"Karl May in Johannisthal" - Besuch auf dem Flugplatz Berlin Adlershof-Johannisthal am Sonntag, 26. September 1909. Beginn des Luftrennens anlässlich der "Großen Berliner Flugwoche"

Heft 7 aus der Dokumentenreihe über den Flugplatz Berlin-Johannisthal 1909-1914


Fachbuch, 2011

49 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Anmerkungen der Autoren

Inhaltsverzeichnis

Biografie Karl May

Karl und Klara May in Berlin Adlershof-Johannisthal am 26. September 1909

Kurzdarstellung der Entstehung des Flugplatzes Adlershof-Johannisthal

Major Georg von Tschudi beschrieb die Entstehung des Flugplatzes

Eröffnung der Flugwoche 26. September bis 3. Oktober 1909

Schaufliegen der ausländischen Flugzeugführer

Hubert Latham - Sein Überlandflugvon Tempelhof nach Johannisthal

Teilnehmer des Wettfliegens

Postkarten anlässlich der Flugwoche September 1909

Personenregister

Quellen

Zeitungen

Literatur

Bildnachweis

Anmerkungen der Autoren

Der Johannisthaler Flugplatz - der erste Motorflugplatz Deutschlands - existiert nicht mehr. Er hat 1945 mit der letzten Landung des Flugzeugs Lissunow Li-2 aus Moskau und 1995 mit einer historischen Flugschau endgültig ausgedient. Am 26. September 2009 wurde der 100. Jahrestag des ehemaligen Flugplatzes Adlershof-Johannisthal begangen.

Heute stehen viele neue Häuser auf dem Flugfeld und fast nichts erinnert mehr an diesen historischen Ort. Kennen die jetzt dort angesiedelten Haus- und Grundstückbesitzer die Geschichten, die mit den Straßen - benannt nach Luftfahrtpionieren - verbunden sind? Obwohl dort selbst auf dem Platz nicht wohnhaft, interessierte uns, ob noch zeitgeschichtliche Bilder und Dokumente aufzufinden wären, die über diese Personen Auskunft geben. Wir begannen zu recherchieren, nachzulesen und zusammenzutragen.

So ist eine Dokumenten-Buchreihe über den Flugplatz von 1909-1914 entstanden.

Dieser Kurzbericht über die Eröffnung des Flugplatzes und über den Besuch des berühmten Karl May in Berlin-Johannisthal am 26. September 1909 soll den interessierten Lesern zum Zurückschauen und Erinnern an den Flugplatz AdlershofJohannisthal dienen.

Zur Vervollständigung und Ergänzung sind wir weiterhin an Erlebnisberichten, Dokumenten und Fotografien über den Besuch von Karl May auf dem Flugplatz Johannisthal interessiert. Danke insbesondere dem Dipl.-Lehrer Herrn Hartmut Schmidt aus Berlin und dem Karl-May-Museum Radebeul gGmbH, Kustos Dipl.-Ing. Hans Grunert.

Berlin-Johannisthal im August 2011

www.johflug.de

“ B.Z. am Mittag ”

vom 26. September 1909.

Kurzbiografie

Karl May entstammte einer sehr armen Familie in Ernstthal und war das fünfte von 14 Kindern. Der Vater war Weber; die Großmutter, die Mutter und die Geschwister arbeiteten ebenfalls für den Lebensunterhalt. Im Hause May herrschte größtes Elend und bittere Armut. Von den 14 Kindern starben neun bereits in den ersten Lebensmonaten. Nach eigenen Angaben erblindete der Junge um 1844 und konnte erst in seinem fünften Lebensjahr von Spezialisten in Dresden geheilt werden. Nach der Schulzeit studierte er als Proseminarist am Lehrerseminar in Waldenburg. Dort wurde er wegen Unterschlagung von Kerzen ausgeschlossen. Es konnte aber auf dem Gnadenweg ein Weiterstudium am Lehrerseminar in Plauen ermöglicht werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Karl May um 1909.1

Die Anzeige durch einen Zimmergenossen wegen angeblichen Diebstahls einer Taschenuhr kostete ihn die Laufbahn als Lehrer.

In der Folge geriet er auf die schiefe Bahn und wurde wegen Diebstahls, Betrugs und Hochstapelei mehrmals verurteilt. 1865 wurde er zu vier Jahren Arbeitshaus verurteilt und 1868 vorzeitig entlassen.

Ab 1869 trieb er sich in Böhmen herum und wurde 1870 in Niederalgersdorf wegen Landstreicherei festgenommen und ausgewiesen. Von 1870 bis 1874 saß er wegen erneuter Betrügereien im Zuchthaus Waldheim ein. Eine letzte (dreiwöchige) Haftstrafe brachte ihm eine Hochstapelei 1878 ein.

Im November 1874 wurde zum ersten Mal eine Erzählung von May veröffentlicht. In der Zeitschrift „Deutsche Novellen-Flora“ erschien als Fortsetzungsroman „Die Rose von Ernstthal“. Bis zu seinem Tod wurden zahllose Erzählungen und Fortsetzungsromane in diversen Zeitschriften (vor allem im Verlag H. G. Münchmeyer und im Deutschen Hausschatz) sowie verschiedenen „Marienkalendern“ veröffentlicht.

Am 17. August 1880 heiratete er Emma Pollmer (1856-1917).

Mit den Buchausgaben des Fehsenfeld-Verlags erlebte May erstmals finanzielle Sicherheit - und Ruhm. Allerdings wusste er bald nicht mehr zwischen Realität und Fiktion zu trennen und verstieg sich mehr und mehr in die so genannte „OldShatterhand-Legende“. Er hätte das alles wahrhaftig erlebt und er wäre tatsächlich Old Shatterhand und spräche mehr als tausend Sprachen etc. pp. Ein Kötzschenbrodaer Büchsenmacher fertigte die legendären Gewehre für ihn. Selbst Autogrammkarten ließ er für besonders hartnäckige Leser drucken.

Im Dezember 1895 erfolgte der Umzug in die Villa „Shatterhand“ in Radebeul, die heute das Karl-May-Museum beherbergt.

Ab 1899 wurde May in der Presse heftig angegriffen, insbesondere von Rudolf Lebius 2. Man kritisierte seine Selbstreklame und die damit verbundene Old-Shatterhand- Legende sowie seinen „vorgetäuschten“ Katholizismus.

Später kamen noch seine Vorstrafen ans Licht und auch Vorwürfe, ein „Schundliterat“ zu sein, dazu. Diese Polemik und diverse Gerichtsverfahren wegen unerlaubter Buchveröffentlichungen sollten letztlich seine Gesundheit zerrütten und ihn bis zu seinem Tode begleiten (das wenig hilfreiche Verhalten seiner Frau Emma dabei trug wesentlich zum Scheitern der Ehe bei).

1899/1900 bereiste er teilweise allein, teilweise mit seiner Frau Emma und dem befreundeten Ehepaar Plöhn den Orient.

Seine zerrüttete Ehe wurde 1903 auf sein Bestreben hin geschieden; im gleichen Jahr am 13. Mai heiratete er Klara Plöhn (1864-1944)3, die inzwischen verwitwet war.

1908 unternahm Karl May mit Klara die erste und einzige Amerikareise.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Klara May4

Am 9. Dezember 1902 verlieh die Universitas Germana-Americana in Chicago Karl May den Doctor honoris causa (Dr. h.c. - Ehrendoktor) für sein Werk „Im Reiche des silbernen Löwen“. Man vermutet stark, dass May oder Klara Plöhn diese Verleihung organisierte, um den bis dahin geführten Doktortitel nachträglich auf eine rechtliche Grundlage zu stellen. Die genannte Universität war schon damals eine bekannte „Doktormühle“, wo gegen Entgelt alle möglichen Abschlüsse gekauft werden konnten.

Karl May starb am 30. März 1912 an den Folgen einer Erkältung, die er sich vermutlich auf dem Rückweg von einer Reise aus Wien zugezogen hatte. Er wurde in Radebeul beigesetzt. Sein Grab ist noch heute erhalten.5

Karl und Klara May in Berlin-Johannisthal

Überliefert ist, dass er des Öfteren die Stadt Berlin besuchte und sich auch für die Anfänge der Fliegerei interessierte.

So besuchte er am Sonntag, 26. September 1909 gemeinsam mit seiner Frau Klara May die Eröffnungsveranstaltung der Berliner Flugwoche und das erste internationale Wettfliegen auf dem Flugplatz zu Berlin Johannisthal-Adlershof. Ob Karl May noch am 27. September 1909 in Berlin war, ist fraglich.

In zeitgenössischen Zeitungen konnte keine Notiz über seinen Besuch in Johannisthal gefunden werden.

In ihrem Tagebuch (1902-1916) hatte Klara May vermerkt:

„ Am 26. September (1909) Berlin: Im Auto nach Johannisthal zur Fliegerbahn. Mit Lathan6 und anderen Fliegern gesprochen, ihre Maschinen angesehen. “ 7

Der Dipl.-Lehrer aus Berlin, Hartmut Schmidt, schreibt in seinen Anmerkungen zu der Tagebucheintragung:8

„ Für die Erforschung von Daten und Fakten zum Lebensweg und Schaffen Karl Mays stellen sich in diesem Zusammenhang zwei Fragen, auf die hier erste Antworten gegeben werden sollen.

1. War der Besuch des Flughafens der einige Grund für den Kurzaufenthalt des Ehepaars May in Berlin?
2. Hat das Gespräch mit Fliegern und die Besichtigung ihrer Maschinen Einfluss auf Mays Beschreibung der Flugmaschine des Jungen Adler in „ Winnetou IV “ gehabt?

Zur ersten Frage:

Mit größ ter Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, dass May die Reise unternahm, um sich in Johannisthal ausführlichüber Probleme der Aviatik zu informieren.

Dafür spricht erstens die Tatsache, da ß er diesem Thema seinerzeit höchstes Interesse entgegenbringen mu ß te. War er doch mitten in der Arbeit zum Abschlussband des „ Winnetou “ , der als Fortsetzungsreihe in der „ Augsburger Postzeitung “ erschienen und in dem das Motiv vom fliegenden Menschen eine dominierende Rolle spielt.

Unterstützt wird diese These zweitens dadurch, dass genau am 26. September der Johannisthaler Flugplatz mit einer „ Internation]alen Flugwoche “ eröffnet wurde. Einen solchen Leckerbissen lie ß sich die zeitgenössische Presse natürlich nicht entgehen und wies schon vorher mit Schlagzeilen darauf hin. Diese Berichte wird May in Dresden gelesen und sich kurzfristig zu einem Besuch entschlossen haben.

Und drittens unterstützt Klara Mays Tagebucheintragung selbst diese These, denn sie ist höchstwahrscheinlich der einzige Hinweis auf den Berlinbesuch. Es ist anzunehmen, da ß andere wichtige Gründe für den Aufenthalt in Berlin - etwa im Zusammenhang mit den Prozessen - sich bestimmt im Tagebuch widergespiegelt hätten! 9

Der von Klara May erwähnte Franzose Hubert Latham (im Tagebuch steht Lathan) startete am ersten Tag nicht, mußaber unter den Zuschauern gewesen sein, sonst hätte May ja nicht mit ihm sprechen können.

Zur zweiten Frage:

Karl May beschreibt an mehreren Stellen im vierten Band seines „ Winnetou “ sowohl den Aufbau als auch die Wirkungsweise der Flugmaschine des Jungen Adler. Seinen Lesern versichert May, da ß es sich bei dem Flugapparat „ um keine der bis jetzt bekannten Konstruktionen “ 10 handle. Er schildert:

„ ein gro ß es, vogelähnliches Gebilde mit zwei Leibern, zwei ausgebreiteten, mächtigen Flügeln und zwei Schwänzen. Die beiden Leiber vereinigen sich vorn durch ihre Hälse zu einem einzigen Kopfe, zu einem Adlerkopfe “ 11 .

Kein Wort von einem Propeller, es müsste sich also demnach um ein Schwingenflugzeug handeln. Diese Vermutung bestätigt sich bei der Beschreibung des Flugvorgangs: „ Der Vogel begann zu atmen. Noch ein Draht, und die Schwänze breiten sich aus. Die Flügel bewegten sich. Zwei, drei Schläge, und der Vogel stieg auf, verlie ß das Dach des Turmes und flog ein Stück hinaus, hochüber die Ebene “ 12 .

Die von May am 26.09.1909 wahrscheinlich im Flug gesehenen Maschinen - der Voisin- Flugapparat de Carters, Louis Blériots Eindecker und Henry Farmans Doppeldecker sowie Leblancs Flugmaschine aber waren allesamt Propellermaschinen; auch befand sich kein Doppelrumpfflugzeug unter ihnen - das gab es nämlich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht!

Karl Mays „ vogelähnliches Gebilde mit zwei Leibern “ 13 hatte 1909 kein vergleichbares Vorbild in der Realität. Es ist ein Phantasieprodukt, das May den speziellen Bedingungen am Mount Winnetou angepa ß t hat. ( … ) Wahrscheinlich hat May bei seinen Gesprächen mit Latham und den anderen Fliegern solche Fragen angeschnitten und sichüber Möglichkeiten sowie Grenzen einer Propellermaschine erkundigt. Interessant ist in diesem Zusammenhang allerdings, daßkurze Zeit nach dem Erscheinen von „ Winnetou IV “ Flugzeuge gebaut wurden, die große Ähnlichkeit mit der Maschine des Jungen Adler aufweisen. 1910 baute der Konstrukteur Otto Trinks in Johannisthal das welterste (und flugfähige, AK) Doppelrumpfflugzeug. Es zeichnete sich durch gute Flugeigenschaften aus.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Trinks-Doppelrumpf-Eindecker 1910/11.

Aufnahme Flugplatzfotograf Franz Fischer.

Im gleichen Jahr konstruierte der Ingenieur Edmund Rumpler (1872-1940) ein Schwingenflugzeug14 ! ( … )

Was Mays Jungem Adler mühelos gelang, blieb dieser Maschine versagt - sie flog nicht!

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit dem Abschluss von Winnetou IV “ war Karl Mays Interesse am Fliegen mitnichten erloschen: Als im Frühjahr 1910 „ sechs Aufsätze … .unter dem Titel ‚ Auch „Ü ber den Wassern “ erschienen,( … ) verwendete May den Flug als Parabel:

„ Hinauf, hinaus!

Lernt fliegen!

Gibt es keine Wrights, keine Lathams, keine Farmans, keine Blériots in Kunst und Literatur? “ 15

Kurzdarstellung der Entstehung des Flugplatzes Johannisthal16

Der aus Westpreußen (heute Polen) stammende Kaufmann, Flugplatzmanager, Flugzeugproduzent, Bauunternehmer, in der Maschinen- und Autobranche tätige und später alleiniger Besitzer des Flugplatzes Johannisthal, Arthur Müller (1871-1935)17, prägte entscheidend die Berliner Ortsteile Johannisthal und Adlershof mit seinen Industrie- und Wohnbauten.18

Sein Lebenswerk wird sehr eindrucksvoll im Buch „Ein jüdisches Familienschicksal“ aus dem Jahre 2000 beschrieben. Darin wird auch belegt, wie er den Flugplatz Johannisthal entstehen ließ und weitere seiner Firmen (zum Beispiel die AMBI-BUDD-Werke) sich dort ansiedelten. Ihm zu Ehren ist heute auf dem ehemaligen Flugfeldgelände eine Straße benannt.

Sein Interesse an der Luftfahrt erwachte schon 1906 und wurde später durch die Flugversuche der Gebrüder Orville (1871-1948) und Wilbur (1867-1912) Wright bestärkt.

Arthur Müller besaß seit 1902 eine Feldscheunen GmbH, die er im August 1908 in die Arthur Müller Land- und Industriebauten AG umwandelte. Von nun an baute er Ballonhallen, u.a. für Parseval- und Zeppelinluftschiffe. Auf der „Internationalen Luftschiffahrt-Ausstellung (ILA)“ 1909 in Frankfurt/Main war sein Unternehmen vertreten und er baute auf seine Kosten die Hallen für die Ausstellung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Luftschiffhallen auf der ILA mit Werbungsaufschrift „ Arthur Müller “ .

Er wurde so in der ganzen Welt bekannt und konnte Kontakte mit den Initiatoren der Luftfahrt, Luftfahrttheoretikern, Ingenieuren und Flugzeugführern knüpfen. Er gehörte nun auch zu den Luftfahrtpionieren, aber ohne Flugzeugführerlizenz. Arthur Müller erkannte schnell, dass die Luftfahrt mit dem Motorflug eine rasante Entwicklung nehmen wird.

Direktor der ILA war der aus Marokko zurückgekehrte ehemalige Offizier der Preußischen Luftschiffertruppe Major Georg von Tschudi (1862-1928)19. Im Herbst 1906-1908 trat er mit dem deutschen Gesandten des deutschen Reiches und Vertreter seiner kaiserlichen Majestät Kaiser Wilhelm II., Dr. Friedrich Felix Balduin Rosen (1856-1935), in die Dienste des Sultans Mulay Abd al-Asiz du Maroc (1878-1943) in Fez/Marokko ein. Von Tschudi hatte die Geburtsjahre der Fliegerei in Deutschland nicht direkt miterlebt aber interessiert verfolgt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dr. Friedrich Felix Balduin Rosen20

Von Tschudi wurde Mitglied des 1907 gegründeten Deutschen Aero-Clubs, dem gesellschaftlichen Sammelpunkt der Luftfahrtlobby.

Der Ehrenpräsident und jüngste Bruder des Kaisers Wilhelm II., Prinz Albert Wilhelm Heinrich von Preu ß en (1862-1929) und als erster Präsident, Herzog Ernst II. von Sachsen-Altenburg (1871-1955), standen dem Aero-Club vor.

Zu den etwa 200 Mitgliedern zählenden Aero-Clubs gehörten weiterhin der Chef des Generalstabes Graf Helmuth v. Moltke (1848-1916), der Chef der Luftschifferabteilung Generalleutnant Stephan v. Nieber (1855-1920) und der Artillerieoffizier Richard v. Kehler (1866-1943). V. Tschudi kannte v. Kehler und v. Nieber bereits seit 1894 durch seine Ausbildung in der Luftschiffer-Abteilung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Georg v. Tschudi Richard v. Kehler Ernst II. v. S-Altenburg Helmuth v. Moltke Insbesondere v. Kehler, v. Tschudi und v. Nieber sollten später beim Aufbau des Flugplatzes Johannisthal eine wichtige Rolle spielen. Zum Beispiel war es v. Nieber, der v. Tschudi im Januar 1910 aufforderte, Direktor des Flugplatzes zu werden.

Arthur Müller vertiefte seine Kontakte und so erfuhr er über Georg von Tschudi von den Plänen des Luftfahrtpublizisten und Kapitän zur See a. D. Eduard v. Pustau, der bereits im Herbst 1908 mit v. Tschudi über die Notwendigkeit der Anlage von Flugplätzen, insbesondere in Berlin, gesprochen hatte.

Er setzte sich in Deutschland bisher ergebnislos für die Schaffung eines zivilen Flugplatzes ein, nachdem in Frankreich der erste Flugplatz der Welt entstanden war.

„Das war die große Stunde Arthur Müllers. Mit v. Tschudis Empfehlungsschreiben in der Tasche begab er sich zurück nach Berlin zu Eduard v. Pustau. Dieser hatte inzwischen jedoch sein Vorhaben aufgegeben. Es war v. Pustau nicht gelungen, das notwendige Gelände zu einem erschwinglichen Preis zu beschaffen. In Arthur Müller fand er einen Partner für das Flugplatz-Projekt, der ihm offenbar wieder neuen Mut machte, denn Arthur Müller verfügte über Geld und durch sein früheres Engagement in der Landwirtschaft über Beziehungen, ein passendes Terrain zu erwerben.“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eduard v. Pustau

Arthur Müller beschrieb seine Aktivitäten in einem Brief folgendermaßen:

„ Ich sagte Herrn von Pustau in der ersten Unterhaltung, dass ich einen Bekannten habe, der ganz zweifellos in seinem grossen Besitz ein durchaus geeignetes und nach jeder Richtung hin günstig gelegenes Gelände hat, das ich auch sicherlich von ihm zu annehmbaren Be dingungen pacht- oder kaufweise erhalten würde. Ich bat Herrn von Pustau nichts weiter zu unternehmen, bis er von mir in kurzer Zeit Nachricht erhalten hat.

Von Herrn Pustau fuhr ich sofort ins Landwirtschafts-Ministerium, wandte mich dort zunächst an den mir aus dem Jahre 1895 bekannten Geheimrat Ramm21, welcher früher eine Professur an der landwirtschaftlichen Hochschule in Bonn innehatte und auf dem Versuchsgut der Akademie Bonn Versuche mit meinem, Maiskeim-Melasse-Futter gemacht hatte.

Herr Geheimrat Ramm hatte neben seiner Stellung im Ministerium die Generalverwaltung der Domäne Dahlem, auf der ich in der Zwischenzeit auch den ersten deutschen Scheunenbau mit einer mechanischen Fuderabladung und den ersten modernen Geräteschuppen ausgeführt hatte. Ich glaubte zunächst auf der Domäne Dahlem eine geeignete Fläche erhalten zu können. Geheimrat Ramm machte mich darauf aufmerksam, dass dies wegen der schon im Ganzen befindlichen Aufteilung der Domäne nicht möglich sei und empfahl mir, mich an die Forstverwaltung zu wenden.

Hier hatte ich zu Herrn Landforstmeister Wrobel22 Beziehungen, da ich aus dessen Dezernat gerade kurz vorher für die Bedürfnisse meines Scheunenbaugeschäftes die in Ostpreussen gelegene fiskalische Sägemühle Puppen Kr. Ortelsburg gepachtet hatte.

Ich begab mich von Geheimrat Ramm sofort zu Herrn Landforstmeister Wrobel, besprach die Angelegenheit mit ihm untereingehender Darstellung der Auffassung, die ich von der Zukunft und Entwicklungsfähigkeit der Flugtechnik hatte. Für Herrn Wrobel waren meine Darlegungen etwas gänzlich Neues. Er ging aber insofern auf meine Idee ein, als er wenigstens an Hand von Kartenmaterial mit mirüberlegte, wo wohl im forstfiskalischen Besitz geeignetes Gelände wäre. Mir fiel sofort das Gelände auf, welches heute den Flugplatz Johannisthal darstellt. Herr Landforstmeister Wrobel empfahl mir, mich mit der Königlichen Oberförsterei Grünau-Dahme in Verbindung zu setzen, die Ansicht des Oberförsters fest- zustellen und ihm dann wieder zu berichten. Nach wenigen Tagen konnte ich diesen Bericht erstatten und nun verwies mich Herr Landforstmeister Wrobel an die zuständige Verwaltungsstelle, nämlich die Regierung Potsdam. Es fand bald darauf eine Befahrung des Geländes statt, an welcher teilnahmen: Der Oberforstmeister Freiherr von dem Bussche von der Regierung Potsdam, der Oberförster von Grünau-Dahme, Herr Forstmeister Werner und ich.23 Im Anschluß an diese Befahrung fand eine eingehende Besprechung im Wartesaal II. Klasse des Bahnhofs Johannisthal zwischen uns dreien statt, in der in grossen Zügen festgestellt wurde, unter welchen Bedingungen der Forstfiskus das Gelände pachtweise hergeben könne.

(Durch eine Indiskretion des Bahnhofs-Restaurateurs, der wohl manches von unserem Ge spräch gehört hatte, wurde herbeigeführt, dass am 8. März 1909 (Abendblatt) im Berliner Tageblatt und am 19. März 1909 in der Beilage ,Ulk' des Berliner Tageblattes die hier beigefügten Notizenüber mich und meine Absichten gebracht wurden.)24

Arthur Müller erreichte die Zusage eines Pachtpreises für ein Gelände in Johannisthal zu einem Viertel der Kalkulation v. Pustaus. Dieser war von dem Erfolg so angenehm überrascht, das er als Vater des Flugplatzprojektes Arthur Müller eine Beteiligung an einer zu gründenden Flugplatzgesellschaft zusagte.“25

Nachdem die Deutsche Flugplatzgesellschaft gegründet war, reisten Eduard v. Pustau, Justizrat Eschenbach, der Syndikus des „Deutschen Luftschiffer-Verbandes (DLV)“ und Oberstleutnant Hermann W. L. Moedebeck (1857-1910), der gleichfalls der Flugplatzkommission angehörte, nach Mittelfrankreich, England und Norditalien. Einen vergleichbaren Flugplatz, wie er in Berlin entstehen sollte, gab es in Deutschland noch nicht.

Der Gründer und Herausgeber des Amtlichen Organs des Deutschen Luftschiffer- Verbandes der „Illustrierten Aeronautischen Mitteilungen“ und der „Deutschen Zeitschrift für Luftschiffahrt“, Oberstleutnant a.D. Hermann W. L. Moedebeck, war nur kurz an dem Flugplatzprojekt beteiligt.

Er starb am 1. März 1910 in Berlin an einer Lungenentzündung und erlebte leider nicht mehr die Eröffnung des Flugplatzes.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hermann W. L. Moedebeck, Aufnahmen um 1909/10.

[...]


1 Text und Foto Karl May Museum Radebeul.

2 Rudolf Lebius (1868-1946), deutscher Journalist, Gewerkschafter, Politiker.

3 Klara Auguste Wilhelmine May geb. Beibler, verw. Plöhn.

4 Fotos aus Wikipedia.

5 www. karl-may-haus.de, Karl-May-Museum in Hohenstein-Ernstthal. 7

6 Richtige Schreibweise ist Latham.

7 Aus Karl-May-Chronik, Band IV 1906-1909 von Dieter Sudhoff und Hans-Dieter Steinmetz, Seite 564

8 Hartmut Schmidt, Anmerkungen zu einer Tagebucheintragung Klara Mays in der Mitteilung der Karl-May-Gesellschaft, Nr. 56, Juni 1983, Seite 25-29.

9 Roland Schmidt, Karl May-Verlag, antwortete auf einen Brief von Hartmut Schmidt: „Unterlagen über die von Ihnen angesprochenen Reise Karl Mays nach Berlin sind mir nicht bekannt.“

10 Karl May, Winnetou IV, Freiburg o. J. (1910), Seite 520.

11 ebenda, Seite 577

12 ebenda, Seite 578

13 Ebenda, Seite 577

14 Schwingenflugzeug. Sammelbegriff für alle Flugzeuge, deren Flügel eine Schlagbewegung ausführen, um sich durch die Reaktion der Schläge einen Auftrieb eventuell auch einen Vortrieb zu erteilen.

15 Anmerkungen zur Tagebucheintragung von Dipl.-Lehrer Hartmut Schmidt, Berlin. 10

16 Siehe Heft 1 aus der Dokumentenreihe „Wie der Flugplatz zwischen Johannisthal und Adlershof entstand“.

17 Foto Buchumschlag.

18 Siehe Heft 23 aus der Dokumentenreihe „Das Haus am Sternplatz in Berlin-Johannisthal“. 11

19 Siehe Heft 17 aus der Dokumentenreihe „Major a. D. Georg Julius Friedrich von Tschudi“.

20 „Von der Rosen-Gesandtschaft bis heute: 100 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Äthiopien“ , Seite 42: Dr. Friedrich Rosen - Ein staatsmännisch denkender Diplomat (www.deutsche-biographie.de/sfz68903.html).

21 Geheimrat Prof. Ramm, Unterstaatssekretär im preußischen Landwirtschaftsministerium, Ministerialdirektor (1919).

22 Landforstmeister Paul Wrobel (1863-1918).

23 Dr. Ernst Gustav Freiherr von Bussche-Haddenhausen, 1863-1944, seit 1905 in der Forstverwaltung Berlin, seit 1909 Oberforstmeister, Preußischer Oberlandforstmeister und von 1919-1923 Generalforstmeister im Landwirtschaftministerium Preußens.

24 Buch: „Arthur Müller. Leben, Werk, Vermächtnis. Ein jüdisches Schicksal. Fragmente““, Monika Tatzkow und Hartmut Henicke, proprietas-verlag GmbH, Berlin 2000 (u. a. der Auszug aus dem Brief Arthur Müller an Dr. Trautmann, 10.03.1913).

25 ebenda

Ende der Leseprobe aus 49 Seiten

Details

Titel
"Karl May in Johannisthal" - Besuch auf dem Flugplatz Berlin Adlershof-Johannisthal am Sonntag, 26. September 1909. Beginn des Luftrennens anlässlich der "Großen Berliner Flugwoche"
Untertitel
Heft 7 aus der Dokumentenreihe über den Flugplatz Berlin-Johannisthal 1909-1914
Autoren
Jahr
2011
Seiten
49
Katalognummer
V178467
ISBN (eBook)
9783656006558
ISBN (Buch)
9783656006602
Dateigröße
27556 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Johannisthal Karl May, Luftfahrt, Adlershof, Karl May, Motorflugplatz
Arbeit zitieren
Alexander Kauther (Autor:in)Paul Wirtz (Autor:in), 2011, "Karl May in Johannisthal" - Besuch auf dem Flugplatz Berlin Adlershof-Johannisthal am Sonntag, 26. September 1909. Beginn des Luftrennens anlässlich der "Großen Berliner Flugwoche", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/178467

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