Theorie des Sozialstaates


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2011

7 Seiten


Leseprobe


Dr.Wilfried Klose

Theorie des Sozialstaates

Der Begriff „Sozialstaat“ kennzeichnet die soziale Funktion eines Staates. Er ist somit mit dem – ebenfalls eine Staatsfunktion kennzeichnenden – Begriff des „Wohlfahrstaates“ verwandt, wie er auch im englischen (Welfare State) bzw. in der internationalen Forschung verwendet wird. Der Sozial- bzw. Wohlfahrtsstaat sagt zudem etwas über die Haltung zur Wirtschaft aus: Ohne wie auch immer geartete, staatliche Interventionen in den Bereich der Wirtschaft hätte die Anwendung dieser Begriffe keine Berechtigung. Dies kennzeichnet auch die historische wie die aktuelle Diskussion: Der Wohlfahrtsstaat ist aus der einen Perspektive ein Gemeinwesen, das sich um die Besserstellung der arbeitenden Bevölkerung kümmert, aus der anderen Perspektive heraus ein „Versorgungsstaat“, der traditionell mit sozialistischen oder wirtschaftsfeindlichen Eingriffen gleichgesetzt wird. Eine solche negative Sichtweise existierte noch bis weit in die 1950er Jahre hinein. (Vgl. Ritter 2010, S. 4-7).

Insbesondere im ersten Jahrzehnt nach der Gründung der Bundesrepublik hat der deutsche Sozialstaat auch einen wesentlichen Beitrag zur Legitimation des neuen Staatswesens geleistet, insbesondere durch die mit dem wirtschaftlichen Aufschwung verbundenen, erhöhten Leistungen für Einzelne und für Familien (Ritter 2010, S. 4).

In der Forschung existieren unterschiedlichste Überlegungen zur Definition des Wohlfahrtsstaates. Die wesentlichste Gemeinsamkeit dieser Definitionen – und somit der Kern des Begriffsinhaltes – besteht in der Tatsache, dass Wohlfahrtsstaaten die Marktkräfte modifizieren, indem sie staatliche Förderung zur Sicherung des Einzelnen einsetzen. Dies darf jedoch nicht mit dem demokratischen Herrschaftsmodell vermengt werden: So verfügen auch autoritäre und sozialistische Staaten über wohlfahrtsstaatliche Sozialsysteme, ebenso wie historische Staaten (Ritter 2010, S. 9-11).

Als Ausweg aus der begrifflichen Problematik empfiehlt Ritter daher die Nutzung des Sozialstaatsbegriffs:„Der Begriff Sozialstaat lässt sowohl die Erörterung und Kontinuität mit älteren Formen gesellschaftlicher und staatlicher Daseinsvorsorge und sozialer Teilhaberechte zu als auch die Herausarbeitung von Unterschieden und Gemeinsamkeiten im Hinblick auf nichtdemokratische zeitgenössische Staaten, die sich um die Förderung der Wohlfahrt ihrer Bürger bemühen.“(Ritter 2010, S. 11)

Die wohlfahrtsstaatliche Politik ist noch immer eine Domäne der Nationalstaaten, die sich in diesem Bereich unterschiedlich entwickelten: Obwohl die Europäische Union diese nationale Politik teils begrenzt, hat sie ihr noch keine eigenständige, europäisierte Sozialpolitik entgegensetzen können (Hegelich / Schubert 2008, S. 650f).

Die Aufgaben des Sozialstaats sind vielfältig:

Allen voran geht es um die soziale Sicherheit, die dem Einzelnen auch in schwierigen Situationen ein Einkommen garantiert. Solche Situationen können altersbedingt eintreten, aber auch andere Ursachen wie Invalidität, Krankheit, Unfall oder Arbeitslosigkeit haben. Der Sozialstaat unterstützt auch große Familien, bietet Gesundheitsfürsorge und betreibt sozialen Wohnungsbau. Eine weitere Aufgabe, die sich der Sozialstaat auferlegt hat, besteht darin, die ungleichen Start- und Lebenschancen von Bürgern möglichst auszugleichen. Steuereinnahmen werden vom Sozialstaat auch dazu genutzt, eine partielle Umverteilung im Einkommenssystem zu bewirken. Der Sozialstaat regelt darüber hinaus auch die Beziehungen der Tarifparteien, etwa durch die Verankerung des Streikrechts. Nicht zuletzt fallen die in dieser Arbeit zu berücksichtigenden Arbeitsmarktmaßnahmen in das Aufgabenfeld des Sozialstaates (Ritter 2010, S. 16).

Bei den Wandlungsprozessen, denen die Sozialstaatsmodelle unterworfen sind, spielen gesellschaftliche Unterschiede keine direkte, sondern nur eine indirekte Rolle: In der Regel wird die Politik erst dann aktiv, wenn es wegen dieser Unterschiede zu Konflikten kommt. Der Ausgang dieser Konflikte, der sich in der wohlfahrtsstaatlichen Politik niederschlägt, ist also in hohem Maße von der Organisationsfähigkeit gesellschaftlicher Gruppen abhängig (Hegelich / Schubert 2008, S. 653).

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Details

Titel
Theorie des Sozialstaates
Autor
Jahr
2011
Seiten
7
Katalognummer
V178131
ISBN (eBook)
9783656009504
Dateigröße
464 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
theorie, sozialstaates
Arbeit zitieren
Wilfried Dr.Klose (Autor:in), 2011, Theorie des Sozialstaates, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/178131

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