Max Beckmanns Verhältnis zur Neuen Sachlichkeit


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

61 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Max Beckmanns frühe Frankfurter Jahre und sein Verhältnis zur Neuen Sachlichkeit: Vorreiter des Nachexpressionismus oder Einzelgänger auf dem Weg zum Spätstil?

2. Max Beckmann und die Landschaftsmalerei
2.1 Definition des Begriffs Landschaft
2.2 Max Beckmann als Landschaftsmaler
2.3 Literaturübersicht zu Beckmanns Landschaftsmalerei

3. Die ausgewählten Bilder
3.1 Landschaft mit Ballon (1917)
3.2 Die Synagoge (1919)
3.3 Das Nizza in Frankfurt am Main (1921)
3.4 Landschaft bei Frankfurt mit Fabrik (1922)
3.5 Der Eiserne Steg (1922)
3.6 Frühlingslandschaft (1924)
3.7 Seelandschaft mit Pappeln (1924)
3.8 Der Wendelsweg (1928)
3.9 Kleine Landschaft, Viareggio (1925)
3.10 Scheveningen, fünf Uhr früh (1928)

4. Zusammenfassende Analyse der ausgewählten Bilder

5. Beckmann und seine Vorbilder
5.1 Beckmann und Rousseau
5.2 Beckmann und Cézanne

6. Stilkriterien der Malerei der Neuen Sachlichkeit
6.1 Die Raumkonzeptionen in der Malerei der Neuen Sachlichkeit
6.2 Objektbereich - Maltechnik - stilistische Gruppen

7. Die Einordnung Beckmanns

8. Der Landschaftsmaler Beckmann im kulturhistorischen Kontext seiner Zeit

Anmerkungen

Bibliographie

Verzeichnis der Abbildungen mit Abbildungsnachweis

Abbildungen

1. Max Beckmanns frühe Frankfurter Jahre und sein Verhältnis zur Neuen Sachlichkeit: Vorreiter des Nachexpressionismus oder Einzelgänger auf dem Weg zum Spätstil?

Als Max Beckmann im Herbst 1915 aus gesundheitlichen Gründen vom Sanitätsdienst in Belgien beurlaubt wird, kehrt er nicht zu seiner Familie nach Berlin zurück, sondern wählt sich Frankfurt als neuen Wohnort.1 In Frankfurt, nach seinen eigenen Worten „einer Hochburg des Expressionismus“2, ändert Beckmann seinen Stil in so dramati- scher Weise, dass die opinio communis der Forschung als Ursache ein einschneidendes Kriegserlebnis vermutet. Doch Beckmann hat sich weder in seinen schon 1917 veröf- fentlichen Kriegsbriefen3 noch später zu dem eklatanten Stilwechsel geäußert.

In den in Frankfurt entstehenden Bilder setzt sich Beckmann mit Stiltendenzen des be- ginnenden 20. Jahrhunderts auseinander und bricht mit seinem konventionellen spät- impressionistischen Malduktus der Vorkriegszeit. Beurteilt werden diese Bilder in der Forschung unterschiedlich. Fischer und zahlreiche andere Forscher der siebziger und achtziger Jahre4 entdecken schon in den frühen Frankfurter Bildern einen von zeitgenös- sischen Tendenzen unabhängigen Stil, der ohne Brüche zu Beckmanns späten, oft my- thisch verschlüsselten Bildern führt. In der Kunstkritik der zwanziger Jahre wird Beck- mann jedoch anders gesehen. Für Franz Roh, den Autor des Magischen Realismus, der versucht, vor dem historischen Hintergrund und den künstlerischen Wurzeln die Stil- kriterien der neuen, postexpressionistischen Malerei der zwanziger Jahre zu entwickeln, ist Beckmann ein Vorreiter dieser Bewegung.5 Auch Hartlaub, Initiator und Namensge- ber der ersten Ausstellung der Neuen Sachlichkeit 1925 in Mannheim, hält ihn für einen wichtigen, wenn auch nicht typischen Vertreter der neuen Richtung.6 Der Maler selbst hat seine Bilder nie einer konkreten Stilrichtung zugeordnet. Einige Äußerungen be- legen seine kritische Distanz zu diesem neuen Malstil der zwanziger Jahre.7

Max Beckmanns tatsächliches Verhältnis zur Neuen Sachlichkeit kann also nur über eine stilistische Analyse ermittelt werden. Für eine Analyse wird eine Bildgattung be- nötigt, in der er in regelmäßigem Abstand malt, sodass dominante Komponenten seines Malstils und eine eventuelle kontinuierliche oder sprunghafte Entwicklung aufgezeigt werden können. Zwei Gattungen erfüllen während der Frankfurter Zeit diese Anforde- rungen: die Gattung des Porträts und die Gattung der Landschaftsmalerei. Für die Land- schaftsmalerei spricht zum einen, dass Beckmann - wie andere Schaffensperioden zeigen - besonders im Vorfeld einer Stilkonsolidierung bevorzugt in dieser Gattung malt. Zum anderen eignet sich die stilistische Raumanalyse einer Landschaftsdarstel- lung besonders zum Vergleich mit den Stilkriterien der Malerei der Neuen Sachlichkeit.

Von Franz Roh bis zu den neuesten Untersuchungen in den neunziger Jahren8 wird die Behandlung des Raumes als ein fundamentales stilistisches Kriterium dieser Richtung hervorgehoben.

Die vorliegende Arbeit analysiert an ausgewählten Landschaftsbildern der Frankfurter Zeit Beckmanns Motive und Stil und seine motivischen und stilistischen Vorbilder. Nach der stilistischen Analyse werden die aufgezeigten Komponenten aus Beckmanns Bildern mit den von Franz Roh 1925 erstellten Stilkriterien und den Ausführungen von Christoph Vögele zum neusachlichen Bildraum auf Übereinstimmungen hin untersucht.

2. Max Beckmann und die Landschaftsmalerei

2.1 Definition des Begriffs Landschaft

Landschaft als kunsthistorischer Begriff bezeichnet in der Malerei die Darstellung eines Naturausschnittes. Im Gegensatz zur Ganzheit der Natur entsteht Landschaft - als be- wusst vom Menschen ausgewählter Teilaspekt - erst durch einen geistigen Prozess.9 Er impliziert ein kognitives Gegenüber des Menschen zu dieser Ganzheit. Diese Form der Wahrnehmung und ihre bildnerische Umsetzung manifestieren sich zu Beginn der Neu- zeit in einer Phase zunehmender Urbanisierung, begleitet von einer einsetzenden Profa- nisierung der Umwelt, entstanden durch eine progrediente Säkularisierung. Das urbane Leben wird als Gegenpol zur freien Natur empfunden. Diese zunehmende Distanz wird einerseits durch die beginnende Landschaftsmalerei hervorgehoben, andererseits durch sie ästhetisch kompensiert. Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts wird die zunehmende Entwurzelung des Menschen, einhergehend mit einer drastischen Reduzie- rung einer intakten Natur durch den Zugriff von Technologie und Industrialisierung, im Landschaftsbild als ästhetische Einheit von Mensch und Landschaft wieder herge- stellt.10 Städtische Parks und urbane Umgebung werden als neue Motive für diese Gattung entdeckt.11

Den Betrachter kann ein derartiges Fragment als Ausschnitt eines unendlichen Ganzen assoziativ zu eigenen Gedanken und Empfindungen führen.12 Ihr großes Sujetspektrum und ihre assoziative Interpretationsbreite, da es sich um keine narrative Darstellungs- form handelt, räumen der Gattung der Landschaftsmalerei innerhalb der Bildgattungen einen ähnlichen Status ein wie ihn die Musik unter den übrigen Kunstdisziplinen besitzt. Für den Maler bedeutet im Schaffensprozess ein Landschaftsbild einen Weg zur Natur und ihr auf ihn bezogenes Erlebnis. So wird Landschaftsmalerei zu einem Akt der Selbstfindung und Selbstformung. Als Daseinsorientierung erfüllt sie eine existentielle Funktion.13

2.2 Max Beckmann als Landschaftsmaler

Von den 839 Bildern, die Beckmann gemalt hat, verzeichnet das Werkverzeichnis von Erhard und Barbara Göpel 250 unter der Rubrik Landschaften und Städtebilder. Schon in den Akademiejahren bildet die Auseinandersetzung mit der Landschaft ein wichtiges Thema. Im Jahr nach seinem Examen, 1905, malt er 20 Landschaften, meist Meerland- schaften ohne Staffage. Von 1909 bis 1913 (1909 Untergang von Messina) wendet er sich den Stadtlandschaften zu. Wie Meidner und Kirchner zeigt er Berliner Stadtansich- ten, aber in spätimpressionistischer Malweise ohne große Expressivität. Nach seinem Kriegseinsatz entsteht neben zahlreichen Graphiken 1917 wieder ein Landschaftsbild (Landschaft mit Ballon).

Ab 1921 malt er wieder regelmäßig Landschaften. 1928 kann als Höhepunkt seiner Frankfurter Landschaftsmalerei angesehen werden: 10 von 19 entstehenden Bildern sind Landschaften. Auch in den frühen dreißiger Jahren und während seiner Amsterdamer Exilzeit entstehen fast jährlich Landschaftsbilder. Die letzten sechs Landschaftsbilder malt er in den drei Jahren nach seiner Übersiedlung nach Amerika.

2.3 Literaturübersicht zu Beckmanns Landschaftsmalerei

In den Standardwerken zur Geschichte der Landschaftsmalerei wird Beckmann trotz der Anzahl seiner Bilder nicht erwähnt.14 Als erster beschäftigt sich 1951 Franz Roh in einem Artikel mit Beckmanns Landschaftsbildern.15 Nach einer Ausstellung in Tübin- gen Max Beckmann. Landschaft und Graphik 1958 lenkt erst 1967 Stephan Lackner durch sein Buch Ich erinnere mich gut an Max Beckmann den Blick wieder auf die Landschaftsbilder, die er als die „malerische Seite von Beckmann“l6 hervorhebt. Doch einer weiteren Rezeption dieser Gattung steht das missachtende Verdikt von Friedhelm Fischer entgegen.17 Er sieht Beckmann als malenden Denker; die Landschaftsmalereien werden diesem Anspruch nicht gerecht. So nimmt er kein einziges Landschaftsbild in sein Buch auf. Erst in den achtziger Jahren hinterfragt Christoph Schulz-Mons den Sinngehalt der Landschaftsbilder.18 Für den Münchner Retrospektivekatalog 1984 erarbeitet Christian Lenz formale Kriterien der frühen Landschaftsbilder (1900 bis 1916).19 Schließlich erscheint 1990 die erste Gesamtdarstellung Beckmann als Land- schaftsmaler von Susanne Rother. Immerhin sind der Frankfurter Zeit zwölf Seiten ge widmet.20 Nur mit den Landschaftsdarstellungen der zwanziger Jahre beschäftigt sich die Dissertation von Nina Peter, veröffentlicht 1993.21 Doch ihr Augenmerk gilt der Stilentwicklung Beckmanns in dieser Zeitspanne. Sie sucht nach seinem stilistischen Vorbild und findet es in Rousseau. Ein Stilvergleich mit der deutschen Nachkriegs- malerei fehlt.

3. Die ausgewählten Bilder

3.1 Landschaft mit Ballon (1917)[Abb. Ia]

Zwischen einer geschnittenen, stark verkürzten Häuserfront links und einer im Tal liegenden Auenlandschaft rechts führt eine steil ansteigende Straße auf einen Kirchturm zu, dessen rote Spitze über dichtem Laubwerk leuchtet. Die anfangs breite, mit ornamentalen Kurven struktu- rierte Straße verjüngt sich bald und gabelt sich vor dem Kirchhof. Die letzte Hausfassade auf der linken Straßenseite und ein sich in zwei Kronen verzweigender Baum rechts verwehren eine weitere Sicht auf die beiden Straßenäste. Ein dunkles Geländer sichert den rechten Straßenrand. Davor stehen in einigem Abstand zueinander zwei Laternen mit prismenartigen Gläsern und einem dunklen Pyramidendach auf langen gusseisernen Stangen. Hinter der vorderen Laterne, die sich leicht schräg dem rechten Bildrand zuneigt, reckt sich eine Pappel aus niedrigem Buschwerk empor. Ihre Spitze wird vom oberen Bildrand geschnitten. Eine zweite, kürzere Pap- pel wächst dicht daneben. Vor dem dunkleren Buschwerk schimmert das helle Grün einer Au- wiese. Am Wiesenrand, dicht am Straßenabhang unterhalb der hinteren Laterne, stehen hinter- einander aufgereiht drei unterschiedlich große Häuschen. Ihre dunklen Dächer und ihre farbi- gen Giebel - der hintere rot, die beiden vorderen blau - werden von der ansteigenden rechten Straßenseite geschnitten. Drei blaugrüne, undurchdringliche Büsche überragen die Hausdächer und schirmen sie gegen den sich anschließenden hellgrünen Auwald ab. Jenseits des kleinsten Hauses fällt der Blick unbehindert von Buschwerk auf den braunen Boden des Auwaldes und drei kräftige, helle Baumstämme. Sie verzweigen sich in stabile Äste. Darüber breiten sich weit ausladende, dichte hellgrüne Laubkronen. Fern im Hintergrund überragt sie eine blaugraue Bergkuppe. Auf diese Erhebung zu schwebt im milchweißen Himmel eine hellrötliche Mont- golfiere, umgeben von einer rosafarbenen Aureole. Nur zwei kleine menschliche Gestalten fin- den sich in der Landschaft. Auf dem schmalen Trottoir der linken Straßenseite bewegt sich eine dunkle Gestalt wie ein Schatten an der seitlichen Häuserfront entlang. Im Mittelgrund, vor der hinteren Laterne auf der rechten Straßenseite, steht eine weiß gekleidete Gestalt mit einem geöffneten schwarzen Schirm. [War unter den fünf von Beckmann ausgestellten Bildern 1925 in Mannheim ausgestellten Bildern.]22

Analyse:

Der Betrachter steht leicht erhöht. Er wird sogartig durch die sich über die gesamte Breitseite des Bildes erstreckende, dann jedoch sich rasch verjüngende Straße ins Bild gezogen. Eine Retardierung der Bewegung, fast eine Zurückweisung erfolgt durch die ornamentalen Kurven. Die jäh sich verkürzende Häuserfront, ja die einzelnen Fenster selbst und das stark verkürzte Trottoir gehorchen keiner einheitlichen Perspektive. Ein einheitlicher Fluchtpunkt scheint bewusst vermieden worden zu sein wie auch Symme- trie und eine Betonung der Mittelachse. Statt der Horizontalen dominiert die Diagonale. Ein Gerüst aus Diagonalen, zu kompositionsrelevanten Dreiecken zusammengesetzt, bestimmt den Bildaufbau. Fast alle fakultativ vertikalen Kompositionsteile entziehen sich durch Neigung der stringenten Senkrechten. Als einziges rundes Element, heraus- gehoben durch eine Aureole, beherrscht der Ballon die Komposition. Der Farbauftrag ist so dünn, dass an einigen Stellen die Textur der Leinwand hindurch- schimmert. Den Grundton geben gedämpfte Farben im Farbenbereich weiß und grau wie das weißliche Grau des Himmels und die grau-weiß-schwarz-beige-schattierte Stra- ße. Zwischen das Grau des Himmels und der Straße schiebt sich diagonal als stumpf- toniger blaugrüner Keil eine Vegetationszone. Ein helles Rot wird nur sparsam für die Dächer des Kirchturms und der Häuschen eingesetzt. Reines Weiß und Schwarz tragen die beiden menschlichen Figuren. Ein farbliches Fanal setzt die orangerote Aureole des rosafarbenen Ballons.

Formal herausgehoben, gelöst aus den Strukturen des Bildlaufbaus, signalisiert ein Bal- lon Transzendenz, die „vollzogene Durchbrechung der Welt der täglichen Erfahrung“23, eine Freiheit jenseits des Determinismus.24 [Abb. Ib2] Seit seinem ersten Flug verkör- pert er den Sieg des Menschen über die Naturkraft. [Abb. Ib3] Sein Aufstieg rückt ihn jedoch nicht in die Nähe zum Jenseits, sondern gewährt einen schärferen Blick fürs Diesseits.25 Seine ästhetisch vollkommene Kugelform gilt seit der Antike als Sinnbild der Perfektion durch das ihr inhärente rationale Konstruktionsprinzip. Eine motivisch enge Verbindung des Ballons mit der Stadtvedute lässt sich im 19. Jahrhundert für Paris nachweisen.26 [Abb. Ib1] Einem anderen, traditionellen Motiv, dem Start einer Ballon- fahrt, folgte Beckmann in seinem ersten Ballonbild Aufstieg der Ballons beim Gordon- Bennett-Rennen von 1908.27 [Abb. Ic1]

Sowohl die ausgeblichene Grundfarbigkeit wie auch die Radikalität der Raumdarstellung durch die fluchtende Straße, ihre ornamentale Gestaltung und die schematischen Baumkonturen erinnern an den Formenkanon Munchs. [Abb. Ic2] Steht Munch jedoch mit seiner symbolischen Bedeutung einer Landschaft oder ihrer Expression für die seelische Gestimmtheit des Menschen noch in der Tradition der idealistischen Philosophie des 19. Jahrhunderts, thematisiert Beckmann hingegen durch die Geworfenheit des Subjektes in eine verlorene Einheitlichkeit des Raumes ein metaphysisches Grundproblem der zeitgenössischen Existenzphilosophie.28

3.2 Die Synagoge (1919) [Abb. IIa]

Auf einem frei ins Bild hineinragenden Gesims sitzt eine schwarz-weiß-gemusterte Katze im Profil. Unter ihr führen drei vom unteren Bildrand geschnittene Straßen schräg ins Bild hinein. Zwei Laternen mit blauen Schirmen, einander zugeneigt, flankieren die Katze von beiden Seiten der mittleren Straße aus. Ein rosenfarbener Handwagen unter der rechten Laterne deutet mit sei- ner Deichsel stadteinwärts. Zu ihm und der Laterne zeigt ein hoch vom unteren Bildrand ge- schnittener Fahnenmast. Zwei senkrechte Fahnenmasten mit runden Plinthen verwehren den Zugang zu den beiden seitlichen Straßen.

An der linken Straße, vor links geschnittenem grünem Buschwerk, zwischen zwei geschnittenen Straßen, umgeben von einem schmalen Trottoir mit abgerundeten Ecken, erhebt sich die Syna- goge. Burgähnlich verschlossen, fensterlos im unteren Fassadenteil, mit schmalen Fenster- schlitzen in den Obergeschossen und von geringerer Höhe ist die Fassade des schmalen seit- lichen Anbaus. Nur eine Fensterbreite auf einer Stockwerkhöhe mit je zwei unterschiedlich strukturierten Fensterscheiben unter Doppelarkaden trennt sie vom Haupttrakt. Eine kräftig getönte Glaskugel verdeckt Teile des unteren Fensters und das umlaufende Gesimse. Darunter flankieren zwei Laternen ein schmales Portal mit kräftigrotem Tympanon. Die Fassade des leicht vorspringenden Haupttraktes gliedert das umlaufende Gesimse horizontal in zwei Stock- werke. Zwischen rustierten Mauern flankiert je ein doppeltes Bogenfenster das zentrale Zwei- flügelportal unter einem grünen Pultdach mit vier Türpaneelen pro Seite, einem schmalen Tru- meau und vorgeblendeten Halbsäulen. Vier hohe, fast bis zum Gesims durchgezogene Bogen- fenster mit Maßwerk im Bogenschluss durchbrechen die Wand im oberen Geschoss. Alle Fens- ter des Haupttraktes, aus kleinen rechtwinkligen Scheiben zusammengesetzt, sind golden er- leuchtet. Ein halbrunder Turm von derselben Geschosshöhe flankiert rechts den Haupttrakt. Ihn krönt eine türkisfarbene, zwiebelförmige Rippenkuppel, deren Spitze den oberen Bildrand schneidet. Vor dem Turm, auf der Höhe einer sich zur Bildmitte hin neigenden Laterne, eilen drei kleine Figuren in Rückenansicht die Straße entlang. Die Frau in der Mitte im rosa Kleid hat sich bei den beiden Männern eingehakt. Der linke, in Grau mit Spitzhut, bläst eine Tute, der rechte ganz in Schwarz bestimmt das Schritttempo der Gruppe. Dem Turm gegenüber, jenseits einer angedeuteten Seitengasse, durch Drähte mit ihr verbunden, stehen drei Querhäuser frontal dem Betrachter gegenüber. Sie zeigen unterschiedliche Perspektiven, das mittlere schmaler, farblich durch eine rote Fassade abgesetzt. Die Fenster der oberen Geschosse sind fast alle dun- kel, nur vereinzelt erleuchtet. Verschlossen sind die dunklen Türen unter Firmenschildern im Erdgeschoss. Davor sichert ein Holzzaun, links aus einfachen Palisaden, rechts mit Zick-Zack- Muster, einen dreieckigen Platz. Hinter den Palisaden, auf hellem Sandboden, erhebt sich vor einer kleinen Rasenrotunde ein einfaches Holzkreuz. In der Mitte der Rotunde steht eine Later- nenstange mit zwei seitlich auswärts gestellten Laternen, die rechte von einer trüben Glaskugel geschnitten. Die Glaskugel berührt auch eine Litfasssäule. Auf einem teils überklebten Plakat starren die dunklen Augen eines Männerkopfes mit der Inschrift Not darüber. Hinter der Litfass- säule sieht man die Rückseite einer Plakatwand.

Elektrische Drähte spannen sich vom linken Bildrand zum Dach der Synagoge, verschwinden hinter der Balustrade. Ein weiterer Strang läuft von der Dachmitte hinter der Kuppel vorbei und verschränkt sich mit einem neuen Strang, der hinter dem ersten Querhaus, hinter dem sich die aufgehende Sonne zeigt, aufsteigt. Dort läuft er hinter einem backsteinfarbenen, breiten, rauch- losen Schlot leicht aufsteigend hinter den Querhäusern entlang, hinter einem schlanken, rau- chenden, hellroten Schlot, und wird jenseits des Querhauses von der über die gesamte rechte Bildseite sich erstreckenden Hausfassade geschnitten. Hinter einem ins Bild hinabhängendem Grammophontrichter verspannen weitere Drähte diagonal den Himmel. Ein winziger zitronen- gelber Ballon treibt vom Hintergrund auf sie zu. Die Sicht auf den weiteren Verlauf der Strom- leitungen versperrt eine sich über die gesamte rechte Bildseite erstreckende weiße dreigeschos- sige Fassade mit roter horizontaler Gliederung. Die beiden äußeren Geschosse werden vom unteren bzw. oberen Bildrand geschnitten. Fenster und rote Farbstreifen gehorchen keiner ein- heitlichen Perspektive. In den rotdurchglühten Fenstern mit gelben, gerafften Vorhängen leuch- ten goldene Sonnen auf.

Im Zentrum der Verspannung des Hintergrundes steht eine orangerote Mondsichel.

Analyse:

Das Bild wird in Aufsicht präsentiert. Die geschnittene Fahnenstange vor der Spitze des dreieckigen Platzes könnte als zugehörig zu einem quer zum Vordergrund stehenden Haus verstanden werden. Ein Zimmer im Oberstock mit Fensterblick zur Synagoge soll dem Maler für dieses Bild als Atelier gedient haben.29 Eine netzartige Struktur sich überkreuzender Diagonalen überzieht das Bild. Trotz ihrer perspektivischen Relevanz überwiegt im Vordergrund eine ornamentale Flächenbindung ( im Sinn eines Zick- Zack-Musters). Da Vertikalen und Horizontalen gemieden werden, lässt sich der forma- le Bildaufbau als eine Akkumulation von Schrägen begreifen. Sie sind weder radial symmetrisch noch achsensymmetrisch angeordnet. Jede Richtung wird durch eine ande- re konterkariert, teilweise in Überschneidung. Vor oder auf die sich aus spitzen Winkeln konstituierenden Dreiecke der Plätze und die unregelmäßigen Parallelogramme der Häuserkomplexe werden runde Formen gesetzt: die runden Plinthen der Laternen, die vor den Häusern hängenden Glaskugeln, die goldenen Sonnen in den beiden Fenstern des rechten Hauses, der ins Bild herabhängende Grammophontrichter, darunter das obere Rund der Litfasssäule und das grüne Rasenrund im eingezäunten Platz. Links der Mittelachse, vor den horizontalen Drähten, in einer senkrechten Linie mit der Katze und den drei menschlichen Figuren dominiert die ovale Knospenform der Kuppel. Rechts der Mittelachse, senkrecht über dem Holzkreuz steht die halbrunde Mondsichel (seiten- verkehrt auch auf der Litfasssäule).

Es dominiert eine kalte Farbigkeit der rotvioletten Synagoge mit ihrem türkisblauen Turm über einen gräulich-weißlichen Farbauftrag der Straßen des Vordergrundes und den abschließenden Partien des Himmels. Auch die flankierenden Querhäuser des Mit- telgrundes und die rechts geschnittene Fassade mit sparsamer dunkler Konturierung zeigen den hellen, gedämpften Grundton. Dazwischen schieben sich abgestufte Braun- töne der Laternenstangen und des den Platz umgebenden Palisadenzauns. Kontrastieren- des helles Rot tragen das mittlere Querhaus, auch der vordere äußere Rand des Gram- mophontrichters, der hintere Bereich der Litfasssäule, Teile der Fensteröffnungen der rechten Fassade, ein Fabrikschlot und das Haus hinter der Synagoge. Ein wärmeres, zartes Orangegelb der Morgenröte hinter den Dächern und die Konturierung der Mond- sichel verbindet diese helleren Rottöne mit dem Goldton der Fensteröffnungen. Das spo- radisch eingesetzte Grün in der Rasenrotunde und im Pultdach der Synagoge bildet ebenso ein farbliches Dreieck mit der blaugrünen Kuppel wie auch die beiden blauen Laternendächer. Die schwarz-gräulich-weißen Farben des Katzenfells tragen separiert die beiden männlichen Rückenfiguren.30 Das Rosarot des Handwagens findet sich wieder auf dem Kleid der weiblichen Figur. Nur das Zitronengelb des kleinen Ballons im rechten Hintergrund bleibt singulär.

Trotz konkreter topographischer Situation entspricht die Synagoge eher einem Stim- mungsbild als einer Stadtvedute. Die stilistische Einordnung wird von der Forschung sehr kontrovers vorgenommen. Den primär diagonalen Bildaufbau und den Reichtum an kompositionsrelevanten Dreieckformen ordnet Brunner31 einer sanften kubistischen Phase Beckmanns - ähnlich einigen prismenartigen Stadtansichten Feiningers [Abb. IIb3] - zu. Beckmann holte somit nach dem Krieg das nach, was viele seiner Maler- kollegen der Neuen Sachlichkeit32 vor und während des Krieges taten: kubistisch malen. Die stilistische Rezeption der Spätgotik mit ihren gehäuften Angularismen und Winkel- räumen will Brunner als sekundären Prozess über den Weg des Kubismus verstanden wissen. Es mag so gewesen sein, dass Beckmann unbewusst zeitgenössische Kubismen übernahm. Theoretisch auseinandergesetzt hat er sich damit nicht. Über sein Verhältnis zu den alten Meistern hingegen gibt es in den ersten Frankfurter Jahren einige schriftli- che Äußerungen.33 Die schrägen Fassaden, die nervöse Farbigkeit der Synagoge, ihre hypertrophe Kuppel über der starken Abschnürung, verstrickt zwischen all den Leitun- gen, erinnern, wenn auch nicht im Malstil, so doch in ihrer Expression an van Goghs Kirche von Auvers. [Abb. IIb2] Sie mögen auch eine späte Hinwendung Beckmanns zur expressiven Stadtansicht in der Art Kirchners [Abb. IIb1] oder Meidners [Abb. IIIb3] sein.34 Die konsequente, insgesamt unspektakuläre Komposition mit einer blockhaften Festigung der Fassaden, die Verrätselung durch die Wächterkatze und die Glaskugeln im Vordergrund stehen einer rein expressiven, monokausalen Bilddeutung im Wege. Expressive Momente wie der Grammophontrichter über dem Plakat mit der Aufschrift NOT auf der Litfasssäule werden kühl in Szene gesetzt.

Ein motivisches Vorbild könnte der 1919 von Beckmann erworbene Kupferstich Der Morgen von William Hogarth aus dem Jahr 1738 gewesen sein.35 Bei Hogarth findet sich eine ähnliche Anordnung von fensterreichen Gebäuden, schräg geführten Gassen, ein kaltes Licht, der Himmel hinter Rauchschwaden und die künstliche Beleuchtung an einem Morgen. Doch Beckmann verzichtet auf das rege Treiben in den Straßen; seine Akteure sind die Gebäude selbst.36

3.3 Das Nizza in Frankfurt am Main (1921) [Abb. IIIa]

Eine Sukkulente und eine quer zum Bildgrund verlaufende Schienentrasse scheinen dem Be- trachter den Zutritt zu einem kleinen, üppig blühenden Park verwehren zu wollen. Doch die Bahnschranke mit weißroten Signalstreifen ist hochgeklappt. Dahinter schlummert ein ge- scheckter Hund. Nur ein Schild mit dem Wort „Halt“ gemahnt an die möglichen Gefahren eines fahrenden Güterwaggons. Auf engem Raum, vor einer geböschten Kaimauer im Mittelgrund grünt und blüht eine paradiesische Vielfalt an Flora. Ein schmaler Sandweg führt zwischen Beeten um eine zentralen Rasenrotunde mit einem Frühbeet herum. Zwei Baumgruppen des gleichen Typus mit kräftigen Stämmen, einer schematischen Vergabelung und dichten, weiß- grünen Laubkronen flankieren dieses Beet, durch Glasfenster geschützt. Wie mittelalterliche Butzenscheiben sitzen die einzelnen Gläser in ihren dicken Rahmungen. Aus einigen hochge klappten Scheiben drängen sich Blumen in verschiedenen Rottönen. Darüber neigt sich eine Magnolie mit ihren rosafarbenen, einer Tulpe ähnlichen Blüten. Zwischen ihrem Stamm und einem Goldregenstrauch kniet auf dem Rasen eine kleine, braun gekleidete Figur mit gebücktem Kopf. Jenseits des Weges, am rechten Bildrand, erheben kräftige dunkelblaue Irisblüten ihre Köpfe unter einer weit ausladenden, schattenspendenden Kastanie mit weißen Blüten. Einer ihrer Zweige berührt einen gefällten, vom rechten Bildrand geschnittenen Baumstamm.

Am linken Bildrand begrenzen eine dunkle Tanne und eine hoch aufragende Zypresse die ein- geengte Parklandschaft. Sie recken sich bis zu den Häuserdächern oberhalb der Kaimauer. Vor ihnen ergießen sich in üppigen Kaskaden die Blüten eines Goldregens. Zwischen all den Bäu- men hindurch schimmert das Blau einer Blumenrabatte vor den breiten Quadern des geböschten Mauerwerks. Auf dem Kai, durch ein stabiles Geländer gestützt, lehnen kleine Figuren, kaum größer als die Magnolienblüten des Vordergrundes und blicken auf den Park hinab: eine helle männliche Figur und in einigem Abstand ein Paar, er dunkel gekleidet und sie in einem roten Rock und weißem Oberteil. Zu zwei die Figuren flankierenden spitzhütigen Laternen gesellt sich je eine hochstämmige Akazie mit kugelförmiger Krone und hingetupften rosa Blüten. Die dritte Akazie wird vom rechten Bildrand geschnitten. Auch die dahinterliegende Häuserfront wird rechts geschnitten. Ein mehrstöckiges Eckhaus mit Mansarden, gusseisernen Balkonen und einem prominenten Eckrisaliten in der Bildmitte lenkt den Blick in eine Seitengasse. Am linken Straßenrand gegenüber steht eine verschachtelte, links geschnittene Villa mit Turm, hinter dem ein Baum hervorlugt. Über dem Turm, in einem hellblauen Himmel mit transparenten Wölk- chen, zieht ein himmelblaues Flugzeug mit rotweißer Querstreifung im Mittelteil seine Kreise.

Analyse:

Die Position des Betrachters ist unreal, schwebend erhöht. Eine starke Aufsicht auf den Park kehrt sich oberhalb der Kaimauer in eine Untersicht um. Gleis und Kaimauer, als leicht divergierende Schrägen von links oben nach rechts unten verlaufend, bilden Barrieren. Außer am oberen Bildrand werden alle Randobjekte geschnitten. Schräge, sich einwärts neigende Fassaden versperren den Blick auf eine in den Bildgrund füh- rende Gasse. Die einzige Vertikale des Bildes, die Pappel, wird vom höchsten Punkt der Architektur, dem Villenturm, hinterfangen und zusätzlich durch das Flugzeug betont. Ausgewogen präsentieren sich die Farben des Bildes. Vor den sandfarbenen Parkboden und die gleichfarbigen Fassaden wird ein breites Spektrum an Grüntönen gesetzt. Rot, als Signalfarbe für die Schranke des Vordergrundes und ein durchschimmerndes Blu- menbeet verwandt, trennt als durchgezogene Barriere den Mittelgrund vom Hinter- grund. Dort tragen es einige Fassadenteile und ein Schlot. Das intensive Blau einiger Blumen des Vordergrundes taucht als Flugzeugkörper zusammen mit den roten Streifen der Barriere, diesmal als Querstreifen am Himmel, wieder auf. Der Himmel selbst leuchtet in transparenterem Blau, von Weiß durchzogen. Üppiges Goldgelb, von einigen Vorhängen des Eckhauses wieder aufgenommen, an den flankierenden Sträuchern und das Weißrosa der Magnolienblüten fast in der Mittelachse des Bildes bilden das optische Zentrum.

Der kleine Park gemahnt trotz seiner topographisch präzise wiedergegebenen Situation eher an einen hortus conclusus als an einen profanen Stadtpark. Der von Gleisen und Schranke verwehrte Zugang, der schlafende Hund, die Warnung auf dem Schild und das Hinterfangen der Kaimauer suggerieren die Aura eines schwer zugänglichen Paradieses, auf das die kleinen Figuren hinabblicken. Im Park selbst herrscht Artenvielfalt. Nur drei kurzstämmige Bäume folgen dem gleichen Typus. Ein geschlagener Baumstamm mahnt am rechten Bildausgang als Vanitas-Symbol. Doch im Gegensatz zu der Landschaft mit Ballon und der Synagoge sind die seitlichen Bildabschlüsse offen. Eine Separierung er- folgt gegen die Stadt zum Hintergrund hin, über den als Zeichen von Hoffnung ( - es trägt die Farbe der Schranke im Querformat, vielleicht als Zeichen der Aufhebung dieser Sperre - ) ein Flugzeug kreist.

Reichen die motivischen Vorbilder bis zu den hochgotischen Darstellungen des Para- diesgärtleins zurück37, zeigt die bewusst separierte Darstellung der floralen Formen in einer naiven Malweise und einer reichen Palette an Grüntönen eine stilistische Nähe zu Rousseau. [Abb. IIIb2] Bei ihm findet sich auch eine Miniaturisierung der Figuren38 in der Landschaft und eine Vorliebe für die Darstellung von Gründerzeitarchitektur. Auch das Motiv des Flugzeuges könnte Beckmann bei Rousseau gefunden haben. [Abb. IIIb1] Ein ähnliches Eckhaus mit Eckrisalit zeigt schon Meidner auf einem Gemälde aus dem Jahr 1913.39 [Abb. IIIb3]

3.4 Landschaft bei Frankfurt mit Fabrik (1922) [Abb. IVa]

Geschnitten vom linken Bildrand wie der umlaufende Straßenrand schützt eine niedrige Mauer eine quadratische Gartenparzelle. Eine offene Tür schräg zum unteren Bildrand führt auf eine Reihung von Hügelbeeten. Dahinter leuchten im Schutz der seitlichen Mauer die Scheiben eines Frühbeetes. Zwei undurchdringliche Rauchsäulen verdecken einen Teil der rückwärtigen Mau- er, vor der ovale gelbe Stauden stehen. In den Furchen zwischen den Hügelbeeten steht eine weibliche Figur in Rückenansicht auf ihre Hacke gestützt. Sie trägt einen roten Rock und ein rotgestreiftes Oberteil. Eine Furche rechts neben ihr arbeitet eine ebenfalls in Rückenansicht gegebene dunkelbraun gekleidete männliche Figur. Zwei dunkle Masten, der vordere geneigt zur linken Bildseite, überspannen mit ihren Drähten die kleine Parzelle. Jenseits der Straße und einer höheren ockerfarbenen Mauer leuchten hinter kahlen Ackerfurchen die roten Dächer der ersten Frankfurter Häuser.

Dicht an der Mauer, hinter einer ausladenden Tanne steht ein zweistöckiges graues Gebäude mit weißem Firmenschild zwischen den Stockwerken. Der rote Fabrikschlot dahinter versteckt sich hinter hochstämmigen Alleebäumen mit ihren weit ausladenden Kronen, durch welche schmale- re Baumsilhouetten schimmern. Flankiert von ihren Wipfeln, geben die Stämme nur intermit- tierend den Blick auf ein rotbraunes Haus mit hellen Gesimsen und Fensterädikulen frei. Zwei kleine Gestalten im Nonnenhabitus schreiten über die Straße. Vor ihnen erhebt sich, diagonal zum Bildgrund (fast frontal zum Betrachter), ein Gebäude mit schwarzem Pultdach. Drei rote, lisenenartige Streifen gliedern vertikal vier lang durchgezogene, rot umrandete Bogenfenster mit unterteilten Glasscheiben. Ein weit in den Himmel ragender, leicht konisch zulaufender beigefarbener Fabrikschlot flankiert rechts das Gebäude. Er wird von hohen, blattlosen Bäumen, durch deren Kronen belaubte Silhouetten schimmern, hinterfangen. Zwei Tannen flankieren den Laubhain. Um ihn herum erhebt sich auf eine Anhöhe zu eine undurchdringliche Mauer aus dunkelgrünen Wipfeln, nur durchbrochen von einem goldfarbenen Busch. Auf dem sanft an- steigenden Gelände davor steht eine weibliche Figur in Rückenansicht zwischen Kohlköpfen in langen Ackerfurchen. Sie erstrecken sich in Querreihen über einen Acker in Form eines verzerr- ten Kreissegmentes. Einige horizontale Furchen hinter ihr und drei vertikale links neben ihr sind schon abgeerntet. Weite Teile des Ackers und einer weiteren Fabrik im rechten Mittelgrund - nur ein orangefarbener, zur Bildmitte hin geneigter Schlot und eine vage Dachsilhouette werden sichtbar - verdeckt ein fast frontal stehendes Haus im Vordergrund, diesseits von Diagonal- und Querstraße. Es steht auf einem schmalen Grundstück, dessen Vorderseite vom unteren Bildrand geschnitten wird. Goldgelbe Sonnenblumen in verschiedenen Stadien des Blühens stehen davor. Dicht vor der Fassade erhebt sich ein schlanker Baum. Seine Zweige ragen über den Hausgiebel und lassen das Hausdach und das Dach der Fabrik dahinter nur durchschimmern. Neben der Baumwurzel picken ein braunes und ein dunkles Huhn einträchtig mit einem weißen Pfau ihre Körner. Die ockergelbe Fassade des zweistöckigen Hauses wird horizontal durch eine weiße Leiste gegliedert. Im unteren Stockwerk sind hölzerne Fensterläden angebracht. Sie sind am linken Fenster geschlossen. Im oberen Stockwerk leuchten rote, seitlich geraffte Vorhänge durch die geschlossenen Fensterscheiben. An der rechten Hausseite steht die horizontal dreiteili- ge Haustür offen. Die Leitungen eines sich nach rechts neigenden, vom rechten Bildrand ge- schnittenen Mastes, verspannen ihn über einen rechts am Haus vorbeiziehenden Weg mit einem Mast am Rande des Kohlackers. Auf einem Wiesenstück am rechten Wegesrand, vom rechten Bildrand geschnitten, spielen zwei Kinder in Rückenansicht. Das braungekleidete Mädchen kniet vor einem helllodernden Feuer. Der breitbeinig stehende, schwarzgekleidete Junge rechts neben ihr hält einen Zweig in die Flammen. Eine sich herzförmig entwickelnde Rauchfahne ver- deckt weitere Pflanzen. Ein abgestorbener, kronenloser Hochstamm mit rudimentären Ästen, dessen Stamm wurzelnah vom rechten Bildrand geschnitten wird, neigt sich über die Rauchwol- ke, den Stromleitungen entgegen. Dahinter schließt eine fast horizontale ockerfarbene Mauer mit orangefarbener Brüstung rechts den Mittelgrund vom Hintergrund ab. Darüber ragen drei Büsche mit ovalem Kontur. Hinter einem ansteigenden Hügel, das Fundament in der Senke verborgen, neigt sich, dem Winkel des abgestorbenen Stammes folgend, ein mehrgeschossiges Haus mit hellrotem Dach. Die seitliche Fassade mit einem Risaliten ist dem Betrachter zu- gewandt. Auf einer schrägen weißen Leiste zwischen Risalit und Vorderseite steht mit schwar- zen Lettern BRAU geschrieben. Auf Schrifthöhe lugt dahinter links flankiert von Tannenwald, ein länglich graues Gebäude mit dunkelgrauem Dach hervor. Darüber erhebt sich eine zartgelbe Mondsichel im milchweißen Himmel, den einige horizontale Wolkenstreifen in kräftigem Weiß durchziehen.

Ein hellroter, konisch zulaufender Fabrikschlot neigt sich ihm zu. Verdeckt werden er und ein sich rechts anschließendes Dach durch ein Haus des Vordergrundes.

Analyse:

Trotz offenem Gartentor und auf den Betrachter zuführenden Weg ist die Bildordnung dem Betrachter gegenüber distanziert. Der Raum ist kantig durchgearbeitet und nach hinten hin begrenzt. Facettenartig, in kubistischer Manier40, breiten sich die einzelnen Segmente aus. Auffallend gestreckt wirkt die Raumdarstellung im Mittelgrund. Außer bei der zentralen Fabrik mit ihrem leicht seitlich zur Mittelachse stehenden Schlot wer- den Vertikalen gemieden. Den leicht gewölbten Horizont kaschieren Bäume. Einer kla- ren Gliederung der einzelnen Raumsegmente werden sie schräg verspannende Stromlei- tungen entgegengesetzt.

Einer hellbraunen Erdfarbigkeit, der auch die Häuserfassaden sich unterwerfen, steht ein milchiger Himmel mit weißen horizontalen Wolkenstreifen gegenüber. Die dunkleren Brauntöne der Ackerfurchen finden sich mit Grün vermischt in der artreichen Baum- flora wieder. Nur die Blätter der Sonnenblumen leuchten in hellerem Grün. Blau sucht man bis auf ein Grünblau der Kohlköpfe und einem zarten horizontalen Himmelsrand vergeblich. Auch helles Gelb wird gemieden. Selbst die Goldtöne der Sonnenblumen sind mit Braun vermischt. Nur der Mond leuchtet zitronengelb. Sparsam ist der Einsatz von Rot an seitlichen Schloten, zentral als Fensterumrandung und auf den Dächern links und rechts am Bildrand.

Von Gallwitz41 typologisch als Vorstadtvedute eingeordnet, entspricht die additive Lesart des Bildes doch eher einer Weltlandschaft im Sinne Patinirs.42 [Abb. IVb2] Neben leichten Kubismen scheint in der flächigen Gestaltung des Raumes Cézanne Pate gestanden zu haben.43 [Abb. IVb3] Der abstrahierenden Raumgestaltung steht eine naive Miniaturisierung der Figuren und eine Schematisierung der Flora gegenüber. Letzteres zeigt wieder Nähe zu Rousseau. [Abb. IVb1]

3.5 Der Eiserne Steg (1922) [Va]

Ein Fensterbrett oder ein Balkonrand, diagonal zur linken unteren Bildecke gesetzt, versperrt den Blick auf den Anfang der Trassenführung des Eisernen Stegs. Seine stählernen Bögen, auf- gehängt an zwei hoch aufragenden Stahltrassen, führen unterhalb des Balkons diagonal zum rechten Bildrand über den Fluss zum jenseitigen Ufer. Er wird auf zwei aus dem Wasser ragen- den rosa Brückenpfeilern geführt. Fußgänger passieren den Steg in beiden Richtungen. An einer Stahlstrebe hängt ein rotweißer Rettungsring. Unterhalb des Stegs, am Kai, diskutieren Männer vor einem hohen Sandhaufen in Pyramidenform, links flankiert von einem kleineren in gleicher Form. Ihn verdeckt ein offener Leiterwagen, in dessen Deichseln gespannt, ein schwarzes Pferd regungslos wartet. Zwischen zwei Kähnen, deren Masten über die Kaimauer ragen, arbeitet ein Saugbagger im Fluss. Im erdfarbenen Wasser nähert sich ein winziges Ruderboot dem vorderen Brückenpfeiler. Jenseits der Unterführung baggert man auch. Ein Floß mit einem kleinen Block- haus, vorn schon vom Steg geschnitten, schiebt sich zwischen den beiden Brückenpfeilern unter dem Steg hindurch. Zwei Flößer kontrollieren das Manöver vom vorderen Floßrand aus. Zwi- schen aufgewühlten Wellen schießt ein am Heck geschnittenes Boot unter der mittleren Unter- führung hervor. An Deck liegt vor dem braunen Ruderhäuschen ein helles Rettungsboot. An der hinteren Reling steht eine kleine Figur, ihre Hände in den Hosentaschen begraben. Aus dem geneigten Schiffsschlot rechts neben ihm qualmt es. Die Rauchwolken ziehen über die Köpfe einer Gruppe Badender in einer mit grünen Palisaden verkleideten Badeanstalt vor dem jenseiti- gen Ufer hinweg. Sie ziehen auf eine neugotische Kirche zu, die auf einem engen Kirchhof steht, von einigen Bäumen umgeben. Ihr Turm wird vom oberen Bildrand geschnitten. Ein Konglomerat bauklötzchenartiger Häuser hinterfängt die Kirche von beiden Seiten. Die Dächer werden zur Bildmitte hin höher. Ein ausladender Baum ragt über die Stahlstreben des Steges und verdeckt einen Teil der Fassade eines braunen Eckhauses. Rechts davon führt eine schmale Gasse steil hinein, vorbei an Häusern unterschiedlicher Höhe. Im Hintergrund qualmt dunkler Rauch aus einem hohen roten Schornstein. Rechts außen endet der Steg vor einer niedrigen Häusergruppe, hinter Buschwerk verborgen. Am eierschalenfarbenen Himmel ziehen zwei Bün- del Stromnetze diagonal von links nach rechts am Kirchturm vorbei.44

Analyse:

Vom geschnittenen Balkon bis hin zur der schräg in den Hintergrund hineinlaufenden Gasse und die den Himmel durchschneidenden Leitungen dominieren Schrägen, zusam- mengesetzt zu Zick-Zack-Linien, den Aufbau der Komposition. Es scheint, als sei die ses Prinzip dem Muster der neugotischen Stahlkonstruktion des Eisernen Stegs ent- nommen worden. Er ist durch seine Fluchtung weit in die Tiefe überdimensional im Bild präsent. Spitz, zu diesem Muster zusammengesetzt, geben sich auch die Giebel der neugotischen Kirche, spitz die Giebel der sie hinterfangenden, Bauklötzchen ähnlichen Häuser. Die Fassaden selbst halten sich strikt an einen orthogonalen Aufbau. Kein Ge- bäude des Hintergrundes ist geschnitten. Nur drei runde Formen finden sich im Bild: die Plattform des Saugbaggers im Vordergrund, der Rettungsring am Eisernen Steg und eine Plakette auf dem Dampfschiff. Eine Weichheit im Kontur mit plastischer Rundheit zeigen nur die Bögen der Trassenführung an der Brücke, eine plastische Rundheit bei hartem Kontur die Pfeilerfundamente und die Palisaden der Umgrenzung des Schwimmbades. Rauchwolken aus dem Bagger, dem Dampfschiff und dem Fabrik- schlot im Hintergrund variieren in Form, Richtung und Durchsichtigkeit. Holzschnitt- artige Härte geht von den wenigen Wellen des Flusses aus.

Ein beige bis hellbrauner stumpfer Farbton überzieht Häuser, Ufer, den Fluss selbst und auch den Himmel gleichermaßen. Für die Kirche, das Eckhaus, Floß und den Sandhau- fen wurde ein dunklerer Farbton gewählt. Blauschwarz schimmern die technischen Konstruktionen wie der Stahl der Brücke und die Bagger und die Dächer im Hinter- grund. Sparsam, aber über die gesamte Bildfläche verteilt ist die Verwendung von Grün: von der Rampe am Sandhaufen über die Reling und einen kleinen Teil des Mastes des Segelbootes am diesseitigen Ufer, auf den Kleidern der Figuren auf dem Steg, bis hin zum Palisadenzaun am jenseitigen Ufer und den Bäumen im Hintergrund. Der Farbton wird zum Bildgrund hin dunkler. Ähnlich wurde auch mit Rot verfahren: Über Teile des Bootsanstriches im Vordergrund, den halben Rettungsring und Kleider- teile auf dem Steg, den Pfeilerfundamenten darunter, der Plakette auf dem Dampfschiff und schließlich den Kaimauern am jenseitigen Ufer, bis hin zu den Wandgliederungen der Kirche und den Schloten des Hintergrundes. Nur einzelne blaue Farbtupfer finden sich wie die Flagge am Schiffsmast rechts, die Konturierung des Dampfschiffes und seiner Schlotbasis, ein Tupfer unter dem Schild GRÜNEWALD und drei zarte Fleck- chen im bedeckten Himmel.

Topographisch genau wiedergegeben und detailliert gearbeitet, entspräche der Eiserne Steg am ehesten der Typologie einer Vedute, wäre nicht der stark gefluchtete Steg, der alle drei Bildteile miteinander verbindet. In dieser Fluchtung entwickelt der Steg eine expressive Dynamik [anders Rousseau: vgl. Abb. Vb1], die den Rahmen einer klassi- schen Vedutendarstellung sprengt.

[...]


1 Dort nehmen ihn Ugo und Fridel Battenberg, Freunde aus seiner Akademiezeit in Weimar auf. Weder seine Briefe aus dem Krieg noch spätere Äußerungen nennen Gründe für seinen Entschluss, in einer anderen Stadt ein völlig neues Leben zu beginnen.

2 zum Thema Max Beckmann und der Frankfurter Expressionismus siehe: O’Brien-Twohig, Sarah: Die Hölle der Großstadt, in: A.K. Max Beckmann Retrospektive. München 1984, S. 93-111.

3 Max Beckmann: Briefe im Kriege 1914/1915. Gesammelt von Minna Tube. (Berlin 1916). München 1984.

4 Fischer, Friedrich, Wilhelm: Max Beckmann. Symbol und Weltbild, München 1972, S. 15-29. Zu anderen Forschern mit ähnlichen Tendenzen siehe: Schulz-Hoffmann, Carla: Gitter, Fessel, Maske. Zum Problem der Unfreiheit im Werk von Max Beckmann, in: A.K. Max Beckmann Retrospektive. München 1984, S. 15-52.

5 Roh, Franz: Nach-Expressionismus. Magischer Realismus, Leipzig 1925, S. 74.

6 Hartlaub, G. F.: Geleitwort zur Ausstellung Neue Sachlichkeit in Mannheim, Mannheim 1925 (keine Seitenzählung).

7 Brief an Wilhelm Hausenstein vom 12. März 1926: Die Gegenständlichkeit in einer neuen Kunstform wieder zur Debatte stellen, ist mein Anstoß gewesen [...] Inzwischen ist dieses Prinzip vielfach aufgegriffen, leider des öfteren mehr mißverstanden und banalisiert, wie mir lieb ist. Anstelle des wesentlichen Gefühls für Raum und Form ist um Berlin eine teils literarische, teils vollkommen phantasielose und platte Form der Gegenständlichkeit entstanden. Um München gar eine dünne und archaistische, die das magere Lied der Nazarener nochmals ableiert oder die andere, die mittelmäßige Codakfilme in einem trüben Rousseauaufguss bringt. Zitiert nach: Von Wiese, Stephan: Max Beckmann, Düsseldorf 1978, S. 167.

8 Vögele, Christoph: Kastenraum und Flucht, Panorama und Kulisse. Zur Raumpsychologie der Neuen Sachlichkeit. In: A.K. Neue Sachlichkeit. Magischer Realismus, Bielefeld 1991, S. 25-41. Vögele, Christoph: Niklaus Stoecklin und die Neue Sachlichkeit, Zürich 1993, S. 89-155 [in dem Kapitel Der neusachliche Bildraum].

9 Zur Einführung und Problemdarstellung der Gattung Landschaftsmalerei siehe u.a. das einführende Kapitel von: Steingräber, Erich: Zweitausend Jahre Landschaftsmalerei, München 1985, und: Blanchard, Marc E.: Landschaftsmalerei als Bildgattung und der Diskurs der Kunstgeschichte. In: Smuda, Manfred (ed.): Landschaft, Frankfurt am Main 1986, S. 70-86.

10 Zur Entwicklung des Landschaftsbegriffes seit dem Mittelalter siehe: Eberle, Matthias: Individuum und Landschaft. Zur Entstehung und Entwicklung der Landschaftsmalerei, Gießen, 1980, S. 15ff.

11 Zur Entwicklung des Landschaftsbegriffes in der Moderne siehe: Rossow, Walter: Die Veränderungen des Landschaftsbegriffs in zwei Jahrhunderten. München, 1975, S. 22ff.

12 Was die Musik unter den Kunstgattungen ist die Landschaft unter den Bildgattungen: Friedländer, Max J.: Essays über die Landschaftsmalerei und andere Bildgattungen, Den Haag 1947, S. 17.

13 Zur Bedeutung der Selbstfindung in der Landschaftsmalerei siehe: Lützeler, Heinrich: Vom Wesen der Landschaftsmalerei, in: Studium generale 3, 1950, S. 210-232.

14 Nicht erwähnt wird er im letzten Kapitel: Abschied von der Mimesis, in: Steingräber, Erich: Zweitausend Jahre Europäische Landschaftsmalerei, München 1985, S. 385-415. Nicht erwähnt wird er im deutschen Standardwerk von: Eschenburg, Barbara: Landschaft in der deutschen Malerei, München 1987.

15 Roh, Franz: Max Beckmann als Landschafter, in: Die Kunst und das schöne Heim. Nr.50, München 1951, S. 9-15. Roh macht keinen qualitativen Unterschied zwischen den Figuren- und den Landschaftsbildern.

16 Lackner, Stephan: Ich erinnere mich gut an Max Beckmann, Mainz 1967, S. 103: In den Landschaften kommt der Maler zur Geltung, der die Welt liebt.

17 Fischer, Friedrich Wilhelm: Max Beckmann. Symbol und Weltbild, München 1972.

18 Schulz-Mons, Christoph: Beckmanns Landschaftsbilder, in: A.K. Max Beckmann, Köln 1984, S. 79-91. Einige Einzeluntersuchungen waren trotzdem in der Zwischenzeit entstanden: Lenz, Christian: Max Beckmanns Synagoge, in: Städel-Jahrbuch 4, 1973, S. 299-320. Weisner, Ulrich: Der Wendelsweg, in: Nordelbingen 47, 1978, S. 80-92.

19 Lenz, Christian: Bilder der Landschaft 1900 bis 1916. In: A.K. Max Beckmann. Retrospektive. München 1984, S. 113-121.

20 Rother, Susanne: Max Beckmann als Landschaftsmaler, München 1990.

21 Peter, Nina: Max Beckmann: Landschaften der Zwanziger Jahre, Frankfurt am Main 1993.

22 Nur zwei Ölbilder vollendet Max Beckmann in den beiden ersten Jahren seiner Frankfurter Zeit. Seine 1916 begonnene, monumental konzipierte Auferstehung bleibt unvollendet. Seine erste Landschaft nach seinem Kriegseinsatz Landschaft mit Ballon entsteht zu Beginn des Jahres 1917.

23 Fischer, Friedrich, Wilhelm: Max Beckmann. Symbol und Weltbild, München 1972, S. 185. Er zitiert hier nach: Eliade, M.: Mythen, Träume, Mysterien, Salzburg 1961, S. 153f.

24 Zur Bedeutung des Ballons als Symbol der Freiheit siehe: A.K. Leichter als Luft, Münster 1978, Ballons in der Bildkunst, S. 156-197.

25 Den schärferen Blick für das Diesseits betont u.a. Jean Paul in seinem Roman: Titan, Berlin 1801. Er schildert hier u.a. die Aufzeichnungen des Luftschiffers Giannozzo. Dieses Buch hat Beckmann besessen und sehr bewundert. Siehe dazu: Peter, Nina: Max Beckmann: Landschaften der zwanziger Jahre, Frankfurt am Main 1993, S. 36ff., und: Ballons in der Literatur, in: A.K. Leichter als Luft, Münster 1978, S. 210ff.

26 siehe dazu Anm. 24, S. 178 ff. und: Abb. Ib1.

27 Der Ballon taucht bei Beckmann in den folgenden Bildern auf: Göpel Nr. 100 Aufstieg der Ballons beim Gordon-Bennett-Rennen (1908), Göpel Nr. 104 Synagoge (1919), Göpel Nr. 299 Luftakrobaten (1928), Göpel Nr. 366 Küstenlandschaft mit Ballon (1932), Göpel Nr. 529 Place de la Concorde bei Tag (1939), Göpel Nr. 749 Luftballon mit Windmühle (1947).

28 Zum Problem der zeitgenössischen Existenzphilosophie und ihrer Bedeutung für die zeitgenössische Kunst, siehe u.a.: Gay, Peter: Die Republik der Außenseiter, Frankfurt am Main 1970, Der Hunger nach Ganzheit. Erprobung der Moderne, S. 99-138, und: Vögele, Christoph: Nikolaus Stoecklin und die Neue Sachlichkeit, Zürich 1993, Bildraum und Zeitgeist, S. 146-152.

29 Zur Entstehungsgeschichte der Synagoge siehe: Gallwitz, Klaus (ed.): Die Synagoge von Max Beckmann. Wirklichkeit und Sinnbild, Frankfurt am Main 1988.

30 Beckmann stellt sich hier als schwarze Rückenfigur zusammen mit seinen Freunden Ugo und Fridel Battenberg dar. Es ist noch vor Fastnacht (1920) das erste verschlüsselte Bild, siehe dazu: Stabenow, Cornelia: Katalogtext in: A.K. Max Beckmann. Retrospektive, München 1984, S. 211f.

31 siehe dazu: Brunner, Manfred: Beckmann und der Kubismus, in: A.K. Max Beckmann, Köln 1984, S. 19f.

32 z. B. Schrimpf und Kanoldt

33 Zu diesem Thema siehe: Lenz, Christian: Max Beckmann und die Alten Meister, Heidelberg 2000, besonders S. 9-19.

34 Max Beckmann hat Meidner vor dem Krieg in seinem Atelier in Berlin kennen gelernt, siehe dazu: O’Brien-Twohig, Sarah: Die Hölle der Großstadt, in: A.K. Max Beckmann. Retrospektive, München 1984, 93-111, bes. 97.

35 Lenz, Christian: Max Beckmann und die alten Meister, Heidelberg 2000, S. 175f. spricht von der Nacht von Hogarth (1738), Gallwitz von dem Morgen, in: Gallwitz, Klaus: Max Beckmann in Frankfurt, Frankfurt am Main 1984, S. 11.

36 Als ein mechanisches Ballett erscheint die Synagoge, ein Bild komplexer Abhängigkeiten: Gallwitz, Klaus: Max Beckmann in Frankfurt, Frankfurt am Main 1984, S. 10.

37 Zur Funktion und Darstellung des Paradiesgärtleins siehe: Steingräber, Erich: Zweitausend Jahre Landschaftsmalerei, München 1985, S. 45-79, Abb.39. Auch der horror vacui könnte sein Vorbild in spätgotische Darstellungen haben. Großen Einfluss auf Beckmann hatte in dieser Zeit auch Pieter Brueghel, siehe dazu: Lenz, Christian: Beckmann und die Alten Meister, Heidelberg 2000, S. 176: So etwas beglückt mich. Brueghel, Hogarth und Goya haben alle drei die Metaphysik in der Gegenständlichkeit. Dies ist auch mein Ziel. (Leider setzt der Autor keine Anmerkung, in welcher er den Ursprung des Zitates belegt.)

38 Zu der Bedeutung der Miniaturisierung in der Malerei der Neuen Sachlichkeit, siehe: Roh, Franz: Nach-Expressionismus. Magischer Realismus, Leipzig 1925, S. 57-62.

39 Zur Bedeutung von Ludwig Meidner für Max Beckmann siehe: Anm. 34.

40 Zum Einfluss des Kubismus im Werk von Max Beckmann siehe: Anm. 31.

41 Gallwitz, Klaus: Max Beckmann in Frankfurt, Frankfurt am Main 1984, S. 83.

42 Zu den stilistischen Kriterien der Weltlandschaften zu Beginn des 16. Jahrhunderts siehe: Gibson, Walter, S.: Mirror of the Earth, Princeton 1989, S. 3-16.

43 Wenn Beckmann sich mit Vorliebe auf Cézanne beruft und den Zöllner Rousseau nachbuchstabiert, so liegt offenbar darin ein Sinn, ja ein Programm: Der Künstler will die Stammväter der modernen Kunst, die diese in einen gegenständlichen und einen ungegenständlichen Flügel entzweiten, beide beerben und integrieren, aus: Belting, Hans: Max Beckmann, München 1984, S. 20f.

44 Der Eiserne Steg wurde einen Tag nach der Beendigung der Landschaft mit Fabrik begonnen. Er war ursprünglich 4cm breiter geplant, siehe dazu die Bemerkungen von: Göpel, Erhard und Barbara: Max Beckmann, Band I, Bern 1976, Nr.215, S. 156f..

Ende der Leseprobe aus 61 Seiten

Details

Titel
Max Beckmanns Verhältnis zur Neuen Sachlichkeit
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Kunstgeschichte)
Veranstaltung
Hauptseminar
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
61
Katalognummer
V176727
ISBN (eBook)
9783640981397
ISBN (Buch)
9783640981588
Dateigröße
5582 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
beckmanns, verhältnis, neuen, sachlichkeit
Arbeit zitieren
Claudia Nickel (Autor:in), 2001, Max Beckmanns Verhältnis zur Neuen Sachlichkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/176727

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