Forschungsprojekt: Persönlichkeit und Verhandlungsstil

Verhandlungsmanagement


Hausarbeit, 2010

70 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Einflussfaktoren bei Verhandlungen
2.1 Persönlichkeit
2.2 Persönlichkeitseigenschaften
2.3 Kultureller Einfluss
2.4 Verhandlungsstil
2.4.1 Harter Verhandlungsstil:
2.4.2 Weicher Verhandlungsstil:
2.4.3 Kompromissbereiter Verhandlungsstil:
2.4.4 Integrativer Verhandlungsstil:

3 Hypothesen

4 Auswertung und Ergebnisse

5 Experiment
5.1 Effektive Verhandlungen in der Geschäftswelt und im Alltag
5.1.1 Leitfaden für erfolgreiche Verhandlungen
5.1.2 Psychologische Erklärungsansätze
5.1.3 Big Five Persönlichkeitstest
5.2 Das Hersteller-Großhändler Experiment
5.3 Fragebogen zu Persönlichkeitsmerkmalen

6 Fazit und Ausblick

7 Anhang: Fragebögen

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Alternative Verhandlungsstile im Überblick

Abbildung 2: A model of negotation research

Abbildung 3: Angewandte Vorgehensweise zur Erstellung von Hypothesen

Abbildung 4: Persönlichkeit, Verhandlung und Motivation

Abbildung 5: H1. P-P-Diagramm von standardisiertem Residuum

Abbildung 6: H1. Histogramm

Abbildung 7: H2. P-P-Diagramm von standardisiertem Residuum

Abbildung 8: H2. Histogramm

Abbildung 9: H3. P-P-Diagramm von standardisiertem Residuum

Abbildung 10: H3. Histogramm

Abbildung 11: H4. P-P-Diagramm von standardisiertem Residuum

Abbildung 12: H4. Histogramm

Abbildung 13: H5. P-P-Diagramm von standardisiertem Residuum

Abbildung 14: H5. Histogramm

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Variablen für Verhandlungsstil

Tabelle 2: Variablen für Vertrauen, Gewissenhaftigkeit, Offenheit und Risikobereitschaft

Tabelle 3: Variablen für Motivation

Tabelle 4: H1. Deskriptive Statistiken

Tabelle 5: H1. Modellzusammenfassung

Tabelle 6: H1. ANOVA

Tabelle 7: H1. Koeffizienten

Tabelle 8: H2 Deskriptive Statistiken.

Tabelle 9: H2. Aufgenommene/Entfernte Variablen

Tabelle 10: H2. Modellzusammenfassung

Tabelle 11: H2. ANOVA

Tabelle 12: H2. Koeffizienten

Tabelle 13: H3. Deskriptive Statistiken

Tabelle 14: H3. Modellzusammenfassung

Tabelle 15: H3. ANOVA

Tabelle 16: H3. Koeffizienten

Tabelle 17: H3. Korrelation der Koeffizienten

Tabelle 18: H4. Deskriptive Statistiken

Tabelle 19: H4. Modellzusammenfassung

Tabelle 20: H4. ANOVA

Tabelle 21: H4. Koeffizienten

Tabelle 22: H5. Modellzusammenfassung

Tabelle 23: H5. ANOVA

Tabelle 24: H5. Koeffizienten

1 Einleitung

Während Verhandlungen im täglichen Umgang mit Menschen integraler Bestandteil im Miteinander sind und unumgänglich erscheinen, hat die Forschung aufgrund der hohen Relevanz in Geschäftsprozessen damit begonnen, Verhandlungen als eigenständigen Forschungsgegenstand zu betrachten. Während sich im englischsprachigen Raum bereits intensiv mit dem Thema Verhandlungen auseinandergesetzt wurde, ist die Forschung im europäischen Sprachraum noch im Anfangsstadium, obwohl die Wichtigkeit von Verhandlungen bereits längerfristig erkannt wurde. Bisherige Forschungsergebnisse beschäftigten sich zwar mit dem Verhalten von Individuen in Verhandlungen, es konnten jedoch keine Aussagen zu den verschiedenen Verhandlungsprozessen getroffen werden.

In der Literatur besteht Einigkeit darüber, dass sogenannte „soft facts“ wie z.B. Emotionen und psychologische Aspekte Verhandlungen beeinflussen. Jedoch bestehen auch hier in der Forschung keine hinreichenden Erkenntnisse darüber, inwieweit diese „weichen Faktoren“ Verhandlungen beeinflussen und welche Wechselwirkungen zwischen diesen Faktoren bestehen. Die mangelhafte Erforschung zum Thema Verhandlungen zeigt sich auch in den unterschiedlichen Auffassungen, was Verhandlungen darstellen.

McCall und Warrington verstehen unter Verhandlungen alle schriftlichen und / oder wörtlichen Kommunikationsprozesse wodurch Parteien sowohl zu gemeinsamen als auch zu widerstreitenden Ergebnissen kommen.[1]

Im Vergleich dazu versteht der Ökonom Raymond unter Verhandlungen einen „Vorgang, bei dem zwei oder mehr Parteien eine Einigung darüber suchen, wer von ihnen in einer

angestrebten Transaktion was leisten, empfangen, dulden oder unterlassen soll.“[2]

Begründet werden kann die unzureichende Erforschung zum Thema Verhandlungen auch durch fehlende gesonderte Betrachtung in der Marketingforschung. Das Forschungsgebiet Verhandlungen wird in der Marketingliteratur überwiegend als Teilgebiet der Verkaufsforschung angesehen, ohne explizit auf die Besonderheiten der Verhandlungsforschung einzugehen. Zwar gibt es zwischen beiden Forschungsgebieten Teilbereiche die auch für die Verhandlungsforschung von Bedeutung sind, jedoch ist die Betrachtung der Verhandlungsforschung als Teilgebiet der Verkaufsforschung nicht ausreichend, um alle Aspekte der Verhandlungsforschung zu erkennen und hinreichend untersuchen zu können.

Gerade durch globale Vernetzung der Geschäftsprozesse und der damit verbundenen verstärkten Arbeitsteilung steigt die Bedeutung von Verhandlungen im unternehmerischen Umfeld und erfordert eine stärkere Berücksichtigung in der Forschung und eine Betrachtung als eigenständiges Forschungsgebiet.

Wie in anderen Teildisziplinen der Betriebswirtschaft unterscheidet man auch im Marketing zwischen B2B und B2C Verhandlungen, wobei sich beide Szenarien meist durch Komplexität der Verhandlungsgegenstände und Verhandlungsvolumen unterscheiden.

Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Forschungsseminar zum Verhandlungsmanagement“ unter der Leitung von Frau Dipl.-Oec. Katrin Bloch und Herrn Prof. Dr. Ralf Wagner bekamen die Teilnehmer der Gruppe 10 des Forschungsprojektes „Persönlichkeit und Verhandlungsstil“ die Möglichkeit durch selbst durchgeführte Experimente eigene Hypothesen zu überprüfen. Die Experimente wurden soweit es uns möglich war unter Laborbedingungen durchgeführt und anschließend von den Teilnehmern unserer Gruppe ausgewertet. Als Versuchspersonen dienten die Teilnehmer der Lehrveranstaltung „Persönlichkeit und Verhandlungsstil“. Im folgendem werden neben Einflussfaktoren wie Persönlichkeit und Verhandlungsstil auch kulturelle Einflüsse auf Verhandlungen dargestellt. Im Anschluss daran setzen wir uns mit unseren durchgeführten Experimenten auseinander, die im Rahmen der Lehrveranstaltung durchgeführt wurden. Die Resultate der Experimente werden im Kapitel 5 „Auswertung und Ergebnisse“ statistisch ausgewertet und grafisch dargestellt. Unser abschließendes Fazit soll gewonnene Erkenntnisse und Probleme aufzeigen, die wir bei der Durchführung der Forschungsaufgabe festgestellt haben.

2 Einflussfaktoren bei Verhandlungen

In diesem Kapitel betrachten wir die wesentlichen Einflussfaktoren bei Verhandlungen.

Dazu beschreiben wir die Definitionen der Begriffe der Persönlichkeit, der Persönlichkeitseigenschaften, der Verhandlungsstile und des kulturellen Einflusses. Dies soll einen Überblick über die verschiedenen Einflussfaktoren geben und deren Auswirkungen erklären.

2.1 Persönlichkeit

Die Persönlichkeit beschreibt alle unvergleichbaren psychologischen Merkmale eines jeden Individuums, in denen es sich von anderen Personen unterscheidet. Dabei wird eine Vielzahl von Persönlichkeitsmerkmalen unterschieden.

Für die Forschung bestehen die wesentlichen Interessengebiete auf dem Gebiet der Persönlichkeit und ihrer Merkmale darin, die Stabilität und Veränderung der Persönlichkeitsmerkmale zu untersuchen. Zudem soll es möglich sein Rückschlüsse auf zukünftige Verhaltensmuster zu entwickeln und vorherzusagen in welcher Art und Weise sie sich manifestieren und auftreten.

In der Philosophie und der Psychologie wird die Persönlichkeit aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet.

So sah die Philosophie den Begriff lange als Einheit der drei göttlichen Persönlichkeiten (Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist) an. Dieses Verständnis veränderte sich erst mit dem Auftreten der Industrialisierung.[3] John Locke löste den Begriff von der Theologie und beschrieb den Begriff so: „Persönlichkeit kommt nur intelligenten Akteuren zu, die zu einem Gesetz fähig sind, sowie zu Glück und Leiden. Diese Persönlichkeit erstreckt sich über ihre gegenwärtige Existenz hinaus in die Vergangenheit, allein durch das Bewusstsein, wodurch sie ihre eigenen, früheren Handlungen betreffen, und sie für diese verantwortlich ist, und diese zu ihr gehören und ihr zugeschrieben werden. [4]

Die Psychologie bestimmt die Persönlichkeit als einen ihrer wesentlichen Kernbegriffe. Das Augenmerk liegt hierbei auf der Absicht die Persönlichkeit als allgemeingütigen Begriff zu definieren und im Einzelfall zu verstehen wie sich die Persönlichkeit und bestimmten Rahmenbedingungen und Umwelteinflüssen verhält. Dies soll es ermöglichen die Verhaltensweisen von Individuen vorauszuahnen und gegebenenfalls zu beeinflussen. Eine allgemeingültige Definition des Begriffs der Persönlichkeit kennt die Psychologie nicht.

Eine der am häufigsten angeführten Definitionen stammt von Gordon Allport. Er bestimmt die „Persönlichkeit als eine dynamische Ordnung der derjenigen psychophysischen Systeme im Individuum, die seine einzigartigen Anpassungen an seine Umwelt gewährleisten.“[5]

Im Wesentlichen befasst sich die Persönlichkeitsforschung mit der Persönlichkeitsentwicklung, den Wechselwirkungen zwischen Individuen und der Umwelt, den Geschlechterunterschieden und den kulturell bedingten Unterschieden der Persönlichkeit.[6]

2.2 Persönlichkeitseigenschaften

Die Persönlichkeitseigenschaften oder auch Persönlichkeitsmerkmale von Individuen sind meist für einen längeren Zeitraum rechst stabil und beschreiben die Bereitschaft der Individuen im Umgang mit sich selbst und anderen. Durch das Erkennen der Merkmale soll es möglich sein die Perspektiven von Individuen zu verstehen und darauf aufbauend das Verhalten der jeweiligen Person in unterschiedlichen Situationen zu beschreiben und eine relativ genaue Vorhersage zukünftigen Verhaltens zu entwickeln. Im Rahmen dieser Beschreibung befasst sich das Persönlichkeitsmerkmal „Extraversion“ mit einer Erklärung und Vorhersage der Verhaltensperspektive der „Extravertiertheit-Introvertiertheit“ bei bestimmten sozialen Interaktionen.[7]

Die Persönlichkeitseigenschaften beschreiben nicht den aktuellen, gegenwärtigen Zustand eines Individuums. Dieser Zustand kann im Tagesverlauf stark variieren und sich durch das Eintreten von Umwelteinflüssen und verändernden Situationen jederzeit und augenblicklich von einem Zustand in einen anderen übergehen. Die Persönlichkeitseigenschaften unterliegen in der Regel nicht einer kurzfristigen Zustandsänderung, sondern bilden die innere Grundeinstellung von Individuen, welche über einen längeren Zeitraum relativ stabil bleibt. Diese Grundeinstellungen verändern sich allmählich und Schritt für Schritt über den gesamten Lebensabschnitt.

An dieser Stelle können wir festhalten, dass sich die Persönlichkeitseigenschaften auf alle psychologisch greifbaren individuellen Unterschiede im Verhalten und Befinden von Individuen, sowie deren psychologischer Individualität beziehen.

Darauf aufbauend entwickelte die Persönlichkeitstheorie ein allgemeines Bezugssystem um die Eigenschaften, sowie deren praktische-psychologische Anwendungen zu beschreiben.

Die Wissenschaftler erwähnen immer wieder dass die Wichtigkeit ihre Aufgabe darin liegt, möglichst gut begründete Vorhersagen des individuellen Verhaltens von Menschen zu erstellen. Aufgrund der Vielzahl von Einflussfaktoren ist es jedoch nur möglich diese als relative Wahrscheinlichkeiten anzunehmen.[8]

Zur Einteilung der Persönlichkeitseigenschaften werden in der Regel die Grundeigenschaften herangezogen. Diese beruhen auf der Erregbarkeit oder Gehemmtheit, der vorherrschenden Stimmungslage und der Versöhnlichkeit oder Feindseligkeit. Besonders wichtige Eigenschaften sind zudem in der Introversion–Extraversion oder die Emotionalität zu sehen.[9] Weiterhin erfolgt auch eine Betrachtung der Einstellungen, Interessen und Wertorientierungen der individuellen Persönlichkeiten. Unter diesen Gesichtspunkten werden religiöse, philosophische, politische u.a. Überzeugungen nicht als Eigenschaften der Persönlichkeit angesehen und auch nicht weiter berücksichtigt.

Die Erfassung der Persönlichkeitseigenschaften erfolgt durch zahlreiche psychologische Verfahren. Die angewandten Verfahren werden aufgrund der jeweiligen Zielstellung ausgewählt und durchgeführt.[10]

Sollte das strategische Vorgehen und der praktische Nutzen im Fokus des Verfahrens stehen, so werden gerne Assessment-Center zur Erfassung der Persönlichkeitseigenschaften genutzt.

Als typische und häufig angewandte Methoden zur Ermittlung von Persönlichkeitseigenschaften dienen: psychologische Tests (z.B. Intelligenztests), standardisierte Fragebögen, freie oder strukturierte Interviewmethoden, biografische Analysen oder Verhaltensbeobachtungen.[11]

Die Persönlichkeitstheoretiker verweisen auch darauf, dass man sich mit den zahlreichen Verfahren kritisch auseinandersetzen muss. Denn nur wenn man sich mit mehreren Verfahren und Methoden, die sich einander ergänzen und absichern sollten, befasst und diese anwendet kann man möglichst gute und sichere Ergebnisse in Bezug auf die Persönlichkeit von Individuen erhalten. Diese kombinierten Verfahren und Methoden werden als multi-modal bezeichnet.[12] Aufgrund dieser Erkenntnis erscheint es wahrscheinlich, das sich bei bestimmten Persönlichkeitseigenschaften durch Kombination mehrerer Verfahren, wie (a.) der Selbstbeurteilungen in einem standardisierten Fragebogen, (b.) der Beurteilungen durch geschulte Beobachter und (c.) der Messung des Verhaltens weitere Übereinstimmungen herauskristallisieren.[13]

Bei den durchgeführten Untersuchungen konnten so häufig Divergenzen aufgezeigt werden. So kommt es vor, dass sich einzelne Persönlichkeitsmerkmale doch nicht so eng miteinander verknüpft sind, wie es bei der Entwicklung und Auswahl der Untersuchungsmethode erwartet wurde. Hierbei kann man als Beispiel anführen, dass ein Individuum in einem Tätigkeitsumfeld äußerst sorgfältig ist und in einem anderen Bereich seiner Lebensumgebung genau das Gegenteil verkörpert. Eine Person kann im beruflichen und privaten Umfeld unterschiedliche Persönlichkeitseigenschaften entwickeln und verkörpern, so dass man denken könnte, dass es sich um zwei grundlegend andere Personen handelt. Diese Divergenzen können nicht nur im beruflichen und privaten Umfeld auftreten, sondern das soziale Verhalten kann je nach Partner, Lebenssituation, Umwelt und Kultur stark unterscheiden.

2.3 Kultureller Einfluss

Weltweit vernetzte Arbeitsteilung in Unternehmen infolge zunehmender Globalisierung hat zur Folge, dass verschiedene Kulturen in Verhandlungen aufeinandertreffen. Nach überwiegender Meinung in der Literatur ist unbestritten, dass Kulturen unterschiedlichen Ursprungs Verhandlungen beeinflussen können. Da es wie bei der Definition zum Begriff Verhandlung auch zum Begriff Kultur eine Vielzahl unterschiedlicher Definitionen gibt, beschränke ich mich auf die Definition in Anlehnung nach Hoebel, 1972, da diese nach meiner Meinung den Einfluss der Kultur auf Verhandlungen am deutlichsten darstellen kann. Kultur ist: „das einheitliche System von gelehrten Verhaltensmustern, die für die Mitglieder einer Gesellschaft charakteristisch sind, und die nicht das Ergebnis des biologischen Erbes sind.“[14]

Ohne im Detail auf kulturelle Grundlagen eingehen zu wollen ist festzustellen, dass Personen der gleichen Kultur in Verhandlungen insgesamt zu ähnlichen Verhandlungsstilen führen. Gelehrte Verhaltensmuster die in Kulturen unterschiedlich ausgeprägt sein können, können dazu führen, dass Verhandlungspartner unterschiedlicher Nationen Handlungen und Aussagen aufgrund ihrer kulturellen Erfahrungen und Werte unterschiedlich bewerten. Kulturelle Unterschiede können dazu führen, dass entstehende affektive Aspekte in Verhandlungen wie z.B. Unverständnis oder Misstrauen, aber auch Sympathie und Wohlwollen durch kulturelle Unterschiede zusätzlich verstärkt werden. Aussagen die ein Europäer trifft können von einem Verhandlungspartner aus China missverstanden werden und zu einem negativen Verhandlungsklima führen. Insbesondere der direkte und offene Verhandlungsstil der westlichen Kulturen offenbart deutliche Unterschiede, besonders im Vergleich von westlichen und asiatischen Verhandlungsstilen. So ist es allgemein in der chinesischen Kultur üblich, kritische Punkte nicht offen anzusprechen sondern positiv zu umschreiben. Außerdem pflegt man in der chinesischen Kultur, dass vor dem eigentlichen Verhandlungsgespräch ein lockerer und freundlicher Smalltalk geführt wird. Während speziell in asiatischen Kulturen die nonverbale Kommunikation entscheidenden Einfluss hat, ist diese Art der Kommunikation in westlichen Kulturen von eher untergeordneter Bedeutung. Sogenannte linguistische Unterschiede zwischen asiatischen und westlichen Kulturen sind ebenfalls bei der Betonung, Lautstärke, Höflichkeit, und den Pausen und Unterbrechungen während der Kommunikation zu beobachten. Der Vergleich zwischen westlichen und asiatischen Kulturen findet deshalb statt, weil zwischen diesen beiden Kulturen die Unterschiede, die auch Verhandlungen betreffen, am deutlichsten zu erkennen sind. Es ist unbestritten, dass es selbst innerhalb der westlichen Kulturen bereits Unterschiedliche Verhaltensweisen gibt, jedoch sind die Unterschiede innerhalb der westlichen Kulturen nicht immer deutlich, da sich diese Kulturen oftmals sehr ähnlich sind.

Entsprechend sind bei Verhandlungen mit Personen aus anderen Kulturen andere Verhaltensmuster in Verhandlungen anzuwenden, um wichtige Voraussetzungen für erfolgreiche Verhandlungen zu schaffen.

Das Ziel dieser interkulturellen (geschäftlichen) Interaktionen besteht nicht darin, die für uns fremde Kultur so gut es geht zu übernehmen oder zu imitieren, sondern bestehende Barrieren abzubauen. Gefordert wird interkulturelle Kompetenz die es den Akteuren ermöglicht, mit fremden Kulturen erfolgreich zu agieren. Unter interkultureller Kompetenz versteht man dabei die motivationale Einstellung, die zwingend ein Interesse an fremden Kulturen voraussetzt. Eine weitere Anforderung der interkulturellen Kompetenz ist das kognitive Wissen, dass grundlegende Kenntnisse der fremden Kulturen erfordert, sowie konative Fähigkeiten, die verhaltensbezogene Fähigkeiten voraussetzen.[15]

In einer Studie, mit 370 Geschäftsleuten aus unterschiedlichen Nationen mit acht verschiedenen Berufen wurde nachgewiesen, dass Personen der gleichen Kultur in Bezug auf zehn Verhandlungsfaktoren tendenziell die gleichen Resultate erreichten. Diese Verhandlungsfaktoren die Salacause 1991 identifizierte wurden in Fragebögen in einer fünf Punkte Skala überprüft und anschließend ausgewertet.

Folgende Verhandlungsfaktoren wurden identifiziert:

1. Abschlussgrundlage der Verhandlung: Favorisieren die Akteure Verträge oder bevorzugen sie Geschäftsbeziehungen auf Vertrauensbasis.
2. Einstellungen gegenüber dem Verhandlungsprozess: Bevorzugen die Akteure für sich nur rationale Ergebnisse oder sind sie auch bereit Kompromiss Situationen oder sogar Verluste in Verhandlungen zu akzeptieren.
3. Persönlicher Stil in Verhandlungen: Formell oder informell
4. Arte des Kommunikationsstiles: Direkt oder indirekt.
5. Zeitempfinden: Hoch oder niedrig.
6. Persönliche Emotionalität: Hoch oder niedrig.
7. Form von Vereinbarungen: Spezifisch oder allgemein.
8. Prozess der Entscheidungsfindung: Bottom-up oder Top-down.
9. Team Organisation: Ein Verhandlungsführer oder gemeinschaftliche Entscheidungen im Konsens.
10. Risikobereitschaft: Hoch oder niedrig.

Diese zehn Aspekte die in verschiedenen Kulturen unterschiedlich stark gewichtet und ausgeprägt sind, verdeutlichen die Vielfalt an Einflussfaktoren mit denen Teilnehmer in interkulturellen Geschäftsverhandlungen konfrontiert werden können. Dabei spricht man von interkulturellen Geschäftsverhandlungen wenn „zwischen zwei Unternehmen aus verschiedenen Ländern mit einer jeweils einheitlichen nationalen Mitarbeiterschaft“[16] interagiert wird.

Wie die folgenden Ergebnisse der Studie zeigen ergeben sich von Kultur zu Kultur sehr unterschiedliche Ausprägungen bezüglich der zehn Verhandlungsmerkmale.

Befragt wurden die Teilnehmer außerdem nach Staatsbürgerschaft, Geschlecht und ihren Berufen.

Die Auswertung der zehn Einflussfaktoren unter 370 Geschäftsleuten unterschiedlichster Nationen ergab zu Frage 1, dass für viele Amerikanische Geschäftsleute Verhandlungen dazu dienen, Verträge abzuschließen. Dabei werden Verträge als abschließende Grundlage von Rechten und Aufgaben angesehen, die zwei Parteien bindet und ihre zukünftige Zusammenarbeit festlegt. Besonders in asiatischen Ländern wie Japan und China werden Verhandlungen nicht geführt um anschließend Verträge abzuschließen, sondern um Beziehungen zwischen zwei Parteien zu entwickeln. Obwohl auch in diesen Kulturen nach Verhandlungen Verträge unterzeichnet werden, ist das eigentliche Ziel und Zweck dieser Verhandlungen nicht der eigentliche Vertragsabschluss sondern die Entwicklung einer engen Geschäftsbeziehung.

Von geringer Relevanz waren Unterschiede bezüglich des Geschlechts wenn alle überprüften Kulturen zusammen betrachtet werden. Während für 57,3% der Männer das wichtigste Ziel in Verhandlungen besteht, Verträge für die Zusammenarbeit abzuschließen, sehen 52,5% der Frauen das oberste Ziel in der Verhandlungsführung die gute Zusammenarbeit auf geschäftlicher Beziehungsebene und nicht der Vertragsabschluss. Vergleicht man dieses Gesamtergebnis mit einzelnen Kulturen, erkennt man jedoch, dass es erhebliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen in Bezug auf die Bevorzugung von Verträgen in Verhandlungen gibt. In Amerika wählten 66,7% der männlichen Personen dass es das Ziel von Verhandlungen ist, Verträge abzuschließen. Im Vergleich dazu ist es für 71,4% der amerikanischen weiblichen Personen das Ziel einer Verhandlung, geschäftliche Beziehungen zu pflegen und auszubauen. Diese Unterschiede stützt die Annahme von Kolb und Coolidge 1991, dass Männer und Frauen Verhandlungen unterschiedlich beeinflussen.

Im Vergleich zu den amerikanischen weiblichen Personen, die es überwiegend als Ziel einer Verhandlung ansehen, geschäftliche Beziehungen zu fördern, sind die Prioritäten von Verhandlungen bei französischen und spanischen Frauen anders verteilt. Anders als in Amerika ist es in Frankreich bei 75% und in Spanien bei 66,7% der Frauen das Ziel von Verhandlungen Verträge abzuschließen. Dies könnte als Indiz dafür angesehen werden, dass das Geschlecht in Verhandlungen mehr unter dem Einfluss der Kultur als der Biologie steht.

Berücksichtigt man die beruflichen Unterschiede so stellt man fest, dass Verträge bei 71% der Rechtsanwälte bevorzugt werden, während 61% der Manager und Personen mit Markterfahrung die Zusammenarbeit auf geschäftlicher Beziehungsebene bevorzugten.

Aufgrund unterschiedlicher Kulturen oder Persönlichkeiten sehen Individuen unterschiedlicher Nationen zwei verschiedene Verhandlungsszenarien. Im ersten Fall werden Verhandlungen als gemeinschaftlichen und problemlösenden Prozess angesehen, bei dem beide Verhandlungsparteien einen Gewinn erzielen und man davon ausgeht, dass beide Interessen miteinander vereinbar sind (Win-win-Situation). Im zweiten Fall werden Verhandlungen als Konfrontation mit dem Verhandlungspartner gesehen, bei der immer eine Seite etwas gewinnt und immer eine Seite verliert. In diesem Fall geht man davon aus, dass die Interessen beider Verhandlungspartner einen Zielkonflikt erzeugen. Die Studie nach Salacause 1991 hat zu dieser Frage ergeben, dass ein Drittel der Befragten Verhandlungen als Konfrontationsprozess betrachten bei der zwangsläufig immer eine Seite verlieren muss. Die überwiegende Mehrheit aller befragten sehen in Verhandlungen jedoch die Möglichkeit ihre eigenen sowie die Interessen des zweiten Verhandlungspartners ausreichend zu berücksichtigen. Die Ergebnisse der Untersuchung haben in diesen Fällen gezeigt, dass es keine signifikanten Unterschiede bei den Antworten von Männern und Frauen gab.

Im gegenseitigen Vergleich einzelner Nationen ergeben sich aber auch hier erhebliche Unterschiede. Extreme Unterschiede zeigen sich dabei z.B. im Vergleich von Japan und Spanien. Während 100% der Japaner Verhandlungen mit Win-win-Situationen in Verbindung bringen sehen 36,8% der Spanier in Verhandlungen die Möglichkeit beide Interessenseiten ausreichen zu berücksichtigen.

Erhebliche Unterschiede lassen sich auch auf die verschiedenen Berufe zurückführen. Während Beamte mit 86% und das Management/Marketing mit 81% davon ausgehen in Verhandlungen Win-win-Situationen erzielen zu können, denken dies bei den Rechtsanwälten nur 42% und bei den Angehörigen des Militärs nur 40%. Keine Unterschiede waren im Vergleich von männlichen und weiblichen Personen zu beobachten, obwohl es auch hier innerhalb der Kulturen größere Unterschiede geben kann.

In der Frage nach dem persönlichen Verhandlungsstil hat die Untersuchung ergeben, dass es große Unterschiede zwischen einzelnen Kulturen gibt. Gerade die Deutschen haben weltweit den Ruf, allgemein sehr formell und korrekt vorzugehen. Insgesamt dominiert unter den Kulturen der formelle Handlungsstil, der z.B. durch Anrede mit Titel, Vermeidung von persönlichen Anreden und Wahrung der Distanz geprägt ist.

Demgegenüber wird der informelle Handlungsstil von einem Drittel aller Nationalitäten gepflegt und ist z.B. durch Anreden mit Vornamen und allgemein dadurch gekennzeichnet, schnell eine persönliche und freundliche Beziehung mit dem Verhandlungspartner eingehen zu wollen.

Auch die Frage nach der Form der Kommunikation hat gezeigt, dass es große Unterschiede zwischen den Kulturen gibt. Dabei erkannte man in einer Studie (Saal und Saal 1990: S. 102) dass Deutsche und Amerikaner direkt verhandeln, hingegen Franzosen und Japaner eher indirekt. Der direkte Verhandlungsstil ist durch klare und eindeutige Fragen und Antworten gekennzeichnet. Der indirekte Verhandlungsstil zeichnet sich durch indirekte Verweise, Umschreibungen und vage Anspielungen aus und wird durch Gestik und Mimik unterstützt. Treffen diese verschiedenen Verhandlungsstile aufeinander, ohne die Gegenseitigen Stile zu kennen und zu berücksichtigen kann dies der Verhandlung schaden und zu Missverständnissen führen. Gerade in asiatischen Ländern wie Japan oder China wird diese Art der indirekten Kommunikation häufig angewandt. Gerade hier spielen Betonung der Wortlaute und die Gestik eine entscheidende Rolle in der Kommunikation und sollte vom Verhandlungspartner richtig gedeutet werden. Gerade das große Angebot an Seminaren zur Erkundung der asiatischen Verhandlungskultur unterstreicht die hohe Bedeutung, gerade der asiatischen Kommunikationsform für Verhandlungen.

Berufsgruppentypisch ist hierbei, dass 50% der Beamten und Diplomaten einen formellen Verhandlungsstil praktizieren, während andere Berufsgruppen in 20% der Fälle antworteten formal zu verhandeln.

Spricht man von Unterschieden in Kulturen, trifft man auf die bekannte weitverbreitete Annahme, dass in anderen Kulturen der Begriff Zeit und Pünktlichkeit unterschiedlich aufgefasst und interpretiert wird. Lateinamerikanischen Ländern wird häufig nachgesagt, dass sie unpünktlich sind, während gerade Deutsche den Ruf verbreiten besonders pünktlich zu sein. Während man bei Japanern davon ausgeht dass sie besonders langsam verhandeln wollen Amerikaner schnell die Geschäfte abschließen und verhandeln im Gegensatz zu den Japanern auch schnell. Das Zeitempfinden beschreibt dabei, inwieweit sich die befragten Personen als pünktlich einschätzen und die Zeit die für Verhandlungen „geopfert“ wird.

Inwieweit diese Annahmen bezüglich des Zeitempfindens verschiedener Nationen und Kulturen zutreffen wurde in Frage 5 abgefragt und führte zu folgenden Ergebnissen: Die Studie zeigte, dass Deutsche tatsächlich sehr pünktlich sind, sich jedoch in Verhandlungen viel Zeit lassen um Entscheidungen zu treffen. Das Ergebnis zeigt außerdem, dass die überwiegende Mehrheit der befragten ein hohes Zeitempfinden angegeben haben, es aber hinsichtlich der Interpretation des Zeitempfindens beträchtliche Unterschiede gegeben haben dürfte.

Inwieweit es Kulturelle Unterschiede in der Gefühlsbetonung bzw. persönliche Emotionalität in Verhandlungen gibt, wurde anhand Frage 6 untersucht. Die Frage, wie Botschaften oder Aussagen an den Verhandlungspartner übermittelt werden hat gezeigt, dass die Übermittlung von Botschaften oder Aussagen fast immer zu einer Gruppe tendiert. Die erste Gruppe neigt dazu, sehr schnell Gefühle zu zeigen während die zweite Gruppe Gefühle verbirgt und sich dies auch in Verhandlungen widerspiegelt. Auch hier besteht das allgemeine Vorurteil, dass insbesondere Lateinamerikaner sehr emotionale Menschen sind und dies auch in Verhandlungen zeigen. Im Gegensatz dazu geht man häufig davon aus, dass Menschen aus asiatischen Ländern ihre Emotionen verbergen oder aufgrund ihrer kulturellen Herkunft unbewusst nicht zeigen. Das Ergebnis hat gezeigt, dass sich Menschen Lateinamerikanischer Herkunft tatsächlich als gefühlsbetonte und als emotionale Verhandlungsführer einschätzen, während man bei Personen aus Europa und verstärkt aus asiatischen Ländern Abstufungen erkennt. Obwohl es auch in Bezug auf Emotionalität und Gefühlsbetonung individuelle Unterschiede innerhalb der Kulturen gibt, bleibt festzuhalten, dass sich die Vorurteile zu Emotionalität und Gefühlsbetonung der Kulturen hier bestätigt haben.

Wie detailliert schriftliche Abmachungen der Verhandlungspartner festgehalten werden kann außerdem kulturell abhängig sein. Wie bereits beschrieben, war es speziell für Amerikaner das Hauptziel von Verhandlungen Verträge abzuschließen. Dieser starke Bezug auf Verträge führt dazu, den Vertrag auch sehr detailliert zu gestalten und viele Eventualitäten der Zukunft mit zu berücksichtigen. Kulturen aus asiatischen Ländern bevorzugen es, in Verträge nur die wichtigsten Eckpunkte der Verhandlung festzuhalten, da es für asiatische Verhandlungspartner auch nicht das Hauptziel von Verhandlungen ist Verträge abzuschließen. Dementsprechend ist der Detailierungsgrad der Verträge hier tendenziell auch geringer. Insgesamt gaben 78% der Befragten an, spezifische Abmachungen in Verträgen festzuhalten, während 22% nur Eckpunkte verlangten.

Mit Frage 8 wollte man herausfinden, in welcher Verhandlungsrichtung bzw. Prinzipien man sich in Verhandlungen miteinander einigt. Dabei gibt es die Möglichkeit, sich zunächst vom gemeinsamen Konsens zu spezifischen Festlegungen wie Preise, Lieferbedingungen usw. zu einigen(top down), oder ob man zuerst versucht einen Konsens über spezifische Details zu erzielen und anschließend allgemeine Vereinbarungen trifft (Bottom-up). Insgesamt waren die Angaben der Befragten in diesem Fall relativ ausgeglichen. 53% gaben an, dass sie zuerst versuchen mit dem Verhandlungspartner Standpunkte zu vereinbaren, die einen schnellen Konsens erwarten lassen um anschließend auf spezifische Details einzugehen. 47% der Befragten favorisieren das gegenteilige Vorgehen und verhandeln zunächst schwierige Verhandlungspunkte bei denen zu erwarten ist, dass Kompromisslösungen hier schwieriger zu erreichen sind. Extreme Unterschiede waren zwischen Indern und Mexikanern zu beobachten. Während 74% der Inder eher Top-Down Verhandlungen bevorzugen, favorisieren nur 33% der Mexikaner Top-Down Verhandlungen. Inwieweit dieser Unterschied kulturell bedingt ist kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden.

Da selten Entscheidungen von nur einer Person getroffen werden, ist es auch ein Merkmal heutiger Verhandlungen, dass diese in den wenigsten Fällen allein, sondern meist in Teamverhandlungen getroffen werden. So können unterschiedliche Entscheidungsträger aus unterschiedlichen Teildisziplinen in Unternehmen wie z.B. Ingenieure, Rechtsanwälte oder Marketingleiter in Teams zusammentreffen. Bei der Frage, wie Entscheidungen innerhalb der Teams getroffen werden können diese Teams unterschiedlich organisiert werden. Im ersten Extremfall beansprucht ein Verhandlungsführer die gesamte Entscheidungsgewalt innerhalb eines Teams für sich und lässt den anderen Teamteilnehmern wenig Spielraum eigene Ideen einzubringen. Im zweiten Extrem werden Entscheidungen in Abstimmung aller Teamteilnehmer getroffen, wobei jeder in der Gruppe gleichberechtigt seine eigenen Ideen und Vorschläge innerhalb des Teams einbringen kann. Da auch dieser Prozess der Entscheidungsfindung kulturell abhängig zu sein scheint, kann es für den Verhandlungserfolg wichtig sein zu wissen, wie Entscheidungen in fremden Kulturen tendenziell getroffen und abgestimmt werden. Der Überblick über alle Kulturen zeigt, dass 59% einen Verhandlungsführer als Autoritätsperson in Verhandlungen bevorzugen, während 41% das gemeinschaftliche Auftreten als Gruppe wählten. Im Vergleich einzelner Kulturen zeigt sich, dass Lateinamerikanische Länder eine „one leader“ Organisation pflegen, während gerade in Frankreich überwiegend gemeinschaftlich Entscheidungen getroffen werden. Begründet werden kann diese Erkenntnis durch die politischen Konstellationen in Lateinamerikanischen Ländern, die häufig von scheinbar mächtigen und autoritären Personen regiert werden. Differenziert man die Ergebnisse dieser Frage nach Berufsgruppen so ist es keine Überraschung, dass 100% der Militärangehörigen die autoritäre Führung bevorzugen und „nur“ 43% des Bereichs Rechnungswesen/Finanzierung einer autoritären Führung zustimmen.

Die letzte Frage der Studie beschäftigt sich mit dem Einflussfaktor der Risikoneigung in Verhandlungen. Da auch dieser Faktor kulturell unterschiedlich ausgeprägt sein kann, sind je nach kultureller Herkunft des Verhandlungspartners verschiedene Typologien der Risikobereitschaft zu erwarten. Stuft sich ein Verhandlungsführer als risikofreudig ein, kann dies für eine Verhandlung bedeuten, dass der Verhandlungspartner z.B. versucht genauere Informationen zu erhalten, mit der Gefahr, bereits erzielte Ergebnisse zu gefährden. Auch sind risikofreudige Verhandlungspartner eher bereit neue Geschäftskontakte zu unbekannten Personen einzugehen wobei im Vergleich zu risikoaversen Personen die persönliche Ebene eine untergeordnete Rolle spielt

Bereits bekannte und bestehende Geschäftspartner werden von risikoaversen Verhandlungspartnern im Gegensatz zu risikofreudigen Verhandlungspartnern höher Wertgeschätzt. Risikoaversion in Verhandlungen zeichnet sich auch dadurch aus, dass neuen Personen mit Unsicherheit entgegengetreten wird, die man aber so weit wie möglich vermeiden möchte. Im Aufbau neuer Geschäftsbeziehungen wird großer Wert auf persönliche Referenzen, den Ruf und die Zuverlässigkeit gelegt. Auch hier konnte das Vorurteil bestätigt werden, dass Japaner besonders risikoavers verhandeln. 18% der befragten Japaner ist bereit, in Verhandlungen ein hohes Risiko einzugehen während 90% der Franzosen sich in Verhandlungen als risikofreudig einschätzen. Mit 70% überwiegt insgesamt der Anteil der befragten Personen verschiedener Kulturen die risikofreudig sind. Auch bei der Differenzierung nach Berufsgruppen zeigt sich wieder, dass Angehörige des Militärs sich in den befragten Verhandlungsmerkmalen stark von anderen Berufsgruppen unterscheiden. 100% der Militärangehörigen gaben an risikofreudig zu verhandeln, während 36% der Diplomaten und Beamten eher risikoavers sind.[17]

Wie diese Studie bewiesen hat, können berufliche Hintergründe, dass Geschlecht und die kulturelle Herkunft Verhandlungen unterschiedlich beeinflussen.

Weitere Faktoren die sich auf Verhandlungen auswirken können und in Kulturen unterschiedlich ausgeprägt sind wurden von Kleist, S., 2006 erkannt. Demnach können Kulturen nach Maskulinität eingestuft werden. Maskuline Kulturen sind härter und bestimmter im Auftreten, während eher feminine Kulturen konsensorientierter und bescheidener handeln. Bei maskulinen Verhandlungspartnern spielt die persönliche Beziehungsebene eine geringe Rolle und ähnelt dabei dem bereits beschriebenen risikoaversen Verhandlungspartner. Im Vordergrund stehen die eigene Dominanz und Position in Verhandlungen. Im Gegensatz zum maskulinen Verhalten legen feminine Verhandlungsführer größeren Wert auf die individuelle Beziehungsebene. Werte wie Toleranz und Anerkennung sind in Verhandlungen wichtig und bestehende harmonische Geschäftsbeziehungen werden gepflegt und ausgebaut.

Zusätzlich können Kulturen nach deren Langfristorientierung unterschieden werden. Sind Kulturen eher langfristorientiert, werden Werte wie Sparsamkeit, Beharrlichkeit und Veränderungsbereitschaft in den Mittelpunkt gestellt. Langfristig orientierte Verhandlungspartner werden eher dazu bereit sein längerfristige Geschäftsbeziehungen einzugehen wenn Aussicht auf Erfolg besteht, auch wenn sich die anfängliche Zusammenarbeit zunächst nicht erfolgreich entwickelt hat. Dieser eher konservative Kulturstil steht im Gegensatz zur Kurzfristorientierung mit den Zielen wie z.B. Traditionswahrung, Statusbeachtung und der Wahrung des Gesichts mit dem klaren Fokus auf die Gegenwärtige Situation.[18]

Personen aus anderen Kulturen begegnet man häufig mit anderen Verhaltenspraktiken, was den individuellen Beziehungsaufbau erschwert und sich auch auf Verhandlungen übertragen kann. Faktoren wie Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit bezüglich geschäftlicher Vereinbarungen werden meist zu Unrecht bei fremden Kulturen in Frage gestellt. Werden diese verschiedenen Kulturellen Unterschiede jedoch berücksichtigt und interkulturelle Kompetenz gefördert, ergeben sich für Unternehmen die mit internationalen Geschäftspartnern agieren keine Nachteile. Diese kulturellen Einflüsse auf Verhandlungen zu kennen und zu berücksichtigen erhöht die Chancen in Verhandlungen erfolgreich zu sein.

Da die Anzahl der Teilnehmer an unseren Experimenten mit kulturellen Unterschieden zu gering war, konnten die Einflüsse verschiedener Kulturen auf Verhandlungen in unseren Experimenten nicht überprüft werden.

2.4 Verhandlungsstil

Um den Begriff des Verhandlungsstils definieren zu können sollten wir zunächst die Verhandlungsführung von Unternehmen und deren Vertretern berücksichtigen. Diese bestimmen wie Verhandlungen im Unternehmen und auch zu anderen Unternehmen geführt werden. So hat die jeweilige Verhandlungskultur einen wesentlichen Einfluss auf den vom Unternehmen geprägten und gelebten Verhandlungsstil. Des Weiteren zeichnet sich die Verhandlungsführung auch dadurch aus, dass sie sich in verschiedene Phasen unterteilen lässt.[19]

Die sieben Phasen der Verhandlungsführung sind:

1. Vorbereitung
2. Interessensbekundung
3. Güterabwägung
4. Gewichtung
5. Kompromissfindung
6. Vertragsabschluss
7. Nachbereitung

Je nach Stand an dem sich eine Verhandlung befindet, ist es denkbar, das Unternehmen und Verhandelnde einen anderen Verhandlungsstil anwenden.

Es lässt sich hier festhalten, dass die Verhandlungskultur und der Verhandlungsstil von Unternehmen und deren Vertreten von zahlreichen Faktoren beeinflusst werden. So richtet sich das konkrete Vorgehen bei Verhandlungen danach aus, welche taktische oder strategische Bedeutung der Verhandlungsgegenstand hat, wer über die größere Verhandlungsmacht verfügt, der wirtschaftlichen Lage der beteiligten Unternehmen und Personen, den Erfahrungen mit diesem Verhandlungspartner und von den persönlichen Zielen der Verhandlungsbeteiligten ab.[20]

[...]


[1] (Dierauer, 2007, S. 24)

[2] (Saner, S. 13)

[3] (Jüttemann, 2004)

[4] (Locke, 1970)

[5] (Allport, 1959)

[6] (Asendorpf, 2007)

[7] (Asendorpf, 2007)

[8] (Weber & Rammsayer, 2005)

[9] (Eysenck, 1987)

[10] (Amelang, Bartussek, Stemmler, & Hagemann, 2006)

[11] (Bortz & Döring, 2006)

[12] (Baumann & Stieglitz, 2008)

[13] (Bortz & Döring, 2006)

[14] (Hoebel, 1972, S. 7)

[15] (Kleist, 2006, S. 111)

[16] (Kleist, 2006, S. 90)

[17] (Salacause, 1998, S. 223-237)

[18] (Kleist, 2006, S. 113)

[19] (Voeth & Herbst , 2009)

[20] (Marshall & McLean, 1985)

Ende der Leseprobe aus 70 Seiten

Details

Titel
Forschungsprojekt: Persönlichkeit und Verhandlungsstil
Untertitel
Verhandlungsmanagement
Hochschule
Universität Kassel  (Internationales Direktmarketing)
Veranstaltung
Seminar
Note
3,0
Autoren
Jahr
2010
Seiten
70
Katalognummer
V177920
ISBN (eBook)
9783640999866
ISBN (Buch)
9783656003526
Dateigröße
27883 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
forschungsprojekt, persönlichkeit, verhandlungsstil, verhandlungsmanagement
Arbeit zitieren
H. Schneider (Autor:in)A. Aref (Autor:in)M. Diegel (Autor:in), 2010, Forschungsprojekt: Persönlichkeit und Verhandlungsstil, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/177920

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Titel: Forschungsprojekt: Persönlichkeit und Verhandlungsstil



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