Ein Microgrid für das Weltquartier in Hamburg‐Wilhelmsburg

Günstiger Strom und Anreiz zum Stromsparen


Bachelorarbeit, 2010

66 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Danksagung

II. Tabellenverzeichnis

III. Abbildungsverzeichnis

IV. Abkürzungsverzeichnis

V. Abstract

1. Einleitung
1.1 Forschungsfrage
1.2 Aufbau und Methodik der Arbeit

2. Grundlagen der Strom und Wärmeerzeugung
2.1 Das Stromversorgungssystem
2.1.1 Strommarkt in der EU und Deutschland
2.1.2 Regelenergiemarkt
2.2 Das Wärmeversorgungssystem
2.2.1 Wärmeversorgung in Deutschland
2.2.2 Wärmenetze und Wärmespeicher
2.3 Rechtliche Rahmenbedingungen im Bereich Strom und Wärmeversorgung
2.4 Kraft Wärme Kopplung und Blockheizkraftwerke
2.4.1 Prinzip der Kraft Wärme Kopplung
2.4.2 Verbrennungskraftmaschinen in Blockheizkraftwerken
2.4.3 Betriebskonzepte für Blockheizkraftwerke
2.5 Microgrid

3. Stromnachfrage und Energieeffizienz
3.1 Entwicklung der Stromnachfrage von Haushalten
3.2 Energieeffizienzförderung durch Anreize und Technik

4. Planungen im Projektgebiet Hamburg Wilhelmsburg
4.1 Projektgebiet Hamburg Wilhelmsburg
4.2 Das Weltquartier im Reiherstiegviertel
4.2.1 Lage und bauliche Struktur
4.2.2 Bevölkerungsstruktur
4.2.3 Planungen
4.3 Der Energiebunker und das Nahwärmenetz
4.3.1 Lage, Geschichte und Aufbau
4.3.2 Bisherige Planungen
4.3.3 Geplantes Nahwärmenetz Weltquartier
4.3 Möglichkeiten für den stromgeführten Betrieb des Energiebunkers
4.4.1 Rahmenbedingungen
4.4.2 Varianten der Vermarktungsstrategie

5. Aufbau des Microgrid Energiebunker Weltquartier
5.1 Grundannahmen
5.1.1 Varianten: Zwei Versorgungsgebiete
5.1.2 Netzverlegung
5.1.3 Stromnachfrage
5.2 Berechnung des Erlöspotentials und der möglichen Strompreise
5.2.1 Variante 1: Weltquartier
5.2.2 Variante 2: Gesamte SAGA GWG Bestände südliches Reiherstiegviertel
5.3 Gesamtbetrachtung

6. Implementierung eines anreizbasierten Stromtarifs für das Weltquartier
6.1 Tarifstruktur
6.2 Ansprache und Gewinnung von Kunden
6.3 Ausgestaltung des Stromtarifs und konkrete Anreize zur Energieeffizienz
6.3.1 „Weltstromtarif“
6.3.2 Stromrechnung und Bewohneraufklärung
6.3.3 Aufbau des Anreizsystems
6.4 Effizienzgewinne und finanzielle Ersparnisse der Haushalte

7. Zusammenfassung und Ausblick

VI. Quellenverzeichnis

VII. Anhang
Übersicht Beobachtungen Mieterwohnungen Weltquartier

I. Danksagung

In erster Linie möchte ich meinen beiden Betreuern Frau Prof. Irene Peters, PhD, und Herrn Dipl. Ing. Hans Schäfers danken. Sie ließen mir bei der Wahl des Themas große Freiheit und unterstützten mich in der Fokussierung des Themas. Sie leisteten mir bei Rückfragen kompetente Unterstützung.

Diese Arbeit entstand während eins viermonatigen Praktikums bei der Internationalen Bauaustellung Hamburg GmbH. In diesem Zusammenhang möchte ich meinen Praktikumsbetreuern Frau de Buhr und Herrn Reckschwardt für das sehr lehrreiche Praktikum, die angenehme Zusammenarbeit und die Unterstützung bei der Erstellung dieser Arbeit danken.

Für die Zurverfügungstellung von Material danke ich, neben Mitarbeitern der IBA Hamburg GmbH, der Firma Alpha Kabeltechnik GmbH. Schließlich bedanke ich mich ganz herzlich bei den Bewohnern des Weltquartiers, ohne deren Unterstützung die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit nicht zustande gekommen wären. Insbesondere danke ich Herrn Januschek und Frau Pelz für die Zeit, die sie sich genommen haben, um meine Fragen zu beantworten und mir damit eine große Hilfe waren.

II. Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Hypothetische Miete Weltquartier, Quelle: Eigene Darstellung nach: SAGA GWG (2009), Mieterbrief Weltquartier 2/2009

Tabelle 2: Gesamtabzüge je angebotener kWh, Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 3: Übersicht Stromkosten für den Referenzhaushalt (3000 kWh/a), Postleitzahl 21107, Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 4: Vergleich Reinerlös Hamburg Energie Basistarif und Direktvermarktung des Energiebun kerstroms, Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 5: Investitionskosten Niederspannungsnetz Weltquartier, Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 6: Errechnung jährliche Gesamtkosten bei einem angenommenem Amortisationszeitraum von 20 Jahren, Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 7: Errechnung absolute Ersparnis durch Direktvermarktung gegenüber herkömmlichem HHE Tarif pro Kilowattstunde, Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 8: Zusammensetzung Strompreis Microgrid Weltquartier, Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 9: Vergleich Reinerlös Hamburg Energie Basistarif und Direktvermarktung des Energiebun kerstroms im gesamten Reiherstiegviertel, Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 10: Hypothetisch erzielbare Energieeinsparung im Haushalt, Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 11: Abschätzung der erzielbaren Stromeinsparungen und der damit verbundenen finanziel len Entlastung, Quelle: Eigene Darstellung

III. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Das zentrale Stromversorgungssystem in Deutschland Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 2: Anteile der Energieträger an der Netto Stromerzeugung in Deutschland 2008 Quelle: Eigene Darstellung nach BDEW (2009)

Abbildung 3: Kostenzusammensetzung Strompreis Quelle: Eigene Darstellung nach Bundesnetzagentur (2007)

Abbildung 4: System der leitungsgebundenen Wärmeversorgung in Deutschland Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 5: Prinzip der Kraft Wärme Kopplung, Quelle: BHKW Infozentrum (2002)

Abbildung 6: Schematische Darstellung eines Stirlingmotorprozesses, Quelle: greenpower net.de (2008), Zugriff: 21.02.2010

Abbildung 7: Anteile des Haushaltstrombedarfs nach Kategorien, Quelle: Eigene Darstellung, nach: Huser /Grieder (2006)

Abbildung 8: Tageslastprofil eines Mehrfamilienhauses, Quelle: Eigene Darstellung, nach Dubielzig 2007, Seite 7

Abbildung 9: Kirchdorf Süd Quelle: IBA Hamburg GmbH (2010)

Abbildung 10: Industriegebiet Wilhelmsburg Quelle: IBA Hamburg GmbH (2010)

Abbildung 11: Georgswerder Wiesen Quelle: IBA Hamburg GmbH (2010)

Abbildung 12: Containerlager am Reiherstieg Quelle: IBA Hamburg GmbH (2010)

Abbildung 13: Stübenplatz im Reiherstiegviertel Quelle: IBA Hamburg GmbH (2010)

Abbildung 14: Elbinsel Wilhelmsburg von Süden, Quelle: Landesbetrieb für Geoinformation und Vermessung Hamburg (o.J.)

Abbildung 15: Das Reiherstiegviertel mit dem Weltquartier und Energiebunker im Zentrum des Bildes, Quelle: IBA Hamburg GmbH (2010)

Abbildung 16: Südliches Reiherstiegviertel, Bestandsgebäude im Weltquartier (blau umrandet), Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 17: Weimarer Straße im Weltquartier, Quelle: Eigene Aufnahme

Abbildung 18: Veringstraße im Weltquartier, Quelle: Eigene Aufnahme

Abbildung 19: Einkommensarten der Hauptmieter im Weltquartier, Quelle: Eigene Darstellung nach Pro Quartier (2006)

Abbildung 20: Perspektive Innenhof nach Modernisierung, Quelle: IBA Hamburg GmbH (2009)

Abbildung 21: Städtebauliches Entwicklungskonzept (Stand 10.2009) Weltquartier, Quelle: IBA Hamburg GmbH

Abbildung 22: Ansicht zukünftiger "Energiebunker" von Süden, Quelle: Eigene Aufnahme

Abbildung 23: Infografik zum Energiekonzept des Energiebunkers, Quelle: IBA Hamburg GmbH (2009)

Abbildung 24: Erlöspotential stromgeführter BHKW Betrieb pro Jahr in €, Quelle: Eigene Darstellung nach Ackmann, Braunagel, Schäfers (2009)

Abbildung 25: Niederspannungstrassen Weltquartier (blau) und mögliche Anschlussgebiete im Reiherstiegviertel (rot), Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 26: Jahresstromrechnung Referenzhaushalt Weltquartier, Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 27: Mögliche Werbeformate für den "Weltstromtarif", Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 28: Infografik zu Energieverbräuchen, Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 29: Beispiel Energieverbrauchsampel zur Bewertung des eigenen Stromverbrauchs, Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 30: Mögliche Darstellungsform des Stromverbrauchs, Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 31: Verwendung des Subventionscents und Aufbau des Bonuskontos, Quelle: Eigene Darstellung

IV. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

V. Abstract

(deutsch)

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Aufbau eines separaten Niederspannungsnetzes, auch Microgrid genannt, das eine finanzielle Entlastung der Stromkunden erlaubt und Chancen zur mittelfristigen, andauernden Energieeffizienzsteigerung bietet.

Beim Betrieb eines Microgrid entfallen eine Reihe von Abgaben, z. B Netznutzungsentgelte. Diese Kostenvorteile können an den Kunden weitergegeben werden. Das hier vorgestellte Tarifsystem für ein Microgrid enthält neben diesem Element noch Anreize zum Stromsparen, durch Belohnung niedrigen Verbrauchs sowie Zuschüssen zur Anschaffung neuer effizienter strombetriebener Geräte. Solch ein Tarifsystem ist jedoch nur mit einem Netzbetreiber möglich, der nicht nach Maximie rung der Rendite strebt, sondern dem ein ausgeglichenes Betriebsergebnis ausreicht.

Aufgrund des Kostenaufwands für den Aufbau eines Microgrids handelt es sich bei dieser Überlegung vorerst um ein Mo dell, dessen Umsetzbarkeit im Realexperiment erprobt werden muss. Eine Anwendung wäre im Rahmen der Internationa len Bauaustellung (IBA Hamburg) in Hamburg Wilhelmsburg, im südlichen Reiherstiegviertel, möglich. Zurzeit wird hier u.a. eine Mehrfamilienhaussiedlung aus den dreißiger Jahren energetisch saniert und an ein Wärmenetz angeschlossen, das durch regenerativ betriebene Blockheizkraftwerke (BHKW) und Solarthermie gespeist werden soll. Der Betreiber dieser Anlage ist ein kommunales Unternehmen, Hamburg Energie, und wäre prinzipiell in der Lage, ein Microgrid parallel zum Wärmenetz aufzubauen und zu betreiben. Der bei der Wärmeerzeugung durch Kraft Wärme Kopplung (KWK) erzeugte Strom könnte, anstatt ins Verbundnetz eingespeist zu werden, an lokale Nachfrager über das Microgrid abgegeben werden.

Anhand dieses Beispiels soll die Möglichkeit des wirtschaftlichen Betriebs des Microgrids, bei gleichzeitiger finanzieller Entlastung der Stromabnehmer, überprüft werden. Darauf folgend wird der Rahmen für ein Tarif und Anreizsystem zur Steigerung der Energieeffizienz und der weiteren finanziellen Entlastung der traditionell eher finanzschwachen Haushalte des südlichen Reiherstiegviertels entwickelt. Ein derartiges Vorgehen bietet so evtl. Mittel, Mietsteigerungen durch energe tische Sanierungen aufzufangen.

(englisch)

This thesis is concerned with the implementation and a tariff system of a microgrid, that is an electric low voltage grid not connected to the central national grid. Such a microgrid allows a reduced electricity price for customers provides opportunities for realizing sustained energy savings.

With the operation of a microgrid, a number of fees are avoided that usually have to be paid by the distribution grid opera tor. These cost savings can be passed on to customers. The tariff system presented here contains this plus another ele ment: a reward for low electricity consumption coupled with a subsidy of the purchase of energy efficient appliances. This tariff system would likely not be implemented by a grid operator seeking to maximize returns, but could be an option for an operator who is content with covering his costs, as might be the case for a municipal enterprise.

Such a microgrid arrangement requires an upfront investment cost that is not covered through the tariff system presented here. Thus, the system presented here is a model that would have to be tested in a real world experiment. The Interna tional Building Exhibition (IBA), in its “Reiherstiegviertel” project, could provide a suitable context for such a pilot project. At the moment, a whole district (the “Reiherstiegviertel”, a former social housing complex built in the 1930s), is being reno vated and retrofitted within the IBA territory. It will be connected to a district heating system fed by solar heat and heat from small CHP plants running on regenerative energy sources. The operator of this district heating system is a municipal energy provider, Hamburg Energy, who could in principle build up an electric microgrid at the same time that the heat pipe network is being laid in the ground This provider who is already active in the electricity trade, could also operate the micro grid.

The tariff system presented in this thesis would provide some financial relief to the disadvantaged households in a tradi tionally financially weak area, thus counteracting the potential rent increases that are often a consequence of energy efficient retrofitting.

1. Einleitung

Die Abhängigkeit von Rohstoffimporten aus dem Ausland, die Endlichkeit der Rohstoffvorkommen, die gestiegene Nachfrage auf dem Weltmarkt nach fossilen Energieträgern, sowie der drohende Kli mawandel fördern den Ausbau der regenerativen Energien. Momentan werden etwa 15 Prozent des Stroms in Deutschland regenerativ gewonnen [vgl. BDEW 2009, S. 5] - Ziel ist es, nach Aussage des Bundesumweltministers bis 2050 eine nahezu hundertprozentige Stromversorgung aus regenerati ven Quellen zu erreichen [HAZ, 8.12.2009].

Aufgrund der bestehenden Versorgungsstruktur, die auf eine zentrale Stromversorgung durch fossile Energieträger ausgelegt ist, durch hohe Umbaukosten und vorhandene Anlagen, wird dieser Umstieg nur langfristig vollzogen werden können. Die Möglichkeit der Senkung des Energiebedarfs durch eine höhere Energieeffizienz würde den Umstieg beschleunigen. Daher haben die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) das Ziel, bis 2020 durch mehr Energieeffizienz 20 Prozent des Energiever brauchs einzusparen. Laut der Bundesregierung ist dies sogar eine der „dringendsten Aufgaben der Gegenwart“ [Bundesregierung 2006, Zugriff: 16.2.2010]. Es gibt bereits zahlreiche Ansätze zur Steige rung der Energieeffizienz, die von einfacher Sensibilisierung für das Thema des Energiesparens, über Beratungsangebote und rechtlichen Mindesteffizienzstandards, bis hin zu Techniken intelligenter Stromnetze und einem aktiven Lastenmanagement gehen.

Das Thema Energieverbrauch hat auch eine erhebliche soziale Dimension: Während die Strompreise sich von 1998 bis 2006, laut Verbraucherpreisindex, um 26,7 Prozent erhöht haben, sind die Reallöh ne leicht gesunken. Für Transferleistungsempfänger nach Sozialgesetzbuch II (SGB II) ist der Anteil am Regelsatz für Haushaltsstrom in dieser Phase nur um 7,2 Prozent erhöht worden. Arbeitslosengeld II Empfängern wird damit ein zunehmender Teil des Konsumgeldes für Nahrung, Kleidung und sonstige Güter durch die Stromkosten entzogen, da Stromkosten nicht wie Heizung und Warmwasser direkt von der öffentlichen Hand übernommen werden. Landesweit werden in diesem Zusammenhang jähr lich zwei Prozent der Anschlüsse von Stromversorgern gesperrt, da diese Haushalte die Stromkosten nicht mehr zahlen können - „Stromschulden“ sind oft die Folge [vgl. M. Duscha/E. Dünnhoff 2007, S. 4].

In Großstädten führt der Mietpreisanstieg in innenstadtnahen Quartieren durch Reurbanisierung, zusätzlich zum Anstieg der Nebenkosten, zu deutlichen Mietpreissteigerungen. So titelte Die Welt „Wohnen in der Metropole Hamburg wird allmählich zum Luxus“. 22 Prozent gestiegenen Preisen bei Neuvermietungen gegenüber dem Vorjahr und insbesondere stark angestiegenen Nebenkosten für Wärme und Strom seien hierfür Verursacher [vgl. Die Welt, 15.12.2009]. Eine niedrige Wohnungs neubauquote und ein Auslaufen von großen Beständen an mietpreisgebundenen Wohnungen haben besonders für finanzschwache Haushalte zu Verdrängungseffekten geführt.

Bei der Internationalen Bauaustellung Hamburg, auf der Elbinsel Wilhelmsburg, werden Lösungsan sätze für Probleme der Großstädte im 21. Jahrhundert gesucht. Zwei Projekte, welche die Themen Energie und die sozialverträgliche Sanierung von günstigem Wohnraum behandeln, könnten gemein sam Lösungen für die oben genannten Probleme aufzeigen. Der sogenannte „Energiebunker“ - ein Flakbunker aus dem zweiten Weltkrieg, der zu einem Wärmespeicher, gespeist aus regenerativ ge wonnener Energie, umgebaut werden soll - und das „Weltquartier“ - eine Mehrfamilienhaussiedlung mit über 800 Wohneinheiten aus den dreißiger Jahren, die energetisch saniert und städtebaulich optimiert werden soll. In diesen beiden Projekten sind die oben angesprochenen Themen, Nutzung erneuerbarer Energien und die Steigerung der Energieeffizienz, durch eine sozial verträgliche Sanie rung mit niedrigen Mieten enthalten.

Das Weltquartier soll mit der Wärme aus dem Energiebunker über ein Nahwärmenetz versorgt wer den. Die Wärme wird aus regenerativen Energieträgern umgewandelt. Die Besonderheit an dem Konzept des Energiebunkers ist der mit 8000m³ sehr große Warmwasserspeicher im Inneren des Bunkers, der je nach Witterung zu bestimmten Zeiten den Wärmebedarf der umliegenden Haushalte für mehrere Tage bereithalten kann [IBA Projektdaten, 2010].

Bisher gehen die Planungen vom primären Ziel aus Wärme zu produzieren und den anfallenden Strom aus der Kraft Wärme Kopplung der BHKW in das Verteilernetz einzuspeisen. Bei einem Betrieb der hauptsächlich auf Stromerzeugung ausgerichtet und vom Wärmebedarf, durch den großen Spei cher, zeitlich entkoppelt ist, ließe sich für den Betreiber - nach momentanem Stand das kommunale Unternehmen Hamburg Energie - eine Menge Geld zusätzlich zum Wärmenetz verdienen. Es gibt hierzu mehrere Vermarktungskonzepte und damit auch Betriebskonzepte für den Verkauf des Stroms. Die Verlegung eines eigenen Verteilernetzes parallel zum Wärmenetz, ein sogenanntes Mic rogrid, bietet hohes Ertragspotential und eine Reihe von finanziellen Vorteilen für die Stromkunden.

Das kommunale Unternehmen Hamburg Energie, welches aus umweltpolitischen Aspekten 2009 als Stadtwerk neugegründet wurde, arbeitet im Gegensatz zum Grundversorger Vattenfall nicht nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung, sondern hat die Aufgabe, bei einer ausgeglichenen Jahresbi lanz, regenerativen Energien in Hamburg zu fördern. Das bedeutet für das Microgrid Energiebunker Weltquartier, dass ein Strompreis angeboten werden könnte, der lediglich kostendeckend wäre und somit vermutlich deutlich unter dem Strompreis von Vattenfall läge. Diese Einsparungen sind durch den Aufbau eines eigenen Netzes erst möglich, da keine Netznutzungsentgelte von Hamburg Energie an den Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) zu zahlen wären, was etwa fünf Cent pro Kilowattstunde weniger wären. Einen Teil dieser Einsparungen - Netzkosten bestünden weiterhin, jedoch in geringe rer Menge - könnte man direkt durch einen niedrigeren Strompreis an die Bewohner des Weltquar tiers weiterleiten und diese bei Neueinzug in die sanierten Wohnungen zu einem Wechsel zu Ham burg Energie, dem kommunalen Ökostromanbieter, überzeugen.

Verknüpft mit dem günstigeren Strombezug würde ein neues Tarifsystem etabliert werden, welches einen geringen Stromverbrauch belohnt und Anreize setzt, die Energieeffizienz deutlich zu steigern. Damit würde zusätzlich die finanzielle Belastung von finanzschwachen Haushalten gemindert werden und eine sozial gerechte Sanierung des Weltquartiers unterstützt. Die Notwendigkeit einer finanziel len Entlastung wird deutlich bei der Betrachtung der Sozialstruktur des Viertels, in dem über 30 Pro zent arbeitslos sind (siehe Kapitel 4.2). Eine unabdingbare Verknüpfung der finanziellen Entlastung mit der Stromeffizienzerhöhung im Weltquartier, zeigt sich an der Elektrogeräteausstattung: Bei Be obachtungen wurde mehrmals der Betrieb von über 30 Jahren alten Kühlschränken festgestellt. Hier besteht enormer Nachholbedarf und ein großes Potential zur Energieeffizienzsteigerung. Bei Er schließung dieser Potentiale könnten Haushalte ihre Stromkosten merklich senken. Durch eine inte grierte Strategie aus niedrigem Strompreis und erhöhter Energieeffizienz, damit weiterer Kostensen kung, lassen sich überregionale Klimaschutzziele und soziale Probleme auf lokaler Ebene bearbeiten.

Ziel der Arbeit ist die Untersuchung der Wirtschaftlichkeit des Aufbaus und Betriebs eines Microgrid im Weltquartier, bei dem gleichzeitigen Angebot eines sehr günstigen Strompreises für die lokalen Haushalte. In Verbindung mit einem zu entwickelnden Anreizsystem, welches die Energieeffizienz fördert, soll die Möglichkeit einer weiteren finanziellen Entlastung für die Haushalte betrachtet wer den. Durch die gemeinsame Betrachtung von Energieeffizienzsteigerung und finanzieller Entlastung der Haushalte, soll die Möglichkeit zur gemeinsamen Lösung sozialer und energetischer Aufgaben in Stadtquartieren aufgezeigt werden. Die Forschungsfrage lautet also folgendermaßen:

1.1 Forschungsfrage

Ist es möglich, durch ein integriertes Vorgehen - bei Strombezug aus einem Microgrid - mit niedri gem Strompreis und einem Anreizsystem zur Energieeffizienzsteigerung, insbesondere finanzschwa che Haushalte finanziell deutlich zu entlasten und gleichzeitig zum Stromsparen zu animieren, um ansteigende Wohnraumkosten auszugleichen?

1.2 Aufbau und Methodik der Arbeit

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in drei wesentliche Abschnitte: Der Erläuterung von Grundlagen der Haushaltsenergieversorgung, der Anwendung auf das Projektgebiet mit neuem Tarifsystem und Microgrid, sowie der Schlussbetrachtung der Arbeit. Nach der Einleitung behandelt der erste Ab schnitt der Arbeit Grundlagen der Strom und Wärmeerzeugung, sowie Betrachtungen zu den The men Energieeffizienz und der Haushaltstromnachfrage. Die rechtlichen und technischen Rahmenbe dingungen der Energiewirtschaft, mit dem Fokus auf Kraft Wärme Kopplung, Blockheizkraftwerke und Microgrids, werden in Verbindung zu Möglichkeiten der Energieeffizienzsteigerung gesetzt.

Im zweiten Abschnitt werden die aus Literatur, Interviews und eigenen Untersuchungen gewonne nen Erkenntnisse aus dem ersten Abschnitt auf das Projektgebiet in Hamburg Wilhelmsburg ange wendet. Nach einer Beschreibung der aktuellen Planungen in Weltquartier und Energiebunker wer den im fünften Kapitel Strategien für den Aufbau des Microgrid erläutert und eine Wirtschaftlich keitsberechnung durchgeführt. Auf dieser Berechnung basieren die im sechsten Kapitel genutzten finanziellen Spielräume, welche für die Funktion des innovativen Tarif und Anreizsystems essentiell sind. Die Frage der Kundenakquise wird ebenfalls thematisiert, da hiervon die Wirtschaftlichkeit des Microgrid abhängig ist. Der dritte Abschnitt fasst die Ergebnisse zusammen, bewertet diese in Bezug auf die Fragestellung und gibt einen allgemeinen Ausblick bezüglich weiteren Handlungsbedarfs.

Für die Erarbeitung des ersten Abschnitts dienten Veröffentlichungen zum Energierecht und zur Energietechnik. Überwiegend unabhängige wissenschaftliche Studien - besonders zum Thema der Stromnachfrage und Stromtarifen von Privathaushalten - ergänzen dieses. Auswertungen von Zei tungsartikeln und Internetseiten der Stromanbieter halfen bei der Analyse und Bewertung vorhan dener Stromtarife.

Das Material zum Projektgebiet stammt größtenteils aus Quellen der IBA Hamburg. Dazu wurden durch Expertengespräche mit Herrn Januschek von der Arbeitsloseninitiative Wilhelmsburg und Frau Pelz von Pro Quartier, weitere Erkenntnisse gewonnen, da die beiden mit den Bewohnern vor Ort arbeiten und deren Situation kennen. Außerdem wurden stichprobenartige Beobachtungen zu Elekt rogeräten in vier Wohnungen im Weltquartier gemacht. Der Zweck hierfür war eine Erkenntnis - in Verbindung mit den Expertengesprächen über die tatsächliche Ausstattung und damit den Strom verbrauch der Haushalte im Weltquartier zu erhalten. Basis für die Wirtschaftlichkeitsberechnung des Microgrid sind Daten aus [EWU 2004], die auf langjährigen praktischen Erfahrungen beruhen. Das Stromtarif und Anreizsystem wurde aus einer Kombination der erwähnten Expertengespräche und Beobachtungen, vorhanden Studien sowie eigenen Ideen entwickelt.

2. Grundlagen der Strom und Wärmeerzeugung

Für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit des Microgridbetriebes müssen Rahmenbedingungen für die Verlegung des Wärmenetzes und der parallelen Stromversorgung erläutert werden. Hierfür be darf es des Grundlagenwissens zur Strom und Wärmeversorgung mit dem Fokus auf Wärmenetzen, Blockheizkraftwerken und dem Betrieb von Microgrids. Neben der Darstellung der Grundlagen, wer den im folgenden Kapitel relevante rechtliche Rahmenbedingungen für den Betrieb von BHKW und Stromnetzen erläutert. Diese bestimmen die Vergütung des angebotenen Stroms und sind damit entscheidend für die Beantwortung der Forschungsfrage

2.1 Das Stromversorgungssystem

Das Stromversorgungssystem gliedert sich in

i. Energieerzeugung
ii. Energieumwandlung
iii. Energietransport
iv. Energieverteilung
v. Energieverbrauch (Endverbraucher)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Dezentrale Stromversorgung in Deutschland, Quelle: Eigene Darstellung

Bei der Energieerzeugung wird Primärenergie, z.B. in Form von fossilen Brennstoffen, gewonnen. Aufgrund der oft nur lokalen Verfügbarkeit, wird der Primärenergieträger in einem bisher meist zent ral liegenden Kraftwerk in eine Endenergie umgewandelt - in diesem Fall Strom. Für den Transport der Endenergie bzw. des Stroms wird ein zweistufiges Verteilernetz benötigt. Dieses ist erforderlich, da die Stromversorgung netzgebunden ist, weil zwischen den Orten der Primärenergiegewinnung (z.B. Braunkohletagebau) und den Orten des Strombedarfs (Städte, Industrie etc.) oft große Differen zen liegen. Dieses Netz wird auch Übertragungsnetz genannt [vgl. Tietz 2007, S. 22 f].

Die obere Ebene des Übertragungsnetzes ist der Stromtransport über ein Höchstspannungsnetz, welches in Deutschland auf der Höchstspannungsebene ein 220 bis 380 kV Netz ist und die Ver brauchsschwerpunkte sowie die Haupteinspeisungspunkte verbindet. Darunter befindet sich das 110 kV Hochspannungsnetz, das die Versorgung von Ballungsräumen sicherstellt Das Mittelspannungsnetz, mit einer Spannung von 20kV, sowie das Niederspannungsnetz bilden das lokale Verteilernetz. Das Mittelspannungsnetz versorgt unter anderem Großunternehmen, wogegen das Niederspannungsnetz für die Feinverteilung des Stroms sorgt und genau an die Siedlungsstruktur angepasst ist. Mit einer Spannung von 0,4kV werden dabei Wohnhäuser und Kleinbetriebe versorgt.

Zwischen diesen Netzen werden immer Transformatoren Stationen zwischengeschaltet, um die Spannung herauf bzw. herabzusetzen. Da der Strom bisher nicht oder nur sehr schlecht speicherbar ist, muss der Strom immer im Moment des Verbrauchs produziert werden, was dazu führt, dass die Kapazität des Netzes mindestens der Jahreshöchstlast entspricht [vgl. Tietz 2007, S. 28].

Das Gleichgewicht zwischen Stromeinspeisung und abnahme ist für die Funktion des Stromnetzes sehr wichtig, da Schwankungen eine Änderung der Netzfrequenz zur Folge haben. Lediglich geringe Schwankungen können durch das System aufgefangen werden. Alles was über diese geringen Abwei chungen hinausgeht, kann zur Systeminstabilität führen, so dass elektrische Geräte beschädigt wer den könnten. Im ungünstigsten Fall kommt es bei den Kraftwerksgeneratoren zu Resonanzschwin gungen, wodurch die Möglichkeit einer Beschädigung besteht. Dadurch würde der Generator und dementsprechend die Kraftwerksleistung ausfallen, sodass es bei einem mehrfachen Ausfall zu gro ben Netzstörungen und in der Folge einem Blackout kommt, wie im Herbst 2006 in großen Teilen Mitteleuropas geschehen. Die Frequenz soll durchgehend 50 Hz betragen und darf lediglich um 0,05 Hz abweichen [vgl. Leuschner(a) 2008, Zugriff: 21.12.2009]. Treten hierbei Schwankungen auf, wer den diese durch den Einsatz von positiver oder negativer Regelenergie ausgeglichen, was in Kapitel 2.1.2 genauer erläutert wird.

Durch die Dimensionierung des Stromnetzes kommt es zu erheblichen Kapitalkosten für den Aufbau und die Unterhaltung. Daher spricht man bei der Stromdurchleitung, wegen der hohen Anfangskos ten aber geringer Erweiterungskosten zur Erzielung einer Leistungssteigerung, von einem natürlichen Monopol. Auch ist das deutsche Netz in das europäische ENTSOE Netz (European Network of Trans mission System Operators for Electricity) integriert, so dass man eher von einem gesamteuropäi schen Netz sprechen kann [vgl. ucte.org, 2010].

2.1.1 Strommarkt in der EU und Deutschland

Das deutsche Verbundnetz nimmt, wie oben erwähnt, am europäischen Stromaustausch über die Höchstspannungsebene teil. Das deutsche Höchstspannungsnetz ist in das westeuropäische einge bunden. Der Stromaustausch wird durch die ENTSOE koordiniert, welche die Vorgängerorganisation UCTE 2009 übernommen hat. Das Höchstspannungsnetz wird in Deutschland von den vier Netzge sellschaften E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW betrieben, die gleichzeitig etwa 75 Prozent des Stroms in Deutschland produzieren. Für den Bereich Hamburg ist der Netzbetreiber die Vattenfall AG mit Hauptsitz in Schweden [Leuschner(b) 2008, Zugriff: 21.12.2009].

Die vier Netzgesellschaften gibt es in dieser Form erst seit ein paar Jahren, da die deutsche Elektrizi tätswirtschaft 1998 liberalisiert wurde. Grundlage war die EG Binnenmarktrichtlinie Elektrizität, die durch das Energiewirtschaftsgesetz in nationales Recht umgesetzt wurde. Ziel der Liberalisierung war, dass die Elektrizitätsnetzbetreiber eine diskriminierungsfreie Öffnung ihrer Netze für den Wett bewerb Dritter ermöglichen. Außerdem wurde die Strombörse EEX (European Energy Exchange) mit Sitz in Leipzig eingerichtet, an der inzwischen 15 Prozent des Stroms in Deutschland gehandelt wer den und die großen Einfluss auf den Preis des gehandelten Stroms hat. Die Energieversorgungsunter nehmen wurden zu einer eigentumsrechtlichen, organisatorischen und buchhalterischen Entflech tung, dem Unbundling der Funktionen der Stromerzeugung, Übertragung und -Verteilung, gezwun gen [vgl. Swider 2006, S. 4f].

Beabsichtigt war, für den Energiesektor einen freien europäischen Markt zu schaffen, was bis jetzt noch nicht in vollem Umfang geschehen ist. Aufgrund zahlreicher Defizite bei den nationalen Umset zungen, kam es in den letzten zehn Jahren regelmäßig zu Gesetzesänderungen durch die EU sowie den Bund. Dabei wurden die Möglichkeiten der kleineren Versorgungsunternehmen und Stadtwerke aufgrund von Unbundling, der Anreizregulierung oder einer europaweiten Ausschreibungspflicht stark beschnitten, so dass es neben der Zusammenlegung der ÜNB von acht auf die vier oben ge nannten, inzwischen auch zu einem vermehrten Zusammenschluss von Stadtwerken kam. Durch die finanziell angespannte Situation der Kommunen sind viele kommunale Energieversorger privatisiert worden, was sich jedoch in Teilen in den letzten Jahren durch Rekommunalisierungen und Neugrün dungen umzukehren scheint [Leuschner (b) 2008, Abruf: 21.12.2009].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Strom wird in Deutschland überwiegend in großen, zentralen Wärmekraftwerken herge stellt, also in Anlagen, die Strom aus Wärme mit Hilfe von gas oder dampfbetriebenenTurbinen erzeugen. Die Netto Stromerzeugung kam im Jahr 2008 zu jeweils 23 Prozent aus Atomenergie und Braunkohle, 19 Prozent Steinkohle, 14 Prozent Erdgas, 15 Prozent erneuerbare Energien. Sechs Prozent wurden aus sonstigen Quellen wie z.B. Müll erzeugt. Der Strom aus erneuerbaren Energie trägern, vorwiegend in dezentralen Anlagen erzeugt, kam 2008 zu 3,4 Prozent aus Wasser kraft, zu 7 Prozent aus Windkraft, zu 4,5 Pro zent aus Bioenergie und zu 0,6 Prozent aus Photovoltaik [vgl. BDEW 2009, S. 13].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Anteile der Energieträger an der Netto Stromerzeugung in

Deutschland 2008, Quelle: Eigene Darstellung nach BDEW 2009

Netto Stromerzeugung ist in den letzten Jah ren deutlich angestiegen und wird sich durch den angestrebten Bau von Offshore Windkraftwerken weiter verstärken. Dieses gleicht den Wegfall aller Atomkraftwerke, aufgrund des von der rot grünen Bundesregierung 2001 beschlossenen Atomausstiegs, nur teilweise aus, da Windkraftwerke aufgrund der Unstetigkeit des Windes nur eingeschränkt die Grundlast der Stromversorgung bedienen können. Daher werden vermutlich Geothermie und die Bioenergienutzung durch Blockheizkraftwerke eben falls an Bedeutung gewinnen. Die gleichzeitige Strom und Wärmeproduktion ist wirtschaftlich und energetisch - aufgrund des höheren Wirkungsgrades - vorteilhaft und wird daher vom Bund geför dert. Der Anteil an KWK Strom lag 2007 in Deutschland bei 12,2 Prozent [vgl. Eurostat 2008].

Der Strompreis in Deutschland setzt sich aus vier grundsätzlichen Kostenbestandteilen zusammen: Aus den Kosten für die Netznutzung und dem Netznutzungsentgelt, die 16,3 Prozent des Preises für den Endverbraucher ausmachen, sowie den Kosten für Messung und Abrechnung, die bei vier Pro zent liegen. Der jährliche Pauschalbetrag wird auf die monatliche Stromabschlagszahlung umgelegt. Staatliche Abgaben und Steuern wie die Mehrwertsteuer, die Stromsteuer, die Konzessionsabgabe und Abgaben aus dem Erneuerbare Energien Gesetz

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Zusammensetzung Strompreis, Quelle Eigene Darstel lung nach BMWI (2009), S. 36

(EEG) und dem Kraft Wärme Kopplungsgesetz (KWKG), gehen mit insgesamt 45,5 Prozent in den Strompreis ein. Die Kosten für den Strombezug, Mes sung und für den Vertrieb, inklusive der Marge, lie gen dagegen bei nur 38 Prozent (siehe Kapitel 2.3). Der Strompreis für private Haushalte ist in den neunziger Jahren relativ stabil auf einem Niveau von 15 Cent/kWh geblieben, im letzten Jahrzehnt aber stark angestiegen, so dass 2009 in Deutschland durchschnittlich 22 Cent/kWh gezahlt werden muss te [Bundesnetzagentur 2007, Abruf: 16.02.2010].

2.1.2 Regelenergiemarkt

Die Stromwirtschaft muss aufgrund der Unspeicherbarkeit elektrischer Energie zu jedem Zeitpunkt genau so viel Strom bereitstellen wie benö tigt wird, da es sonst zu Frequenzschwankungen und den zu Anfang des Kapitels beschriebenen Problemen kommt. Daher wird der Strombedarf für den jeweils nächsten Tag prognostiziert. Auf Basis dieser Prognose werden dann die entsprechenden Kapazitäten bereitgestellt, wobei es hier aufgrund von Leistungsausfällen oder unvorhergesehenem Mehrbedarf zu Prognosefehlern kommt. Dadurch entstehen Frequenzschwankungen, die vom ÜNB ausgeglichen werden müssen. Der ÜNB hat die Aufgabe, die Versorgungsqualität mit einer konstan ten Netzfrequenz herzustellen. Um diese Abweichungen auszugleichen wird Regelenergie genutzt. Regelenergie hat den einzigen Zweck, kurzfristige Frequenzschwankungen durch ein dreistufiges System aus Primärregelung, Sekundärregelung und Minutenreserve auszugleichen [Leuschner (a) 2008, Abruf: 21.12.2009].

Die Primärregelung setzt unmittelbar bei Frequenzschwankungen innerhalb von fünf Sekunden au tomatisch ein. Die Primärreserve wird von allen Kraftwerken im Verbundnetz durch eine simple Leis tungssteigerung bereitgestellt, da diese verpflichtet sind zweieinhalb Prozent der Erzeugungsleistung freizuhalten. Die Primärreserve dient nur zu einer kurzzeitigen Frequenzerhaltung und wird nach 30 Sekunden zurückgefahren, da bei erneuten Frequenzschwankungen wieder Primärreserve zur Verfü gung stehen muss. Nach 30 Sekunden setzt automatisch die Sekundärregelung ein, indem schnellan laufende Gas oder Pumpspeicherkraftwerke hinzu geschaltet werden. Dieses passiert nicht im ge samten Stromnetz, sondern in dem Netzbereich, in dem der Mehrbedarf aufgetreten ist. Sollte die Netzfrequenz nach wie vor noch nicht wieder 50 Herz erreicht haben, setzt die manuelle Tertiärrege lung, die Minutenreserve, ein. Diese muss in der Lage sein die, Sekundärreserve innerhalb von 15 Minuten soweit zu unterstützen, dass diese zurückgefahren werden kann, um bei neuen Frequenz schwankungen wieder bereit zu stehen [Leuschner (a) 2008, Abruf: 21.12.2009].

Wenn die Stromproduktion einem sinkenden Verbrauch angepasst werden muss, spricht man von negativer Regelenergie. Im Gegensatz zu dem eben beschriebenen Vorgang, der Bereitstellung posi tiver Regelenergie, wird hierbei Leistung abgeschaltet. Positive und negative Regelenergie wird nach § 6 der Stromnetzzugangsverordnung (StromNZV) von den Übertragungsnetzbetreibern getrennt ausgeschrieben und vom günstigsten Anbieter bezogen. Die Bereitstellung von Primär und Sekun därleistung erfolgt für sechs Monate, wohingegen die Minutenreserve für den darauffolgenden Tag, über den sogenannten „Day ahead Markt“ angeboten wird. Anbieter sind z.B. Stadtwerke oder Kraftwerksbetreiber, die den Übertragungsnetzbetreibern ihre Leistung über ein Internetportal an bieten. Die Anbieter von Regelenergie müssen jedoch durch Präqualifikation hohe technische Anfor derungen erfüllen, was die Zahl der Anbieter auf einige wenige, eher große Anbieter beschränkt. Nach erfolgreicher Präqualifikation wird ein Vertrag zwischen Übertragungsnetzbetreiber und dem Anbieter von Regelenergie geschlossen, auf dessen Basis der Anbieter von Regelenergie an den tägli chen Ausschreibungen teilnehmen darf [Leuschner (a) 2008, Abruf: 21.12.2009].

Besonders die Bereitstellung von Minutenreserve ist finanziell sehr lohnend, so dass in Einzelfällen über 1,50 Euro/kWh erzielt werden können. Gleichzeitig wird durch Primär und Sekundärregelung die Mehrheit der Netzschwankungen aufgefangen, so dass die Minutenreserve nur selten in An spruch genommen werden muss. Aufgrund der stärkeren Nutzung von Windenergie und den damit verbundenen Prognosefehlern ist jedoch von einer leichten Steigerung des Minutenreservebedarfs auszugehen [Leuschner (a) 2008, Abruf: 21.12.2009].

2.2 Das Wärmeversorgungssystem

Bei der Wärmeversorgung muss zwischen leitungsgebundener Wärmeversorgung und der dezentra len Wärmeversorgung unterschieden werden. Bei der dezentralen Wärmeversorgung werden Pri märenergieträger wie z.B. Kohle, Öl oder Sonnenenergie am Ort des Verbrauchs in Endenergie, sprich Wärme, umgewandelt [vgl. Tietz 2007, S. 47]

Der Bereich der leitungsgebundenen Wärmeversorgung hat für diese Arbeit vorrangige Bedeutung - im Prinzip unterscheidet sich diese schematisch kaum vom Stromversorgungssystem. Jedoch kom men hier andere Primärenergieträger zum Einsatz, da der Aufwand beim Wärmetransport höher ist und somit aus wirtschaftlichen Gründen eine geringere Entfernung vom Endkunden benötigt wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: System der leitungsgebundenen Wärmeversorgung in Deutschland, Quelle: Eigene Darstellung

Häufig wird Erdgas verwendet, was direkt in die Haushalte geleitet werden kann, nachdem es vorher in Hochdruckleitungen über teilweise sehr weite Strecken von der Erzeugung bis zum Verteilernetz transportiert wurde.. Eine weitere Möglichkeit besteht durch die Umwandlung der Primärenergieträ ger - mehrheitlich Kohle, Öl, Sonnenenergie - in zentralen Heizwerken in Verbrauchernähe zu Nah oder Fernwärme, die dann über das Transportmedium Wasser in die Haushalte transportiert wird. Eine weitere „Wärmeinsel“ die hierbei genutzt wird, ist die Abwärme aus der Stromerzeugung durch Kraft Wärme Kopplung, wodurch eine wesentlich höhere Energieeffizienz erreicht werden kann [vgl. Tietz 2007, S. 48].

Der meistverwendete Primärenergieträger Gas ist an den Ölpreis gekoppelt, was in den letzten Jah ren zu einem unverhältnismäßigen Preisanstieg geführt hat. Des Weiteren wird durch die energeti sche Sanierung bei Altbauten und durch den abnehmenden Wärmebedarf bei Neubauten die Nach frage nach Wärme eher verringert - was für die Versorgungsunternehmen zu einer Steigerung der Verteilungskosten führt.

Anders als bei der Strom oder Wasserversorgung, handelt es sich bei der Wärmeversorgung nicht um einen Bereich der Daseinsvorsorge, was bedeutet, dass nicht jeder Haushalt mit Nah , Fernwär me oder Gas versorgt werden muss. Daraus folgt, dass ein Wärmeversorgungsnetz nur dann einge richtet wird, wenn es wirtschaftlich rentabel oder aus umweltpolitischen Gründen gewollt ist [AGFW 2008, S. 7].

Die Rentabilität ist am höchsten, wenn das Kraftwerk zur Wärmeerzeugung nahe am Verbrauch ist, da so geringere Wärmeverluste beim Transport entstehen. Wenn möglich sollten Wärmequellen, bei Nutzung fossiler Brennstoffe, außerhalb von Siedlung errichtet werden, da damit oft nicht vernach lässigbare Emissionen verbunden sind. Ein Grund für die lange Lebensdauer der Fernwärmesysteme begründet sich ebenfalls über die hohen Investitionskosten für die Isolation des Wärmenetzes.

2.2.1 Wärmeversorgung in Deutschland

Aufgrund der unterschiedlichen Dämmungsstärken variiert der Bedarf an Wärme stark nach Gebäu dealter und -typ. Die Spanne reicht von über 400 kWh/m[2]a bei ungedämmten Bauten bis zu weniger als 15 kWh/m[2]a bei Passivhäusern. Bei älteren Bauten sind 200 und mehr kWh/m[2]a jedoch nach wie vor Standard und geringe Energieeffizienz prägt die Mehrheit des deutschen Gebäudebestands, da in Deutschland in den letzten Jahren deutlich unter einem Prozent jährlich neugebaut wird [vgl. Statisti sches Bundesamt 2009].

77 Prozent der deutschen Wohneinheiten verfügt über eine gas oder ölbefeuerte Zentralheizung. Danach folgen mit 16 Prozent die Wohneinheiten, die durch Wärmenetze versorgt werden, wobei die Anteile in den alten Bundesländern mit elf Prozent und in den neuen Bundesländern mit 37 Pro zent stark differieren. Sieben Prozent der privaten Haushalte nutzen Einzel oder Mehrraumöfen. Die Mehrzahl davon sind Stromheizungen, der Rest sind Öfen, die mit Kohle, Briketts und Holz befeuert werden. Solarthermie, Wärmepumpen und Passivbauweise haben zurzeit einen marginalen Anteil an der Raumwärmebereitstellung, werden jedoch in den nächsten Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen [vgl. AGFW 2008, S. 6].

Insgesamt ist von einem deutlichen Rückgang des Wärmebedarfs in den nächsten Jahrzehnten aus zugehen, da Neubauten in der Regel mit einem sehr hohen Wärmestandard erbaut werden. So gibt es in Hamburg die Vorgabe der Bausenatorin Anja Hajduk, dass Neubauten nur noch im Passivhaus standard errichtet werden dürfen [vgl. Die Welt, 19.01.2010]. Die Sanierungsquote der Bestandsge bäude liegt nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen einem und zwei Prozent pro Jahr. Durch einfachste Maßnahmen lassen sich hier große Einsparungen erzielen, die ebenfalls zu einer Verringe rung des Wärmebedarfs beitragen werden [vgl. Diefenbach 2006, S. 84 f.].

2.2.2 Wärmenetze und Wärmespeicher

Bei Wärmenetzen wird gewöhnlich in Nah und Fernwärme unterschieden. Fernwärmenutzung be steht nach dem Bundesgerichtshof [vgl. BGH Urteil NJW 1990, 1181] in dem Moment, wo die Wärme von einem Dritten aus einer zentralen Wärmeerzeugungsanlage bezogen wird, die sich nicht unmit telbar bei den „Wärmesenken“, den Wärmeabnehmern, befindet. In der Regel sind dieses große Heizkraftwerke, wie z.B. das sich in Hamburg im Bau befindliche Kohlekraftwerk Moorburg. In Island zeigt sich jedoch, dass durch Geothermie ebenfalls große Fernwärmenetze betrieben werden kön nen. Nahwärmenetze hingegen werden häufiger durch verbrauchsnah aufgestellte Blockheizkraft werke, die eigentlich der Stromproduktion dienen, mit Wärme versorgt [vgl. AGFW 2008, 11].

Der Transport von Wärme ist nur mit erheblichen Verlusten möglich. Daher befinden sich 30 Prozent der Wärmenetze in Großstädten, da hier eine hohe Wohnungsdichte und damit ein hoher Wärmebe darf besteht [vgl. AGFW 2008, Seite 5]. Die Wärme wird durch das Medium Wasser, welches eine hohe Temperaturstabilität hat, durch ein oft erdverlegtes, wärmegedämmtes Rohrsystem transpor tiert. Das Wasser wird in einem Kreislauf zwischen Energiequelle, dem Ort an dem das Medium Was ser erwärmt wird, und Energiesenke geführt. Die Rohrleitungen von der Wärmequelle zur Wärme senke werden als Vorlauf bezeichnet und umgekehrt das zurückgeführte, kältere Wasser als Rück lauf. Vorlauftemperaturen betragen je nach Systemgröße zwischen 80°C und 130°C [Tröster 2000, S. 27].

Beim Verbraucher erfolgt die Wärmeübergabe indirekt durch eine Übergabestation, die bei kleineren Verbrauchseinheiten hydraulisch vom Wärmenetz getrennt ist. Lediglich bei Großverbrauchern gibt es einen direkten Durchfluss, bei dem das Hausversorgungsnetz an das Nah bzw. Fernwärmenetz angekoppelt ist. Die Dimensionierung des Wärmenetzes richtet sich - wie auch beim Stromnetz - nach der Jahresmaximallast, also dem Zeitpunkt, wenn alle Anschlüsse gleichzeitig die maximale Wärmemenge benötigen. Weiterhin werden Rohrleitungssysteme auf möglichst geringe Verlegungs kosten und Wärmeverluste ausgerichtet [Tröster 2000, S. 18].

Ein wesentlicher Beitrag zur effektiveren Nutzung von Wärme sind Wärmespeicher. Da für die Auf heizung von Wasser in einem Durchlauferhitzer kurzzeitig eine hohe Wärmeleistung erforderlich ist, muss eine hohe Kraftwerkskapazität bereitstehen. In Form von Warmwasserbehältern lässt sich thermische Energie, also Wärme, über längere Zeiträume wesentlich effektiver speichern, als wenn die thermische Energie unmittelbar zum Zeitpunkt des Verbrauchs bereitgestellt werden muss. Somit lässt sich die Heizleistung deutlich reduzieren [Fisch, N., u.a. 2005, S.6].

Die kombinierte Erzeugung von elektrischer Energie und Abwärmenutzung durch ein Wärmenetz, gehört zu den primärenergetisch günstigsten Verfahren rationeller Energieerzeugung. Bei der Erzeu gung von elektrischer Energie wird die Abwärme im optimalen Fall in einem Wärmespeicher ange sammelt, der dann das Wärmenetz speist. Aufgrund der hohen Wärmestetigkeit des Speichers muss das Kraftwerk nur wenige Stunden am Tag betrieben werden, um das Wärmenetz über den Speicher ausreichend zu versorgen. Dieses kann z.B. während der Zeit der höchsten Stromlast in den Morgen und Abendstunden sein, so dass insgesamt wenig Primärenergie genutzt werden muss und gleichzei tig ausreichend elektrische Energie und Wärme erzeugt werden können [Fisch, N., u.a. 2005, S. 7].

Wärmespeicher werden nach der Temperatur (Nieder , Mittel und Hochtemperaturspeicher), der Dauer der Wärmespeicherung (Kurz und Langzeitwärmespeicher), nach physikalischen Prinzipien der Wärmespeicherung und nach dem Speichermedium - meist Wasser oder Gestein - unterschieden. Am häufigsten wird Wasser als Speichermedium verwendet, da dieses Medium ebenfalls in den da zugehörigen Wärmenetzen genutzt wird und aufgrund einfachen Umgangs, sowie flächendeckender Verfügbarkeit unkompliziert in der Nutzung ist.

Ein weiterer Vorteil ist die Eigenschaft der Schichtung des Wassers nach unterschiedlichen Tempera turen. Bei höheren Temperaturen hat Wasser eine geringere Dichte. So ist es je nach Bauart des Wärmespeichers möglich, im oberen Bereich die Wärme mit z.B. 95°C abzuführen und im unteren Bereich das kühlere Wasser aus dem Rücklauf mit 40°C einzuführen, ohne dass es zu einem Absinken der Vorlauftemperatur kommt. Bei der Konstruktion gilt, wie bei Wärmenetzen, das Prinzip der Ver meidung von zu hohen Wärmeverlusten durch eine möglichst kleine, gut gedämmte Oberfläche [Fisch, N., u.a. 2005, S. 37 ff].

2.3 Rechtliche Rahmenbedingungen im Bereich Strom und Wärmeversorgung

Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) enthält die grundlegenden Regelungen zum Recht der lei tungsgebundenen Energie. Das Gesetz hat das Ziel, eine „möglichst sichere, preisgünstige, verbrau cherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche“ Versorgung der Allgemeinheit mit Strom und Gas, den uneingeschränkten Wettbewerb auf dem Energiemarkt sowie die Umsetzung des Energie rechts der europäischen Gemeinschaft sicherzustellen [§ 1, EnWG]. Die Bestimmungen für Wärme gelten jedoch seit 2005 nicht mehr, da diese sich im Erneuerbare Energie Wärmegesetz (EEWärmeG) befinden.

Zur Erreichung der in § 1 genannten Ziele gibt es zahlreiche Mittel, wie die Genehmigungs und An zeigepflicht für Energieversorgungsnetzbetreiber. Des Weiteren die Regulierung des Netzbetriebes, da es sich dabei um ein natürliches Monopol handelt und der Staat hier eingreifen muss sowie die Versorgung von Letztverbrauchern durch Kontrahierungszwänge, da ein Netzanschlussanspruch be steht. Hiermit wird der Rahmen für den Markt der leitungsgebundenen Energieversorgung definiert. Dieser Rahmen wird durch die angeschlossenen Durchführungsverordnungen konkretisiert. In diesen werden Netzzugangsbedingungen, Entgelte, Konzessionsabgaben, Anschlussverordnungen und das Messwesen geregelt. Von besonderer Bedeutung für diese Arbeit sind die Konzessionsabgabenver ordnung (KAV) sowie die Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV). Diese und weitere für die Arbeit relevante Gesetze bzw. Verordnungen werden in der Folge kurz erläutert, wobei der Fokus auf Dar stellung der Rentabilität des Verteilernetzbetriebs und Vergütung für KWK und Regelenergie liegt.

Energieeinspargesetz(EnEG): Mit der Umsetzung der EG Richtlinie 2002/91/EG Energy Per formance of Buildings Directive wurde das 1977 in Kraft getretene Energieeinspargesetz zum dritten Mal geändert. Im Wesentlichen soll durch das EnEG der Aufwand von Primärenergie für die Versorgung von Gebäuden verringert werden. Da es sich bei dem Energieeinsparge setz um ein Rahmengesetz handelt, werden nur allgemeine Aussagen getroffen, die dann in der Energieeinsparverordnung konkretisiert werden.

Energieeinsparverordnung (EnEV): In der EnEV werden bautechnische Anforderungen zum effizienten Betriebsenergieverbrauch von Neubauten und Bestandsgebäuden vorgeschrieben. Die EnEV gilt für Wohn , Bürogebäude und Betriebsgebäude. Die EnEV gibt höchstzulässige Werte für den Jahresprimärenergieverbrauch pro Quadratmeter von Neubauten aus. Dabei wird die Gesamtbilanz des Gebäudes hinsichtlich der Anlagentechnik und des baulichen Wärmeschutzes erfasst. Aufgrund dieses Wertes kann ein Energieausweis für die Gebäude ausgestellt werden, der eine Vergleichbarkeit der Energiekosten für Käufer oder Mieter her stellen soll.

Erneuerbare Energien Gesetz (EEG): Das deutsche Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien, in der geläufigen Kurzfassung Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) genannt, soll nach § 1 Abs. 1 „die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus er neuerbaren Quellen fördern“. Es dient dem Klima und Umweltschutz und soll langfristig die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern wie Erdöl, Erdgas oder Kohle sowie Kernkraft ver ringern. Grundsatz ist eine finanzielle Förderung der Betreiber von Erneuerbaren Energie Anlagen. Für einen bestimmten Zeitraum wird ein fester Vergütungssatz für den erzeugten Strom gewährt, der sich an den Erzeugungskosten der Energieerzeugungsart orientiert, um so einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen zu ermöglichen. Der für neu installierte Anlagen festgelegte Satz sinkt jährlich um einen bestimmten Prozentsatz, um einen langfristigen An reiz für Kostensenkungen zu schaffen. Die Förderhöhe sinkt mit der Anlagengröße und unter scheidet sich je nach Stromerzeugungsart, so dass z.B. bei einer mit Biomasse betriebenen Anlage mit bis zu fünf MWel 8,25 Cent/kWh gezahlt werden. Die Biomasse muss, um förder fähig zu sein, Nachhaltigkeitskriterien entsprechen. Die EEG Förderung kann noch durch wei tere Boni ergänzt werden, wie den KWK Bonus. Dieser Bonus in Höhe von drei Cent/kWh wird zusätzlich ausgezahlt, wenn der Strom durch Kraft Wärme Kopplung erzeugt wird. Der Netzbetreiber ist zum Anschluss der Anlage und zur vorrangigen Einleitung des erzeugten Stromes und Zahlung der gesetzlich festgelegten Vergütung verpflichtet. Dieses müssen die Netzbetreiber auf alle von ihnen angebotenen Stromtarife umlegen. Für 2010 beträgt die EEG Abgabe 2,047 Cent/kWh [Eeg kwk.de 2010, Zugriff: 23.02.2010].

Erneuerbare Energien Wärmegesetz(EEWärmeG): Das EEWärmeG steht parallel zum EEG und soll den Ausbau erneuerbarer Energien im Wärme und Kältesektor bei der energeti schen Gebäudeversorgung fördern. Das EEWärmeG legt fest, dass bis 2020 mindestens 14 Prozent der Wärme in Deutschland aus erneuerbaren Energien stammen soll. Dieses soll durch drei Maßnahmen umgesetzt werden. Dazu gehört erstens die Nutzungspflicht von er neuerbaren Energien zur Wärmeversorgung beim Neubau von Gebäuden. Danach muss ein bestimmter Anteil der Wärmeversorgung aus erneuerbaren Energie stammen oder es müs sen zusätzliche energieeinsparende Maßnahmen, wie eine verbesserte Dämmung vorge nommen werden. Zweitens wird die Nutzung von erneuerbaren Energien finanziell gefördert und drittens soll der Ausbau von Wärmenetzen stärker gefördert werden. Demnach können Kommunen im Interesse des Klimaschutzes in Bebauungsplänen den Anschluss und die Nut zung eines Wärmenetzes vorschreiben.

Kraft Wärme Kopplungsgesetz (KWKG): Mit dem KWKG soll die gemeinsame Strom und Wärmeerzeugung insbesondere dezentral und verbrauchsnah gefördert werden. Der Fokus liegt auf dem Erhalt, der Modernisierung und dem Ausbau von bestehenden KWK Anlagen, sowie dem Neubau von modernen KWK Anlagen und der Einführung der Brennstoffzelle. Das Gesetz sieht vor, dass bis zum Jahr 2020 ein Viertel der Stromversorgung durch Kraft Wärme Kopplung bewältigt wird.

[...]

Ende der Leseprobe aus 66 Seiten

Details

Titel
Ein Microgrid für das Weltquartier in Hamburg‐Wilhelmsburg
Untertitel
Günstiger Strom und Anreiz zum Stromsparen
Hochschule
HafenCity Universität Hamburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
66
Katalognummer
V177385
ISBN (eBook)
9783640990047
ISBN (Buch)
9783640990252
Dateigröße
4490 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Microgrid, Wärmenetze, IBA-Hamburg, Internationale Bauaustellung Hamburg, Hamburg Wilhelmsburg, Energieeffizienz, Energieeinsparung, Bestandssanierung, Stadtplanung
Arbeit zitieren
B.Sc. Jens-Phillip Petersen (Autor:in), 2010, Ein Microgrid für das Weltquartier in Hamburg‐Wilhelmsburg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/177385

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