Der Roman „Jugend ohne Gott“ von Ödön von Horváth im Rahmen thematischer Literaturbetrachtung

Eine Unterrichtseinheit in der 10. Jahrgangsstufe des Gymnasiums


Examensarbeit, 2009

80 Seiten, Note: 3


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

A Das „Dritte Reich“ als Thema von Erzählungen: Inhaltliche Schwerpunkte und altersspezifische Möglichkeiten der Umsetzung im Deutschunterricht
I Grundformen literarischer Verarbeitung und literaturdidaktische Kriterien für die Thematisierung von Nationalsozialismus und Widerstand
II Die Relevanz des Themas für heutige Jugendliche am Beispiel von Morton Rhues Roman „Die Welle“ und der aktuellen Verfilmung
III Ödön von Horváths Roman „Jugend ohne Gott“: Eine geeignete Lektüre für die 10. Jahrgangsstufe des Gymnasiums
IV Die Grundlagen im Lehrplan der 10. Jahrgangsstufe: Literatur des 20. Jahrhunderts und thematische Literaturbetrachtung
1. Neunstufiges Gymnasium (G9)
2. Ausblick auf das achtstufige Gymnasium (G8)
V Die Lerngruppe: Meine Klasse 10 d
VI Exkurs: Das Projekt „Vergessener Widerstand in Markt Schwaben und Umgebung

B Unterrichtssequenz: Jugend im „Dritten Reich“ als Thema in Horváths Roman „Jugend ohne Gott“
I Textanalyse und Grundlinien der Deutung unter Einbeziehung geschichtlicher und biographischer Hintergründe
1. Die lebensweltliche Realität der Jugendlichen von 1933 bis 1945
a) Schwerpunkte schulischer Erziehung im „Dritten Reich“
b) Die nationalsozialistischen Jugendverbände: Hitler-Jugend und Bund deutscher Mädel
2. Murnau: Ort der Anregung und des Konflikts für den Autor
3. Der Roman „Jugend ohne Gott“
a) Aufbau der Handlung
b) Möglichkeiten der Deutung
II Didaktische Überlegungen
1. Leitfragen für die thematische Literaturbetrachtung
2. Lernziele der Sequenz im Hinblick auf das charakterisierende Schreiben
III Unterrichtseinheit: Literarische Charakteristik zu Ödön von Horvàths Roman „Jugend ohne Gott“
1. Literarische Charaktere verstehen lernen: Möglichkeiten für Vorstellungsbildung und kulturelle Differenzerfahrungen im thematisch orientierten Literaturunterricht
2. Darstellung der Unterrichtseinheit und verwendeter didaktischer Materialien

C Reflexion und Ausblick
1. Horváths Roman im Deutschunterricht der Oberstufe
2. Michael Knofs Fernsehfilm „Jugend ohne Gott“ (1991) im Vergleich mit seiner literarischen Vorlage
3. Regionaldidaktik und entdeckendes Lernen: Vorschlag für eine Ortsrallye mit anschließendem Museumsbesuch in Murnau am Staffelsee
Literaturverzeichnis
1. Primärliteratur
2. Fachwissenschaftliche Literatur
3. Fachdidaktische und pädagogische Literatur
4. Materialien
5. Bild-, Ton- und Internetquellen
6. Sonstige Quellen

Abkürzungsverzeichnis

Anhang

A Das „Dritte Reich“ als Thema von Erzählungen: Inhaltliche Schwerpunkte und altersspezifische Möglichkeiten der Umsetzung im Deutschunterricht

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der im Schuljahr 2007 / 2008 in einer 10. Klasse durchgeführten Sequenz zu Ödön von Horváths Roman „Jugend ohne Gott“. Das besondere Interesse soll der Frage gelten, inwiefern Schülern dieser Altersstufe auf dem Weg thematischer Literaturbetrachtung das Verständnis der geschichtlich bedingten Lebenssituation Jugendlicher zur Zeit des Nationalsozialismus, das nicht mehr den Erfahrungen der heutigen Generation entspricht, erleichtert werden kann. Ebenso sollen die entsprechenden literaturdidaktischen beziehungsweise pädagogischen Schwerpunkte dieser Unterrichtseinheit beleuchtet werden.

I Grundformen literarischer Verarbeitung und literaturdidaktische Kriterien für die Thematisierung von Nationalsozialismus und Widerstand

Das Angebot an Erzählliteratur, beziehungsweise im engeren Sinne an Kinder- und Jugendliteratur, zum Themenfeld „Drittes Reich“ ist groß, was diese knappe, jedoch schwierige Periode deutscher Geschichte für eine thematische Literaturbetrachtung didaktisch ergiebig erscheinen lässt: verschiedene Möglichkeiten einer Klassifikation des Lektüreangebots werden in der Fachdidaktik vorgeschlagen, z.B. nach zeitlichen Kriterien, der politischen Einstellung der Verfasser, dem Inhalt oder sogar der literarischen Form der Erzählung.[1]

Sigrid Thielking widmet sich speziell dem Aspekt des Holocaust, mit dem in der Nachkriegszeit aus diachroner Sicht verschiedene Intentionen der didaktischen Vermittlung an Schüler verbunden worden sind: Verschieben und Aussparen, Anrühren und Ermitteln, Fiktionalisieren und Offenlassen bzw. Provozieren und Treffen[2] markieren demnach eine Skala, die das jeweilige Maß an Bewusstmachung des Grauens angibt.

Der dokumentarische,[3] auf Recherchen des Verfassers Erich Hackl in seiner oberösterreichischen Heimat[4] beruhende Roman „Abschied von Sidonie“ beispielsweise zeigt das Schicksal eines während des Nationalsozialismus bei einer Adoptivfamilie aufwachsenden „Zigeuner“-Mädchens,[5] das aufgrund der mangelnden Solidarität und des Rassenhasses in seiner Umgebung schließlich abgeschoben wird und im Konzentrationslager Auschwitz stirbt.[6]

An Hackls Erzählung wird eine weitere Unterscheidungsmöglichkeit sichtbar, welche die literarische Auseinandersetzung mit dem „Dritten Reich“ und deren didaktische Vermittlung im Deutschunterricht betrifft: der Empathie für die Opfer des Holocaust steht die Betrachtung der Ursachen für die Täterschaft beziehungsweise für das Mitläufertum gegenüber, was wiederum auch die Frage nach dem Widerstand mit einschließt und im vorliegenden Zusammenhang an Horváths Roman „Jugend ohne Gott“ gezeigt werden soll.[7]

Es kann als Ausdruck eines gesellschaftspolitischen Wandels in der Nachkriegsgeschichte gesehen werden, dass sich neben der öffentlichen auch die didaktische Thematisierung des Holocaust mit zunehmendem geschichtlichem Abstand wieder intensiviert: in einer aktuellen Ausstellung an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität vom 05. August bis zum 10. Oktober 2008 zeigen Studierende der Geschichtsdidaktik, wie sich dieser Wandel besonders durch Veränderungen in Geschichts-Schulbüchern der Bundesrepublik und DDR bei der Darstellung von Nationalsozialismus und Widerstand manifestierte.[8]

Als Fazit dieser Vorüberlegungen bleibt festzuhalten, dass das heikle Thema „Drittes Reich“ auch im Literaturunterricht behutsam angegangen werden muss und Scheuers „grundlegende didaktische Überlegung […], die auf die Angemessenheit der Unterrichtsmaterialien […] achtet“,[9] als Maxime gelten muss.

II Die Relevanz des Themas für heutige Jugendliche am Beispiel von Morton Rhues Roman „Die Welle“ und der aktuellen Verfilmung

Einen sehr radikalen Ansatz, um einer Schülergeneration der Nachkriegszeit die Umstände, unter denen der Nationalsozialismus in Deutschland Fuß fassen konnte, zu verdeutlichen, wählte 1967 ein Geschichtslehrer an einer amerikanischen High School: ein Experiment, in dem er „Nazi-Deutschland nachbauen [und] seine Schüler Faschismus erleben lassen“[10] wollte.

Ron Jones` fünf Tage dauernder Versuch ergab die Manipulierbarkeit, der prinzipiell jeder Mensch unter bestimmten Voraussetzungen – mehr oder weniger unbewusst - erliegen kann, wenn er unter dem Einfluss einer starken Autorität steht: die verwendeten Leitsprüche „Stärke durch Disziplin“[11] und „Stärke durch Gemeinschaft“[12] zeigten sich in der Realität effektiver, als es der Lehrer eigentlich erwartet hatte, so dass sich an dieser Schule ein zunehmend faschistoides Klima, geprägt von Denunziationen und Misstrauen selbst unter engen Freunden, einstellte.[13]

Das Experiment „The Third Wave“ ist Vorbild für Morton Rhues Jugendroman „Die Welle“ (1981), in dem der Versuch mit einem Schock-Effekt wirksam beendet wird: nach der Ankündigung der Ansprache eines nicht existierenden nationalen Führers der „Bewegung“ zeigt die Hauptfigur Ben Ross seinen Schülern ein Bild Adolf Hitlers mit der Anklage, dass sie genauso wie er selbst vollkommene Nationalsozialisten gewesen wären.[14]

Der Roman „Die Welle“ spielt in einer Zeit, die dem Erfahrungsbereich unserer SchülerInnen unmittelbar nahe steht: um die geschichtliche Differenz zur Jugend-Generation während der Hitler-Zeit[15] zu überbrücken, sollte Rhues Roman, eventuell ergänzt durch einen Kinobesuch mit Thematisierung der aktuellen in Deutschland spielenden Verfilmung von 2008 mit Jürgen Vogel in der Hauptrolle,[16] gelesen werden.

Die thematische Literaturbetrachtung zu Horváths „Jugend ohne Gott“ kann hierdurch eine sinnvolle Erweiterung erfahren.

III Ödön von Horváths Roman „Jugend ohne Gott“: Eine geeignete Lektüre für die 10. Jahrgangsstufe des Gymnasiums

Auch mit Blick auf die 10. Jahrgangsstufe zeigt sich eine Fülle an Erzählungen zum „Dritten Reich“, die sich für SchülerInnen dieses Alters eignet, allerdings mit der Einschränkung, dass diese im Lehrplan nicht explizit Berücksichtigung findet.[17]

Unter Vorgriff auf die in Abschnitt B.II erfolgende Erläuterung der didaktischen Relevanz[18] eignet sich „Jugend ohne Gott“ für eine Literaturbetrachtung zum Thema „Drittes Reich“ aus verschiedenen Gründen:

- die Handlung spielt sich mit der Schule und dem Zeltlager gleich an zwei Orten ab, die dem Erfahrungsbereich der SchülerInnen unmittelbar nahe stehen;
- mit der Dreiecksbeziehung um das Mädchen Eva, das eine heimliche Liebesaffäre mit einem Schüler eingeht, werden alterstypische Probleme (zum Beispiel Freundschaft, Liebe, Eifersucht) angesprochen, die mit der psychosozialen Entwicklung der SchülerInnen in der Adoleszenz[19] zusammen hängen;
- die Handlung ist als Detektiv- bzw. Kriminalgeschichte um den Mord an einem Schüler konstruiert, die raffiniert mit allen narrativen Mitteln, die das literarische Genre zu Verfügung stellt,[20] arbeitet und Spannung herstellt, die zum Weiterlesen motiviert;
- die Vielzahl an prägnanten Charakteren lässt den Roman für die Einführung charakterisierenden Schreibens geeignet erscheinen;
- die unmittelbar mit der Erzählung verbundenen sozialhistorischen Hintergründe lassen sich aus dem Text heraus arbeiten und mit ergänzenden Informationen zu einem integrativen und Fächer übergreifenden Literaturunterricht verbinden.

In der vorliegenden Sequenz standen besonders die beiden zuletzt genannten Intentionen im Vordergrund: im Lernbereich Schreiben wurde die Form der literarischen Charakteristik vorbereitet und eingeübt, bei der Literatur ging es hauptsächlich um ein Überbrücken der Differenz zwischen den Lebenserfahrungen der heutigen Jugend und derjenigen zur Entstehungszeit des Romans auf dem Wege thematischer Literaturbetrachtung.

IV Die Grundlagen im Lehrplan der 10. Jahrgangsstufe: Literatur des 20. Jahrhunderts und thematische Literaturbetrachtung

Das Thema der Unterrichtseinheit ist in verschiedenen Abschnitten des Lehrplans festgelegt. Da in der 10. Jahrgangsstufe nach Beendigung des Schuljahres 2007 / 2008 der neue Lehrplan für das achtstufige Gymnasium in Kraft tritt, soll hier auch der Blick auf das G8 fallen, inwiefern die betreffenden Abschnitte beibehalten, verändert bzw. verschoben worden sind.

1. Neunstufiges Gymnasium (G9)

Schon ein erster Blick in den Rahmenplan für das Fach Deutsch zeigt, dass mit Horváths Roman einige elementare Anforderungen an den Unterricht erfüllt sind:

„Die Schüler beschäftigen sich […] vor allem mit literarischen Werken des 20. Jahrhunderts, die sie zur Auseinandersetzung mit wichtigen Fragen des Lebens anregen und die ihr Bewusstsein für ihre wachsende Mündigkeit und Verantwortung fördern und bestärken können.“[21]

Der Bereich zur Literatur[22] beinhaltet im Fachlehrplan, FLP 10.4, ganz zentral die „Literatur des 20. Jahrhunderts in thematischer Betrachtung“:[23] es sollen mit Schülern unterschiedliche literarische Aussagen zu einem Thema beziehungsweise Problem besprochen werden, wobei Lebensweltbezug, Aktualität und Schülerorientierung groß geschrieben werden.[24] Unter den Lektürevorschlägen, die für die 10. Jahrgangsstufe gemacht werden, findet sich zum Themenkreis „Probleme junger Menschen“ ganz explizit Horváths Roman „Jugend ohne Gott“.[25] Die Behandlung von Erzählliteratur über den Zeitraum von 1933 bis 1945 im Deutschunterricht wird im Lehrplan nicht explizit gefordert, ist sich allerdings aus pädagogischen und didaktischen Gründen nahe liegend und eröffnet zudem ein Spektrum an weiteren interessanten Alternativen der Lektüreauswahl.[26]

2. Ausblick auf das achtstufige Gymnasium (G8)

Die bisherige Tendenz des neuen Lehrplans, die gewohnte Abfolge der im Deutschunterricht zu behandelnden Literaturepochen um eine Jahrgangsstufe nach unten zu verschieben, hat sich fortgesetzt: Werke des Sturm und Drang sowie der Aufklärung sollen nun statt wie bisher in der 11. bereits in der 10. Jahrgangsstufe gelesen und besprochen werden,[27] was zur Folge hat, dass die Literatur des 20. Jahrhunderts in die 9. Jahrgangsstufe „verlagert“ worden ist.

Die damit verbundenen, auch thematischen Umakzentuierungen gilt es auf jeden Fall zu beachten: künftig sollen sich Schüler laut D 9.4 unter Beibehaltung der thematischen Betrachtungsweise „mit literarischen Texten vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart“[28] befassen.[29] Unter den Lektürevorschlägen findet sich Horváths Roman nun nicht mehr, wobei allerdings die angeführten Themenbereiche „Krieg und Verfolgung“ beziehungsweise „Schuld, Verbrechen und Recht[30] durchaus legitim auch an die Thematik von „Jugend ohne Gott“ denken lassen.

Zum Einüben der Erschließung poetischer Texte, die in der 9. Jahrgangsstufe den Lernbereich Literatur dominiert,[31] eignet sich der Roman aufgrund seiner prägnanten Handlungsstrukturen, des markanten Erzählverhaltens sowie der plastischen Charakterzeichnung einzelner Figuren recht gut, wobei sich auch Merkmale der Gattung Kriminalgeschichte herausarbeiten lassen.[32]

Die wohl deutlichste Veränderung: künftig wird man den Roman schon allein aus zeitökonomischen Gründen aufgrund der gestiegenen Lehrplan-Anforderungen an die 10. Jahrgangsstufe bei nur 3 wöchentlichen Unterrichtsstunden höchstens noch in der 9. Jahrgangsstufe behandeln können.

V Die Lerngruppe: Meine Klasse 10 d

Die Klassenstärke war mit 26 SchülerInnen überschaubar, die 20 Mädchen und 6 Jungen ließen sich meist für Sprache und Literatur begeistern und waren durch eigentätige Unterrichtsphasen leicht zu motivieren. Das Interesse für geschichtliche und gesellschaftliche Hintergründe deutscher Literatur war in dieser Gruppe erfreulich groß.

Als besonders wichtig hat es sich bei einzelnen SchülerInnen erwiesen, diese durch permanente Beschäftigung in das Unterrichtsgeschehen einzubeziehen, da es sich gezeigt hat, dass sich diese gerne „ausklinken“. Da sich manche produktionsorientierten Unterrichtsphasen zeitlich in die Länge zogen, hat sich in dieser Klasse unter zeitökonomischem Aspekt die Sozialform der Gruppenarbeit als produktivste erwiesen.

Das Lesen und Besprechen von literarischen Texten bereitete den SchülerInnen deutlich Freude, besonders wenn dies in irgendeiner Form handlungsorientiert, sei es zum Beispiel durch veränderte Textanordnung, verzögerte Rezeption oder in arbeitsteiliger Gruppenarbeit, erfolgte.

Ausgeprägtes Interesse bestand an den Kurzreferaten zum geschichtlichen Hintergrund von Horváths Roman,[33] die von den betreffenden SchülerInnen überwiegend gründlich vorbereitet und gut bis sehr gut präsentiert worden sind. Um der Klasse das Verständnis des Romans vor seinem geschichtlichen Hintergrund, der für eine angemessene Textinterpretation unverzichtbar ist, zu erleichtern, wurden von mir zeitgenössisches Bildmaterial sowie Ton- und Textdokumente als „Türöffner“ herangezogen, um die in Horváths Roman ausgedrückten Ansichten über die zeitgenössische Jugend und Erfahrungen des Verfassers in der Zeit des „Dritten Reiches“ anschaulich zu machen: im Sinne Abrahams sind dies im Literaturunterricht Medien zur Erleichterung der Vorstellungsbildung, nach Nutz unterstützen sie historisches Verstehen des Romans über entdeckendes literaturgeschichtliches Lernen und Differenzerfahrungen.[34]

VI Exkurs: Das Projekt „Vergessener Widerstand in Markt Schwaben und Umgebung“

Im Schuljahr 2007 / 2008 sorgte eine Projektarbeit des Markt Schwabener Franz-Marc-Gymnasiums, die von dem klassenübergreifenden Arbeitskreis „Politik und Zeitgeschichte“ sowie dem derzeitigen Leistungskurs Geschichte in Zusammenarbeit mit der Münchner Weiße-Rose-Stiftung sowie der Bayerischen Zentrale für Politische Bildungsarbeit ausgegangen ist, für breites Interesse in der Öffentlichkeit: die von Schülern gestaltete Ausstellung „Vergessener Widerstand in Markt Schwaben und Umgebung“ befasste sich im Frühjahr 2008 mit der Regionalgeschichte während des „Dritten Reichs“ und stellte anhand von Beispielen polizeibehördlichen Schriftverkehrs aus Ortschaften der Umgebung dar, wie sich einzelne Menschen, vom Handwerker oder Landwirt über den katholischen Priester bis hin zum Akademiker, gegen den Nationalsozialismus gestemmt haben. Die Schüler haben dazu mit ihren Lehrern eine interessante Broschüre mit vielen sorgfältig recherchierten Informationen und Materialien heraus gegeben.[35]

Unter dieser Voraussetzung ergab sich die Frage nach dem Themenschwerpunkt für eine Lektüreeinheit in der 10. Jahrgangsstufe fast von selbst: die SchülerInnen zeigten sich für den Themenbereich Anpassung und Widerstand während des „Dritten Reichs“ aufgeschlossen und brachten entsprechendes Vorwissen bereits mit.

B Unterrichtssequenz: Jugend im „Dritten Reich“ als Thema in Horváths Roman „Jugend ohne Gott“

Der 1938 im Alter von 36 Jahren verstorbene[36] ungarisch-österreichische Dramatiker und Schriftsteller Ödön von Horváth hält sich in den Jahren 1933 und 1934 für längere Zeit im oberbayerischen Murnau am Staffelsee auf,[37] wo seine Eltern seit 1924 ein Landhaus als Sommerresidenz besitzen.[38] Er wird dort zum Zeitzeugen eines in der näheren Umgebung stattfindenden Großereignisses: vom 4. bis zum 28. August 1934 findet im nahe gelegenen Aidling unter dem Namen „Hochland-Lager“ ein Zeltlager der Hitler-Jugend statt, zu dem sich laut einer Sonderausgabe der regionalen Tageszeitung „Murnauer Tagblatt“ etwa 6000 Jungen unter militärischem Drill und ideologischer Vereinnahmung[39] zusammen finden.[40]

1937 erscheint im Amsterdamer Exilverlag Allert de Lange Horváths Roman „Jugend ohne Gott“.[41] In dessen Mittelpunkt steht ein Mord an einem Schüler während eines Zeltlagers zur vormilitärischen Ausbildung, an dem ein Gymnasiallehrer mit seiner Jungenklasse teilnimmt:[42] der personale Erzähler[43] ist sowohl in das Mordgeschehen, als auch in seinen fehlenden Mut zur Wahrheit „verwickelt“. Er schafft es erst im Verlauf der Erzählung, trotz aller damit drohenden beruflichen und privaten Nachteile, seine wahren Ansichten über die ideologische Doktrin des totalitären Staates, besonders im Hinblick auf die Rolle der Jugend darin, kund zu tun. Der Roman „Jugend ohne Gott“ zeigt schon durch seinen Titel, wie die Eindrücke in der Region Murnaus, zu Horváths Zeiten einer „Hochburg“ von Anhängern des Nationalsozialismus,[44] auf den Verfasser gewirkt haben müssen: der Verlust von Glauben und christlicher Moral als Grund dafür, dass die jungen Menschen seiner Zeit sich für Hitlers Ziele instrumentalisieren ließen, liegen als Assoziation nahe.

I Textanalyse und Grundlinien der Deutung unter Einbeziehung geschichtlicher und biographischer Hintergründe

Wie sich die lebensweltlichen Erfahrungen von circa 16-jährigen Jugendlichen zur Entstehungszeit von „Jugend ohne Gott“ im Vergleich zur Situation heutiger SchülerInnen der 10. Jahrgangsstufe ausmachen, so dass man im Sinne Nutz` berechtigterweise von kulturellen Differenzerfahrungen[45] sprechen darf, zeigt sich am deutlichsten mit Blick auf die Bereiche Schule und Freizeit, die zur Zeit Horváths durch die nationalsozialistische Schulpolitik und NS-Jugendverbände für Jungen und Mädchen entscheidend geprägt wurden.

1. Die lebensweltliche Realität der Jugendlichen von 1933 bis 1945

Hier interessieren in erster Linie die für die Phase der Adoleszenz wichtigsten Sozialisationsbereiche, die Schule und die Gruppe der Gleichaltrigen.

a) Schwerpunkte schulischer Erziehung im „Dritten Reich“

Wie der zeitgenössische nationalsozialistische Leitsatz „Du bist nichts. Dein Volk ist alles“[46] deutlich zeigt, musste die anzustrebende Mündigkeit der Schüler dem Wohlergehen des Volkes als oberstem Prinzip geopfert werden, so dass wie im sonstigen öffentlichen Leben auch in der Schule die Indoktrination als Hauptziel eingesetzt wurde.[47] In letzter Konsequenz wurde die Schule damit zum Instrument politischer Bestrebungen Adolf Hitlers mit einigen bedeutenden Akzentsetzungen bei der Erziehung:[48]

- Vorbereitung der Jungen auf den Einsatz im Eroberungskrieg,
- Vorbereitung der Mädchen auf ihre spätere Mutterrolle,
- politische Instrumentalisierung der Unterrichtsinhalte, z.B. im Fach Biologie mit einer wissenschaftlich absurden Rassenlehre, im Fach Geschichte mit stark nationalistisch-kriegerischen Tendenzen oder in Erdkunde mit der bekannten „Blut-und-Boden-Romantik“[49].

Grundsätzlich ging mit der Abwertung eines auf Wissenschaft und Rationalität basierenden Unterrichts das neue Prinzip einer Jugenderziehung durch Lagerleben, Geländespiele sowie emotional ansprechende Gemeinschaftserlebnisse einher.[50]

b) Die nationalsozialistischen Jugendverbände: Hitler-Jugend und Bund deutscher Mädel

Von großer Bedeutung ist deshalb auch die zwangsweise Zusammenfassung der gesamten Jugend in den Organisationen „Hitler-Jugend“ (HJ) bzw. „Bund Deutscher Mädel“ (BdM) per Gesetz vom 01.12.1936[51] sowie das damit verbundene Prinzip „Jugend wird durch Jugend geführt“,[52] das sowohl die Möglichkeit bot, politisch missliebige Lehrer und Erzieher auszuschalten,[53] als auch dem Zweck diente, alle für die Jugendlichen relevanten Sozialisationsbereiche zu durchdringen und somit „neben der Familie und der Schule eine dritte Erziehungsmacht“[54] aufzubauen.

Die Freizeit der 10- bis 18-jährigen Jungen und Mädchen[55] sollte möglichst umfassend durch Aktivitäten wie „wöchentliche Heimabende […,] Sportnachmittage, Tagesfahrten, Zeltlager, Feierstunden und Sportfeste“[56] okkupiert sein und der geschlechtsspezifischen Schulung, inklusive der vormilitärischen Ausbildung für die Jungen,[57] dienen. Wie man am Phänomen des Widerstands aus den Reihen der deutschen Jugend[58] erkennt, gelang es der uniformierten und streng hierarchisierten HJ jedoch bei weitem nicht, diese lückenlos zu erfassen.

Der Roman weist aber nicht nur zur lebensweltlichen Erfahrung der zeitgenössischen Jugend, sondern auch zu Horváths Biographie deutliche Entsprechungen auf: im Mittelpunkt stehen der Lehrer als Ich-Erzähler sowie der Konflikt, in den dieser - wie Horváth selbst - mit seinem nationalsozialistischen Umfeld gerät.

2. Murnau: Ort der Anregung und des Konflikts für den Autor

Horváth teilt mit vielen Schriftstellern seiner Zeit ein Schicksal, das zahllose kritische Geister unter dem Nationalsozialismus[59] betraf: die mehr oder weniger freiwillige Emigration.[60]

Zwei Ereignisse markieren in diesem Zusammenhang eine Eskalation im ohnehin schwierigen Verhältnis des Verfassers zu den Bewohnern Murnaus, das ihn letztendlich ins Exil getrieben hat. Nachdem er sich durch deutliche Stellungnahmen gegen den aufkommenden Nationalsozialismus in mehreren seiner Stücke sowie in verschiedenen Gesprächen unter der überwiegend gesinnungstreuen Bevölkerung[61] bereits verdächtig gemacht hatte, beschuldigte Horváth Ende Juli 1931 durch eine Aussage vor Gericht mehrere Nationalsozialisten, die eine öffentliche Versammlung der SPD in einer Gaststätte durch Anstiftung einer Schlägerei gesprengt hatten.[62] Nachdem er in einer anderen Murnauer Gaststätte während der Rundfunkübertragung von Adolf Hitlers erster „Führer-Rede aus dem Berliner Sportpalast am 10. Februar 1933 die Bedienung aufgefordert hatte, das Radio abzustellen, kam es zur Konfrontation mit mehreren anwesenden SA-Männern, die dazu führte, dass Horváth unter Geleitschutz nach Hause gebracht werden musste, die Villa seiner Eltern in deren Abwesenheit von der SA durchsucht wurde und er in Folge dessen Murnau für immer verlassen musste.[63]

In Murnau war Horváth ein aufmerksamer Beobachter seiner ländlichen Umgebung,[64] in der er in den Jahren 1924 bis 1933 „lebensnahe Charaktere und eine echte Kleinstadtatmosphäre“[65] fand, an der er „studierte […], was auch im Großen nicht anders war: die Denk- und Verhaltensweisen seiner Zeitgenossen.“[66] Krischke hat gezeigt, dass zahlreiche kleine Notizen aus dem Nachlass des Verfassers, z.B. auf Zetteln oder in Notizbüchern, Titel, Konzepte oder Teile von Dialogen enthalten, die während der Murnauer Zeit entstanden sind und sich in verschiedenen seiner Werke wieder finden lassen.[67]

Ein Blick auf das gut erforschte Umfeld des Autors aus seiner Murnauer Zeit[68] zeigt, dass sich reale Personen aus seiner Umgebung und zum Teil auch eigene Erfahrungen deutlich in dem Roman niedergeschlagen haben, was sich besonders gut an den Hauptcharakteren der Handlung aufweisen lässt.

Die generell kritische Stoßrichtung des Romans in Richtung der Mentalität seiner Zeitgenossen und des politischen Zeitgeists während des aufkommenden Nationalsozialismus zeigt sich am deutlichsten bei Horváths Charakterzeichnung jener drei als „Triumvirat der Außenseiter“[69] titulierten Figuren, für die in ihrer kritischen, ablehnenden Haltung gegenüber dem herrschenden Unrechtsstaat, so Tworek, Murnauer Bekannte Pate gestanden haben, mit denen sich der Autor regelmäßig in Lokalen des Ortes getroffen habe:

- der wegen eines Nervenleidens frühpensionierte Volksschullehrer Ludwig Köhler als Vorbild für den wegen einer angeblichen Affäre mit einer Schülerin suspendierten Altphilologen Julius Caesar, der sich als „Erotomane[70] dem Erzähler gegenüber wiederholt als Experte im Bezug auf Frauen ausgibt, aufgrund seines skurrilen Auftretens mit einer Krawattennadel in Form eines beleuchtbaren Miniaturtotenkopfs als „gestrandete Existenz[71] bezeichnet wird, aber auch entscheidend zur Aufklärung des Mordes beiträgt,[72]
- der Volksschullehrer Dr. Leopold Huber, ein bekennender Gegner des Nationalsozialismus, der sich im Februar 1933 in einem Zeitungsartikel entschieden gegen die Beflaggung Murnaus mit Hakenkreuzfahnen ausgesprochen hatte und darauf hin wegen seiner demokratisch-liberalen Erziehungsgrundsätze an eine benachbarte Dorfschule versetzt wurde, als Vorbild für den Ich-Erzähler, einen 34-jährigen Gymnasiallehrer für Geschichte und Geographie an einem städtischen Gymnasium,[73]
- der wegen seiner unklerikalen Lebensführung, Nachlässigkeiten im Religionsunterricht, ökumenischer Bestrebungen, sozialdemokratischer Meinungsäußerungen und angeblicher Verstöße gegen den Zölibat in den Nachbarort Aidling strafversetzte Pfarrer Karl Bögner als Vorbild für den im Roman ebenfalls, in das Dorf nahe des Zeltlagers der Schulklasse, strafversetzten, der Lebensfreude und weltlichen Genüssen zusprechenden und leutseligen Dorfpfarrer, der in einem längeren Disput mit dem Erzähler über Glaubensfragen[74] scharfsinnig gegen die Amtskirche argumentiert.[75]

3. Der Roman „Jugend ohne Gott“

Im Überblick sollen hier die Schwerpunkte der Texterschließung, insofern sie im Zusammenhang mit der Charakterisierung der vorkommenden Personen sowie im Hinblick auf die thematische Betrachtung des Romans eine Rolle spielen, umrissen werden.

a) Aufbau der Handlung

Einen ersten Überblick über die Handlung erlauben die 44 programmatisch klingenden[76] Kapitelüberschriften, die auf den jeweiligen Inhalt voraus weisen, zum Beispiel „Mordprozeß Z oder N“,[77] oder inhaltlich aufeinander Bezug nehmen, zum Beispiel bei „Der Fisch[78] und „Er beißt nicht an“.[79] Einzelne Kapitel werden zusätzlich durch Wortwiederholungen oder inhaltliche Weiterführungen mit der Überschrift verbunden, beispielsweise beim Kapitel „Der letzte Tag“,[80] das mit dem Satz „Am letzten Tag unseres Legerlebens kam Gott[81] beginnt und mit „Er ist wieder fort[82] endet.

Die einzelnen Kapitel werden zusätzlich durch eine Leitmotivtechnik anhand voraus deutender beziehungsweise zurück verweisender Zitate und Motive inhaltlich miteinander verbunden, so dass sich ganze Motivketten ergeben, z.B. durch das Gottesmotiv, das Augenmotiv, das Motiv der Fische und die Jugend als Motiv.[83]

Den vier Hauptabschnitten der Erzählung, Schule (Kapitel 1 bis 7), Zeltlager (Kapitel 8 bis 21), Prozess (Kapitel 22 bis 29) und Aufklärung des Verbrechens (Kapitel 30 bis 44), entsprechen im Wesentlichen vier Orte der Handlung.

b) Möglichkeiten der Deutung

Es lassen sich, ausgehend von der jeweiligen Handlungsstruktur, im Wesentlichen drei Deutungsansätze unterscheiden.

- detektivische Handlungsstruktur:

Sie ist die vordergründigste und umfasst die zum literarischen Genre der Detektivgeschichte[84] gehörenden erzählerischen Mittel, zum Beispiel das Verbrechen des Mordes am Schüler N, das Auftreten eines Detektivs in Person des Lehrers, aber auch des „Klubs“ und Julius Caesars, die die Aufklärungsarbeit leisten. Des Weiteren gehören dazu das Täterbild, das sich dem Leser erst im Verlauf der Handlung enthüllt und somit Spannung erzeugt, oder das Legen falscher Fährten durch den Erzähler anhand von Indizien, die überraschende Wendungen ermöglichen:[85] erst nachdem sich der Schüler Z durch eine Morddrohung in seinem Tagebuch[86] oder Bandenchefin Eva durch ihre Skrupellosigkeit beim Überfall auf eine alte, blinde Frau[87] verdächtig gemacht haben, kann der wahre Täter T durch einen zufällig entdeckten Teil seines Abschiedsbriefes,[88] den dessen Mutter zunächst unterschlagen will, des Mordes überführt werden.

- religiöse Handlungsstruktur:

Sie ist bereits im Romantitel grundgelegt, betrifft aber in erster Linie das Verhältnis des Erzählers zu Gott und den Wandel, den dieses im Verlauf des Romans erfährt, indem es die Phasen der Ignoranz, der Distanzierung, der distanzierten und schließlich der vorbehaltlosen Akzeptanz durchläuft.[89] Sie gipfelt in dem abschließenden Gespräch zwischen Lehrer und Pfarrer[90] und in der Erkenntnis „Gott ist die Wahrheit“.[91]

[...]


[1] Scheuer nennt beispielsweise: Zeitgenössische Texte, antisemitische Literatur nationalsozialistischer Parteigänger, Werke der Exilliteratur, Nachkriegstexte, Publikationen, die die Kindheit und Jugend so genannter „Nichtarier“ schildern und Werke, die die Opfer ins Zentrum stellen, sowie Texte, die das alltägliche Leben vorstellbar werden lassen und autobiographische Literatur; s. Scheuer: Das „Dritte Reich“ im Literaturunterricht, S. 2 ff.

[2] Vgl. Thielking: „Rosa Weiss wollte wissen…“, S. 50 ff.

[3] Die Erzählung beruht auf Tatsachen; vgl. Fischer: Hackl, Erich: Abschied von Sidonie, in: KNL.

[4] S. Hackl: Sehend gemacht. Eine Bilanz, S. 7 ff.

[5] Domanski skizziert anschaulich die historischen Voraussetzungen und Konsequenzen sowie den Verlauf des Völkermordes an Sinti und Roma seit 1931 im Hinblick auf den Lebensweg Sidonies, wie er in der Erzählung nachgezeichnet wird; s. Domanski: Analysehilfen Erich Hackl „Abschied von Sidonie“, S. 5-14.

[6] Im Rahmen des Resümees von Unterrichtserfahrungen bei Fischer und Krapp erscheint als Schüler besonders stark ansprechendes ethisches Kernproblem „die Verantwortung des Menschen in seiner jeweiligen historischen Situation“, d.h. dem jugendlichen Leser können mit der Lektüre die Wurzeln von Vorurteilen, Rassismus und Mitläufertum vor Augen geführt werden; s. Fischer u. Krapp: >Abschied von Sidonie< - Erfahrungen von Schülern und Lehrern, S.320.

[7] Vgl. die didaktischen Anmerkungen zur vorliegenden Sequenz unter Abschnitt B.II.1, Leitfragen für die thematische Literaturbetrachtung.

[8] „Schulbücher – Spiegel der Gesellschaft? Darstellung von NS-Zeit und Widerstand im Wandel.“ Ausstellung von Geschichtsschulbüchern präsentiert von Studierenden der LMU, Didaktik der Geschichte; s. http://www.did.geschichte.uni-muenchen.de/aktuelles/news/schulbuecher.html (02.09.2008, 17:39 Uhr).

[9] Scheuer: Das „Dritte Reich“ im Literaturunterricht, S. 3.

[10] Hambrecht: Schul-Experiment „Die Welle“, S. 1.

[11] Ebd., S. 2.

[12] Ebd., S. 3.

[13] Vgl. ebd., S. 1 ff.

[14] S. Artikel „Die Welle (Roman)“ bei Wikipedia; http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Welle_(Roman) (11.09.2008, 16:01 Uhr).

[15] Vgl. hierzu die Analyse der fachwissenschaftlichen Hintergründe zur vorliegenden Sequenz unter Abschnitt B.I.1., Die lebensweltliche Realität der Jugendlichen von 1933 bis 1945.

[16] Regie: Dennis Gansel, Drehbuch: ders. u. Peter Thorwarth.

[17] Der Fachlehrplan Deutsch für die 10. Jahrgangsstufe nennt unter „Vorschläge für Themenkreise und Lektüren zur thematischen Literaturbetrachtung“ zwar nicht ausdrücklich die Problematik des „Dritten Reichs“, nennt aber unter „Probleme junger Menschen“ bzw. „Der Mensch in der Bewährung“ neben Horváths Roman beispielsweise auch Jurek Beckers „Jakob der Lügner“; s. FLP 10, S. 338 (http://www.isb.bayern.de/isb/download.aspx?DownloadFileID=d2dc86db1df29a5202232fe37eb57884, 04.01.2009, 09:47 Uhr).

[18] Für nähere Erläuterungen zur didaktischen Relevanz von Horváths Roman vgl. Abschnitt B.II, Didaktische Überlegungen.

[19] J. Havighurst nennt für die Altersgruppe der 12- bis 18-jährigen in etwa folgende „Entwicklungsaufgaben“: Aufbau eines Freundeskreises, Akzeptieren der eigenen körperlichen Erscheinung, Aneignung geschlechtsspezifischen Rollenverhaltens, Aufnahme intimer Beziehungen zu einem Partner, emotionale Ablösung von den Eltern, Entwicklung von Vorstellungen zum zukünftigen Ehepartner und zur zukünftigen Familie sowie die Entwicklung einer eigenen Identität mit entsprechendem Wertbewusstsein und Zukunftsperspektiven; s.: Psychologie für das Studienseminar, S. 24 f.

[20] Der amerikanische Autor Williard Huntington Wright hat eine Reihe instruktiver „Regeln“ für das Schreiben einer Detektivgeschichte zusammen gestellt, die im Cornelsen-Deutschbuch für die 8. Jahrgangsstufe abgedruckt sind; vgl. Anhang.

[21] KWMBl I So.-Nr. 3/1990, S. 325.

[22] Von den übrigen Bereichen des Sprechens, Schreibens sowie der Sprachlehre soll in diesem Rahmen abgesehen werden, obwohl diese im Literaturunterricht, auf den hier der Fokus gelegt werden soll, selbstverständlich integrativ mitbedacht werden müssen; Anm. d. Verf.

[23] FLP 10.4, S. 336, http://www.isb.bayern.de/isb/download.aspx?DownloadFileID=d2dc86db1df29a5202232fe37eb57884 (03.01.2009, 09:36 Uhr).

[24] Vgl. ebd.

[25] S. FLP 10, S. 338, a.a.O.

[26] Vgl. hierzu die Beispiele unter Abschnitt A.I und A.II.

[27] Vgl. Lehrplanabschnitt D 10.4,

http://www.isb-gym8-lehrplan.de/contentserv/3.1.neu/g8.de/index.php?StoryID=26211 (03.01.2009, 09:43 Uhr).

[28] http://www.isb-gym8-lehrplan.de/contentserv/3.1.neu/g8.de/index.php?StoryID=26241 (04.01.2009, 09:52 Uhr).

[29] Außerdem wurde durch die Ausweitung des Zeitraums das Spektrum der Lektüreauswahl erheblich erweitert: somit kommt nun auch Literatur aus Epochen wie der späten Klassik, der Romantik, des Vormärz, des Biedermeier oder des Naturalismus in Betracht; Anm. d. Verf.

[30] Vgl. Lektürevorschläge, http://www.isb-gym8-lehrplan.de/contentserv/3.1.neu/g8.de/data/media/26241/Lekt%FCrevorschl%E4ge%20Jahrgangsstufe%209.pdf (02.09.2008, 17:39 Uhr).

[31] Der Lehrplan nennt als Anforderungen „Thema, Problemgehalt sowie Formen des Aufbaus und deren Funktion untersuchen; sprachliche Gestaltung und deren Wirkung anhand stilistischer Figuren und grammatischer Kategorien erfassen, Zeitbezug und biographische Informationen berücksichtigen; Handlungen, Verhaltensweisen und Verhaltensmotive bewerten“ sowie „Berücksichtigen von Gattungsmerkmalen und gattungsspezifischen Gestaltungsmitteln beim Erschließen: Erzählverhalten und seine Funktion herausarbeiten; […] Figuren, Figurenkonstellation und Redeformen analysieren“, s. D 9.4 Sich mit Literatur und Sachtexten auseinandersetzen, a.a.O.

[32] Vgl. hierzu die fachwissenschaftliche Analyse unter Abschnitt B.I.3, Der Roman „Jugend ohne Gott“.

[33] Das Blatt mit den Referatsthemen sowie die dazu entstandenen Handouts finden sich im Anhang.

[34] Vgl. Abschnitt B.III.1, Literarische Charaktere verstehen lernen: Möglichkeiten für Vorstellungsbildung und kulturelle Differenzerfahrungen im thematisch orientierten Literaturunterricht.

[35] Vergessener Widerstand in Markt Schwaben und Umgebung. Teil II, hg. v. d. Projektgruppe „Vergessener Widerstand“ am Franz-Marc-Gymnasium, Markt Schwaben 2008.

[36] Am 1. Juni 1938 nach einem Gespräch mit Regisseur Robert Siodmak zur geplanten Verfilmung von „Jugend ohne Gott“ während eines Gewitters auf dem Pariser Champs-Elysées von einem herabstürzenden Ast erschlagen; vgl. Krischke: Horváth, S. 24.

[37] S. Tworek: Der unbestechliche Blick eines Heimatlosen, S. 62.

[38] Vgl. dies.: Am Rande der weißblauen Kalkalpen, S. 40.

[39] Auf einem Spruchband über dem Thingplatz dieses Lagers stand der Spruch „Wir sind zum Sterben für Deutschland geboren“; s. dies: Kommentar, S. 160.

[40] Vgl. ebd.

[41] Dem großen internationalen Erfolg des innerhalb eines Jahres in 8 Sprachen übersetzten Romans folgt sein baldiges Verbot durch die nationalsozialistische Reichsschrifttumskammer, sodass „Jugend ohne Gott“ am 10. Januar 1938 wegen angeblicher pazifistischer Tendenzen auf die „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ gesetzt wird und wenig später der Befehl zur Beschlagnahmung sämtlicher im Reichsgebiet auftauchender Exemplare ergeht; vgl. Tworek: Kommentar, S. 166 ff.

[42] „Unter »Zeltlager« verstand man eine vormilitärische Ausbildung. Die Schüler mußten klassenweise auf zehn Tage in die sogenannte freie Natur hinaus und dort, wie die Soldaten, in Zelten kampieren, unter Aufsicht des Klassenvorstands. Sie wurden von Unteroffizieren im Ruhestand ausgebildet, mußten exerzieren, marschieren und vom vierzehnten Lebensjahr ab auch schießen. […]Während die Jungen aussteigen und ihr Gepäck zusammenklauben, betrachte ich noch die Landkarte: das Dorf liegt 761 Meter hoch über dem fernen Meere, wir sind schon sehr in der Nähe der großen Berge, lauter Zweitausender“ (Jugend ohne Gott, Kapitel „Der totale Krieg“, S. 34-38).

[43] Zwei im Handlungsverlauf eng miteinander verknüpfte Erzählebenen lassen sich unterscheiden: eine Handlungs- und eine Reflexionsebene; Eckhardt erläutert die Funktion des personalen, in die Handlung verstrickten Ich-Erzählers wie folgt: „Die mithin klare Konturierung der Erzählperspektive verschafft zum einen den direkten Einblick in die Gedankengänge der Erzählfigur und bewirkt zum anderen, dass dem Leser die subjektiv begründete Parteilichkeit der Darstellung stets bewusst bleibt“ (Eckhardt: „Jugend ohne Gott“ im Literaturunterricht, S. 199).

[44] Bei der Reichstagswahl am 5. März 1933 erreichte die NSDAP in Murnau, im Vergleich zu 38,8 % im gesamten Bezirk Oberbayern, bereits 52,8 %; s. Tworek: Am Rande der weißblauen Kalkalpen, S. 49.

[45] Vgl. hierzu Abschnitt B.III.1, Literarische Charaktere verstehen lernen: Möglichkeiten für Vorstellungsbildung und kulturelle Differenzerfahrungen im thematisch orientierten Literaturunterricht.

[46] Zit. nach Bergmann: Schule im Nationalsozialismus, dort S. 23.

[47] Vgl. Blankertz: Die Geschichte der Pädagogik, S. 272.

[48] S. hierzu Bergmann: Schule im Nationalsozialismus, S. 23.

[49] Blankertz: Die Geschichte der Pädagogik, S. 280.

[50] Vgl. ebd., S. 242.

[51] S. Bergmann: Nationalsozialistische Jugendorganisationen, S. 35.

[52] Blankertz: Die Geschichte der Pädagogik, S. 275.

[53] S. ebd., S. 275 f.

[54] Bergmann: Nationalsozialistische Jugendorganisationen, S. 35.

[55] Im „Jungvolk“ wurden zunächst die 10- bis 14-jährigen Jungen erfasst, die gleichaltrigen Mädchen entsprechend im „Jungmädelbund“. Mit 14 Jahren erfolgte dann die Aufnahme in HJ bzw. BdM; vgl. ebd.

[56] Ebd.

[57] Vgl. ebd.

[58] S. Abschnitt B.II.1, Leitfragen für die thematische Literaturbetrachtung.

[59] Die öffentliche Verbrennung verbotener Bücher am 10. Mai 1933 in Berlin zeigte, dass unter dem Nationalsozialismus eine freie literarische Betätigung nicht mehr möglich war: die „schwarzen Listen“ umfassten 1934 bereits mehr als 3000 verbotener Bücher und Schriften;

s. http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/innenpolitik/buecher/index.html (27.12.2008, 09:22 Uhr).

[60] Neben Horváth beispielsweise auch die Autoren Oskar Maria Graf, Berthold Brecht, Thomas Mann, Kurt Tucholsky oder Alfred Döblin; vgl. Loewy: Exil, S.17.

[61] Adolf Hitler hatte bereits am 9. Mai 1923 in der überfüllten Murnauer Turnhalle eine Begeisterung auslösende Rede gehalten; auch die Ergebnisse der Reichstagswahlen 1930, 1932 und 1933, bei denen die NSDAP in Murnau weit über dem Reichsdurchschnitt liegende Wähleranteile erreichen konnte, zeigen eine deutliche politische Geschlossenheit in der Gemeinde zu Horváths Zeit; vgl. Tworek: Am Rande der weißblauen Kalkalpen, S. 48 f.

[62] Vgl. dies.: Der unbestechliche Blick eines Heimatlosen, S. 54 f.

[63] S. dies.: Am Rande der weißblauen Kalkalpen, S. 44 f.

[64] Die Marktgemeinde Murnau zählte 1925 circa 2900 Einwohner und stützte sich wirtschaftlich überwiegend auf den Fremdenverkehr; s. dies.: Der unbestechliche Blick eines Heimatlosen, S. 26.

[65] Tworek: Verlassene Jugend, S. 50.

[66] Ebd.

[67] S. Krischke: Ödön von Horváth, S. 71.

[68] Elisabeth Tworek, eine profunde Kennerin des Autors, hat in zahlreichen Arbeiten Querverbindungen zwischen der Biographie und dem schriftstellerischen Gesamtwerk Horváths untersucht, der von 1924 bis 1933 mit Unterbrechungen in Murnau wohnte. Wie heute auch eine Ausstellung im dortigen Schlossmuseum zeigt, hat das Leben in der Provinz Horváths Schaffen deutlich geprägt, was sich bei näherem Hinsehen auf die verschiedenen Bühnenstücke und Erzählungen feststellen lässt, in denen sich sowohl Ereignisse aus der Regionalgeschichte als auch konkrete zeitgenössische Murnauer Orte und Persönlichkeiten wieder entdecken lassen; vgl. die im Literaturverzeichnis angegebenen Arbeiten Tworeks und zur Horváth-Ausstellung Abschnitt C.3, Regionaldidaktik und entdeckendes Lernen: Vorschlag für eine Ortsrallye mit anschließendem Museumsbesuch in Murnau am Staffelsee.

[69] Tworek: Verlassene Jugend, S. 54.

[70] Jugend ohne Gott, S. 25.

[71] Ebd., S. 24.

[72] Vgl. Tworek: Über „Jugend ohne Gott“, S. 247.

[73] Vgl. Tworek: Verlassene Jugend, S. 54 f.

[74] S. Jugend ohne Gott, Kapitel „Auf der Suche nach den Idealen der Menschheit“, S. 47-53.

[75] Vgl. Tworek: Kommentar, S. 163.

[76] S. Schlemmer: Interpretation, S. 16.

[77] Jugend ohne Gott, S. 87-88.

[78] Ebd., S. 105-107.

[79] Ebd., S. 107-111.

[80] Ebd., S. 80-82.

[81] Ebd., S. 80.

[82] Ebd., S. 82.

[83] Vgl. Schlemmer: Interpretation, S. 35.

[84] Vgl. die Regeln für das Schreiben einer Detektivgeschichte nach Williard Huntington Wright im Anhang.

[85] S. Schlemmer: Interpretation, S. 31 f.

[86]Jeder, der mein Kästchen anrührt, stirbt!“ (Jugend ohne Gott, S. 69).

[87] Kapitel „Unkraut“, S. 41-42.

[88]Denn der Lehrer weiß es, dass ich den N erschlagen habe. Mit dem Stein –“ (Jugend ohne Gott, S. 147).

[89] Vgl. Schlemmer: Interpretation, S. 32 f.

[90] Kapitel „Besuch“, S. 124-126.

[91] Kapitel „Die anderen Augen“, S. 148.

Ende der Leseprobe aus 80 Seiten

Details

Titel
Der Roman „Jugend ohne Gott“ von Ödön von Horváth im Rahmen thematischer Literaturbetrachtung
Untertitel
Eine Unterrichtseinheit in der 10. Jahrgangsstufe des Gymnasiums
Veranstaltung
Ausbildung nach der LPO II
Note
3
Autor
Jahr
2009
Seiten
80
Katalognummer
V177648
ISBN (eBook)
9783640994250
ISBN (Buch)
9783640995370
Dateigröße
8783 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Der Roman "Jugend ohne Gott" von Ödön von Horváth eignet sich aus mehreren Gründen für den gymnasialen Deutschunterricht von der 9. bis zur 12. Jahrgangsstufe. Für die Arbeit mit poetischen Texten unter dem Aspekt des Charakterisierens eignen sich die schillernden Figuren der Erzählung zur Einübung der Texterschließung, in einer literaturgeschichtlichen Sequenz lassen sich Aspekte zur Zeit des Drittens Reichs anschaulich herausarbeiten. Eine spannende Detektivgeschichte, die Schüler aber auch für Fragen des Widerstands während des Dritten Reichs und zum Holocaust sensibilisiert.
Schlagworte
Literaturdidaktik, Literaturgeschichte, Drittes Reich, Ödön von Horváth, Charakteristik, Erschließen poetischer Texte, Deutschunterricht, Literatur des Dritten Reichs, Innere Emigration, Widerstand, 1933-1945, Regionaldidaktik
Arbeit zitieren
M.A. Matthias Reim (Autor:in), 2009, Der Roman „Jugend ohne Gott“ von Ödön von Horváth im Rahmen thematischer Literaturbetrachtung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/177648

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