Analyse und Vergleich externer und interner Flügelmerkmale von Teichrohrsänger Acrocephalus scirpaceus und Rohrammer Emberiza schoeniclus


Diplomarbeit, 2005

105 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Beschreibung der Arten
2.1 Der Teichrohrsänger Acrocephalus scirpaceus
2.2 Die Rohrammer Emberiza schoeniclus

3. Material und Methoden
3.1. Material
3.2. Herkunft der Versuchsvögel
3.3. Nomenklatur des Vogelflügels
3.4. Präparation der Vögel
3.5. Morphologische Maße
3.6. Statistische Methoden
3.7. Wiederholbarkeit der Messungen

4. Charakterisierung der Populationen Galenbeck und Mettnau
4.1 Teichrohrsänger
4.1.1 Ergebnisse
4.1.1.1 Externe Maße
4.1.1.2 Interne Maße
4.1.2 Diskussion
4.1.2.1 Vergleichbarkeit der Messungen
4.1.2.2 GFL
4.1.2.3 P8
4.1.2.4 Tarsus
4.1.2.5 Interne Maße
4.2 Rohrammer
4.2.1 Ergebnisse
4.2.1.1 Externe Maße
4.2.1.2 Interne Maße
4.2.2 Diskussion
4.2.2.1 Vergleichbarkeit der Messungen
4.2.2.2 GFL
4.2.2.3 P8
4.2.2.4 Tarsus
4.2.2.5 Lockwood-Index
4.2.2.6 Externe und interne Maße der diesjährigen Männchen und Weibchen
4.2.2.7 Externe und interne Maße der adulten und diesjährigen Weibchen

5. Zusammenhang von externem und internem Flügelbau
5.1 Teichrohrsänger
5.1.1 Ergebnisse
5.1.1.1 Externe Maße
5.1.1.2 Interne Maße
5.1.1.3 Korrelationen der externen und Internen Maße
5.1.2 Diskussion
5.1.2.1 Externe und interne Maße
5.1.2.2 Alula, Flügellänge, Flügelform
5.1.2.3 Ph2 und Al3E
5.1.2.4 Ph3 und P10E
5.1.2.5 Phal, MC, Uln und P9E-S6E
5.2 Rohrammer
5.2.1 Ergebnisse
5.2.1.1 Externe Maße
5.2.1.2 Korrelationen der externen und internen Maße
5.2.2 Diskussion
5.2.2.1 Externe und interne Maße
5.2.2.2 Ph2 und Al3E
5.2.2.3 Ph3 und P10E
5.2.2.4 Phal, MC, Uln und P9E-S6E, Lockwood-Index

6. Vergleich der Arten
6.1 Externe und interne Maße
6.2 Alula, Flügellänge, Flügelform
6.3 Ph2 und Al3E
6.4 Ph3 und P10E
6.5 Phal, MC, Uln und P9E-S6E, Lockwood-Index

7. Zusammenfassung

8. Abkürzungsverzeichnis

9. Literaturverzeichnis

10. Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Teichrohrsänger juvenil, Münster, Juli 2004

Abb. 2: Rohrammer Weibchen adult, Helgoland, Juni 2002

Abb. 3: Nomenklatur des Vogelflügels nach einer Zeichnung von BUSCHING (1997)

Abb. 4: Teichrohrsänger diesjährig, Insertionstiefen der Federn P10-S6

Abb. 5: Teichrohrsänger ad, Verteilung der Maße von Phal und P9E für die Herkunftsorte Mettnau und Ilmitz (Neusiedler See)

Abb. 6: Teichrohrsänger dj und ad, Korrelation Phal-P9E

Abb. 7: Teichrohrsänger dj und ad, Korrelation MC-P6E

Abb. 8: Teichrohrsänger dj und ad, Korrelation Uln-S3E

Abb. 9: Teichrohrsänger dj und ad, Korrelation Phal-Lockwood-Index

Abb. 10: Teichrohrsänger dj und ad, Korrelation MC-P1E

Abb. 11: Rohrammer dj und ad, Korrelation Phal-P9E

Abb. 12: Rohrammer dj und ad, Korrelation MC-P6E

Abb. 13: Rohrammer dj und ad, Korrelation Uln-S5E.

Tabellenverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Die Erforschung von Vögeln, insbesondere des Vogelzuges, hat eine lange Tradition. Um Aufschlüsse darüber zu erhalten, wo Zugvögel den Winter verbringen, wurde 1899 die individuelle Markierung von Vögeln mit gekennzeichneten Ringen von dem dänischen Lehrer H. C. C. Mortensen entwickelt (FIEDLER & BERTHOLD 1999). Von Beginn der Vogelberingung an erwies sich dieses Mittel als sehr erfolgreich, nicht nur zur Vogelzugforschung, sondern auch, um Erkenntnisse über Morphologie, Gefährdungen, Habitatnutzung oder zur Populationsbiologie zu gewinnen. Bald wurden Vogelwarten, Beringungsstationen und Institutionen in vielen Ländern auf der ganzen Erde gegründet, die der Vogelforschung dienten, zum Beispiel 1901 die Vogelwarte Rossitten (ehemals Deutschland, heute die Biological Station Rybachy, Rußland, BIOLOGICAL STATION RYBACHY 2005), 1910 die Vogelwarte Helgoland (Deutschland, FIEDLER & BERTHOLD 1999), 1922 die Inland Bird Banding Association (U.S.A., INLAND BIRD BANDING ASSOCIATION 2005), 1933 der British Trust for Ornithology (England, BRITISH TRUST FOR ORNITHOLOGY 2005), oder 1960 das Long Point Bird Observatory (Kanada, LONG POINT BIRD OBSERVATORY 2005). Bis heute werden noch immer neue Institutionen gegründet, die sich der Vogelberingung und der wissenschaftlichen Vogelforschung verschreiben (z.B. Österreich 2005: INTERESSENSGEMEINSCHAFT FÜR ORNITHOLOGIE E.V. 2005).

Von Anfang an wurden dabei zum Lebendfang der Vögel nicht nur verschiedene Käfig- und Schlagfallen, sondern auch Stellnetze verwendet (BUB 1972). Vor allem der Massenfang von Kleinvögeln konnte mit diesen am besten durchgeführt werden, da Netze einfach zu transportieren waren und schnell aufgebaut werden konnten. Heute arbeiten Vogelwarten und Beringungsstationen auf der ganzen Erde überwiegend mit Japannetzen, mit denen Vögel sicher und schonend gefangen werden können.

Obwohl Vogelfang und -beringung von geschulten und erfahrenen Beringern und Ornithologen durchgeführt werden, kommt es, wenn auch sehr selten, zu Todesfällen unter den Fänglingen (z.B. Teichrohrsänger 0,14%, unveröffentlichte Daten der Vogelwarte Radolfzell). Gründe sind unter anderem Prädatoren, welche die im Netz gefangenen Vögel angreifen (u.a. Hauskatzen und Wasserrallen, eigene Beobachtungen, Raubwürger, BUB 1972), Tod durch Überhitzung aufgrund starker Sonneneinstrahlung, oder auch durch zu starke Abkühlung (z.B. durch Nässe). Gründe für das Ableben eines Vogels während der Beringung können meistens nicht diagnostiziert werden, vermutlich ist ein plötzliches Herz- und Kreislaufversagen die Hauptursache.

Die Vogelwarte Radolfzell sammelt seit Anfang der 1990er Jahre diese Vögel von ihren Beringungsstationen Galenbeck und Mettnau und verwahrt sie tiefgekühlt. Damit ergab sich für diese Arbeit die Gelegenheit, zwei Vogelarten, den Teichrohrsänger als Langstreckenzieher und die Rohrammer als Kurzstreckenzieher, im Hinblick auf internen (Skelett) und externen (Federn) Körperbau genauer zu untersuchen. Anhand dieses Materials war es möglich, Zusammenhänge zwischen den Flügelknochen und ihren anhängenden Schwungfedern (siehe auch Abb. 3) genauer zu betrachten, ohne im Labor Versuchsvögel für eine solche Fragestellung töten zu müssen. Da von einem Individuum jeweils sowohl die Flügelfedermaße, als auch die Knochenmaße vorhanden waren, konnten folgende Fragen bearbeitet werden:

- Wird eine Längenänderung des Flügels durch Verlängerung der Knochen, der Federn, oder durch beides erreicht?
- Bestehen Größenunterschiede zwischen Alt- und Jungvögeln und Männchen und Weibchen? Werden diese Unterschiede in den Knochenlängen, den Federlängen oder in beiden Maßen sichtbar?
- Gibt es Beziehungen zwischen den Längen der Flügelknochen und den Längen der an diesen Knochen ansetzenden Schwungfedern?
- Kann unter Einbeziehung von vorhandenen oder nicht vorhandenen Beziehungen zwischen dem internen und externen Flügelbau dieser genauer analysiert werden?
- Gibt es im Hinblick auf diese Fragen Unterschiede und/oder Gemeinsamkeiten zwischen Lang- (Teichrohrsänger) und Kurzstreckenziehern (Rohrammer)?

In vorhandenen Arbeiten wurden bisher entweder die internen oder die externen Flügelmaße betrachtet (z.B. STEGMANN 1965, MCGILLIVRAY & JOHNSTON 1987, NOWAKOWSKI 2002, PÉRES-TRIS et al. 2003). Wenn interne und externe Maße zusammen bearbeitet wurden, so handelte es sich ausschließlich um Maße von Bälgen (z.B. SENAR & PASCUAL 1997), oder von lebenden bzw. frisch toten Vögeln und vorhandenen Skeletten (z.B. LEISLER & WINKLER 1991). Wenige Arbeiten beschäftigen sich mit internen und externen Maßen, die von demselben Individuum genommen wurden. SCHNELL et al. (1985) nutzen dies, um Geschlechtsdimorphismus bei Kaliforniermöwen Larus californicus nachzuweisen. Die Möglichkeit, von ein und demselben „frischen“ Vogel Knochen und Federmaße nehmen zu können, um an diesen den Flügelbau genauer zu untersuchen, erschien daher besonders interessant.

Um einen Überblick über meine Stichproben zu geben, beginne ich meine Arbeit mit der Charakterisierung der Populationen Galenbeck und Mettnau anhand der internen und externen Maße. Im zweiten Teil meiner Arbeit beschäftige ich mich mit den oben genannten Fragen.

2. Beschreibung der Arten

2.1 Der Teichrohrsänger Acrocephalus scirpaceus

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Teichrohrsänger juvenil, Münster, Juli 2004.

Das Brutgebiet der in dieser Arbeit behandelten Nominatform A. s. scirpaceus erstreckt sich von Nordwestafrika über West-, Süd- und Mitteleuropa, im Norden bis in die südlichen Teile Skandinaviens und im Osten bis zum 40. Breitengrad. Besiedelt werden nasse oder wechselfeuchte, dichte Phragmites -Bestände, Phragmites-Typha - Mischbestände und angrenzende Verlandungsgesellschaften mit überwiegend senkrechten Vegetationsstrukturen. In Mitteleuropa beginnt die Brutzeit ab Mitte Mai, bei bis zu zwei Jahresbruten werden zwei bis vier Jungvögel pro Brut flügge. Die Nahrung besteht bei Alt-, Jungvögeln und Nestlingen aus Arthropoden. Kurz nach der Beendigung des Brutgeschäftes beginnt ab Mitte Juli der Wegzug der Altvögel, die Jungvögel ziehen etwa 10 bis 20 Tage später aus den Brutgebieten ab. Der Herbstzug führt die westeuropäischen, fennoskandischen und den Großteil der mitteleuropäischen Populationen über Westeuropa und entlang der nordwestafrikanischen Küste zu ihren Winterquartieren im gesamten Westafrika südlich der Sahara bis nach Südnigeria. Einige der zentraleuropäischen Populationen ziehen über die Balkanhalbinsel nach Ost- und Zentralafrika (GLUTZ VON BLOTZHEIM 1991). Der Heimzug im Frühjahr beginnt in Afrika im März, vermutlich ziehen die Vögel dabei auf derselben Route, die sie auch während des Herbstzuges benutzen (DOWSETT-LEMAIRE & DOWSETT 1987). Nach der Brutzeit findet bei Alt- und Jungvögeln eine Teilmauser statt, im Winterquartier durchlaufen alle Vögel eine Vollmauser (SVENSSON 1992).

2.2 Die Rohrammer Emberiza schoeniclus

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Rohrammer Weibchen adult, Helgoland, Juni 2002.

Das Brutgebiet der Rohrammer E. s. schoeniclus umfaßt ganz Nord-, West- und Mitteleuropa, mit Ausnahme der Mittelmeerregionen. Bruthabitat sind Verlandungszonen stehender und langsam fließender Gewässer und Übergangszonen von Phragmites -Röhrichten zu Grossseggenriedern oder anderen Feuchtwiesenausprägungen mit ausreichend dichten und als Singwarten nutzbaren Vegetationsstrukturen. Während die Männchen im Frühjahr häufig schon im Februar Reviere besetzen, treffen die Weibchen erst ab Mitte März im Brutgebiet ein. Es werden etwa drei bis sechs Jungvögel aufgezogen, die mit Arthropoden gefüttert werden. Die Altvögel ernähren sich überwiegend von Sämereien. Die mitteleuropäischen Populationen ziehen ab September vorwiegend nach Südwesten, Überwinterungsgebiete von deutschen Brutvögeln liegen vor allem in Südfrankreich, daneben auch in Spanien und Norditalien. Die Weibchen ziehen früher oder schneller und ihre Überwinterungsplätze liegen weiter südlich als die der Männchen (FENNEL & STONE 1976, GLUTZ VON BLOTZHEIM 1997, VILLARÁN & PASCUAL-PARRA 2003). Der Heimzug in die Brutgebiete erstreckt sich von Februar bis April, wobei die Männchen früher ziehen als die Weibchen (GLUTZ VON BLOTZHEIM 1997). Altvögel führen nach der Brutzeit eine Vollmauser und im Winter eine Teilmauser durch, Jungvögel durchlaufen jeweils eine Teilmauser nach der Brutzeit und eine weitere in ihrem ersten Winter (SVENSSON 1992).

3. Material und Methoden

3.1. Material

Für diese Untersuchung standen 45 Teichrohrsänger und 29 Rohrammern der Vogelwarte Radolfzell aus den Jahren 1992-2002 zur Verfügung. In diesem Zeitraum wurden an den beiden Beringungsstationen Galenbeck und Mettnau der Vogelwarte Radolfzell insgesamt rund 80900 Teichrohrsänger und Rohrammern gefangen und beringt oder kontrolliert. Die Beringungssaison begann in jedem Jahr am 30. Juni und endete am 5. November. Der Großteil der von mir bearbeiteten Vögel stammte aus den Monaten Juni bis August, es kann daher davon ausgegangen werden, dass meine Stichproben aus lokalen Brutvögeln bestehen und nur wenige Durchzügler in die Stichprobe miteingegangen sind. Die Vögel meiner Stichproben waren Fänglinge der beiden Beringungsstationen, welche bei der Beringung gestorben sind und anschließend tiefgefroren wurden. Weitere 24 Teichrohrsänger aus der Skelettsammlung der Vogelwarte Radolfzell aus den Jahren 1965-1971 waren Brutvögel des Neusiedler Sees (Beringungsstation Ilmitz) in Österreich. Von diesen Vögeln waren neben den Skeletten auch Federmaße vorhanden.

Da die Stichprobengrößen von insgesamt 70 Teichrohrsängern und 29 Rohrammern relativ klein sind, könnten selbst signifikante Ergebnisse möglicherweise nur Trends in Bezug auf die Gesamtpopulationen aufzeigen. Des weiteren könnten diese Stichproben nicht repräsentativ für die Gesamtheit sein, da sie aus Individuen bestehen könnten, die aufgrund von schon vorhandenen Krankheiten, schwacher Konstitution, oder anderen Gründen während der Beringung gestorben sind und deswegen nicht unbedingt den Zustand der Gesamtpopulationen widerspiegeln. Dies sollte bei der Betrachtung aller Ergebnisse und Interpretationen dieser Arbeit bedacht werden.

3.2 Herkunft der Versuchsvögel

Mettnau

Die Halbinsel Mettnau erstreckt sich bei Radolfzell (Baden-Württemberg) zwei Kilometer in südöstlicher Richtung in den Bodensee (47°44’N/08°58’E). Ein großer Teil der Halbinsel wird von einem Wohn- und Kurgebiet mit Parkanlagen eingenommen. Die Fangstation der Vogelwarte Radolfzell befindet sich in einem 140ha großen Naturschutzgebiet im zentralen Teil der Halbinsel.

Das Naturschutzgebiet wird von Schilf- und Riedflächen (Phragmitetum communis, Caricetum elatae, Allio-Molinietum) dominiert, die mit Faulbaum Frangula alnus verbuscht sind (LAJDA 2001).

Galenbeck

Der Galenbecker See ist ein 590ha großer Flachwassersee im Südosten von Mecklenburg-Vorpommern (53°39’N/13°45’E). Bis zum 18. Jahrhundert bildeten der See und das angrenzende Niedermoor „Friedländer Große Wiese“ ein sich selbst regulierendes System, in dem der See das Moor speiste und in Wassermangelzeiten das Moor den See. Mit der Entwässerung des Moors und der Umgebung des Sees und der einsetzenden Landwirtschaft wurde dieses System zerstört, seit den 1960er Jahren verlandet der See. Trotzdem besitzt das Naturschutzgebiet „Galenbecker See“ noch immer wertvolle Biotope und beherbergt etwa 120 Brutvogelarten (STAATLICHES AMT FÜR UMWELT UND NATUR UECKERMUENDE 2005). Der See ist umgeben von Phragmites - Röhrichten, in denen sich von 1992 bis 2002 das zur Vogelwarte Radolfzell gehörende Beringungsareal an der Nordwestseite des Sees befand (W. Fiedler mündliche Mitteilung).

3.3 Nomenklatur des Vogelflügels

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Nomenklatur des Vogelflügels, nach einer Zeichnung von BUSCHING (1997).

Die Abbildung 3 zeigt den Flügel eines nonpasserinen Vogels. Bei Singvögeln ist die P10 stark verkürzt, sie besitzen außerdem nur sechs Armschwingen. Die Reihenfolge der Bezeichnungen der Schwungfedern erfolgte nach JENNI & WINKLER (1994), die Bezeichnungen der Knochen nach ZISWILER (1976) und die der Gelenke nach BAUMEL (1979).

In meiner Arbeit verwende ich folgende Abkürzungen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.4 Präparation der Vögel

Da die Vögel teilweise länger als zehn Jahre tiefgefroren waren und daher möglicherweise Gefrierbrand aufgetreten sein kann, wurden sie zum Auftauen zusammen mit kleingeschnittenen Blättern des Kirschlorbeer Prunus laurocerasus 12 Stunden in verschlossenen Plastikbeuteln verwahrt. Die beim Zerschneiden der Blätter freigesetzten Aerosole weichen die vom Gefrierbrand betroffenen Stellen am Vogel wieder auf. Ausführlich beschrieben und diskutiert wird diese Methode von WECHSLER et al. (2001). Nach dem Herauspräparieren der Flügel aus dem Vogelkörper erfolgte die Mazeration durch Speckkäfer Demestes sp.. Anschließend wurden die Knochen 24 Stunden in Wasserstoff-Peroxid (5%ige Lösung) entfettet und danach zwei Tage in Wasser eingeweicht. Die Vermessung erfolgte nach der vollständigen Trocknung der Knochen.

3.5 Morphologische Maße

Alle im Text ohne Maßeinheitsangabe verwendeten Maße und Messdaten verstehen sich in Millimetern [mm]. Es wurden nur Federn vermessen, die komplett ausgewachsen und verhornt waren und keine deutlich sichtbaren Abnutzungserscheinungen an der Spitze aufwiesen, da wachsende und beschädigte Federn die Meßergebnisse in unerwünschter Weise beeinflussen.

Gesamtflügellänge (GFL)

Die Gesamtflügellänge ist der Abstand vom Flügelbug (Junctura carpi) bis zur Flügelspitze beim zusammengelegten Flügel (SVENSSON 1992). Dieses Maß beinhaltet den Handflügel (MC, Phal, Ph3) und die beim zusammengelegten Flügel am weitesten herausstehende Handschwinge. Die GFL wurde nach der von SVENSSON (1992) beschriebenen Methode „W(max)“ auf einem Messlineal mit Anschlag gemessen und auf 0,5mm genau abgelesen.

Länge des gestreckten Flügels (Flügel gestr.)

Ähnlich der Methode zur Messung der Flügelfläche von FIEDLER (1998) wurde der gestreckte Flügel auf Millimeterpapier so fixiert, dass P9 und Flügelvorderkante auf einer horizontalen und die S6 senkrecht dazu auf einer vertikalen Linie des Millimeterpapiers lagen. Messpunkte waren das Ellbogengelenk (Junctura cubiti) und die Spitze der P9. Es wurde auf 1mm genau abgelesen.

Federlängen am Vogel (P10–S6)

Da die P10 sowohl beim Teichrohrsänger als auch bei der Rohrammer sehr eng an der P9 anliegt, wurde zur Messung ein Streifen Millimeterpapier bis zur Austrittsstelle des Federkieles der P10 zwischen diese und die P9 eingeschoben und die Länge der P10 auf 0,5mm genau abgelesen. Wie von BERTHOLD & FRIEDRICH (1979) beschrieben, wurden die Federlängen der P9 bis S6 mit einem Meßlineal mit Anschlagspin gemessen. Bei der P9 wurde der Pin proximal des Federschaftes eingeschoben, bei den übrigen Schwingen distal. Auf einer 0,5mm-Mensur erfolgte die Messung auf 0,5mm genau.

Alula (Al3)

Die Messung der Alula erfolgte nach der Methode von FIEDLER (1998). Es wurde ein Messzirkel proximal der Al3 bis zur Federbasis eingeführt, die Distanz bis zur Federspitze abgegriffen und diese auf Millimeterpapier auf 0,5mm genau abgelesen.

Flügelindex

Die Spitzheit des Flügels wurde nach der Formel von LOCKWOOD et al. (1998) berechnet, da dieser Index die GFL nicht mit in die Berechnung einbezieht und von der Körpergröße des Vogels unabhängig ist. Es werden die am Vogel gemessenen Federlängen in mm verwendet. Der Lockwood-Index berechnet die Spitzheit des Flügels anhand der Lokalisation der längsten Handschwinge. Je kleiner der Wert des Index ist, um so näher liegt die längste Handschwinge an der Flügelvorderkante und um so spitzer ist der Flügel. Im Folgenden wird dieser Flügelindex kurz als Lockwood bezeichnet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Insertionstiefe der Federn

Bei 15 Teichrohrsängern wurde die Insertionstiefe der Hand- und Armschwingen gemessen, indem die Federn vor dem Ausziehen an ihrer Austrittstelle aus der Haut (ventral) mit Tusche markiert wurden. Anschließend wurde die Strecke vom unteren

Rand der Markierung (=Beginn der Haut) bis zum Ende der Federspule mit einer elektronischen Schieblehre auf 0,1mm genau gemessen.

Federlängen der ausgezogenen Federn (P10E–S6E)

Zur Messung der Längen wurden die einzelnen Federn am Federkiel mit wenig dünnem Klebeband auf Papier fixiert, so dass die dorsale und laterale Kielbiegung erhalten blieb („Natürliches Federmaß“, BUSCHING 1984). Mit einer elektronischen Schieblehre wurde auf 0,1mm genau gemessen.

Knochen

Von MC, Phal, Ph2, Ph3 und Ph4 wurden die Maximallängen und von der Ulna die Messstrecke nach LEISLER & WINKLER (1991) gemessen. Beim Humerus wurde die Schieblehre zwischen Procor flexorius und Condylus ventralis angesetzt und die Strecke bis zum Caput humeri gemessen (BAUMEL 1979, B. Leisler mündliche Mitteilung). Nach der Trocknung der präparierten Knochen bleiben die Knochen des Handflügels (MC, Phal und Ph3) häufig im Verband bestehen. Die Maximallänge dieses Verbandes ist das Maß E3. Die Länge des Verbandes von MC und Phal wird als E2 bezeichnet. Auf einer elektronischen Schieblehre wurde auf 0,01mm genau abgelesen.

Tarsus

Der Tarsus wurde am Vogel nach der alternativen Methode („bent“) von SVENSSON (1992) mit einer elektronischen Schieblehre auf 0,1mm genau gemessen. Dieses Maß ist eigentlich ein Knochenmaß, da der Tarsus jedoch am Vogel gemessen wird, behandele ich die Tarsuslänge in meiner Arbeit als externes Maß.

3.6 Statistische Methoden

Alle statistischen Berechnungen wurden mit der Programmsoftware STATISTICA 4,5 (Fa. Statsoft) und Microsoft EXCEL 2000 durchgeführt. Alle Tests erfolgten, falls nicht anders angegeben, zweiseitig mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von a=0,05. Nicht signifikante Ergebnisse werden mit „n.s.“ abgekürzt. Statistische Berechnungen wurden dann durchgeführt, wenn Daten von mindestens fünf Individuen für eine Variable vorhanden waren.

3.7 Wiederholbarkeit der Messungen

Um die Wiederholbarkeit der Messungen zu überprüfen, wurden die ausgezogenen Einzelfedern und die Flügelknochen von zehn Teichrohrsängern und neun Rohrammern, welche zufällig ausgewählt worden waren, zweimal gemessen. Die Wiederholungsmessungen fanden jeweils in einem Abstand von mehreren Tagen zu den Originalmessungen statt, um die Unabhängigkeit der Messungen voneinander zu gewährleisten.

Die Berechnung der Wiederholbarkeit erfolgte nach der von LESSELLS & BOAG (1987) und HARPER (1994) beschriebenen Methode. Die Wiederholbarkeit r ist der „intraclass correlation coefficient“ (SACHS 1992), welcher aus einer an den Daten durchgeführten ANOVA (one-way analysis of variance) errechnet wird. Je größer r ist (maximal +1), um so homogener sind die Elemente innerhalb der Klassen und um so besser ist die Wiederholbarkeit.

Tab. 1: Wiederholbarkeit der Messungen der externen und internen Maße bei Teichrohrsänger und Rohrammer.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Wiederholbarkeit der Messungen von Knochen und Federn ist beim Teichrohrsänger sehr gut (Tab. 1). Bei der Rohrammer ist die Wiederholbarkeit der Federmessungen sehr gut, die Wiederholbarkeit der Knochenmessungen war für Ph2 (r =0,86) und Ph4 (r =0,83) gut und für die übrigen Knochen sehr gut (r =0,93-0,99).

Die Messungen der Federn am Vogel konnten nicht wiederholt werden, da bei jeder folgenden Messung die Messstrecke größer wird (KARLSSON & WALINDER 1996).

Bei einigen Individuen war kurz vor oder direkt nach dem Tod die Länge der P8 und der GFL gemessen worden. Diese Werte konnten mit den Messungen von P8 und GFL nach dem Auftauen verglichen werden.

Tab. 2: Wiederholbarkeit der Messungen P8 und GFL bei Teichrohrsänger und Rohrammer.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da die Messungen der lebenden/frisch toten Vögeln und der aufgetauten Vögel von unterschiedlichen Personen durchgeführt wurden, wird mit der durchgeführten Berechnung tatsächlich die Wiederholbarkeit der Messungen zwischen den messenden Personen berechnet. Die Messungen der lebenden/frisch toten Vögel erfolgten an den Beringungsstationen Galenbeck und Mettnau nach den (standardisierten) Techniken, welche im Kapitel 3.5 beschrieben werden. Die Wiederholbarkeit der Messungen ist für den Teichrohrsänger gut und für die Rohrammer sehr gut (Tab. 2).

4. Charakterisierung der Populationen Galenbeck und Mettnau

Für die Charakterisierung und den Vergleich der Populationen werden die Maße des linken Flügels verwendet. Fehlende Maße werden durch die äquivalenten Maße des rechten Flügels ersetzt. In die Berechnung des Flügelindex werden nur die Exemplare einbezogen, für die eine vollständige Messreihe der Schwingen des linken Flügels vorliegt. Die Daten aller Messstrecken sind normalverteilt (Shapiro-Wilk’s W Test, n.s.), daher werden die Mittelwertvergleiche mit dem (Students-) t-Test durchgeführt.

4.1 Teichrohrsänger

Die Stichproben enthalten 17 diesjährige und einen adulten Vogel aus Galenbeck und 26 diesjährige und zwei adulte Vögel von der Mettnau. Es können nur die Daten der diesjährigen Vögel ausgewertet werden, da die Stichprobe der adulten Vögel zu klein ist.

4.1.1 Ergebnisse

4.1.1.1 Externe Maße

Um einen vergleichbaren Überblick über die Populationen zu erhalten, werden in den folgenden Tabellen alle Körpermaße aufgeführt, die auch in anderen Publikationen zur Charakterisierung von Populationen dargestellt werden. Überwiegend werden hierfür die Maße GFL, P8 (Teilfederlänge, TFL) und Tarsus verwendet (z.B. BERTHOLD et al. 1991, PALOMARES et al. 1997, BORRAS et al. 1998, CLARK & SELLERS 2001).

Tab. 3: Teichrohrsänger dj, MW der externen Maße, Mittelwertvergleich der Populationen Galenbeck und Mettnau.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Tab. 3 werden die Federn P7-P1 und S2-S5 nicht dargestellt. Der t-Test ergibt auch für diese Federn ein nicht signifikantes Ergebnis. Da sich die Populationen Galenbeck und Mettnau in den Mittelwerten der externen Maße nicht unterscheiden (Tab. 3), werden die Maße aller Individuen zusammengefasst in Tab. 4 dargestellt.

Tab. 4: Teichrohrsänger dj, Galenbeck und Mettnau zusammen, MW der externen Maße.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.1.1.2 Interne Maße

Ebenso wie bei den externen Maßen, ergibt der t-Test auch bei den internen Maßen keine signifikanten Unterschiede zwischen den Mittelwerten der Populationen Galenbeck und Mettnau (Tab. 5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 5: Teichrohrsänger dj, MW der internen Maße, Mittelwertvergleich der Populationen Mettnau und Galenbeck.

Die Darstellung der Mittelwerte der internen Maße von allen Individuen aus beiden Populationen erfolgt in Tab. 4.

Tab. 6: Teichrohrsänger dj, Mettnau und Galenbeck zusammen, MW der internen Maße.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]

Ende der Leseprobe aus 105 Seiten

Details

Titel
Analyse und Vergleich externer und interner Flügelmerkmale von Teichrohrsänger Acrocephalus scirpaceus und Rohrammer Emberiza schoeniclus
Hochschule
Universität Münster  (Landschaftsökologie)
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
105
Katalognummer
V176407
ISBN (eBook)
9783640976911
ISBN (Buch)
9783640976775
Dateigröße
1495 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Landschaftsökologie
Schlagworte
Rohrammer, Teichrohrsänger, Langstreckenzieher, Kurzstreckenzieher, Flügelmaße, Federmaße, Flügellänge, Federlänge, Schwungfedern, Schwungfederlänge, Handschwingen, Flügelknochen, Knochenlänge, Acrocephalus scirpaceus, Emberiza schoeniclus, Mettnau, Galenbeck, Vogelwarte Radolfzell, Zugstrecke, Vogelzug, Flügelmerkmal, Flugverhalten, GFL, TFL, Gesamtflügellänge, Teilfederlänge, Armschwingen, Alula, Humerus, Ulna, Metarcarpus, Carpometacarpus, Morphologie, Flügelmorphologie
Arbeit zitieren
Julia Bayer (Autor:in), 2005, Analyse und Vergleich externer und interner Flügelmerkmale von Teichrohrsänger Acrocephalus scirpaceus und Rohrammer Emberiza schoeniclus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/176407

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