Zur Systematik und Struktur von Membranfassaden und Membranhüllen


Diplomarbeit, 2011

123 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einführung
1.1 Fassade & Hülle im Kontext der Öffentlichkeit
1.2 Gestalten mit Membranen - eine Verbindung von Kreativität & Technik

2. Funktionen der Fassade & Hülle in der Architektur
2.1 Hochbautechnische Anforderungen aus bauphysikalischer Sicht
2.2 Fassade und Tragwerk
2.3 Ausstattungsmöglichkeiten

3. Kunststoff - materialtechnische Grundlagen
3.1 Membranwerkstoffe in Bezug auf den werkstoffgerechten Enwurf
3.1.1 Gewebe
3.1.2 Folien

4. Anforderungen an das Entwerfen mit Membranen
4.1 Formfindung und Tragverhalten
4.2 Anforderungen an das Entwerfen mit Geweben
4.3 Anforderungen an das Entwerfen mit Folien

5. Aufbau von Membranfassaden
5.1 Nutzeranforderungen bezüglich Bauphysik
5.1.1 Klimatische Umgebungsbedingungen
5.1.2 Wärmeschutzstrategien
5.1.3 Akustische Aspekte
5.1.4 Brandschutz und Brandverhalten
5.1.5 Membranumhüllte Gebäudesysteme
5.2 Die einschalige Membranfassade
5.3 Die mehrschalige Membranfassade

6. Strukturen von Membranfassaden
6.1 Modulare Strukturen
6.1.1 Form und Vorspannung
6.1.2 Gebaute Beispiele
6.2 Weit gespannte Strukturen
6.2.1 Form und Vorspannung
6.2.2 Gebaute Beispiele
6.3 Luftgestützte Strukturen
6.4 Ausblick und Vision

Literatur- und Abbildungsverzeichnis

1. Einführung

Die typischen haptischen und visuellen Eigenschaften von Kunststoff - das heißt Struktur, Textur und Faktur - können sehr interessant für den architektoni­schen Entwurf sein. Das Spiel mit Licht, Transluzenz oder Blick­bezügen bzw. das Entgrenzen von innen und außen um damit vielfältige, wandelbare Beziehun­gen zu erzeugen sind mitunter das Reizvollste an dem Material Kunststoff.

Architekturtheoretisch wird mit dem Einsatz architekturfremder Materialien bzw. die Metamorpho­se und Verfremdung traditioneller Baustoffe mit Hilfe immaterieller Elemente wie Fotografíe eine un­mittelbare, kontextunabhängige Architektursprache manifestiert. Das Material an sich ist mittler­weile zum Informationsträger avanciert. Ganz im Sinne Peter Sloterdijks nutzen Leichtigkeit, Beweglichkeit und die Vielge­staltigkeit der Kunststoffe das Verhältnis des Menschen zur Welt zu bestimmen.

In der Baubranche setzte eine erste Kunststoff-Euphorie in den späten 1950er Jahre ein. Die da­malige Entwicklung brachte Häu­ser mit Außen- und Innenwänden oder Sanitärzellen bzw. Einrich­tungen aus Kunststoff hervor.

Genau diese Veränderung führt zu einer regelrechten Revolution im Form-Material-Verhältnis, bes­ser gesagt zu dessen Auflösung in allen Anwendungsbereichen.

Bis in die 1970er Jahre hielt diese Situation an. Kunststoffe began­nen die Überfluss- und Wegwerf­gesellschaft zu prägen.

Nach und nach, unterstützt durch diverse Umweltskandale, verlor das Material an Sympathien - zeitweise konnte man Kunststoff beinahe als Material non grata bezeichnen. Als naturfernes - na­turfeindliches - Material rückte es immer mehr in den Hintergrund.

Bis heute haben sich die Kunst­stoffmaterialien und deren Ver­arbeitung sowie Recycling radikal verändert oder wurden gänzlich neu entwickelt.

In beinahe allen Bereichen un­seres Lebens findet man Kunst­stoffe - als Verpackungsmaterial, in der Medizin, in Fahrzeugen, im Haushalt, in unseren Möbeln, in elektronischen Geräten aller Art, am Bau, selbst in der Land­wirtschaft. Diese Liste ließe sich endlos fortsetzen.

Heute muss klar sein, dass die moderne Gesellschaft nicht ohne Kunststoff existieren kann.

Der Weg zu der momentan posi­tiven Stimmung und dem beson­deren Interesse gegenüber dem Membranbau wurde von einigen Rückschlägen begleitet.

Das enge Verhältnis von Memb­ranbau und dessen Materialien - zum großen Teil das Material Kunststoff - führte unter ande­rem aufgrund der bereits genann­ten Faktoren zu einem gemein­schaftlichen gesellschaftlichen Untergang.

Probleme mit der Dauerhaftigkeit der Gebäude und die damit ver­bundenen Komplikationen in der Rückführung der entstandenen Abfälle in den Materialkreislauf taten ihr Übriges.

Der Wandel der Entwurfskon­zepte - nicht zuletzt durch den Einsatz computerunterstützter Entwurfsmethoden - und die sich transformierende Auffassung von Architektur an sich begünstigt die Rückkehr der Kunststoffe in den sichtbaren Materialkanon der zeitgenössischen Architektur.

„Der Beruf des Architekten ist eine abenteuerliche Tätigkeit:

Ein Grenzberuf in der Schwebe zwischen Kunst und Wissenschaft, auf dem Grat zwischen Erfindung und Gedächtnis, zwischen dem Mut zur Modernität und echter Achtung der Tradition."

(Renzo Piano)

1.1 Fassade & Hülle im Kontext der Öffentlichkeit

Die Fassade oder Hülle ist ei­nerseits Teil des Gebäudes, also die Schwelle von Außenraum / Innenraum bzw. die Trennung von öffentlich und privat / halb­öffentlich, andererseits Teil der Straße, des öffentlichen Raumes. Im Entwurfsprozess sind deshalb nicht nur die Auswirkungen auf den Benutzer im Gebäude - wie Belichtung, Klima oder ähnliches - zu berücksichtigen, sondern auch der städtebauliche Kontext:

Wie verändert sich das äußere Erscheinungsbild, die Wirkung des Gebäudes und des dazuge­hörigen Ensembles?

Wie geht der Entwerfende mit dem genius loci - der Atmos­phäre eines Ortes - um?

Die Hülle bzw. die Fassade ist eine Grenze, die mit der Umwelt korrespondiert - im physischen wie im intellektuellen Sinn.

Der Architektur wohnt eine gesellschaftliche und öffentliche Dimension inne, was bedeutet, dass nicht immer die funktionale Belegung zur Diskussion steht, sondern die spezifische Stellung im städtebaulichen Kontext. Das

Volumen, die Stellung und die Fassadengestaltung bestimmen gemeinsam die Rolle des Gebäu­des im Konglomerat.

Farbigkeit, Oberflächenbeschaf­fenheit, Plastizität, Öffnungsan­teil - um nur ein paar Begriffe zu nennen - prägen das zukünftige Erscheinungsbild.

Fassaden und Hüllen sind kultu­relle Bedeutungsträger, die sich teils bewusst, teils unbewusst der öffentlichen Diskussion stellen. Das Abwägen der inneren und äußeren Anforderungen muss deshalb mit großer Sorgfalt betrieben werden. Eine Fassade kann viele Haltungen widerspie­geln - beginnend mit der direkten Ablesbarkeit der inneren Struktur und Nutzung von außen bis zur absoluten Autonomie der Fassade oder Hülle zum Innenleben des Objekts.

Im Zusammenhang mit Öffent­lichkeit wurde in den letzten Jahren der Begriff „Bilbao-Effekt" geprägt. Das bedeutet, dass durch die Fassade als Identitäts­stifter ganze Städte bzw. ganze Stadtteile mit einem einzelnen Bauwerk aufgewertet oder zumin­dest geprägt werden können. Frank O. Gehry's Guggenheim Museum in Bilbao wird mehr als begehbare Skulptur begriffen und hat sich als Hülle von seinem Inhalt emanzipiert. Für Kritiker ist das Bauwerk ein weiterer Teil Gehry's Corporate Identity nach dem Motto „es wird eine Marke gekauft, die Besucher garantiert". Für die Stadt als Profiteur des Neubaus, dürfte die Rechnung aufgegangen sein.

Wie bei den meisten Themen der Architektur kann der „Bilbao-Ef­fekt" sowohl ein identitätsrauben­des als auch ein identitätsstiften­des Mittel sein. Identitätsraubend in dem Sinne dass ein Stadt­viertel in eine Kulisse für das Landmark verwandelt wird, d.h. die Umgebung reagiert mehr auf den neuen Baukörper als dieser selbst. Identitätsstiftend deshalb, weil - wie im Beispiel von Valen­cia, die „Ciutat de les Arts i les Ciències" von Santiago Calatrava - traditionelle Bauformen oder Materialien neu interpretiert und in einem Komplex zusammenge­fasst werden können, der eben­falls skulptural spektakulär ist. Anders gesagt wirkt sich der Bilbao Effekt je nach Architektur­auffassung unterschiedlich auf die Identität der Umgebung aus. Diese Auseinandersetzung betrifft in sehr großem Maße die Memb­ranarchitektur. Durch die Möglich­keit großer Spannweiten und den damit verbunden spektakulären

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Guggenheim Museum, Bilbao / Frank O. Gehr/

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Abb. 2 Ciutat de les Arts i les Ciències, Valencia / Santiago Calatrava

Formen kann sich der Charakter eines Ortes grundlegend ändern.

Ein Beispiel ist der Urban-Loritz- Platz in Wien (Architekten Tillner & Willinger ZT GmbH)

Wo vorher U-Bahn, Autobus und Straßenbahn für Fußgänger schlecht miteinander verbunden waren, bzw. der Platz als solches im Autolärm des Neubaugürtels vollkommen unterging, markiert nun eine Membranüberdachung einen wichtigen innerstädtischen Verkehrsknoten: Eine witterungs­geschützte „Großhaltestelle" für die Fussgänger die nur durch den querenden Verkehr unterbrochen ist. Damit wurde den Fußgän­gern ein Zentrum an einem vom Autoverkehr dominierten Ort geschenkt.

Der „schmutzige Gürtel" wirkt durch die helle Membran ge­säubert, die im Viertel dahinter liegende Stadthalle - eine der größten Veranstaltungshallen Wiens - hat nun einen würdigen Treffpunkt für die anreisenden Besucher erhalten. Die beinahe unüberwindbare Schwelle Neu­baugürtel ist perforiert, der außen liegende 15. Bezirk rückt näher an die Innenstadt.

Insbesondere für Entwürfe im Bestand sind mögliche Metamor­phosen des Ortes zu bedenken. Der Ansatz der vor Kurzem vom australischen Architekturbüro Laboratory for Visionary Architec­ture (LAVA) postuliert wurde, nämlich hässlichen Zweckbauten vergangener Generationen eine neue, schönere, ökologischere Verpackung zu geben, ist äußerst verführerisch.

Beispielhaft für deren Visionen ist der „Water Cube" in Peking. Für die Olympischen Spiele 2009 gestaltete LAVA gemeinsam mit Bauingenieuren die charak­teristische blaue, leuchtende Außenhaut. In diesem Fall ist das Ergebnis ist ein klassischer Vorher-Nachher Effekt, ein gelun­genes Remake.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4 Schwimmsporthalle „Water Cube", Peking / LAVA - Laboratory for Visionary Arts

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 Überdachung Urban-Loritz-Platz, Wien / Architekten Tillner & Willinger ZT GmbH

1.2 Gestalten mit Membranen - eine Verbindung von Kreativität & Technik

Wie Prof. Dipl. Arch. Marc Meyer, Professor für Architekturtheorie an der Hochschule für Technik Zürich, 2001 postulierte, ist eines der größten Themen in der Archi­tektur die Oberfläche.

Materialien werden verändert, beinahe bis zur Unkenntlichkeit verfremdet - wie mittels Glasfa­sern „durchscheinender" Beton

- teilweise ihrer innewohnenden Bedeutung beraubt. Was einmal massiv und gewichtig war und wirkte, kann heute leicht und luf­tig daherkommen. Geschwungene „Betonschalen" und aufgrund ihrer Größe sehr verdichtet wir­kende Stahl-Glas-Skelettbauten

- beinahe alles ist möglich.

Man kann behaupten, wir befln- den uns momentan in einer Phase in der die Materialtechnik jeden Bereich der Architektur durch­dringt.

Die neue „Oberflächlichkeit" der Architektur ist mehr als bloßes Design oder „kunstvoll tätowierte Kisten"1. Die Architektur hat nach Jaques Herzog eine neue Dreiei­nigkeit:

Struktur - Raum - Fassade

Genau diese Dreieinigkeit hat besonders die Membranarchitek­tur inne.

Aber ist dieses Architekurver- ständnis wirklich neu?

Bezogen auf Membrankonstruk­tionen, ist das Entwerfen mit biegeweichen Tragelementen tatsächlich ein neuer Trend?

Ein Rückbesinnen auf Gottfried Sempers (1834 - 1879) Schrif­ten zeigt, dass dem nicht so ist.

Er führt sämtliche künstlerische Techniken auf die Textilkunst zurück:

„Unter diesen beiden Künsten (Textile Kunst und Keramik; mm/ hg) gebührt aber wieder der textilen Kunst der unbedingte Vorrang, weil sie sich dadurch gleichsam als Urkunst zu erken­nen gibt, dass alle Künste, die Keramik nicht ausgenommen, ihre Typen und Symbole aus der textilen Kunst entlehnten, wäh­rend sie selbst in dieser Bezie­hung ganz selbständig erscheint und ihre Typen aus sich heraus bildet oder unmittelbar der Natur abborgt."[1]

Für Semper hat die Architekur ihren Ursprung im Pferch und im Zelt. Man könnte sagen, für ihn war Architektur eine Art von Bekleidung. Daher kommt wahr­scheinlich auch seine überlieferte Überzeugung, dass die Hauptauf­gabe nicht tragender Wände wäre daran Teppiche anzubringen bzw. eine Trennwand ein metaphori­scher Wandteppich ist.

Während Semper teilweise in seiner Oberflächengestaltung die Nähe zur textilen Ornamentik suchte, kehrt die Membranarchi­tektur wieder zur Semperschen Urform der Architektur zurück. Das Membranmaterial wirkt als das was es ist: eine leichte, mas­searme nicht ultimative Grenze zur Umwelt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Deckenansicht des Palais Keskel Oppenheim, Dresden / Gottfried Semper

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 Skizze Fassadengestaltung / Gottfried Semper

Mehr als ein Jahrhundert später setzte sich die Architekten-Künst- ler-Gemeinschaft Haus-Rucker-Co (Europa) bzw. Haus-Rucker-Inc. (USA) mit textiler und biegewei­cher Architekur auseinander. Ins­besondere mit der Problematik:

Architektur - Habitat - Umwelt

1968 sorgte die Gruppe mit der Installation „Gelbes Herz" für Aufsehen. Man wollte die reale Umwelt für bestimmte Zeitab­schnitte verlassen und sich einer neuen Art Entspannung durch die besonderen optischen und akustischen Reize im Inneren hingeben. Es ist zu erkennen, dass zwar der Einsatz von Folien und beschichteten Textilien relativ neu war - also die Materialität - der Wunsch nach einer gewissen „Ur-Geborgenheit" jedoch zählt zu den ureigenen Bedürfnissen der Menschheit. Man könnte sich fragen, ob vielleicht Architektur nicht nur Bekleidung sein kann, sondern ein Rückbesinnen in den Mutterleib. Sozusagen das voll­ständige „Eingehüllt-Sein".

„Rund und glatt, leuchtend, schimmernd, dick und weich - das gelbe Herz. [...] Drinnen den Regen draussen sehen und hören rundherum und trotzdem nicht nass. [...] Draussen die Hitze - schwül - und von drinnen die Sonne bloss schön, nicht heiß. [...] Die Natur neu erleben, das ist sich selbst neu erleben."[2]

Aus diesem Zitat ist die Sehn­sucht nach einer haptischen und klimatischen Trennung von der Umwelt ohne die optische Verbin­dung zu verlieren herauszulesen. Jetzt, 42 Jahre später sind wir dank der Materialforschung und verbesserter Konstruktionsmög­lichkeiten diesem Bedürfnis einen Schritt näher gekommen.

Während sich das „Gelbe Herz" dem Thema Kissenkonstruktionen annimmt, setzt sich das Projekt „Cover - Überleben in einer ver­schmutzten Umwelt" mit memb­ranumhüllten Gebäudesystemen auseinander.

Das 1921 von Ludwig Mies van der Rohe kreierte Einfamilienhaus Lange erhielt 1971 eine Hülle aus weißem, beschichteten Gewebe. Die Traglufthalle überdachte auch einen Teil des mittels Terassen gegliederten Gartens.

„Im Inneren bewirkte das gleich­mäßig von allen Seiten durch die Hülle gefílterte Licht eine fahle Treibhausatmosphäre, in der sich nicht nur die Pfìanzen des Gartens zu verändern begannen, sondern auch die Proportionen des Hauses selbst und seine Fassaden, die gänzlich entma- terialisiert nun flach-papieren erschienen."[3]

Beide Projekte setzen sich mit dem Schutz vor den Umweltein­flüssen auseinander. Das „Gelbe Herz" sollte dem verletzlichen Menschen die Möglichkeit geben diese unmittelbar - aber ge­schützt - zu erleben. Drei Jahre später wollte man sich gänzlich von ihnen trennen, da die Umwelt etwas substanziell Bedrohliches darstellte. Die Gemeinsamkeit liegt in der haptisch unüberwind­baren Grenze zur Aussenwelt, welche durch die geringe Materi­almasse allerdings nicht gänzlich negiert wird.

Gesellschaft - Architektur - Mode

Weitere 30 Jahre später setzt die britische Künstlerin Lucy Orta mit dem Projekt dwelling X ein weite­res Statement zur gegenwärtigen Gesellschaft und deren Architek­turauffassung.

Sie dekonstruiert die kulturelle Konstruktion des „Zuhause" bzw. des Fehlen desselben - der „Ob­dachlosigkeit". Ihre Arbeit basiert auf einer Fusion aus Mode und Architektur.

Mit den von ihr bevorzugten Ma­terialien - Synthetika aller Art mit den typischen leuchtenden Farben der High-Tech-Outdoor-Mode - konstruiert sie Privatsphären und kollektive Strukturen. Die Gren­zen setzt eine hoch performative Membran - im wörtlichen wie auch im übertragenden Sinn.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6, 7 „Cover - Überleben in einer ver­schmutzten Umwelt" / Haus-Rucker-Co „gelbes Herz" / Haus-Rucker-Co im UZS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 Ausstellungsfoto

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4 Publikationsdokumentation

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Abb. 5 Modellaufnahme

Die Künstlerin vertritt die Mei­nung, dass in unserer, gegen­wärtigen Gesellschaft der Mensch sein Zuhause mittels den gegebe­nen soliden und massiven archi­tektonischen Strukturen definiert. Wird er aus diesem Kontext ge­rissen, verschwinden die sozialen Grenzen und verpuffen.

2004 ging Lucy Orta eine Kolla­boration mit dem Ingenieurbüro Atelier One ein um das Projekt dwelling X - an dem sie seit den 1990iger Jahren arbeitete - zu materialisieren.

Es handelt sich um eine Serie von Interventionen im öffentlichen Raum. Das Ziel ist dem Betrach­ter und dem Benutzer Möglichkei­ten zu geben sich mit Hilfe von Unterschlupfmöglichkeiten vor so­zialer Bedrängnis, sozialem Leid oder einem unpassenden sozialen Umfeld zu schützen, bzw. sich da­von zu abzugrenzen. Quasi eine Interpretation der legendären Siegfried'schen Tarnkappe.

Beginnend mit architektonischen Konstrukten wie ein Truck, der mit einer wild verschlungenen Konstruktion ausgestattet ist, die bei Bedarf mit einer Membran überspannt wird.

Über Zelte, die aus veschiedenen Kleidungsstücken gefertigt sind. Ärmel von Jacken dienen dem „Begreifen" der Umwelt ohne die schützende Blase zu perforieren. Bis hin zu „Body Architecture" - ein von der Künstlerin geprägter Begriff. Miteinander verbundene Schutzanzüge bilden kollektive Strukturen in denen alle gemein­sam jeder für sich bleibt und so eine doppelte Grenze zur Um­gebung bilden. Die physische Grenze durch den dünnen Stoff und eine kollektiv erlebte Abgren­zung durch die Uniformierung und Verbundenheit.

Genau an dieser Stelle möchte ich einhaken, denn besser als mit Lucy Orta's Arbeit könnte man das Wesen der Membranarchitek­tur nicht beschreiben.

Diese Art der Architektur bedient nicht das traditionielle Architek­turverständnis von Masse wel­che das Volumen für alle Zeiten definiert, sondern ermöglicht eine teilweise entgrenzte, jedenfalls flexiblere und physisch leichtere Architektur. Die Masse ist immer noch vorhanden, allerdings nicht mehr so sehr im physischen Sin­ne, sondern im Übertagenen:

Es ist eine genaue Planung mit einer Vielzahl an Experten nötig um die Vision dieser eher jün­geren Architekturauffassung zu verwirklichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 8, 9, 10

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 11, 12 Antarctica Lucie + Jorge orta in Mailand / Projekt dwelling

2. Funktionen der Fassade & Hülle in der Architektur

Zu Beginn werden die Wörter Hülle, Fassade, Membran definiert um deren wörtliche Bedeutung in dieser Arbeit festzulegen.

Der Begriff Hülle1 bedeutet den größten Teil der Oberfläche eines Objekts mit etwas zu umschlie­ßen um es von äußeren Einflüs­sen abzugrenzen.

Dabei wird kein Unterschied hin­sichtlich vorne, hinten, oben oder unten gemacht. Das bedeutet die Hülle ist ein zusammenhängendes System, das zwar aus mehreren Elementen bestehen kann, aber als ein homogenes Teil seine Funktion aufnimmt. Auf formale Gesichtspunkte ist diese Defini­tion ebenso anzuwenden. Kann das umschließende System als ein Zusammenhängendes erfasst werden, so wird von einer Hülle gesprochen.

[...]


1 [Meyer & Geilinger]

2 Vgl. (Ortner, et al., 1968)

3 Vgl. (Ortner)

Ende der Leseprobe aus 123 Seiten

Details

Titel
Zur Systematik und Struktur von Membranfassaden und Membranhüllen
Hochschule
Technische Universität Wien  (E253 Institut für Architektur und Entwerfen)
Note
1,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
123
Katalognummer
V175822
ISBN (eBook)
9783640969814
ISBN (Buch)
9783640969555
Dateigröße
24382 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
mit Auszeichnung bestanden
Schlagworte
biegeweiche Tragelemente, Membranbau, Architektur, Fassade, Hülle, Entwurfsleitfaden
Arbeit zitieren
Anna-Vera Deinhammer (Autor:in), 2011, Zur Systematik und Struktur von Membranfassaden und Membranhüllen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175822

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