Institutionenökonomische Implikationen des Wegfalls der Transferregelung im Fußball


Magisterarbeit, 2010

126 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG

2 NEUE INSTITUTIONENÖKONOMIK
2.1 Institution
2.2 Organisation
2.3 Transaktionskosten
2.4 Verfügungsrechte (Property Rights)
2.4.1 Absolute Verfügungsrechte
2.4.2 Relative Verfügungsrechte
2.5 Prinzipal-Agent-Theorie
2.5.1 Asymmetrische Information
2.5.2 Gestaltungsempfehlungen
2.5.3 Opportunismus
2.5.4 Unvollständige Verträge

3 ANWENDUNG AUF DAS SYSTEM
3.1 Teamsportindustrie in Deutschland
3.2 Änderungen der Transferregelung
3.2.1 Rechtliche Situation vor „Bosman“
3.2.2 Das „Bosman-Urteil“
3.2.3 Rechtliche Situation nach „Bosman“
3.3 Auswirkungen des „Bosman-Urteils“
3.3.1 Auswirkungen auf die Verbände
3.3.2 Auswirkungen auf die Vereine
3.3.3 Auswirkungen auf die Spieler
3.3.4 Auswirkungen auf die Zuschauer
3.3.5 Auswirkungen auf den Nachwuchs
3.4 Aktuelle Erkenntnisse und Tendenzen

4 METHODIK
4.1 Aufbau und Gestaltung des Befragungsinstruments
4.2 Beschreibung der Befragung
4.3 Methodenreflexion

5 ERGEBNISDARSTELLUNG
5.1 Dokumentation der Ergebnisse
5.2 Auswertung der Ergebnisse

6 ZUSAMMENFASSUNG UND DISKUSSION

7 FAZIT UND AUSBLICK

LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Bausteine der Neuen Institutionenökonomie (wikipedia, 2005, http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/d/d0/Neue_Institutionenoekonomik.png)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Ausländeranteil in der Fußball-Bundesliga in Deutschland

Tabelle 2: Erfolge der deutschen Fußballnationalmannschaft 1982 bis 2008

Tabelle 3: Zuschauer-Zahlen der Bundesligen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

„Die Welt der Utopien ist gestorben.

Wir leben in einer Nützlichkeitsgesellschaft, und da ist der Fußball zur Welt der großen Geschäfte verdammt.“

(Cesar Luis Menotti, argentinische Trainerlegende, Jahrgang 1938)

Auf dem globalen und offenen Fußballmarkt scheinen sich ökonomische Ge- setzmäßigkeiten immer mehr durchzusetzen. Auch aus makroökonomischer Sicht erfährt dieser Markt eine ständig wachsende Bedeutung. Für Verfügungs- rechte über sportliche Spitzenakteure werden fast neunstellige Transfersummen gezahlt, großstädtische Fußballvereine werden als Werbeträger und Profitcenter in multinationale Konzerne umgewandelt und des Weiteren wird der unerbittli- che Kampf nationaler Verbände und Regierungen um sportliche Großanlässe, die unsere Öffentlichkeit im Banne halten, fortgeführt (Jaeger, 2000a, S. 5).

In dieser Arbeit werden institutionenökonomische Elemente, wie die den Indi- viduen beizumessende begrenzte Rationalität, das eingeschränkte Informati- onsverhalten, die Berücksichtigung von Transaktionskosten und spieltheoreti- sche Überlegungen auf das System Fußball angewandt. Darüber hinaus stellen Sportmärkte Märkte für Dienstleistungen dar, bei denen Kooperation und Ko- ordination im Mittelpunkt der einzelnen Akteure stehen. Hohe Transaktions- kosten und Kosten der Vertragsgestaltung gefährden die Kooperationen, zeigen aber auch, dass klare Institutionen und Regeln notwendig sind, um Rechte und Pflichten und damit auch Kosten und Nutzen zu verteilen. Durch das sogenann- te Bosman-Urteil haben sich die institutionellen Rahmenbedingungen, insbe- sondere in den Mannschaftssportarten, stark verändert (Büch, 2000, S. 2).

Nach Dinkelmeier (1999, S. 1) hat die zunehmende Kommerzialisierung zur Folge, dass Rechtsfragen, die im Zusammenhang mit dem Profifußball stehen, zunehmend bedeutender werden. Der Fußballspieler Bosman wurde nicht auf dem grünen Rasen, sondern in Europas Gerichtssälen zu einer Person der Zeitgeschichte, die das System des Berufsfußballs einschneidend veränderte.

Nach Schellhaaß und Enderle (1999, S. 2) hat dieses Urteil den impliziten Fi- nanzausgleich zwischen den Vereinen abgeschwächt, da seither die finanz- schwachen Mannschaften ihre Wirtschaftskraft nicht mehr durch eine positive Transferbilanz aufbessern müssen. Dabei werden die Spitzenvereine durch die Michael Riehm: Institutionenökonomische Implikationen des Wegfalls der Transferregelung im Fußball Vermarktung der Fernsehrechte, die Abschaffung der Transferentschädigungen bei Spielerwechseln und das Verbot der zentralen Vermarktung weiterhin be- günstigt.

Nach Heidersdorf (1998, S. 5) zeigt dieses Urteil auch, dass der organisierte Sport anscheinend immer noch der Überzeugung ist, dass ausländischen Sportlern in professionell ausgeübten Sportarten Beschränkungen auferlegt werden müssen und sie nicht dem freien Markt überlassen werden dürfen.

Im Folgenden wird zunächst der Begriff der Institutionenökonomie beschrie- ben. Neben der Definition des Begriffs wird auch auf die einzelnen Teilgebiete, wie die Prinzipal-Agent-Theorie, die Transaktionskostentheorie oder die Theo- rie der Verfügungsrechte eingegangen. Danach folgt eine institutionenökono- mische Anwendung auf das System Fußball unter besonderer Berücksichtigung des Bosman-Urteils. Hierbei werden zuerst die unterschiedlichen Situationen vor und nach dem Urteil geschildert. Es folgen Erläuterungen zu den Auswir- kungen des Urteils auf die verschiedenen Institutionen wie Vereine, Verbände, Spieler, Zuschauer und Nachwuchsspieler. Der Teil danach befasst sich mit der Analyse und Auswertung von Experteninterviews. Dabei werden vor allem Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den theoretischen Aspekten vorgestellt.

2 Neue Institutionenökonomik

Institutionen erhalten in der Entwicklung der Wirtschaftstheorie eine immer größere Bedeutung. Während zuvor die neoklassische Analyse in Gestalt des homo oeconomicus dominierte, werden nun des öfteren auch institutionenöko- nomische Ansätze für das wirtschaftliche Verhalten in Betracht gezogen. Ein neuer Analysestil ist im Entstehen, der die Möglichkeit besitzt, die traditionelle neoklassische Lehre zu ergänzen, beziehungsweise sogar zu ersetzen. Grundge- danke der Neuen Institutionenökonomik ist, dass Transaktionskosten die Struk- turen von Institutionen und deren wirtschaftliche Entscheidungen betreffen und beeinflussen. Des Weiteren hat die Neue Institutionenökonomik dazu beigetra- gen, „dass Institutionen für den Wirtschaftsprozess von Bedeutung sind.“ (Richter & Furubotn, 1999, S. 1).

Vorreiter der Neuen Institutionenökonomik stellt die eingangs des 20. Jahrhun- derts erwähnte Frühe („Alte“) Institutionenökonomie dar. Diese heterodoxe und kritisch ökonomische Theorierichtung wurde von den Begründern Thorsten Veblen und John R. Commons ins Leben gerufen. Ausgehend vom neoklassi- schen Gleichgewichtsmodell werden Marktunvollkommenheiten und Marktver- sagen als die Ursachen für Transaktions- und Informationskosten und damit für die Entstehung von Institutionen angesehen. Neben den Beiträgen der amerika- nischen Wirtschaftswissenschaft bildete sich zu dieser Zeit auch die „Österrei- chische Schule“ (Joseph Schumpeter) heraus, die schon für die jüngste Prägung Maßstäbe setzte. Seit den 1970er Jahren dominiert die sogenannte Neue Institu- tionenökonomik, die auf Oliver Williamson zurückgeht (Horsch, Meinhövel & Paul, 2005, S. 10).

Nach Wöhe und Döring (2005, S. 40) ist die neoklassische Modellwelt reali- tätsfern, da sie von vollständigen Informationen und Markttransparenz, von streng-rationalem Verhalten der Teilnehmer sowie von der Beziehung zwischen Unternehmen und privaten Haushalten ausgeht. Im Mittelpunkt der Neuen Institutionenökonomik steht dagegen das Verfügungsrecht und nicht der Besitz von Produktionsfaktoren.

Franck (1995, S. 22) behauptet, dass sämtliche ökonomische Theorien auf der Basis von Adam Smith aufbauen. Während man bei der neoklassischen Öko- nomik einen Akteur einbaut, dessen Optimierungsverhalten rational erklärbar ist, so geht man bei der Neuen Institutionenökonomik einen reformierten Weg. Hier werden Konzepte mit Akteuren vorgelegt, die im oben genannten Sinne begrenzt rational auftreten.

Erlei, Leschke und Sauerland (2007, S. 1) stellen fest, dass sich die Neue Institutionenökonomik mit der Analyse von Institutionen beschäftigt. Dieser Teil der Ökonomik wurde in der Vergangenheit oft vernachlässigt. Ökonomen untersuchten zu oft nur den Einsatz von wirtschaftspolitischen Instrumenten in einem „luftleeren“ Raum. Selbst der Internationale Währungsfond gestand sich ein, dass er dem institutionellem Umfeld zu wenig Beachtung schenkte.

Nach Neus (2001, S. 10) ist das Ziel der Institutionenökonomik, die vertraglichen, institutionellen und gesetzlichen Regelungen zur Sicherung der Kooperationsvorteile herzustellen. Außerdem wird den Entscheidungsträgern Opportunismus unterstellt, eine spezielle Form des eigennützigen Verhaltens.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Neue Institutionenökonomik einen Teilbereich der Volkswirtschaftslehre darstellt, der die Wirkung von Institutionen auf Wirtschaftseinheiten untersucht. Begriffe wie Transaktionskosten, Verfügungsrechte, Opportunismus, asymmetrische Information und unvollständige Verträge bilden die Hauptbestandteile der Neuen Institutionenökonomik und werden im weiteren Verlauf der Arbeit untersucht. Abbildung 1 zeigt die verschiedenen Bausteine der Neuen Institutionenökonomik.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Bausteine der Neuen Institutionenökonomie (wikipedia, 2005, http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/d/d0/Neue_Institutionenoekonomi k.png).

2.1 Institution

Der Begriff der Institution bringt nach Dietl (1993, S. 35) weder Einheitlichkeit noch inhaltliche Schärfe in Bezug auf seine Anwendung mit sich. Alles was auf Dauer angelegt ist, wird als Institution bezeichnet. Beispiele hierfür sind das Finanzamt, die Sportschau, der Stammtisch oder auch der regelmäßige Spazier- gang (Schülein, 1987, S. 9). Für den Institutionenbegriff haben sich zwei Ver- wendungsmöglichkeiten herausgebildet. Er bezeichnet zum einen Regeln zur Lenkung des menschlichen Verhaltens, zum anderen Zusammenschlüsse menschlicher und korporativer Ausprägung (Vanberg, 1982, S. 32).

Auch Frey (1990, S. 160) unterscheidet zwei Arten von Institutionen. Er diffe- renziert in Regeln, die zwischenmenschliches Handeln festlegen, und in Orga- nisationen.

Die Gemeinsamkeit des weit gefassten Institutionenbegriffs ist nach Dietl (1993, S. 36) die Erwartungshaltung, die damit verbunden wird. Unterschiede bestehen nur im gesellschaftlichen Sanktionspotential, das mit einer Enttäu- schung der Erwartung verbunden ist. Daher sind Institutionen sozial sanktio- nierbare Erwartungen, die sich auf individuelle Verhaltensweisen beziehen.

Nach North (1992, S. 239) sollte eine Institution individuelles Verhalten in eine bestimmte Richtung lenken, so dass Ordnung geschaffen wird und Unsicherheiten minimiert werden.

Ostrom (1990, S. 51) stellt den Sachverhalt etwas spezieller dar und definiert Institutionen „als die Mengen von Funktionsregeln, die man braucht, um fest- zulegen, wer für Entscheidungen in einem bestimmten Bereich in Frage kommt, welche Handlungen statthaft oder eingeschränkt sind, welche Aggregationsre- geln verwendet werden, welche Verfahren eingehalten werden müssen, welche Informationen geliefert oder nicht geliefert werden müssen, und welche Entgel- te den einzelnen entsprechend ihren Handlungen zugebilligt werden.“

2.2 Organisation

Organisationen sind Institutionen einschließlich der daran beteiligten Personen (North, 1992).

Laut Richter und Furubotn (1999, S. 292) sind sie gegliederte Gruppen von Personen, die gemeinsame Ziele verfolgen. Beispiele hierfür sind Unternehmen, Märkte und Staaten. Organisationen entstanden, da Information kein freies Gut darstellt, und erst erzeugt werden muss. Die Information muss dabei glaubhaft und glaubwürdig sein.

In der Neuen Institutionenökonomik wird eine Organisation als ein Netzwerk relationaler Verträge zwischen Einzelpersonen mit dem Zweck der Steuerung ökonomischer Transaktionen zwischen Angehörigen der Organisation betrach- tet. Dabei spielt der Faktor Zeit eine wichtige Rolle, da die relationalen Verträ- ge multilateral beziehungsweise bilateral sein können (Williamson, 1993, S. 36).

Um eine Organisation zu schaffen und die Einhaltung ihrer Regeln zu sichern sind reale Ressourcen erforderlich. Es liegt auf der Hand, dass dadurch Kosten entstehen. Diese Kosten werden als Transaktionskosten bezeichnet, die in der modernen Wirtschaftsordnung von enormer Bedeutung sind (Richter & Furu- botn, 1999, S. 9). Im folgenden Kapitel (2.3) wird darauf näher eingegangen.

2.3 Transaktionskosten

Die Anfänge der Transaktionskostentheorie gehen auf Coase aus dem Jahre 1937 zurück. Allerdings blieben seine Ideen bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts unbeachtet, ehe sie der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften von 2009, Oliver E. Williamson, aufgriff und zu einem umfassenden Ansatz weiterentwickelte (Dietl, 1993, S. 107).

Ein bedeutendes Merkmal der Neuen Institutionenökonomik ist die Betonung von Transaktionskosten. Nach Williamson (1990, S.1) findet eine Transaktion dann statt, „wenn ein Gut oder eine Leistung über eine technisch trennbare Schnittstelle hinweg übertragen wird. Eine Tätigkeitsphase wird beendet; eine andere beginnt.“

Richter und Furubotn sehen Transaktionskosten als Kosten der Einrichtung, Benutzung, Erhaltung und Veränderung von Institutionen im Sinne des objekti- ven und subjektiven Rechts. Transaktionskosten sind somit Kosten für die Betreibung eines Wirtschaftssystems. Diese lassen sich in feste und variable Transaktionskosten unterteilen. Sie unterscheiden sich auch in Markt-, Unter- nehmenstransaktionskosten und politische Transaktionskosten. Am Markt fal- len vor allem Informations- und Verhandlungskosten an, im Unternehmen wird vor allem auf die Erfüllung der Arbeitsverträge geachtet. Politische Transakti- onskosten sind zum Beispiel Betriebskosten eines Gemeinwesens oder Kosten der öffentlichen Verwaltung (Richter & Furubotn, 1999, 47).

Eine interessante Anmerkung zu diesem Thema machen Wallis and North (1988, S. 95): „In den letzten Jahrzehnten haben Ökonomen erkannt, dass Spe- zialisierungsvorteile und Arbeitsteilung nicht kostenlos zu haben sind.“ Diese Einschätzung verdeutlicht noch einmal mehr, welche Kritik sich die neoklassi sche Theorie gefallen lassen muss, da sie die Theorie der Transaktionskosten nicht berücksichtigt, um zu realitätsnäheren Annahmen zu gelangen.

Nach Jost (2001) vermittelt der Transaktionskostenansatz welche Höhe die Kosten, die mit der Übertragung von Verfügungsrechten verbunden sind, darstellen. Falls der Nutzen einer Transaktion von der rechtlichen Ausgestaltung unabhängig ist, sollte eine Rechtsgestaltung gefunden werden, bei der die Transaktionskosten reduziert werden.

Williamson (1985, S. 20) unterscheidet in Transaktionskosten, die vor dem Transaktionsprozess (Anbahnungs-, Verhandlungs- und Vertragsabschlusskosten) und denen, die während der Austauschbeziehung (Anpassungs-, Überwachungs- und Kontrollkosten) anfallen. Er erkennt dabei, dass diese Kosten, obwohl sie zeitlich nacheinander anfallen, bei der Suche nach einer Vertragsform simultan berücksichtigt werden müssen, da sie sich in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis befinden.

Institutionen werden im Neoinstitutionalismus als Lösungen für Probleme verstanden, die nach Franck (1995, S. 23) durch Rationalitätslücken ökonomischer Akteure entstehen. Daher wurde ein Effizienzkriterium benötigt, mit dessen Hilfe man die „Güte“ der unterschiedlichen Lösungsvorschläge beurteilen kann. Die Transaktionskosten werden meist als solches Kriterium hinzugezogen. Des Weiteren sieht Franck den Tausch und die Spezialisierung als die Basiskomponenten des Wirtschaftens. Er definiert die Transaktionskosten damit, dass sie alle „Schäden“, die durch Rationalitätslücken ökonomischer Akteure beim Wirtschaften entstanden sind, kompensieren.

Neus (2001, S. 125) geht noch einen Schritt weiter. Sein vorrangiges Ziel ist es, eine möglichst genaue Zuordnung von einzelnen Transaktionen zu den Koordinationsformen vorzunehmen. Dabei müssen Merkmale von Transaktionen identifiziert werden, anhand derer sich eine Zuordnung ableiten lässt.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass große Unterschiede bei dem Versuch der Definitionsfindung für Transaktionskosten vorliegen. Franck (1995, S. 24) bemerkt, dass viele Wissenschaftler eher auf heuristisch-intuitive Definitionsinterpretationen zurückgreifen. Seiner Meinung nach lassen sich solche begrifflichen Probleme vermeiden, wenn der Bezug zur paradigmatischen Basis von Adam Smith nicht vergessen wird.

2.4 Verfügungsrechte (Property Rights)

Die Begriffe Verfügungsrechte und Property Rights sind gleichzusetzen; gele- gentlich werden auch die Ausdrücke Eigentumsrechte oder Handlungsrechte gebraucht. Die Theorie der Verfügungsrechte stellt klar, dass Güter erst durch bestimmte Rechte mit einem anderen Gut verbunden sind. Hauptziel der Verfü- gungsrechtstheorie ist, dass die Zuordnung von Verfügungsrechten zu einzel- nen Personen die Marktergebnisse beeinflusst (Neus, 2001, S. 107).

Nach Picot und Schuller (2001, S. 83) umfassen Verfügungsrechte das Recht der Nutzung (usus), das Recht der Veränderung (abusus), das Recht der Aneignung der Erträge aus der Nutzung des Gutes (usus fructus) und das Recht auf Veräußerung des Gutes.

Für Richter und Furubotn (1999, S. 524) sind Verfügungsrechte nach der Property-Rights-Analyse „gesellschaftlich anerkannte Rechte der Verfügung über materielle und immaterielle Dinge sowie Leistungspflichten aus schuldrechtlichen Beziehungen oder analogen Verhältnissen.“ Sie unterscheiden die absoluten Verfügungsrechte von den relativen Verfügungsrechten.

2.4.1 Absolute Verfügungsrechte

Absolute Verfügungsrechte beschreiben das Sacheigentum, das von jedermann zu beachten ist. Dies sind zum Beispiel Privateigentum an Grund und Boden, Urheber- und Menschenrechte. Im Sinne des Römischen Rechts und des Rechts des liberalen Staates, räumen Verfügungsrechte Personen das Recht ein, mit Sachvermögen nach Gutdünken zu verfahren. Jedoch gibt es Einschränkungen, die folgende Kategorisierung sinnvoll erscheinen lassen (Richter & Furubotn, 1999, S. 88):

1. Uneingeschränkte Eigentumsrechte: Wenn ein Schaden verursacht wird, greift das Prinzip der gesetzlichen Haftung.
2. Beschränkte dingliche Rechte: Unterteilung in drei Gruppen (beschränkte Nutzungsrechte wie Nießbrauchs- oder Wohnungsrechte, Sicherungs- und Verwertungsrechte wie Hypotheken und Grundschulden sowie Erwerbsrech- te wie Ankaufsrechte und Vormerkungen).
3. Immaterielle Rechte: Dazu zählen Urheberrechte, Patente oder Handelsmar- ken.
4. Menschenrechte: Recht auf Selbstbestimmung und Staatsbürgerschaft.

2.4.2 Relative Verfügungsrechte

Relative Verfügungsrechte beziehen sich immer auf bestimmte Personen, die Forderungen an einen Schuldner haben. Richter und Furubotn (1999, S. 92) un- terscheiden die vertraglichen Schuldverhältnisse von den haftungsbedingten Forderungsrechten. Erstere wurden freiwillig eingegangen und beziehen sich auf die Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen. Probleme können dabei ent- stehen, wenn die Gleichzeitigkeit der Transaktion nicht gegeben ist, wie zum Beispiel bei Kreditkäufen oder Mietverträgen. Informationsbedingte Allokati- onsschwierigkeiten aus Gründen mangelnder Voraussicht oder asymmetrischer Information (genauer in Kap. 2.5.1) sind die Folge. Die haftungsbedingten For- derungsrechte befassen sich vor allem mit dem Schuldrecht. Differenziert wird dabei das Vertragsrecht, das vereinbarte Leistungspflichten beinhaltet und das Deliktrecht, das unerlaubte Handlungen (zum Beispiel Unfallschäden) behan- delt.

2.5 Prinzipal-Agent-Theorie

Im Zusammenhang von Prinzipal-Agent-Beziehungen trifft der Agent Ent- scheidungen, die nicht nur sein Nutzenniveau, sondern auch das des Prinzipals beeinflussen. Beispielhaft hierfür wären Beziehungen zwischen Vorgesetztem und Untergebenem, Auftraggeber und Auftragnehmer oder Käufer und Verkäu- fer zu nennen. Auffallend hierbei ist, dass jemand in einem Fall sowohl Agent, in einem anderen Prinzipal sein kann. Dies ist von der jeweiligen Situation ab- hängig. Die Prinzipal-Agent-Theorie stellt eine Erweiterung gegenüber der Transaktionskostentheorie dar, da „nicht jedes eigennützige oder strategische Handeln pauschal unter den Opportunismusbegriff fällt, sondern hinsichtlich der zugrundeliegenden Informationsasymmetrie näher charakterisiert wird“ (Dietl, 1993, S. 135).

Nach Meinhövel (2005, S. 66) ist eine einheitliche Definition der PrinzipalAgent-Theorie, wie so oft in den Wirtschaftswissenschaften, nicht zu finden. Die Definitionen liegen eher in einem breiteren Spektrum.

Richter und Furubotn (1999, S. 165) vertreten die Meinung, dass der Ansatz Fälle mit asymmetrisch verteilter Information zwischen Auftraggeber (Prinzi- pal) und Auftragnehmer (Agent) behandelt. Der Prinzipal hat dabei den Nach- teil, dass ihm weniger Wissen als dem Agenten zur Verfügung steht. Diese er- wähnte Informationsasymmetrie kann sowohl vor oder nach dem Vertrags- schluss bestehen. Opportunistisches Verhalten des Agenten vor oder nach Ver- tragsschluss ist die Folge.

Die nächsten Punkte beschäftigen sich nun mit Modellen, die die PrinzipalAgent-Beziehungen beeinflussen.

2.5.1 Asymmetrische Information

Alle neoinstitutionalistischen Ansätze gehen von eingeschränkter Rationalität aus. Allerdings wird das Problem der asymmetrischen Information hauptsächlich in der Prinzipal-Agent-Theorie thematisiert. Grundannahme hierbei ist, dass der Agent gegenüber dem Prinzipal einen Informationsvorsprung hat. Beispielsweise kann der Prinzipal der Arbeitgeber sein, der Agent der Arbeitnehmer (Richter & Furubotn, 1999, S. 196).

Neus (2001, S. 94) geht davon aus, dass einige Individuen bessere Informationen haben als andere und spricht deshalb auch von einem Informationsvorsprung. Er sieht die asymmetrische Informationsverteilung in Verbindung mit eigennützigem Verhalten von Individuen als Gefahr. Informationsvorsprünge werden dazu ausgenutzt, sich auf Kosten der weniger informierten Kooperationspartner Vorteile zu verschaffen.

Die Forschungen über die Informationsökonomik von Stiglitz (2006, S. 15) zeigen, dass bei unvollkommener Information, insbesondere bei asymmetrischer Information, einige Personen besser informiert sind als andere - die unsichtbare Hand scheint deshalb unsichtbar zu sein, weil sie nicht da ist. Seiner Meinung nach führen Märkte ohne sachgerechte staatliche Regulierung und Intervention nicht zu ökonomisch effizienten Ergebnissen.

Drei Typen asymmetrischer Informationsverteilung lassen sich nach Spremann (1990, S. 566) im Rahmen der Prinzipal-Agent-Theorie unterscheiden: hidden characteristics, hidden action und hidden intention. Alle beziehen sich auf einen arteigenen Informationsvorteil des Agenten und einer spezifischen Form der Verhaltensunsicherheit (Picot & Dietl, 1990, S. 180).

2.5.1.1 Hidden characteristics

Hidden characteristics (verborgene Eigenschaften) bezeichnen Situationen, bei denen dem Prinzipal unveränderbare Eigenschaften, die sich sowohl auf den Agent selbst als auch auf die von ihm angebotenen Güter und Dienste beziehen können, ex ante verborgen sind. Der Prinzipal erfährt davon erst nach Vertragsschluss. Dies hat zur Folge, dass der Agent dem Prinzipal falsche Tatsachen vorspiegeln kann und unerwünschte Vertragspartner ausgewählt werden (adverse selection). Vor allem Versicherungsgesellschaften und Arbeitgeber sehen sich diesem Problem ausgesetzt (Dietl, 1993, S. 137).

2.5.1.2 Hidden action

Der Begriff hidden action (verborgene Handlungen) beschreibt Informationsa- symmetrien, die erst im Verlauf einer Leistungsbeziehung auftreten. In seltenen Fällen wird als Synonym auch der Begriff hidden information verwendet. Der Prinzipal kann dabei das Verhalten des Agenten aufgrund fehlender Kontroll- möglichkeiten nicht beurteilen oder erst gar nicht beobachten. Der Prinzipal kennt zwar das Handlungsergebnis, kann aber nicht genau nachvollziehen, wel- cher Anteil daran dem Agenten und welcher exogenen Umwelteinflüssen zuzu- rechnen ist (Arrow, 1969, S. 55).

Aktionäre wissen zum Beispiel nicht, ob ihre Kursgewinne auf wilden Spekula- tionen oder auf die erfolgreiche Geschäftspolitik der Vorstandsmitglieder zu- rückzuführen sind. Außerdem besteht bei hidden action die Gefahr, dass der Agent die Unkenntnis und die fehlenden Kontrollmöglichkeiten des Prinzipals opportunistisch ausnutzen kann. Eine nachträgliche Entlarvung durch den Prin- zipal ist, im Gegensatz zu den hidden characteristics, nahezu ausgeschlossen. Diese Art der Verhaltensunsicherheit wird auch als moral hazard bezeichnet (Dietl, 1993, S. 139).

Meinhövel (2005, S. 68) beschreibt hidden action als die Möglichkeit des A- genten, verborgene Handlungen auszuführen, die vom Prinzipal nicht bezie- hungsweise nur unter dem Einsatz hoher Kosten, überwacht werden können. Rückschlüsse auf den tatsächlichen Arbeitseinsatz sind nicht möglich, da das Ergebnis von einer zufälligen Störgröße abhängt, die nicht vom Prinzipal beo- bachtet werden kann.

2.5.1.3 Hidden intention

Eine verborgene Absicht (hidden intention) seitens des Agenten liegt vor, wenn der Prinzipal nicht weiß, wie sich der Agent im Verlauf der Leistungsbeziehung verhalten wird. Die Handlungen des Agenten bleiben dem Prinzipal, im Gegen- satz zur hidden action, aber nicht verborgen. Hidden intention wird deshalb nur zu einem Problem, wenn der Prinzipal aufgrund irreversibler Investitionen in ein Abhängigkeitsverhältnis gerät und danach nicht mehr in der Lage ist, den Agenten zu einer Verhaltensänderung zu bewegen, die die Interessen beider Seiten berücksichtigt. Die Gefahr besteht, dass der Agent die Situation erkennt und in opportunistischer Weise auszunutzen versucht, ohne vom Prinzipal dar- an gehindert werden zu können. Diese Form der Verhaltensunsicherheit hat ex post-Charakter und wird als hold up bezeichnet (Dietl, 1993, S. 141).

2.5.2 Gestaltungsempfehlungen

Aufbauend auf dem Problem der Informationsasymmetrie sucht die PrinzipalAgent-Theorie nach Lösungsmöglichkeiten zur Eingrenzung der befürchteten Verhaltensunsicherheit. Man verspricht sich dadurch, die Höhe der anfallenden Agency-Kosten zu minimieren. Im Folgenden werden die wichtigsten Gestaltungsempfehlungen erläutert (Dietl, 1993, S. 145).

2.5.2.1 Adverse selection

Verständlicherweise weigert sich der Prinzipal das Risiko, dass seine Erwar- tungen hinsichtlich wichtiger Eigenschaften oder der Qualität der von dem A- genten angebotenen Güter beziehungsweise Dienstleistungen enttäuscht zu werden, einzugehen und wird daher auf eine Leistungsbeziehung verzichten. Alle möglichen Vertragspartner sind aufgrund der Informationsasymmetrie hiervon betroffen. Daher muss nach Lösungsmöglichkeiten gesucht werden, die diese Enttäuschungsgefahr begrenzen. Der Agent besitzt dabei die Möglichkeit ein „Signaling“ durchzuführen. Dabei werden die Güter oder Dienstleistungen ex ante einer Prüfung in Form von Qualitätssiegeln, Güteklassen oder Bilanzen unterzogen. Seitens des Prinzipals spricht man dabei von „Screening“. Prob- lemursachen werden minimiert und es tritt Gewissheit bezüglich der betreffen- den Eigenschaften ein (Dietl, 1993, S. 145).

2.5.2.2 Moral hazard

Nach Neus (2001, S. 95) ist moral hazard ein Begriff, der zuerst in der Versicherungswirtschaft bekannt wurde. Für den Versicherer sind dabei Schadenverhütungsmaßnahmen des Versicherten nicht beobachtbar, sie sind verborgen (vgl. hidden action).

Dietl (1993, S. 148) schlägt zur Lösung des Problems vor, dass ein optimales Überwachungsniveau gefunden werden muss, sobald Überwachungskosten anfallen. Eine weitere Alternative wäre auch, den Agenten an den Folgen seiner Handlungen, die Auswirkungen auf den Prinzipal haben, zu beteiligen. Das Problem wird dabei durch Interessenangleichung, zum Beispiel einer vertraglich vereinbarten Ergebnisbeteiligung, gelöst. Diese Möglichkeit ist vor allem zu bevorzugen, wenn der Agent breite Handlungsspielräume besitzt und extrem hohe Überwachungskosten notwendig sind.

2.5.2.3 Hold up

Der teilweise oder vollständige Entzug einmaliger Ressourcen wird als hold up bezeichnet. Abhängige Produktionsmittel verlieren dadurch an Wert. Der Er- werb des Eigentums der betreffenden Ressourcen stellt die einfachste Möglich keit dar, dieses Problem zu umgehen. Allerdings nahm in den letzten Jahren durch fortschreitende Arbeitsteilung und Spezialisierung die Ressourcenabhängigkeit immer mehr zu, so dass es für Einzelpersonen immer aussichtsloser wurde, einmalige und zugleich entziehbare Ressourcen zu erwerben. Geeignete sekundäre Institutionen sind möglicherweise Abnahmegarantien, Gegengeschäfte oder Treueprämien (Dietl, 1993, S.150).

2.5.3 Opportunismus

Opportunistisches Verhalten ist in Situationen mit asymmetrischer Information und transaktionsspezifischem Kapital sowohl vor als nach Vertragschluss möglich (Richter & Furubotn, 1999, S. 144).

Williamson (1990, S. 54) sieht in opportunistischem Verhalten „die Verfolgung des Eigeninteresses unter Zuhilfenahme von List. Dies schließt Formen wie Lügen, Stehlen und Betrügen mit ein, beschränkt sich aber keinesfalls auf die- se. Häufiger bedient sich der Opportunismus raffinierterer Formen der Täu- schung.“

Nach Erlei et al. (2007, S. 202) kann opportunistisches Verhalten vielfältige Formen annehmen. Zum einen können wichtige Informationen vorenthalten o- der gefälscht werden. Zum anderen können auch Zusicherungen seitens des op- portunistischen Akteurs gemacht werden, die er schon bei der Abgabe nicht einzuhalten gedenkt. Auch Vertragstexte, die alle Parteien unterzeichnet haben, können durch die einzelnen Akteure unterschiedlich aufgefasst werden. Daher ist es nicht verwunderlich, dass im Streitfall alle Beteiligten ihre eigene Ausle- gung verteidigen werden.

2.5.4 Unvollständige Verträge

Unvollständige Verträge sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht die für alle möglichen Umweltzustände geeigneten Verhaltensweisen aufzeigen, sondern den Anfangsvertrag bewusst offen gestalten und somit auf spätere Nachverhandlungen zur Anpassung an die nun eingetretenen Zustände angewiesen sind. Diese Handhabung ermöglicht natürlich Missbrauchsmöglichkeiten. Hohe Kosten für die Beteiligten und eventuell ungenügend ausgeschöpfte Gewinnpotentiale sind das Ergebnis (Erlei et al., 2007, S. 199).

Nach Neus (2001, S. 126) werden in unvollständigen Verträgen bewusst nur wenige Vertragspunkte präzise geregelt und somit nur einem Partner das resi- duale Verfügungsrecht zugestanden. Dabei werden später Vertragslücken von einer Partei eigenständig nachgetragen, wenn Situationen eintreten, für die im Vertrag keine exakten Vorkehrungen getroffen wurden.

Nach Hart (1987, S. 752) können sich die Parteien nicht auf den Markt verlassen, „sobald sie vertragsmäßig zueinander in Beziehung getreten sind.“ Ein langfristiger Vertrag ist für sie dann eine wichtige Voraussetzung zur Regelung ihrer Tauschbeziehungen und der Gewinnverteilung. Hart (1987, S. 753) ergänzt, dass die Parteien ganz rational viele Kontingenzen außer acht lassen werden und sich auf den Standpunkt stellen, besser abzuwarten.

3 Anwendung auf das System

Im weiteren Verlauf der Arbeit werden institutionenökonomische Rahmenbedingungen, die das System der Transferregelung beeinflussen, beschrieben. Dabei wird im ersten Teil der Begriff der Teamsportindustrie erläutert, im zweiten das sogenannte „Bosman-Urteil“ analysiert.

3.1 Teamsportindustrie in Deutschland

Fußballclubs in Deutschland sind in ein Produktionssystem eingewoben, das mit Unternehmen anderer Branchen schlecht vergleichbar ist. Im Fußball sind fast alle Produkte, die man vermarkten kann, sogenannte Teamprodukte. Jedes einzelne Spiel entspringt einer Gemeinschaftsproduktion von Clubs. Dies gilt ebenso für die Meisterschaft, die Geschichte der Meisterschaften und den Mar- kenwert einer Liga. Wenn ein Fußballclub etwas produzieren möchte, ist er be- reits schon zu Beginn von anderen abhängig. Diese Abhängigkeit gilt ebenfalls für die verschiedenen Ligen. Des Weiteren sind nach Franck (2000, S. 11) Meisterschaften natürliche Positionsrennen, die eine Abhängigkeit institutiona- lisieren, die unter bestimmten Voraussetzungen zur Rüstungseskalation für die betreffenden Teilnehmer führen kann.

Aus institutionenökonomischer Sicht werden im professionellen Mannschafts- sport zwei verschiedene Ebenen unterschieden. Einerseits beeinflussen laut Franck (1995, S. 9) unterschiedliche institutionelle Regelungen die Beziehun- gen zwischen den beteiligten Teams, andererseits wird das Verhältnis der in- nerhalb der Teams interagierenden Parteien durch sport- beziehungsweise liga- spezifische Regeln der Spielerbindung bestimmt. In beiden Fällen haben diese Regelungen die primäre Aufgabe den Spielbetrieb zu normieren, die sportliche Integrität der Spiele zu gewährleisten und den sportlichen Wettbewerb sicher- zustellen.

Frick (2000, S. 45) dokumentiert weitere Belege für die Behauptung, dass Insti- tutionen das Verhalten der Akteure steuern. Seiner Meinung nach findet be- triebliche „Personalpolitik“ unter asymmetrisch verteilten Informationen statt. Aufgrund ihres Informationsdefizits handeln Spieler, Trainer und Vorstände „begrenzt rational“. Auch opportunistisches Verhalten wird von den Teilneh- mern angewendet, indem zum Beispiel die vor oder nach Vertragsabschluss zur Verfügung stehenden privaten Informationen zu ihrem eigenen Vorteil ausge- nutzt werden.

Franck (2000, S. 68) macht eine interessante Feststellung, wenn er erkennt, dass die neoklassische Theorie nicht auf die Teamsportindustrie übertragen werden kann. Erstere geht davon aus, dass Anbieter und Nachfrager in einem Markt vollkommen informiert sind. Eine Anwendung auf die Teamsportindust- rie erscheint unmöglich, da vollkommen informierte Clubs ihre Produktions- prozesse genau vorausplanen könnten. Das Ligageschehen brächte überhaupt keine Überraschungen mehr, da jedes Spiel genau vorausgeplant werden könnte.

Die deutschen Ligen sind durch ein Relegationssystem gekennzeichnet. Hier- durch besteht eine Ligenhierarchie, in der irgendwo ein Trennstrich zwischen Amateur- und Profisport verläuft. Ein Auf- oder Abstieg an diesem Trennstrich bedeutet eine Veränderung der institutionellen Rahmenbedingungen. Im Fuß- ball hat dies zur Folge, dass zum Beispiel ein Aufstieg in die neugegründete dritte Liga den Club und seine Spieler in den Geltungsbereich des Lizenzspie- lerstatuts des DFB eintreten lassen. Dieses System stellt für alle neu hinzuge- kommenen Unternehmer eine Markteintrittsbarriere dar. Diese müssen am un- teren Ende der Ligenhierarchie beginnen, in der ein jahrelanger Aufstiegspro- zess zu bewältigen ist und sie dürfen bis zum Eintritt in das Lizenzspielerstatut nur Amateurspieler einsetzen. Dies hat zur direkten Folge, dass etablierte Bun- desligaclubs eine immense Marktmacht besitzen und sich in ihrem Zuschauer- markt wie Monopolisten verhalten können (Franck, 1995, S. 102). Anders als in Deutschland sorgt dagegen die in den USA mögliche Umzugsdrohung der Clubs für einen Marktmachtvorteil. In der deutschen Bundesliga sieht das Re- legationssystem Umzüge des Mitgliedschaftsrechtes in andere Märkte nicht vor. Ein Nachteil in Deutschland ist allerdings, dass Clubs mehrfach absteigen können und sich plötzlich im Amateurlager wiederfinden. Dies ist in den Ver- einigten Staaten von Amerika nicht möglich. Dort werden Franchiserechte er- worben, die ein Mitgliedschaftsrecht für eine Liga darstellen. Dieses Recht er- möglicht seinem Besitzer die Produktion und Vermarktung in einer bestimmten Marktregion (Franck, 1995, S. 106).

Nach Franck (1995, S. 128) müssen alle Ligen Monopole sein, um eine aussa- gefähige Meisterschaft produzieren zu können. Aber Clubs allein können nicht spielen, geschweige denn eine Meisterschaft ermitteln. Dies hat allerdings zur Folge, dass Rationalitätsprobleme auftreten können. Da „die Investitionen der Clubs in die Mannschaftsproduktion ligaspezifisch sind, führen alle Formen der Ligaorganisation zu einem Hold Up-Problem, die das einseitige Abhängig- keitsverhältnis zwischen Clubs und Liga nicht in ein wechselseitiges transfor- mieren.“

Des Weiteren wird der Betrieb der deutschen Profiligen durch einen entspre- chenden Fachverband organisiert. Diese Fachverbände vertreten alle in einer bestimmten Sportart aktiven Clubs Deutschlands. Keineswegs kann man Fach- verbände wie den DFB als eine Vertretung der Bundesligaclubs bezeichnen; die einzelnen Vereine sind Mitglieder in Regional- und/oder Landesfachverbänden, die ihre Sportart repräsentieren und vertreten. Das Mitspracherecht eines Bun- desligaclubs in einem Fachverband ist sehr begrenzt, so dass der DFB nicht von den Clubs kontrolliert werden kann. Deutsche Clubs sind somit ihren nicht kontrollierbaren Fachverbänden ausgeliefert. Dies stellt eine weitere Hold Up- Gefahr dar, die von amerikanischen Clubs umgangen wird, in dem sie die Liga- organisation selbst in die Hand nehmen (Franck, 1995, S. 140).

Nach Franck (1995, S. 129) kann die fehlende Zuschauerkontrolle in Bezug auf die Integrität der Meisterschaft zu möglichen Adverse Selection-Problemen führen. Zwischen den Zuschauern und den agierenden Clubs findet normaler- weise kurz vor Spielbeginn der Vertragsschluss an der Stadionkasse statt. Wäh- rend des Spiels können die Clubs aus rein technischen Gründen keine Abspra- chen, die eine gewisse Integrität gefährden, durchführen. Falls Spiele „geplant“ würden, müsste dies geschehen, bevor der Zuschauer sein Ticket gekauft hat. Daher wissen die Clubs ganz genau, ob sie gegeneinander „kämpfen“ wollen oder nicht, dem Zuschauer bleibt dies jedoch verborgen. Ein mögliches Poten- tial für Adverse Selection-Probleme ist daher nicht ausgeschlossen.

3.2 Änderungen der Transferregelung

Seit dem Jahr 1948 das Vertragsspielerstatut in Deutschland geschaffen wurde, war ein erster noch recht zögerlicher Schritt in Richtung Berufsfußball getan. Bis heute sind damit viele Veränderungen in der Transferregelung verbunden (Grüne, 1996, S. 274). Allerdings hatte wohl kein Urteil so große Auswirkun- gen auf den Fußballsport, wie das sogenannte „Bosman-Urteil“ aus dem Jahre 1995. Jean-Marc Bosman hat wohl recht, wenn er behauptet: „Ich glaube, dass mein Name für immer in die Geschichte des Fußballs eingehen wird.“ (Din- kelmeier, 1999).

3.2.1 Rechtliche Situation vor „Bosman“

Als 1948 der Status des sogenannten „Vertragsspielers“ geschaffen wurde, war der Sportler weder Profi noch Amateur. Allerdings durften die Spieler nun erst- mals bezahlt werden. In Absprache mit dem Finanzamt mussten sie aber noch einen bürgerlichen Beruf ausüben. In dieser Zeit wurden Ablösesummen noch noch auf der Grundlage des Jahresgehalts errechnet. Dem abgebenden Club standen noch die Zuschauereinnahmen aus dem Ablösespiel zu (Martin, 1985, S. 31).

Am 29.7.1963 beschloss der DFB-Bundestag die Einführung einer zentralen Spielklasse mit Lizenzspielern unter der Leitung des DFB. Die Bundesliga sollte dabei das Spielniveau des deutschen Fußballs gegenüber anderen europäischen Ländern erhöhen. In Italien, Portugal und Spanien wurde das Vollprofitum schon seit Jahren praktiziert (Grüne, 1995, S. 166).

Seit 1948 sind dabei Transferentschädigungen von Verbandsseite aus offiziell zugelassen. Der Verpflichtung zur Zahlung lag ursprünglich der Gedanke zugrunde, ein Gleichgewicht der Kräfte in sportlicher und finanzieller Hinsicht zu gewährleisten. Wegen des nicht vorhersehbaren Spielausgangs garantiert nämlich nur eine Profiliga mit relativ gleichstarken und konkurrenzfähigen Teams auf Dauer einen attraktiven und interessanten Wettbewerb. Dies hat wiederum einen hohen Publikumszuspruch und entsprechende Zuschauerein- nahmen zur Folge. Ganz nach dem Prinzip „divide et impera“ („teile und herr- sche“) darf Konkurrenz nicht ausgeschaltet werden, sondern ist im Gegenteil vielmehr zu erhalten und zu fördern. Durch die fällig werdenden Ablösesum- men sollten die finanzschwächeren Vereine begünstigt werden, damit sie Schulden abbauen und Ersatz für ausscheidende Spieler suchen konnten (Flory, 1997, S. 55).

Zahlreiche europäische Vereine setzten in den 50er und frühen 60er Jahren des 20. Jahrhunderts auf erfahrene ausländische Spieler, da in diesem Zeitraum Be- rufsspieler ungehindert den Verein, bei dem sie gerade spielten, verlassen und sich in einem anderen Verbandsgebiet niederlassen konnten. Dies hatte zur Folge, dass manche Vereine mehr ausländische als einheimische Spieler unter Vertrag hatten. Diese Entwicklung gefiel den nationalen Verbänden natürlich überhaupt nicht und so gibt es seit Beginn der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts die sogenannten Ausländerklauseln. Im Jahr 1995 durften die Vereine der ers- ten und zweiten Bundesliga maximal drei Ausländer unter Vertrag nehmen. Staatsangehörige der EG-Mitgliedsländer zählten allerdings nicht dazu. Die Bundesligavereine konnten somit Angehörige der Europäischen Gemeinschaft in beliebiger Anzahl aufnehmen. Die FIFA und UEFA machten aber zur Vor- schrift, dass nur drei ausländische Spieler gleichzeitig auf dem Spielfeld stehen durften (Flory, 1997, S. 61).

Nach Heidersdorf (1998, S. 45) führt die Beschränkung ausländischer Spieler im Spiel zu einer entsprechenden Zurückhaltung bei der Verpflichtung dieser. Es werden daher nur so viele ausländische Spieler unter Vertrag genommen, wie auch eingesetzt werden können. Heidersdorf sieht darin eine Behinderung des freien Berufszugangs und damit auch der inländergleichen Berufsausübung.

Die Transferregeln im Fußball werden im Lizenzspielerstatut offiziell festge- legt. Laut Statut ist die Aufnahme eines Spielers in die Transferliste des DFB die Hauptvoraussetzung für einen rechtswirksamen Vereinswechsel und für die Erteilung der Spielerlaubnis. Der aufnehmende Verein ist dabei zu einer Zah- lung einer Transferentschädigung an den abgebenden Verein verpflichtet. Die Summe dieser Entschädigung ist zwischen den Vereinen frei wählbar. Maßgeb- liche Kriterien sind Bruttobezüge des Spielers im letzten Vertragsjahr, das neue Angebot des abgebenden Vereins, die vertragliche Zusage des aufnehmenden Vereins sowie das Alter des Spielers. Franck (1995, S. 96) erkennt dabei fol- gendes Problem: Die Clubs haben durch ihre Ablöseforderungen die Möglich- keit einen Spieler für andere Vereine „uninteressant“ zu machen, da sie astro- nomische Ablösesummen verlangen können. Sie besitzen daher Marktmacht in den Vertragsverhandlungen und können den Absatzmarkt für die Dienste eines Spielers einengen.

Ein weiteres Problem für die Spieler beschreibt Kubat (1996, S. 32). Nach ihm hatten die Spieler bis zum Entscheid des EuGH im Falle Bosman kaum Anreize, sich für eine Spielergewerkschaft einzusetzen und Kosten in Kauf zu nehmen. Die Spieler verhielten sich, seiner Meinung nach, eher wie Trittbrettfahrer, da die asymmetrische Organisationsfähigkeit von Vereinen, Spielern und Zuschauern eine Vormachtstellung der Verbände begründete und sich lohndämpfend auf den Spielermarkt auswirkte.

3.2.2 Das „Bosman-Urteil“

Jean-Marc Bosman war von 1988 bis zum 30.7.1990 vertraglich an den belgi- schen Erstligisten RC Lüttich gebunden. Dieser hatte jedoch nur noch ein ein- geschränktes Interesse an Bosman, was ihm in einem deutlich reduzierten Ge- haltsangebot zur neuen Spielzeit zum Ausdruck gebracht wurde. Bosman ak- zeptierte das neue Angebot nicht und wurde von seinem abgebenden Verein mit einer sehr hohen Ausbildungsentschädigung auf die Transferliste gesetzt. Es meldete sich kein einziger belgischer Verein. Kurze Zeit später wurde er aber mit dem französischen Zweitligisten US Dünkirchen handelseinig. Allerdings zweifelte der RC Lüttich die Zahlungsfähigkeit des aufnehmenden Vereins an und so wurde der Vertrag Bosmans mit Dünkirchen annulliert. Dies hatte zur Folge, dass der belgische Fußballverband die Freigabe für den Spieler nicht an den französischen Fußballverband übermittelte und Bosman auf diese Weise am Fußballspiel gehindert wurde. Bosman fühlte sich in seiner durch die Trans ferentschädigung bedingten Freizügigkeit eingeschränkt und klagte letztendlich beim Europäischen Gerichtshof (Büch, 1998, S. 288).

Anfangs verfolgte Bosman nur seine eigenen finanziellen Interessen. Am Ende war er davon besessen einen Musterprozess für alle europäischen Fußballprofis durchzuziehen. Zeitweise stand er sogar am Rande des Existenzminimums. Am 15.12.1995 errang er fünf Jahre nach Prozessbeginn einen triumphalen Sieg. In dem Urteil wurden Transferentschädigungen und Ausländerklauseln innerhalb Europas für weitestgehend unzulässig erklärt. Des Weiteren dürfen Arbeitneh- mer in ihrer Freizügigkeit innerhalb der Mitgliedsstaaten der EU nicht behin- dert oder diskriminiert werden. Er hatte sein großes Ziel erreicht (Dinkelmeier, 1999, S. 2).

Büch (1998, S. 290) beschreibt die Funktion der Transferentschädigung als Bindeglied zwischen dem Schutz der Vermögensposition der Vereine und der Freizügigkeit der Spieler. Spieler haben dabei den Vorteil, eine Ausbildung auf Kosten der Vereine absolvieren zu können. Interessanterweise wäre beim DFB ein Fall „Bosman“ nicht möglich gewesen, da die Spieler nach Beendigung ih- rer Vertragsdauer beim Verein frei sind und sich einen neuen Verein suchen können. In Fällen, in denen sich abgebender und aufnehmender Verein nicht einigen konnten, wurde ein unabhängiger Schiedsgutachter eingeschaltet. Büch (1998, S. 291) sieht den Wegfall der Transferentschädigung für die Vereine kri- tisch, da in die Eigentumsordnung eingegriffen wird und die Absicherung für die vom Verein getragenen Kosten für die Ausbildung finanziert werden muss.

Büch (1998, S. 285) erkennt eine weitere Problematik in dem 1995 in Luxem- burg gefällten Urteil. Das Urteil trifft keine Aussagen über Transfers zwischen EU-Mitgliedsstaaten und Nicht-EU-Mitgliedsstaaten beziehungsweise über Transfers innerhalb eines EU-Mitgliedstaats. Büch stellt noch weitere Schwachstellen des Urteils fest. Nach dem Urteil sind Transferentschädigungen und Ausländerklauseln für Angehörige von Nicht-EU-Mitgliedsstaaten und Zahlungen für die vorzeitige Freigabe von Athleten aus noch bestehenden Ver- trägen (sogenannte Ablösesummen) nicht verboten. Als Fazit hält er fest, dass das „Bosman-Urteil“ ein funktionierendes System mit Anreiz- und Aus- gleichsmechanismen zerstört hat. Die Vermögenspositionen der Spieler wurde gegenüber den Vermögenspositionen und Eigentumsrechten der Vereine ge- stärkt.

Auch Schellhaaß und May (2005, S. 163) stehen dem Urteil sehr kritisch ge- genüber. Ihrer Meinung nach gewährleistet nur eine Transferentschädigung ei- nen ausreichenden Schutz der Innovationstätigkeit. Erst durch diese kann ein Verein den Ertrag seiner Innovationsleistung einfahren, vor allem auch dann, wenn er ein ausgebildetes Talent an einen anderen Verein verliert. Die Autoren behaupten weiterhin, dass dieses Urteil voll im Trend des Arbeitsrechts liegt, da die Arbeitsbedingungen für die Insider weiter verbessert werden, indem die Marktzutrittsschranken für die Outsider erhöht werden - eine interessante Fest- stellung im Hinblick auf die schon vorgestellte Prinzipal-Agent-Theorie (Spie- ler vs. Verein).

3.2.3 Rechtliche Situation nach „Bosman“

Jean-Marc Bosman löste nach seiner Klage eine weitgehende Liberalisierung des Spielermarktes im Profifußball aus. Ein offener Weltspielermarkt ersetzt seit diesem Zeitpunkt regional und national segmentierte Spielermärkte. Dieser Weltspielermarkt bildet nun die Preise für Talenteinheiten. Das hat zur Folge, dass heute nur derjenige Verein eine starke Mannschaft aufstellen kann, der auch die entsprechenden Preise zu entrichten im Stande ist. Allerdings folgt der Liberalisierung des Spielermarktes bis heute noch keine Liberalisierung der Absatzmärkte. So spielen weiterhin alle Vereine in ihren nationalen Meister- schaften und sind somit durch die Größe des nationalen Fußballmarktes bei den Vermarktungsmöglichkeiten limitiert (Dietl & Franck, 2008, S. 138).

Die Lockerung der Ausländerbeschränkung machte sich bereits in der Saison 1996/1997 in der deutschen Fußball-Bundesliga bemerkbar. Lag der Auslän- deranteil nach Borggrefe und Cachay (2009, S. 7) in der Saison 1995/1996 noch bei 18,8 %, so stieg er im darauffolgenden Jahr schon auf 21,2 %. Die größte Steigerung erfolgte in der Saison 1997/1998. Da erhöhte sich der Aus- länderanteil um 11,8 Prozentpunkte auf den damaligen Spitzenwert von 33 %. Die Ausländeranteile stiegen in den folgenden Spielzeiten kontinuierlich an, mit dem Ergebnis, dass heute mehr als die Hälfte der Spieler in der Bundesliga aus dem Ausland stammen. Tabelle 1 verdeutlicht nochmals diese Zahlen. Die- se Spieler stammen aus insgesamt 67 Nationen aus allen Teilen der Welt. Die meisten Vereine weisen in etwa gleich viele deutsche und ausländische Spieler auf. Bei den Fußballbundesligisten lag der Ausländeranteil in der Saison 2008/2009 zwischen 40,0 % (Karlsruher SC) und 62,5 % (Hertha BSC Berlin).

Tabelle 1: Ausländeranteil in der Fußball-Bundesliga in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Erstellung in Anlehnung an Borggrefe & Cachay, 2009, S. 7.

Dinkelmeier (1999, S. 131) führt die vielen Verpflichtungen ausländischer Spieler aus den osteuropäischen und afrikanischen Staaten darauf zurück, dass für die Vereine die Entlohnung und Transferentschädigung für diese Spieler in der Regel billiger ist als die Untervertragnahme deutscher Durchschnittsspieler.

Die Fußball-Bundesliga befindet sich nicht (mehr) an der Spitze der europäi- schen Ligen. Um den Titel „die beste Liga der Welt“ streiten sich eher die eng- lische Premier League, die spanische Primera Division und eventuell noch die italienische Serie A. Deren Spitzenteams können, im Gegensatz zu Deutschland und Frankreich, die weltbesten Spieler rekrutieren. Auf dem Transfermarkt kann mit diesen Vereinen in Deutschland zur Zeit nur noch der FC Bayern München mithalten. Dieser Verein unterscheidet sich deutlich von den anderen Vereinen der Bundesliga. Traditionell werden von den Bayern dabei auch die besten deutschen Nationalspieler verpflichtet. Die anderen Erstligavereine sind aus finanzieller Hinsicht dazu gezwungen, weltweit nach talentierten Spielern Ausschau zu halten. Die Situation für die deutschen Nachwuchsspieler ist durch diese gängige Rekrutierungspraxis allerdings ernüchternd. Zwar sind immerhin 22,6 % der Bundesligaspieler deutsche Spieler, die jünger als 23 Jah- re sind, 42,1 % von ihnen wurden jedoch in der Hinrunde der Saison 2008/2009 noch nicht eingesetzt (Borggrefe & Cachay, 2009, S. 8).

Das Bosman-Urteil hat auf die anderen europäischen Ligen unterschiedliche Einflüsse genommen. In England kam es zu einem rapiden Anstieg ausländi- scher Fußballspieler. Die „reichste Liga der Welt“ hielt in der Saison 2002/2003 auch mit Abstand den Spitzenwert von 56,3 % an ausländischen Spielern. In dieser Liga werden zudem die höchsten Ablösesummen und Gehäl- ter bezahlt. Interessant ist zudem die Feststellung, dass die vier Top-Vereine Englands (Chelsea London, Arsenal London, Liverpool und Manchester Uni- ted) einen Ausländeranteil von 78 % aufweisen, Spitzenreiter ist dabei Arsenal mit sagenhaften 92 %. Keine Auswirkungen hingegen hatte das Urteil auf das spanische Transfersystem. Bereits seit dem Jahr 1991 werden dort nach Ver- tragsablauf keine Ablösezahlungen mehr vorgenommen, diese sind nur bei Spielerwechseln aus laufenden Verträgen zu zahlen. Der Ausländeranteil lag in der spanischen Liga lange Zeit nur um 30 % (2002/2003: 29,6 %). Dies ist da- mit gleichzeitig der geringste Wert der europäischen Top-Ligen. In Italien hatte das Bosman-Urteil die größten Auswirkungen auf die zweite Liga. Die italieni- schen Zweitligavereine durften zuvor keine ausländischen Spieler unter Vertrag nehmen. Im Gegensatz zu den europäischen Top-Ligen scheinen sich die Aus- länderanteile in den anderen europäischen Ligen sehr gering zu halten. In Polen oder Griechenland lag der Anteil in der Saison 2002/2003 nur bei fünfzehn Prozent. Dies hängt sehr wahrscheinlich auch mit den niedrigeren Verdienstmöglichkeiten in diesen Ligen zusammen (Conzelmann, 2008, S. 31).

Neben dem Wegfall der Ausländerbeschränkungen hat der Wegfall der Ablöse- summen einen großen Einfluss auf die europäische Fußballwelt genommen. Dinkelmeier (1999, S. 132) erkennt, dass der weitestgehende Wegfall der Ab- lösezahlungen eine Explosion der Spielergehälter zur Folge hatte. Eine Ver- doppelung der Spielergehälter ist seit dem Urteil festzustellen. Die vielfach eingesparten Transferentschädigungen werden den Spielern nunmehr direkt in Form von höheren Gehältern und sogenannten Handgeldzahlungen zugestellt. Dies hat wiederum zur Folge, dass zwischen Vereinen und Spielern langfristige Verträge (bis zu vier Jahren) abgeschlossen werden. Die Vereine können somit eine ständige Fluktuation ihrer Spieler verhindern und eine langfristige Perso- nalplanung sicherstellen. Diese Art der Verträge erhöht allerdings das Risiko für die Vereine, Lohnzahlungen auch bei Leistungsabfall des Spielers leisten zu müssen. Des Weiteren soll dadurch verhindert werden, dass die Spieler die Vereine nach einer kurzen Dauer wieder ablösefrei verlassen können. Campbell und Sloane (1997, S. 28) machen dazu eine durchaus interessante Aussage: „De Facto sind die Spieler insoweit weniger frei als vorher, als vermutlich lange Verträge die Spieler binden werden; dies gilt insbesondere bei Unsicherheit.“ Die Freizügigkeit der Spieler/Arbeitnehmer scheint also immer noch einge- schränkt zu sein.

Jaeger (2000b, S. 72) hat dazu eine ähnliche Meinung, wenn er behauptet, dass der Spieler heute nicht mehr als Transaktionsobjekt, sondern als Vertragspartner des Vereins agiert. Es gibt keine Begrenzungen der Spielergehälter nur nach oben. Dabei wird das Wertgrenzprodukt zur Richtschnur der Salarierung, wodurch die Spitzenspieler bevorzugt werden. Dies führt zu einer Einkommensschere auf dem Spielermarkt.

3.3 Auswirkungen des „Bosman-Urteils“

Spätestens seit Beginn des Spieljahres 1996/1997 wird das Bosman-Urteil von allen europäischen Ligen akzeptiert und in das jeweilige Verbandsrecht umgesetzt. In Bezug auf die zunehmende Öffnung des Profifußballs für ausländische Spieler gehen die Regeländerungen zum Teil sogar über die Vorgaben des EuGH hinaus und auch verbandsinterne Transfersysteme werden vielfach dem EuGH-Urteil angepasst (Dinkelmeier, 1999, S. 121).

Im Folgenden werden die Auswirkungen des Bosman-Urteils für die beteiligten Institutionen erläutert und analysiert. Es wird dabei zwischen den Verbänden, Vereinen, Spielern, Zuschauern und den Nachwuchsspielern unterschieden. Auch auf Prinzipal-Agent-Beziehungen wird eingegangen.

3.3.1 Auswirkungen auf die Verbände

Die Sportverbände verfügen über ideale Voraussetzungen den Stadionbesu- chern, Fernsehzuschauern und Sponsoren einen spannenden sportlichen Wett- bewerb zu bieten, womit sie darüber hinaus die Ligaeinnahmen maximieren können. Die Verbände besitzen die Verfügungsrechte/-mächte über die Spielre- geln, die Größe der Liga, den Spielmodus, den Auf- und Abstieg, den internen Finanzausgleich sowie die Prüfung der wirtschaftlichen Lage der Vereine. So können sie in vielfältiger Art und Weise in den sportlichen und ökonomischen Wettbewerb eingreifen und auch steuern. Der DFB allein bestimmt zum Bei- spiel über Zeit, Ort und Anzahl von Spielansetzungen von Bundesliga- und Länderspielen im Bereich des Deutschen Fußballbundes (Schellhaaß & Ender- le, 1999, S. 1).

Nach Heidersdorf (1998, S. 7) resultiert hieraus eine faktische Monopolstellung der Verbände gegenüber ihren Mitgliedern. Einerseits ist diese Monopolstel- lung sinnvoll, da sie die Durchführung des Sports nach einheitlichen Regeln gewährleistet, andererseits ist sie auch problematisch, da sie mit erheblicher sozialer Macht verbunden ist. Die Gefahr des Missbrauchs ist gegeben.

So legten die meisten Verbände fest, nicht nur den unlimitierten Einsatz von EU-Ausländern, sondern auch von Spielern aus den assoziierten osteuropäischen Ländern zu erlauben. Teilweise wurden sogar sämtliche Zutrittsbeschränkungen für den Einsatz von Ausländern aufgehoben. Somit war es möglich, den Großteil einer Mannschaft mit preiswerten ausländischen Spielern zu besetzen, ohne selbst in die Nachwuchsförderung und -ausbildung investieren zu müssen (Schellhaaß & Enderle, 1999, S. 21).

Auffallend ist auch, dass der Liga-Ausschuss lediglich beratende Mitglieder in den Spielausschuss entsendet, obwohl die Lizenzvereine die Hauptlast eines Länderspiels tragen. Hierbei wird deutlich, dass der DFB nur geringe Anreize hat, auf die Bedürfnisse der Bundesliga Rücksicht zu nehmen. Eigentlich müssten den Vereinen die Opportunitätskosten für die Abstellung der Nationalspieler erstattet werden (Schellhaaß & Enderle, 1999, S. 70).

Borggrefe und Cachay (2009, S. 11) beschreiben die Auswirkungen des Bos- man-Urteils auf die Nationalmannschaften sehr detailliert. Ihrer Meinung nach ist es nicht ungewöhnlich, dass zu Länderspielen Spieler eingeladen werden, die in ihren Vereinen nur Ergänzungsspieler sind. Den Bundestrainern sind die hohen Ausländeranteile natürlich nicht recht, da sie um die internationale Konkurrenzfähigkeit ihrer jeweiligen Mannschaft bangen. Für die Nationalmannschaft ist es sehr wichtig, dass die Spieler in ihren Vereinen über eine längeren Zeitraum auf höchstem Niveau spielen. Allerdings ergeben sich interessanterweise im Fußball bei der Betrachtung des Abschneidens der Nationalmannschaften bei EM und WM vor und nach „Bosman“ keine direkten Zusammenhänge zwischen Erfolg und Ausländerquote, was Tabelle 2 belegt. Daher erscheint es notwendig, die Spieler auf ein solches Niveau anzuheben, so dass sie im Konzert der ausländischen Spieler mithalten können.

Tabelle 2: Erfolge der deutschen Fußballnationalmannschaft 1982 bis 2008

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Erstellung in Anlehnung an Borggrefe & Cachay, 2009, S. 10.

Schellhaaß und May (2005, S. 166) sehen allerdings noch ein weiteres Problem auf die deutsche Nationalmannschaft zukommen: „Da immer mehr der besten Spieler der früher „kleinen“ Fußballnationen in den stärksten europäischen Li- gen spielen, steigt die Stärke ihrer Nationalmannschaften. Infolgedessen wer- den die europäischen Nationalmannschaften bei den internationalen Turnieren immer seltener erfolgreich sein. Sie zählen zu den Hauptverlierern des neuen Transfersystems.“

Im weiteren Verlauf wird auf die verschiedenen Prinzipal-Agent-Beziehungen zwischen Verbänden und Vereinen, aber auch den einzelnen Spielern eingegan- gen. Beide Institutionen - Verband und Verein - haben zwar unterschiedliche Strukturen und Ziele, langfristig gesehen erscheint eine Zusammenarbeit aller- dings sinnvoll zu sein. Es ist abzusehen, dass die Zusammenarbeit von Verband und Verein noch stärker durch ökonomische Interessen geprägt werden wird. Je erfolgreicher ein Verband zum Beispiel im Amateurbereich ist, umso wertvol- ler ist er für die Vereine als Zubringer von Nachwuchsspielern und Zuschauern. Auf der anderen Seite gilt das gleiche Prinzip. Je erfolgreicher die Vereine in der Vermarktung ihrer Produkte sind, umso höher sind die Beiträge, die sie für die Leistungen des Verbandes bezahlen. Eine mögliche Win-Win-Situation ist also greifbar (Schellhaaß & Enderle, 1999, S. 10).

Interessenkonflikte zwischen Verbänden und Vereinen entstehen, wenn der Verband durch organisatorische Maßnahmen in die Terminplanung der Vereine eingreift. Länderspieltermine haben für die Vereine wirtschaftliche Folgen. Ihre Nationalspieler stehen nicht zur Verfügung, erhalten aber weiterhin ihr Gehalt. Des Weiteren hat der Verband ein Interesse daran, dass die Vereine ökono- misch wirtschaften, da er an ihren Einnahmen partizipiert. Die Vereine wieder- um werden allerdings nur effizient arbeiten, wenn sie professionell geführt werden und somit marktorientiert handeln können (Schellhaaß & Enderle, 1999, S. 15).

Nach Cachay und Riedl (2001, S. 22) stehen für die Vereine die optimale Aus- nutzung ihrer Ressource Spieler sowie die bestmögliche Vermarktung ihrer Li- gaspiele im Vordergrund. Jedoch gerade durch das Bosman-Urteil verschärft sich diese Entwicklung. Die Vereine können verstärkt global nach Verstärkun- gen suchen, während die Verbände weiterhin national rekrutieren müssen. Auf der anderen Seite ist die Nationalmannschaft sehr bedeutsam für die Attraktivi- tät der Liga. Die Bundesligisten sind also für die Durchsetzung ihrer eigenen optimalen Vermarktung auf erfolgreiche Nationalmannschaften angewiesen.

Für die einzelnen Spieler stellen die Einsätze bei der Nationalmannschaft eine weitere zeitliche Beanspruchung dar. Trotz des engen Zeitplans sind diese Ein- ladungen für die Spieler durchaus lukrativ, da sie neben den Gratifikationen in Form von Prämienauszahlungen auch eine Steigerung ihres Marktwertes erwar- ten können. Höhere Gehälter und gut dotierte Werbeverträge sind die weiteren Folgen. Daher sind die Spieler auch weiterhin an dem Bestand einer erfolgrei- chen Nationalmannschaft interessiert (Schellhaaß, 2001, S. 46).

[...]

Ende der Leseprobe aus 126 Seiten

Details

Titel
Institutionenökonomische Implikationen des Wegfalls der Transferregelung im Fußball
Hochschule
Universität des Saarlandes  (Sportwissenschaftliches Institut)
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
126
Katalognummer
V177713
ISBN (eBook)
9783640994557
ISBN (Buch)
9783640995868
Dateigröße
1044 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bosman, Institutionenökonomie, Prinzipal-Agent, Transaktionskosten, Teamsportindustrie, Informationsasymmetrie, Opportunismus, Verbände, Vereine, Spieler, Spielervermittler, EuGH, Zuschauer
Arbeit zitieren
Michael Riehm (Autor:in), 2010, Institutionenökonomische Implikationen des Wegfalls der Transferregelung im Fußball, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/177713

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Institutionenökonomische Implikationen des Wegfalls der Transferregelung im Fußball



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden