Neue Anforderungen an die Unabhängigkeit des Wirtschaftsprüfers durch IFAC und Europäische Kommission


Hausarbeit, 2002

21 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

II. Einleitung

III. Vorbemerkungen
A. Definition Abschlussprüfer
B. Personen die das Prüfungsergebnis beeinflussen können

IV. Die Anforderungen an die Unabhängigkeit von IFAC und Europäischer Kommission
A. Die allgemeinen Grundsätze
1. Unabhängigkeit im Geiste
2. Anschein der Unabhängigkeit
B. Gefahren (threats) für die Unabhängigkeit
1. Eigeninteresse (Self-interest threat)
2. Überprüfung eigener Leistungen (Self-review threat)
3. Interessenvertretung (Advocacy threat)
4. Vertrautheit oder Vertrauen (Familiarity or trust threat)
5. Einschüchterung (Intimidation threat)
C. Umstände bei denen die Unabhängigkeit gefährdet ist
1. Finanzielle Beteiligungen/Interessen
2. Geschäftliche Beziehungen
3. Beschäftigung beim Mandanten
4. Übernahme einer Führungs- oder Kontrollfunktion beim Mandanten
5. Aufnahme einer Tätigkeit bei einer Prüfungsgesellschaft
6. Verwandtschaft und sonstige persönliche Beziehungen
D. Ausgewählte Nichtprüfungsdienstleistungen
1. Vorbemerkungen
2. Nichtprüfungsbereiche mit Unabhängigkeitsgefährdung
a) Buchführungstätigkeit oder andere Dienstleistungen, die mit der Buchhaltung oder dem Jahresabschluss verbunden sind
b) Entwicklung und Implementierung von Finanz-Informations-Systemen
c) Bewertungsgutachten
d) Übernahme von Funktionen der internen Revision
e) Rechtsberatung / -vertretung und Steuerberatung
f) Personalberatung / Recruiting
g) Übernahme von Angestelltenfunktionen für den Mandanten
h) Finanzdienstleistungen und ähnliche Dienstleistungen

V. Schlussbemerkungen

VI. Abkürzungsverzeichnis

VII. Literaturverzeichnis

II.Einleitung

Nachdem durch den Zusammenbruch von ENRON und den Skandal um Worldcom die Diskussion um die Anforderungen an die Unabhängigkeit der Abschlussprüfer (AP) wieder erneut aufgelebt ist, vermehren sich die Diskussionen Regelungen zur Unabhängigkeit von Abschlussprüfern festzulegen. Die Europäische Kommission (EC) und die International Federation of Accountants (IFAC) haben neue Regelungen dazu erlassen. Die EC hat in ihrer Veröffentlichung vom 16.05.2002[1] und die IFAC in ihrem Code of Ethics[2] Regelungen verfasst die Unabhängigkeitsanforderungen begründen. Weiterhin hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Urteil vom 21.04.1997[3] eine grundlegende Regelung zur Vereinbarkeit von Abschlussprüfung und Steuerberatung getroffen.

Das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Bestätigungsvermerk ist von elementarer Bedeutung, da er dem Abschluss eines Unternehmens wesentlich mehr Glaubwürdigkeit verleiht. Anleger, Gläubiger, Arbeitnehmer und andere Interessengruppen haben auf Grund des Bestätigungsvermerks erheblich mehr Vertrauen in den Abschluss eines Unternehmens und sind dann bereit zu investieren oder Geschäftsbeziehungen aufzubauen. Wie bereits erwähnt setzt dies aber ein unzweifelhaftes Vertrauen in den Bestätigungsvermerk voraus.

Im folgenden werde ich die Anforderungen von EC und IFAC vergleichen und näher erläutern und dabei auf die in Deutschland bereits geltenden Normen eingehen. Beide Regelwerke bestehen aus zwei Teilen (allgemeine Grundsätze und spezifische Situationen bzw. bei der EC allgemeine Grundsatzregelungen (Framework) und ergänzend spezifische Regelungen (specific requirements)), die ich unter Punkt IV ausführen werde. Die Regelungen der EC beziehen sich nur auf gesetzliche vorgeschriebene Abschlussprüfungen. Die IFAC Regelungen gelten für alle von AP durchgeführten Prüfungen[4]

III. Vorbemerkungen

A. Definition Abschlussprüfer

Die Bezeichnung Abschlussprüfer (AP) steht im folgenden für Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer in eigener Praxis sowie im Anstellungsverhältnis. Sie beinhaltet auch Wirtschaftsprüfungs- und Buchprüfungsgesellschaften und alle anderen Gesellschaftsformen, die für Pflichtprüfungen zugelassen sind..

B. Personen die das Prüfungsergebnis beeinflussen können

Personen die das Ergebnis der Prüfung beeinflussen können sind zunächst der AP selbst, aber auch Personen mit denen er gemeinsam tätig ist. Dies sind nach EC[5]:

1. Personen die sich mit der Pflichtprüfung befassen (Prüfungspartner, Prüfungsleiter, Prüfungsteam)
2. Fachkräfte anderer Abteilungen (Rechtsanwälte, Versicherungsmathematiker, IT-Fachkräfte, Steuerfachleute, Finanzmanagement-Spezialisten)
3. Personen die eine Qualitätskontrolle durchführen
4. Personen die innerhalb der Gesellschaft oder des Verbundes weisungsbefugt für den Prüfungsauftrag sind
5. Personen die innerhalb der Prüfungsgesellschaft tätig sind und Einfluss auf das Ergebnis nehmen können

IV. Die Anforderungen an die Unabhängigkeit von IFAC und Europäischer Kommission

A. Die allgemeinen Grundsätze

Sowohl IFAC als auch EC definieren zunächst Unabhängigkeit als

- Unabhängigkeit im „Geiste“ (independence of mind) und
- Anschein der Unabhängigkeit (independence in appearence)[6].

Dies muss durch einen unabhängigen Dritten, der in Kenntnis aller Umstände keine Zweifel an der Unabhängigkeit hegt beurteilt werden. Der Dritte muss dabei sämtliche Beziehungen zwischen AP und Mandant kennen und zu dem Schluss kommen, dass der AP weder gemeinsame noch entgegengesetzte Interessen verfolgt und somit sämtliche durch ihn zu prüfende Sachverhalte objektiv und unparteiisch beurteilt.

Der AP muss die Einschätzung der Unabhängigkeit stets selbst vornehmen, da er bei Annahme des Prüfungsauftrages selber entscheiden muss ob eine Abhängigkeit zum Mandanten besteht die zur Ablehnung des Prüfungsauftrages bzw. Beachtung zusätzlicher Sicherungsmaßnahmen führen müsste. Ein Dritter würde im nachhinein immer Befangenheit unterstellen, die Konsequenzen für den AP haben könnte und das Vertrauen in den Bestätigungsvermerk einschränkt.

Das HGB unterscheidet grundsätzlich drei Arten von Ausschlussgründen[7]:

- Verflechtung mit der zu prüfenden Kapitalgesellschaft,
- Mitwirkung bei der Erstellung der zu prüfenden Unterlagen und
- finanzielle Abhängigkeit von der zu prüfenden Kapitalgesellschaft

1. Unabhängigkeit im Geiste

Die Unabhängigkeit im „Geiste“ bedeutet die innere Einstellung des AP. Unterhält er selber keine Beziehungen zu dem Mandanten und fühlt sich damit von ihm unabhängig kann er den Prüfungsauftrag durchführen. Hat er selber Zweifel daran sollte er den Prüfungsauftrag nicht annehmen.

2. Anschein der Unabhängigkeit

Der Anschein der Unabhängigkeit bezeichnet die Einschätzung durch einen unabhängigen Dritten. Sollten keine Zweifel daran bestehen, das ein Dritter dem AP Abhängigkeit unterstellen würde, kann der Prüfungsauftrag angenommen werden.

B. Gefahren (threats) für die Unabhängigkeit

IFAC und EC nennen 5 Arten von Gefahren[8] bei denen die Unabhängigkeit des AP beeinflusst wird. Diese sind nachfolgend aufgeführt und näher erläutert.

1. Eigeninteresse (Self-interest threat)

Der AP hat stets auch ein Eigeninteresse am Mandanten. Einerseits möchte er den Prüfungsauftrag auch für das Folgejahr erhalten und könnte deshalb dazu gehalten sein, Sachverhalte zu großzügig zu beurteilen, andererseits möchte er Zusatzaufträge vom Mandanten erhalten. Eine Abhängigkeit und damit das Eigeninteresse den Folgeauftrag zu erhalten kann ebenfalls dadurch begründet werden, dass der AP von den Honoraren des Mandanten abhängig ist, weil der AP mit dem Mandanten einen unverhältnismäßig großen Anteil seines Jahresumsatzes erwirtschaftet. Eigeninteresse kann ebenfalls bestehen, wenn der AP am Unternehmen des Mandanten beteiligt ist. Versagt er sein Testat schadet er sich selber weil seine Beteiligung evtl. nicht mehr dem Wert bei Erwerb entspricht. Sowohl EC[9] sowie IFAC[10] und auch das HGB[11] untersagen ausdrücklich die Prüfung durch einen AP der direkt oder indirekt am zu prüfenden Unternehmen oder einem damit verbundenen eine finanzielle Beteiligung hält. Unter indirekter Beteiligung wird hier die Beteiligung einer Person die unter III.B definiert ist verstanden.

2. Überprüfung eigener Leistungen (Self-review threat)

Eigene Leistungen zu überprüfen und dann in Frage zu stellen stellt eine weitere Gefahr für die Unabhängigkeit des AP dar. Der AP würde sich unglaubwürdig machen, wenn er dem Mandanten empfiehlt wie er einen Sachverhalt behandeln soll und dann im Rahmen der Prüfung diese Entscheidung anders beurteilt.

3. Interessenvertretung (Advocacy threat)

Vertritt der AP die Interessen eines Mandanten vor Behörden, Gerichten oder bei anderen Streitigkeiten versetzt er sich in die Position des Mandanten und beurteilt Risiken aus diesen Sachverhalten nicht objektiv.

Denkbar ist hier die Beurteilung der Prozesskostenrückstellung aus einem Gerichtsverfahren in dem der AP den Mandanten vor den Gerichten vertritt. Zur Vertretung versetzt er sich in die Position des Mandanten und versucht seine Ansprüche durchzusetzen. In den meisten Fällen wird er davon ausgehen, das er das Verfahren für sich entscheiden kann und bildet deswegen keine Rückstellung, obwohl doch ein Risiko besteht.

4. Vertrautheit oder Vertrauen (Familiarity or trust threat)

Zu enge und zu lange Beziehungen des AP zum Mandanten können zu große Vertrautheit bewirken sodass der AP die Auskünfte des Mandanten nicht mit zutreffender Objektivität beurteilt und überprüft. Weiterhin können familiäre oder verwandtschaftliche Verhältnisse zu nicht objektiver Prüfungsweise führen. Zu großes Vertrauen kann auch entstehen, wenn ein leitender Angestellter der Prüfungsgesellschaft zu lange mit einem Mandanten zusammenarbeitet und sich dadurch zu großes Vertrauen oder persönliche Beziehungen entwickelt haben.

5. Einschüchterung (Intimidation threat)

Der AP könnte durch Drohungen oder aus Furcht vor einem einflussreichen Mandanten zu nicht objektiver Prüfungsweise verleitet werden. Auch die Angst das Mandat zu verlieren kann als Einschüchterung angesehen werden. Hierunter fällt auch die Honorarabhängigkeit. Erzielt der AP einen großen Teil seines Jahresumsatzes mit einem Mandanten ist er auf die Honoraren zu stark angewiesen und wird ggf. nicht mehr objektiv und kritisch prüfen.

C. Umstände bei denen die Unabhängigkeit gefährdet ist

1. Finanzielle Beteiligungen/Interessen

Finanzielle Beteiligungen werden bei EC und IFAC zunächst in direkte und indirekte unterschieden. Von direkten finanziellen Beteiligungen spricht man, wenn der AP selber oder ein Mitglied des Prüfungsteams „Aktien, Schuldverschreibungen, Schuldscheine, Optionen oder andere Wertpapiere des Prüfungsmandanten“[12] besitzt.

Indirekte Beteiligungen liegen vor, wenn nicht der AP selber sondern eine Gesellschaft an der er beteiligt ist (z. B. ein Fonds) die finanzielle Beteiligungen am Prüfungsmandanten hält.

Die EC sieht es als unabhängigkeitsgefährdend an, wenn der AP oder eine Person, die auf das Ergebnis der Pflichtprüfung Einfluss nehmen kann, eine finanzielle Beteiligung an dem zu prüfenden Unternehmen oder einer Tochtergesellschaft hält. Sie führt unter B. 1.2. explizit auf, wann eine finanzielle Beteiligung nicht mit der Prüfung des Jahresabschlusses zu vereinbaren ist. Dies liegt vor, wenn der AP, ein Mitglied des Auftragsteams, ein Weisungsbefugter oder ein Partner der Prüfungsgesellschaft eine direkte Beteiligung am Prüfungsmandanten, eine für beide Seiten wesentliche indirekte Beteiligung oder eine für beide Seiten wesentliche direkte oder indirekte Beteiligung an einem mit ihm verbundenen Unternehmen hält. Die Unabhängigkeitsgefährdung wird eingeschränkt, wenn die finanzielle Beteiligung am Prüfungsmandanten - wie unter Dritten üblich - ausgehandelt ist.

Die IFAC stellt zunächst fest, dass finanzielle Interessen ggü. dem Mandanten ein self-interest-threat verursachen können. In Section 8.111 ff. legt sie die Regeln fest, wann finanzielle Interessen bei einem Prüfungsmandanten zu Problemen mit der Unabhängigkeit führen. Die Ausführungen decken sich größtenteils mit denen der EC.

Im deutschen Recht ist nach §319(2)Nr.1 HGB bestimmt, dass ein AP nicht Prüfer sein darf, wenn er an der zu Prüfenden Gesellschaft beteiligt ist. Die Gefahr der Honorarabhängigkeit wird nach deutschem Recht bereits durch die Beschränkung des §319 (2) Nr. 8 HGB eingeschränkt. Hiernach darf das Honorar des Mandats in den letzten fünf Jahren 30 % der Gesamteinnahmen nicht überschreiten.

2. Geschäftliche Beziehungen

Unter geschäftlichen Beziehungen werden Beziehungen verstanden, bei denen AP und Prüfungsmandant gemeinsame geschäftliche Interessen verfolgen. Die EC führt im Anhang ihrer Empfehlung unter B 2. finanzielle Beteiligungen, sowie gegebene oder empfangene Kredite oder Leistungen die für den Geschäftsführer des Prüfungsmandanten ausgeführt oder Leistungen vom Prüfungsmandanten empfangen werden aus.

Die EC sieht die Gefahr, dass geschäftliche Beziehungen aufgrund eines eigenen Interesses des AP oder einer möglichen Einschüchterung gefährdet sind. Im Anhang führt sie weiter aus, dass Geschäfte, die wie unter fremden Dritten abgewickelt werden und der AP keine besonderen Konditionen erhält, keine Gefährdung der Unabhängigkeit darstellen.

Auch die IFAC sieht geschäftliche Beziehungen die unter den selben Umständen wie unter Dritten geschlossen wurden nicht als unabhängigkeitsgefährdend an[13]. Einen Kredit, den ein AP oder ein Mitglied des Prüfungsteams an einen Prüfungsmandanten gibt, der keine Bank ist, sieht die IFAC als so signifikant an, dass die Unabhängigkeitsgefährdung nicht durch Schutzmaßnahmen eingeschränkt werden kann. Unbedenklich ist dies jedoch wenn der Kredit unwesentlich für beide ist.

[...]


[1] Statuory Auditors‘ Indepence in the EU: A Set of Fundamental Principles ist zu beziehen über http://europa.eu.int/comm/internal_market/de/company/audit/official/index.htm.

[2] IFAC: Code of Ethics zu beziehen unter http://www.ifac.org.

[3] BGH-Urteil vom 21.04.1997 II ZR 317/95.

[4] vgl. Hagemeister, Christina in Der Betrieb 2002, S. 333.

[5] vgl. Empfehlung der EC v. 16.05.2002, A 2.2 u. 3

[6] vgl. Empfehlung der EC v. 16.05.2002, Anhang A 3.; IFAC: Code of Ethics, Part B 8.8

[7] vgl. Budde/Steuber in Beck’scher Bilanz Kommentar, § 319 Rz. 7

[8] vgl. Empfehlung der EC v. 16.05.2002, A 3.; IFAC: Code of Ethics, Part 8.28

[9] vgl. Empfehlung der EC v. 16.05.2002, B 1.2

[10] vgl. IFAC: Code of Ethics; 8.102 ff

[11] §§ 319 (2) 1. bzw. (3) 1. HGB

[12] Empfehlung der EC v. 16.05.2002, Anhang B 1.

[13] Vgl. IFAC: Code of Ethics, 8.124

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Neue Anforderungen an die Unabhängigkeit des Wirtschaftsprüfers durch IFAC und Europäische Kommission
Hochschule
Hochschule Bremen
Veranstaltung
Grundlagen der Unternehmensprüfung
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
21
Katalognummer
V17580
ISBN (eBook)
9783638221252
Dateigröße
567 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Neue, Anforderungen, Unabhängigkeit, Wirtschaftsprüfers, IFAC, Europäische, Kommission, Grundlagen, Unternehmensprüfung
Arbeit zitieren
Carsten Rahn (Autor:in), 2002, Neue Anforderungen an die Unabhängigkeit des Wirtschaftsprüfers durch IFAC und Europäische Kommission, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17580

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