Von der Hilflosigkeit zum Optimismus: Salutogenese aus Person und habituellem Verhalten


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2011

20 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen
2.1 Konzept der Erlernten Hilflosigkeit
2.2 Konzept der Positiven Psychologie
2.3 Konzept der Salutogenese
2.4 Bedeutung und Wirkung der Arbeit
2.5 Ressourcen

3 Einsatz und Diskussion der Konzepte
3.1 Integration und Hierarchisierung
3.2 Ansatzpunkte und Entwicklungsmöglichkeiten
3.3 Implikationen für Arbeitsgestaltung und Personalmanagement

4 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Modell der Salutogenese nach Antonovsky, vereinfachte Darstellung

Abbildung 2: Modell der Ebenen der logischen Veränderung, Modifikation

Abbildung 3: Zusammenhang zwischen Ressourcen und Gesundheit =

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die Begriffe Stress, Stressoren und Risikofaktoren sind im Alltag weit ver- breitet. Damit einher geht die übliche Empfehlung, diese krankmachenden Faktoren zu meiden. Dabei wird systematisch ausgeblendet, dass die Kon- frontation mit Risikofaktoren nicht bei allen Betroffenen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt. Die Meidung von Stressoren erscheint in Anbe- tracht einer zunehmend komplexeren Welt und erhöhten Anforderungen im Beruf zudem unrealistisch. Inzwischen sind ein Drittel der Frühverrentun- gen in Deutschland auf psychische Ursachen zurückzuführen und der am stärksten wachsende Anteil. Für Unternehmen werden die indirekten Fol- gekosten psychischer Störungen auf vier Milliarden Euro jährlich geschätzt (vgl. Kleinbeck et al. 2010, S. 325). Wenn Anforderungsreduktion im Ar- beitsalltag kaum möglich ist, müssen Unternehmen die Bewältigungsmög- lichkeiten Ihrer Mitarbeiter verbessern, um nicht durch hohe Krankheitsaus- fälle oder hohe Personalfluktuation ihre Marktstellung zu gefährden. In der Wissenschaft wird seit einigen Jahren an der Erforschung von Phänomen gearbeitet, die einige Menschen scheinbar immun gegen Stressoren ma- chen. Aus diesem Verständnis werden Faktoren und in der Folge Maß- nahmen identifiziert, die gestatten, die Gesundheit aktiv zu fördern.

Vor diesem Hintergrund soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit erörtert werden, welche Implikationen sich aus den Konzepten der Salutogenese und positiven Psychologie für die Unternehmen ergeben. Ziel ist es dabei herauszustellen, welche gesundheitsförderlichen Ressourcen existieren und wie deren Aufbau auf personeller und organisationaller Ebene erfolgen kann. Dazu werden zuerst die Entstehung und wesentlichen Merkmale der Konzepte vorgestellt. Dabei wird auch die Veränderung der Fragestellung durch den Perspektivenwechsel verdeutlicht. Im Anschluss werden wesent- liche Grundlagen der Bedeutung und Wirkung von Arbeit sowie eine Sys- tematisierung von Ressourcen aus arbeits- und organisationspsychologi- scher Perspektive vorgestellt. Auf diesen Grundlagen aufbauend wird der Einsatz der Konzepte im Bereich der Arbeitswelt aufgezeigt. Dabei stehen die für Personalmanagement und Organisationsentwicklung möglichen Maßnahmen und deren Einsatz im Vordergrund.

2 Grundlagen

2.1 Konzept der Erlernten Hilflosigkeit

Das Konzept entstand Ende der 1960er Jahre aus einer unerwarteten Ent- deckung während Experimenten zur Angstkonditionierung. Dabei konditio- nierte man Hunde klassisch mit Tonsignal und unausweichlichen mittleren Stromschlägen. Anschließend kamen diese Hunde in eine “shuttle box“ deren Boden unter Strom gesetzt werden konnte und die durch eine über- windbare Barriere geteilt war. Nach Ertönen des Signals erhielten die Hun- de einen Stromschlag, sprangen wild umher, legten sich nieder und ertru- gen den Schmerz passiv. Hunde einer Kontrollgruppe, die vorher nicht konditioniert wurde, sprangen in der Box umher bis sie zufällig die Barriere überwindeten und dem Schmerz so entflohen. Nach ca. 15 Wiederholun- gen entgingen diese dem Stromschlag bei Ertönen des Signals vollständig (vgl. Seligman/Petermann 1999, S. 19ff.). Daraus wurde abgeleitet, dass aufgrund traumatischer Bedingungen, die unkontrollierbar waren (Hilflosig- keit), künftige motivationale, kognitive und emotionale Störungen resultie- ren. Diese Beobachtungen und Interpretationen, die bei anderen Tierarten und Menschen ebenfalls nachgewiesen wurden, veröffentlichte 1975 Seligman1 unter dem Begriff erlernte Hilflosigkeit. Das Konzept fand An- wendung bei Erklärung und Behandlung von psychischen Phänomenen wie Depression, Angst und psychogenem Tod (vgl. auch Seligman/Petermann 1999, S. 42ff.).

2.2 Konzept der Positiven Psychologie

In den Experimenten zur erlernten Hilflosigkeit, gab es konstante Abwei- chungen, etwa ein Drittel der Versuchstiere gaben nie auf Stressoren zu entgehen und etwa ein Achtel war bereits vor der Konditionierung hilflos. Dies führte Seligman dazu sein Engagement künftig auf die Untersuchung der Frage zu richten, was einige Menschen befähigt gegen Hilflosigkeit immun zu sein (vgl. Seligman 2010, S. 50). Mit seiner Berufung 1998 zum Präsidenten der American Psychological Association (APA), verstärkte Seligman die Orientierung der Psychologie darauf, den Menschen zu ei- nem produktiven und erfüllten Leben zu verhelfen. Dies war neben der Hei- lung von psychischen Krankheiten und der Entdeckung und Förderung von Hochbegabten eine der drei Funktionen der Psychologie. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte jedoch die Defizitperspektive den Vor rang.2 In der Folge wurde diese US-amerikanische MainstreamPsychologie auch als „Positive Psychology Movement“ bezeichnet (vgl. Klemenz 2009, S. 65ff.). Die Wurzeln des zugrunde liegenden Menschenbildes gehen auf die aristotelische Philosophie zurück, wonach der Mensch von Natur aus gut und sozial ist, sich an positiven Zielen und Werten orientiert und strebt diese zu erreichen. Weitere Ursprünge finden sich in der Renaissance, Aufklärung, industriellen Revolution, fernöstlicher Denkweise, Überlegungen von Maslow und Rogers sowie Vertretern der Humanistischen Psychologie (vgl. Klemenz 2009, S. 66ff.).

Ziele und gleichzeitig Säulen der positiven Psychologie sind die wissenschaftliche Erforschung von:

1. positiven Emotionen (bspw. Stolz, Flow und Hoffnung),
2. positiven Charaktereigenschaften (Stärken und Tugenden) und
3. positiven Institutionen (bspw. Demokratie und gefestigte Familien) (vgl. Seligman 2010, S. 14f.).

Diese Dreiteilung findet sich auch in den verschiedenen Definitionen deren kürzeste lautet:

„Positive psychology is the study of the conditions and processes that con- tribute to flourishing or optimal functioning of people, groups, and institu- tions.“ (Gable/Haidt, 2005, zitiert nach Klemenz 2009, S. 71). Die wesentlichen positiven Emotionen werden gemäß ihrer zeitlichen Be- deutung untergliedert in vergangenheitsbezoge (Genugtuung, Zufrieden- heit, Erfüllung, Stolz und Behagen), gegenwartsbezoge (Freude, Ekstase Gelassenheit, Schwung, Überschwang und Flow) und zukunftsbezoge (Op- timismus, Zuversicht, Glauben und Vertrauen) positive Emotionen (vgl. Seligman 2010, S. 111). Eine zentrale Annahme der positiven Psychologie ist, dass in positiven Stimmungslagen andere Denk- und Handlungsmuster wirksam werden (vgl. Seligman 2010, S. 75). Ein empirisch geprüftes emo- tionstheoretisches Modell, das die Wirkungen von spezifischen positiven Emotionen auf das Erleben und Verhalten von Personen erklärt, liefert Fredrickson. Gemäß seiner „Broadening“-Hypothese wird das situative Denk-Handlungs-Repertoire einer Person durch das Erleben positiver Emo- tionen erweitert, während negative Emotionen dieses Repertoire hemmen. Nach seiner „Building“- Hypothese führt der „Broadening“-Effekt zu einem Aufbau langfristiger personaler Ressourcen (vgl. Klemenz 2009, S. 87ff.). So neigen optimistische Menschen dazu, Probleme für temporär, kontrol- lierbar und spezifisch zu halten. Dadurch verfügen Sie über einen besseren Schutz gegen Depressionen, erbringen höhere Arbeitsleistungen und sind gesünder als eher pessimistische Menschen (vgl. Riolli/Savicki 2003, S. 248 und Seligman 2010, S. 144). Es wird davon ausgegangen, dass Optimismus lernbar ist. Dies gilt insbesondere für “little optimism”, d.h. die Erwartung eines positiven Ausgangs einer konkreten Situation (vgl. Riolli/Savicki 2003, S. 249).

Die positive Psychologie geht davon, dass authentische positive Gefühle dann entstehen, wenn menschliche Stärken eingesetzt werden. Diese Stärken sind dauerhafte Persönlichkeitseigenschaften, deren Ausübung positive Gefühlserlebnisse wahrscheinlicher macht. Deshalb wird die Erfor- schung von Tugenden und Stärken angestrengt, um Wohlbefinden zu er- möglichen. Als sechs universelle Tugenden wurden aus der Analyse von 200 Tugendkatalogen, die in den letzten 3000 Jahren weltweit entstanden sind, Weisheit/Wissen, Mut, Liebe/Humanität, Gerechtigkeit, Mäßigung, Spiritualität/Transzendenz identifiziert. Diese bilden zusammen den soge- nannten “guten Charakter“ (vgl. Seligman 2010, S. 29ff. und 212ff.). Die Tugenden setzen sich aus unterschiedlichen menschlichen Stärken (z.B. soziale Intelligenz und Loyalität) zusammen. Stärken gelten als messbar und können gezielt beim Menschen aufgebaut werden. Ein entsprechendes allgemein anerkanntes Klassifikationssystem von Tugenden und Stärken existiert bisher nicht. Peterson/Seligman unterscheiden 24 Stärken die den sechs Kerntugenden zugeordnet sind und entwickelten einen entsprechen- den Erfassungsbogen (The Values in Action Inventory of Strengths [VIA- IS]), mit 240 Items (vgl. Klemenz 2009, S. 73ff. und Seligman 2010, S. 221ff). Zusätzlich wird davon ausgegangen, dass die Stärken in den Men- schen bereits angelegt sind und erst hervortreten, wenn sie herausgefor- dert werden (vgl. Seligman 2010, S. 35). Die Lehre des “guten Charakters“ wurde Anfang des 20. Jahrhunderts durch die entstehenden Sozialwissen- schaften verdrängt. Diese sahen die Verantwortung für das Verhalten einer Person vorrangig im dem die Person umgebenden Milieu. Für die positive Psychologie sind dagegen die Begriffe Wille, persönliche Verantwortung und “guter Charakter“ zentrale Konzepte und der Mensch gilt als selbstor- ganisierend und selbststeuernd (vgl. Seligman/Csikszentmihalyi 2000, S. 8 sowie Seligman 2010, S. 207ff. und 223).

Obwohl die Ansätze der positiven Psychologie bereits 2001 in Deutschland wissenschaftlich publiziert worden sind, besteht eine auffällige Zurückhal tung in der akademischen Welt. So sind nur sehr wenige deutschsprachige Publikationen bisher erschienen. Für die Zurückhaltung werden drei we- sentliche Gründe aufgeführt. Die Selbstbezeichnung als Jahrhundertprojekt und die These von der einseitigen pathologischen Orientierung der Psycho- logie gilt als übertrieben und nicht haltbar. So sind bspw. seit langem die Forschungen der Entwicklungspsychologie auf die Untersuchung von Wachstumsprozessen und Kompetenzerweiterung angelegt. Die Selbst- wirksamkeitstheorie von Bandura, deren Merkmale optimales Funktionieren und Selbstoptimierung sind, hat ihre Anfänge in den 1960er Jahren. Seit Anfang der 1980er Jahre findet bereits die systematische Erforschung posi- tiver Emotionen statt. Desweiten suggeriert der Begriff positive Psycholo- gie, dass auch eine negative Psychologie existiert. Diese generierte Dicho- tomie ist irreführend, da es nur eine Human-Psychologie gibt. Noch we- sentlicher ist die Kritik am Eigenschaftsparadigma und dem zugrunde lie- genden Menschenbild. Der Ansatz der positiven Psychologie ist an einem normativen Persönlichkeitskonzept (universelle Tugenden) orientiert, wirkt eher antiquiert und weist starke Tendenzen einer Alltagspsychologie auf. Es bestehen berechtigte Zweifel ob Glück oder Unglück, Gesundheit oder Krankheit, Erfolg oder Misserfolg allein der Selbstverantwortung und Eigen- initiative des Einzelnen geschuldet sind (vgl. Klemenz 2009, S. 76ff.). Im englischsprachigen Raum findet sich ebenfalls Kritik, die sich auf die zitier- ten Studien und deren Interpretation bezieht. So wird darauf hingewiesen, dass die Studien lediglich Korrelationen offenbaren, jedoch nichts über die Kausalitäten. Gleichzeitig werden Korrelationsstudien von den Vertretern der positiven Psychologie verschwiegen, die keine Auswirkungen positiver Emotionen oder sogar gegenteilige Schlüsse nahelegen (Ehrenreich 2010, S. 26ff.).

2.3 Konzept der Salutogenese

Der Begriff Salutogenese leitet sich aus dem lateinischen Wort Salus für Unverletztheit, Heil, Glück und dem griechischen Wort Genese für Entste- hung ab. Der Begriff wurde durch den amerikanisch-israelischen Medizin- soziologen Antonovsky (1923-1994) in den 1970er Jahren als komplemen- tärer Begriff zur Pathogenese geprägt und umfasst eine Orientierung und ein eigenständiges Konzept in der Gesundheitsprävention (Bengel et al. 2001, S. 24).

[...]


1 Seligman, Martin E.P. (1975): Helplessness: On Depression, Development and Death, San Francisco.

2 „The aim of positive psychology is to begin to catalyze a change in the focus of psychology from preoccupation only with repairing the worst things in life to also building positive qualities.“ (Seligman/Csikszentmihalyi 2000, S. 5).

Fin de l'extrait de 20 pages

Résumé des informations

Titre
Von der Hilflosigkeit zum Optimismus: Salutogenese aus Person und habituellem Verhalten
Université
University of Hagen  (Lehrstuhl für Personalführung und Organisation)
Cours
Seminar Motivation und Stress – Eine integrative Betrachtung unter be- sonderer Berücksichtigung forschungsdominanter Menschen-bilder, 04.-06. Juli 2011, Arcadeon Hagen
Note
2,0
Auteur
Année
2011
Pages
20
N° de catalogue
V175673
ISBN (ebook)
9783640968107
ISBN (Livre)
9783640967902
Taille d'un fichier
656 KB
Langue
allemand
Mots clés
Salutogenese, poitive Psychologie, erlernte Hilflosigkeit, Gesundheitsmanagement, BGM, SOC, Sence of Coherence, GRR, BGF, CSF, Antonovsky, Seligman
Citation du texte
Diplom-Kaufmann und Diplom-Ingenieur Dan Fischer (Auteur), 2011, Von der Hilflosigkeit zum Optimismus: Salutogenese aus Person und habituellem Verhalten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175673

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