) im Vordergrund stehen. Den Medien wird bei Risikodebatten vielfach vor- geworfen, sie würden in erster Linie auf Konflikte und weniger auf das gemeinsame Interesse aller Beteiligten abheben (vgl. Abschnitt 1.2). Diese Arbeit behauptet, dass aus normativer Sicht Konfliktdarstellung und Skandalisierung unter Umständen mehr zu einer kritischen gesellschaftlichen Auseinandersetzung beitragen, als der Fokus auf
„vermeintliche“ Fakten oder auf die alleinige Perspektive der Wissenschaft (vgl. Kapi- tel 2.2),
- die verschiedenen Issues (vgl. Dahinden 2002: 187), die in der Risikodiskussion um die neue Influenza A (H1N1) auf der Medienagenda stehen, aufzuzeigen,
- die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der französischen und deutschen Berichter- stattung in den Qualitätszeitungen zu den genannten Punkten (Interpretations- und Meinungsabbildung, Sprecherspektrum, Frames/Rolle der Wissenschaft bzw. Exper- ten und Issues) darzustellen.

1.3 Fragestellung

Im Folgenden werden die einzelnen Fragestellungen, die in dieser Arbeit behandelt werden, noch einmal gesondert aufgeführt:

Forschungsfrage 1:

Wie stark werden in der Presseberichterstattung zur neuen Influenza A (H1N1) neben der Darstellung reiner Information, Interpretationen und Meinungen wiedergegeben?

Forschungsfrage 2: Welche Sprecher bringen diese Informationen, Interpretationen oder

Meinungen zum Ausdruck?

Forschungsfrage 3a:

Welche Frames stehen in der Berichterstattung zur neuen Influenza A (H1N1) im Vorder- grund und welche Rolle nehmen die Experten innerhalb dieser Frames ein? 6

Forschungsfrage 3b:

Wird die neue Influenza A (H1N1) in erster Linie als Konfliktthema oder als Aufklärungsthe- ma behandelt (vgl. Kapitel 2.3.1)?

Forschungsfrage 4: Welche Issues zur neuen Influenza A (H1N1) stehen auf der Medien- Agenda?

Forschungsfrage 5: Welche Gemeinsamkeiten und Unterschieden gibt es zwischen Frankreich und Deutschland in den genannten Punkten?

2 Theoretischer Hintergrund

In diesem Kapitel wird der theoretische Rahmen der behandelten Fragestellungen gezeichnet. Das Thema „neue Influenza A (H1N1)“ wird in einen gesellschaftlichen Kontext eingebettet und theoretische Zusammenhänge zur Wissenschafts- und Risikokommunikation sowie deren medialen Bearbeitung werden herausgearbeitet. Eine kurze Abhandlung zum Arena-Modell öffentlicher Kommunikation erfolgt und es wird auf die verschiedenen Journalismuskulturen in Frankreich und Deutschland eingegangen.

2.1 Wissensgesellschaft und Risikogesellschaft

„Die Aufklärungsbewegung des 18. Jahrhunderts hat uns den Glauben vermittelt, dass alles erklärbar und verstehbar sei, wenn man nur das nötige Wissen bereitstellen könnte. Die Überzeugung, jegliches Wissen sei grundsätzlich beschaffbar, war Grundlage dieser Einstellung.

Neues Wissen liesse sich demnach durch Forschung erlangen und bereits bekanntes Wissen durch Kommunikation distribuieren und der Gesellschaft als Grundlage fortschreitenden Verständnisses von Welt vermitteln. Eines Tages würde der Mensch seine Umwelt völlig beherrschen und steuern können, weil er über umfassendes Wissen verfügte“ (Engel/Halfmann/Schulte 2002: 9).

Die heutige moderne Gesellschaft kann als Wissensgesellschaft bezeichnet werden, da in der modernen Lebenswelt Wissenschaft und Technologie eine entscheidende Rolle spielen. Na- hezu alle Bereiche des modernen Lebens werden von wissenschaftlichem und technischem Wissen durchdrungen (vgl. Bechmann/Stehr 2000: 70/Hervorheb. i.O.). Seit dem Ende des 2. Weltkriegs wuchsen die Technowissenschaften in beeindruckender und beispielsloser Weise heran und haben weltverändernde Möglichkeiten wissenschaftlichen Wissens unter Beweis gestellt (vgl. Nowotny 1999: 18). Wissenschaft erzeugt aber nicht nur Wissen sondern auch Unsicherheit, denn wissenschaftliche Entdeckungen und Erkenntnisse eröffnen neue Hand- lungsmöglichkeiten, die zu neuen und komplexeren Entscheidungssituationen führen (vgl. Bechmann/Stehr 2000: 76). Ausserdem ist Wissen fast immer anfechtbar (vgl. Stehr 2002: 20). Denn es kann eben immer nur als Teilwissen verstanden werden und das Ideal der Auf- klärung hat im öffentlichen Bewusstsein inzwischen seine absolute Gültigkeit verloren (vgl. Engel/Halfmann/Schulte 2002: 9). Die Risikodebatte um das neue Grippevirus H1N1 spiegelt in eindrücklicher Weise dieses Paradox von Wissen und gleichzeitigem Nicht-Wissen in einer hoch-technologisierten Gesellschaft wie der heutigen.

Die Wissenschaft konnte das neue Virus in kürzester Zeit identifizieren und den Zusammen- hang zur Spanischen Grippe von 1918 herstellen. Die tatsächliche Gefährlichkeit des Virus ist aber weitestgehend unklar und Einschätzungen bleiben spekulativer Natur. Niemand kennt den Verlauf einer Pandemie und die tatsächlichen Folgen. Wissen stellt sich hier deutlich als Teilwissen dar. Aus diesem unvollständigen Wissen heraus haben sich komplexe Entschei- dungssituationen ergeben: Wann soll der neue H1N1-Pandemie-Impfstoff in die Massenpro- duktion gehen? Wieviel Dosen des Impfstoffes sollte jedes Land für sich beanspruchen? Tra- gen die westlichen Regierungen und Pharmaunternehmen eine Verantwortung für den Schutz der Menschen in der dritten Welt? Darüber hinaus müssen auf der individuellen Ebene Ent- scheidungen getroffen werden. Lässt sich der Einzelne/die Einzelne impfen? Soll den Emp- fehlungen der Regierungen Folge geleistet werden und kann auf Expertenwissen vertraut werden? Der neue, nur sehr kurz getestete Impfstoff hat weitere Fragen aufgeworfen. Denn auch in diesem Zusammenhang gibt es nur das Teilwissen, dass Impfungen einen Schutz ge- gen Virusinfektionen gewährleisten, die eventuellen Nebenwirkungen oder Wechselwirkun- gen mit anderen Viren hingegen können nur anhand von Wahrscheinlichkeiten ausgeschlos- sen werden.

Die Öffentlichkeit fordert zunehmend Mitspracherechte und dies schliesst mit ein, dass be- stimmte wissenschaftliche und technische Möglichkeiten abgelehnt werden (vgl. Nowotny 1999: 20). Nach der Theorie reflexiver Modernisierung, die auf Beck und Giddens zurück- geht, werden verschiedene Grundannahmen der Moderne mehr und mehr in Frage gestellt. Die Zustimmung zu technologischem Fortschritt, zur Überlegenheit von Expertenwissen und zur repräsentativen Demokratie gibt es nicht mehr uneingeschränkt (vgl. Oegerli 2006: 12). Die heutigen Bürger haben ein neues Anspruchsdenken entwickelt. Sie wollen Argumente und Begründungen hören, verhalten sich insgesamt souveräner und lassen sich von staatlicher Seite nicht ohne weiters zu etwas anhalten (vgl. Jarren 2005: 39).

Die Geburtsstunde des Begriffes des Risikos fiel zusammen mit einer historischen Epoche, in der die Welt erstmals als eine durch menschliches Handeln verfügbare begriffen wurde, in der Strukturen durch Handeln bewusst zur Disposition gestellt werden konnten ... um einer Chance willen.“ (Nowotny 1987: 35).

In Risikodebatten wird Wissenschaft und Technik entweder als Ursache von Risiken, z.B. beim Thema ‚Gentechnologie’ oder aber als möglicher Problemlöser, wie etwa im Falle von AIDS, thematisiert (vgl. Peters 1994c: 162). In Risikofragen ist selbst die Expertenwelt unei- nig, da der Risikobegriff immer mehrdeutig ist, unterschiedliche Risikokonzepte vorliegen und Risikoanalysen kaum zu falsifizieren sind. Risikostudien sind immer nur Schätzungen über Wahrscheinlichkeiten und das Eintreten eines Ereignisses lässt sich nie mit Sicherheit vorhersagen. Risiken (R) werden meist in einer Formel als Produkt der Wahrscheinlichkeit
(P) eines Schadens und der Höhe bzw. Schwere des Schadens (S) definiert. Diese einfache Formel stammt aus dem Versicherungswesen und lässt mitunter vergessen, dass es sich stets um Wahrscheinlichkeitsberechnungen handelt und dass dabei der unterschiedlichen Bewer- tung eines Schadens keine Rechnung getragen wird (vgl. Ruhrmann 2002: 369). Eindeutige Expertenantworten auf dringende Risikofragen stehen also nicht zur Verfügung (vgl. Renn/Kastenholz 2008: 104). Die Undurchschaubarkeit von Risikofragen impliziert einen
hohen Vertrauensbedarf in die Repräsentanten aus Wissenschaft, Technik, Medizin und In- dustrie, die bestimmte Entscheidungen nahe legen oder legitimieren. Dieses Vertrauen zu gewinnen wird zunehmend schwieriger, da der Bedarf an Vertrauen in einer Gesellschaft drastisch steigt, wenn die Eliten nicht mehr nur die soziale sondern auch die physische Um- welt kontrollieren (vgl. Peters 1994b: 2).

Alle westeuropäischen Regierungen haben den Impfstoff gegen die neue Influenza A (H1N1) eingekauft. Die Entscheidung für oder gegen die Herstellung des Impfstoffs wurde in einer Situation getroffen, als die Gefährlichkeit des Virus und seine Verbreitung noch nicht abzu- schätzen waren. Grosse Teile der Bevölkerung sind verunsichert und viele Experten zeigen sich skeptisch. Zum Teil wird unterstellt, Politik und Wissenschaft würden in erster Linie der Pharmaindustrie riesige Gewinne zuspielen (vgl. Simone 2009: ARD, Bartens 2009: 18).

Nach Bechmann und Stehr erzeugt Risikokommunikation in der modernen Gesellschaft eine neue Form des gesellschaftlichen Konfliktes und trägt möglicherweise sozial und politisch mehr Sprengstoff in sich als die alten Verteilungskämpfe des Wohlfahrtstaates (vgl. Bech- mann/Stehr 2000: 87). Ulrich Beck (1986) hat anhand seiner kritischen Auseinandersetzung mit der modernen Gesellschaft den Begriff der ‚Risikogesellschaft’ geprägt. Er und Luhmann (1990) betonen die soziale Konstruktion von Risiken und dass Kommunikationsprozesse bei der Wahrnehmung von Risiken und bei der Zuschreibung von Ursachen immer eine entschei- dende Rolle spielen (vgl. Bonfadelli 2004: 285ff.). Mittels Information werden Tatbestände konstruiert und Probleme vielfach erst geschaffen. Die vorgenommenen Problemdeutungen basieren aber selten auf gesichertem Wissen (vgl. Jarren 2005: 50).

Für die vorliegende Arbeit ist von besonderem Interesse, wie sich dieser soziale Konstrukti- onsprozess des Risikos, das von der neuen Influenza A (H1N1) ausgeht, in den Medien aus- gestaltet. Welche Perspektiven geben die Medien vor, welche Sprecher treten auf und wie stark wird den verschiedenen Interpretationen und Meinungen Rechnung getragen?

Geht man davon aus, dass Risiken sozial konstruiert und definiert werden, um als solche wahrgenommen zu werden, dann bieten die Medien in diesem Sinne eine Plattform, über wel- che diese sozialen Konstruktionsprozesse ausgehandelt werden. Nur über den öffentlichen Diskurs können Risiken für eine Gesellschaft definiert und sichtbar gemacht werden (vgl. Cottle 1998: 6).

Im folgenden Abschnitt wird anhand des Arena-Modells öffentlicher Kommunikation darge- stellt wie die verschiedenen Meinungen und Positionen zu einem Thema wie der neuen In- fluenza A (H1N1) über die verschiedenen Teilsysteme der Gesellschaft in die Öffentlichkeit getragen und ausgehandelt werden.

2.2 Arena-Modell öffentlicher Kommunikation

Jeder Mensch kann prinzipiell überall, zu jeder Zeit und mit jeder anderen Person über ein Thema wie die „Schweinegrippe“ diskutieren. Gesamtgesellschaftlich sind solche Diskussio- nen aber erst interessant, wenn sie auch öffentlich stattfinden, d.h. wenn sie sich in ihrer In- tension an die Gesamtgesellschaft richten (vgl. Oegerli 2006: 33). Öffentlichkeit lässt sich nach Habermas (1992: 435ff.; zit. nach Donges/Imhof 2005: 159/Hervorheb. J.J.) als Netz- werk von Kommunikationsflüssen verstehen, die in verschiedenen Arenen öffentlicher Kom- munikation zusammen fliessen. Die in diese Arenen gegliederte Öffentlichkeit wird durch die Akteure der unterschiedlichen Teilsysteme der Gesellschaft und durch zivilgesellschaftliche Akteure konstituiert (vgl. Donges/Imhof 2005: 159). Unter Öffentlichkeit versteht man also ein ausdifferenziertes Kommunikationssystem, dessen Funktion darin besteht, zwischen den Meinungen und Interessen der Bürger, der kollektiven Akteure einer Gesellschaft und dem politischen System zu vermitteln (vgl. Gerhards/Neidhardt 1990: 1). In den verschiedenen Arenen versuchen die darin auftretenden Akteure, die öffentliche Aufmerksamkeit zu erhal- ten. Die Art und Weise, wie dies stattfindet, wird durch Arena-spezifische Regeln bestimmt. Ziel der Kommunikation in Arenen ist die Mobilisierung von Vertrauen und Unterstützung (vgl. Oegerli 2006: 36). Massenkommunikation unterscheidet sich von den anderen Ebenen der Öffentlichkeit, da eine sehr breite und kontinuierliche Beeinflussung der öffentlichen Meinung stattfinden kann. Öffentliche Meinungen entstehen zwar im Kreislauf über alle Ebe- nen hinweg, in komplexen Gesellschaften lässt sich Öffentlichkeit aber ohne eine massenme- diale Öffentlichkeit nicht herstellen (vgl. Gerhards/Neidhardt 1990: 25).

Das Arena-Modell geht auch für Wissenschafts- und Risikokommunikation davon aus, dass die verschiedenen beteiligten Akteure bestimmte Regeln befolgen müssen, um am öffentli- chen Diskurs teilnehmen zu können. Die meisten Akteure gehören einer werthomogenen wis- senschaftlich-technischen oder ökonomisch geprägten Kultur an und die Meinungsverschie- denheiten beziehen sich fast immer auf die Richtigkeit der Wirklichkeitsbeschreibung, d.h. es geht um die Anerkennung von Hypothesen, Theorien oder um die Gültigkeit von Messungen und Beobachtungen. Sprecher, die diese Basis gemeinsamer rationaler Werte nicht akzeptie- ren, werden meist abqualifiziert (vgl. Peters 1994c: 162ff.). So können vorrangig etablierte Akteure und politisch-administrative Elitenakteure die Medienöffentlichkeit anhaltend beein- flussen (vgl. Jarren 2005: 49). Vermehrt wird eine stärkere öffentliche Partizipation in wis- senschaftlichen Kontroversen, im politischen Prozess und hinsichtlich administrativer Ent- scheidungen, die wissenschaftlich begründet werden, gefordert. Von Demokratisierung der Wissenschaft ist die Rede (vgl. Trute 2005: 87). Frankena interpretiert die Fokussierung auf Fakten in der öffentlichen Auseinandersetzung als strategischen Versuch, Streitfragen zu ent- politisieren. Indem sie als Expertenprobleme formuliert werden, würden sie der demokrati- schen Willensbildung entzogen (vgl. Frankena 1992: 47, zit. nach Peters 1994c: 163).

Jarren betont, dass Informationen keinesfalls reine Fakten darstellen, die objektiv existieren. Über Informationen würden vielmehr immer auch Deutungen vermittelt. Er führt weiter aus, dass die juristisch vorgenommene Unterscheidung zwischen Meinungen und Tatsachen zwar Sinn mache, dass aber gerade in der öffentlichen Kommunikation strategisch gehandelt werde und Nachrichten durch den Journalismus strategisch ausgewählt und bewertet würden (vgl. Jarren 2005: 50).

In der vorliegenden Arbeit wird einerseits untersucht, welchen Sprechern zur Auseinanderset- zung um die neue Influenza A (H1N1) in der Medienöffentlichkeit das Wort erteilt wird und andererseits, wie stark neben der Darstellung von Informationen, auch Interpretationen und Meinungen als Berichterstattungsformen in der französischen und deutschen Presse vorkom- men.

Im nächsten Kapitel wird das Spezifische der öffentlichen Kommunikation über Wissen- schafts- und Risikothemen sowie die Rolle und der Einfluss, den wissenschaftliche Organisa- tionen innerhalb dieser Diskurse geltend machen, betrachtet.

2.3 Wissenschaftskommunikation und Risikokommunikation

Seit den 80er Jahren, als der Begriff risk communication zum ersten Mal auftauchte, wird verstärkt zielorientierte Kommunikation zu Risikothemen betrieben. Denn politische Ent- scheidungsträger erfahren, dass es riskant sein kann über Risiken zu kommunizieren (vgl. Ruhrmann 2002: 369/Hervorheb. i.O.). Risikokommunikation lässt sich daher als zielgerich- teter Austausch von Informationen über instrumentelle, soziale und symbolische Aspekte, die mit dem jeweiligen Risiko verbunden werden, definieren. Der Austausch findet zwischen Individuen und Interessenvertretern, also politischen Institutionen, Bundes- und Landesäm- tern, einzelnen Unternehmen, Unternehmensverbänden, Gewerkschaften, Umweltverbänden, Bürgerinitiativen, Wissenschaftlern und Medien statt. Dabei handelt es sich nicht um einen neutralen Austausch von Informationen sondern die Zielgerichtetheit des Austausches impli- ziert die Interessengebundenheit der verschiedenen Botschaften durch die jeweiligen An- spruchsgruppen (vgl. Renn/Kastenholz 2008: 105). Denn auch wenn die Kontroversen im Wesentlichen mit wissenschaftlich-technischen Argumenten ausgetragen werden, beruhen die Konflikte nicht nur auf sachlichen Meinungsverschiedenheiten. Oftmals werden Wertvorstel- lungen tangiert oder es geht um gegensätzliche politische Prioritäten, Ängste vor Gesund- heitsrisiken, oder die Bedrohung individueller Freiheiten (vgl. Peters 1994c: 163).

In Risikokontroversen sind die politische und die wissenschaftliche Ebene der Problematik stark miteinander verwoben, da politische Akteure mit wissenschaftlichen Aussagen argu- mentieren und Experten in der Öffentlichkeit als politische Akteure wahrgenommen werden (vgl. Peters 1994a: 348). Nach Renn und Kastenholz werden die Konflikte innerhalb der Ex- perten mehr und mehr in der allgemeinen Öffentlichkeit ausgetragen. Die öffentliche Mei- nung wird damit in die Rolle des Schiedsrichters gedrängt. Die öffentliche Meinung wie auch die Politik seien damit aber überfordert. Die Medienberichterstattung betone zudem stets den Konfliktcharakter von Debatten und nur selten das gemeinsame Interesse aller Beteiligten (vgl. Renn/Kastenholz 2008: 104). Weingart (2001) geht von einer zunehmenden Medialisie- rung der Wissenschaft aus, so wie es für die Politik gemeinhin angenommen wird. Eine Ori- entierung an der Medienlogik wissenschaftlicher Organisationen und wissenschaftlicher Ak- teure komme durch die enger werdende Kopplung der Wissenschaft mit ihrer Umwelt zustan- de. Es gehe dabei um die Schaffung von Legitimität für die Wissenschaft, die Beeinflussung von politischen Entscheidungen und um die Mobilisierung öffentlicher Unterstützung inner- halb innerwissenschaftlicher Konflikte (vgl. Weingart 2001: 249; zit. nach Peters 2009: 10ff.). So nehmen Wissenschaftsorganisationen insbesondere durch ihre PR-Stellen starken Einfluss auf die mediale Darstellung von Wissenschaft. Peters (2009: 21) fasst vier Formen dieser Ein- flussnahme von Wissenschaftsorganisationen auf die Medienberichterstattung zusammen:

(1) Produktion und Verbreitung eigener Angebote für Medienredaktionen und Journalisten (Pressemitteilungen, Pressekonferenzen, Exklusivinformationen),
(2) Erhöhung der Sichtbarkeit von Wissenschaftlern für Journalisten (Medienkontakte moti- vieren),
(3) Management von Medienanfragen und ggf. Weiterleiten an geeignet erscheinende Wis- senschaftler,
(4) Beobachtung und Regulierung direkter Kontakte zwischen Wissenschaftlern und Journa- listen (meist subtil).

Hinter dieser Einflussnahme stehen bestimmte Kommunikationsziele der jeweiligen Wissen- schaftsorganisation wie das Erreichen einer hohen Medienpräsenz, eines positiven Images und eines charakteristischen Organisationsprofils. Individuelle Wissenschaftler sind in diese Öffentlichkeits-Strategien eingebunden, da sie u.a. von den jeweiligen Institutionen abhängen und dazu angehalten werden, Kontakte mit den Medien einzugehen (vgl. ebd.: 22).

Anhand der Erfassung der Sprecher zur Diskussion um die neue Influenza A (H1N1) wird in der vorliegenden Arbeit herausgearbeitet, wie stark die Präsenz wissenschaftlicher Organisa- tionen und einzelner Wissenschaftler im Vergleich zu den anderen Teilsystemen der Gesell- schaft in der Presseberichterstattung ausfällt. Über die Erfassung der Frames kann dann ge- zeigt werden, ob tatsächlich der Konflikt innerhalb der Debatte zur neuen Influenza A (H1N1) betont wird oder welche anderen Perspektiven im Vordergrund stehen. Hier zeigt sich auch, innerhalb welcher Frames Experten und wissenschaftliche Organisationen welche Rolle zu- kommt und inwieweit diese dem eigenen Bemühen um positive Mediendarstellung entspricht bzw. entgegen läuft.

Im folgenden Kapitel wird eine schematische Darstellung von Peters (1994c) vorgestellt, über welche Wissenschafts- und Risikothemen anhand verschiedener Kriterien differenziert und unterschieden werden können.

2.3.1 Formen der massenmedialen Thematisierung von Wissenschaft

Betrachtet man die Darstellung von Wissenschaft und von wissenschaftlichen Erkenntnissen in den Medien im Allgemeinen, dann lässt sich festhalten, dass Experten über die Massenme- dien Informationen über eine Vielzahl an kontroversen und unkontroversen Themen verbrei- ten. Für das vorliegende Forschungsinteresse stellt sich die Frage, ob sich das Thema „neue Influenza A (H1N1)“ unter dieser Vielzahl an Wissenschaftsthemen einer bestimmten Kate- gorie zuordnen lässt. Peters (1994c: 170) hat verschiedene Formen des journalistischen Um- gangs mit wissenschaftlichen Themen zu differenzieren versucht und über folgendes Schema abgebildet:

Abbildung 1: Thematisierung von Wissenschaft in den Medien

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Peters 1994c: 170)

Das erste Differenzierungskriterium ist die Perspektive, die auf die Wissenschaft eingenom- men wird: sie ist entweder wissenschaftsorientiert oder problemorientiert. Im ersten Fall wer- den wissenschaftliche Erkenntnisse für den Laien aus der Wissenschaftssprache in die All- tagssprache übersetzt. Der Wissenschaftler fungiert hier als Lehrer für die Öffentlichkeit. Der klassische Wissenschaftsjournalismus lässt sich dieser Kategorie zuordnen.

Im zweiten Fall, der problemorientierten Perspektive, geht es um ein praktisches Problem (gesellschaftlich oder individuell), zu dessen Analyse, Behebung oder Behandlung ein wis- senschaftlicher Beitrag erwartet wird. Der Wissenschaftler nimmt hier eine Experten- oder Beraterfunktion ein und vermittelt über die Medien Informationen und Empfehlungen an die Öffentlichkeit.

Die zweite Differenzierung bezieht sich auf die Konflikthaftigkeit der Thematik. Ist die The- matik mit wenig Konflikt behaftet, wird die wissenschaftliche Expertise durch die Journalis- ten meist neutral dargestellt und kaum in Frage gestellt. Wissenschaft dient in diesem Sinne dem Wohl der Menschheit. Diese Form der Kommunikation lässt sich als Aufklärung be- zeichnen. Im anderen Fall, dann wenn es um ein strittiges Thema geht, ändert sich vielfach die journalistische Behandlung von Experten und von Experteninformation und es wird mit wissenschaftlichen Aussagen ähnlich wie mit politischen Meinungen umgegangen. Ergebnis- se werden hinterfragt und es werden zum Teil Interessensabhängigkeiten unterstellt. Es gilt auch zu berücksichtigen, dass sich der popularisierenden Wissenschaftsvermittlung speziali- sierte Journalisten widmen, die der Wissenschaft meist nahe stehen, während die Konflikt- themen von Journalisten bearbeitet werden, die nicht auf Wissenschaft spezialisiert sind, son- dern die den politischen Ressorts, Lokalredaktionen oder dem Ressort „Vermischtes“ ent- stammen (vgl. ebd.). Über die Erfassung der unterschiedlichen Ressorts, die sich mit der Thematik der neuen Influenza A (H1N1) befassen, lassen sich in der vorliegenden Studie da- her Rückschlüsse auf die Spezialisierung der jeweiligen Journalisten, die in den verschiede- nen Ressorts tätig sind, ableiten.

Das Thema „neue Influenza A (H1N1)“ lässt sich nach dem Schema von Peters dem prob- lemorientierten journalistischen Umgang mit einer wissenschaftlichen Thematik zuordnen. Die Bevölkerung sieht sich durch das neue Grippevirus bedroht und von wissenschaftlicher Seite wird eine „Analyse, Behebung oder Behandlung“ (ebd.: 170) der Problematik erwartet. In der zweiten Differenzierung lässt sich das Thema „neue Influenza A (H1N1)“ der wissen- schaftlichen Kontroverse zuordnen, da die Thematik mit deutlichen Konflikten behaftet ist. Es herrscht Uneinigkeit hinsichtlich der Gefährlichkeit des Virus und des Risikos zu erkranken und eine weitere Konfliktlinie betrifft den Nutzen einer Impfung, die Risiken der Impfung und die Kosten für den Impfstoff. Das Thema lässt sich aber auch als Aufklärungsthema ver- stehen, denn neben dem Konflikt werden reine Informationen, Empfehlungen oder Orientie- rungshilfen zur Problematik über die Medien weitergeben.

Innerhalb dieser beiden Formen des medialen Umgangs mit einem Risikothema werden je- weils Experten und Sachverständige herangezogen, um mit ihrem Wissen und ihren Ansich- ten zur Kontroverse bzw. zur Aufklärung beizutragen. Experten sind meist innerhalb wissen- schaftlicher Organisationen tätig und kommunizieren im Auftrag dieser Organisationen in der Öffentlichkeit. Da sie als Vertreter der Wissenschaft und des Wissens im allgemeinen eine besondere Rolle in Risiko- und Wissenschaftsdebatten einnehmen, wird ihre Rolle und Funk- tion im nächsten Abschnitt genauer betrachtet und definiert.

2.3.2 Die Rolle der Experten in der Wissenschafts- und Risikoberichterstattung

Der Begriff „Experte“, wird meist anhand des Kriteriums seiner speziellen Kompetenz defi- niert. Die Kompetenz bezieht sich auf sein Wissen oder auf seine Problemlösungsstrategien. Der Gegensatz des „Experten“ ist der „Laie“, der diese Kompetenz nicht besitzt. Beide Rollen sind als komplementär aufzufassen, denn ein Laie ist immer jemand, der zur Lösung be- stimmter Probleme Expertenwissen konsultiert und entsprechend ist jemand nur ein Experte, wenn er zur Lösung eines Problems auch herangezogen wird. In wissenschaftlichen Kontro- versen können Experten aus dem Bestand an Wissen Argumente liefern und Inkonsistenzen der gegnerischen Seite anhand des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes aufdecken (vgl. Pe- ters 1994c: 165 ff.). Nowotny (1982: 612) definiert den Experten als Wissenschaftler, der bestimmte Funktionen wahrnimmt. Sie unterscheidet drei Funktionen:

1. Die Produktion und Umsetzung von Wissen,
2. Die Weitergabe von Wissen,
3. Die Nutzbarmachung des Wissens für Entscheidungsprozesse.

Experten werden der dritten Funktion zugerechnet. Ein Wissenschaftler ist immer nur dann ein Experte, wenn er mit seiner Kompetenz auch als Berater fungiert, um zur Lösung von Entscheidungsproblemen beizutragen (vgl. Peters 1994c: 166). Es lässt sich also zusammen- fassend festhalten, dass ein Experte, um als solcher definiert zu werden, über wissenschaftli- ches Sonderwissen verfügen, dieses Wissen durch Laien angefordert werden und die Anwen- dung des Wissens zur Diagnose oder Bewältigung eines praktischen (nicht wissenschaftlichen Problems) herangezogen werden muss. Nicht jeder Experte muss ein Wissenschaftler sein und nicht jeder Wissenschaftler ist auch ein Experte.

Die Bedeutung der Experten in den Massenmedien lässt sich nur über ihre kommunikativen Beziehungen verstehen. Dabei gilt es einerseits die Beziehung zum Medienpublikum anderer- seits aber auch zu anderen gesellschaftlichen Akteuren zu berücksichtigen (vgl. Peters 1994c: 167, 169). Bei Risikokontroversen wird die politische Kontroverse meist von einer wissen- schaftlichen Kontroverse, dem Streit zwischen Experten und Gegenexperten begleitet, was dazu führt, dass die politische und die wissenschaftliche Ebene untrennbar miteinander ver- bunden ist (vgl. Peters 1994a: 346). „ Politiker argumentieren mit wissenschaftlichen Aussa- gen und Experten werden als politische Akteure wahrgenommen und sind damit politische Akteure, selbst wenn sie sich selbst nicht so sehen“ (Peters 1994a: 346).

Über die Erfassung des Sprecherspektrums der öffentlichen Auseinandersetzung zur neuen Influenza A (H1N1) soll in der vorliegenden Studie herausgearbeitet werden, welche gesell- schaftlichen Teilsysteme den Diskurs zur Grippeproblematik bestimmen, also wer wie häufig seine Positionen darlegen kann. Es wird dabei auch ersichtlich wie stark Experten im Ver- gleich zu anderen Sprechern die Debatte bestimmen.

In welcher Rolle und Funktion diese Experten auftreten wird über die Analyse der unter- schiedlichen Frames der Berichterstattung über die neue Influenza A (H1N1) beleuchtet. Denn jeder der hier erfassten Frames sieht jeweils unterschiedliche Rollen für Experten vor (vgl. Kapitel 3.3.1). So treten sie entweder als Orientierungsstifter/Aufklärer, als Alarmierer, als Anwälte bzw. Fürsprecher für bestimmte Interessengruppen oder als Verteidiger bestimm- ter Entscheidungen auf.

Der nächste Abschnitt geht auf den theoretischen Hintergrund von Frames im Allgemeinen ein und führt das Konzept der Issues ein, das von den Frames zu unterscheiden ist.

2.3.3 Frames in der Berichterstattung über Wissenschaft und Risiko

To frame is to select some aspects of a perceived reality and make them more salient in a communicating text, in such a way as to promote a particular problem definition, causual interpretation, more evaluation, and/or treatment recommendation for the i- tem described“ (Entman 1993: 52)

In den konstruktivistischen Theorien wird davon ausgegangen, dass gesellschaftliche Realität nicht an sich existiert sondern ein Resultat sozialer Konstruktionsprozesse ist, an denen die Medien beteiligt sind (vgl. Marcinkowski/Marr 2005: 431). Während man in der theoreti- schen Perspektive des Realismus davon ausgeht, dass Wirklichkeit prinzipiell erkennbar ist und die Medien diese, wie durch einen Spiegel, abbilden können, geht man im Konstrukti- vismus davon aus, dass die Medien als Beobachter grundsätzlich integraler Bestandteil der Gesellschaft sind, in der eine bestimmte Weltsicht konstruiert wird (vgl. Bonfadelli 2002: 51). Ob die Medien das Bild von der Realität verzerren oder verfälschen ist wissenschaftlich nicht feststellbar, wenn man davon ausgeht, dass es das ‚richtige’ Bild von der Realität gar nicht gibt (vgl. Haller 1994: 288). Ausgangspunkt der Frame-Theorie in den Medien- und Kommu- nikationswissenschaften ist die Prämisse, dass die Medien über ein Thema immer aus einer bestimmten Perspektive berichten. Es werden immer Aspekte eines Themas in den Vorder- grund gestellt, während andere weggelassen werden oder im Hintergrund bleiben. Frames gelten daher als Interpretationsmuster. Durch sie werden Attributionen, Bewertungen oder Entscheidungen nahe gelegt (vgl. Scheufele 2004: 30).

Das in Frames organisierte Wissen, wie z.B. das Wissen, dass zu einem Kindergeburtstag Geschenke, Süssigkeiten und Spiele gehören, ist gesellschaftlich, kulturell und historisch ge- prägt, wird durch Kommunikation vermittelt und ist in Texten manifest (vgl. Holly 2003: 49). Frames bestimmen somit einerseits die Aufmerksamkeitsstruktur, indem sie als Wirklich- keitskonstrukte bzw. als Vor-Urteile die Erfahrung so organisieren, dass Wirklichkeit als Bes- tätigung dieser Vor-Urteile aufgefasst wird. Anderseits wirken sie handlungsleitend, indem sie wie im Falle von Journalisten das Rechercheverhalten (Auswahl, Formulierung, Interpre- tation) beeinflussen. Der journalistische Umgang mit Wissenschafts- und Risikothemen wird daher durch die Struktur der journalistischen Aufmerksamkeit und ihre kognitiven Erwar- tungsstrukturen (Frames) bestimmt (vgl. Peters 1994c: 171, 177). Auch Dahinden (2002: 186) erweitert die einleitend aufgeführte Frame-Definiton von Entman, die sich allein auf den Me- dieninhalt bezieht. Er unterscheidet vier Ebenen der Massenkommunikation, bei denen Fra- mes eine Rolle spielen: 1. Frames auf der Ebene des Medieninhalts (Berichterstattungsmus- ter), 2. Frames auf der Ebene der Produktion von Medieninhalten (professionelle Normen), 3. Frames beim Medienpublikum (mentale Schemata) und 4. Frames als kultureller Hintergrund einer Gesellschaft (z.B. Erzählstrukturen, Mythen).

Für die hier behandelte Fragestellung werden Frames auf der Ebene des Medieninhaltes un- tersucht, es spielen aber auch die Frames auf der Ebene der journalistischen Produktion für das Verständnis des Zustandekommens der inhaltlichen Frames eine Rolle, da sie handlungs- leitend den Medieninhalt bestimmen. Für den Ländervergleich bilden die Frames, die als Be- standteil des kulturellen Hintergrundes einer Gesellschaft anzusehen sind, den Hintergrund.

Matthes und Kohring (2008) unterscheiden fünf methodische Zugänge, um Medien-Frames zu erfassen. Laut der Autoren schlössen sich die verschiedenen Vorgehensweisen gegenseitig nicht aus. Sie unterscheiden ein hermeneutisches, ein linguistisches, ein holistisches, ein com- puter - basiertes und ein deduktives Vorgehen (vgl. Matthes/Kohring 2008: 259ff./Hervorheb. J.J.). Die hier durchgeführte Frame-Analyse kann entsprechend dieser Einteilung als holisti- sches und als deduktives Vorgehen bezeichnet werden. Deduktiv, da bereits etablierte Frames für Wissenschaftsthemen aus der Literatur übernommen wurden, holistisch, da die bekannten Frames anhand einer im Vorfeld der Codierungen durchgeführten qualitativen Analyse des Pressematerials durch einen weiteren Frame ergänzt wurden (vgl. Kapitel 3.3.1). Beim holis- tischen Vorgehen besteht gemäss der Autoren die Gefahr, dass nicht Medien-Frames sondern die Frames des Untersuchenden/der Untersuchenden erhoben würden, während beim dedukti- ven Vorgehen möglicherweise „wichtige“ Frames übersehen würden, da nur die bereits beste- henden codiert werden (vgl. ebd: 263). Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen die all- gemeine Auseinandersetzung der Autoren mit Frame-Analysen und die Kritik an den beiden Vorgehensweisen hier detaillierter zu berücksichtigen. Es kann aber angeführt werden, dass die aus der Literatur übernommenen Frames im Vorfeld der Untersuchung am Datenmaterial überprüft und durch einen weiteren Frame ergänzt wurden, während ein Frame der Literatur aufgegeben wurde, da er sich für die hier untersuchte Problematik als nicht relevant erwiesen hat.7

Dahinden (2002: 187/Hervorheb. J.J.) verweist auf die Unterscheidung von Frames und Is- sues. Während Issues auf der Medienagenda nur für begrenzte Zeit existieren, um dann wie- der zu verschwinden, sind Frames deutlich stabiler. Frames und Issues existieren zudem rela- tiv unabhängig voneinander, d.h. ein Issue kann in verschiedenen Frames vorkommen und ein Frame kann auf verschiedene Issues angewendet werden.

Die vorliegende Arbeit erfasst für die Thematik „neue Influenza A (H1N1)“ sowohl Frames, die allgemein auf Wissenschafts- und Risikodebatten angewendet werden können, als auch die spezifischen Issues zur Grippeproblematik, d.h. die Themenlinien (z.B. staatliche Mass- nahmen im Kampf gegen das Grippevirus, Ansteckungsgefahr durch das Virus etc.), die in Frankreich und Deutschland auf der Medienagenda stehen.

Im folgenden Abschnitt wird auf die verschiedenen journalistischen Kulturen in Frankreich und in Deutschland abgehoben und anhand der Modelle zu Medienpolitik und Medienregulie- rung der Ländervergleich der hier durchgeführten Studie begründet.

2.4 Journalismuskulturen in Frankreich und Deutschland

Im letzten Abschnitt wurde auf die Rolle von Frames bei der journalistischen Produktion und ihrer handlungsleitenden Funktion hingewiesen. Journalisten unterliegen bei der Bearbeitung eines Themas immer einer nahezu unendlichen Anzahl unterschiedlichster Einflüsse und um der Komplexität dieser Einflussvariablen gerecht zu werden, beschränkt sich die Journalis- musforschung meist auf die Betrachtung isolierter Zusammenhänge. Es werden etwa die Be- ziehung zwischen Journalismus und politischem Kontext oder der Einfluss ökonomischer Zwänge auf die journalistische Tätigkeit untersucht (vgl. Hanitzsch 2009: 153). Zur Klassifi- zierung dieser Einflussgrössen wurden in der Literatur zahlreiche Systematisierungsversuche vorgelegt. Nach Hanitzsch (2009: 157/Hervorheb. i.O.) konvergieren alle theoretischen An- sätze zu einer fünfdimensionalen Struktur hin. Es lässt sich 1. die Ebene der Individuen, 2. die Ebene der Medienroutinen, 3. die Ebene der Organisationen, 4. die Ebene der Medienstruktu- ren und 5. die Ebene der Mediensysteme unterscheiden.

Die letzt genannte Ebene bezieht sich auf die gesellschaftlichen, kulturellen und ideologi- schen Rahmenbedingungen, unter denen Journalismus in national geprägten Systemen ope- riert. Es zählen hierzu die medienpolitischen und medienrechtlichen Kontexte, z.B. was die Pressefreiheit, die länderspezifischen professionellen Standards oder ethische Konventionen anbetrifft. Die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft geht von der Annahme aus, dass es einen Zusammenhang zwischen Medienstrukturen und den Medieninhalten gibt (vgl. Pup- pis 2007: 26/Hervorheb. i.O.).

Für den vorliegenden Ländervergleich im Bezug auf spezifische Medieninhalte zur Thematik der neuen Influenza A (H1N1) ist es daher wichtig diese Strukturperspektive (ebd./Hervorheb. i.O.) zu berücksichtigen. Frankreich und Deutschland unterscheiden sich auf dieser Ebene deutlich. Betrachtet man verschiedene Typologien zur Medienpolitik und Medienregulierung in den unterschiedlichen Ländern, scheinen die Unterschiede zwischen den hier gewählten Vergleichsländern allerdings auf den ersten Blick uneindeutig.

Im Folgenden sollen drei Theorien bzw. Modelle kurz vorgestellt werden, innerhalb derer Frankreich und Deutschland kategorisiert werden können, um dann auf die konkreten struktu- rellen Unterschiede zwischen den beiden Ländern einzugehen. Siebert/Peterson/Schramm (1956: 1-5; zit. nach Puppis 2007: 105/Hervorheb. i.O.) gehen davon aus, dass die Ausgestal- tung des Mediensystems vom politischen System eines Landes abhängt. Sie unterscheiden ein liberales, ein demokratisch kontrolliertes, ein autoritäres und ein totalitäres Modell. Nach dieser Typologie gehören Frankreich und Deutschland beide dem demokratisch kontrollierten Modell an. Dieses Modell bezieht sich auf demokratische Staaten, die von ihren Medien ver- antwortungsvolle und unabhängige Leistungen fordern und in denen im Hinblick auf Medien- regulierung nicht allein auf die Regeln des Marktes vertraut wird.

Vowe (1999: 403ff.; zit. nach Puppis 2007: 106/Hervorheb. i.O.) unterscheidet drei Modelle, die sich speziell auf die Medienpolitik in den jeweiligen Länder beziehen: das konservative Modell, das liberale Modell und das demokratische Modell der Medienpolitik. Auch innerhalb dieser Kategorisierung werden Frankreich und Deutschland dem gleichen Modell, nämlich dem konservativen Typus, zugeordnet. In Ländern dieses Modells wird vom Staat eine detail- lierte Regulierung gefordert, welche die Gesellschaft vor Gefahren schützen soll, die durch öffentliche Kommunikation drohen könnten. Puppis (ebd.) räumt immerhin ein, dass dieser Typus, der meist in korporatistischen Ländern wie Deutschland vorherrscht, in Frankreich, einem etatistischen Land, besonders stark ausgeprägt ist. Es lässt sich hier demnach für Frankreich und Deutschland eine Differenzierung nach Stärke der Ausprägung innerhalb der- selben Kategorie vornehmen.

Hallin und Mancini (2004) fokussieren auf die Beziehung von Medien und Politik und entwi- ckeln ein Modell, das sich für die kapitalistischen Demokratien in Westeuropa sowie Nord- amerika anwenden lässt. Sie unterscheiden drei Typen von Ländern: das liberale oder nordat- lantische Modell, das demokratisch-korporatistische oder nord- und mitteleuropäische Modell und das polarisiert-pluralistische oder mediterrane Modell. Innerhalb dieser Typologisierung gehören Frankreich und Deutschland verschiedenen Modellen an. Deutschland wird zu den demokratisch-korporatistischen Ländern gerechnet, in denen kommerzielle Medien neben politischen Gruppen nahe stehende Medien koexistieren. Der Staat greift zwar aktiv in den Mediensektor ein, doch hat die Pressefreiheit einen sehr hohen Stellenwert. Frankreich zählt zu den polarisiert-pluralistischen Ländern, die sich durch eine starke Einbindung der Medien in die Parteipolitik charakterisieren lassen und wo die Einflussnahme des Staates besonders ausgeprägt ist. Die Medien werden zum Teil politisch instrumentalisiert (vgl. Puppis 2007: 108/Hervorheb. i.O.). Die letzte der vorgestellten Ländertypologien ist demzufolge die einzi- ge der hier aufgeführten, die Frankreich und Deutschland eindeutig unterschiedlichen Katego- rien zuordnet. Um Unterschiede zwischen Vergleichsländern aufzuzeigen zu können, kommt es also immer darauf an, welche Kriterien der Unterscheidung angewendet werden.

Im Folgenden werden einige augenfällige Unterschiede zwischen Frankreich und Deutschland detaillierter dargelegt: In Deutschland interveniert der Staat nur zur Sicherung der Pressefrei- heit und steht der Entwicklung der Presse insgesamt förderlich gegenüber (vgl. Hal- lin/Mancini 2004: 41). In Frankreich ist die Presse vor allem eliten-orientiert, während das Fernsehen den Medienmarkt dominiert. Die enge Verbindung zwischen Politik und Medien ist im Vergleich zu anderen Demokratien deutlich. Der Staat interveniert aktiv und politische Instrumentalisierung der Medien ist nicht unüblich (vgl. Seggelke 2007: 73ff., Burgert 2006: 75). Der derzeitige Staatspräsident Nicolas Sarkozy verfügt über ein gut ausgebautes Netz von Freundschaften, über welches er seinen Einfluss auch im Printmediensektor geltend macht, um sein Bild in der Öffentlichkeit zu beeinflussen. In einem weltweiten Ranking zur Pressfreiheit, wie jedes Jahr von der US-amerikanischen Organisation Freedom House durch- geführt, erscheint Frankreich weit hinter den meisten Mitgliedstatten der europäischen Union. Hinzu kommt, dass die französische Tagespresse ums Überleben kämpft. Frankreich zählt zu den typischen ‚Fernsehländern’ und die Zeitungen erreichen nur 44 Prozent der Bevölkerung, während es in Deutschland im Jahr 2006 etwa 75 Prozent waren. Was die Zeitungsdichte an- betrifft kommen in Frankreich auf 1000 Einwohner (ab 14 Jahren) 160 Zeitungsexemplare, während es in Deutschland 308 Exemplare sind. Charakteristisch für Frankreich ist zudem die starke Verflechtung der Medien mit medienfremden Unternehmen, was befürchten lässt, dass wirtschaftliche Interessen publizistische Ziele beeinträchtigen. So gehört etwa die Tageszei- tung „le Figaro“ dem Flugzeughersteller Dassault und „le Monde“ gehört anteilig dem Rüs- tungskonzern Lagardère. Gleichzeitig gibt es kein anderes europäisches Land, welches dem Pressesektor so viel staatliche Subventionierung zukommen lässt, wie Frankreich (vgl. Hotz- Bachau/Leidenberger 2008: 179ff., 187ff.). In Deutschland ist der Staat in jeder Hinsicht zu- rückhaltender und die Presse gilt als zentrales Instrument, das unabhängig von staatlichen Einflüssen die Öffentlichkeit über wichtige Vorgänge in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur informieren soll. Die Pressefreiheit ist im deutschen Grundgesetz verankert (vgl. Pü- rer/Raabe 2007: 332).

Es lassen sich deutliche strukturelle Unterschiede zwischen Frankreich und Deutschland aus- machen, auch wenn diese beiden Länder nicht als die Extrempole innerhalb der verschiedenen Typologien anzusehen sind. Eine vergleichende Analyse scheint durchaus sinnvoll, denn Ländervergleiche bieten sich dann an, wenn hinsichtlich der Kontextbedingungen des unter- suchten Phänomens ausreichende Unterschiede bestehen (vgl. Esser/Pfetsch 2003: 14). Bei der Interpretation der Ergebnisse (vgl. Kapitel 4) wird versucht, diese strukturellen Unter- schiede zwischen Frankreich und Deutschland zu berücksichtigen.

2.5 Fazit

Der Rahmen der vorliegenden Arbeit setzt sich aus verschiedenen, zum Teil heterogen anmu- tenden theoretischen Ansätzen zusammen. Das Arena-Modell öffentlicher Kommunikation öffnet die normative Perspektive auf Wissenschafts- und Risikodebatten und begründet die Erfassung des Sprecherspektrums der Auseinandersetzung zur neuen Influenza A (H1N1) einerseits als auch die der Berichterstattungsformen andererseits. Denn aus dieser normativen Betrachtung, die sich aus dem Modell ableiten lässt, sollten möglicht viele und unterschiedli- che Sprecher ihre Meinungen öffentlich machen können. Der Fokus auf vermeintliche Fakten wäre in dieser Perspektive nicht im Sinne einer demokratischen Auseinandersetzung.

Das theoretische Konzept der Medien-Frames dient hier als Methode, um untersuchen zu können, ob das Thema der neuen Influenza A (H1N1) in der Presseberichterstattung in erster Linie als Konfliktthema oder als Aufklärungsthema behandelt wird und wie sich die Rolle der Experten in diesem Risikodiskurs ausgestaltet. Von den Frames wurden die Issues unterschie- den, die erfasst werden, um stärker in die spezifische Thematik der Grippeproblematik ein- dringen zu können.

Die Journalismuskulturen und die verschiedenen Modelle zu Medienpolitik und Medienregu- lierung in den Ländern wurden herangezogen, um den Ländervergleich und die Wahl der Vergleichsländer zu begründen.

Aus diesem vielschichtigen theoretischen Hintergrund ergeben sich auf den ersten Blick un- terschiedliche Zielsetzungen. Aus diesem Umstand ergibt sich auch die Problematik, dass ganz ähnliche Studien kaum angeführt werden können. Viele empirische Arbeiten zur Wis- senschaftsberichterstattung beziehen sich auf die Print-Medien und auf ein spezielles Ereig- nis, wie etwa die Rinderkrankheit BSE8. Hier bettet sich die vorliegende Studie ein. In diesem Bereich finden sich zahlreiche Studien, die sich der ‚Accuracy-Forschung’ zuordnen lassen.

Die Studien überprüfen, ob die in den Medien dargelegten Fakten, Ergebnisse und Methoden korrekt oder fehlerhaft wiedergegeben werden (vgl. Platt 2007: 3).

Ländervergleichende Studien zu Risikothemen gibt es z.B. von Irene Neverla (2006). Bei ihr unterscheidet sich jedoch der theoretische Fokus deutlich von der hier eingenommenen Per- spektive, denn Nervala untersucht anhand von Risikokommunikation über Umweltbelastun- gen, wie sich europäische Öffentlichkeit konstituiert (vgl. Nervala 2006: 232). Es lassen sich auch Studien zu Ländervergleichen der journalistischen Berichterstattungsstile anführen, wie etwa von Benson und Hallin (2007), die französische und nordamerikanische Politikberichter- stattung zwischen 1965 und 1990 vergleichen.

Hans Peter Peters betreibt sehr umfangreiche Forschung im Bereich der Wissenschafts- und Risikokommunikation und diese Arbeit bezieht sich zum Teil theoretisch (vgl. Kapitel 2.3.1) als auch methodisch bei der Erfassung der Frames (vgl. Kapitel 3.3.1) und teilweise in der Interpretation der Ergebnisse auf seine Arbeiten. Peters betont die politische Relevanz öffent- licher Kommunikation über Wissenschaft9 wie sie auch für die hier durchgeführte Studie an- genommen wird.

Die Betrachtung aus verschiedenen Blickwinkeln auf einen Gegenstand lässt den Gegenstand in unterschiedlichem Licht erscheinen und Gestalt annehmen. Das übergeordnete Forschungs- interesse der hier durchgeführten Arbeit ist es, anhand des konkreten Falls der neuen Influen- za A (H1N1) Einsichten über Wissenschafts- und Risikokommunikation im Allgemeinen zu erhalten. Wenn sich daraus unterschiedliche Perspektiven und Anregungen für weitere For- schungsmöglichkeiten ergeben und wenn sich einige dieser Perspektiven als zur Weiterver- folgung relevant erweisen während andere fallen gelassen werden können, dann ist das Ziel dieser Arbeit erreicht.

[...]


1 Bezeichnung gemäss Robert-Koch-Institut in Deutschland, Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesmi- nisteriums für Gesundheit (http://www.rki.de_ 11.10.2010)

2 Epidemie: Über das übliche Mass hinausgehendes Auftreten einer Krankheit in einer Bevölkerung, zeitlich und

regional begrenzt (Schweiz: z.B. Typhus in Zermatt 1964) (Gutwiller/Paccaud 2007: 306/Hervorheb.i.O.)

3 Pandemie: geografisch nicht beschränkte, also weltweite Epidemie, z.B. HIV/Aids, Grippe (Gutwiller/Paccaud 2007: 308/Hervorheb.i.O.)

4 „Die in verschiedene Arenen gegliederte Öffentlichkeit – geht nicht in den Medien auf. Die Medien sind „nur“ spezialisierte Organisationen eines eigenlogischen Teilsystems. Sie stellen öffentliche Kommunikation auf Dauer und machen sie gesellschaftsweit beobachtbar. Insbesondere verschaffen die Leitmedien der politischen Öffent- lichkeit gesellschaftsweite Resonanz, indem sie Kommunikationsflüsse von verschiedenen Arenen oder Akteuren aufnehmen, kanalisieren oder auslösen.“ (Donges/Imhof 2005: 160)

5 Vgl. Kapitel 2.4 zu den Journalismuskulturen in Frankreich und Deutschland.

6 In Anlehnung an Peters (1994c: 178ff.) sind innerhalb der Frames für Wissenschafts- und Risikodebatten je- weils bestimmte Rollen für Experten vorgesehen (vgl. Kapitel 3.3.1).

7 Zur detaillierten Beschreibung der Frames vgl. Kapitel 3.3.1.

8 Vgl. Korinna Bauer (2008): „Risikorhetorik“: BSE in Interviews der überregionalen deutschen Qualitätspresse. Philosophische Dissertation an der Neuphilologischen Fakultät der Universität Tübingen, S. 5-292.

9 Vgl. Hans Peter Peters (2008): Das Verhältnis von Wissenschaft und Massenmedien und die politische Rele- vanz öffentlicher Kommunikation über Wissenschaft am Beispiel der Biomedizin. Abschlussbericht des Projekts "Integration wissenschaftlicher Expertise in medienvermittelte öffentliche Diskurse" (INWEDIS) im Rahmen der Förderinitiative "Wissen für Entscheidungsprozesse – Forschung zum Verhältnis von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), S. 1-349.

Ende der Leseprobe aus 118 Seiten

Details

Titel
Journalistische Risikokommunikation in Frankreich und Deutschland
Untertitel
Eine vergleichende Untersuchung der Presseberichterstattung anlässlich der neuen Influenza A (H1N1)/„Schweinegrippe“
Hochschule
Universität Zürich
Veranstaltung
Publizistik und Medienwissenschaften
Note
2,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
118
Katalognummer
V179061
ISBN (eBook)
9783656013464
ISBN (Buch)
9783656013587
Dateigröße
1404 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
journalistische, risikokommunikation, frankreich, deutschland, eine, untersuchung, presseberichterstattung, influenza, h1n1, schweinegrippe
Arbeit zitieren
Julia Jawhari (Autor:in), 2010, Journalistische Risikokommunikation in Frankreich und Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/179061

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