Die Cueca – der chilenische Nationaltanz


Facharbeit (Schule), 2010

28 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung
1.1 Auswahl des Themas
1.2 Schwerpunktsetzung
1.3 Kurzinformation zu Chile

2. Die Cueca und ihre Besonderheiten
2.1 Geschichte der Cueca
2.1.1 Herkunft der Cueca
2.1.2 Entwicklung der Cueca
2.2 Traditionelle Kleidung
2.2.1 Tänzer
2.2.2 Tänzerin
2.3 Poetische Form der Cueca
2.3.1 Geschriebene Form der Cueca
2.3.2 Gesungene Form der Cueca
2.4 Tanz
2.4.1 Bedeutung des Taschentuchs
2.4.2 Figuren des Tanzes
2.5 Musik
2.5.1 Rhythmus
2.5.2 Melodie
2.5.3 Begleitung

3. Schluss

Bibliographie

Die Cueca - der chilenische Nationaltanz

1. Einführung

1.1 Auswahl des Themas

Im Jahr 2008 verbrachte ich ein Austauschjahr in Santa Cruz, einer ländlichen Stadt 180km südlich von Santiago, der Hauptstadt Chiles. Bei Festen innerhalb der Gemeinde oder Festakten in der Schule sah man immer wieder, wie Cueca, der chilenische Nationaltanz getanzt wurde. Es ist schwer zu verstehen, welchen Regeln dieser lose Paartanz folgt, den die Chilenen in traditioneller Kleidung und als Zeichen ihres Nationalstolzes tanzen. Deshalb habe ich mich bei der Wahl meines Facharbeitsthemas entschlossen, diesem Tanz, der vor allem während der chilenischen Nationalfeiertage eine große Rolle spielt, aber auch bei anderen Gelegenheiten getanzt wird, auf den Grund zu gehen. Im Sommer 2010, den ich wiederum in Chile verbrachte, hatte ich Gelegenheit, mit einigen Musikern, aber auch mit Laien über die Cueca zu sprechen, sie in ihrer einfachsten Form tanzen zu lernen und Musikaufnahmen mitzubringen.

1.2 Schwerpunktsetzung

Im Rahmen dieser Facharbeit soll die Cueca möglichst genau beschrieben wer- den. Zunächst werden Herkunft und Entwicklung betrachtet und anschließend die traditionelle Kleidung, die poetische Form der Cueca, der eigentliche Tanz und der musikalische Aufbau dargestellt. Die Beschreibung der Besonderheiten der Cueca bezieht sich dabei immer auf die Cueca criolla1, die am weitesten verbrei- tete Cueca, die auch in Santa Cruz, wo ich gelebt habe, ausschließlich getanzt wird.

Am Schluss der Arbeit sollen noch persönliche Erfahrungen mit der Cueca einge- bracht werden und dargelegt werden, was die Cueca für die Chilenen heute be- deutet.

1.3 Kurzinformation zu Chile

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Karte Chiles

Chile (amtl.: Republik Chile) erstreckt sich im Südwesten Südamerikas, etwa 4000km entlang der Pazifikküste (siehe Karte2 ). Durch diese große Nord-Südausdehnung, aber auch durch die extremen Höhenunterschiede zwischen Küste und Anden3 besitzt Chile eine große klimatische Vielfalt. Im Norden liegt die Atacama-Wüste, eines der trockensten Gebiete der Erde. In Zentralchile herrscht ein mediterranes Klima, das eine ertragreiche Landwirtschaft ermöglicht und dieses Gebiet zum dichtbesiedeltsten Chiles macht. Im Gegensatz zum trockenen Norden fällt Richtung Süden immer mehr Niederschlag und die Temperaturen sind wesentlich niedriger. Geprägt ist der Süden vor allem durch seine zahlreichen Vulkane, Seen und Flüsse und die vorgelagerten Inseln.4

Etwa 13.000 v. Chr. siedelten die ersten Menschen im heutigen Staatsgebiet Chi- les. Zu dieser Zeit wurde Chile von indianischen Ureinwohnern, vorwiegend Ma- puche, bewohnt. Ab 1540 wurde Chile von Spanien kolonialisiert. Neben dem erbitterten Widerstand der Mapuche im Süden des Landes, behinderten vor allem Naturkatastrophen wie Vulkanausbrüche und Tsunamis die Entwicklung des Lan- des. 1808, als Napoleons Bruder Joseph Spanien regierte, regte sich in Chile der Wunsch nach Unabhängigkeit, so dass sich am 19.September 1810 eine Junta bildete, die Chile zunächst zur unabhängigen Provinz im spanischen Königreich erklärte. Diesen Tag feiern die Chilenen noch heute als ihren Nationalfeiertag. Wenig später sagten die Chilenen sich komplett vom spanischen Königreich los. Zwischen 1814 und 1818 übernahmen zum letzten Mal die Spanier die Macht. Anschließend wurde das Land nur noch von Chilenen regiert.5

Besonders erwähnenswert in der neueren Geschichte Chiles ist, dass das Volk 1970 eine kommunistische Regierung mit Salvador Allende an der Spitze wählte. Die darauffolgende Militärdiktatur unter General Augusto Pinochet, der am 11.September 1973 durch einen Putsch an die Macht kam und mit brutalen Methoden regierte, kam erst 1989 durch eine freie Wahl zu einem Ende.6

2. Die Cueca und ihre Besonderheiten

Die Cueca wird stets von einem Ensemble aus circa fünf Musikern, Männern und Frauen, gespielt, die auch zur Musik singen. Es ist möglich, dass solch ein En- semble seine eigenen Tänzer, manchmal ein Paar, oft aber auch mehrere, mit- bringt. Das Ensemble kann aber auch einfach zur Tanzmusik bei einem Fest auf- spielen.

2.1 Geschichte der Cueca

2.1.1 Herkunft der Cueca

Die Cueca ist in Chile das erste7 Mal im Jahre 1824/25 dokumentarisch belegt und somit seit den Anfängen der Republik in Chile zuhause, wobei ihre genaue Her- kunft nicht eindeutig geklärt ist. Im Laufe der Zeit wird sie, vor allem aufgrund ihrer vorwiegend mündlichen Überlieferung, immer wieder verändert, erhält ver- schiedene Namen und unterscheidet sich heute entsprechend der verschiedenen Regionen Chiles deutlich.

Es gibt mehrere Theorien über die Herkunft der Cueca. Die einfachste und zugleich am weitesten verbreitete interpretiert den Tanz als Imitation der Balz des Hahns um die Henne, die die Ureinwohner nachahmten. Sie sieht die Cueca somit als einen Tanz rein chilenischer Herkunft. Diese Annahme liegt nahe, wenn man die Form8 des Tanzes genauer betrachtet. Für diese Theorie spricht auch, dass die Cueca früher Clueca9 genannt wurde.

Eine andere Theorie führt die Cueca auf den maurischen Tanz Zambra10 aus Spanien zurück. Sie geht von einem früheren Namen aus, dem der Zambra Cue- ca oder Zambra Clueca, und ihrer poetische Form11, die orientalischen Gedichten ähnelt.

Teilweise werden auch afrikanische Ursprünge vermutet, da die Cueca religiösen Tänzen der afrikanischen Sklaven ähnelt, die im 18. Jahrhundert nach Chile kommen.

Am wahrscheinlichsten ist jedoch, dass die Cueca aus Peru nach Chile kommt, da die ersten Instrumente, die zu ihrer Ausführung benutzt werden, die Gitarre und der cajón peruano12 sind.

Allerdings hat der Tanz in Chile seine ganz eigene Weiterentwicklung erfahren und gelangte von dort über Argentinien und Bolivien wieder zurück nach Peru. So kann man dann doch von einem typisch chilenischen Tanz sprechen, da es ihn in dieser Form sonst nirgendwo auf der Welt gegeben hat.

2.1.2 Entwicklung der Cueca

In Peru tritt die Cueca erstmals im 16./17. Jahrhundert auf, wo sie zu Beginn Zambaclueca genannt wird, was auf eine anfängliche Verbindung mit der Samba hinweist. Später wird der Name zu Zambacueca geändert, wohl als sprachliche Vereinfachung.

1824 kommt die Cueca schließlich nach Chile, was auf die gute Freundschaft zwi- schen dem spanisch beeinflussten Peru und Chile in dieser Zeit zurückzuführen ist, die auch die chilenische Mode sehr beeinflusst. Sie wird zunächst als Cueca valseada13 in der chilenischen Aristokratie und als Cueca zapateada14 in den unte- ren Schichten und Bordellen getanzt. Ursprünglich nicht in Chile entstanden, kommt die Cueca eher durch Zufall dorthin. Begleitet wird sie damals unter ande- rem mit Harfe und Gitarre, wobei letztere gleichzeitig auch als Perkussionsin- strument dient, da auf ihr der Rhythmus geklopft wird. Manchmal markiert auch ein Tormento15 den Rhythmus.

Die Weitergabe und Verbreitung der Cueca erfolgt von Familie zu Familie oder durch Musiker, die nach Peru16 gehen, um die Cueca dort zu erlernen. Sie ist in Chile so beliebt und wird so viel getanzt, dass sie in Peru, Argentinien und Bolivi- en zu dieser Zeit nur noch als Chilena17 bekannt ist. Während des Salpeter- kriegs18 nannten die Peruaner die Cueca dann allerdings in Marinera19 um. Um 1900 ist die Cueca bereits in ganz Chile bekannt. Sie findet dort vor allem deshalb so großen Anklang, da sie der erste romantische und insbesondere frei getanzte Tanz ist, im Gegensatz zu den statischen Schreittänzen20, die bis dahin in Chile bekannt sind. Die Cueca erlaubt es dem Herrn erstmals, tanzend die Dame zu erobern.

Um 1920 entsteht in den Vororten der großen Städte die Cueca brava21 oder auch Cueca chora22, die sich in ihren Texten hauptsächlich mit den politischen und sozialen Problemen der Zeit beschäftigt. Die Chilenen treffen sich abends in Bars, sitzen zusammen und tanzen Cueca. Diese Art der Cueca wird ab 2000 wiederentdeckt und ist heute recht beliebt. In der Hafenstadt Valparaíso23 ent- steht gleichzeitig die Cueca porteña24, die ebenfalls von den alltäglichen Proble- men spricht, ihrem Umfeld entsprechend aber viel freier und anzüglicher getanzt wird.

Während der Militärdiktatur in Chile, zwischen 1973 und 1989 erfüllt die Cueca zwei konträre Aufgaben. Augusto Pinochet erklärt die Cueca am 18.09.1979 durch ein Nationaldekret offiziell zum chilenischen Nationaltanz, obwohl sie die- sen Stellenwert bei den Menschen eigentlich schon lange davor inne hatte. Noch heute wird aus diesem Grund der Nationaltanz in der Grundschule erlernt. Zahl- reiche Tanz- und Musikgruppen, die sich der Cueca widmen, werden in dieser Zeit gegründet. Einerseits wird sie also von dem militärischen Regime zu Propa- gandazwecken genutzt und im Anschluss an Militärparaden getanzt und soll im Volk, wo der Tanz weitverbreitet und beliebt ist, Einheit und Zusammengehörig- keitsgefühl schaffen. Andererseits bildet das Tanzen der Cueca unter der Diktatur eine der wenigen Möglichkeiten für die Menschen, ihren Protest zum Ausdruck zu bringen. So versammeln sich in Santiago immer wieder Mütter und Witwen vor Regierungsgebäuden.

„Sie tanzten eine „Cueca“, die 1979 von Pinochet zum Nationaltanz deklariert worden war. Der üblicherweise paarweise aufgeführte Tanz wurde von den Frau- en als Solotanz veranstaltet, wobei Fotos der Verschwundenen gezeigt wur- den.“25

[...]


1 Dtsch: Kreolische Cueca; Kreolisch gleichbedeutend mit hispanoamerikanisch

2 O. A., Landkarte Chile (kleine Übersichtskarte),

http://www.weltkarte.com/suedamerika/chile/landkarte-chile.htm

3 Bis zu 6000m

4 Nach Sieber, 2009, S. 118 ff

5 Nach Sieber, 2009, S. 135 ff

6 Nach Sieber, 2009, S. 147 ff

7 Nach Mauricio Hicho Sepulveda Garrido (s. Bibliographie/Gespräch)

8 Siehe 2.4

9 Dtsch: Glucke

10 Flamenco mit orientalischen Einflüssen

11 Siehe 2.3

12 Dtsch: Peruanischer Kasten; Perkussionsinstrument aus Holz in Form eines Kastens

13 Dtsch: Walzerähnliche (streng festgelegte) Cueca

14 Dtsch: Gestampfte (hüpfend und frei getanzte) Cueca

15 Perkussionsinstrument, das im Inneren mit Kronkorken gefüllt ist und beim Spielen einen metallenen Klang erzeugt; Typisch für die chilenische Volksmusik

16 Heutiger Norden Chiles

17 Dtsch: Chilenin

18 Krieg von Peru und Bolivien gegen Chile von 1879 bis 1884, um die salpeterreiche Region der Atacamawüste; Heute alles chilenisches Staatsgebiet

19 Dtsch: Matrosenjacke, Seefahrerin

20 Französische Tänze, wie Bourrée, Polonaise

21 Dtsch: Wilde, mutige Cueca

22 Dtsch: Diebische Cueca

23 Siehe Karte zu 1.3

24 Dtsch: Hafencueca; Porteña bezeichnet alles, was sich auf ein Hafengebiet bezieht

25 Stroh, 2007, S. 77

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Die Cueca – der chilenische Nationaltanz
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
28
Katalognummer
V178374
ISBN (eBook)
9783656014126
ISBN (Buch)
9783656013846
Dateigröße
1311 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
cueca, nationaltanz
Arbeit zitieren
Johanna Renner (Autor:in), 2010, Die Cueca – der chilenische Nationaltanz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/178374

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